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Projektzeitung - Gauting

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Wie fi ndet man den<br />

richtigen Maßstab?<br />

Wieviel<br />

»<strong>Gauting</strong> ist ein Mittelding<br />

zwischen Stadt und Vorort.«<br />

der Landschaft in ihrer Umgebung?<br />

Innerhalb des Münchner Großraums kann man in <strong>Gauting</strong> durch die<br />

gute Verkehrsanbindung die Vorzüge der Großstadt bei gleichzeitiger<br />

Nähe<br />

Stadt<br />

zur Natur genießen. »Wir sind Stadtmenschen mit der Sehnsucht<br />

nach dem Dorf«, meint ein <strong>Gauting</strong>er Bürger und verweist damit<br />

auf die zweifellos starke Bindung an die Großstadt und die entsprechende<br />

Rolle in der Region, aber auch auf das bestehende Bedürfnis<br />

nach einem überschaubaren, ruhigen Lebensumfeld. Dieser Spagat<br />

ist es auch, der in der Weiterentwicklung des Bahnhofsquartiers zu<br />

schaff en ist.<br />

In wieweit sich allerdings bei einer 20.000-EinwohnerInnen-Gemeinde<br />

überhaupt noch die Frage nach dem Dorf stellt, sei dahingestellt. Deut-<br />

ZWISCHEN EINER METROPOLE UND DER<br />

SEHNSUCHT NACH DEM DORF<br />

Auf die Frage »Wieviel Stadt steckt in <strong>Gauting</strong>?« antworten die meisten<br />

Menschen mit geteilter Meinung. Die einen fi nden wenig Städtisches<br />

an ihrer Heimatgemeinde, andere erkennen sowohl städtische als<br />

auch dörfl iche Charakterzüge. Doch was bedeutet eigentlich »Stadt«<br />

und wo ordnet sich <strong>Gauting</strong> ein zwischen der Metropole München und<br />

lich wird jedenfalls, dass es nicht auf das Entweder-Oder ankommt,<br />

nicht auf das Städtische oder Dörfl iche, sondern auf die Eigenart<br />

<strong>Gauting</strong>s, die der Maßstab sein soll für die künftigen Entwicklungen.<br />

