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Veränderung der Futterqualität im ersten Aufwuchs einer ...

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<strong>Verän<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Futterqualität</strong> <strong>im</strong> <strong>ersten</strong> <strong>Aufwuchs</strong> <strong>einer</strong><br />

nährstoffreichen Nasswiese (Calthion)<br />

von<br />

Michael Anger, Alexan<strong>der</strong> Malcharek, Walter Kühbauch<br />

Institut für Pflanzenbau, Lehrstuhl Allgem<strong>einer</strong> Pflanzenbau, Universität Bonn<br />

1. Einleitung<br />

Ein beträchtlicher Anteil <strong>der</strong> <strong>im</strong> Rahmen von Grünlandextensivierungsprogrammen geför<strong>der</strong>ten<br />

Grünlandflächen weisen feuchte bis nasse Standortbedingungen auf. Im Mittelgebirge<br />

sind sie häufig in Senken o<strong>der</strong> Mulden und damit eher kleinflächig anzutreffen.<br />

Innerhalb des KULAP in Nordrhein-Westfalen stellen sie <strong>im</strong> Mittelgebirgsprogramm<br />

mit etwa 18 % aller geför<strong>der</strong>ten Flächen durchaus einen För<strong>der</strong>schwerpunkt dar,<br />

von denen <strong>der</strong> überwiegende Anteil – in <strong>der</strong> nordrhein-westfälischen Statistik unter<br />

Nasswiesen/weiden geführt (ANONYMUS 1999) – soziologisch dem Verband Calthion<br />

zugeordnet werden dürfte. In Höhenlagen finden sich unter feuchten und eher bodensaueren<br />

Bedingungen Wiesenbestände, die nicht die typische Ausprägung <strong>der</strong> Cirsium oleraceum-Polygonum<br />

bistorta-Assoziation zeigen. Neben Arten <strong>der</strong> Kleinseggenwiesen<br />

und Borstgrasrasen sind sie auch verhältnismäßig reich an allgemeinen Arten des Wirtschaftsgrünlandes<br />

und können -als Übergangsbestände innerhalb <strong>der</strong> Feuchtwiesen- als<br />

Wiesenknöterichwiesen (Polygonum-bistorta-Ges.) bezeichnet werden (KLAPP 1965).<br />

Da zum Futterwert <strong>der</strong>artiger Feuchtwiesen nur wenig Informationen vorliegen, wurde<br />

–<strong>im</strong> Rahmen eines Forschungsvorhabens zur Effizienzkontrolle von Grünlandschutzprogrammen<br />

in Mittelgebirgsregionen – auch die <strong>Futterqualität</strong> auf Wiesenknöterichwiesen<br />

zum laut Mittelgebirgsprogramm vorgeschriebenen <strong>ersten</strong> Nutzungstermin 1.<br />

Juli untersucht (Kühbauch et al. 1999). Gleichfalls fanden an ausgesuchten Flächen<br />

Untersuchungen zur <strong>Verän<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Futterqualität</strong> <strong>im</strong> Pr<strong>im</strong>äraufwuchs vor und nach<br />

dem 1. Juli statt, die nachfolgend für eine Wiesenknöterichwiese exemplarisch dargestellt<br />

werden.<br />

2. Material und Methoden<br />

Die über drei Jahre hinweg untersuchte Wiesenknöterichwiese befindet sich <strong>im</strong> Genfbachtal<br />

bei Nettershe<strong>im</strong> (Eifel) in 460 m ü. NN auf einem Gley mit Schiefer-Grauwackensandstein<br />

als Ausgangsgestein. Die mittleren ökologischen Kennzahlen nach<br />

ELLENBERG (ELLENBERG et al. 1992) ergeben eine Feuchtezahl von 5,6, eine Reaktionszahl<br />

von 2,5 und eine N-Zahl von 3,5. Die chemischen Bodenwerte in 0-10 cm<br />

betragen pH 5,1 (0,01 M CaCl2) und 3 mg P2O5 sowie 19 mg K2O je 100 g Boden<br />

(beide nach CAL-Methode). Die Witterung <strong>im</strong> <strong>ersten</strong> Untersuchungsjahr 1995 zeichnete<br />

sich durch einen milden Winter und ein <strong>im</strong> Vergleich zum langjährigen Mittel beson<strong>der</strong>s<br />

feuchtes Frühjahr mit anschließend hohen Temperaturen in den Sommermonaten<br />

aus; das zweite Versuchsjahr 1996 war eher ungewöhnlich aufgrund eines kalten und<br />

trockenen Frühjahrs sowie kühlen Temperaturen zu Beginn des Sommers; <strong>im</strong> dritten<br />

