INTERVIEW Integrationsministerin Bilkay Öney - Heinrich Schmid
INTERVIEW Integrationsministerin Bilkay Öney - Heinrich Schmid
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<strong>INTERVIEW</strong> <strong>Integrationsministerin</strong> <strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong><br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ®<br />
Maler Ausbauer Dienstleister
<strong>INTERVIEW</strong> <strong>Integrationsministerin</strong> <strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong><br />
„Vielfalt ist eine Chance.“<br />
Kleine und mittelständische (Handwerks-)Betriebe bieten seit jeher ein wichtiges<br />
Umfeld für die Integration ausländischer Mitbürger. Haben das auch die<br />
Politiker erkannt? HS-Report befragte hierzu stellvertretend die baden-württembergische<br />
<strong>Integrationsministerin</strong> <strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong>.<br />
HS-Report: Frau Ministerin, welche Bedeutung<br />
haben für Sie kleine und mittelständische Handwerksunternehmen<br />
bei der Integration ausländischer<br />
Mitbürger.<br />
<strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong>: Der Integrationserfolg hängt maßgeblich<br />
von der Integration am Arbeitsplatz ab. Mit<br />
seinem Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen<br />
übernimmt das baden-württembergische<br />
Handwerk dabei eine wichtige Stellung. Deswegen<br />
ist die Meldung vom 26. März 2012, dass in<br />
Baden-Württemberg 2011 4.000 zusätzliche Stellen<br />
im Handwerk geschaffen wurden, eine ausgesprochen<br />
gute Nachricht. Interkulturelle Kompetenz<br />
und die Mehrsprachigkeit der Beschäftigten<br />
werden von vielen Betrieben als Mehrwert erkannt.<br />
Gerade mit seinen kleinbetrieblichen und<br />
familiären Strukturen eröffnet das Handwerk ein<br />
gutes Umfeld für eine erfolgreiche und gelebte<br />
Integration.<br />
HS-Report: Was läuft da gut und was muss in Zukunft<br />
besser laufen?<br />
<strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong>: Der Fokus bei der Integration liegt<br />
vor allem auf dem Potenzial unserer Jugendlichen.<br />
Das wissen gerade die Handwerksbetriebe.<br />
Der aktuelle Spruch der Imagekampagne im<br />
Handwerk ist nicht ohne Grund: „Wir setzen auf<br />
nachwachsende Rohstoffe: Azubis.“ Die Ausbildung<br />
im Handwerk bietet eine solide berufliche<br />
Grundlage und ist ein Beitrag zu besserer Chancengerechtigkeit<br />
junger Menschen. In ihren Potenzialen<br />
liegt ein Grundstein für den zukünftigen<br />
wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes. Daher<br />
müssen wir verstärkt junge Menschen mit Migrationshintergrund<br />
für eine duale Ausbildung gewinnen.<br />
Nötig und sinnvoll ist auch, dass sich Handwerkskammern<br />
und Fachverbände interkulturell öffnen.<br />
17 Prozent der Selbstständigen im Land haben<br />
einen Migrationshintergrund. Ich wage die Prognose,<br />
dass sich dieser Anteil in den Gremien der<br />
Kammern und Fachverbände nicht widerspiegelt.<br />
Gemeinsam sollten wir daran arbeiten, Unter-<br />
„Der Fokus bei der Integration<br />
liegt vor allem auf dem Potential<br />
unserer Jugendlichen.“<br />
<strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong><br />
nehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund<br />
auch dort stärker einzubinden. Diese<br />
können sich noch mehr bei der Ausbildung von<br />
Fachkräften beziehungsweise von Jugendlichen<br />
engagieren. Von den 94.000 migrantengeführten<br />
Betrieben im Land könnten 50 Prozent ausbilden.<br />
Tatsächlich erfolgt dies nur in 20 Prozent dieser<br />
Unternehmen. Wir müssen die Ausbildungsbereitschaft<br />
und -befähigung dieser Betriebe steigern.<br />
HS-Report: Welche Rahmenbedingungen ist die<br />
Politik bereit zu schaffen, um die Unternehmen<br />
dahin gehend zu unterstützen?<br />
<strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong>: Unsere Schwerpunkte liegen bei der<br />
Elternbegleitung im Umfeld von frühkindlichen<br />
und schulischen Bildungseinrichtungen. Es geht
<strong>INTERVIEW</strong> <strong>Integrationsministerin</strong> <strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong><br />
mir um konkrete, niederschwellige Beratungsangebote<br />
und Bildungsmotivation. Im Land besteht<br />
außerdem eine Landesarbeitsgemeinschaft<br />
Migrantenökonomie. Wir verzahnen so die Arbeit<br />
der Kammern, der kommunalen Integrationsbeauftragten<br />
und der Wirtschaftsförderer enger.<br />
Außerdem werden wir eine Kampagne zur<br />
„Eine große Herausforderung ist<br />
auch die Bekämpfung<br />
beziehungsweise Minderung des<br />
Fachkräftemangels.“<br />
<strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong><br />
interkulturellen Öffnung der Landesverwaltung<br />
starten und erhoffen uns auch Effekte auf andere<br />
Wirtschaftsbereiche. Eine große Herausforderung<br />
ist auch die Bekämpfung beziehungsweise<br />
Milderung des Fachkräftemangels. Deshalb<br />
dürfen bereits erschließbare Potenziale nicht<br />
verloren gehen! Eines meiner zentralen Vorhaben<br />
ist es deshalb, bei der Anerkennung ausländischer<br />
Abschlüsse möglichst rasch zu weiteren<br />
Fortschritten zu kommen. Neben dem Anerkennungsgesetz<br />
des Bundes, das am 1. April 2012<br />
in Kraft getreten ist, bereitet mein Haus gerade<br />
ein Landesanerkennungsgesetz vor, das für<br />
die landesrechtlich geregelten Berufe nötig ist.<br />
HS-Report: Welchen Megatrend sehen Sie in Sachen<br />
Zuwanderung und Integration?<br />
<strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong>: Baden-Württemberg braucht weitere<br />
Zuwanderer zur Sicherung seiner wirtschaftlichen<br />
Leistungsfähigkeit und Zukunft. In unserem<br />
Land wird Vielfalt immer selbstverständlicher.<br />
Vielfalt ist eine Chance – der Trend geht dahin,<br />
dass wir diese auch nutzen!<br />
HS-Report: Frau Ministerin, wir bedanken uns<br />
für das Gespräch.<br />
<strong>Bilkay</strong> <strong>Öney</strong><br />
wurde am 23. Juni 1970 in Malatya in der<br />
Türkei geboren und lebt seit 1973 in Berlin.<br />
Sie machte dort 1989 Abitur. Anschließend<br />
studierte sie Betriebswirtschaftslehre und<br />
Medienberatung an der TU Berlin. Von 2006<br />
bis 2011 war sie Abgeordnete in Berlin. Seit<br />
dem 12. Mai 2011 ist Sie Ministerin für Integration<br />
des Landes Baden-Württemberg. Sie<br />
selbst soll sich laut Medienberichten mal als<br />
„Rock’n’Roll-Moslem“ bezeichnet haben.