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TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN<br />
Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik<br />
am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (<strong>iwb</strong>)<br />
Dynamisches Verhalten von Werkzeugmaschinen bei<br />
Anwendung für das Rührreibschweißen<br />
Paul Gebhard<br />
Vollständiger Abdruck der von der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen<br />
Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines<br />
genehmigten Dissertation.<br />
Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.)<br />
Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Horst Baier<br />
Prüfer der Dissertation:<br />
1. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Michael Zäh<br />
2. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Hartmut Hoffmann (i. R.)<br />
Die Dissertation wurde am 22.12.2010 bei der Technischen Universität München<br />
eingereicht und durch die Fakultät für Maschinenwesen am 29.06.2011 angenommen.
Paul Gebhard<br />
Dynamisches Verhalten von<br />
Werkzeugmaschinen bei Anwendung<br />
für das Rührreibschweißen<br />
Herbert Utz Verlag · München
Forschungsberichte IWB<br />
Band 253<br />
Zugl.: Diss., München, Techn. Univ., 2011<br />
Bibliografische <strong>Info</strong>rmation der Deutschen<br />
Nationalbibliothek: Die Deutsche<br />
Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation<br />
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte<br />
bibliografische Daten sind im Internet über<br />
http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.<br />
Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere<br />
die der Übersetzung, des Nachdrucks, der<br />
Entnahme von Abbildungen, der Wiedergabe<br />
auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege<br />
und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen<br />
bleiben – auch bei nur auszugsweiser<br />
Verwendung – vorbehalten.<br />
Copyright © Herbert Utz Verlag GmbH · 2011<br />
ISBN 978-3-8316-4129-1<br />
Printed in Germany<br />
Herbert Utz Verlag GmbH, München<br />
089-277791-00 · www.utzverlag.de
Geleitwort der Herausgeber<br />
Die Produktionstechnik ist für die Weiterentwicklung unserer Industriegesellschaft<br />
von zentraler Bedeutung, denn die Leistungsfähigkeit eines Industriebetriebes hängt<br />
entscheidend von den eingesetzten Produktionsmitteln, den angewandten Produktionsverfahren<br />
und der eingeführten Produktionsorganisation ab. Erst das optimale<br />
Zusammenspiel von Mensch, Organisation und Technik erlaubt es, alle Potentiale<br />
für den Unternehmenserfolg auszuschöpfen.<br />
Um in dem Spannungsfeld Komplexität, Kosten, Zeit und Qualität bestehen zu<br />
können, müssen Produktionsstrukturen ständig neu überdacht und weiterentwickelt<br />
werden. Dabei ist es notwendig, die Komplexität von Produkten, Produktionsabläufen<br />
und -systemen einerseits zu verringern und andererseits besser zu beherrschen.<br />
Ziel der Forschungsarbeiten des <strong>iwb</strong> ist die ständige Verbesserung von Produktentwicklungs-<br />
und Planungssystemen, von Herstellverfahren sowie von Produktionsanlagen.<br />
Betriebsorganisation, Produktions- und Arbeitsstrukturen sowie Systeme zur<br />
Auftragsabwicklung werden unter besonderer Berücksichtigung mitarbeiterorientierter<br />
Anforderungen entwickelt. Die dabei notwendige Steigerung des Automatisierungsgrades<br />
darf jedoch nicht zu einer Verfestigung arbeitsteiliger Strukturen<br />
führen. Fragen der optimalen Einbindung des Menschen in den Produktentstehungsprozess<br />
spielen deshalb eine sehr wichtige Rolle.<br />
Die im Rahmen dieser Buchreihe erscheinenden Bände stammen thematisch aus<br />
den Forschungsbereichen des <strong>iwb</strong>. Diese reichen von der Entwicklung von Produktionssystemen<br />
über deren Planung bis hin zu den eingesetzten Technologien in den<br />
Bereichen Fertigung und Montage. Steuerung und Betrieb von Produktionssystemen,<br />
Qualitätssicherung, Verfügbarkeit und Autonomie sind Querschnittsthemen<br />
hierfür. In den <strong>iwb</strong> Forschungsberichten werden neue Ergebnisse und Erkenntnisse<br />
aus der praxisnahen Forschung des <strong>iwb</strong> veröffentlicht. Diese Buchreihe soll dazu<br />
beitragen, den Wissenstransfer zwischen dem Hochschulbereich und dem Anwender<br />
in der Praxis zu verbessern.<br />
Gunther Reinhart Michael Zäh
Vorwort<br />
Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften<br />
(<strong>iwb</strong>) der Technischen Universität München.<br />
Herrn Prof. Dr.-Ing. Michael Zäh und Herrn Prof. Dr.-Ing. Gunther Reinhart, den<br />
Leitern dieses Instituts, gilt mein besonderer Dank für die wohlwollende Förderung<br />
und großzügige Unterstützung meiner Arbeit.<br />
Bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Hartmut Hoffmann, dem Leiter des Lehrstuhls für Umformtechnik<br />
und Gießereiwesen der Technischen Universität München, möchte ich<br />
mich für die Übernahme des Korreferates und die aufmerksame Durchsicht der Arbeit<br />
sehr herzlich bedanken. Ebenfalls gilt mein Dank Herrn Prof. Dr.-Ing. Horst<br />
Baier, dem Leiter des Lehrstuhls für Leichtbau der Technischen Universität München,<br />
für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission.<br />
Darüber hinaus bedanke ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen des Instituts<br />
recht herzlich für die angenehme Zusammenarbeit. Besonders hervorheben möchte<br />
ich dabei Markus Ruhstorfer, Georg Völlner und Matthias Baur, die mir bei der Erstellung<br />
dieser Dissertation mit Rat und Tat zur Seite standen und das Manuskript<br />
kritisch begutachtet haben. Besonderer Dank gilt auch allen Studenten, die mich bei<br />
meiner Arbeit unterstützt haben. Hervorheben möchte ich hier vor allem Tobias<br />
Maier und Timo Dauner.<br />
Nicht zuletzt gilt mein Dank meinem Bürokollegen Thomas Hensel sowie allen<br />
Spielern und Unterstützern der Maschine München, die wesentlich zum angenehmen<br />
Arbeitsklima am Institut beigetragen haben. „Hüpf Maschine! Hüpf!“.<br />
München, im August 2011 Paul Gebhard
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................. I<br />
Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................... V<br />
Verzeichnis der Formelzeichen ....................................................................... VII<br />
1 Einleitung ..................................................................................................... 1<br />
1.1 Grundlagen des Rührreibschweißens ................................................... 1<br />
1.2 Ausgewählte Anwendungen des Rührreibschweißens ......................... 3<br />
2 Stand von Wissenschaft und Technik ........................................................ 7<br />
2.1 Allgemeines .......................................................................................... 7<br />
2.2 Werkstoffe und Werkzeugentwicklung ................................................ 7<br />
2.3 Verfahrensvarianten und -weiterentwicklungen des<br />
Rührreibschweißens .............................................................................. 9<br />
2.4 Anlagentechnik für das Rührreibschweißen ....................................... 10<br />
2.5 Modellierung des Rührreibschweißens .............................................. 14<br />
2.5.1 Allgemeines ........................................................................... 14<br />
2.5.2 Modellierung der Wärmequelle ............................................. 15<br />
2.5.3 Simulation von Temperatur, Eigenspannungen und<br />
Verzug ................................................................................... 16<br />
2.5.4 Simulation des Werkstoffflusses ........................................... 17<br />
2.5.5 Modellierung von Prozesskräften und<br />
Antriebsdrehmoment ............................................................. 19<br />
2.6 Modellierung der Prozesskräfte bei der Zerspanung .......................... 23<br />
2.7 Zusammenfassung und Bewertung des Standes der Technik ............. 26<br />
3 Zielsetzung und Vorgehensweise ............................................................. 29<br />
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von<br />
Werkzeugmaschinen ................................................................................. 31<br />
4.1 Allgemeines ........................................................................................ 31<br />
I
Inhaltsverzeichnis<br />
4.2 Aufbau und Funktionsweise von Werkzeugmaschinen ..................... 31<br />
4.3 Modellierung von Werkzeugmaschinen ............................................. 34<br />
4.3.1 Allgemeines ............................................................................ 34<br />
4.3.2 <strong>Mehr</strong>körpersysteme (MKS) .................................................... 34<br />
4.3.3 Methode der Finiten Elemente (FEM) ................................... 35<br />
4.3.4 Vorgehensweise zum Aufbau von FE-Modellen von<br />
Werkzeugmaschinen .............................................................. 37<br />
4.3.5 Modaltransformation .............................................................. 41<br />
4.3.6 Zustandsraumdarstellung ....................................................... 43<br />
4.3.7 Mechatronisches Gesamtmodell ............................................ 45<br />
4.4 Messung des dynamischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen ..... 47<br />
4.4.1 Allgemeines ............................................................................ 47<br />
4.4.2 Messung des Übertragungsverhaltens zwischen zwei<br />
Punkten ................................................................................... 48<br />
4.4.2.1 Möglichkeiten der Anregung durch eine Kraft ...... 48<br />
4.4.2.2 Harmonische Anregung ......................................... 48<br />
4.4.2.3 Stochastische Anregung ......................................... 48<br />
4.4.2.4 Transiente Anregung .............................................. 49<br />
4.4.3 Experimentelle Modalanalyse ................................................ 51<br />
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen ........... 53<br />
5.1 Statische Verformung während des Schweißprozesses ..................... 53<br />
5.2 Prozesskräfte beim Rührreibschweißen im Vergleich zum Fräsen .... 56<br />
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim<br />
Rührreibschweißen ............................................................................. 60<br />
5.3.1 Betriebsschwingungen an der Schweißstelle ......................... 60<br />
5.3.2 Übertragungsverhalten während des Rührreibschweißens .... 65<br />
5.4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ...................................... 75<br />
6 Prozessmodellierung ................................................................................. 77<br />
6.1 Vorgehen bei der Prozessmodellierung .............................................. 77<br />
II
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen .......... 77<br />
6.2.1 Vorgehensweise zur Entwicklung eines theoretischen<br />
Prozesskraftmodells ............................................................... 77<br />
6.2.2 Werkstofffluss um das Werkzeug beim<br />
Rührreibschweißen ................................................................ 78<br />
6.2.3 Entwicklung von theoretischen Prozesskraftgleichungen ..... 85<br />
6.2.3.1 Prozesskraftverläufe bei glatter Pinoberfläche ....... 85<br />
6.2.3.2 Kraftkomponenten durch Werkstofftransport um das<br />
Werkzeug ............................................................... 88<br />
6.2.3.3 Kraftanteile durch Rundlaufabweichungen ............ 95<br />
6.2.3.4 Integration der Kraftkomponente in Werkzeug-<br />
Achsrichtung ........................................................ 103<br />
6.2.3.5 Zusammenfassung und Bewertung der entwickelten<br />
Prozesskraftgleichungen ...................................... 105<br />
6.3 Empirisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen .......... 106<br />
6.3.1 Vorgehensweise zur Entwicklung eines empirischen<br />
Prozesskraftmodells ............................................................. 106<br />
6.3.2 Versuchsplanung und -durchführung .................................. 107<br />
6.3.3 Versuchsauswertung und Erstellung des<br />
Prozesskraftmodells ............................................................. 110<br />
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone .................... 118<br />
6.4.1 Vorgehensweise zur Entwicklung eines Modells für den<br />
Einfluss der Prozesszone ..................................................... 118<br />
6.4.2 Modell ohne Kraftfluss durch das Werkzeug ...................... 119<br />
6.4.3 Modell mit Kraftfluss durch das Werkzeug ........................ 125<br />
6.4.4 Integration der Fügezone ..................................................... 132<br />
7 Anwendung der Modelle ......................................................................... 135<br />
7.1 Allgemeines ...................................................................................... 135<br />
7.2 Voraussage von dynamischen Maschinenbelastungen ..................... 135<br />
7.2.1 Systemstabilität beim Rührreibschweißen .......................... 135<br />
III
Inhaltsverzeichnis<br />
7.2.2 Voraussage von dynamischen Belastungen ......................... 139<br />
7.3 Auslegung und Integration einer Kraftregelung ............................... 145<br />
7.3.1 Auf Motorströmen basierende Kraftregelung ...................... 145<br />
7.3.2 Auslegung durch ein mechatronisches<br />
Simulationsmodell ................................................................ 150<br />
8 Zusammenfassung und Ausblick ........................................................... 155<br />
8.1 Zusammenfassung ............................................................................ 155<br />
8.2 Ausblick ............................................................................................ 157<br />
9 Literaturverzeichnis ................................................................................ 159<br />
IV
Abkürzungsverzeichnis<br />
Abkürzung Bedeutung<br />
3D dreidimensional<br />
ALE Arbitrary Lagrangian Eulerian<br />
bzgl. bezüglich<br />
bzw. beziehungsweise<br />
CNC Computerized Numerical Control (deutsch: numerische Steuerung)<br />
CT Computertomografie<br />
DIN Deutsche Industrienorm<br />
DOF degree of freedom (deutsch: Freiheitsgrad)<br />
e. V. eingetragener Verein<br />
engl. englisch<br />
et al. et alii<br />
etc. et cetera<br />
FE Finite-Elemente<br />
FEM Finite-Elemente-Methode<br />
FFT Fast Fourier Transform (deutsch: schnelle Fourier-<br />
Transformation)<br />
