Testbericht AMIGO IV - Graupner
Testbericht AMIGO IV - Graupner
Testbericht AMIGO IV - Graupner
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58 test | Joachim Schumann | bauen und fliegen | 2/2013<br />
Die römische Zahl hinter dem Namen verrät,<br />
dass es sich um die vierte Baureihe<br />
des „Ohrenseglers“ handelt. Bedenkt man,<br />
dass es den ersten Spross der Familie schon<br />
Anfang der 1960er Jahre gab, sind vier<br />
Baureihen in ca. 50 Jahren nicht wirklich<br />
viele – der VW Golf hat es in knapp 40<br />
Jahren immerhin auf sieben Versionen gebracht.<br />
Seinen „Vierer“ bietet <strong>Graupner</strong> als<br />
ARF-Fertigmodell und Holzbausatz an.<br />
Das ARF-Modell wurde bereits in der FMT<br />
4/2012 vorgestellt, hier nehmen wir nun<br />
den reinen Holzbausatz unter die Lupe.<br />
Zeitsprung<br />
Amigo <strong>IV</strong> Bausatz von <strong>Graupner</strong><br />
Das Höhenleitwerk trägt mit<br />
Mit seiner „Ohrenfläche“ und der besonderen Rumpfform<br />
wurde der Amigo im Laufe der Jahre zum Synonym für Einsteigermodelle.<br />
Eine weitere Besonderheit ist das tragende<br />
Höhenleitwerk; oben gewölbt und mit gerader Unterseite<br />
bringt es mehr Auftrieb, trägt also mit und sorgt vor allem<br />
dafür, dass der Schwerpunkt weiter zurück liegt als bei Modellen<br />
mit neutralen Leitwerksprofilen. Damit wird weniger<br />
Gewichtsausgleich in der Rumpfnase erforderlich, was sich<br />
wiederum positiv auf das Gesamtgewicht auswirkt. Dieser<br />
konstruktive Schachzug wurde früher bei vielen Freiflug-,<br />
aber auch bei Einsteiger-RC-Modellen angewandt.<br />
Schon der Amigo I hatte diese Merkmale und unterschied<br />
sich im Wesentlichen nur in der Spannweite von allen seinen<br />
Nachfolgern. Mit 1.770 mm war er der Kleinste im Bunde,<br />
bei allen anderen danach wuchs die Spannweite auf 2.000<br />
mm. Das bekannteste und am meisten verbreitete Baumuster<br />
war der Amigo II, der ab Ende der 1960er Jahre für<br />
viele das Sprungbrett in den ferngesteuerten Modellflug<br />
war. Als eines der berühmtesten Modelle aus dem Hause<br />
<strong>Graupner</strong> war der Amigo II über Jahre hinweg nicht nur das<br />
klassische Einsteigermodell, sondern auch ein Segler mit<br />
Leistungsambitionen, der immer dann aufwarten konnte,<br />
wenn es um die Ausnutzung von schwachen Aufwinden<br />
ging. Das Modell entstand aus dem für die damalige Zeit<br />
klassischen Bausatz mit gestanzten Balsa- und Sperrholzteilen.<br />
Die Laubsäge war für den Modellbauer dieser Zeit<br />
noch unentbehrlich.<br />
Mit der zunehmenden Verbreitung von GFK und anderen<br />
modernen Werkstoffen verloren reine Holzbausätze immer<br />
mehr an Bedeutung. Eine zwischenzeitlich ausgelieferte dritte<br />
Version des Amigo konnte das auch nicht verhindern. Es<br />
handelte sich immer noch um einen klassischen Holzbausatz,<br />
lediglich kaum erkennbare Veränderungen an der äußeren<br />
Form waren vorgenommen worden.<br />
Dann war es einige Jahre still um den Amigo, bis sich<br />
<strong>Graupner</strong> im Jahr 2011 an seinen Klassiker erinnerte. Heute<br />
steht für den Eiligen die zeitgemäße ARF-Variante und für<br />
den ambitionierten Holzwurm der Bausatz mit überwiegend<br />
lasergeschnittenen Holzteilen zur Verfügung.