»Wir sind mehr Dorf als Stadt.«<br />

»Beim Bahnhof sind wir eher Stadt,<br />

rundherum eher Dorf.«<br />

»Ich wünsche mir mehr Mut zu<br />

einer Verdichtung am Bahnhof.«<br />

»Wir sind Stadtmenschen mit<br />

der Sehnsucht nach dem Dorf.«<br />

»Es ist nicht wichtig, ob <strong>Gauting</strong> städtisch<br />

oder dörfl ich ist. Es muss <strong>Gauting</strong> bleiben.«<br />

»Die Eigenart von <strong>Gauting</strong><br />

muss der Maßstab sein.«<br />

steckt in<br />

Wo ist das Zentrum?<br />

<strong>Gauting</strong> ist, wie alle anderen Würmtalgemeinden<br />

auch, als Dorf am Fluss entstanden. Hier<br />

wurde die Pfarrkirche errichtet, die damit eindeutig<br />

<strong>Gauting</strong>?<br />

die Ortsmitte markierte. Hier siedelten<br />

sich auch die Handwerksbetriebe an und hier<br />

spielte sich das öff entliche Leben ab. Lange<br />

blieb dieser räumliche Schwerpunkt im Tal<br />

bestehen. Selbst als im Jahr 1854 die Bahnstrecke<br />

und der <strong>Gauting</strong>er Bahnhof eröff net<br />

wurden, blieb das Zentrum an der Würm. Der<br />

Bahnhof lag damals noch rund einen halben<br />

EINE<br />

KOORDINATIONSBESTIMMUNG<br />

Kilometer vom Ortsrand entfernt. Erst als das<br />

»Ich fi nde es wirklich mehr als<br />

enttäuschend, dass es nach all<br />

den Jahren der Planung kein<br />

übergreifendes Konzept für die<br />

Fläche von der Post bis zum<br />

Bahnhofsplatz inkl. Grundschule<br />

gibt! Wann hört dieses ‚Fleckerlteppichdenken’<br />

endlich auf?«<br />

damalige Kurhotel mit der Aussicht auf zahlreiche<br />

Gäste errichtet wurde, verlagerte sich<br />

das Zentrum langsam bergaufwärts in Richtung<br />

Bahnhof.<br />

Heute ist der »Hauptplatz« an der Würm in<br />

seinem Stellenwert auf eine Kreuzung zurückgeschrumpft<br />

und in den letzten Jahren hat<br />

sich ein weiterer räumlicher Schwerpunkt als<br />

potenzielles Zentrum herauskristallisiert: der<br />

Bereich rund um das Bosco Theaterforum und<br />

die angrenzenden sozialen Einrichtungen, wie<br />

Kindergärten und das Jugendzentrum. Dieses<br />

Quartier soll in der Frage nach dem Zentrum<br />

<strong>Gauting</strong>s ebenfalls eine Rolle spielen.<br />

Die zentrale Aufgabe besteht nun darin, das<br />

Bahnhofsquartier in seiner Positionierung als<br />

Zentrum zu bewerten und im Verhältnis mit<br />

möglichen weiteren zentralen Bereichen einzuordnen.<br />

Unter Beachtung seines prägenden<br />

Charakters gilt es, das Bahnhofsquartier<br />

inhaltlich aufzuladen und ihm eine räumliche<br />

Gestalt zu geben, die den Stellenwert als<br />

ein Zentrum <strong>Gauting</strong>s zum Ausdruck bringen<br />

kann.<br />

»In <strong>Gauting</strong> gibt es kein wirkliches<br />

Zentrum – unser ‚Hauptplatz’ ist<br />

eine Kreuzung.«<br />

Warum braucht es ein ganzheitliches<br />

Bild für das Bahnhofsquartier?<br />

GEMEINSAME UND AUFEINANDER ABGESTIMMTE ZIELE VERFOLGEN<br />

Es ist ein großes Ziel der Gemeinde, eine<br />

Wissens- und Entscheidungsgrundlage für<br />

anstehende Planungen zu erarbeiten. Mit<br />

einer nachvollziehbaren, tragfähigen und<br />

robusten Zukunftsperspektive kann es gelingen,<br />

die unterschiedlichen öff entlichen<br />

und privaten Vorhaben aufeinander abzustimmen<br />

und zwischen den jeweiligen Interessenslagen<br />

zu vermitteln. Damit diese<br />

Zielsetzungen von einer möglichst breiten<br />

Öff entlichkeit mitgetragen werden können,<br />

werden diese im Rahmen eines off enen Planungs-<br />

und Beteiligungsprozesses erstellt<br />

und ausgehandelt. Die bereits vorhandenen<br />

Pläne und Vorschläge bilden dabei eine<br />

wichtige Grundlage. Es wurde wertvolles<br />

Wissen gesammelt und wichtige Fragen wurden<br />

aufgeworfen – genau daran gilt es nun<br />

anzuknüpfen.<br />

»Meiner Meinung nach kann kein<br />

sinnvolles Bebauungskonzept für<br />

das Areal der alten Grundschule<br />

entwickelt werden ohne konkrete<br />

Vorstellungen über die Zukunft der<br />

angrenzenden Bereiche.«<br />

VIELE BAUSTEINE MACHEN NOCH KEIN QUARTIER<br />

In den vergangenen Jahren wurden bereits zahlreiche Konzepte erstellt,<br />

die alle eine Aussage darüber treff en, wie sich das Areal rund um den<br />

Bahnhof entwickeln soll: 2006 startete ein umfangreicher Leitbildprozess,<br />

in dem unter anderem der Bedarf an einem städtebaulichen Konzept<br />

für das Bahnhofsareal zur Sprache gebracht wurde. Wenig später<br />

wurden Entwürfe diskutiert, in denen das Bahnhofsgebäude entweder<br />

um- oder teilweise neugebaut werden sollte. Vor wenigen Monaten<br />

wurden drei Vorschläge zur Neubebauung des Grundschulareals vorgestellt,<br />

die von den Bürgerinnen und Bürgern kommentiert werden<br />

konnten. Dazu kommt das Vorhaben eines Bauträgers, die Postfi liale zu<br />

verlegen und auf dem frei werdenden Grundstück andere Nutzungen<br />

anzusiedeln. Ein ganz aktueller Vorschlag sieht vor, unmittelbar neben<br />

dem Bahnhofsgebäude ein Kino zu errichten und damit dem Bahnhofsvorplatz<br />

ein neues Gesicht zu verleihen. Viele Bausteine also, denen es<br />

jedoch an etwas Wesentlichem fehlt: einem ganzheitlichen Bild.<br />

EIN QUARTIER AUS EINEM GUSS?<br />

Um aus all dem Nebeneinander der unterschiedlichen Projekte und<br />

Planungsabsichten gewissermaßen ein Quartier aus einem Guss zu<br />

entwickeln, soll in den kommenden Wochen und Monaten eine Entwicklungsperspektive<br />

für das gesamte Bahnhofsquartier erarbeitet werden.<br />

Dieses Areal wird sich immer durch seine Vielfältigkeit auszeichnen.<br />

Dennoch kann ein zusammenhängendes Konzept dazu beitragen, alle<br />

kommenden Planungs- und Bauvorhaben in diesem Quartier aufeinander<br />

abzustimmen und einen Rahmen vorzugeben, innerhalb dessen<br />

sich einzelne Bausteine zu einem größeren Ganzen zusammen fügen.<br />

BISHERIGE PLANUNGEN -<br />

EINE CHRONOLOGIE KLEINER<br />

UND GROSSER MEILENSTEINE<br />

10/2006: Auftaktveranstaltung zum Leitbildprozess<br />

11/2006: Zukunftskonferenz Teil 1<br />

01/2007: Markt der Ideen<br />

06/2007: »Alles Bahnhof«, Bahnhofsfest<br />

07/2007: Der Gemeinderat beschließt das Leitbild<br />

12/2007: Zukunftskonferenz Teil 2<br />

11/2009: Präsentation eines Maßnahmenkataloges<br />

03/2010: Zwei Konzepte zum Bahnhof & Umfeld<br />

11/2012: Präsentation und Diskussion von drei Vorschlägen<br />

zur Neubebauung des Grundschulareals<br />

Quelle: http://www.gauting.de/index.php?id=884<br />

Wer ist <strong>Gauting</strong>?<br />

110%<br />

105%<br />

100%<br />

2000 2010 2020 2030<br />

WER LEBT HIER?<br />

<strong>Gauting</strong><br />

Freistaat Bayern<br />

Oberbayern<br />

<strong>Gauting</strong> ist ein attraktiver Wohnstandort, insbesondere für Familien.<br />

Doch wird der demographische Wandel der Gesellschaft in den kommenden<br />

Jahren immer deutlicher zu spüren sein. Heute sind mehr als<br />

4.600 Personen - also beinahe ein Viertel der Bevölkerung - über 65<br />

Jahre alt. Dieser Anteil wird weiter zunehmen und 2030 werden fast<br />

zehn Prozent der Einwohner und Einwohnerinnen über 80 Jahre alt<br />

sein. Damit ändern sich auch die Anforderungen an die Gemeinde,<br />

angefangen vom Ausbau der sozialen Infrastruktur, der guten Erreichbarkeit<br />

mit öff entlichen Verkehrsmitteln, der Sicherung der Nahversorgung,<br />

über ein entsprechendes Kulturangebot bis hin zur Gestaltung<br />

der öff entlichen Räume und der Barrierefreiheit.<br />

4423<br />

+407<br />

W Wohngebäude<br />

4830<br />

40% 60%<br />

2000 2010<br />

IN ZUKUNFT WOHNEN<br />

Das Bevölkerungswachstum drückt sich auch in der Bautätigkeit<br />

aus. Mehr als 400 Wohngebäude mit über 680 Wohnungen wurden<br />

zwischen 2000 und 2010 errichtet. Der Trend geht weg vom<br />

Einfamilienhaus, 60 % der Wohnhäuser haben heute zwei oder<br />

mehr Wohneinheiten. Das Thema Wohnen und die Anforderungen<br />

an die Zukunft - wie altersgerechtes Wohnen, ein attraktives<br />

Wohnumfeld, leistbares und energieeffi zientes Bauen - können in<br />

der Diskussion zur Entwicklung des Bahnhofsquartiers eine wichtige<br />

Rolle spielen.<br />

Wo liegen die<br />

Herausforderungen?<br />

In einer der dynamischsten Regionen Deutschlands gelegen sieht sich<br />

die Gemeinde mit einem hohen Entwicklungsdruck konfrontiert. Der<br />

hochwertige Standort am Bahnhof eröff net zum einen ganz besondere<br />

Möglichkeiten, gleichzeitig gilt es, sich auf einen angemessenen<br />

Maßstab für künftige Planungs- und Bauvorhaben zu verständigen,<br />

in dem sich die Gemeinde auch wiederfi nden kann. Zudem macht<br />

das geringe Flächenpotenzial die Zukunftsaufgabe, für die kommenden<br />

Generationen die Lebensqualität zu bewahren und Wohnraum<br />

leistbar zu halten, zu einer großen Herausforderung.<br />

Auch der Einzelhandel hat mit den sich verändernden Rahmenbedingungen<br />

zu kämpfen. Die zum Teil inhaberInnengeführten, auf kleinteiligen<br />

Flächen strukturierten Läden können dem sich ändernden<br />

Einkaufsverhalten und dem Wettbewerb mit großfl ächigen und autoorientierten<br />

