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72. Die ältesten Abbildungen der Stadt Hildesheim (hr

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<strong>Die</strong> <strong>ältesten</strong> <strong>Abbildungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Hildesheim</strong><br />

Historische Dokumente aus dem <strong>Stadt</strong>archiv (Folge 72) / von Herbert Reyer<br />

Im <strong>Stadt</strong>archiv werden nicht nur Urkunden, städtische Amts- und Rechnungsbücher, Akten<br />

sowie Fotos, Plakate und sonstige - auch se<strong>hr</strong> „mo<strong>der</strong>ne“! - Informationsträger zur <strong>Stadt</strong>geschichte<br />

aufbewa<strong>hr</strong>t. Es gibt auch einen ansehnlichen Bestand von historischen Karten und<br />

Plänen, aus denen man sich ein „Bild“ von <strong>Hildesheim</strong>, wie es einmal ausgesehen haben mag,<br />

machen kann. <strong>Die</strong> Kartenabteilung des <strong>Stadt</strong>archivs (Bestand 950) enthält rund 1500 überwiegend<br />

handgezeichnete Karten und Pläne. Daneben finden sich hier auch zahlreiche gedruckte<br />

Karten, <strong>Stadt</strong>pläne und die älteren <strong>Stadt</strong>ansichten <strong>Hildesheim</strong>s. Bei den <strong>ältesten</strong> <strong>Abbildungen</strong><br />

unserer <strong>Stadt</strong> handelt es sich nicht um handgezeichnete Einzelstücke, son<strong>der</strong>n um<br />

Holzschnitte o<strong>der</strong> Kupferstiche, die sich in gedruckter Form, und zwar in Büchern, erhalten<br />

haben. <strong>Die</strong> bislang bekannte älteste <strong>Stadt</strong>ansicht <strong>Hildesheim</strong>s stammt aus dem Ja<strong>hr</strong>e 1585. Sie<br />

ist in dem erstmals in diesem Ja<strong>hr</strong> im Druck in Magdeburg erschienenen 4. Teil <strong>der</strong> Braunschweigisch-Lüneburgischen<br />

C<strong>hr</strong>onik von Heinrich Bünting auf <strong>der</strong> Seite 103 enthalten. Der<br />

erste Teil <strong>der</strong> C<strong>hr</strong>onik erschien übrigens 1584. Alle vier Teile in einem Band zusammen gebunden<br />

tragen in <strong>der</strong> Wissenschaftlichen Bibliothek des <strong>Stadt</strong>archivs die Signatur WB And.<br />

3578. <strong>Die</strong> Wissenschaftliche Bibliothek besitzt außer dieser noch eine spätere, 1620 in Magdeburg<br />

nachgedruckte und erweiterte Ausgabe <strong>der</strong> C<strong>hr</strong>onik, die die Signatur WB 16883 trägt.<br />

Der Kupferstich befindet sich hier auf <strong>der</strong> Seite 598. Der 1545 in Hannover geborene Verfasser<br />

war Pfarrer in Gronau wird die in seinem Werk aufgenommenen <strong>Stadt</strong>ansichten sicherlich<br />

nicht selbst gefertigt haben. Der Name des Künstlers, <strong>der</strong> den Kupferstich von <strong>Hildesheim</strong> in<br />

den se<strong>hr</strong> bescheidenen Abmessungen von ca. 14 x 10 cm hergestellt hat, bleibt uns lei<strong>der</strong> verborgen.<br />

<strong>Die</strong> im Buch gebotene <strong>Stadt</strong>ansicht ist aus einer Vogelperspektive heraus gezeichnet.<br />

Der Zeichner wählte einen fiktiven Standort im Westen von Moritzberg vielleicht irgendwo<br />

oberhalb von Sorsum, das selbst nicht zu sehen ist. So breitet sich dem Betrachter ein Landschaftspanorama<br />

zwischen <strong>der</strong> links (im Norden) gelegenen Festung Steuerwald und <strong>der</strong><br />

rechts am Rand (im Süden) gerade noch ins Bild passenden Godehardikirche aus. <strong>Die</strong> obere<br />

Hälfte des Stiches bietet im wesentlichen das von einer mit Tortürmen besetzten Mauer und<br />

einem <strong>Stadt</strong>graben umrahmte <strong>Stadt</strong>bild von <strong>Hildesheim</strong>. <strong>Die</strong> untere Hälfte des Kupferstiches<br />

zeigt Fel<strong>der</strong>, Wege und Gärten im Norden und Westen <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>. Hinzu kommen neben <strong>der</strong><br />

schon erwähnten Festung Steuerwald im Norden (links am Rand) im Vor<strong>der</strong>grund zwei weitere<br />

bauliche Strukturen vor den Toren <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> im Westen: Vorn, am unteren Bildrand vor<br />

dem Dammtor, auf einer Anhöhe liegend, hat <strong>der</strong> Zeichner ganz sicher Moritzberg mit dem<br />

Mauritiuskloster abgebildet. <strong>Die</strong> eingezeichneten Baulichkeiten im Vor<strong>der</strong>grund rechts davon<br />

sollen sicherlich das Karthäuserkloster darstellen, das nach dem 30jä<strong>hr</strong>igen Krieg in die <strong>Stadt</strong><br />

verlegt wurde. Das <strong>Stadt</strong>bild von <strong>Hildesheim</strong> ist gekennzeichnet durch die überdimensioniert<br />

eingezeichneten Sakralbauten, die zum Teil zweifelsfrei identifiziert werden können. Links<br />

am Rand scheint die Michaeliskirche herauszuragen, wirkt aber wegen des zweitürmigen<br />

