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Geschichte Orion.pdf

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Die Gruppe, in der ich jetzt bin, heisst <strong>Orion</strong>. Mein Vater hat Videos aus den Sechzigern<br />

von einem Raumschiff <strong>Orion</strong>, die haben wir früher an Regensonntagen zusammen<br />

angeguckt, war echt spannend. Jetzt bin ich selber im Raumschiff, kommt mir jedenfalls<br />

so vor. Da sind noch andere Buben und Mädchen und da ist die Besatzung. Auf <strong>Orion</strong><br />

herrschen strenge Regeln. Das muss so sein, sonst geraten wir ausser Kurs. No drinks,<br />

no drugs, no fun, einfach gar nichts. Es ist hart und an manchen Tagen kaum<br />

auszuhalten. So kamen einige auf die hirnverbrannte Idee, auszubrechen. Der Plan war<br />

gemein – Angriff auf die Betreuer - aber gut; nun, die Besatzung war schlauer. Das<br />

Resultat war dann halt nicht die Kurve; statt Silvesterparty mit Kumpels und Weibern<br />

gab’s eine Woche SP. Sonderprogramm auf <strong>Orion</strong>, super: Schriftliche Stellungnahme,<br />

Gruppentrennung, Einschluss, das ganze Programm…… Es tut ganz schön weh, kein<br />

gemeinsames Essen, keine Schule, kein Sport, kein Töggelikasten – immer im Zimmer<br />

eingeschlossen, alleine essen und kein Kontakt nach aussen. Man hat viel Zeit<br />

nachzudenken, man kommt echt ins Grübeln. Regeln und so – ein wichtiges Wort im<br />

Raumschiff. Ich könnte gut ohne Regeln leben, das wär’ viel einfacher. Anderseits<br />

geht’s mir eigentlich gut. Hier ist alles, aber wirklich alles, streng reglementiert, da<br />

herrscht Klarheit, das tut meinem Kopf gut. Ich weiss was Sache ist, jeden Tag, bei<br />

jeder Gelegenheit. Ob auf der Gruppe, in der Schule oder im Atelier. Bei Herr Grob. ist’s<br />

genau gleich wie bei Frau Anderegg, bei Herr Bohner gleich, wie bei Herr Koller. Zu<br />

Hause war das anders. Es kam halt drauf an, wie Mama drauf war. Da konnte ich<br />

motzen und „handeln“ oder mich drücken; bei Papa sowieso, der merkte kaum, was<br />

abging. Ich würde gerne mit Mama telefonieren, ihre Stimme hören. Ich vermisse sie.<br />

Aber im SP ist da nichts drin, alle innern Luken sind geschlossen, kein Kontakt mit<br />

„Erdlingen“, das Raumschiff ist auf Kurs und ich mit. Nur die Aussenluke mit<br />

Sicherheitsglas in meinem „Schott“ ist geöffnet, zwischen den Seitenblenden sehe ich<br />

ein Stück Sternenhimmel. Im Lexikon auf der Gruppe habe ich gelesen, dass es am<br />

Äquator ein Sternbild mit Namen <strong>Orion</strong> gibt. Das gefällt mir. Die alten Seefahrer haben<br />

sich nach den Sternen orientiert, das habe ich bei Herr Zürrer in der Schule gelernt.<br />

<strong>Orion</strong> besteht aus neun Sternen. Genau so viele Wochen bin ich noch auf <strong>Orion</strong>. Ich<br />

möchte nach Hause, aber ich glaube nicht, dass das gehen würde. Meine Mutter und<br />

ich, das funktioniert noch nicht, ich habe sie zu sehr verletzt. Es ist besser, wenn ich in<br />

ein Heim oder in eine WG komme. In der Kreativstunde habe ich ein Bild mit dem <strong>Orion</strong><br />

gemalt, das nehme ich mit. Seefahrer und Astronauten orientieren sich nach den<br />

Sternen!<br />

Januar 2008, Monika Rösinger<br />

Frau Rösinger ist Teammitglied der Schulleitung an der Oberstufe in Bütschwil und<br />

schrieb obige Kurzgeschichte nach einem wöchigen Einblick im JH Platanenhof.

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