Standorten nur mit viel Mühe etwas entgegen halten.<br />

Dazu kommt die als starke Belastung wahrgenommene Verkehrssituation<br />

im Bahnhofsumfeld.<br />

Wie lassen sich Freiräume besser gestalten und Aufenthaltsqualitäten<br />

verbessern? Wie wird der Bahnhof zum Aushängeschild <strong>Gauting</strong>s<br />

und zu einer attraktiven Drehscheibe für den öff entlichen Verkehr?<br />

Welche Erwartungen sind generell mit der Entwicklung dieses<br />

zentralen Areals verbunden? Diese und andere Fragen stehen zur<br />

Diskussion, wenn es darum geht, eine Zukunftsperspektive für das<br />

Bahnhofsquartier zu erstellen.<br />

Das Wissen ist vor Ort<br />

DIE BÜRGERINNEN UND BÜRGER<br />

SIND DIE EXPERTINNEN UND<br />

EXPERTEN IHRER GEMEINDE<br />

Die Entwicklung einer Gemeinde erfordert<br />

den off enen Dialog, die Auseinandersetzung<br />

mit unterschiedlichen Sichtweisen, den Mut<br />

zu Visionen und das Ringen um Qualität;<br />

dies erst Recht dann, wenn es um Entscheidungen<br />

geht, die alle betreff en.<br />

Für Planungen gibt es Expertinnen und Experten,<br />

die mit ihrem Wissen und dem Blick<br />

von außen eine Sachlage einordnen und<br />

eine fachliche Aussage treff en können. Doch<br />

WO BEWEGEN WIR UNS HIN?<br />

<strong>Gauting</strong> ist Teil einer dynamisch wachsenden Metropolregion. Während<br />

die Bevölkerungszahl des Freistaates Bayern sich kaum verändert, wird<br />

für den Regierungsbezirks Oberbayern ein deutliches Wachstum von<br />

über 6 Prozent bis 2030 vorausgesagt. Auch die EinwohnerInnenzahl<br />

<strong>Gauting</strong>s wird zunehmen, wenn auch mit einem Bevölkerungszuwachs<br />

um die drei Prozent, deutlich langsamer. Heute leben bereits 20.005<br />

Menschen in <strong>Gauting</strong>. Dieses Wachstum bildet eine gute Grundlage<br />

zur Sicherung und Weiterentwicklung der bestehenden Infrastrukturen.<br />

19%<br />

23%<br />

IMMER UNTERWEGS<br />

Beinahe 9000 sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigte überschreiten<br />

täglich die Gemeindegrenze um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen.<br />

Mehr als die Hälfte der AuspendlerInnen fährt nach München.<br />

<strong>Gauting</strong> profi tiert hier von der guten Anbindung durch die Schnellbahnlinie<br />

6, mehr als 3250 Fahrgäste steigen täglich in <strong>Gauting</strong> ein<br />

und aus. Die Anzahl der Pkw pro tausend EinwohnerInnen ist leicht<br />

rückläufi g, dies täuscht aber nicht darüber hinweg, dass viele Wege<br />

noch immer mit dem Auto zurückgelegt werden. Ein Ziel ist es, dass<br />

möglichst viele Menschen im Umweltverbund, also zu Fuß, mit dem<br />

Fahrrad und dem öff entlichen Verkehr unterwegs sind. Am Bahnhof,<br />

als wichtigster Umsteigepunkt zwischen den Verkehrsmitteln, gilt es<br />

Umstiegs- und Aufenthaltsqualität zu verbessern.<br />

553 Pkw<br />

je Tsd. EinwohnerInnen<br />

daneben gibt es einen großen Schatz an lokalem<br />

Wissen. Die Bürgerinnen und Bürger<br />

von <strong>Gauting</strong> sind die Expertinnen und Experten<br />

ihrer Gemeinde. Die Menschen, die hier<br />

leben und arbeiten können schließlich am<br />

besten ihre Erwartungen und Anforderungen<br />

an jenen Raum darstellen, den sie auch<br />

nutzen. Genau dieses Alltagswissen bildet<br />

somit eine wertvolle Grundlage in diesem<br />

Planungsprozess.<br />

Um dieses lokale Wissen fassen zu können,<br />

muss zuallererst eine gemeinsame Sprache<br />

gefunden werden. Entscheidungsprozesse<br />

müssen vermittelt und für alle nachvollzieh-<br />

19%<br />

28%<br />

11%<br />

unter 18 Jahre<br />

18-29 Jahre<br />

30-49 Jahre<br />

50-64 Jahre<br />

65 und älter<br />

AuspendlerInnen<br />

4800<br />

EinpendlerInnen<br />

4100<br />

»Die Entwicklung einer Gemeinde erfordert<br />

den off enen Dialog, die Auseinandersetzung<br />

mit unterschiedlichen Sichtweisen, den Mut<br />

zu Visionen und das Ringen um Qualität.«<br />

bar werden. Erst wenn sich Bürgerinnen und<br />

Bürger auf Augenhöhe mit Planungsentscheidungen<br />

befi nden, besteht die Möglichkeit,<br />

sich gezielt in solche Prozesse einzubringen.<br />

Schließlich sind nur transparente Planungsentscheidungen<br />

auch nachvollziehbare und<br />

damit tragfähige Planungsentscheidungen.<br />

Darüber hinaus muss eine Vertrauensbasis<br />

aufgebaut werden, um eine Entwicklung<br />

in Gang setzen zu können. So entsteht die<br />

Möglichkeit, aktiv an Planungsverfahren mitzuwirken<br />

und Einfl uss auf Entscheidungen<br />

nehmen zu können.<br />

Quellen: Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung; http://www.wegweiser-kommune.de, Bundesagentur für Arbeit; Ingerost - Städtebaulicher Rahmenplan Bahnhof Umfeld<br />