FSW Friction Stir Welding (deutsch: Rührreibschweißen)<br />
FSP Friction Stir Processing (deutsch: Gefügeumwandlung durch<br />
Rührreibschweißen)<br />
I Integrationsglied<br />
i. A. im Allgemeinen<br />
V
Abkürzungsverzeichnis<br />
IPO Interpolation<br />
MKS <strong>Mehr</strong>körpersysteme<br />
MMC Metal Matrix Composite (deutsch: Metallmatrix-<br />
Verbundwerkstoff)<br />
MPC Multi-Point Constraint (deutsch: <strong>Mehr</strong>punkt-<br />
Zwangsbedingung)<br />
NASA National Aeronautics and Space Administration<br />
NC Numerical Control (deutsch: numerische Steuerung)<br />
P Proportionalglied<br />
PT1 Proportionalglied mit Verzögerung 1. Ordnung<br />
RBE Rigid Body Element (deutsch: Starrkörperelement)<br />
RPT Retractable Pin Tool (deutsch: Werkzeug mit rückziehbarem<br />
Pin)<br />
S. Seite<br />
sog. so genannte<br />
TWI The Welding Institute (Sitz: Cambridge, England)<br />
WIG Wolfram-Inert-Gas<br />
z. B. zum Beispiel<br />
VI
Verzeichnis der Formelzeichen<br />
Zeichen Einheit Bedeutung<br />
0 - Nullmatrix, Nullvektor<br />
1-m - Anstiegswert der spezifischen Schnittkraft<br />
ae mm Schnittbreite<br />
ap mm Schnitttiefe<br />
A -, rad/s, rad²/s² Systemmatrix<br />
A50mm % Bruchdehnung, gemessen über eine Anfangsmesslänge<br />
von 50 mm<br />
AFSW,p mm² durch Schichtdicke und Pinlänge aufgespannte<br />
Fläche<br />
Ax1 N Amplitude des 1. harmonischen Anteils der<br />
Prozesskraft in Vorschubrichtung<br />
Ax2 N Amplitude des 2. harmonischen Anteils der<br />
Prozesskraft in Vorschubrichtung<br />
Ay1 N Amplitude des 1. harmonischen Anteils der<br />
Prozesskraft quer zur Vorschubrichtung<br />
Ay2 N Amplitude des 2. harmonischen Anteils der<br />
Prozesskraft quer zur Vorschubrichtung<br />
Az N Amplitude des harmonischen Anteils der Prozesskraft<br />
in Vorschubrichtung<br />
b mm Spanungsbreite<br />
bii<br />
*)<br />
bp mm Bogenwert<br />
Regressionskoeffizienten<br />
B -, N/kg Eingangsmatrix<br />
____________________________________<br />
*) <strong>Mehr</strong>ere und/oder anwendungsfallabhängige Einheiten<br />
VII
Verzeichnis der Formelzeichen<br />
B(jω) (m/s²)/N Beschleunigbarkeits-Frequenzgang<br />
C 1/kg, Ausgangsmatrix<br />
1/kg·m²<br />
Cax N/m Axiale Steifigkeit des Kugelgewindetriebes<br />
Ckipp Nm/rad Kippsteifigkeit des Kugelgewindetriebes<br />
Crad Nm/rad Radiale Steifigkeit des Kugelgewindetriebes<br />
Cschr N/rad, N/m Schraubsteifigkeit des Kugelgewindetriebes<br />
Ctor Nm/rad Torsionssteifigkeit des Kugelgewindetriebes<br />
Cv - Ausgangsmatrix für Geschwindigkeiten<br />
Cx - Ausgangsmatrix für Verlagerungen<br />
1/kg Modale Ausgangsmatrix für Verlagerungen<br />
1/kg·m² Modale Ausgangsmatrix für Geschwindigkeiten<br />
di 1/s, 1/(rad·s) Modale Dämpfung für i-ten Eigenwert<br />
D - Durchgangsmatrix<br />
D mm Durchmesser<br />
D 1/s, 1/(rad·s) Modale Dämpfungsmatrix<br />
DD Ns/m, Nms/rad Dämpfungsmatrix, Durchgangsmatrix<br />
DL,i - Lehr‘sches Dämpfungsmaß für i-ten Eigenwert<br />
DL - Lehr‘sche Dämpfungsmatrix<br />
E - Einheitsmatrix<br />
Et mm programmierte Eintauchtiefe der Werkzeugschulter<br />
Ettat mm tatsächliche Eintauchtiefe der Werkzeugschulter<br />
f mm Vorschub, Vorschub pro Umdrehung<br />
VIII
fIPO Hz Interpolationsfrequenz<br />
fLage Hz Regelfrequenz des Lageregelkreises<br />
fn/i Hz Regelfrequenz des Drehzahl- und Stromregelkreises<br />
fT N Anregungszeitsignal<br />
fx N/mm² Flächenlast in Vorschubrichtung<br />
fy N/mm² Flächenlast quer zur Vorschubrichtung<br />
fz mm, N/mm² Vorschub pro Zahn, Flächenlast in Werkzeug-<br />
Achsrichtung<br />
F N/kg Vektor der äußeren Kräfte in modalen Koordinaten<br />
Fc N Schnittkraft<br />
FD N, Nm Vektor der äußeren Kräfte bzw. Momente<br />
FFSW N Prozesskraftvektor beim Rührreibschweißen<br />
FFSW,p N durch Werkzeugpin verursachte Prozesskraft<br />
Fist N Kraft-Istwert<br />
Fr,rund N Prozesskraft radial zur Bewegungsrichtung<br />
durch Rundlaufabweichung<br />
Fsoll N Kraft-Sollwert<br />
FStör N Vektor der Störkräfte<br />
FStör,x N Störkraft in x-Richtung<br />
FStör,y N Störkraft in y-Richtung<br />
FStör,z N Störkraft in z-Richtung<br />
FT(jω) N Fourier-Transformierte des Anregungszeitsignals<br />
Ft,rund N Prozesskraft tangential zur Bewegungsrichtung<br />
durch Rundlaufabweichung<br />
IX
Verzeichnis der Formelzeichen<br />
Fx N Prozesskraft in Vorschubrichtung<br />
Fx0 N Mittelwert der Prozesskraft in Vorschubrichtung<br />
Fx,p N durch Pin verursachte Prozesskraft in Vorschubrichtung<br />
Fx1,rund N Prozesskraft in Vorschubrichtung durch Rundlaufabweichung,<br />
Anteil tangential zur Drehbewegung<br />
Fx2,rund N Prozesskraft in Vorschubrichtung durch Rundlaufabweichung,<br />
Anteil senkrecht zur Drehbewegung<br />
Fy N Prozesskraft quer zur Vorschubrichtung<br />
Fy0 N Mittelwert der Prozesskraft quer zur Vorschubrichtung<br />
Fy1,rund N Prozesskraft quer zur Vorschubrichtung durch<br />
Rundlaufabweichung, Anteil tangential zur<br />
Drehbewegung<br />
Fy2,rund N Prozesskraft quer zur Vorschubrichtung durch<br />
Rundlaufabweichung, Anteil senkrecht zur<br />
Drehbewegung<br />
Fy,p N durch Pin verursachte Prozesskraft quer zur<br />
Vorschubrichtung<br />
Fz N Prozesskraft in Werkzeug-Achsrichtung<br />
Fz N Zerspankräfte<br />
Fz0 N Mittelwert der Prozesskraft in Werkzeug-<br />
Achsrichtung<br />
h mm Spanungsdicke<br />
hFSW mm Schichtdicke<br />
hFSW,p mm Schichtdicke um Werkzeugpin<br />
X
hs mm Spindelsteigung<br />
Iist A Strom-Istwert<br />
Isoll A Strom-Sollwert<br />
k mm Rundlaufabweichung<br />
kc N/mm² spezifische Schnittkraft<br />
kc1.1 N/mm² Hauptwert der spezifischen Schnittkraft<br />
kFSW N/mm³ spezifische Kraft beim Rührreibschweißen<br />
kFSW,z - Faktor zur Umrechnung von Kräften in x- und<br />
y-Richtung in die z-Richtung<br />
kv 1/s, Verstärkungsfaktor<br />
K rad²/s² Modale Steifigkeitsmatrix<br />
KD N/m, Nm/rad Steifigkeitsmatrix<br />
Ki V/A Proportionalanteil des Stromreglers<br />
Kk mm/A Verstärkungsfaktor für Bahn-Offset<br />
Kn Nm·s/rad Proportionalanteil des Drehzahlreglers<br />
KNm Nm/A Drehmomentkonstante<br />
lp mm Pinlänge<br />
L H Induktivität<br />
M Nm Drehmoment, Spindeldrehmoment beim Rührreibschweißen<br />
M ‐ Modale Massenmatrix<br />
MA - Übertragungsverhalten der Maschinenstruktur<br />
MD kg, kg·m² Massenmatrix<br />
Mn Nm Drehmoment der n-ten Achse<br />
XI
Verzeichnis der Formelzeichen<br />
n min -1 , s -1 Drehzahl<br />
nist min -1 Drehzahl-Istwert<br />
nsoll min -1 Drehzahl-Sollwert<br />
N(jω) m/N Nachgiebigkeits-Frequenzgang<br />
Nx m/N Nachgiebigkeit der Rührzone in Vorschubrichtung<br />
Ny m/N Nachgiebigkeit der Rührzone quer zur Vorschubrichtung<br />
Nz m/N Nachgiebigkeit der Rührzone in Werkzeug-<br />
Achsrichtung<br />
PROZESS - Übertragungsverhalten eines Bearbeitungsprozesses<br />
q mkg, Vektor der modalen Verschiebungen<br />
rad · mkg<br />
q1 mkg, Vektor der Verlagerungen des Zustandsvektors<br />
rad · mkg in modalen Koordinaten<br />
q2 mkg/s, Vektor der Geschwindigkeiten des Zustands-<br />
radkg·m²/s vektors in modalen Koordinaten<br />
rp mm Pinradius<br />
rs mm Schulterradius<br />
R Ω elektrischer Widerstand<br />
Rm MPa Zugfestigkeit<br />
Rp0.2 MPa 0,2%-Dehngrenze<br />
SF(jω) N/s komplexes Leistungsspektrum des Anregungszeitsignals<br />
SFF(ω) N²/s² reelles Autoleistungsspektrum des Anregungszeitsignals<br />
XII
St mm Schweißtiefe<br />
SU(jω) m/s 3 komplexes Leistungsspektrum des Antwortzeitsignals<br />
SUF(jω) Nm/s 4 komplexes Kreuzleistungsspektrum des Antwortzeitsignals<br />
und des Anregungszeitsignals<br />
SUU(ω) m²/s 6 reelles Autoleistungsspektrum des Antwortzeitsignals<br />
T s Messdauer<br />
Ti s Nachstellzeit des Stromreglers<br />
Tn s Nachstellzeit des Drehzahlreglers<br />
TT s Nachstellzeit des Transistorstellers<br />
u N, Nm Vektor der Systemeingänge<br />
uT m/s² Antwortzeitsignal<br />
UA V Ankerspannung<br />
Us V Sollspannung<br />
UT(jω) m/s² Fourier-Transformierte des Antwortzeitsignals<br />
v mm/min Vorschubgeschwindigkeit<br />
vr mm/min durch Rundlaufabweichung erzeugte Vorschubgeschwindigkeit<br />
in Richtung der Drehbewegung<br />
VFSW,p mm³ gefördertes Volumen um Werkzeugpin<br />
x mm Verschiebung, Verlagerung, Position<br />
x m Vektor der Knotenverschiebungen, Verlagerungen<br />
x1 m, rad Vektor der Verlagerungen des Zustandsvektors<br />
x2 m/s, rad/s Vektor der Geschwindigkeiten des Zustandsvektors<br />
XIII
Verzeichnis der Formelzeichen<br />
xf mm zurückgelegter Weg des Werkzeugs aufgrund<br />
der Vorschubbewegung<br />
xist mm Lage-Istwert<br />
xn mm Lage-Istwert der n-ten Achse<br />
xn,soll mm Lage-Sollwert der n-ten Achse<br />
xsoll mm Lage-Sollwert<br />
xz m, m/s, rad, rad/s Zustandsvektor<br />
y mm Verschiebung, Verlagerung, Position<br />
y m, m/s, rad, rad/s Vektor der Systemausgänge<br />
z mm Verschiebung, Verlagerung, Position<br />
Griechische Buchstaben<br />
α rad Winkel<br />
κ Grad Werkzeug-Einstellwinkel<br />
φ rad Winkellage, Drehwinkel, Drehung um die x-<br />
Koordinate<br />
φy rad Phasenverschiebung der Kraftverläufe quer zur<br />
Vorschubrichtung<br />
φx,2 rad Phasenverschiebung der 2. harmonischen<br />
Kraftkomponente in Vorschubrichtung<br />
φy,2 rad Phasenverschiebung der 2. harmonischen<br />
Kraftkomponente quer zur Vorschubrichtung<br />
χ rad Winkellage, Drehung um die y-Koordinate<br />
ψ rad Winkellage, Drehung um die z-Koordinate<br />
η - Störsignal<br />
- Kohärenz<br />
η(jω) m/s 3 Fourier-Transformierte des Störzeitsignals<br />
XIV
φi 1/kg, Eigenvektor zum i-ten Eigenwert<br />
1/kg·m²<br />
Φ 1/kg, Modalmatrix<br />
1/kg·m²<br />
ω rad Kreisfrequenz<br />
ωi 2<br />
ωn<br />
rad 2 /s 2<br />
rad/s<br />
Ω² rad 2 /s 2<br />
i-ter Eigenwert<br />
Winkelgeschwindigkeit der n-ten Achse<br />
Matrix der Eigenwerte<br />
XV
1 Einleitung<br />
1.1 Grundlagen des Rührreibschweißens<br />
1.1 Grundlagen des Rührreibschweißens<br />
Seit der Entdeckung des Aluminiums als Konstruktionswerkstoff gegen Ende des<br />
19. Jahrhunderts hat die Verbreitung dieses Metalls enorm zugenommen. Während<br />
im Jahr 1882 weltweit lediglich zwei Tonnen Aluminium produziert wurden,<br />
erzeugte allein die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2001 eine Menge<br />
von 650.000 Tonnen (KAMMER 2003). Mittlerweile ist Aluminium nach Stahl<br />
das am häufigsten verwendete Metall und vor allem aus dem Verkehrssektor<br />
(Automobilbau, Luft- und Raumfahrt, Waggonbau) nicht mehr wegzudenken.<br />
Für die weite Verbreitung von Aluminiumwerkstoffen sind neben den physikalischen<br />
Eigenschaften vor allem die Vorteile bei der fertigungstechnischen Verarbeitung<br />
ausschlaggebend. Das Schmelzschweißen von Aluminium und seiner<br />
Legierungen bildet hier eine Ausnahme. Aufgrund der ausgeprägten Oxidschicht<br />
auf der Bauteiloberfläche sowie möglicher Porenbildung aufgrund fallender Gaslöslichkeit<br />
bei der Erstarrung und der hohen Heißrissanfälligkeit vieler Aluminiumlegierungen<br />
(BUDDE ET AL. 2003) wird stetig nach alternativen Verbindungsmöglichkeiten<br />
für Aluminiumbauteile gesucht.<br />
Eine dieser Alternativen ist das Rührreibschweißen (engl. Friction Stir Welding -<br />
FSW), das 1991 von Wayne Thomas am TWI (The Welding Institute) in Cambridge,<br />
UK, erfunden und patentiert wurde (SCHUTZRECHT EP0615480). Kernpunkt<br />
der Erfindung ist die Ausweitung der vorteilhaften Verbindungseigenschaften<br />
des herkömmlichen Rotationsreibschweißens auf Stumpf- und Überlappverbindungen<br />
von Blechen. Dies wird durch den Einsatz eines rotierenden,<br />
nahezu verschleißfesten Schweißwerkzeugs erreicht, mit dessen Hilfe Reibungswärme<br />
in die Fügezone eingebracht wird.<br />
Das Fügen mittels Rührreibschweißen läuft in drei Schritten ab (siehe Abbildung<br />
1-1). Der Prozess beginnt mit dem Eintauchen des rotierenden Schweißwerkzeugs<br />
in die Fügepartner. Es wird dabei unter hoher axialer Kraft so lange in den<br />
Fügespalt eingedrückt, bis die Werkzeugschulter die Oberfläche der Bauteile berührt<br />
und in dieser Position durch die Reibung zwischen dem Werkzeug und den<br />
Fügepartnern Wärme erzeugt. Der resultierende Temperaturanstieg in der unmittelbaren<br />
Umgebung des Schweißwerkzeugs verursacht einen Festigkeitsabfall,<br />
der den Werkstofftransport in der Fügezone um den Werkzeugpin ermöglicht.<br />
1
1 Einleitung<br />
Mit Einsetzen der Vorschubbewegung beginnt der zweite Prozessschritt, das eigentliche<br />
Schweißen, bei dem das Werkzeug unter hoher axialer Anpresskraft<br />
entlang des Fügespalts bewegt wird. Die Schulter verpresst dabei die durchmischten<br />
Fügepartner. Am Ende der Naht wird das Werkzeug aus der Fügezone<br />
herausgezogen und hinterlässt den für das Rührreibschweißen charakteristischen<br />
Endkrater.<br />
Eintauchen<br />
des Werkzeugs<br />
in die<br />
Fügezone<br />
Werkzeugpin<br />
Werkzeugrotation<br />
Werkzeugschaft<br />
Werkzeugschulter<br />
Fügen der<br />
Werkstücke<br />
Abbildung 1-1: Schematische Darstellung des Prozessablaufs beim Rührreibschweißen<br />
(nach EIREINER 2006)<br />
Dieser Prozessablauf bringt einige für das Rührreibschweißen charakteristische<br />
Vorteile mit sich. Aufgrund der vergleichsweise niedrigen Temperaturen wird<br />
die Schmelztemperatur nicht überschritten und der Schweißvorgang erzeugt relativ<br />
geringe Eigenspannungen und Bauteilverzüge. Durch das Fügen im plastischen<br />
Zustand unter hohem Druck kommt es außerdem nicht zu der beim<br />
Schmelzschweißen von Aluminiumwerkstoffen oft auftretenden Poren- und<br />
Heißrissbildung. Daraus resultieren sehr gute mechanische Eigenschaften der<br />
Schweißverbindung. Zudem sind weder Schweißzusatzstoff noch Schutzgas nötig.<br />
Das Verfahren eignet sich außerdem zur Erzeugung von Mischverbindungen<br />
unterschiedlichster Aluminiumlegierungen, inklusive Aluminiumgusswerkstoffe.<br />
Neben diesen vorteilhaften Prozesseigenschaften hat das Verfahren jedoch auch<br />
einige Nachteile. So entstehen während des Schweißvorgangs vor allem in<br />
Werkzeug-Achsrichtung hohe Prozesskräfte, die bereits bei geringen Ein-<br />
2<br />
Abheben des<br />
Werkzeugs<br />
Endkrater am<br />
Nahtende
1.2 Ausgewählte Anwendungen des Rührreibschweißens<br />
schweißtiefen (1 bis 2 mm) mehrere kN betragen können. Die Schweißanlage<br />
und das Bauteil müssen deshalb konstruktiv für solche Kräfte ausgelegt sein.<br />
Aufgrund dessen stellt das Verfahren hohe Anforderungen an die Antriebs- und<br />
die Spanntechnik, die diese hohen Kräfte aufbringen bzw. abstützen muss. Hinzu<br />
kommt die eingeschränkte 3D-Fähigkeit des Verfahrens, da ein ständiger Kontakt<br />
der Werkzeugschulter mit den zu fügenden Bauteilen Voraussetzung für einen<br />
stabilen Prozessablauf ist. Gekrümmte Bauteiloberflächen oder Kanten stellen<br />
deshalb für das Rührreibschweißen große Herausforderungen dar (VÖLLNER<br />
2010). Aufgrund der überwiegend positiven Aspekte des Schweißprozesses wird<br />