Traditionell gut<br />
Hat der Holzbausatz heutzutage noch eine Chance? Diese<br />
Frage erscheint durchaus berechtigt, wenn man sich Preise<br />
und Ausstattung der unzähligen Schaummodelle betrachtet.<br />
In der Tat legt man für einen guten Holzbausatz oftmals<br />
mehr auf den Tisch als für einen geschäumten Konkurrenten<br />
ähnlicher Größenordnung, der dann auch noch mit Servos,<br />
Motor und Regler ausgerüstet ist. Das gilt auch für den<br />
Amigo mit seinem empfohlenen Verkaufspreis von 124,60<br />
Euro. Man erhält dafür aber einen vollständig ausgestatteten<br />
Baukasten mit Holzteilen in hervorragender Qualität, wobei<br />
sich die Vollständigkeit auf die Fertigstellung bis zum Rohbaumodell<br />
bezieht. Bespannungsmaterial und alles, was mit<br />
RC-Ausrüstung zu tun hat, muss extra angeschafft werden.<br />
Mit der Holzqualität knüpft <strong>Graupner</strong> an gute Traditionen<br />
an, was bedeutet, dass die Teile den jeweiligen Anforderungen<br />
entsprechend gut ausgesucht und dimensioniert sind.<br />
So haben beispielsweise die Beplankungsteile eine mittlere<br />
Härte, sodass sie ausreichende Festigkeit bieten, aber doch<br />
geschmeidig genug sind, um sich der Profilwölbung anzupas-<br />
sen. Der größte Unterschied zu den Bausätzen der früheren<br />
Amigos besteht darin, dass der Zuschnitt der Holzteile heute<br />
mit Laser erfolgt. Rippen, Spanten und die kleineren Beplankungsteile<br />
sind dadurch äußerst passgenau vorbereitet und<br />
müssen nur noch durch das Abtrennen von kleinen Stegen<br />
aus den Brettern genommen werden. Ein wenig Nachschleifen<br />
empfiehlt sich an diesen Trennstellen.<br />
Neben den gelaserten Holzteilen finden sich auch einige<br />
etwas voluminösere Balsastücke, die der Formgebung im<br />
vorderen Rumpfbereich dienen. Spätestens hier wird klar,<br />
dass trotz der Laserfertigung noch einiges an Schleifarbeit<br />
auf den Modellbauer zukommt. Kein Problem, wer sich für<br />
ein derartiges Modell entscheidet, weiß sicherlich, worauf<br />
er sich einlässt.<br />
Die Rumpfspanten sind in Balsasperrholz ausgeführt, das<br />
ist leicht und trotzdem äußerst stabil. Neben Kiefern- und Balsaleisten<br />
sowie einigen Kleinteilen aus Birkensperrholz finden<br />
sich auch ein paar nicht hölzerne Bauteile. Da sind zunächst<br />
die Bowdenzugröhrchen mit Innenseele zur Anlenkung von<br />
Seiten- und Höhenruder zu nennen. Weitere Kunststoffteile<br />
sind die Klarsichtkabinenhaube sowie die Ruderhörner. Der<br />
4-mm-Flächenverbinder aus Stahl liegt in der richtigen V-<br />
Stellung bei. Die Schraubbefestigung fürs Höhenruder, der<br />
Hochstarthaken, Scharnierband, Flächengummis und sogar<br />
ein Fläschchen Weißleim sorgen für die genannte Vollausstattung.<br />
Da wirken zwei Kohlerohrabschnitte der Stärken 4 und<br />
5 mm schon geradezu innovativ für einen solchen Bausatz.<br />
Bleibt noch der Dekorbogen mit Namensschriftzügen und<br />
der Bauplan im Maßstab 1:1 mit einer reichlich bebilderten<br />
Baubeschreibung zu erwähnen.<br />
Die Modernisierung<br />
Wenn wir von den Kohlerohren sprechen, sind wir bei dem<br />
Thema: Worin unterscheidet sich der Amigo des 21. Jahrhunderts<br />
von seinen Vorgängern? Durch nicht viel, denn Form<br />
und Grundaufbau wurden vermutlich ganz bewusst beibehalten,<br />
um den Charakter des Ursprungsmodells zu wahren.<br />
Abgesehen von der Vorbereitung des Bausatzes im Laser-Cut<br />
gibt es nur kleine Detailverbesserungen, die aber nichts an<br />
der Grundauslegung ändern. Da sind z.B. die Kohlerohre. Die<br />
dickeren ersetzen die früher verwendeten Bucherundstäbe<br />
zur Aufnahme der Flächengummis und diejenigen mit 4 mm<br />
Durchmesser dienen als Verdrehsicherung beim Zusammen-<br />
59<br />
Der aktuelle Amigo-<br />
Bausatz wurde auf den<br />
neuesten Stand gebracht<br />
– Lasercut ist das Stichwort.