GAUTING<br />

ENTFALTEN<br />

Faltzeitung Ausgabe 1, Februar 2013<br />

Ein Entwicklungskonzept<br />

für das Bahnhofsquartier<br />

Das Bahnhofsquartier neu denken<br />

Liebe Bürgerinnen und Bürger von <strong>Gauting</strong>!<br />

In den letzten Jahren wurde die bauliche Entwicklung<br />

gleich mehrerer »Schlüsselobjekte«<br />

der Gemeinde zur Diskussion gestellt: Das<br />

Bahnhofsgebäude soll umgebaut werden,<br />

das zentral gelegene Grundstück der ehemaligen<br />

Grundschule steht für eine neue<br />

Nutzung zur Verfügung und auch das Postareal<br />

bietet sich für eine neue Entwicklung<br />

an. Für all diese Projekte mangelt es nicht<br />

an guten Ideen und Konzepten. Vorschläge<br />

für den Umgang mit dem Bahnhofsgebäude<br />

und dem Grundschulgelände liegen bereits<br />

auf dem Tisch und wurden öff entlich diskutiert,<br />

weitere Vorhaben sind im Gespräch,<br />

doch: Es fehlt eine klare Vorstellung davon,<br />

was diesen zentralen Bereich rund um den<br />

Deutsche Deutsche Po Post Po Po Po Post<br />

In einem breit angelegten Planungs- und Beteiligungsprozess soll bis zum<br />

Sommer eine ganzheitliche und tragfähige Entwicklungsperspektive für den<br />

Kernbereich rund um den Bahnhof <strong>Gauting</strong> erstellt werden.<br />

Bahnhof kennzeichnet, welchen Charakter<br />

und welche Qualitäten dieses Quartier auszeichnen<br />

sollen. Auch in der Bevölkerung gehen<br />

die Meinungen darüber, wie sich dieser<br />

Ort künftig weiterentwickeln soll, zum Teil<br />

weit auseinander. In der Neuausrichtung<br />

des Kernbereichs der Gemeinde ergeben<br />

sich nun große Chancen und Herausforderungen,<br />

die es gemeinsam zu nutzen gilt.<br />

Es liegt auf der Hand, dass eine solch komplexe<br />

Aufgabe nicht einfach zu lösen ist. Daher<br />

hat sich die Gemeinde dazu entschlossen,<br />

in einem Beteiligungsprozess möglichst<br />

viele Interessenslagen zu berücksichtigen. Es<br />

soll eine gemeinsame Leitlinie erarbeitet werden,<br />

die für die Politik, die Wirtschaft und die<br />

Bevölkerung zur Grundlage für die weitere<br />

Planung und Gestaltung des Bahnhofsquar-<br />

Wie wird aus vielen Ideen<br />

7. bis 9. März 2013<br />

PERSPEKTIVENWERKSTATT<br />

tiers werden soll. Ein Team der TU Wien wird<br />

in den kommenden Monaten gemeinsam mit<br />

allen interessierten und engagierten Bürgerinnen<br />

und Bürgern ein Entwicklungskonzept<br />

erstellen. Ihr Beitrag, Ihr Einbringen von Erfahrungen,<br />

Anregungen und Empfehlungen<br />

ist damit ein wesentlicher und wertvoller Bestandteil<br />

dieses Planungsprozesses. In diesem<br />

Sinne lade ich Sie ein, an der Perspektivenwerkstatt<br />

von 7. bis 9. März teilzunehmen<br />

und sich in die Erstellung des Konzeptes für<br />

das Bahnhofsquartier einzubringen und regelrecht<br />

einzumischen. Diese Faltzeitung soll<br />

Sie auf den Prozess vorbereiten und Ihnen<br />

einen Überblick über den Stand der Dinge<br />

verschaff en.<br />

Ihre Brigitte Servatius, 1. Bürgermeisterin<br />

ein zusammenhängendes Konzept?<br />

In den vergangenen Wochen wurden vom Planungsteam der TU Wien<br />

alle bisher erstellten Konzepte, Leitbilder und Handlungsempfehlungen<br />

untersucht. Zudem fanden Gespräche mit VertreterInnen aus Politik und<br />

Verwaltung, dem Einzelhandel sowie mit EntwicklungsträgerInnen und<br />

Architekten statt, um den Stand der Dinge zu klären und eine solide Ausgangslage<br />

zu schaff en. Diese Vorbereitungen bilden nun die Grundlage<br />

für das eigentliche Planungsverfahren. Den Auftakt und zugleich das<br />

Kernstück bildet eine mehrtägige, öff entliche Perspektivenwerkstatt, in<br />

der gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern vor Ort die<br />

Erwartungen an die Entwicklung dieses Quartiers diskutiert und erarbeitet<br />

werden sollen.<br />

Auf der Basis der Ergebnisse dieser Veranstaltung wird ein Konzept<br />

zur Entwicklung des Quartiers erarbeitet, das im Rahmen einer weiteren<br />

öff entlichen Veranstaltung erläutert und diskutiert werden wird. Die<br />

Bürgerinnen und Bürger erhalten damit die Gelegenheit, sich aktiv in<br />

den Entwicklungsprozess einzubringen. Umgekehrt wird auch das Planungsteam<br />

immer wieder mit Fragen, Erwartungen und Positionen konfrontiert,<br />

was zu einer Überprüfung und Konkretisierung des Konzeptes<br />

führen wird. Bis zum Sommer soll das Dokument mit Aussagen zu einer<br />

räumlichen Entwicklung des Bahnhofsquartiers fertiggestellt sein.<br />

Verfahrensablauf<br />

1. Grundlagenerhebung<br />

2. <strong>Projektzeitung</strong><br />

3. Perspektivenwerkstatt<br />

4. Ausarbeitung<br />

5. <strong>Projektzeitung</strong><br />

DIE PERSPEKTIVENWERKSTATT ALS<br />

OFFENES BÜRO VOR ORT<br />

Von 7. bis 9. März richtet das Planungsteam der TU Wien in den Räumen<br />

der ehemaligen Pizzeria neben der Wartehalle im Bahnhof ein<br />

off enes Projektbüro ein, um vor Ort gemeinsam an der Entwicklungsperspektive<br />

für das Bahnhofsquartier zu arbeiten. Man kann Einblick<br />

nehmen in die einzelnen Planungsschritte und den Planerinnen und<br />

Planern über die Schulter schauen. Man kann sich aber vor allem<br />

einmischen in die laufenden Diskussionen um eine mögliche Zukunft<br />

des Quartiers. Jeweils von 10 bis 18 Uhr bzw. am Samstag von 10 bis<br />

15 Uhr kann man die Perspektivenwerkstatt besuchen, um Vorschläge<br />

einzubringen, Konfl iktpunkte und Potenziale zu benennen und sich gemeinsam<br />