das Verfahren jedoch vermehrt in der Produktion eingesetzt. Der folgende Abschnitt<br />
gibt einen kurzen Überblick über die bisherigen und aktuellen Einsatzgebiete<br />
des Rührreibschweißens.<br />
1.2 Ausgewählte Anwendungen des Rührreibschweißens<br />
Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde das Rührreibschweißen für erste<br />
industrielle Anwendungen qualifiziert. Vorreiter war hier der Schiffbau, in dem<br />
das Rührreibschweißen eingesetzt wurde, um für die Schiffsaußenhaut großflächig<br />
Strangpressprofile aus Aluminiumlegierungen zu verschweißen (siehe Abbildung<br />
1-2). Es ersetzte das bis dato eingesetzte Wolfram-Inertgasschweißen<br />
(WIG), das bei dieser Anwendung einen unbefriedigend hohen Schweißverzug<br />
und damit hohe Maßabweichungen erzeugte, welche großen Nacharbeitsaufwand<br />
mit sich brachten (MIDLING ET AL. 1999, PRZYDATEK 1999). Aufgrund der positiven<br />
Erfahrungen im Schiffbau wurden die Erkenntnisse auf den Schienenfahrzeugbau,<br />
z. B. bei der Herstellung der Hochgeschwindigkeitszuges Shinkansen,<br />
übertragen. Hier wurde die Außenhaut aus stranggepressten Hohlkammerprofilen<br />
gefertigt, die mittels Rührreibschweißen verschweißt wurden (KAWASAKI ET AL.<br />
2000). Ein weiteres großes Einsatzgebiet des Rührreibschweißens ist die Raumfahrt.<br />
Aufgrund der dort hohen Anforderungen hinsichtlich Leichtbau wurden für<br />
dieses Anwendungsgebiet speziell aushärtbare Aluminiumlegierungen entwickelt.<br />
Das Rührreibschweißen eignet sich besonders für das Schweißen dieser<br />
Legierungen. Zu den gefügten Baugruppen gehören z. B. die externen Tanks und<br />
Tankdome des Space Shuttles, die aus einer Aluminiumlegierung der Gruppe<br />
2xxx bestehen (THOMPSON 2003, JONES & ADAMS 1999, NCAM 2008). Das<br />
Rührreibschweißen lieferte auch hier Schweißergebnisse, die vor allem bei<br />
kryogenen Temperaturen denen von Schmelzschweißverfahren überlegen waren<br />
(KINCHEN ET AL.1999). In der Luftfahrt befindet sich das Rührreibschweißen<br />
3
1 Einleitung<br />
insbesondere bei den Großkonzernen noch in der Qualifizierungsphase<br />
(LOHWASSER 2001). In der Produktion des Business-Jets Eclipse 500 wird es als<br />
erste kommerzielle Anwendung in dieser Branche jedoch bereits in der Serienfertigung<br />
eingesetzt (CHRISTNER ET AL. 2003, ECLIPSE AVIATION 2009).<br />
Strukturbauteil für den Schiffbau<br />
aus Aluminium<br />
Rührreibschweißen des Mitteltunnels<br />
des Ford GT<br />
Abbildung 1-2: Ausgewählte Anwendungen des Rührreibschweißens<br />
(CHRISTNER ET AL. 2003, MIDLING ET AL. 1999, MEYER 2006,<br />
KALLEE 2005)<br />
Heute wird das Rührreibschweißen durch seinen steigenden Bekanntheitsgrad<br />
immer öfter bei Produkten kleinerer Abmessungen eingesetzt. So wurde das<br />
Rührreibschweißen auch in der Fahrzeugindustrie eingeführt. Beispielsweise<br />
werden Teile des aktuellen Ford GT und des Audi R8 mittels Rührreibschweißen<br />
gefügt. Beim Ford GT handelt es sich dabei um den Mitteltunnel des Fahrzeugs,<br />
in dem auch der Treibstofftank untergebracht ist. Für den Audi R8 wird es ebenfalls<br />
im Bereich des Mitteltunnels eingesetzt, um sog. Tailored Blanks herzustel-<br />
4<br />
Rumpf- und Tragflächenstruktur des<br />
Business-Jets Eclipse 500<br />
Tailored Blank im Audi R8
1.2 Ausgewählte Anwendungen des Rührreibschweißens<br />
len. Zwei Bleche unterschiedlicher Dicke werden hierfür verschweißt und anschließend<br />
umgeformt (MEYER 2006). Die MAZDA Motor Corporation verwendet<br />
das Verfahren außerdem für Punktschweißverbindungen (MACHINE DESIGN<br />
2005). Weitere Anwendung findet das Rührreibschweißen auch in der Medizintechnik<br />
und der Lebensmittelindustrie (SCHILLING ET AL. 2005, MEYER &<br />
SCHILLING 2004).<br />
Die steigende Popularität dieses Prozesses und der vermehrte Einsatz in der Produktion<br />
können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor dem jeweiligen<br />
Einsatz des Verfahrens stetig neue Herausforderungen zu bewältigen sind. Vor<br />
allem im Vergleich mit industriell bewährten Fertigungsverfahren, wie z. B. der<br />
Zerspanung, zeigt sich die relative Neuheit des Verfahrens. Dies äußert sich vor<br />
allem in einer unzureichenden Charakterisierung verschiedener Verfahrensmerkmale<br />
und der Existenz von nur wenigen belastbaren Modellvorstellungen.<br />
Im Hinblick darauf werden zunächst der aktuelle Stand von Wissenschaft und<br />
Technik beleuchtet (siehe Kapitel 2) und der Forschungsbedarf abgeleitet. Daraus<br />
leiten sich die Zielsetzung und die Vorgehensweise der Arbeit ab.<br />
5
1 Einleitung<br />
6
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
2.1 Allgemeines<br />
7<br />
2.1 Allgemeines<br />
Die Forschungsarbeiten, die seit der Erfindung des Rührreibschweißens durchgeführt<br />
werden, können grob in fünf Bereiche unterteilt werden:<br />
Die Übertragung des Verfahrens auf verschiedene Werkstoffe,<br />
die Werkzeugentwicklung,<br />
die Weiterentwicklung und Abwandlung des Verfahrens,<br />
die für die Prozessführung notwendige Anlagentechnik<br />
sowie die Simulation und Modellierung des Prozesses und seiner Rückwirkungen<br />
auf die Maschine.<br />
Im Folgenden werden die wichtigsten Meilensteine und aktuellen Arbeiten dieser<br />
Bereiche näher betrachtet. Den Abschluss bildet ein kurzer Einblick in die Modellierung<br />
des Zerspanungsprozesses. Dieser Fertigungsprozess weist im Vergleich<br />
zum Rührreibschweißen eine höhere technologische Reife auf und bietet<br />
demnach eine Vielzahl wissenschaftlicher Erkenntnisse. Anhand dieser Ausführungen<br />
kann der Stand der Technik im Bereich des Rührreibschweißens im Vergleich<br />
zu anderen Fertigungsverfahren eingeordnet und bewertet werden. Vor<br />
allem im Bereich der Prozesskräfte können so im späteren Verlauf dieser Arbeit<br />
Erfahrungen aus dem Bereich der Zerspanung auf den Prozess des Rührreibschweißens<br />
übertragen werden.<br />
2.2 Werkstoffe und Werkzeugentwicklung<br />
Ein großes Forschungsgebiet, in dem seit den Anfängen des Rührreibschweißens<br />
erhebliche Anstrengungen unternommen wurden, ist die Übertragung des Verfahrens<br />
auf das Fügen anderer Werkstoffe. Auch wenn das Rührreibschweißen<br />
immer noch hauptsächlich für Aluminium eingesetzt wird, existieren eine Reihe<br />
von teilweise sehr speziellen Anwendungen, bei denen auch andere Materialien<br />
wie Kupfer, Stahl (THOMAS 1999), Titan (RUSSELL & BLIGNAULT 2006) oder<br />
Verbundwerkstoffe (CAVALIERE ET AL. 2004, RUHSTORFER & ZAEH 2008) verschweißt<br />
werden. Beispielhaft sei hier eine Anwendung erwähnt, die bei der Endlagerung<br />
von Atommüll in Schweden zum Einsatz kommen soll. Dabei werden<br />
mittels Rührreibschweißen Deckel auf Kupferbehälter geschweißt, die radioakti-
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
ves Material enthalten. Die Einschweißtiefe beträgt bei dieser Anwendung 50<br />
mm (CEDERQVIST & ANDREWS 2003). Eine weitere, jedoch ungewöhnliche Anwendung<br />
ist die Erzeugung von Metal Matrix Composites (MMCs). Hierbei werden<br />
durch das Rührreibschweißen Partikel eines härteren Metalls oder einer Keramik<br />
in die Metallmatrix eingerührt, mit dem Ziel, diese lokal zu verstärken<br />
(HSU ET AL. 2005, CHANG ET AL. 2006).<br />
Die Anwendung auf andere Werkstoffe ist jedoch oft mit großen Herausforderungen<br />
verknüpft. Häufig sind z. B. die beim Schweißen von Aluminium eingesetzten<br />
Werkzeuge aus Stahl nicht mehr ausreichend und müssen durch speziell<br />
beschichtete Werkzeuge (WEINBERGER ET AL. 2008) oder Werkzeuge aus anderen<br />
Werkstoffen, wie z. B. kubischem Bornitrid oder Wolfram-Rhenium-<br />
Legierungen, ersetzt werden (STEEL ET AL. 2008). Die Form des Werkzeugpins,<br />
die den Werkstofffluss in der Fügezone maßgeblich beeinflusst, ist ebenfalls Gegenstand<br />
stetiger Optimierungsarbeiten. Vor allem bei Anwendungen mit sehr<br />
hohen Einschweißtiefen kommen hier die unterschiedlichsten Pinformen und<br />
Konturierungen zum Einsatz (siehe Abbildung 2-1). Einen umfassenden Überblick<br />
liefern hierzu DUBOURG & DACHEUX (2006).<br />
TM TM TM<br />
Triflute Trivex MX-Trivex<br />
Abbildung 2-1: Verschiedene Formen des Werkzeugpins für das Rührreibschweißen<br />
(DUBOURG & DACHEUX 2006)<br />
Zur Verringerung von Prozessrückwirkungen in Werkzeug-Achsrichtung wurde<br />
das sog. „Bobbin Tool“ entwickelt. Es beinhaltet eine zweite Werkzeugschulter,<br />
die an der Rückseite der Schweißnaht der bei herkömmlichem Werkzeug auftretenden<br />
Prozesskraft in Werkzeug-Achsrichtung entgegenwirkt. Der Vorteil dieser<br />
Technologie liegt demnach in der geringeren Belastung der Anlage. Außerdem<br />
8
2.3 Verfahrensvarianten und -weiterentwicklungen des Rührreibschweißens<br />
kann auf diese Weise eine vollkommene Durchschweißung sichergestellt werden.<br />
Beim Rührreibschweißen mit herkömmlichen Werkzeugen können zu kurz eingestellte<br />
oder gefertigte Werkzeugpins zu fehlerhaften Verbindungen führen.<br />
Nachteile ergeben sich aufgrund häufiger Pinbrüche und Einschränkungen in der<br />
Geometrie der zu fügenden Bauteile (MARIE ET AL. 2004). Zur Vermeidung des<br />
für das Rührreibschweißen charakteristischen Endkraters wurde außerdem eine<br />
Technologie entwickelt, die es ermöglicht, den Pin am Ende der Schweißnaht in<br />
das Werkzeug zurückzuziehen. Dieses so genannte „Retractable Pin Tool“ (RPT)<br />
wurde von der NASA patentiert (SCHUTZRECHT US6758382) und in Zusammenarbeit<br />
mit der MTS Systems Corporation vertrieben (DING 2000).<br />
2.3 Verfahrensvarianten und -weiterentwicklungen des<br />
Rührreibschweißens<br />
Die vorteilhaften Eigenschaften des Rührreibschweißens führen dazu, dass Unternehmen<br />
und Forschungseinrichtungen das grundlegende Prinzip als Basis für<br />
eigene Verfahrensentwicklungen verwenden, den Prozess mit anderen Schweißverfahren<br />
kombinieren oder auch auf andere Anwendungsgebiete als das Fügen<br />
übertragen.<br />
MAHONEY ET AL. (2001) beschreiben z. B. erstmalig, dass das Rührreibschweißen<br />
auch zur gezielten lokalen Beeinflussung von Werkstoffeigenschaften verwendet<br />
werden kann. Dabei wird eine Blindnaht erzeugt und so der Werkstoff<br />
eines Bauteils lokal verändert. Sie sprechen in diesem Zusammenhang vom sog.<br />
Friction Stir Processing (FSP). Das homogene Gefüge der Schweißnaht kann<br />
z. B. zur Eigenschaftsverbesserung von Aluminiumgusslegierungen verwendet<br />
werden. Das dendritische Gussgefüge einer solchen Legierung wird durch den<br />
FSP-Prozess verfeinert, was zu höheren Bruchdehnungen des Werkstoffes und<br />
damit zu einer höheren Lebensdauer des Bauteils bei zyklischer Belastung führen<br />
kann (SANTELLA ET AL. 2005). Anwendungen dieses Verfahrens finden sich z. B.<br />
im Motorenbau. Dort erreichen viele Werkstoffe durch die steigenden mechanischen<br />
und thermischen Belastungen ihre Grenzen. Untersuchungen des japanischen<br />
Automobilherstellers MAZDA Motor Corporation zeigen, dass durch den<br />
Einsatz von FSP die Stegrissproblematik, ein Versagen des Zylinderkopfes zwischen<br />
Ein- und Auslassventilen, vermindert werden kann (SCHUTZRECHT<br />
EP1160029).<br />
9
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
Als Weiterentwicklungen des Fügeverfahrens seien hier beispielhaft das Friction<br />
Stir Spot Welding (ADDISON & ROBBEN 2003) oder das Reibpunktschweißen<br />
(Friction Spot Welding) erwähnt, das von der Firma Riftec GmbH erfunden wurde<br />
(ANONYM 2005, MEYER 2006). Beide Verfahren werden zum punktuellen Fügen<br />
von Bauteilen verwendet. Durch das Friction Stir Spot Welding werden Bauteile<br />
durch einfaches Eintauchen, kurzes Verrühren und anschließendes Abheben<br />
verschweißt. Beim Reibpunktschweißen wird der entstehende Endkrater am Ende<br />
des Schweißvorganges durch eine spezielle Konstruktion des Schweißkopfes und<br />
des Werkzeugs wieder aufgefüllt.<br />
Das laserunterstützte Rührreibschweißen stellt ein Hybridverfahren dar<br />
(SCHUTZRECHT WO02074470). Es wärmt durch eine zusätzliche Wärmequelle<br />
den zu verrührenden Werkstoff vor, um z. B. beim Rührreibschweißen von Stahl<br />
die extrem hohen Prozesskräfte zu reduzieren (FUJII ET AL. 2008). GIERA ET AL.<br />
(2007) stellten mit diesem Prinzip eine Aluminium-Stahl-Mischverbindung im<br />
Stumpfstoß her, bei der das Stahlblech durch einen großflächigen Laserspot eines<br />
Diodenlasers vorgewärmt wurde. Vom Vorwärmen der Fügepartner durch eine<br />
der Schweißstelle vorauseilende Induktionsspule wurde ebenfalls berichtet<br />
(SCHUTZRECHT WO9939861).<br />
2.4 Anlagentechnik für das Rührreibschweißen<br />
Aufgrund der besonderen Anforderungen des Prozesses und der Dimensionen der<br />
zu fügenden Bauteile werden häufig Sondermaschinen entwickelt oder bestehende<br />
Maschinen aufwändig umgebaut. Diese werden dann nur für ein begrenztes<br />
Spektrum an Schweißverbindungen verwendet und können oft nicht, oder nur mit<br />
großen Anstrengungen, für verschiedene Bauteile eingesetzt werden. Abbildung<br />
2-2 zeigt exemplarisch drei Anlagen zur Produktion von Teilen für die Raumfahrt<br />
(links, mittig) und den Schiffbau (rechts).<br />
10
2.4 Anlagentechnik für das Rührreibschweißen<br />
Abbildung 2-2: Sondermaschinen für das Rührreibschweißen großer Bauteile<br />
(NCAM 2008, THOMPSON 2003, MIDLING ET AL. 1999)<br />
Für die Untersuchung von Prozessgrundlagen, für die Demonstration fertigungstechnischer<br />
Machbarkeit oder zur Produktion geometrisch sehr einfacher Bauteile<br />
existieren ebenfalls Spezialmaschinen, die oft nur über eine translatorische<br />
Achse verfügen. Für solche Fälle entwickelten z. B. die Firma ESAB AB oder<br />
die MTS Systems Corporation eine Reihe kleinerer Spezialmaschinen (LATHI &<br />
LARSSON 2003, MTS SYSTEMS CORPORATION 2003, MTS SYSTEMS CORPO-<br />
RATION 2004). Charakteristisch für die meisten Spezialmaschinen sind Schweißköpfe,<br />
die den kraftgeregelten Schweißbetrieb ermöglichen. Dieser stellt eine<br />
nahezu konstante Werkzeuganpresskraft über die gesamte Schweißnaht sicher.<br />
Damit können vergleichbare Schweißbedingungen auch bei leicht wechselnden<br />
Materialdicken erreicht werden. Abbildung 2-3 zeigt eine Auswahl solcher Anlagen.<br />
Quelle: MPA Stuttgart<br />
ESAB LEGIO MTS ISTIR BR4<br />
MTS ISTIR PDS<br />
Abbildung 2-3: Anlagen zur Ermittlung von Prozessgrundlagen und zur Demonstration<br />
fertigungstechnischer Machbarkeit (MTS<br />
SYSTEMS CORPORATION 2003, MTS SYSTEMS CORPORATION<br />
2004)<br />
11
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
Speziell für den Einsatz im Automobilbau, aber auch für andere Anwendungen<br />
mit kleineren Bauteilen zeigt sich oft, dass sich derartige Maschinen für die Bewerkstelligung<br />
komplexerer Fügeaufgaben nicht eignen. Sie können nicht flexibel<br />