60<br />
Damit später alles<br />
gerade wird, legt<br />
man beim Einkleben<br />
der Rumpfspanten<br />
einen rechten Winkel<br />
an.<br />
Mithilfe der Klemmzwinge<br />
wird der<br />
Rumpf bis zum Austrocknen<br />
des Klebers<br />
in Form gehalten.<br />
Die obere Beplankung<br />
gibt die Verjüngung<br />
des Rumpfes<br />
vor und wird beim<br />
Aufkleben mit Nadeln<br />
gesichert.<br />
test | bauen und fliegen | 2/2013<br />
stecken der Flächenhälften. Das Höhenleitwerk ist wie eh und<br />
je abnehmbar, allerdings ist die altbekannte Befestigung mit<br />
Gummis an Rundstäben nunmehr einer Fixierung mit einer<br />
zentralen Schraube gewichen. Das war es auch schon.<br />
Das den früheren, meist sehr großen RC-Komponenten<br />
geschuldete Rumpfvolumen wurde beibehalten, sodass<br />
Servos der 19-mm-Standardgröße verbaut werden können.<br />
Damit ist der Amigo auch ein dankbares Objekt, um noch<br />
vorhandene ältere Empfangsanlagen zu verwenden.<br />
Ran an den Bau<br />
Die kompakten Abmessungen des Baukastens werden durch<br />
die Länge der Holme sowie der End- und Nasenleisten des<br />
Mittelflügels bestimmt. Damit wird schnell klar, dass die<br />
Rumpfteile nicht in voller Länge beiliegen, das heißt, der<br />
Rumpf entsteht aus mehreren Teilen. Damit beginnt dann<br />
auch der Bau. Genau genommen sind drei Seitenteile aus<br />
Der Aufbau beginnt mit dem Rumpf. Dabei ist es wichtig, dass<br />
eine rechte und eine linke Hälfte entsteht.<br />
3-mm-Balsa zusammenzufügen, die an den Innenseiten mit<br />
Eckleisten zu versehen sind. Der Experte wird abwinken, aber<br />
an dieser Stelle ist es wichtig, darauf zu achten, dass eine linke<br />
und eine rechte Rumpfhälfte entsteht. Die Verklebung aller<br />
Holzteile untereinander erfolgt am besten mit Weißleim oder<br />
UHU hart, wobei Letzterer eher an kleineren Klebeflächen zum<br />
Einsatz kommen sollte. Beim Verkleben auf dem Baubrett<br />
bzw. dem Bauplan legt man am besten immer Klarsichtfolie<br />
unter. Eine hilfreiche Unterstützung beim Zusammenfügen<br />
sind kleine Markierungen, die auf den zu verklebenden Teilen<br />
vom Hersteller aufgebracht sind.<br />
Als Nächstes werden schon die mittleren Spanten und<br />
ein Aufnahmebrett für die Rudermaschinen in der rechten<br />
Rumpfhälfte eingebaut. Durch die Verzapfungen mit den<br />
Außenteilen gelingt das sehr gut. Zu beachten ist lediglich,<br />
dass die Spanten im rechten Winkel verklebt werden (z.B.<br />
Zeichendreieck anlegen). Darauf wird anschließend das
andere Seitenteil geklebt, was dem Ganzen schon so etwas<br />
wie eine Rumpfform verleiht. Beim Einkleben des vorderen<br />
Abschlussspants sollte man sich als Hilfsmittel einer Schraub-<br />
oder Klemmzwinge bedienen. Dadurch werden die Rumpfteile<br />
bis zum Austrocknen des Klebers zusammengehalten.<br />