an ersten Skizzen und Modellen einer möglichen Gestalt des<br />

Quartiers anzunähern. Jeder Werkstatttag schließt mit einem abendlichen<br />

Forum in der Turnhalle der Grundschule ab, um die Tagesergebnisse<br />

zusammenzufassen und um jene Positionen zu ergänzen, die am<br />

Tag nicht eingebracht werden konnten.<br />

Kommen Sie vorbei und mischen Sie sich ein!<br />

Programm der Perspektivenwerkstatt<br />

Tag 1<br />

Ideen sammeln<br />

10-18 Uhr<br />

Ideenkiosk<br />

Gemeinsam Ideen sammeln<br />

und diskutieren<br />

Vertiefende Gesprächsrunden<br />

10 Uhr: Kultur & Soziales<br />

12 Uhr: Handel & Gewerbe<br />

14 Uhr: Mobilität & öff entliche<br />

Räume<br />

16 Uhr<br />

Quartiersspaziergang<br />

19-21 Uhr<br />

Auftaktforum<br />

6. BürgerInnenforum Das Planungsteams stellt sich<br />

und die Planungsaufgabe vor; die<br />

Sammlungsergebnisse aus dem<br />

Ideenkiosk werden zusammengefasst,<br />

Ideen werden gemeinsam<br />

Entwicklungskonzept<br />

gebündelt und verdichtet.<br />

Tag 2<br />

Zukunftsbilder erstellen<br />

10-14 Uhr<br />

Ideen auf das Quartier<br />

übertragen<br />

14-18 Uhr<br />

Schwerpunkte setzen und<br />

Maßstab fi nden<br />

19-21 Uhr<br />

Intermezzo<br />

Ein Zwischenstand wird vorgestellt,<br />

erste Ideen werden auf den<br />

konkreten Raum übertragen und<br />

Schwerpunkte in der Entwicklung<br />

werden gesetzt.<br />

Tag 3<br />

Zukunftsbilder vertiefen<br />

10-15 Uhr<br />

Off ene Werkstatt<br />

Zukunftsbilder verdichten<br />

16-18 Uhr<br />

Abschlussforum<br />

Die vertieften Zukunftsbilder<br />

werden vorgestellt, mögliche<br />

favorisierte Varianten werden untersucht<br />

und es wird ein Ausblick<br />

auf die nächsten Planungsschritte<br />

gegeben.


Wie wird der Bahnhof zum<br />

Aushängeschild <strong>Gauting</strong>s?<br />

GROSSER BAHNHOF<br />

Als im Jahr 1854 die Strecke München-Starnberg eröff net wurde, trugen<br />

die Lokomotivführer Frack und Zylinder. Dies zeigt den hohen<br />

Stellenwert, den das Reisen mit der Bahn im 19. Jahrhundert hatte.<br />

Die Eisenbahn galt damals als das fortschrittlichste Verkehrsmittel<br />

und Bahnhöfe waren gewissermaßen die Kathedralen des technischen<br />

und kulturellen Fortschritts. »Einen großen Bahnhof machen«,<br />

sagt man redensartlich auch, wenn jemandem ein aufwendiger<br />

Empfang bereitet wird. Wie kann der Bahnhof von <strong>Gauting</strong> diese<br />

wesentliche Bedeutung als Empfangshalle, als Aushängeschild und<br />

Visitenkarte der Gemeinde zurückgewinnen?<br />

MEHR ALS EINE HALTESTELLE<br />

»Wenn man mit der Bahn nach <strong>Gauting</strong> fährt, muss man Lust bekommen,<br />

auszusteigen«, sagt ein <strong>Gauting</strong>er Bürger und benennt damit<br />

die wichtige Aufgabe, die ein Bahnhof auch erfüllen soll und dabei<br />

eben mehr ist, als bloß eine Haltestelle, mehr als ein Bahnsteig<br />

mit Fahrkartenautomat. Der Bahnhof ist das Eingangstor in die Gemeinde,<br />

Ort des Abfahrens und Ankommens und für jene, die daran<br />

vorbeifahren, ist er Orientierungspunkt und Erkennungsmerkmal für<br />

<strong>Gauting</strong>. Bereits im Leitbild-Prozess wurde von der Entrée-Situation<br />

und dem Bahnhof als Ankunftsort gesprochen, in dessen Funktion er<br />

gestärkt werden solle.<br />

Welche Qualitäten soll der Bahnhof und dessen Vorplatz aufweisen<br />

und wie werden die mehr als 3.200 Fahrgäste empfangen, die hier<br />

täglich ein- und aussteigen? Und: Kann der Bahnhof zu einem neuen<br />

Zentrum werden?<br />

HIN ODER WEG?<br />

Eigentlich sollte das Bahnhofsgebäude abgerissen werden. 2010 traf<br />

der Gemeinderat den entsprechenden Beschluss, doch dann zog<br />

langsam wieder etwas Leben ein in die zuvor leerstehenden Räume.<br />

Das Regionalwerk Würmtal und ein Quartiersmanager richteten<br />

ihre Büros ein und es wurden die Fragen lauter, ob man sich nicht<br />

doch auf die historische Substanz des Gebäudes besinnen könnte,<br />

das Ziegelmauerwerk von seinem Putz befreit und das alte Gebäude<br />

bestehen lässt. Wie könnte das Gebäude den Anforderungen an<br />

einen zeitgemäßen Bahnhof gerecht werden und welche Nutzungen<br />

müssten in die Wartehalle einziehen, um dieser wieder Leben einzuhauchen?<br />

Die Neuerfi ndung<br />

einer alten Dame<br />

Entwurfsgedanke<br />

Der neu entworfene Baukörper lehnt sich in Form und Größe an die<br />

ehemalige Grundschule an, unterschreitet dessen Höhe jedoch<br />

deutlich. Er besteht aus verschiedenen Einzelbaukörpern.<br />

Durch Vor- und Rücksprünge wird der Baukörper in unterschiedliche<br />

Nutzungseinheiten gegliedert.<br />

Ziel ist es, die Gesamtwirkung des Gebäudes an die bestehend<br />

kleinteiligere Umgebung anzupassen und in den städtebaulichen<br />

Kontext einzufügen.<br />

Materialienvielfalt im Baukörper<br />

Die Gliederung der Baukörper wird zusätzlich durch die Verwendung<br />

unterschiedlicher Materialien betont.<br />

Im Hintergrund steht der Grundbaukörper mit einer hellen Putzfassade.<br />

Vorsprünge in horizontaler und senkrechter Ausrichtung sind mit einer<br />

feinen, kupferfarbenen Netzstruktur umspannt.<br />

Die Ladeneingangsbereiche im Süd- und Nordbereich erhalten eine<br />

großzügige Glasfassade.<br />

Das zurückspringende Dachgeschoss bekommt eine dritte Struktur,<br />

eine helle Plattenverkleidung.<br />

Im Erdgeschoss tritt als betontes Element eine Box hervor, die einen<br />

weiteren Anziehungspunkt, zu Laden- und Gemeinsschaftsflächen<br />

darstellt.<br />

4,00 2,85 2,85 2,85<br />

hten 24-11-2012<br />

Räder<br />

© Grassinger Emrich Architekten GmbH<br />

Erschließung und Nutzung<br />

Durch die Nähe zum Bahnhof liegt das Gebäude sehr zentral. Eine<br />

Mischnutzung mit Gewerbeflächen im Erdgeschoss lässt eine optimale<br />

Versorgung der Anlage zu. Somit ergibt sich ein prädestinierter<br />

Standort für barrierefreies, seniorenfreundliches Wohnen.<br />

Die Belebtheit, die durch die gute öffentliche Anbindung entsteht, wird<br />

mit einer neugestalteten Platzsituation im Süden des Baukörpers<br />

ergänzt.<br />

So wird das gesamte Umfeld rund um den <strong>Gauting</strong>er Bahnhof immens<br />