genug an räumlich gekrümmte Schweißbahnen angepasst werden. Spezialmaschinen,<br />
welche die nötige Flexibilität bereitstellen, existieren zwar, sind aber mit<br />
hohen Investitionen verbunden, was ihren wirtschaftlichen Einsatz in der industriellen<br />
Fertigung erschwert. Umbauten, die auf Werkzeugmaschinen basieren<br />
und mit speziellen Schweißköpfen für das Rührreibschweißen ausgerüstet sind,<br />
genügen diesen Anforderungen oft, sind meistens aufgrund der Anbauten aber<br />
nicht mehr für ihre ursprüngliche Aufgabe einsetzbar.<br />
Schon seit der Erfindung des Verfahrens werden deshalb immer wieder Fräsmaschinen<br />
ohne spezielle Schweißköpfe für das Rührreibschweißen eingesetzt. Sie<br />
bieten oft mehrere gesteuerte Achsen sowie drehmomentstarke Bearbeitungsspindeln<br />
und damit die nötigen Voraussetzungen zum Rührreibschweißen. Nachteilig<br />
wirkt sich meist der positionsgeregelte Betriebsmodus aus, der für diese<br />
Maschinen typisch ist. Dies bedeutet, dass sich bei Vorgabe einer bestimmten<br />
Werkzeugposition eine von vielen Faktoren abhängige Werkzeuganpresskraft<br />
einstellt. Geringfügige Abweichungen, z. B. in der Bauteilgeometrie, haben bei<br />
fest eingestellter Werkzeugposition schwankende Eintauchtiefen der Werkzeugschulter<br />
und dementsprechend eine variierende Anpresskraft des Werkzeugs zur<br />
Folge. Außerdem erschwert die unterschiedliche Steifigkeit verschiedener Werkzeugmaschinen<br />
die Übertragbarkeit von Schweißparametern auf unterschiedliche<br />
Anlagen (siehe auch Abschnitt 5.1) (ZÄH & GEBHARD 2009).<br />
In den ersten Jahren nach der Erfindung des Rührreibschweißens wurde trotz des<br />
positionsgeregelten Betriebs oft auf ältere Ständerfräsmaschinen zurückgegriffen<br />
(ANDERSSON & ANDREWS 1999, siehe Abbildung 2-4). Diese Maschinen waren<br />
im Gegensatz zu Werkzeugmaschinen und Bearbeitungszentren heutiger Bauart<br />
noch nicht hinsichtlich Leichtbau und hoher Dynamik optimiert und deshalb sehr<br />
steif und robust. Obwohl für einfache Fräsaufgaben oft überdimensioniert, eignen<br />
sich solche Anlagen sehr gut für das Rührreibschweißen, vor allem für hohe Einschweißtiefen,<br />
da mit ihnen Anpresskräfte bis 100 kN realisiert werden können<br />
(SORENSEN ET AL. 2003). Im Laborbetrieb oder für einfache Anwendungen werden<br />
solche Anlagen immer noch eingesetzt. Für komplexere Aufgaben haben<br />
sich zunehmend moderne Bearbeitungszentren (RECORD ET AL. 2004, JENE ET<br />
AL. 2008, EIREINER 2006) durchgesetzt, die die Anforderungen hinsichtlich komplexer<br />
Schweißnahtverläufe und Flexibilität erfüllen (Abbildung 2-4).<br />
12
2.4 Anlagentechnik für das Rührreibschweißen<br />
Diese Anlagen bieten im Gegensatz zu vielen handelsüblichen Spezialmaschinen<br />
auch die Voraussetzungen zur Herstellung von dreidimensionalen Nähten sowie<br />
die Möglichkeit zum kombinierten Schweißen und Zerspanen. Häufig begrenzt<br />
nur die relativ geringe Steifigkeit der auf hohe Dynamik ausgelegten Maschinen<br />
den Einsatz solcher Systeme. Speziell bei großen Bearbeitungskräften treten an<br />
solchen Maschinen spürbare Verformungen auf, die durch den für Bearbeitungszentren<br />
charakteristischen positionsgeregelten Schweißbetrieb nicht ausgeglichen<br />
werden können. Für kleine Einschweißtiefen kommt dieser Nachteil aber nicht so<br />
stark zum Tragen oder kann durch moderne Steuerungs- und Regelungssysteme<br />
weitgehend kompensiert werden (ZAEH ET AL. 2004, GEBHARD & ZAEH 2008)<br />
(siehe auch Abschnitt 7.3).<br />
Abbildung 2-4: Links: Zum Rührreibschweißen umgebaute Fräsmaschine<br />
(ANDERSSON & ANDREWS 1999), rechts: modernes Bearbeitungszentrum,<br />
das zum Rührreibschweißen eingesetzt wird<br />
(GEBHARD & ZAEH 2008)<br />
Für Einschweißtiefen im einstelligen mm-Bereich eignen sich auch Robotersysteme,<br />
die hinsichtlich der Flexibilität Bearbeitungszentren i. A. überlegen sind.<br />
Hier sind sowohl parallelkinematische (VON STROMBECK ET AL. 2000) als auch<br />
seriellkinematische Systeme zu nennen (SMITH ET AL. 2003, SORON 2008) (siehe<br />
Abbildung 2-5). Parallelkinematische Systeme zeichnen sich durch höhere Maximalkräfte<br />
aus, der größere Arbeitsbereich kann aber mit seriellkinematischen<br />
Robotern abgedeckt werden. Die positionsabhängige Steifigkeit dieser Systeme<br />
stellt eine große Herausforderung in der Anwendung solcher Systeme dar. Eine<br />
Lösung ist der ausschließlich kraftgeregelte Schweißbetrieb, der die Verformung<br />
13
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
des Roboters unter Last kompensiert (VÖLLNER ET AL. 2006). Die konkurrenzfähige<br />
Qualität der Schweißergebnisse solcher Systeme konnte über einen Vergleich<br />
mit Schweißergebnissen von Sonderanlagen und Bearbeitungszentren<br />
nachgewiesen werden (VÖLLNER ET AL. 2008).<br />
Abbildung 2-5: Parallelkinematisches (links) und seriellkinematische (Mitte,<br />
rechts) Robotersysteme zum Rührreibschweißen (VON STROM-<br />
BECK ET AL. 2000, SMITH ET AL. 2003, VÖLLNER ET AL. 2006)<br />
2.5 Modellierung des Rührreibschweißens<br />
2.5.1 Allgemeines<br />
Obwohl das Rührreibschweißen ein vergleichsweise junges Schweißverfahren<br />
ist, wurden bereits viele Forschungsvorhaben durchgeführt, die sich mit der Modellierung<br />
und Simulation verschiedener Aspekte des Verfahrens beschäftigten.<br />
Der Grund hierfür ist möglicherweise, dass aufgrund der hohen Ansprüche an die<br />
Anlagen- und Spanntechnik der Versuchsaufwand im Gegensatz zu kontaktlosen<br />
Schweißverfahren relativ hoch ist. Auch die Werkzeugentwicklung beansprucht<br />
aufgrund des komplexen Materialflusses in der Fügezone und der oft sehr ausgefeilten<br />
Pingeometrien viel Zeit und Materialeinsatz. Über die Simulation wurde<br />
deshalb früh im Entwicklungsstadium des Schweißverfahrens versucht, Modellvorstellungen<br />
zu entwickeln, die den produktiven Einsatz des Verfahrens beschleunigen.<br />
Basis der meisten Simulationsmodelle ist die Modellierung der<br />
Wärmequelle und des Temperaturfeldes des Prozesses. Daraus werden vor allem<br />
die resultierende Mikrostruktur, Eigenspannungen, Verzüge und der Werkstoff-<br />
14
2.5 Modellierung des Rührreibschweißens<br />
fluss in der Fügezone abgeleitet. Ferner wurden auch Modelle für die Prozesskräfte<br />
und das Antriebsdrehmoment entwickelt.<br />
2.5.2 Modellierung der Wärmequelle<br />
Die Modellierung der Wärmequelle des Prozesses stellt die Ausgangsposition der<br />
meisten Simulationsmodelle des Rührreibschweißens dar. Bezüglich der Modellvorstellungen<br />
existieren verschiedene Entwicklungsstufen.<br />
Die größte Anzahl der Modelle beruht dabei auf den Reibungseffekten, die zwischen<br />
Werkzeug und Bauteil auftreten. Einfache Modelle betrachten nur die Coulomb-Reibung<br />
zwischen der Werkzeugschulter und der Oberfläche der zu fügenden<br />
Werkstücke (CHAO & QI 1998, FRIGAARD ET AL. 1999). In Kombination mit<br />
der Prozesskraft in Richtung des Werkzeugs wird so der entstehende Wärmestrom<br />
in die Werkstücke berechnet. Die Ermittlung des Reibwerts geschieht<br />
meist iterativ über Temperaturmessungen während des Schweißens und sukzessiver<br />
Anpassung in den Simulationsmodellen.<br />
Bei fortgeschrittenen Modellen wird die Reibung an der Pinoberfläche mit berücksichtigt,<br />
da mehrere Forschungsarbeiten ergeben haben, dass bis zu 20 % des<br />
Wärmeeintrags dort generiert werden (COLEGROVE 2000, SHI ET AL. 2003,<br />
GALLAIS ET AL. 2004, ST.GEORGES ET AL. 2006). Viele Modelle nehmen in diesem<br />
Zusammenhang einen konstanten Reibungswert an. SCHMIDT ET AL. (2004)<br />
verfeinern diese Vorstellung und betrachten unterschiedliche Zustände an der<br />
Kontaktzone zwischen Werkzeug und Fügepartnern. Sie führen die sog.<br />
„Sticking- und Sliding-Condition“ ein und ordnen diesen entsprechende Wärmeentstehungsmechanismen<br />
zu. Bei der „Sliding-Condition“ gleitet die Werkzeugschulter<br />
auf dem zu verschweißenden Material und erzeugt Reibungswärme in<br />
Abhängigkeit der Anpresskraft und des Reibwertes. Bei der „Sticking-Condition“<br />
haftet die werkzeugnahe Schicht der zu fügenden Bauteile an der Werkzeugschulter<br />
und die Reibungswärme wird über die im Bauteil entstehende Schubspannung<br />
berechnet. Über einen Faktor können diese Zustände verschieden gewichtet<br />
werden, um den gesamten Energieeintrag in die Bauteile zu erhalten.<br />
Nach den Gesetzen der Kontinuumsmechanik kann auch die plastische Verformung<br />
über die plastische Dissipation als Wärmequelle wirken (PARISCH 2003).<br />
Diese Gesetzmäßigkeiten integrierten z. B. DONG ET AL. (1999) und BENDZSAK<br />
ET AL. (2000) in ihre Modelle.<br />
15
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
SCHMIDT & HATTEL (2008) stellten jüngst einen weiteren Ansatz zur Modellierung<br />
der Wärmequelle vor. Ihrem sog. „thermo-pseudo-mechanischen“ Modell<br />
legen sie die temperaturabhängige Fließspannung zugrunde. Der Vorteil hierbei<br />
ist laut den Autoren, dass in der Literatur umfangreichere Daten zu Fließspannungen<br />
als zu Reibwerten vorhanden sind. Außerdem können mit diesem Ansatz<br />
schnell unterschiedliche Schweißbedingungen simuliert werden, da im Gegensatz<br />
zu den bewährten Ansätzen zur Wärmequellenmodellierungen viele Parameter<br />
nicht als Randbedingungen vorliegen müssen, sondern Teil der Lösung der Simulationsmodelle<br />
sind.<br />
Neben diesen simulationsgestützten Ansätzen existieren auch Modelle, die auf<br />
systematischen experimentellen Messungen basieren. NISHIHARA & NAGASAKA<br />
(2003) beschreiben z. B. den Einfluss verschiedener Schweißparameter auf die<br />
Temperatur an verschiedenen Stellen der Werkzeugschulter, leiten jedoch keine<br />
Gesetzmäßigkeiten aus ihren Versuchen ab. Einen Schritt weiter geht das Modell<br />
von GEBHARD & ZAEH (2006). Sie entwickelten ein Modell der Temperatur an<br />
der Werkzeugoberfläche mit Methoden der statistischen Versuchsplanung und<br />
-auswertung, das die Einflüsse mehrerer Schweißparameter über einen großen<br />
Parameterbereich beschreibt.<br />
2.5.3 Simulation von Temperatur, Eigenspannungen und Verzug<br />
Mit den in Abschnitt 2.5.2 erwähnten Methoden zur Modellierung der Wärmequelle<br />
können Simulationen mit diversen Zielsetzungen durchgeführt werden.<br />
Erstes Ergebnis vieler Simulationsmodelle ist die Temperaturverteilung um das<br />
Schweißwerkzeug und im Bauteil. GOULD & FENG (1998) beschreiben z. B. die<br />
Temperaturverteilung in der Naht und vergleichen deren Ausbildung beim<br />
Schweißen mit Parametern mit hohem und niedrigem Energieeintrag. SCHMIDT<br />
& HATTEL (2008) stellen mit ihrem in Abschnitt 2.5.2 erwähnten Ansatz zur Modellierung<br />
der Wärmequelle ein Modell auf, das es ermöglicht, schnell Temperaturverteilungen<br />
zu simulieren, um so z. B. Maximaltemperaturen unter der Werkzeugschulter<br />
über einen großen Parameterbereich zu berechnen. ST.GEORGES ET<br />
AL. (2006) verwenden die Simulation des Temperaturfeldes, um die optimale<br />
Kombination von Drehzahl und Vorschubgeschwindigkeit für einen bestimmten<br />
Anwendungsfall zu ermitteln.<br />
Aus dem berechneten Temperaturfeld können über die gekoppelte thermomechanische<br />
Simulation weitere Ergebnisse abgeleitet werden. Häufig werden<br />
z. B. die durch den Schweißprozess resultierenden Spannungen und Verzüge be-<br />
16
2.5 Modellierung des Rührreibschweißens<br />
rechnet (CHAO & QI 1998, CHEN & KOVACEVIC 2003, ZAEH ET AL. 2009). In<br />
fortgeschrittenen Modellen wird neben dem Einfluss der Temperatur auch der<br />
Einfluss der Anpresskraft auf die entstehenden Eigenspannungen betrachtet (SHI<br />
ET AL. 2003). Die <strong>Mehr</strong>zahl der Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet haben<br />
eher grundlegenden Charakter und betrachten nur das unmittelbare Umfeld der<br />
Fügezone.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt dieser Art von Simulationsmodellen ist die Betrachtung<br />
der Mikrostrukturentwicklung in der Schweißnaht. Damit kann z. B. die<br />
Härteverteilung berechnet werden. Zum Einsatz kommt dies bei FRIGAARD ET<br />
AL. (1999). Sie berechnen den Härteabfall in der Schweißnaht beim Schweißen<br />
einer aushärtbaren Aluminiumlegierung. GALLAIS ET AL. (2004) gehen noch einen<br />
Schritt weiter und integrieren das Zugverhalten bis zum Bauteilversagen in<br />
ihr Simulationsmodell. Dies ist auch das Ziel von WILLIAMS ET AL. (2006). Sie<br />
entwickeln ein integriertes Modell, das neben dem Zugverhalten auch die Rissentstehung<br />
sowie -ausbreitung und Korrosionseffekte abbilden soll. Das aus<br />
mehreren Modulen zusammengesetzte Gesamtmodell soll auf einer einheitlichen<br />
Plattform (COMSOL Multiphysics) aufgebaut werden und ein umfassendes<br />
Werkzeug zur Berechnung und Bewertung von Rührreibschweiß-Verbindungen<br />
darstellen.<br />
2.5.4 Simulation des Werkstoffflusses<br />
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt im Bereich des Rührreibschweißens ist die<br />
Simulation des Werkstoffflusses in der Fügezone. Dessen Entstehung ist von einem<br />
komplexen Zusammenspiel mehrerer Faktoren abhängig und maßgeblich für<br />
das fehlerfreie Verbinden zweier Bauteile verantwortlich. Erste Arbeiten in diesem<br />
Bereich beschäftigten sich vor allem mit der prinzipiellen Möglichkeit der<br />
Simulation des Werkstoffflusses und hatten grundlegenden Charakter (COLE-<br />
GROVE 2000, DONG ET AL. 1999). Neuere Arbeiten verwenden die gesammelten<br />
Erfahrungen, um konkrete Anwendungsfälle zu simulieren. Viele Arbeiten werden<br />
beispielsweise zur Bewertung von Schweißparametern und zur Erklärung<br />
von Nahtfehlern durchgeführt (BENDZSAK ET AL. 2000, KUMAR ET AL. 2008). Die<br />
Modellierung des Werkstoffflusses trägt ebenso einen großen Teil zur Weiterentwicklung<br />
von Werkzeuggeometrien bei (siehe Abbildung 2-6). COLEGROVE<br />
ET AL. (2003) untersuchten in diesem Zusammenhang verschiedenste Pinformen<br />
mit dem Ziel, die Vorschubkraft während des Schweißprozesses zu reduzieren.<br />
Ergebnis ist das sog. Trivex TM -Werkzeug, das im Vergleich zum bewährten<br />
17
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
Triflute TM -Werkzeug eine bis zu einem Viertel niedrigere Kraft in Vorschubrichtung<br />
benötigt.<br />
Der experimentelle Aufwand zur Überprüfung dieser Simulationsmodelle ist im<br />
Gegensatz zu Modellen der Temperatur- oder der Härteverteilung sehr hoch. Üblicherweise<br />
wird hier auf sog. Markierungsmaterial zurückgegriffen, das z. B. als<br />
dünnes Band in den Fügestoß gelegt wird oder in Pulverform dem Schweißprozess<br />
zugeführt wird. Bei diesem Material handelt es sich z. B. um Kupfer oder<br />
Titan. Durch den Schweißvorgang wird es in der Fügezone verteilt. Über Röntgenprüfung<br />
oder CT-Aufnahmen kann es detektiert und der wirkliche Werkstofffluss<br />