Jahr 1997 war das Frühjahr mild und etwas zu trocken, <strong>der</strong> Sommer eher feucht.<br />

Die Beprobung des Pr<strong>im</strong>äraufwuchses fand auf einem für den Pflanzenbestand <strong>der</strong> Gesamtfläche<br />

weitestgehend repräsentativen Teilstück von 25 m 2 Größe statt. Die botanische<br />

Zusammensetzung wurde nach <strong>der</strong> Ertragsanteilschätzung nach KLAPP/STÄHLIN<br />

(VOIGTLÄNDER und VOSS 1979) zum 1. Juli aufgenommen. Davon ableitend wurde eine<br />

Einschätzung des Futterwertes <strong>der</strong> Bestände mittels <strong>der</strong> Wertzahlen nach KLAPP et al.<br />

(1953) sowie mittels <strong>der</strong> Gütezahlen nach STÄHLIN (1971) vorgenommen, wobei auch<br />

Mitteilungen Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau 2003, Band 5 241


in Spuren vorkommende Pflanzenarten (+) mit 0,2 % Ertragsanteilen berücksichtigt<br />

wurden (VOIGTLÄNDER und VOSS 1979). In <strong>der</strong> Zeitreihenstudie wurden die Pr<strong>im</strong>äraufwüchse<br />

zwischen Anfang Juni und Anfang August zu meist fünf unterschiedlichen<br />

Terminen auf Teilflächen von je 1 m 2 Größe (n = 4) durch Schnitt auf ca. 5 cm Stoppellänge<br />

geerntet. Die <strong>Futterqualität</strong> würde ermittelt durch Schätzung <strong>der</strong> Energiedichte<br />

mit Hilfe des Hohenhe<strong>im</strong>er Futterwerttests nach <strong>der</strong> Regressionsgleichung 13e für<br />

Rauhfutter (MENKE und STEINGASS 1987) sowie durch Best<strong>im</strong>mung des Rohproteingehaltes<br />

– aufgrund vernachlässigbarer Nitratgehalte mittels gaschromatographischer<br />

Analyse des Gesamtstickstoffgehaltes (Carlo Erba, Typ 1990) und nachfolgen<strong>der</strong> Multiplikation<br />

mit dem Faktor 6,25 – und des Rohfaseranteils nach NAUMANN und BASSLER<br />

(1976).<br />

3. Ergebnisse und Diskussion<br />

Der Vergleich <strong>der</strong> artenreichen Wiesenknöterichwiese in den drei Untersuchungsjahren<br />

zum Zeitpunkt 1. Juli zeigt höhere Ertragsanteile für die Artengruppe <strong>der</strong> Kräuter <strong>im</strong><br />

<strong>ersten</strong> Jahr, während <strong>im</strong> zweiten Jahr sich die Anteile zugunsten <strong>der</strong> Sauergräser verschieben<br />

und <strong>im</strong> dritten Jahr zugunsten <strong>der</strong> Süßgräser (Tab. 1). In den Einzeljahren sind<br />

gegenüber den übrigen Jahren höhere Anteile von Juncus acutiflorus <strong>im</strong> zweiten und<br />

von Polygonum bistorta <strong>im</strong> dritten Jahr auffallend, außerdem geringere Anteile von<br />

Rhinanthus minor <strong>im</strong> dritten und höhere Anteile von Sanguisorba officinalis <strong>im</strong> <strong>ersten</strong><br />

Jahr.<br />

Tab. 1: Artenzahl, Ertragsanteile und Bestandeswertzahlen zum 1.7. <strong>der</strong> Versuchsjahre<br />