aufgewertet.<br />

Die Vermietung der Ladeneinheiten kann sowohl kleinteilig, wie auch in<br />

größeren zusammenhängenden Einheiten umgesetzt werden.<br />

Ansicht von Osten M 1:200<br />

Feuerwehrzufahrt und Tiefgarage<br />

Die Feuerwehrzufahrt ist im Süden des Baukörpers, an der<br />

neuentstehenden Platzsituation geplant.<br />

Die Zufahrt zur Tiefgarage ist im südlichen Teil des Ostriegels - von der<br />

Bahnhofsstraße her - geplant. Alternativ wäre die Zufahrt vom Süden des<br />

Grundstücks möglich - über den Vorplatz, von der Zubringerstraße zur<br />

dahinterliegenden Berufsschule. So wäre die Gewerbeeinheit im<br />

Erdgeschoss als durchgängige Fläche nutzbar.<br />

Ausrichtung Wohnen nach Südwesten<br />

Die Anlage teilt sich in fünf "Häuser" mit je einem Treppenhaus auf.<br />

Die Ausrichtung der Wohnungen erfolgt hauptsächlich nach Süden und<br />

Westen. Es wurde Wert daraufgelegt, möglichst alle Wohnungen in dem an<br />

der Straße verlaufenden Baukörper als durchgesteckte Wohnungen zu<br />

planen. Desweiteren ist das Dachgeschoss zurückgesetzt. Somit ist die<br />

Wandhöhe aus Sicht des Fußgängers um ein Geschoss reduziert.<br />

Die Abstufung der Riegel nach Südwesten optimiert den Schallschutz in<br />

den hinteren Baukörpern.<br />

Somit entsteht eine Orientierung zum ruhigen Innenhof für die gesamte<br />

Wohnanlage.<br />

© Atelier Lüps<br />

4,00 2,85 2,85 2,85 Perspektive von Südosten<br />

Grassinger Emrich Architekten GmbH<br />

© ATP Architekten<br />

DREI VORSCHLÄGE FÜR DAS GRUNDSCHULAREAL<br />

Grassinger Emrich Architekten GmbH (oben), Atelier Lüps (Mitte), ATP<br />

Architekten (unten) stellten im vergangenen November ihre Vorschläge für die<br />

Neubebauung des Grundschulareals vor.<br />

»Die Leute steigen in <strong>Gauting</strong> in die<br />

S-Bahn, fahren nach München und<br />

nehmen ein Stück Stadt mit zurück.«<br />

ZUKUNFT HAT HERKUNFT<br />

»Neben der Stärkung der Handelsfunktion<br />

sollte der Bahnhofsplatz insgesamt<br />

unter verstärkter Nutzung des städtebaulichen<br />

Potentials auch als Treff punkt<br />

und Aufenthaltsort belebt werden.«<br />

(CIMA Einzelhandelskonzept, S. 74, 2011)<br />

Das stolze Gebäude in der Bahnhofstraße 25 blickt auf eine wechselvolle<br />

Geschichte zurück. 1898 wurde es als Kurhotel errichtet und<br />

bot den Gästen der <strong>Gauting</strong>er Schwefelquellen Unterkunft. Doch<br />

diese Quellen versiegten nach wenigen Jahren und das Gebäude<br />

wurde 1926 zu einer Zigarrenfabrik der Austria Tabak umgebaut, in<br />

der über 300 Menschen einen Arbeitsplatz fanden. Während des<br />

Zweiten Weltkriegs wurde die Produktion eingestellt und einige Jahre<br />

später kaufte schließlich die Gemeinde das Gebäude und ließ<br />

es zur Grundschule umbauen. Nach einem Deckeneinsturz im Jahr<br />

2010 ist das historische Hauptgebäude geschlossen und wartet nun<br />

auf seine neue Bestimmung. Womit fi ndet diese Serie an geschichtsträchtigen<br />

Nutzungen nun ihre Fortsetzung? Was nimmt den Platz<br />

jenes Gebäudes ein, das 115 Jahre lang maßgeblich das Gesicht des<br />

Bahnhofsquartiers geprägt hat?<br />

EIN NEUES GESICHT AN DER BAHNHOFSTRASSE<br />

Im November letzten Jahres wurden drei Vorschläge zu einer Neubebauung<br />

des Areals präsentiert und diskutiert. Alle Entwürfe werfen<br />

Fragen auf, die in der Entwicklung des gesamten Quartiers eine wesentliche<br />

Rolle spielen werden. Wie organisiert man den Verkehr und<br />

die Erschließung? Wie gestalten sich die öff entlichen Räume an der<br />

Bahnhofstraße und rückseitig zur Grundschule hin? Wie gliedert sich<br />

der Baukörper in seine Umgebung ein und welches Gewicht, welche<br />

Bedeutung erhält der Neubau innerhalb dieses zentralen Bereiches<br />

unmittelbar neben dem Bahnhof? Diese und viele weitere Fragen gilt<br />

es in den kommenden Auseinandersetzungen zu klären, um letztlich<br />

eine solide Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten, die dabei hilft,<br />