mit den Simulationsergebnissen verglichen werden (siehe Abbildung 2-6).<br />
v<br />
Abbildung 2-6: Simulation des Werkstoffflusses in der Fügezone beim Rührreibschweißen<br />
und experimentelle Untersuchungen mittels<br />
Markierungsmaterial (COLEGROVE ET AL. 2003, DICKERSON ET<br />
AL. 2003)<br />
Die große Anzahl von Arbeiten auf diesem Gebiet verdeutlicht jedoch auch, dass<br />
der sich beim Rührreibschweißen einstellende Werkstofffluss noch nicht als abschließend<br />
geklärt gelten kann. Die Gründe hierfür liegen möglicherweise nicht<br />
in der hohen benötigten Rechenleistung vieler Simulationen, sondern z. B. im<br />
mangelnden Verständnis der komplexen Kontaktbedingungen zwischen Werkzeug<br />
und zu verschweißendem Werkstoff. Ungeachtet dessen können einige<br />
grundsätzliche Phänomene des Werkstoffflusses ausreichend gut beschrieben<br />
werden, um daraus z. B. Theorien zur Beschreibung von Prozesskräften abzuleiten.<br />
Nähere Ausführungen zu diesem Thema sind im weiteren Verlauf der Arbeit<br />
aus Abschnitt 6.2 zu entnehmen.<br />
18
2.5 Modellierung des Rührreibschweißens<br />
2.5.5 Modellierung von Prozesskräften und Antriebsdrehmoment<br />
Gerade im Hinblick auf die großen Anforderungen, die das Rührreibschweißen<br />
an die Anlagentechnik stellt (siehe Abschnitt 2.4), sind fundierte Kenntnisse über<br />
die Prozesskräfte für den erfolgreichen Einsatz des Verfahrens enorm wichtig.<br />
Deshalb wurden seit der Erfindung des Verfahrens zahlreiche Forschungsprojekte<br />
durchgeführt, die sich mit der Messung von Prozesskräften und Antriebsdrehmoment<br />
beschäftigten. Gerade bei der Entwicklung neuer Maschinen oder Maschinenkomponenten<br />
wurden umfangreiche Kraftmessungen durchgeführt. DING<br />
(2000) nutzte z. B. die neue Funktionalität der RPT-Technologie (Werkzeug mit<br />
rückziehbarem Pin), um die Kräfte an Pin und Werkzeugschulter getrennt voneinander<br />
aufzuzeichnen. HIRANO ET AL. (2001) untersuchten die Prozesskraft in<br />
Werkzeug-Achsrichtung in Abhängigkeit von der Eindringtiefe im Rahmen der<br />
Entwicklung einer Rührreibschweißmaschine. Diese Versuche waren jedoch oft<br />
nicht standardisiert. Je nach Zielstellung des Durchführenden wurden andere<br />
Faktoren in den Vordergrund der Untersuchungen gerückt und verschiedene<br />
Werkzeuge und Materialien verwendet. Deshalb existiert in der Literatur eine<br />
große, aber ungeordnete Datenbasis, die den Schweißparametern, den Werkzeuggeometrien<br />
und den Werkstoffen entsprechende Prozesskräfte zuordnet. Erfahrene<br />
Anwender können durch diese <strong>Info</strong>rmationen Belastungen für die Anlagentechnik<br />
bei geplanten Anwendungen abschätzen. Eine Erkenntnis dieser Arbeiten<br />
ist jedoch auch, dass die Prozesskräfte einem komplexen Zusammenspiel der<br />
Parameter unterliegen.<br />
Um das Verfahren einer breiteren Anwenderschaft zugänglich zu machen und die<br />
Übertragung des Verfahrens auf neue Anwendungsgebiete zu erleichtern, wurden<br />
deshalb zahlreiche Versuche unternommen, Modelle für die Abhängigkeit der<br />
Prozesskräfte von unterschiedlichen Einflussfaktoren zu entwickeln. Es existieren<br />
hierbei zwei Arten von Modellen. Zum einen wurden komplexe FE-Modelle<br />
aufgebaut, mit denen die Berechnung von Prozesskräften möglich ist. Zum anderen<br />
wurde versucht, mittels Messungen Zusammenhänge zwischen Schweißparametern<br />
und Prozesskräften abzuleiten.<br />
Im Bereich der FEM-Simulation wird auf mehrere Ansätze und Programme zurückgegriffen.<br />
BENDZSAK ET AL. (2000) stellen z. B. ein Modell vor, das auf der<br />
Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen beruht und hauptsächlich zur Berechnung<br />
der Temperaturfelder und des Werkstoffflusses in der Fügezone entwickelt<br />
wurde. Neben diesen Größen ist aber auch die Berechnung der Kraftverteilung an<br />
der Werkzeugoberfläche und damit auch der Prozesskraft möglich. Leider be-<br />
19
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
schränken sich BENDZSAK ET AL. (2000) bei der Überprüfung der Simulationsergebnisse<br />
auf den Werkstofffluss und machen keine Angaben über die Leistungsfähigkeit<br />
ihres Modells zur Berechnung von Prozesskräften. CHEN & KOVACEVIC<br />
(2003) entwickelten ein Modell, das auf der klassischen mechanischen Beschreibung<br />
nach Lagrange beruht. Dieses Modell kann aus den entstehenden Spannungen<br />
die Prozesskräfte in Werkzeug-Achsrichtung und senkrecht dazu berechnen.<br />
Durchgeführt wurde dies für verschiedene Drehzahlen und Vorschubgeschwindigkeiten<br />
beim Schweißen einer ausgewählten Aluminiumlegierung. Zur Überprüfung<br />
des Modells wurde an einer Stelle des Versuchsaufbaus eine Kraftmesszelle<br />
integriert und es wurden deren Messwerte mit den Simulationsergebnissen<br />
verglichen. Die Maximalwerte der berechneten und gemessenen Kraftverläufe<br />
stimmen gut überein. Über den kompletten Verlauf treten jedoch teilweise große<br />
Abweichungen auf. COLEGROVE ET AL. (2003) verfolgten einen anderen Ansatz<br />
und entwickelten eine Strömungssimulation. Sie berechneten die Kräfte beim<br />
Rührreibschweißen über die Aufsummierung von Drücken und „viskosen Kräften“.<br />
Dadurch konnten sie einen großen Parameterbereich abbilden sowie die<br />
Abhängigkeiten der Prozesskräfte und des Antriebsmoments von einigen<br />
Schweißparametern qualitativ zufrieden stellend abbilden. Wie bei den meisten<br />
Simulationen in diesem Bereich stimmen die errechneten Kräfte quantitativ jedoch<br />
nicht mit den gemessenen Werten überein. ASSIDI ET AL. (2008) verwendeten<br />
für ihr Simulationsmodell den sog. „Arbitrary-Lagrangian-Eulerian“-Ansatz<br />
(ALE). Dieser verbindet die Beschreibung nach Lagrange aus der Festkörpermechanik<br />
mit der Beschreibung nach Euler aus der Strömungsmechanik. Dies ermöglichte<br />
ihnen neben der Simulation stationärer Zustände auch die Modellierung<br />
von transienten Vorgängen während des Schweißens. So konnten Phänomene<br />
wie das Auftreten von Fehlern und Gratbildung beschrieben werden. Die<br />
Berechnung der Prozesskräfte spielte hauptsächlich bei der Kalibrierung des Modells<br />
eine Rolle. Hierbei wurde der Reibkoeffizient solange verändert, bis die<br />
berechneten Kräfte in Werkzeug- und in Schweißrichtung mit den gemessenen<br />
übereinstimmten.<br />
Neben diesen numerischen Modellen existieren eine Vielzahl von Arbeiten, die<br />
über ausgedehnte Versuchsreihen die Zusammenhänge zwischen den Prozessparametern<br />
und den Prozesskräften herstellen. Erste systematische und umfangreiche<br />
Untersuchungen wurden von JOHNSON (2001) durchgeführt. Er variierte gezielt<br />
eine Vielzahl von Prozess- und Werkzeugparametern und zeichnete sowohl<br />
die Prozesskräfte in Werkzeug- und Vorschubrichtung als auch das Antriebsdrehmoment<br />
der Spindel auf. Aus den Ergebnissen konnte er grobe Regeln zu<br />
20
2.5 Modellierung des Rührreibschweißens<br />
den existierenden Abhängigkeiten aufstellen. Das Drehmoment sinkt demnach<br />
linear für alle untersuchten Legierungen mit steigender Drehzahl, steigt jedoch<br />
bei der Verwendung von Werkzeugen größeren Durchmessers. Die Kraft in Anpressrichtung<br />
vergrößert sich vor allem mit ansteigender Eintauchtiefe ins Werkstück,<br />
die Kraft in Vorschubrichtung wächst bei Erhöhung der Schweißgeschwindigkeiten.<br />
Mathematische Zusammenhänge wurden aus den Ergebnissen<br />
nicht abgeleitet.<br />
Als eine Erweiterung dieser Untersuchungen können die Versuche von RECORD<br />
ET AL. (2004) angesehen werden. Sie wendeten die statistische Versuchsplanung<br />
an und betrachteten den Rührreibschweißprozess als Black-Box-Modell mit den<br />
Schweißparametern als Eingängen und den Kräften als Ausgängen. Über die Varianzanalyse<br />
konnten so die Prozessparameter identifiziert werden, die einen signifikanten<br />
Einfluss auf die resultierenden Prozesskräfte haben. Identifiziert wurden<br />
die Drehzahl, die Vorschubgeschwindigkeit sowie die Eintauchtiefe der<br />
Werkzeugschulter. Für die betrachteten neun Parameter wurde jedoch ein Versuchsplan<br />
mit einem Umfang von nur 16 Versuchen aufgestellt. Damit lassen<br />
sich zwar die für die Prozesskräfte signifikanten Parameter grob ermitteln, Aussagen<br />
über Wechselwirkungen der Parameter untereinander sowie formelmäßige<br />
Zusammenhänge können daraus jedoch nicht abgeleitet werden. EIREINER (2006)<br />
griff die Idee der statistischen Versuchsplanung auf und erweiterte die Versuche<br />
von RECORD ET AL. (2004) entscheidend. Basierend auf Versuchsplänen höherer<br />
Ordnung und auf der Verwendung von nur bereits als signifikant ermittelten<br />
Schweißparametern entwickelte er ein umfassendes Modell für die Zusammenhänge<br />
zwischen Schweißparametern und Prozessrückwirkungen. Dieses Modell<br />
enthält Aussagen über die Wechselwirkung von Schweißparametern und formelmäßige<br />
Zusammenhänge zur Vorhersage der Prozesskräfte und des Antriebsdrehmoments.<br />
Betrachtet wurde ein Spektrum von Knet- und Gusslegierungen<br />
aus Aluminium.<br />
Abbildung 2-7 zeigt das von EIREINER (2006) gewählte Vorgehen. Der erste<br />
Schritt beinhaltet die Festlegung einer Ansatzfunktion, die den Zusammenhang<br />
zwischen dem zu modellierenden Wert (Prozessrückwirkungen) und den Einstellfaktoren<br />
des Prozesses (Schweißparameter) beschreibt. Als Einstellfaktoren<br />
xi wurden die Vorschubgeschwindigkeit, die Spindeldrehzahl, die Eintauchtiefe<br />
der Werkzeugschulter und die Einschweißtiefe gewählt. Als Ansatzfunktion<br />
wurde ein Polynom zweiter Ordnung festgelegt, das auch Terme enthält, die die<br />
Wechselwirkung der Einstellfaktoren abbilden. Nach der Festlegung dieser<br />
Randbedingungen wird der Versuchsplan aufgestellt. Die Anwendung der Regeln<br />
21
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
der statistischen Versuchsplanung ermöglicht es, auch bei vielen Einstellfaktoren<br />
ein akzeptables Verhältnis von Aussagekraft zu Versuchsanzahl zu erreichen<br />
(SCHEFFLER 1997). Nach erfolgter Versuchsdurchführung werden über die Regressionsanalyse<br />
die Regressionskoeffizienten bii der Ansatzfunktion berechnet.<br />
Sie beschreiben die Gewichtung der Terme im Modellpolynom. Um die Komplexität<br />
der Modellpolynome zu reduzieren, können durch eine statistische Auswertung<br />
die Terme bestimmt werden, die keinen signifikanten Einfluss auf den<br />
Modellwert haben. Diese können aus dem Modellpolynom gestrichen werden.<br />
Die resultierenden Ergebnisse können auf verschiedene Art und Weise dargestellt<br />
werden (Abbildung 2-7 zeigt z. B. eine Kennfelddarstellung).<br />
1. Auswahl der Ansatzfunktion<br />
y b<br />
x 2<br />
0<br />
<br />
k<br />
bixi bij<br />
xi<br />
x j <br />
x 3<br />
i1<br />
k 1<br />
k<br />
ii<br />
i1j11i1<br />
2. Erstellung des Versuchsplans<br />
x 1<br />
Versuchspunkt<br />
Versuchsparameter<br />
3. Versuchsdurchführung<br />
4. Regressionsanalyse<br />
y<br />
Messwerte<br />
Regressionspolynom<br />
x<br />
k<br />
2<br />
i<br />
b x<br />
Abbildung 2-7: Vorgehen der statistischen Versuchsplanung zur Erstellung<br />
von Prozesskraftmodellen beim Rührreibschweißen<br />
22<br />
5. Statistische Auswertung<br />
Wert<br />
-400 -100 200 500 800<br />
Regressionskoeffizient<br />
x2 100 200 300 400 500 600<br />
b 1<br />
b 2<br />
b 3<br />
b 4<br />
b 12<br />
b 13<br />
b 14<br />
b 23<br />
b 24<br />
b 34<br />
b 11<br />
b 22<br />
b 33<br />
b 44<br />
6. Ergebnisdarstellung<br />
8500<br />
8250<br />
8000<br />
7750<br />
7500<br />
5250<br />
7250<br />
7000<br />
5750<br />
5500<br />
6750<br />
6750<br />
6500<br />
6250<br />
6000<br />
Signifikanzgrenze<br />
Wert<br />
500 750 1000 1250 1500<br />
x1
2.6 Modellierung der Prozesskräfte bei der Zerspanung<br />
EIREINER (2006) kommt bei den betrachteten Knet- und Gusslegierungen zu folgenden<br />
Ergebnissen. Signifikanten Einfluss auf die Vorschubkraft haben vor allem<br />
die Spindeldrehzahl, die Vorschubgeschwindigkeit und die Einschweißtiefe.<br />
Die Anpresskraft wird zusätzlich dazu maßgeblich von der Eintauchtiefe der<br />
Werkzeugschulter bestimmt. Die in den Modellen enthaltenen quantitativen Aussagen<br />
zum Einfluss der Modellparameter liefern wichtige <strong>Info</strong>rmationen für das<br />
in Kapitel 6 aufzubauende dynamische Prozessmodell. Sie erleichtern die Auswahl<br />
der betrachteten Schweißparameter und die Festlegung der Versuchsparameter.<br />
ZHAO ET AL. (2009) zeigen ebenfalls ein Modell, das die Zusammenhänge zwischen<br />
Schweißparametern und Prozesskräften abbildet. Im Gegensatz zu<br />
EIREINER (2006) verwenden sie einen nichtlinearen Potenzfunktionsansatz ohne<br />
statistische Versuchsplanung. Allerdings wurden die Untersuchungen nur für<br />
eine Legierung und einen eingeschränkten Parameterbereich durchgeführt. Im<br />
Rahmen dieser Untersuchungen wird auch erstmals ein dynamisches Modell des<br />
Rührreibschweißprozesses vorgestellt. Dabei werden jedoch weder Prozesskraftschwankungen<br />
noch deren Auswirkungen auf die Anlagentechnik betrachtet.<br />
Vielmehr untersuchen ZHAO ET AL. (2009), wie sich die zeitlichen Verläufe der<br />
Prozesskräfte bei stufenweisen Änderungen der Schweißparameter verhalten.<br />
Dabei bleiben jedoch das Maschinenverhalten und die dynamischen Prozesskraftanteile<br />
unbeachtet.<br />
Im Bereich des Zerspanprozesses sind entsprechende Themengebiete bereits seit<br />
der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Gegenstand der Forschung und Entwicklung.<br />
Der folgende Abschnitt liefert einen kurzen Einblick in die grundlegenden<br />
Erkenntnisse zu dessen Modellierung.<br />
2.6 Modellierung der Prozesskräfte bei der Zerspanung<br />
Die Kenntnis des dynamischen Verhaltens einer Maschine, ermittelt durch Messung<br />
oder Simulation, ermöglicht die Beurteilung ihres Verhaltens bei der Durchführung<br />
eines Fertigungsprozesses. Hierfür sind Modelle für die entsprechenden<br />
Fertigungsprozesse unerlässlich. In diesem Zusammenhang ist nicht der detaillierte<br />
physikalische Vorgang während des Prozesses, sondern dessen Rückwirkung<br />
in Form von Prozesskräften und damit dessen Einfluss auf die Maschinenstruktur<br />
gemeint. Der überwiegende Einsatz von Werkzeugmaschinen für die<br />
23
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
Zerspanung resultiert in einer Fülle von Messdaten und daraus abgeleiteten Modellvorstellungen<br />
für diese Fertigungsverfahren.<br />
Die meisten Ansätze zur Formulierung eines Zerspankraftgesetzes basieren auf<br />
experimentell ermittelten Zerspankraftdaten und beschreiben den Zusammenhang<br />
zwischen Spanungsgrößen und resultierender Schnittkraft. Die gemessenen<br />
Zusammenhänge werden dabei durch mathematische Gleichungen angenähert.<br />