Westwerks recht befremdlich. Rechts daneben mit hohem spitzen Turm dürfte recht eindeutig<br />

die Jacobikirche gemeint sein. Das <strong>Stadt</strong>bild wird beherrscht von dem daneben angeordneten<br />

hohen und wuchtigen Gebäude, das – bekanntlich noch ohne den erst im 19. Ja<strong>hr</strong>hun<strong>der</strong>t vollendeten<br />

hohen Turm – die Andreaskirche markieren soll, sich aber eher als architektonisches<br />

Phantasieprodukt erweist. <strong>Die</strong> sichtbaren drei Seitenkapellen scheinen aber die Deutung des<br />

Gebäudes als Andreaskirche zu bestätigen. Dann folgt fast ebenso wuchtig dargestellt eine<br />

fünffenstrige hohe Halle mit kräftigem Dac<strong>hr</strong>eiter: Das dargestellte Gebäude könnte als das<br />

Westwerk des Domes identifiziert werden, durch den das dahinter liegende Kirchenschiff<br />

verdeckt wird. Ganz rechts am Rand folgt schließlich zweifelsfrei die Godehardikirche mit<br />

i<strong>hr</strong>er Zweiturmfassade. Das <strong>Stadt</strong>bild wird ergänzt durch zahlreiche, nicht näher identifizierbare<br />

Häuser, die den Raum zwischen den Kirchenbauten ausfüllen. Von einer realistischen<br />

© <strong>Stadt</strong>archiv <strong>Hildesheim</strong> – Am Steine 7, 31134 <strong>Hildesheim</strong><br />

Tel. 05121-1681-0 Fax 05121-1681-24 E-Mail info@stadtarchiv-hildesheim.de


Darstellung des <strong>Stadt</strong>bildes ist dieser Kupferstich vom Ja<strong>hr</strong>e 1585 freilich noch weit entfernt,<br />

wenngleich zumindest bei einigen Kirchen noch halbwegs wirklichkeitstreue Abbil<strong>der</strong> erkennbar<br />

werden. Als historische Bildquelle ist diese <strong>Stadt</strong>ansicht nur se<strong>hr</strong> bedingt anzusprechen.<br />

Büntings unbekannter Zeichner gehörte nicht zu den beson<strong>der</strong>en Könnern seiner Zeit.<br />

Er zeichnete den Stich noch in recht altertümlicher Weise, wä<strong>hr</strong>end es in <strong>der</strong> Zeit des ausgehenden<br />

16. Ja<strong>hr</strong>hun<strong>der</strong>ts bereits zahlreiche Beispiele von <strong>Stadt</strong>ansichten an<strong>der</strong>er Künstler<br />

gibt, <strong>der</strong>en Darstellungen sich durch hohen Quellenwert aufgrund i<strong>hr</strong>er großen Realitätsnähe<br />

auszeichnen. Es wird nicht verwun<strong>der</strong>n, dass die älteste Abbildung von <strong>Hildesheim</strong>, die noch<br />

fast ein Ja<strong>hr</strong>hun<strong>der</strong>t älter als die eben vorgestellte Ansicht ist, überhaupt keinen Quellenwert<br />

besitzt und auch keinerlei Wirklichkeitstreue beanspruchen darf. Gemeint ist die Darstellung<br />

<strong>Hildesheim</strong>s, die als Holzschnitt in <strong>der</strong> im Ja<strong>hr</strong>e 1492 erschienenen C<strong>hr</strong>onik <strong>der</strong> Sachsen<br />

(„C<strong>hr</strong>onecken <strong>der</strong> Sassen“) von Conrad Bothe erschienen ist. <strong>Die</strong> Abbildung weist lediglich<br />

die typischen Kennzeichen einer <strong>Stadt</strong> auf: Mauern, Türme, Tore. Sie dokumentieren nur das<br />

Prinzip <strong>Stadt</strong>, ein symbolisches Zeichen, das austauschbar ist. <strong>Die</strong>s bestätigt sich auch dadurch,<br />

dass an an<strong>der</strong>er Stelle <strong>der</strong> C<strong>hr</strong>onik <strong>der</strong>selbe Holzschnitt auch für die <strong>Stadt</strong> Speyer genommen<br />

wird. Sie unterscheiden sich allein durch die abgebildeten Wappen: Für <strong>Hildesheim</strong><br />

hält ganz konsequent <strong>der</strong> geistliche <strong>Stadt</strong>herr, <strong>der</strong> Bischof, den gespaltenen Wappenschild in<br />

<strong>der</strong> Hand (rechts), wä<strong>hr</strong>end ihm links ein weltlicher Amts- o<strong>der</strong> Hoheitsträger, wohl nicht <strong>der</strong><br />

König, vielleicht aber sogar <strong>der</strong> städtische Bürgermeister, mit dem <strong>Hildesheim</strong>er <strong>Stadt</strong>wappen<br />

zur Seite tritt und damit die Abbildung auf <strong>Hildesheim</strong> bezieht, abgesehen davon, dass das<br />

Bild eindeutig mit <strong>der</strong> Übersc<strong>hr</strong>ift „Hildessem“ versehen ist.<br />

© <strong>Stadt</strong>archiv <strong>Hildesheim</strong> – Am Steine 7, 31134 <strong>Hildesheim</strong><br />

Tel. 05121-1681-0 Fax 05121-1681-24 E-Mail info@stadtarchiv-hildesheim.de

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