Nach hinten ergibt sich die Verjüngung des Rumpfes<br />
durch das Aufbringen der oberen und unteren Beplankung.<br />
Aber Achtung: Bevor der Rumpf durch das letzte Brettchen<br />
verschlossen wird, sind die Bowdenzugaußenrohre für die<br />
Anlenkung von Höhen- und Seitenruder einzulegen. Der Zug<br />
für das Höhenruder wird mittig aus dem offenen Rumpfende<br />
geleitet, der für das Seitenruder verlässt am Ende der oberen<br />
Beplankung das Rumpfinnere. Nun werden die etwas dickeren<br />
Balsateile im vorderen Rumpfbereich verklebt. Die Rumpfspitze<br />
ist zumindest in der seitlichen Silhouette vorbereitet.<br />
Bevor es ans Schleifen geht, ist noch die Höhenleitwerksauflage<br />
mit der entsprechenden Schraubbefestigung<br />
einzukleben. Seitenruder und Ruderflosse entstehen aus<br />
jeweils zwei Teilen 4-mm-Balsa, die miteinander zu verkleben<br />
sind und dadurch stabil und verwindungssteif werden. Beim<br />
Verkleben wird gleich ein Streifen Scharnierband eingelegt.<br />
Wichtig ist dabei, dass die Ruderflosse vorher abgeschrägt<br />
wird, um ausreichenden Ruderausschlag zu erzielen. Das so<br />
vorbereitete Seitenruder muss dann noch geschliffen werden,<br />
das Einkleben im Rumpf empfehle ich aber erst nach<br />
dem Bebügeln.<br />
Die letzte Arbeit am Rumpf ist das Herstellen der abnehmbaren<br />
Kabinenhaube. Der Rahmen entsteht aus zwei<br />
Balsateilen, die vor dem Aufkleben der Klarsichthaube farblich<br />
gestaltet werden sollten. Beim Zuschneiden und An-<br />
Die Rumpfspitze liegt zwar in ihrer groben Kontur bei, muss aber noch der Rumpfform<br />
angepasst werden. Dabei wird zunächst geschnitzt und dann geschliffen.<br />
Bei den dickeren Balsateilen im vorderen Rumpfbereich wird deutlich, dass einiges<br />
an Schleifarbeit anfällt.<br />
passen der Haube muss man sich Zeit lassen und besser<br />
einmal mehr probieren. Das Verkleben erfolgt dann direkt<br />
auf dem Rumpf mit Klebestreifen zur Arretierung und dem<br />
Zwischenlegen von Klarsichtfolie. Als Kleber empfiehlt sich<br />
Canopy Glue, der glasklar aushärtet und sich damit speziell<br />
für Kabinenhauben eignet.<br />
Rippen und Gurte<br />
Gemäß Baubeschreibung wird als Nächstes das Höhenleitwerk<br />
aufgebaut, da kann man dann schon mal für die Fläche üben.<br />
Dank der geraden Profilunterseite erfolgt der Aufbau auf<br />
ebener Fläche direkt auf dem Plan (Folie dazwischenlegen).<br />
Die Rippen werden auf den unteren Holm gesteckt, anschließend<br />
werden der obere Holm sowie Nasen-, Endleiste, Rand-<br />
61<br />
Im typischen Amigo-<br />
Rumpfknick wird die<br />
Beplankung mit Quermaserung<br />
aufgebracht<br />
und mit vielen Nadeln<br />
gesichert.<br />
Dank der geraden<br />
Profilunterseite kann<br />
das Höhenleitwerk direkt<br />
auf dem Plan aufgebaut<br />
werden. Wichtig: Klarsichtfolie<br />
unterlegen.