Versuchsjahre I II III<br />

Artenzahl 30 33 33<br />

Ertragsanteile - Gräser und Gräserartige 42 60 60<br />

Festuca rubra ssp. 20 11 24<br />

(in %)<br />

Holcus lanatus 8 8 8<br />

Deschampsia caespitosa 3 1 6<br />

Agrostis gigantea 2 1 8<br />

Juncus acutiflorus / J. effusus 3 25 8<br />

Carex leporina / C. disticha 4 7 2<br />

Restliche Gräser und Gräserartige 2 7 4<br />

- Leguminosen<br />

4 3 1<br />

Lotus uliginosus 1 2 +<br />

Trifolium pratense + 1 1<br />

Trifolium repens 1 + +<br />

Vicea cracca 2 + +<br />

Restliche Leguminosen 1 + +<br />

- Kräuter (ohne Leguminosen) 54 37 38<br />

Polygonum bistorta 9 4 21<br />

Achillea ptarmica 13 12 10<br />

Caltha palustris 7 6 3<br />

Ranunculus acris 9 3 +<br />

Rhinanthus minor 7 5 1<br />

Sanguisorba officinalis 6 + 1<br />

Geranium silvaticum ++ 3 ++<br />

Restliche Kräuter 3 4 2<br />

Bestandeswert- - Wertzahl nach Klapp 2,7 2,3 3,7<br />

zahlen - Gütezahl nach Stählin - 101 - 149 - 35<br />

242 47. Jahrestagung, 28. bis 30. August 2003 in Braunschweig


70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1.<br />

Juni<br />

19<br />

16<br />

13<br />

10<br />

7<br />

0<br />

1.<br />

Juni<br />

Biomasseertrag (dt T ha -1 )<br />

15.<br />

Juni<br />

Rohproteingehalt (% i.T)<br />

15.<br />

Juni<br />

Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3<br />

1. Juli 15.<br />

Juli<br />

30. Juli<br />

Energiedichte (MJ NEL kg<br />

6,5<br />

-1 T)<br />

Rohfasergehalt (% i.T)<br />

0<br />

1. Juni 15. Juni 1. Juli 15. 30.<br />

Juli Juli<br />

Abb. 1: <strong>Verän<strong>der</strong>ung</strong> des Biomasseertrages (a) sowie <strong>der</strong> <strong>Futterqualität</strong>smerkmale Energiedichte<br />

(b), Rohproteingehalt (c) und Rohfasergehalt (d) in den<br />

Pr<strong>im</strong>äraufwüchsen <strong>der</strong> drei Untersuchungsjahre<br />

Der Anstieg <strong>der</strong> Biomasseerträge zeigt bis zum 1. Juli in allen drei Versuchsjahren<br />

einen nahezu gleichen Verlauf (Abb. 1). Offenbar in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Dominanz<br />

<strong>der</strong> Sauergräser und den ungünstigen Witterungsbedingungen stagnieren die Erträge <strong>im</strong><br />

kühlen zweiten Jahr jedoch ab dem 1. Juli weitgehend. Demgegenüber sind <strong>im</strong> <strong>ersten</strong><br />

Jahr Zuwächse bis zum 20. Juli und <strong>im</strong> dritten Jahr bei erhöhten Sommernie<strong>der</strong>schlägen<br />

sogar ansteigende Erträge bis zum Ende des Beprobungszeitraums Anfang August<br />

festzustellen, allerdings bei z.T. deutlich höherer Streuung <strong>der</strong> Einzelwerte (Abb. 1).<br />

Die Analyse <strong>der</strong> untersuchten <strong>Futterqualität</strong>smerkmale weist für die drei Versuchsjahre<br />

Mitteilungen Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau 2003, Band 5 243<br />

6,0<br />

5,5<br />

5,0<br />

4,5<br />

1. Juli 15. Juli 30.<br />

0<br />

1.<br />

Juli Juni<br />

(a) (b)<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

15.<br />

Juni<br />

1. Juli 15. Juli 30. Juli<br />

(c) (d)


einen vergleichbaren Verlauf auf, allerdings mit etwas höheren Energie- und<br />

Rohproteinkonzentrationen sowie geringeren Rohfasergehalten <strong>im</strong> zweiten Versuchsjahr<br />

(Abb. 2). Diese Effekte sind mit Unterschieden <strong>im</strong> Blatt-/Stängelverhältnis und <strong>im</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Hauptbestandsbildner in den drei Jahren zu erklären (u.a. KÜHBAUCH und<br />

VOIGTLÄNDER 1979). Infolge kühler und trockener Witterung <strong>im</strong> Frühjahr bzw.<br />

Frühsommer finden sich – gegenüber den übrigen Jahren – <strong>im</strong> zweiten Jahr höhere<br />

Blatt- und geringere Stängelanteile. Ein höherer Stängelanteil <strong>im</strong> Sommer des <strong>ersten</strong><br />

und vorrangig des dritten Jahres mit eher standortüblicher Witterung ist zudem auf die<br />

höheren Ertragsanteile <strong>der</strong> Süßgräser zurückzuführen. Ausgehend von <strong>einer</strong> hohen<br />