KIENZLE (1952) und VICTOR (1956) lieferten hier anhand von Zerspanversuchen<br />
bei Verfahren mit gleich bleibender Spanungsdicke den Grundstein für die Berechnung<br />
von Zerspankräften. Im Folgenden ist die Grundgleichung der Schnittkraftberechnung<br />
dargestellt, wie sie für das Drehen abgeleitet wurde:<br />
·· (2-1)<br />
Dabei ergeben sich die Spanungsbreite b und die Spanungsdicke h aus den geometrischen<br />
und kinematischen Eingriffsverhältnissen an der Zerspanstelle. kc bezeichnet<br />
die spezifische Schnittkraft je Flächeneinheit. kc ist maßgeblich vom zu<br />
zerspanenden Werkstoff abhängig, jedoch nicht als Werkstoffkennziffer zu betrachten,<br />
da der Wert auch von einer Reihe anderer Spanungsgrößen abhängig ist.<br />
So kann nach KIENZLE (1952) über den Zusammenhang<br />
.<br />
die Schnittkraft Fc auch über<br />
(2-2)<br />
· · . (2-3)<br />
berechnet werden. Der Faktor kc1.1 bezeichnet hierbei den Hauptwert der spezifischen<br />
Schnittkraft bei einem gedachten Spanungsquerschnitt von 1 mm Spanungsbreite<br />
und 1 mm Spanungsdicke. Der Exponent 1-m stellt den sog. Anstiegswert<br />
dar. kc1.1 und m sind vom Werkstoff abhängig und müssen durch Versuche<br />
ermittelt werden. Sie können Tabellenwerken wie z. B. KÖNIG ET AL.<br />
(1982) entnommen werden. Diese Grundgleichung hat sich auch deshalb als<br />
zweckmäßiges Berechnungsverfahren erwiesen, da sie auf die anderen Verfahren<br />
der Zerspanung mit bestimmter und unbestimmter Schneide (z. B.: Schleifen)<br />
übertragen werden kann. Einen allgemeinen Überblick dazu liefern DEGNER ET<br />
AL. (1985) oder TÖNSHOFF (1995).<br />
Dieses meist für statische Zerspankraftanteile verwendete Prozesskraftmodell<br />
liefert auch die Basis für die Betrachtung des dynamischen Verhaltens von<br />
Werkzeugmaschinen während des Zerspanprozesses. Nach MILBERG (1971)<br />
24
2.6 Modellierung der Prozesskräfte bei der Zerspanung<br />
kann das System Werkzeugmaschine-Zerspanprozess nach regelungstechnischen<br />
Gesichtspunkten als rückgekoppeltes System dargestellt werden (siehe Abbildung<br />
2-8). Das Verhalten der Maschinenstruktur im Vorwärtszweig bewirkt aufgrund<br />
von Störkräften FStör relative Verlagerungen x von Werkzeug zu Werkstück<br />
an der Zerspanstelle. Diese haben eine Änderung der Zerspankräfte FZ zur<br />
Folge, die wiederum auf die Maschine zurückwirken.<br />
FStör F<br />
Maschine<br />
x<br />
+<br />
F Z<br />
Abbildung 2-8: Regelungstechnisches Blockschaltbild des Systems Werkzeugmaschine<br />
während der Bearbeitung<br />
MILBERG (1971) verwendet diesen Sachverhalt, um das Stabilitätsverhalten von<br />
Werkzeugmaschinen beim Drehen zur untersuchen. Er entwickelt durch partielle<br />
Ableitung der erläuterten Zerspankraftgleichung ein theoretisches Modell, das es<br />
ihm z. B. erlaubt, den Regenerativeffekt bei der Drehbearbeitung abzubilden sowie<br />
das Verhalten von Maschinen während des Drehprozesses vorauszusagen<br />
und zu beurteilen. MAULHARDT (1991) und ZÄH (1995) übertragen dieses Vorgehen<br />
auf Zerspanprozesse mit variierender Spanungsdicke und gleichzeitigem<br />
Eingriff mehrerer Zähne und stellen ein Prozessmodell für das Kreissägen auf.<br />
Das Fräsen wurde ebenfalls eingehend untersucht (BERNARDI 1969, WECK &<br />
TEIPEL 1977, KALVERAM 2005).<br />
Neben den empirischen Modellen existieren auch eine Reihe analytischer und<br />
semi-empirischer Ansätze zur Zerspankraftberechnung (ALTINTAS 2000). Aktuell<br />
ist hier für den Drehprozess ein Prozessmodell zu erwähnen, das Materialverhalten,<br />
nichtlineare Reibungseinflüsse und Wärmeleitungsphänomene an der Zerspanstelle<br />
berücksichtigt (ZAEH & SCHWARZ 2009). Einen detaillierten Überblick<br />
25<br />
Zerspanprozess
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
über die Modellierung des Zerspanprozesses liefern VAN LUTTERFELT ET AL.<br />
(1998) und CLAUSEN (2005).<br />
2.7 Zusammenfassung und Bewertung des Standes der Technik<br />
Der größte Teil der bisherigen Forschungsarbeiten auf dem Gebiet des Rührreibschweißens<br />
beschäftigt sich mit der experimentellen Verbesserung der Nahtqualität<br />
und mit der Übertragung des Verfahrens auf verschiedene Werkstoffe. Hierfür<br />
werden vor allem umfangreiche Parameterstudien und große Anstrengungen<br />
in der Werkzeugentwicklung unternommen. Dazu findet eine Vielzahl von Experimenten<br />
zur Evaluierung neuer Werkzeugmaterialien und -geometrien statt. All<br />
diese Arbeiten bedienen sich meist umfangreicher Versuchsreihen mit oft ähnlicher<br />
Vorgehensweise, nämlich der Durchführung der Schweißung und Bewertung<br />
durch zerstörende Prüfung anhand von Zug- bzw. Biegeproben und<br />
metallografischer Auswertung. Anschließend werden aus diesen Ergebnissen<br />
Gesetzmäßigkeiten abgeleitet.<br />
Dieses experimentelle Vorgehen wird zunehmend durch die Simulation des<br />
Rührreibschweißprozesses unterstützt. So soll der Versuchsaufwand gesenkt und<br />
die Beherrschbarkeit des Verfahrens erhöht werden. Wie in Abschnitt 2.5 beschrieben,<br />
existiert bereits eine Vielzahl von Simulationsmodellen, die je nach<br />
Zielstellung unterschiedliche Teilgebiete des Prozesses betrachten. So wurden<br />
rein thermische, thermomechanische oder strömungsmechanische Prozessmodelle<br />
entwickelt. Anfänglich beschränkten sich diese Modelle auf einzelne Phänomene<br />
des Rührreibschweißens und arbeiteten mit starken Vereinfachungen. Sie<br />
haben eher grundlegenden Charakter und konnten weniger als Werkzeug zur Lösungsfindung<br />
eingesetzt werden. Die Arbeiten in diesem Bereich wurden jedoch<br />
in den letzen Jahren stark ausgeweitet. Die Modelle werden zunehmend zur gezielten<br />
Bewertung von Schweißparametern verwendet und auch zur Werkzeugentwicklung<br />
eingesetzt. Vorhandene Prozesskraftmodelle bilden bis heute nur die<br />
statischen Prozesskraftanteile ab, da deren Größenordnung als eine der größeren<br />
Herausforderungen des Schweißprozesses gilt.<br />
Im Bereich der Anlagentechnik stützen sich viele Forscher und Entwickler ebenfalls<br />
noch sehr stark auf ausgedehnte Versuchsreihen. Bei jeder für das Rührreibschweißen<br />
verwendeten Maschine wird eine große Anzahl von Schweißungen<br />
mit unterschiedlichsten Parameterkombinationen durchgeführt, um die Eignung<br />
26
2.7 Zusammenfassung und Bewertung des Standes der Technik<br />
der Maschine für den Prozess zu beurteilen. Diese Vorgehensweise ist im Allgemeinen<br />
sehr zeitaufwändig und aufgrund der großen Kräfte beim Rührreibschweißen<br />
nicht immer ohne Risiko. Dies gilt vor allem für bereits vorhandene<br />
Standardanlagen wie Werkzeugmaschinen und Roboter, die für das Rührreibschweißen<br />
ertüchtigt werden sollen. Für den Bereich der Sondermaschinen, die<br />
speziell für das Rührreibschweißen entwickelt werden, trifft das weniger zu. Hier<br />
werden die verwendeten Komponenten entsprechend den mittlerweile bekannten<br />
Belastungen ausgewählt bzw. ausgelegt. Dem Stand der Technik bei der Entwicklung<br />
von Maschinen und Produktionsanlagen entsprechend, kann davon<br />
ausgegangen werden, dass zumindest im Bereich der Einzelkomponenten Simulationen<br />
zur statischen Auslegung zum Einsatz kommen. Modelle, die zur Bewertung<br />
von Maschinen und deren dynamischem Verhalten während des Rührreibschweißprozesses<br />
eingesetzt werden, wurden noch nicht publiziert.<br />
Im Vergleich dazu wurden im Bereich der Zerspanung im entsprechenden Gebiet<br />
bereits umfassende Forschungsarbeiten durchgeführt. Hier können z. B. über Simulationsmodelle<br />
der Maschinenstruktur, der Antriebssysteme und des Zerspanungsprozesses<br />
vorab bereits Aussagen über das dynamische Verhalten während<br />
verschiedener Zerspanungssituationen getroffen werden. Diese Ergebnisse sind<br />
jedoch nicht ohne Weiteres auf den Rührreibschweißprozess übertragbar, da dort<br />
keine umfassenden Prozesskraftmodelle existieren, die in entsprechende Simulationsmodelle<br />
integriert werden könnten. Außerdem bewirkt der Rührreibschweißprozess<br />
durch den geschlossenen Kraftfluss zwischen Werkzeug und<br />
Werkstück über die Rührzone des Prozesses eine andere Maschinenbelastung als<br />
der Zerspanvorgang.<br />
Handlungsbedarf besteht deshalb in der Entwicklung von Modellen, die diese<br />
beiden Aspekte abbilden. Zum einen müssen die Auswirkungen der Prozesszone<br />
auf das dynamische Verhalten der Maschinenstruktur untersucht werden. Darauf<br />
aufbauend muss eine theoretische Beschreibungsform entwickelt werden, die die<br />
Integration dieses Einflusses in Maschinenmodelle ermöglicht. Zum anderen<br />
werden dynamische Prozesskraftmodelle benötigt, die mit diesen Modellen gekoppelt<br />
werden können. Daraus resultiert die im folgenden Kapitel beschriebene<br />
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit.<br />
27
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
28
2.7 Zusammenfassung und Bewertung des Standes der Technik<br />
3 Zielsetzung und Vorgehensweise<br />
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Einfluss des Rührreibschweißprozesses<br />
auf das dynamische Verhalten von Werkzeugmaschinen zu charakterisieren<br />
und über Simulationsmodelle abzubilden. Damit soll ein Beitrag zur Auswahl<br />
und Entwicklung von Maschinen zum Rührreibschweißen geleistet werden. Zusätzlich<br />
soll über die umfassende Modellierung des Prozesses das Prozessverständnis<br />
erhöht und das Verfahren damit für industrielle Anwender besser zugänglich<br />
gemacht werden.<br />
Abbildung 3-1 veranschaulicht die dafür gewählte Vorgehensweise. In Kapitel 4<br />
werden als Basis für spätere Betrachtungen die in dieser Arbeit verwendeten<br />
Werkzeuge und Methoden zur Vermessung und Modellierung von Maschinen<br />
vorgestellt. Dabei wird näher auf die Simulation von Werkzeugmaschinen auf<br />
Basis der Finite-Elemente-Methode (FEM) und auf den Aufbau eines mechatronischen<br />
Gesamtmodells eingegangen. Außerdem werden die Grundlagen zur<br />
Messung des dynamischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen erläutert.<br />
Als Grundlage für die zu erstellenden Modelle wird im Anschluss das dynamische<br />
Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen durch umfangreiche<br />
Versuche erfasst. Dabei soll, auch im Vergleich zur Zerspanung, vor<br />
allem der Einfluss der Prozesszone auf die Messergebnisse identifiziert werden.<br />
Die nötigen Versuchsaufbauten, die durchgeführten Versuche und die Schlussfolgerungen<br />
sind Kapitel 5 zu entnehmen.<br />
Mithilfe der in Kapitel 5 beschriebenen Versuche werden in Kapitel 6 Modelle<br />
für zwei Aspekte des Rührreibschweißprozesses entwickelt. Auf der einen Seite<br />
wird ein Prozesskraftmodell entworfen, das die dynamischen Anteile der Prozesskräfte<br />
während des Schweißens abbildet. Dabei werden sowohl theoretische<br />
als auch empirische Ansätze verfolgt. Auf der anderen Seite wird der Einfluss der<br />
sich im Kraftfluss befindenden Prozesszone modelliert und in ein Maschinenmodell<br />
integriert. Diese Modelle ermöglichen es, die Auswirkungen des Rührreibschweißprozesses<br />
auf Maschinen während des Betriebs abzubilden.<br />
Kapitel 7 zeigt zwei Anwendungsgebiete für die entwickelten Modelle. Im Zusammenspiel<br />
mit dem Maschinenmodell können über das Prozesskraftmodell<br />
ähnlich wie bei Dreh- und Fräsoperationen das Schwingungsverhalten der Maschine<br />
und die dynamischen Belastungen während des Prozesses prognostiziert<br />
werden. Das mechatronische Gesamtmodell der Maschine kann für die Ausle-<br />
29
3 Zielsetzung und Vorgehensweise<br />
gung der Antriebssysteme verwendet werden. Beispielhaft wird hier eine Kraftregelung<br />
entworfen und in die Versuchsmachine integriert.<br />
Messung Grundlagen<br />
Modellierung<br />
Anwendung<br />
4<br />
Grundlagen der Vermessung und Modellierung von<br />
Werkzeugmaschinen<br />
Kapitel<br />
Messung des Verhaltens einer Werkzeugmaschine<br />
5<br />
während des Rührreibschweißens<br />
Identifizierung des Einflusses des Prozesses<br />
Kapitel<br />
auf das dynamische Verhalten einer Werkzeugmaschine<br />
Prozesskraftmodell<br />
Modellierung der Maschine<br />
6<br />
+<br />
(FEM)<br />
Modellierung der Prozesszone<br />
=<br />
Kapitel<br />
Abbildung des Verhaltens der verwendeten<br />
Werkzeugmaschine für das Rührreibschweißens<br />
Vorhersage der dynamischen Maschinenbelastung7<br />
beim Rührreibschweißen<br />
Auslegung einer Kraftregelung für das Rührreibschweißen Kapitel<br />
Abbildung 3-1: Vorgehensweise und Arbeitspakete der Arbeit<br />
30
31<br />
4.1 Allgemeines<br />
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von<br />
Werkzeugmaschinen<br />
4.1 Allgemeines<br />
Das vorliegende Kapitel gibt einen Überblick über die heute gängigen Werkzeuge<br />
zur Vermessung und Modellierung des statischen und dynamischen Verhaltens<br />
von Werkzeugmaschinen. Nach einer kurzen Einführung zu deren Aufbau<br />
und Funktionsweise wird beschrieben, mit welchen Methoden die verschiedenen<br />
Komponenten in Simulationsmodellen abgebildet werden können. Dabei wird<br />
sowohl auf die mechanische Struktur als auch auf die Antriebs- und Regelsysteme<br />
eingegangen. Im Anschluss wir erläutert, wie das dynamische Verhalten von<br />
Werkzeugmaschinen messtechnisch erfasst werden kann.<br />
4.2 Aufbau und Funktionsweise von Werkzeugmaschinen<br />
Abbildung 4-1 zeigt den prinzipiellen Aufbau von Werkzeugmaschinen am Beispiel<br />
eines Horizontal-Bearbeitungszentrums mit vier Vorschubachsen. Das Maschinengestell,<br />
das aus Maschinenbett und Aufbauten, wie z. B. dem Maschinenständer,<br />
besteht, stellt das Grundgerüst dar. Es nimmt die Bearbeitungskräfte auf,<br />
sichert die Lage der einzelnen Baugruppen zueinander und legt die kinematischen<br />
Randbedingungen der Werkzeugmaschine fest. Baugruppen können mithilfe<br />
von Vorschubantrieben über Führungen relativ zueinander entlang der Maschinenachsen<br />
bewegt werden.<br />
Abbildung 4-2 zeigt den schematischen Aufbau eines CNC-gesteuerten, elektromechanischen<br />
Vorschubantriebs. Die vom Bediener in einem NC-Programm<br />
spezifizierten Verfahrbewegungen werden vom Interpolator der NC-Steuerung in<br />
Sollwertvorgaben für die Maschinenachsen umgesetzt. Für jede Achse bedeutet<br />
dies die Vorgabe des zeitlichen Verlaufs des Lage-Sollwertes. Die Antriebsregler<br />
der Achsen setzen diese <strong>Info</strong>rmationen in Sollgrößen für die Vorschubmotoren<br />
um, die ein Drehmoment erzeugen, das über mechanische Übertragungselemente<br />
in die Vorschubkraft umgesetzt wird. Die Wandlung des vom Motor erzeugten<br />
Drehmoments in die Vorschubkraft erfolgt meist über einen Kugelgewindetrieb,<br />
bestehend aus Kugelgewindespindel und einer an der zu bewegenden Baugruppe<br />
befestigten Kugelgewindemutter.