62<br />
Aufgrund des Hohlprofils<br />
ist es erforderlich,<br />
beim Aufbau der Tragflächen<br />
Balsastreifen<br />
unterzulegen.<br />
test | bauen und fliegen | 2/2013<br />
bögen und Mittelbeplankungen verklebt. Ein kleiner Fehler<br />
hat sich hier eingeschlichen: Die Holme sind in der Stückliste<br />
mit 3×5 mm angegeben, tatsächlich messen sie aber 5×5<br />
mm, was sich aber eindeutig aus den Aussparungen in den<br />
Rippen ergibt. Für das Ruderblatt liegt ein Stück Endleiste<br />
bei, die nach Plan in Form gebracht werden muss.<br />
Noch vor dem Aufbringen<br />
der Nasenbeplankung<br />
wird das Ohr<br />
mit dem Innenflügel<br />
verklebt. Stabilität erlangt<br />
das Ganze durch<br />
Sperrholzverbinder.<br />
Außen- und Innenflügel<br />
werden in der<br />
gleichen Art und Weise<br />
aufgebaut.<br />
Die Fläche entsteht aus vier Teilen, wobei Mittelteile und<br />
Ohren später fest miteinander verklebt werden. Der Bau beginnt<br />
damit, dass Nasen- und Endleiste auf dem Plan fixiert<br />
und anschließend die Rippen damit verklebt werden. Am Ende<br />
der Rippen sind wegen des Hohlprofils 0,8 mm unterzulegen.<br />
Die Aussparungen in der Endleiste sogen für einen sicheren<br />
und positionsgenauen Sitz der Rippen. An dieser Stelle sollte<br />
man sich nicht wundern, dass die Aussparungen in den Endleisten<br />
nicht exakt mit dem Plan übereinstimmen, man muss<br />
hier etwas vermitteln. Zunächst wird der obere Holm und<br />
nach dem Abnehmen der Fläche der untere Holm verklebt.<br />
Die Rippen sollten nicht nur wegen des optischen Eindrucks<br />
winklig verklebt werden. Bei den Wurzelrippen hingegen<br />
dient eine Winkelschablone dazu, die richtige Schrägstellung<br />
zu erreichen (V-Form!). Es sind dann die Messingröhrchen,<br />
die später den Stahlverbinder aufnehmen, einzukleben. Die<br />
Außenflügel werden im Prinzip genauso hergestellt.<br />
Noch vor dem Aufbringen der Beplankungen werden<br />
die beiden Flächenteile mithilfe von Sperrholzverbindern<br />
miteinander verklebt. Hier muss man genau anpassen und<br />
beim Verkleben der Außenflügel (Ohren) im richtigen Maß<br />
unterlegen. Vor dem Aufbringen der Beplankung ist die Nasenleiste<br />
der Rippenkontur entsprechend zu verschleifen.<br />
Für die Verklebung empfehle ich zwei Methoden. Entweder<br />
nimmt man Kontaktkleber, was den Vorteil hat, dass nach dem<br />
Andrücken der Beplankung keine Fixierung mehr erforderlich<br />
wird. Nachteilig ist, dass man genau anlegen muss und
Die fertige Rippenfläche wirkt recht filigran, ist<br />
nur auf der Oberseite beplankt, aber dennoch ausreichend<br />
stabil.<br />
kaum noch die Möglichkeit hat zu verschieben. Es klappt aber<br />
auch gut mit Weißleim. Da muss man sich ein wenig beeilen<br />
und dann alles vom Holm her beginnend mit Stecknadeln<br />
festheften. Den Abschluss an der Flächenwurzel bildet eine<br />
Sperrholzrippe und an der Flächenspitze entsteht der Randbogen<br />
aus einem 10-mm-Balsaklötzchen.<br />
Ende in Sicht<br />
Wenn alle Holzteile verarbeitet sind, steht noch einige<br />
Schleifarbeit an. Um den Staubanteil so weit wie möglich<br />
zu reduzieren, kann man zunächst zum Messer greifen und<br />
so die groben Konturen herstellen. Besonders im vorderen<br />