Energiedichte von nahezu 6,0 MJ NEL je kg T Anfang Juni sinkt sie mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Seneszenz bis Mitte Juni bzw. Anfang Juli meist rasch ab, wohingegen anschließend<br />

i.d.R. ein geringerer Abfall bis deutlich unter 5,0 MJ NEL je kg T festzustellen ist; <strong>der</strong><br />

z.T. beobachtete geringe Anstieg am Ende <strong>der</strong> Zeitreihenstudien ist mit dem<br />

Durchwuchs <strong>der</strong> Süßgräser zu erklären (Abb. 2). Ergänzend zur analytisch festgestellten<br />

<strong>Futterqualität</strong> geben die Bestandeswertzahlen zusätzlich wertvolle Informationen über<br />

den Futterwert, jedoch bei gegenteiliger Jahresabstufung von bonitiertem und<br />

analysiertem Futterwert (Tab. 1, Abb. 1). Die niedrigeren Bestandeswerte <strong>im</strong> <strong>ersten</strong> und<br />

zweiten Jahr sind insbeson<strong>der</strong>e auf die höheren Ertragsanteile von Arten mit<br />

Giftcharakter (Caltha palustris, Rhinanthus minor, Ranunculus acris) und geringeren<br />

Anteilen an Süßgräsern und Polygonum bistorta zurückzuführen.<br />

Literatur<br />

ANONYMUS, 1999: pers. Informationen des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrh.-Westfalen, Düsseldorf.<br />

ELLENBERG, H., WEBER, H.E., DÜLL, R., WIRTH, V., WERNER W. und PAULIßEN, D.,<br />

1992: Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Verl. E. Goltze,<br />

Göttingen.<br />

KLAPP, E., BOEKER, P., KÖNIG, F. und STÄHLIN, A., 1953: Wertzahlen <strong>der</strong> Grünlandpflanzen.<br />

Das Grünland 2, 38-40.<br />

KLAPP, E., 1965: Grünlandvegetation und Standort. Verl. Paul Parey, Berlin / Hamburg.<br />

KÜHBAUCH, W. und VOIGTLÄNDER, G., 1979: <strong>Verän<strong>der</strong>ung</strong>en des Zellinhaltes, <strong>der</strong><br />

Zellwandzusammensetzung und <strong>der</strong> Verdaulichkeit von Knaulgras (Dactylis<br />

glomerata L.) und Luzerne (Medicago sativa x varia Martyn) während des<br />

Wachstums. Z. Acker- und Pflanzenbau 148, 455-466.<br />

KÜHBAUCH, W., ANGER, M. und MALCHAREK, A., 1999: Effizienzkontrolle von Grünlandextensivierungsprogrammen<br />

<strong>im</strong> Mittelgebirge Nordrhein-Westfalens. 1. Einfluß<br />

<strong>der</strong> Grünlandextensivierungsprogramme auf die Grünlandbewirtschaftung. B.<br />

Bewertung <strong>der</strong> <strong>Futterqualität</strong> von Extensivgrünlandaufwüchsen und Möglichkeiten<br />

ihrer Verwertung <strong>im</strong> Grünlandbetrieb. Lehr- und Forschungsschwerpunkt<br />

„Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft“ an <strong>der</strong> Landwirtschaftl.<br />

Fakultät Bonn, Forschungsberichte.<br />

MENKE, K.H. und STEINGASS, H., 1987: Schätzung des energetischen Futterwerts aus<br />

<strong>der</strong> in vitro mit Pansensaft best<strong>im</strong>mten Gasbildung und <strong>der</strong> chemischen Analyse.<br />

2. Regressionsgleichungen. Übers. Tierernährg. 15, 59-94.<br />

NAUMANN, C. und BASSLER, R., 1976: Die chemische Untersuchung von Futtermitteln.<br />

Methodenbuch Bd. III mit Ergänzungen von 1983 und 1988 Verband deutscher<br />

Landw. Untersuchungsanstalten, VDLUFA- Verl., Darmstadt.<br />

STÄHLIN, A., 1971: Gütezahlen von Pflanzenarten in frischem Grundfutter. Das<br />

Wirtschaftseigene Futter, Son<strong>der</strong>heft 5, 1-152.<br />

244 47. Jahrestagung, 28. bis 30. August 2003 in Braunschweig

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