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Rundtisch<br />
Horizontalschlitten<br />
z-Achse<br />
Fräseinheit<br />
b-Achse<br />
Abbildung 4-1: Aufbau einer Werkzeugmaschine (HELLER MCH 250)<br />
Die Kraftübertragung erfolgt durch Wälzkörper zwischen Spindel und Mutter.<br />
Kugelgewindetriebe zeichnen sich durch einen hohen Wirkungsgrad und geringen<br />
Verschleiß aus. Durch Vorspannung werden Spielfreiheit und hohe<br />
Positioniergenauigkeiten erreicht (MILBERG 1992). Die mechanischen Übertragungselemente<br />
im Antriebsstrang stellen jedoch Nachgiebigkeiten zwischen den<br />
Motorwellen und den zu bewegenden Baugruppen dar, die zu Schwingungen<br />
führen können und so die Dynamik von Werkzeugmaschinen begrenzen. In den<br />
letzten Jahren wurden deshalb Lineardirektantriebe, die ohne mechanische Übertragungselemente<br />
auskommen, als Alternative zu den bewährten, elektromechanischen<br />
Vorschubantrieben entwickelt. Die Vorteile dieser Antriebssysteme sind<br />
höhere erzielbare Beschleunigungen, Geschwindigkeiten und Genauigkeiten. Die<br />
vergleichsweise hohen Verlustleistungen resultieren jedoch in erheblichen thermischen<br />
Belastungen (PRITSCHOW 1998). Die großen permanentmagnetischen<br />
Anziehungskräfte erhöhen zudem den konstruktiven Aufwand erheblich. Aus<br />
diesen Gründen sind die elektromechanischen Vorschubantriebe auf Basis von<br />
Kugelgewindetrieben immer noch die am weitesten verbreitete Bauart zur Achspositionierung<br />
in Werkzeugmaschinen.<br />
32<br />
y-Achse<br />
Vorschubmotor<br />
Maschinenbett<br />
Maschinenständer<br />
x-Achse
Bedienterminal<br />
NC-Programm<br />
NC-Steuerung Antriebsregler<br />
4.2 Aufbau und Funktionsweise von Werkzeugmaschinen<br />
Abbildung 4-2: Aufbau des Antriebssystems einer Werkzeugmaschine am Beispiel<br />
eines Vorschubantriebs (BÜRGEL 2001)<br />
Zum Positionieren und zur exakten Ausführung von Verfahrbewegungen kommt<br />
bei Vorschubantrieben im Allgemeinen ein kaskadierter Lageregelkreis zum Einsatz<br />
(siehe Abbildung 4-3). Diesem sind mehrere Einzelregelkreise unterlagert<br />
(WECK 1989). Jeder Regelkreis verfügt über einen eigenen Regler, der seine Führungsgröße<br />
jeweils vom überlagerten Regler empfängt. Diese Struktur bietet den<br />
Vorteil, dass die einzelnen Regelkreise für sich optimiert von innen nach außen<br />
in Betrieb genommen werden können und damit eine hohe Dynamik und ein gutes<br />
Störverhalten aufweisen (SCHMIDT 1984). Der innerste Kreis (Stromregelkreis)<br />
kontrolliert dabei den Strom, der durch den Vorschubmotor fließt. Der<br />
mittlere (Drehzahlregelkreis) regelt die sich an der Motorwelle einstellende<br />
Drehzahl. Der äußere Regelkreis (Lageregelkreis) sorgt für die genaue Positionierung<br />
der Achsen. Die genaue Funktionsweise der einzelnen Teilsysteme ist in<br />
Abschnitt 4.3.7 näher erläutert.<br />
xsoll<br />
-<br />
Lageregler<br />
Daten zur Visualisierung<br />
n soll<br />
Winkellage<br />
Motorstrom<br />
-<br />
Schlittenlage<br />
Drehzahlregler<br />
Isoll<br />
n ist<br />
x ist<br />
Kupplung<br />
Vorschubmotor<br />
Stromregler<br />
Abbildung 4-3: Kaskadierter Lageregelkreis für Vorschubantriebe<br />
-<br />
33<br />
I ist<br />
Schlitten<br />
Kugelgewindetrieb<br />
Motor<br />
n ist<br />
Mechanik<br />
Lager<br />
x ist
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
4.3 Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
4.3.1 Allgemeines<br />
Für die Modellierung und Simulation von Werkzeugmaschinen kann auf verschiedene<br />
Methoden zurückgegriffen werden. Deren korrekte Anwendung kann<br />
zu einer effizienten Entwicklung von Produktionssystemen führen (BRECHER ET<br />
AL. 2002). Für die Simulation der mechanischen Struktur eignen sich je nach<br />
Anwendungsfall vor allem <strong>Mehr</strong>körpersysteme (MKS) und die Finite-Elemente-<br />
Methode (FEM) (PRITSCHOW ET AL. 2003). Zur Abbildung der elektrischen Antriebe<br />
und der Regelsysteme wird üblicherweise die Blockschaltbild-orientierte<br />
Simulation verwendet. Hinter den Blockschaltbildern verbirgt sich dabei jeweils<br />
die Übertragungsfunktion eines Teilsystems. Im Folgenden werden die Grundlagen<br />
dieser Simulationsmethoden und deren Anwendung für die Simulation von<br />
Werkzeugmaschinen erläutert.<br />
4.3.2 <strong>Mehr</strong>körpersysteme (MKS)<br />
Die <strong>Mehr</strong>körpersimulation ermöglicht die Beschreibung von Strukturen als ein<br />
System starrer Körper und der zugehörigen Verbindungselemente. Diese Elemente<br />
sind masselos und können sowohl Gelenke als auch elastische und dämpfende<br />
Verbindungen abbilden. Diese Art der Modellierung ergibt direkt ein System<br />
von Bewegungsdifferentialgleichungen, das sich durch numerische Integration<br />
effizient lösen lässt. Die <strong>Mehr</strong>körpersimulation ermöglicht die Abbildung<br />
von geometrisch nichtlinearen Verschiebungen der Massen bei großen Führungsbewegungen<br />
und von linearen Verschiebungen der Körper infolge elastischer<br />
Verformung der Verbindungselemente. Im Werkzeugmaschinenbereich<br />
kommt sie deshalb für unterschiedliche Zielsetzungen zum Einsatz.<br />
Ein sehr einfaches Modell verwendet FRITZ (2006). Er bildet eine Vorschubachse<br />
eines Antriebsversuchsstandes als Einmassenschwinger mit einem Steifigkeits-<br />
und einem Dämpfungswert ab. Über einen sog. „Prozesskraftbeobachter“ kann er<br />
ohne zusätzliche Sensorik unter Verwendung unterschiedlicher Antriebssignale<br />
Prozesskräfte rekonstruieren. MILBERG (1992) verwendet die Modellierung von<br />
Vorschubantrieben durch <strong>Mehr</strong>massenschwinger zu deren mechanischer Auslegung.<br />
Ihr Verhalten kann z. B. durch die Analyse von Verfahrbewegungen im<br />
Zeitbereich bewertet werden. Generell steht bei der Analyse von <strong>Mehr</strong>körpersystemen<br />
die Betrachtung des dynamischen Bewegungsverhaltens im Vordergrund.<br />
34
4.3 Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Vorrangig werden hier Aspekte der Bahndynamik und -genauigkeit behandelt.<br />
HOFFMANN (2008) beschreibt dies z. B. für die Optimierung einer Parallelkinematik.<br />
BÜRGEL (2001) betrachtet die Prozessanalyse an spanenden Werkzeugmaschinen<br />
mit digital geregelten Antrieben. Zu diesem Zweck bildet er die Achsen<br />
einer konstruktiv sehr einfachen Werkzeugmaschine als <strong>Mehr</strong>körpersystem ab.<br />
Durch die Berücksichtigung einer Vielzahl von Nachgiebigkeiten gelingt ihm<br />
eine sehr gute Übereinstimmung des berechneten Übertragungsverhaltens der<br />
Antriebsmechanik mit Messungen. Er zeigt, dass die <strong>Mehr</strong>körpersimulation für<br />
die Modellierung von Antriebssystemen oder Systemen mit wenigen starren<br />
Massen auch im Frequenzbereich ausreichend sein kann.<br />
Die Abbildung durch starre Körper entspricht jedoch meist einer sehr groben<br />
Vereinfachung des betrachteten mechanischen Systems. Besonders bei hochdynamischen<br />
Maschinen, deren bewegte Baugruppen hohen Anforderungen hinsichtlich<br />
der Masse genügen müssen, ist eine solche Vereinfachung nicht zulässig.<br />
Die Verfeinerung der Modellierung ist deshalb durch die Integration von flexiblen<br />
Körpern in <strong>Mehr</strong>körpersysteme möglich. WEIßENBERGER (2007) verwendet<br />
z. B. die flexible <strong>Mehr</strong>körpersimulation zur Optimierung der Bewegungsdynamik<br />
von Werkzeugmaschinen. Dabei kommen hauptsächlich Berechnungen im<br />
Zeitbereich zum Einsatz. SIEDL (2008) beschäftigt sich, ebenfalls unter Einsatz<br />
der flexiblen <strong>Mehr</strong>körpersimulation, mit der Abbildung von großen<br />
Verfahrbewegungen an Werkzeugmaschinen. Er stellt in diesem Rahmen ein<br />
neues Kontaktmodell für Führungs- und Antriebskomponenten vor. QUEINS<br />
(2005) untersucht vor allem das dynamische Verhalten von Werkzeugmaschinen<br />
mittels der flexiblen <strong>Mehr</strong>körpersimulation. Er vergleicht die simulierten Nachgiebigkeits-Frequenzgänge<br />
mehrerer Werkzeugmaschinen mit Messungen und<br />
kann für einige Fälle gute Übereinstimmungen berichten. Es zeigt sich jedoch,<br />
dass gerade für Betrachtungen der Strukturdynamik die flexible <strong>Mehr</strong>körpersimulation<br />
noch nicht die Zuverlässigkeit der bewährten Finite-Elemente-Methode<br />
(FEM) erreicht hat. Im Rahmen dieser Arbeit wird deshalb auf die Maschinenmodellierung<br />
mittels der FEM zurückgegriffen.<br />
4.3.3 Methode der Finiten Elemente (FEM)<br />
Mit Hilfe der FEM wird eine kontinuierliche Struktur in eine sehr große Zahl von<br />
diskreten Elementen regelmäßiger Geometrie unterteilt, denen Materialeigenschaften<br />
wie E-Modul, Dichte etc. zugeordnet werden. Die einzelnen Elemente<br />
werden durch Knoten räumlich definiert und miteinander zu einem FE-Netz ver-<br />
35
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
knüpft. Das Bewegungs- und Verformungsverhalten der Struktur wird durch die<br />
Freiheitsgrade dieser Knoten bestimmt. Die Verschiebungsansätze nach dem<br />
Prinzip der virtuellen Arbeit liefern die Steifigkeits- und die Massenmatrizen der<br />
Elemente, aus welchen die Bewegungsgleichungen der Struktur abgeleitet werden<br />
(BETTEN 2003). Die Qualität der Simulationsergebnisse steht dabei in direktem<br />
Zusammenhang mit der Modellierungsmethode bzw. Modellierungsqualität.<br />
Für die Simulation von Werkzeugmaschinen wird auf dieses Prinzip zurückgegriffen.<br />
Die folgende Betrachtung gliedert sich dabei in die Simulation von Antriebskomponenten<br />
und Gestellstrukturen. In Kombination mit der Abbildung<br />
elektrischer Komponenten wie Motoren und Reglern können diese Modelle zu<br />
einem mechatronischen Gesamtmodell des Systems Werkzeugmaschine zusammengeführt<br />
werden.<br />
Simulation von Antriebskomponenten<br />
Die Simulation von Antriebskomponenten mittels der FEM entspricht einer Erweiterung<br />
der Beschreibung durch <strong>Mehr</strong>körpersysteme. Werden bei <strong>Mehr</strong>körpersystemen<br />
die Nachgiebigkeiten von z. B. Motor oder Spindelwelle vernachlässigt<br />
bzw. durch Federsteifigkeiten in den Koppelelementen ersetzt, verwendet die<br />
FEM meist elastische Balkenelemente. Dies ermöglicht eine schnelle, aber trotzdem<br />
genaue Abbildung der geometrischen Verhältnisse (wie z. B. verschiedene<br />
Wellendurchmesser) und damit auch qualitativ höherwertige Ergebnisse bzgl. der<br />
berechneten Eigenfrequenzen und Eigenformen. Diese Vorgehensweise wurde<br />
auf die Simulation von Vorschubantrieben von Werkzeugmaschinen mit Kugelgewindetrieben<br />
übertragen (SIMON 1986). EUBERT (1992) betrachtet neben dieser<br />
Formulierung auch den Einsatz von Volumenelementen zur Modellierung von<br />
Vorschubantrieben und nutzt die Berechnungsergebnisse zur Auslegung von Zustandsreglern.<br />
Die Verwendung elastischer Balkenelemente zur Modellierung<br />
von Vorschubantrieben stellt bis heute den Stand der Technik dar. Durch eine<br />
neue Elementformulierung für Kugelgewindetriebe wurden von OERTLI (2008)<br />
die Modellierungsmöglichkeiten der Kopplung von Antriebssystemen mit Gestellstrukturen<br />
stark verfeinert (siehe Abschnitt 4.3.4).<br />
Simulation von Gestellstrukturen<br />
Erste Anwendungen zur Berechnung von Maschinengestellen durch die FEM<br />
fanden sich im Bereich der Analyse des statischen Verformungsverhaltens einzelner<br />
Komponenten (NOPPEN 1973, HEIMANN 1977). Erst die Integration von<br />
Trägheitseigenschaften und die Kopplung von Einzelstrukturen durch Feder- und<br />
36
4.3 Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Dämpfungselemente ermöglichte die Simulation des dynamischen Verhaltens<br />
gesamter Maschinenstrukturen (FINKE 1977). Mit der Weiterentwicklung der<br />
Rechnerarchitekturen und der Simulationssoftware fand die Simulation von<br />
Werkzeugmaschinen Einzug in den Konstruktions- und Entwicklungsablauf und<br />
stellt heute den Stand der Technik dar. Die FEM entwickelte sich so von einer<br />
Methode für die nachträgliche Berechnung bereits feststehender Strukturen zu<br />
einem Werkzeug zur Lösungsfindung (SCHNEIDER 2000).<br />
Mechatronische Simulation von Gesamtmaschinen<br />
Die Gesamtmaschinensimulation mit gekoppelter Simulation von Gestellstrukturen,<br />
Antriebsmechanik und Regelung entspricht dem aktuellen Stand der<br />
Technik und wird auch bei Werkzeugmaschinenherstellern als entwicklungsbegleitendes<br />
Werkzeug eingesetzt (KEHL 2004). Beispiele für die Gesamtsimulation<br />
von Werkzeugmaschinen geben z. B. BERKEMER & KNORR (2002). Sie verwenden<br />
das beschriebene Vorgehen zur Reglerauslegung und Genauigkeitsbewertung<br />
von Werkzeugmaschinen mit Lineardirektantrieben. OERTLI (2008) beschreibt<br />
den vermehrten Einsatz von Leichtbaustrukturen im Werkzeugmaschinenbau.<br />
Er schildert die damit einhergehende Bedeutung der dynamischen<br />
Wechselwirkung von Antriebsstrang und Maschinengestell bei der Systemauslegung.<br />
Deshalb konzentrierte er sich auf Beschreibungsformen für die Kopplung<br />
dieser Modelle und entwickelte eine Elementformulierung für Kugelgewindetriebe,<br />
die die elastischen und kinematischen Verhältnisse zwischen Gewindespindel<br />
und Mutter abbildet.<br />
4.3.4 Vorgehensweise zum Aufbau von FE-Modellen von Werkzeugmaschinen<br />
Da die Vorschubantriebe des in dieser Arbeit betrachteten Bearbeitungszentrums<br />
mit Kugelgewindetrieben ausgestattet sind, wird für die Modellierung auf die<br />
Vorgehensweise von OERTLI (2008) zurückgegriffen. Diese ist deshalb im Folgenden<br />
kurz dargestellt und gliedert sich in nachstehende Arbeitsschritte:<br />
Auslesen der geometrischen <strong>Info</strong>rmationen der Werkzeugmaschine aus<br />
3D-CAD-Daten<br />
Vernetzung der Einzelstrukturen der Werkzeugmaschine<br />
Kopplung der Einzelstrukturen durch Federelemente zu einer Gesamtstruktur<br />
37
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Modellierung der Antriebssysteme, bestehend aus Motorwellen, Kugelgewindetriebe,<br />
Getriebe etc.<br />
Kopplung der Antriebssysteme mit dem Modell der Gestellstruktur zu einem<br />
mechanischen Gesamtmodell<br />
Lösen des mechanischen Gesamtmodells (siehe Abschnitt 4.3.5) und<br />
Überführung der Ergebnisse in eine für die weitere Verwendung geeignete,<br />
mathematische Darstellung (siehe Abschnitt 4.3.6)<br />
Abbildung der elektrischen Komponenten, wie z. B. Motoren und Regler,<br />
und Kopplung mit dem mechanischen Gesamtmodell zu einem mechatronischen<br />
Simulationsmodell (siehe Abschnitt 4.3.7)<br />
Die Vernetzung von Einzelstrukturen erfolgt entweder manuell oder automatisiert.<br />
Die automatische Vernetzung bedient sich meist einfacher Volumenelemente<br />
und reduziert den Arbeitsaufwand beträchtlich, bedingt aber oft eine hohe<br />
Anzahl von Elementen und damit hohe Rechenzeiten und großen Speicherbedarf.<br />
Zudem muss speziell bei komplexen, dünnwandigen Strukturen mit Einbußen in<br />
der Ergebnisqualität gerechnet werden. Dies kann durch zeitintensive, manuelle<br />
Vernetzung reduziert werden.<br />
Wie bereits beschrieben, werden einzelne Strukturkörper über Federelemente zu<br />
größeren Strukturen gekoppelt. Die direkte Anbindung von Federn an einzelne<br />
Knoten der Strukturkörper kann dabei zu hohen Spannungskonzentrationen und<br />
zu numerischen Fehlern führen. Um dies zu umgehen, kann die Kopplung netzunabhängig<br />
über Starrkörperelemente (engl. Rigid Body Element, RBE) durchgeführt<br />
werden. Diese Starrkörperelemente verbinden mehrere Netzknoten eines<br />