Rumpfbereich kann erst geschnitzt werden, bevor es an<br />
die weitere Behandlung mit Schleifpapier in immer feiner<br />
werdender Körnung geht. Ein gutes Hilfsmittel sind mit<br />
Schleifpapier beklebte Hartholzklötze. Besonders sorgfältig<br />
geht man im Bereich der Nasenleiste des Flügels vor, da die<br />
späteren Flugleistungen deutlich von der Profiltreue abhän-<br />
Die Anlenkung des Höhenruders wird mittig auf dem Rumpfende geführt.<br />
Der Amigo <strong>IV</strong> ist schon im Rohbau eine Augenweide.<br />
gen. Bei der Rumpfspitze sind dagegen eher die optischen<br />
Eindrücke entscheidend.<br />
Bei der Bespannung habe ich auf die bewährten Produkte<br />
von Oracover gesetzt, wobei ein Farbmix in Blau/Weiß aus<br />
transparenter und deckender Folie entstanden ist. Wie beim<br />
Katalogmodell von <strong>Graupner</strong> wurden die nicht beplankten<br />
Teile des Flügels mit transparenter Folie und der mit Holz<br />
verschlossene Nasenbereich mit deckender bespannt. Es<br />
empfiehlt sich, zunächst das durchscheinende Produkt mit<br />
ca. 5 mm Überstand zur Nasenbeplankung aufzutragen,<br />
um dann darauf bündig mit der Beplankung die deckende<br />
Folie aufzubringen.<br />
Einen Tipp gibt es auch beim Rumpf: Hier sollten im hinteren<br />
Bereich zunächst die Seitenteile und die Oberseite<br />
bespannt werden. Der Grund liegt darin, dass sich in der<br />
Rumpfunterseite ein Schlitz befindet, in den das Seitenleitwerk<br />
greift. So kann zunächst das Leitwerk eingeklebt und anschließend<br />
der Rumpf auch von unten verschlossen werden.<br />
63<br />
Das Rumpfvolumen wurde beibehalten, sodass<br />
für moderne RC-Technik ein üppiges Platzangebot<br />
bereit steht.<br />
Die frühere Leitwerks-Gummibefestigung ist einer Schraube mit Kunststoffführung<br />
gewichen.
64<br />
test | bauen und fliegen | 2/2013<br />
Nach dem Bespannen geht es recht fix weiter. Zwei Servos<br />
der Standardgröße sind schnell in dem vorgesehenen Brettchen<br />
montiert. Das Höhenruderblatt wird mit Scharnierband<br />
befestigt und nach dem Anbringen der beiden Ruderhörner<br />
sind nur noch die Bowdenzüge auf die richtige Länge zu<br />
bringen und mit den Anschlüssen zu versehen.<br />
Schiebt man einen vierzelligen Empfängerakku der Größe<br />
Sub-C so weit wie möglich nach vorn, kommt man sogar<br />
fast ohne Blei zurecht – und mit der Montage eines Ein/Aus-<br />
Schalters in der Rumpfseitenwand ist der Kultsegler startklar.<br />
Die Waage bleibt bei 970 g stehen, das ist deutlich weniger<br />
als beim ARF-Modell, genau genommen 200 g.<br />
Fliegen nach Lehrbuch<br />
Wie war das damals? Das Einfliegen sollte am besten auf<br />
einer leicht abschüssigen Wiese gegen den Wind erfolgen.<br />
Aus einem leichten Wurf heraus konnte der Amigo <strong>IV</strong> gleich<br />
mehrere Platzrunden drehen. Klar, da war leichter Hangaufwind<br />
im Spiel, aber wie er so gemächlich dahinschwebt und<br />
dabei kaum an Höhe verliert, das ist schon beeindruckend.<br />
Wie eh und je nimmt das Modell leichtesten Aufwind an.<br />
Ein bisschen stolz macht mich dabei auch, dass der Selbstgebaute<br />
schnurgerade seine Bahn zieht, was bei der ARF-<br />
Variante nicht selbstverständlich ist. Bei dieser mussten die<br />
