Inhalt - DPMA
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Von 10 Millionen Europäern müssen sich pro Jahr 20.000<br />
Personen einer Röntgenbestrahlung zur Tumortherapie<br />
unterziehen ([2], [7]). Für über 15% von diesen, also für<br />
über 3.000 Patienten, wäre eine Hadronentherapie wahrscheinlich<br />
die bessere Behandlung, wobei hier in 30% der<br />
Fälle Kohlenstoffionen besser wären als Protonen [2].<br />
Da die den Wirtschaftlichkeitsrechnungen zugrunde liegende<br />
Patientenzahl bei 1.000 - 2.000 pro Jahr und Therapieanlage<br />
liegt, ergibt sich ein rechnerischer Bedarf von etwa<br />
einem (zentralisierten) Protonenzentrum pro 10 Mio.<br />
Einwohner, wobei es in jedem dritten Fall sinnvoll<br />
erscheint, auch über Kohlenstoff-Strahlen zu verfügen.<br />
3.2. Ionen oder Röntgen – die Frage der<br />
Finanzierung<br />
Figur 5 zeigt die Prinzipskizze einer kombinierten Anlage<br />
für Protonen und Kohlenstoffionen, wie sie dem aktuell im<br />
Bau befindlichen Heidelberger Projekt zugrunde liegt.<br />
Neben der Größe des Synchrotrons 200 und der Gantry<br />
203’’ fallen die massiven Betonwände auf, die zur Abschirmung<br />
der Sekundärteilchen erforderlich sind.<br />
Figur 5: Kombinierte Bestrahlungsanlage für Protonen<br />
Kohlenstoffionen (aus DE 102 61 099 A1).<br />
Aufgrund des großen baulichen und apparativen Aufwands<br />
liegen die Investitionskosten zwischen etwa 63 Mio. € und<br />
100 Mio. € für eine reine Protonen- bzw. eine kombinierte<br />
Proton-/Kohlenstoff-Anlage ([8], [2], [16]). Da dieser<br />
Summe lediglich 17 Mio. € für eine Röntgentherapieanlage<br />
gegenüberstehen [8], stellt sich die Frage nach der<br />
Rentabilität der neuen Therapiemethode sowie nach den<br />
durchschnittlichen Behandlungskosten. Die Schätzungen<br />
hierfür liegen derzeit bei dem 2,4-fachen für eine komplette<br />
Tumortherapie (20-30 Bestrahlungstermine), wobei jedoch<br />
in dieser Kalkulation die wesentlich höheren, weitgehend<br />
kreditfinanzierten Investitionskosten voll berücksichtigt sind<br />
und mit 42% der laufenden Kosten zu Buche schlagen.<br />
Abgesehen von der Fragwürdigkeit einer rein<br />
betriebswirtschaftlichen Kalkulation gerade bei der Einführung<br />
neuer Technologien trägt diese Betrachtung der<br />
Tatsache nicht Rechnung, dass mit Protonen- und<br />
Ionenstrahlen nicht andere Therapien ersetzt werden<br />
sollen, sondern bisher nicht oder schwer zu behandelnde<br />
Tumoren anvisiert sind, die auch ohne Behandlung neben<br />
dem schwer zu rechtfertigenden menschlichen Leid hohe<br />
Kosten verursachen.<br />
Die obige Kalkulation berücksichtigt auch nicht, dass<br />
Hadronentherapien teilweise deutlich schneller, d.h. mit<br />
weniger Bestrahlungen in kürzeren Abständen, verlaufen,<br />
wodurch der Patient eher wieder ins Berufsleben zurückkehren<br />
kann; bisherige Erfahrungen lassen auch auf eine<br />
geringere stationäre Nachsorge nach jeder Bestrahlung<br />
hoffen [10]. Daneben wurden, allerdings auf einer derzeit<br />
noch unbefriedigenden statistischen Basis, deutlich<br />
geringere langfristige Nebenwirkungen und Rückfallraten<br />
beobachtet, was wiederum in einer Gesamtkostenbilanz zu<br />
berücksichtigen wäre ([3], [15], [17]).<br />
Bezüglich der Kostenübernahme liegen bereits positive<br />
Zusagen einiger Krankenkassen vor, die sich allerdings<br />
eine fallbezogene Beurteilung vorbehalten [19].<br />
4. Ausblick und Plädoyer: Hadronentherapie als<br />
Technologieträger<br />
Nach mehreren Jahrzehnten Grundlagenforschung steht<br />
die Hadronentherapie an der Schwelle zur Routineanwen-<br />
dung. Der plötzliche Bedarf an hochpräzisen, stabilen und<br />
auch preiswerten Lösungen löste einen wahren Entwicklungsschub<br />
bei Forschungsinstituten und Lieferanten aus,<br />
der bereits jetzt zu bemerkenswerten neuen Ansätzen für<br />
Beschleunigersysteme (Zyklotrons und Synchrotrons mit<br />
supraleitenden Magneten, Beschleunigung mit Lasern),<br />
neuen Materialien mit hohem Querschnittsnutzen (z.B. für<br />
PET-Detektoren) und komplexen Softwarelösungen<br />
geführt hat ([6], [12]).<br />
Das für eine optimale Bestrahlung notwendige Verständnis<br />
der Wechselwirkungen von ionisierender Strahlung mit<br />
biologischem Gewebe vereinigt beispielhaft<br />
unterschiedlichste Disziplinen von der Medizin über die<br />
Strahlenphysik bis hin zur Weltraumforschung, und man<br />
verspricht sich von den apparativen Verbesserungen auch<br />
Erfinderaktivitäten 2005/2006 103