den schlüssigsten Vorschlag auszuwählen.<br />

»Dieses Vorhaben kann nur im Rahmen einer<br />

Gesamtplanung, von der Pippinunterführung<br />

bis zum Kriegerdenkmal, gelingen.«<br />

(Rückmeldung eines Bürgers zur Vorstellung<br />

der Bebauungskonzepte)<br />

»Ein Bahnhof muss viel mehr<br />

sein als eine Haltestelle.«<br />

Park & Ride & ?<br />

»Wenn man mit der Bahn nach<br />

<strong>Gauting</strong> fährt, muss man Lust<br />

bekommen, auszusteigen.«<br />

»Durch die Reduzierung des Autoverkehrs auf der<br />

umgestalteten Bahnhofstraße gewinnt diese an<br />

Attraktivität als Einkaufsstandort. Der Ortskern<br />

hat dabei seinen nördlichen Anker auf dem Bahnhofsvorplatz.<br />

Dieser Schwerpunkt im Ortskern wird<br />

weiter ausgebaut. Der Bahnhof und sein Umfeld<br />

bilden eine unverwechselbare Entrée-Situation mit<br />

erweiterter Nutzung und vielfältigem Angebot.«<br />

(Leitbildbroschüre »<strong>Gauting</strong> bewegt sich«, S. 8, 2007)<br />

»Funktionsfähiger zentrenrelevanter Einzelhandel ist<br />

auf einen attraktiven öff entlichen Raum angewiesen,<br />

der den Rahmen für ein Enkaufserlebnis bietet.«<br />

(CIMA Einzelhandelskonzept, S. 64, 2011)<br />

EIN MÖGLICHKEITSRAUM ALS<br />

SCHLÜSSELSTANDORT IM QUARTIER<br />

Mit Möglichkeitsräumen werden Orte bezeichnet, die sich durch eine<br />

besondere Entwicklungsoff enheit auszeichnen. Die Park & Ride-Anlage,<br />

die viele auch als einen »wilden« Parkplatz wahrnehmen, mag<br />

auf den ersten Blick nicht als ein Ort mit vielen Entwicklungsoptionen<br />

erscheinen. Doch wenn man sich die Bandbreite der Ideen vor Augen<br />

führt, die in den letzten Jahren diskutiert wurden, erweist sich dieses<br />

Grundstück als ein ganz besonderer Möglichkeitsraum. Ein Park<br />

wurde vorgeschlagen, ebenso ein Supermarkt und selbstverständlich<br />

zahlreiche Varianten einer optimalen Stellplatzlösung. Klar ist, dass<br />

Großes Kino!<br />

LASSEN LICHTSPIELE DAS QUARTIER LEUCHTEN?<br />

Vor wenigen Wochen hat ein, in der Region bereits erfolgreicher,<br />

Kinobetreiber der Gemeinde seine Pläne für ein neues Kino am<br />

Bahnhofsplatz vorgelegt. Unmittelbar neben dem Bahnhofsgebäude<br />

soll ein transparenter Glaskörper das gesamte Quartier zum Strahlen<br />

bringen. Während sich an der Oberfl äche ein Café, eine Lounge<br />

und der Kassenbereich befi nden, liegen insgesamt vier Kinosäle unter<br />

der Erde. Die Sichtbarkeit des eingeschossigen, verglasten Bauteils<br />

wird nicht nur zum Platz hin wirken, sondern auch hinaus zur<br />

Bahn und damit könnte den Bahngästen ein neues Bild von <strong>Gauting</strong><br />

geboten werden.<br />

Nach der Schließung des Filmcasinos am Hauptplatz wird die Gemeinde<br />

voraussichtlich bald ein neues Lichtspieltheater erhalten und<br />

damit einen neuen Magneten direkt an der Bahn. Welchen Beitrag<br />

kann dieser Neubau zur Entwicklung des gesamten Bahnhofsquartiers<br />

leisten und welche Strahlkraft kann er tatsächlich aufbringen?<br />

© SHAG Schindler + Hable Architekten GbR<br />

Das mögliche Kino-Foyer als Glaskörper am Bahnhofsplatz.<br />

auch in Zukunft zumindest dieselbe Anzahl an Stellplätzen vorhanden<br />

sein muss und dass die Lage an der Bahn eine Wohnnutzung<br />

ausschließt. Daneben bestehen aber zahlreiche noch unbekannte<br />

Möglichkeiten, wie dieser Standort in Zukunft genutzt werden könnte.<br />

Was ist hier denkbar? Was fehlt im Quartier, das hier Platz fi nden<br />

könnte? Dieser zentrale Ort braucht Kreativität, gute Ideen und Mut<br />

für Neues, um diesen Möglichkeitsraum zu einem Schlüsselstandort<br />

im Quartier zu machen.<br />

Raum für Neues?<br />

DIE POST MACHT PLATZ<br />

Wenn man über den Bahnhof spricht, muss man auch über die Post<br />

sprechen. Neben dem Kartenverkauf und einem Zeitungskiosk könnte<br />

nämlich auch das Postamt in das Bahnhofsgebäude einziehen und<br />

damit das Grundstück an der Hubertusstraße frei spielen für neue<br />

Nutzungen. Ein Projektentwickler mit Erfahrungen im Einzelhandel<br />

hat bereits Interesse angemeldet dieses Areal neu zu bebauen, einen<br />

Nahversorger einzurichten. Das Verteilerzentrum wird an dieser<br />

Stelle nicht mehr benötigt und könnte an einen anderen Ort verlagert<br />

werden, das Postamt könnte im Bahnhof oder gar im künftigen<br />

Neubau am Grundschulareal Platz fi nden.<br />

Welche Möglichkeiten stecken in diesem Grundstück direkt neben<br />

der Bahnstrecke gewissermaßen am Kopfende des langgestreckten<br />

Quartiers entlang der Bahnhofstraße? Was kommt, wenn die Post<br />

geht?<br />

Neue Perspektiven für den Handel?<br />

DIE KONKURRENZ IN DER REGION STEIGT<br />

Dem Einzelhandel kommt eine Kernfunktion für die Bahnhofstraße zu.<br />

Immerhin 80 Prozent der Menschen, die hier hinkommen, tun dies, um<br />

hier einzukaufen. Doch: Die Konkurrenz in der Region ist groß, das<br />

Einkaufszentrum in Pasing und die Münchner Innenstadt sind nur wenige<br />

S-Bahnminuten entfernt. In den vergangenen Jahrzehnten ging<br />

die Entwicklung in Richtung immer größerer Einzelhandelsfl ächen,<br />

fernab der Ortskerne. Dies entspricht jedoch nicht den Prinzipien einer<br />

»Gemeinde der kurzen Wege« und der Sicherung wohnortnaher<br />

Versorgungsstrukturen, die eine zentrale Rolle in der Lebensqualität<br />

der Menschen spielen. Dabei bleiben vor allem die kleinen eigentümerInnengeführten<br />

Läden auf der Strecke und all das, was sich nicht<br />

in großen Ketten und in großen Management-Strukturen organisieren<br />

lässt.<br />

STANDORTQUALITÄTEN DURCH INVESTITIONEN<br />

IN ÖFFENTLICHE RÄUME VERBESSERN<br />

Die Gemeinde <strong>Gauting</strong> hat 2009 die CIMA Beratung und Management<br />