Flächen noch mal kräftig nachgebügelt werden. Nun soll<br />
es an dieser Stelle keinen Vergleich mit dem Fertig-Amigo<br />
geben, aber Unterschiede sind schon erkennbar. So macht<br />
sich der Gewichtsvorteil von gut 200 g durchaus bemerk-<br />
bar. Das Modell wird dadurch zum einen noch gutmütiger,<br />
und zum andern verbessert sich die ohnehin schon gute<br />
Thermiksensibilität.<br />
Das Steuerverhalten ist völlig harmlos und damit so, wie<br />
es sich für einen Gemütlichflieger gehört. In ganz typischer<br />
Manier wird der Seitenruderausschlag mit dem Einleiten der<br />
Kurve quittiert, anschließend folgt ein kurzes Schaukeln in<br />
entgegengesetzter Richtung, was die Neigung zur Eigenstabilisierung<br />
deutlich anzeigt. Damit wird der Amigo <strong>IV</strong> den Anforderungen<br />
an ein Einsteigermodell vollkommen gerecht, es<br />
bleibt immer genügend Zeit für die nächste Steuerbewegung.<br />
Mit dieser Eigenschaft ist der Kultsegler eine Empfehlung<br />
für das entspannte Fliegen am Hang bei Windgeschwindigkeiten<br />
bis etwa 3 Beaufort. Wird es stürmischer, zeigen sich<br />
deutliche Grenzen und die Neigung zum Rückwärtsgang.<br />
Wird es aber ruhiger, haben andere Segler das Nachsehen.<br />
Geschwindigkeit und Strecke sind nicht die Paradedisziplinen<br />
und sollten den modernen Hochleistungsseglern überlassen<br />
werden. Bei schwachen Aufwindverhältnissen aber kann der<br />
Ohrensegler deutlich punkten und ist häufig noch in der Luft,<br />
wenn die anderen schon eingepackt haben.<br />
War das alles?<br />
Nein, denn der Hochstarthaken ist ja nicht nur eine Zier. Also<br />
geht es wie in früheren Zeiten an das Gummiseil. Dank des<br />
recht hohen Rumpfes kann das Modell sicher gegriffen werden<br />
und ermöglicht so den Start auch ohne Helfer. Wie ein Drachen<br />
wird er gemächlich nach oben geschleppt. Keine Angst, auch<br />
Zweimal Amigo der Neuzeit – links der Bausatz, rechts die ARF-Variante.<br />
Der Rumpfform der Bausatzversion ist etwas runder.<br />
Wie eh und je fühlt sich der Amigo beim Start mit dem Gummiseil besonders<br />
wohl.
Wie sich die Zeiten ändern – die Buchendübel für die Flächengummis wurden<br />
durch Kohlerohre ersetzt.<br />
wenn zusätzlich das Höhenruder gezogen wird, gibt es keine<br />
Tendenz zum seitlichen Ausbrechen. Beim Nachlassen des<br />
Seilzuges kippt das Modell leicht nach vorn und klinkt aus.<br />
Was dann folgt, entspricht im Wesentlichen den Erfahrungen<br />
aus dem Handstart heraus. Gemächliches Kreisen,<br />
gleichgültig ob eng oder weiträumig, ist die Stärke des Amigo<br />
– und so ergeben sich aus dem Seilstart wunderschöne<br />
und lange Flüge.<br />
In den Urzeiten des Amigo diente ein Motoraufsatz, meistens<br />
mit einem 0,8-cm³-Cox-Motor, dem Erreichen der Ausgangshöhe.<br />
Stilgerecht ist es bei dem Motoraufsatz geblieben,<br />
allerdings findet sich darin nunmehr ein Innenläufer, der von<br />
einem zweizelligen LiPo mit 2.600 mAh gespeist wird. Damit<br />
bleibt der Hauch der Nostalgie erhalten und die Annehmlichkeiten<br />
des modernen Elektroflugs stehen zur Verfügung.<br />
Das bedeutet nicht nur Höhe tanken für den anschließenden<br />
