20.04.2013 Aufrufe

Von Stiftsfrauen, Prinzessinnen und goldenen ... - Domschatz

Von Stiftsfrauen, Prinzessinnen und goldenen ... - Domschatz

Von Stiftsfrauen, Prinzessinnen und goldenen ... - Domschatz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Von</strong> <strong>Stiftsfrauen</strong>, <strong>Prinzessinnen</strong> <strong>und</strong> <strong>goldenen</strong> Kostbarkeiten –<br />

aus Essens Kindertagen<br />

Lernort „Essener Dom“<br />

So könnte es gewesen sein:<br />

Es war ein schöner Sommertag im<br />

Jahr 845 nach Christus. Der Adlige<br />

Altfrid, seine Schwester Gerswith <strong>und</strong><br />

einige Gefolgsleute ritten in ruhigem<br />

Tempo über den Hellweg, die uralte<br />

Handelsstraße zwischen Rhein <strong>und</strong><br />

Elbe. Hohe Buchenwälder säumten<br />

ihren Weg <strong>und</strong> durch das Blätterdach<br />

warf die Sonne kleine Lichtflecken auf<br />

Der Hellweg ist eine uralte Handelsstraße<br />

den sandigen Boden. Friedlich war es<br />

hier. Doch das schien nur so. Denn<br />

bis vor kurzem hatten sich die drei<br />

Brüder Lothar, Ludwig <strong>und</strong> Karl noch<br />

bis aufs Blut bekämpft. Die Enkel des<br />

großen Kaisers Karl hatten nämlich<br />

das riesige Frankenreich untereinander<br />

aufteilen müssen, was zu Krieg<br />

geführt hatte. Doch im Moment war<br />

Friede eingekehrt. Altfrid <strong>und</strong> Gerswith<br />

waren unterwegs zu einem Hof<br />

ihrer Familie, der Astnide hieß. Hier<br />

lebte ein unfreier Bauer mit seiner<br />

Familie. Er baute auf einigen Feldern<br />

Hirse <strong>und</strong> Kohl an. „Bald sind wir da“,<br />

sagte Altfrid, „da vorne öffnet sich<br />

schon der Wald.“ Tatsächlich,<br />

links des Weges sah man eine Lichtung,<br />

nicht all zu groß, mit einigen<br />

Holzhütten darauf. „Oh, ich hatte mir<br />

die Siedlung etwas größer vorgestellt“,<br />

entfuhr es Gerswith. „Na, ein<br />

Dorf ist unser Astnide nicht“, lachte<br />

Altfrid, „aber was nicht ist, kann ja<br />

noch werden. Was meinst du, Gerswith,<br />

der Hof liegt doch ideal für deinen<br />

Plan.<br />

Er ist abgeschieden genug, dass keiner<br />

eure Andacht <strong>und</strong> euer Gebet<br />

stört. Aber der Hellweg wird dich <strong>und</strong><br />

deine Frauen auch mit der Welt verbinden.<br />

Auch die Ruhr ist nur eine<br />

halbe St<strong>und</strong>e entfernt, um Dinge mit<br />

dem Schiff heranzubringen. Alles,<br />

was ihr braucht <strong>und</strong> nicht vorfindet<br />

oder selbst anbauen könnt, könnt ihr<br />

also heranschaffen lassen. Und der<br />

kleine Bach Berne, der da vorne<br />

fließt, ist sehr fischreich. So habt ihr<br />

ein wenig Abwechslung im Speiseplan.<br />

Platz genug ist auch da, um<br />

weitere Gebäude zu errichten. Das<br />

ganze Land hier herum gehört ja unserer<br />

Familie. Und Holz für die Häuser<br />

ist in Hülle <strong>und</strong> Fülle da. Ich werde<br />

persönlich darüber wachen, dass<br />

dein kleines Kloster bald fertig ist.“<br />

Gerswith nickte zustimmend: „Platz<br />

genug hätten wir, auch wenn der<br />

Wald so nah an den Hof heranwächst.<br />

Aber ich möchte kein Kloster<br />

bauen“, korrigierte sie ihren Bruder<br />

lächelnd. „Eine Gruppe von Frauen,<br />

die zusammen lebt <strong>und</strong> Gottesdienst<br />

feiert – das genügt mir. Ein Kloster<br />

mit strengen Regeln – daran denke<br />

ich nicht.“ Und sie ließ sich zufrieden<br />

vom Pferd gleiten. Es war ein schöner<br />

Flecken, dieses Astnide, hier<br />

würde sie mit ihren Gefährtinnen ruhig<br />

<strong>und</strong> sorgenfrei leben können.<br />

So oder ähnlich wird es gewesen<br />

sein, als Altfrid <strong>und</strong> Gerswith sich<br />

entschieden, das neue Stift auf Astnide<br />

zu gründen. Gerswith wollte<br />

© <strong>Domschatz</strong>kammer Essen, Konzeption <strong>und</strong> Texte: Dr. Ina Germes-Dohmen, Burgplatz 2 - 45127 Essen<br />

2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!