GmbH mit der Erstellung eines Einzelhandelskonzeptes beauftragt,<br />

um Empfehlungen für Maßnahmen zur Standortverbesserung<br />

zu erhalten. Die regionale Wettbewerbsfähigkeit des Einzelhandels<br />

muss verbessert werden, geht aus diesem Konzept hervor, und das<br />

EIN PERSPEKTIVENWECHSEL<br />

Der Blickwinkel eines Kindes eignet sich<br />

gut, um sich der vorhandenen Qualitäten<br />

der öff entlichen Räume bewusst zu werden.<br />

Vollzieht man diesen Perspektivenwechsel<br />

und stellt sich den Weg vom Hauptplatz bis<br />

zum Bahnhof vor, so bewegt man sich entlang<br />

einer Verkehrsstraße: es ist laut und es<br />

ist gefährlich, man muss die RadfahrerInnen<br />

im Blick behalten, die auf der Straße keinen<br />

Platz fi nden und auf die Gehsteige ausweichen.<br />

Um das Schaufenster auf der gegenüberliegenden<br />

Seite betrachten zu können,<br />

muss man die Straße queren und das kann<br />

zu einem ungewollten Abenteuer werden.<br />

Menschen leben in räumlichen Zusammenhängen.<br />

Man wohnt, arbeitet und verbringt<br />

seine Freizeit an unterschiedlichen Orten<br />

und dies erfordert Mobilität. Aber lässt sich<br />

Mobilität auch anders gestalten? Wie bewege<br />

ich mich in Zukunft fort?<br />

DAS BAHNHOFSQUARTIER<br />

ALS MOBILITÄTSDREHSCHEIBE<br />

Der Bahnhof wird als Schnittstelle zwischen<br />

den Verkehrsträgern zum Schlüsselprojekt<br />

auf dem Weg zu einer nachhaltigen und<br />

so zial gerechten Mobilität. Dies ist eine<br />

Heraus forderung, die auch im räumlichen<br />

Kontext des Bahnhofsquartiers eine wichtige<br />

Rolle spielen wird. Es geht darum, die Um-<br />

Deutsche Deutsche Post Post<br />

Die Bahnhofstraße –<br />

eine lebendige Achse?<br />

MEHR ALS EIN VERKEHRSRAUM<br />

Die zentralen öff entlichen Räume sind weit<br />

mehr als ein Verkehrsraum, sie sind gewissermaßen<br />

der Fingerabdruck eines Ortes.<br />

Hier wird die Geschichte und die Identität<br />

spürbar, es sind die Orte der Begegnung<br />

und der Kommunikation. Für viele Bewohnerinnen<br />

und Bewohner ist die Bahnhofstraße<br />

Teil ihres Alltags, sie ist Schulweg,<br />

der Weg zum Einkauf und zum Bahnhof.<br />

Die Bahnhofstraße soll diesem Anspruch<br />

als verbindendes Element in Zukunft gerecht<br />

werden. Die Verkehrsbelastung ist<br />

hoch und die Autos werden nicht von heute<br />

auf morgen verschwinden und das sollen<br />

sie auch nicht. Wie kann der Individualverkehr<br />

in einen hochwertigen öff entlichen<br />

Raum eingebunden werden, in dem sich<br />

alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt<br />

gegenüberstehen? Wie wird die Bahnhofstraße<br />

zum Rückgrat <strong>Gauting</strong>s und einer<br />

lebendigen Achse zwischen Würm und<br />

Bahnhof?<br />

Eine neue Mobilitätskultur?<br />

steigemöglichkeiten zu verbessern und die<br />

Bushaltestellen optimal in die öff entlichen<br />

Räume einzubinden. Der Bahnhof soll speziell<br />

für ältere Menschen und Kinder besser<br />

nutzbar werden. Auch die Frage der Stellplätze<br />

für Autos ebenso wie für Fahrräder<br />

ist hinsichtlich ihrer Anzahl und Qualität zu<br />

klären. Ein wichtiges Augenmerk liegt auch<br />

auf Wegeverbindungen für die nicht-motorisierten<br />

VerkehrsteilnehmerInnen, also die<br />

RadfahrerInnen und FußgängerInnen. Ebenso<br />

sind die räumlichen Anforderungen aktueller<br />

Mobilitätskonzepte, wie Carsharing und<br />

E-Mobilität, zu klären.<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeberin<br />

Gemeinde <strong>Gauting</strong><br />

Bahnhofstraße 7, 82131 <strong>Gauting</strong><br />

Kontakt<br />

Wilhelm Rodrian - wilhelm.rodrian@gauting.de<br />

Text und Gestaltung<br />

TU Wien, Fachbereich Örtliche Raumplanung<br />

Karlsgasse 13, 1040 Wien<br />

Rudolf Scheuvens, René Ziegler,<br />

Philip Krassnitzer, Bernhard Siquans<br />

Druck<br />

Miraprint Off setdruck Beiner KG<br />

Danziger Straße 1, 82131 <strong>Gauting</strong><br />

<strong>Gauting</strong>, Wien - Februar 2013<br />

Bahnhofsquartier gilt dabei als Schlüsselbereich. Hier fi nden sich<br />

die räumlichen Möglichkeiten, die es braucht, um neue Impulse für<br />

eine Attraktivierung des Einzelhandelsangebotes zu schaff en. Eine<br />

Erweiterung der bestehenden kleinteiligen Geschäfte ist, wenn überhaupt,<br />

nur sehr schwer umzusetzen. Im Vordergrund steht daher die<br />

Modernisierung und Inszenierung dieser Flächen. Eine zentrale Empfehlung<br />

der EinzelhandelsexpertInnen sind Investitionen in die Gestaltung<br />

der öff entlichen Räume, um »Flanierqualitäten« zu schaff en,<br />

was sich wiederum positiv auf das Einkaufsgefühl und die Einzelhandelsentwicklung<br />

in <strong>Gauting</strong> auswirken würde.<br />

Die Gemeinde kann keine Läden verordnen oder die Geschäftsführung<br />

von EinzelhändlerInnen planen. Aber die Gemeinde ist als Eigentümerin<br />

der öff entlichen Räume in der Lage, über diese Flächen<br />

dem Gewerbe einen entsprechenden Rahmen zu geben, gewissermaßen<br />

das Silbertablett vorzubereiten, auf dem sich die Läden im<br />

besten Glanz präsentieren können.<br />

EIN INTEGRIERTES<br />

MOBILITÄTSKONZEPT<br />

»Nachhaltige Mobilität beginnt im Kopf, es<br />

ist eine Frage der Kultur«, heißt es in einer<br />

Studie des Bundesministeriums für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung. Es muss attraktiv<br />

sein, sich nachhaltig fortzubewegen und<br />

dazu müssen entsprechende Anreize geschaff<br />

en werden. Mobilitätsfragen bestimmen<br />

maßgeblich die Entwicklung des Bahnhofsquartiers<br />

und sind daher von Beginn<br />

an mitzudenken. Es kann keine räumliche<br />

Aussage zum Bahnhofsquartier getroff en<br />

werden, ohne die städtebaulichen und freiraumplanerischen<br />

Konzepte mit der Mobilitätsplanung<br />

zu verbinden.

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