Gleitflug, sondern auch Wiesenschleichen im Teillastbereich.<br />
Das bringt enorm lange Flugzeiten, erweitert das Einsatzspektrum<br />
und kommt insbesondere der Anfängerschulung sehr<br />
entgegen. Das von <strong>Graupner</strong> angebotene Antriebskonzept<br />
ist gut auf das Modell abgestimmt. Der Motoraufsatz muss<br />
allerdings noch zusammengebaut werden und besteht im<br />
Wesentlichen aus drei ABS-Schalen und einem Grundträger<br />
aus Sperrholz. Die genaue Beschreibung dazu findet sich im<br />
<strong>Testbericht</strong> des ARF-Amigo in der FMT 04/2012.<br />
Lohnt sich heute noch der Bau…<br />
… eines Holzmodells? Ich meine: Ja! Lassen wir mal den<br />
Preisvergleich zur Schaumkonkurrenz weg, so ist es in erster<br />
Linie das Bauvergnügen. Es macht einfach Spaß, mal wieder<br />
zu Holzleim und Schleifpapier zu greifen. Hinzu kommt die<br />
Liebe zu dem wohl bekanntesten Segler der 1960er Jahre,<br />
die nicht wirklich mit der ARF-Variante geweckt wird. Wenn<br />
dann noch das Ergebnis mit ansehnlicheren Rundungen und<br />
besseren Flugleistungen als das Fertigmodell überzeugt,<br />
bleibt schlichtweg die Empfehlung zum Bau des Amigo<br />
aus dem 21. Jahrhundert. Die Mischung stimmt, Bewährtes<br />
wurde beibehalten und die Bausatzqualität dem heutigen<br />
Standard angepasst. <strong>Graupner</strong> hat es geschafft, den Kultsegler<br />
von damals auch heute erfolgreich ins Rennen zu schicken.<br />
Optionaler Motoraufsatz. Wo früher ein kleiner Verbrenner arbeitete, findet<br />
sich heute ein effizienter Elektroantrieb.<br />
Testdatenblatt<br />
65<br />
Modellname: Amigo <strong>IV</strong> Bausatz<br />
Verwendungszweck: Einsteigermodell<br />
Hersteller/Vertrieb: <strong>Graupner</strong><br />
Preis: 124,60 Euro<br />
Modelltyp: Bausatz in Holzbauweise<br />
Lieferumfang: lasergeschnittene Holzteile, Anlenkungen, Ruderhörner, Klarsichtkabinenhaube, Flächengummis,<br />
Hochstarthaken, HLW-Schraubbefestigung, Messing- und Kohlerohr, Flächenverbinder aus Stahl<br />
Bau- u. Betriebsanleitung: deutsch, DIN-A0-Blatt mit 16 Bildern, Einstellwerte vorhanden<br />
Aufbau:<br />
Rumpf: Holz vollbeplankt<br />
Tragfläche: zweiteilig, Holz teilbeplankt, Rippenfläche, Steckungsrohr Messing<br />
Leitwerk: abnehmbar, Rippenbauweise<br />
Kabinenhaube: transparent, abnehmbar<br />
Technische Daten:<br />
Spannweite: 2.000 mm<br />
Länge: 1.115 mm<br />
Spannweite HLW: 640 mm<br />
Flächentiefe an der Wurzel: 200 mm<br />
Flächentiefe am Randbogen: 130 mm<br />
Tragflächeninhalt: 38,00 dm<br />
Flächenbelastung: Segler 24,6 g/dm²<br />
Tragflächenprofil Wurzel: NACA 4409<br />
Tragflächenprofil Rand: NACA 4409<br />
Profil des HLW: Clark Y<br />
Gewicht Herstellerangabe: ab 930 g<br />
Rohbaugewicht Testmodell ohne RC: 452 g<br />
Fluggewicht Testmodell: 935 g<br />
RC-Funktionen und Komponenten:<br />
Höhe: <strong>Graupner</strong> C 577<br />
Seite: <strong>Graupner</strong> C 577<br />
Fernsteueranlage: <strong>Graupner</strong> MX-16<br />
Empfänger: <strong>Graupner</strong> C 16<br />
Empf.-Akku: 5 × 2.400 mAh Sub-C<br />
Erforderl. Zubehör: optional Motoraufsatz (<strong>Graupner</strong>), Trimmblei (<strong>Graupner</strong>), UHU hart, Weißleim, Epoxy<br />
Geeignet für: Einsteiger<br />
Bezug: über Fachhandel