Strukturkörpers mit einem netzunabhängigen Referenzknoten zu den sog. Multiple<br />
Point Constraints (MPC). Die Kopplung der einzelnen Strukturkörper erfolgt<br />
dann über Federelemente zwischen den Referenzknoten der MPC (siehe<br />
Abbildung 4-4). Auf diese Weise werden z. B. Kräfte realitätsnäher über einen<br />
größeren Bauteilbereich eingeleitet. Je nach Wahl der Netzknoten und Anzahl<br />
der Freiheitsgrade, die durch die Federelemente verbunden werden, können so<br />
nicht nur feste Verbindungen wie z. B. Verschraubungen und Aufstellelemente,<br />
sondern auch Führungen und Lager abgebildet werden (siehe Abbildung 4-5).<br />
Bei Führungen verzichtet man hierbei auf das translatorische Federelement in<br />
Verfahrrichtung. Bei Lagern wird das rotatorische Federelement um die Drehachse<br />
nicht modelliert. Die Lager- und Führungskörper an sich werden im Allgemeinen<br />
vernachlässigt und nicht vernetzt.<br />
38
4.3 Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Abbildung 4-4: Kopplung von Strukturkörpern mit Federelementen<br />
FE-Netz Bauteil 1<br />
RBE<br />
Referenzknoten<br />
Federelement(e)<br />
max. 6 DOFs<br />
FE-Netz Bauteil 2<br />
Abbildung 4-5: Allgemeiner Aufbau von MPCs (links); Modellbildung von<br />
Lagern (unten rechts) und Führungen (oben rechts)<br />
39<br />
Maschinenständer<br />
max. 6 Freiheitsgrade (DOFs)<br />
mit Federeigenschaften<br />
versehen<br />
MPC<br />
Maschinenbett<br />
FE-Netz Schlitten<br />
Führungsschuh<br />
Führungsschiene<br />
FE-Netz Bett<br />
FE-Netz Bett<br />
Lager<br />
Welle
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Wie bereits in Abschnitt 4.3.3 erläutert, werden die Wellen der Antriebssysteme<br />
unter Verwendung elastischer Balkenelemente modelliert (siehe Abbildung 4-6).<br />
Motorwelle<br />
Kupplung<br />
Lagerung<br />
Spindelwelle<br />
Knoten Elemente<br />
Abbildung 4-6: Modellierung eines Kugelgewindetriebes nach SIMON (1986)<br />
und EUBERT (1992)<br />
Die Kopplung der Antriebssysteme mit der Gestellstruktur erfolgt durch die Kugelgewindemutter.<br />
Sie wandelt die rotatorische Bewegung der Spindelwelle in<br />
eine translatorische Bewegung der Aufbauten um. OERTLI (2008) entwickelte<br />
unter der Annahme, dass die Nachgiebigkeit der Kugeln gegenüber derjenigen<br />
der Kugelgewindespindel und -mutter dominiert, eine Elementformulierung zur<br />
Modellierung der elastischen und kinematischen Verhältnisse zwischen Gewindespindel<br />
und Mutter. Diese Formulierung kann über einfache Federelemente in<br />
den meisten FEM-Programmen umgesetzt werden. Abbildung 4-7 zeigt den Aufbau<br />
des Federmodells. Es besteht aus zehn Federelementen zwischen jeweils einem<br />
Referenzknoten auf der Spindelwelle und der Mutter. Dabei bilden die Verknüpfungen<br />
durch drei translatorische (Cax, 2 × Crad) und drei rotatorische Federn<br />
(Ctor, 2 × Ckipp) das Grundgerüst. Die Schraubsteifigkeiten Cschr koppeln die<br />
Translations- und Rotationsfreiheitsgrade (x bzw. φ) in bzw. um die Spindelrichtung.<br />
Die in einem FE-Programm nach dieser Methode erstellten Modelle werden nach<br />
Fertigstellung an ein FE-Berechnungsprogramm übergeben. Dort wird anhand<br />
der Knoten- und Elementinformationen ein allgemeines Differentialgleichungssystem<br />
für diskrete Systeme, wie es in Abschnitt 4.3.5 beschrieben ist, erstellt<br />
und gelöst. Das Ergebnis beinhaltet die Eigenvektoren und die Eigenwerte, die<br />
das dynamische Verhalten der modellierten Werkzeugmaschine widerspiegeln.<br />
Ein Postprozessor ermöglicht die Visualisierung dieser Berechnungsergebnisse<br />
(z. B. als Eigenschwingungsformen).<br />
40<br />
Kugelgewindemutter/Schlitten
4.3 Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Abbildung 4-7: Federmodell für Kugelgewindetriebe (OERTLI 2008)<br />
Zur Einbindung in Simulationen, die auf Blockschaltbildern basieren, lässt sich<br />
aus den berechneten Matrizen ein Zustandsraummodell ableiten (siehe Abschnitt<br />
4.3.6). Die Abbildung der Regelsysteme zur Vervollständigung des mechatronischen<br />
Gesamtmodells wird in Abschnitt 4.3.7 beschrieben.<br />
4.3.5 Modaltransformation<br />
Das allgemeine Differentialgleichungssystem für diskrete, gedämpfte Systeme<br />
wird durch Gleichung (4-1) beschrieben. Es besteht aus der sog. Massenmatrix<br />
MD, der Dämpfungsmatrix DD und der Steifigkeitsmatrix KD. Über den Vektor<br />
FD können dem System äußere Kräfte aufgeprägt und so die daraus resultierenden<br />
Verlagerungen x berechnet werden (BATHE & ZIMMERMANN 2002, WECK<br />
1996).<br />
(4-1)<br />
Die Ordnung dieser Matrizen wird von der Zahl der Freiheitsgrade des beschriebenen<br />
Systems bestimmt. Im Allgemeinen sind die Gleichungen des Systems<br />
untereinander gekoppelt, was den Rechenaufwand zur Lösung eines solchen Systems<br />
erhöht. Deshalb werden solche Gleichungssysteme in der Regel modaltransformiert,<br />
um die Matrizen zu diagonalisieren und die Gleichungen damit zu entkoppeln.<br />
Die Verlagerungen x werden dabei in die generalisierten Verlagerungen<br />
q überführt.<br />
41<br />
C ax= Axialsteifigkeit<br />
C rad = Radialsteifigkeit<br />
C tor= Torsionssteifigkeit<br />
C kipp= Kippsteifigkeit<br />
C schr = Schraubsteifigkeit
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Zur Bestimmung der modalen Darstellung wird das Gleichungssystem des<br />
ungedämpften, frei schwingenden Systems herangezogen:<br />
(4-2)<br />
Ein harmonischer Lösungsansatz führt zum Eigenwertproblem:<br />
(4-3)<br />
Dessen Lösung liefert die reellen Eigenwerte ωi² und die Eigenvektoren φi. Die<br />
Wurzeln der Eigenwerte ωi² sind die Eigenkreisfrequenzen ωi des Systems, die<br />
Eigenvektoren φi beschreiben die zugehörigen Schwingungsformen. Die Matrix<br />
der Eigenvektoren Φ = (φ1 φ2 … φi) ist die sog. modale Transformationsmatrix,<br />
oder kurz Modalmatrix, und wird zur Transformation des Systems in den Modalraum<br />
verwendet. Die Verlagerungen x werden so als Linearkombinationen der<br />
Eigenvektoren φi mit den generalisierten Koordinaten q beschrieben (IRRETIER<br />
2001):<br />
Angewendet auf (4-2) ergibt sich<br />
Linksmultiplikation mit Φ T ergibt dann:<br />
(4-4)<br />
(4-5)<br />
(4-6)<br />
Aufgrund der Orthogonalitätsbeziehung Φ T Φ = E werden die Massenmatrix MD<br />
und die Steifigkeitsmatrix KD durch diesen Vorgang zur modalen Massenmatrix<br />
und zur modalen Steifigkeitsmatrix diagonalisiert. Üblicherweise werden<br />
die Eigenvektoren auch derart normiert, dass ebenfalls gilt:<br />
(4-7)<br />
(4-8)<br />
Wendet man die Modaltransformation auf das allgemeine Differentialgleichungssystem<br />
für diskrete, gedämpfte Systeme an, erhält man:<br />
(4-9)<br />
bzw. (4-10)<br />
42
4.3 Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Die modale Dämpfungsmatrix beinhaltet die modalen Dämpfungswerte di, die<br />
sich aus den Lehr’schen Dämpfungsmaßen DL,i und den dazugehörigen Eigenfrequenzen<br />
ωi zusammensetzen:<br />
mit 2 , (4-11, 4-12)<br />
Fasst man die Lehr’schen Dämpfungsmaße in der Diagonalmatrix DL zusammen,<br />
ergibt sich:<br />
Ω (4-13)<br />
wobei Ω die Diagonalmatrix der Eigenkreisfrequenzen bildet. Dämpfungsmaße<br />
bei Werkzeugmaschinen sind vergleichsweise niedrig und liegen meist in einem<br />
Bereich von DL,i = 2 % bis 10 % (KIRCHKNOPF 1989, SUMMER 1986).<br />
4.3.6 Zustandsraumdarstellung<br />
Wie in Abschnitt 4.3.5 beschrieben, liefert die Lösung des Eigenwertproblems<br />
durch das FE-Berechnungsprogram die Bewegungsgleichungen im Modalraum<br />
als gewöhnliches Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung. Zur weiteren<br />
Verarbeitung der Bewegungsgleichungen in einem mechatronischen Gesamtmodell<br />
empfiehlt sich deren Transformation in ein Differentialgleichungssystem<br />
1. Ordnung im Zustandsraum:<br />
<br />
(4-14)<br />
Dabei entspricht xz den Zuständen (Positionen und Geschwindigkeiten) des Systems.<br />
Die Systemmatrix A enthält das eigentliche Systemverhalten. Über die<br />
Eingangsmatrix B können die Systemeingänge u den entsprechenden Zuständen<br />
zugewiesen werden. Mit Hilfe der Ausgangsmatrix C können die Systemausgänge<br />
aus den Systemzuständen berechnet werden. Die Durchgangsmatrix D ist<br />
meistens 0 und beschreibt Systemeingänge, die ohne Wechselwirkung mit dem<br />
System direkt auf die Systemausgänge y wirken (siehe Abbildung 4-8).<br />
43
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
Abbildung 4-8: Signalflussplan der Zustandsraumdarstellung<br />
Die Inhalte der Matrizen A, B, C und D lassen sich unter Verwendung von Gleichung<br />
(4-1) herleiten. Wie bereits erwähnt, fungieren die Positionen und Geschwindigkeiten<br />
des diskreten Systems als Zustände:<br />
<br />
<br />
<br />
(4-15)<br />
<br />
Die äußeren Kräfte auf das System FD bilden die Systemeingänge:<br />
Damit gilt:<br />
u xz + y<br />
B<br />
C<br />
(4-16)<br />
<br />
<br />
<br />
44<br />
(4-17)<br />
Umgeformt in Matrixschreibweise ergibt dies die Zustandsraumdarstellung nach<br />
Gleichung (4-14):<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
(4-18)<br />
Angewandt auf das Differentialgleichungssystem im Modalraum nach Gleichung<br />
(4-10) ergibt dies:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
.<br />
xz +<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
wobei unter Berücksichtigung von Gleichung (4-4) gilt:<br />
D<br />
A<br />
(4-19)
4.3 Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
und (4-20, 4-21)<br />
Unter Anwendung von Gleichung (4-7), (4-8) und (4-13) vereinfacht sich die<br />
Darstellung zu:<br />
<br />
<br />
2 <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
45<br />
(4-22)<br />
Diese Zustandsraumdarstellung stellt das Übertragungsverhalten zwischen den<br />
Systemeingängen u und den Systemausgängen y unter Verwendung modaler<br />
Größen dar.<br />
4.3.7 Mechatronisches Gesamtmodell<br />
Ist das Zustandsraummodell der mechanischen Struktur der betrachteten Werkzeugmaschine<br />
erstellt, kann durch dessen Kopplung mit den Reglern und den<br />
elektrischen Antrieben das mechatronische Gesamtmodell aufgebaut werden<br />
(siehe Abbildung 4-9). Die Drehmomente der elektrischen Antriebe entsprechen<br />
den Eingangsgrößen in das Mechanikmodell. Als Ausgangsgrößen des Modells<br />
und Eingangsgrößen der Regler fungieren die Winkelgeschwindigkeiten ωn der<br />
Motorwellen sowie die Positionen xn der beweglichen Maschinenkomponenten.<br />
x 1,soll<br />
x2,soll .<br />
x n,soll<br />
Regler und<br />
elektrische Antriebe<br />
Achse 1<br />
Achse 2<br />
Achse n<br />
M 1<br />
M2 .<br />
Mn .<br />
x z = Ax z + Bu<br />
y = Cx z + Du<br />
Abbildung 4-9: Verknüpfung der Maschinenmechanik mit den Regelsystemen<br />
und Antrieben zur Mechatroniksimulation<br />
Das prinzipielle Zusammenspiel der einzelnen Regelkreise der kaskadierten Lageregelung<br />
wurde bereits in Abbildung 4-3 in Abschnitt 4.2 erläutert. Abbildung<br />
4-10 zeigt im Detail das Blockschaltbild und die Übertragungsfunktionen der<br />
ω 1<br />
x 1<br />
ω2 x2 .<br />
..<br />
ω n<br />
x n
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
einzelnen Komponenten, die zur Modellierung der elektrischen Antriebssysteme<br />
in einem entsprechenden Simulationsprogramm hinterlegt werden können.<br />
Der Lageregler wird bei elektromechanischen Vorschubantrieben im Allgemeinen<br />
als einfacher P-Regler ausgeführt und im Werkzeugmaschinenbereich mit<br />
dem sog. kv-Faktor (Verstärkungsfaktor) spezifiziert. Er verstärkt den Schleppabstand<br />
(Differenz zwischen Lage-Istwert xi und Lage-Sollwert xsoll) proportional.<br />
Die resultierende Sollgeschwindigkeit wird bei Vorschubantrieben mit Kugelgewindetrieben<br />
über einen weiteren Umrechnungsfaktor der die Spindelsteigung hs<br />
enthält in die Solldrehzahl nsoll umgerechnet. Bei Drehzahl- und Stromregler<br />
handelt es sich üblicherweise um PI-Regler. Der Proportionalanteil (Kn bzw. Ki)<br />
der Regler ist dabei für das verzögerungsfreie Ansprechen auf die jeweilige Regeldifferenz<br />
verantwortlich, während der Integralteil (abgebildet als Zeitkonstanten<br />
Tn und Ti) gewährleistet, dass diese in endlicher Zeit zu Null wird. Die elektrischen<br />
Antriebe werden als Reihenschaltung von Transistorsteller, Servomotor<br />
und Drehmomentkonstante abgebildet. Der Transistorsteller schaltet elektrische<br />
Energie aus einem Gleichspannungskreis gemäß den vom Stromregler ausgegebenen<br />
Sollspannungen Us in pulsweiten-modulierter Form auf die Wicklungen<br />
des Servomotors auf (SCHRÖDER 1994). Er kann laut EUBERT (1992) als Verzögerungsglied<br />
1. Ordnung (PT1) mit der Zeitkonstanten TT abgebildet werden. Der<br />
Servomotor wandelt die vom Transistorsteller angelegte elektrische Spannung in<br />
ein Drehmoment um, das über die Motorwelle an die Spindel des Vorschubantriebes<br />
abgegeben wird. Die mechanischen Eigenschaften der Vorschubmotoren,<br />
die maßgeblich von der Motorwelle bestimmt werden, sind dabei bereits über das<br />
FE-Modell erfasst. Demnach wird nur noch das elektrodynamische Verhalten<br />
abgebildet, das den Zusammenhang zwischen Ankerspannung UA und dem<br />
momentenbildenden Strom Iist beschreibt. Es wird durch ein einfaches Ersatzmodell<br />
mit PT1-Verhalten berücksichtigt. Das Übertragungsverhalten wird vom<br />
Widerstand R und der Induktivität L der Spulenwicklungen der Motoren bestimmt.<br />
Über die Drehmomentkonstante KNm kann der momentenbildende Strom<br />
Iist in das herrschende Antriebsdrehmoment umgerechnet werden.<br />
Mithilfe des nun vorliegenden mechatronischen Gesamtmodells können Betrachtungen<br />
im Zeit- und im Frequenzbereich durchgeführt werden. Diese können<br />
z. B. die Optimierung der Reglerparameter oder die Abbildung von Positionierbewegungen<br />
zum Ziel haben.<br />
46
x soll<br />
-<br />
Lageregler:<br />
Drehzahlregler:<br />
Stromregler:<br />
4.4 Messung des dynamischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen<br />
Lageregler<br />
k v<br />
K n<br />
n soll<br />
2π<br />
h s<br />
Abbildung 4-10: Blockschaltbilder und Übertragungsfunktionen der Regler<br />
und elektrischen Antriebe im Laplace-Bereich<br />
4.4 Messung des dynamischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen<br />
4.4.1 Allgemeines<br />
-<br />
T ns+1<br />
T ns<br />
Drehzahlregler<br />
n ist<br />
xist<br />
U s<br />
I soll<br />
-<br />
Die Eigenfrequenzen, die Eigenformen und das Übertragungsverhalten mechanischer<br />
Systeme können auch messtechnisch ermittelt werden. Die so gewonnenen<br />
Messergebnisse werden im Allgemeinen zur Verifikation von Berechnungsmodellen<br />
oder zur Modellanpassung verwendet. Das wichtigste Hilfsmittel in diesem<br />
Bereich ist die experimentelle Modalanalyse. Sie errechnet aus einer Vielzahl<br />
von gemessenen Frequenzgängen die modalen Parameter einer Struktur. Die<br />
einzelnen Frequenzgänge stellen das Übertragungsverhalten zwischen zwei<br />
Punkten einer mechanischen Struktur dar.<br />
47<br />
Stromregler<br />
I ist<br />
Transistorsteller<br />
Motor<br />
Antrieb<br />
Tis+1 Ki Tis 1 1/R<br />
1+TTs 1+(L/R)s<br />
U A<br />
U s<br />
I ist<br />
M<br />
Drehmomentkonstante<br />
K Nm<br />
M
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
4.4.2 Messung des Übertragungsverhaltens zwischen zwei Punkten<br />
4.4.2.1 Möglichkeiten der Anregung durch eine Kraft<br />
Das Übertragungsverhalten zwischen zwei Punkten einer Struktur beschreibt die<br />
Schwingungsantwort auf eine periodische Anregung zwischen diesen beiden<br />
Punkten im Frequenzbereich. Es wird dazu die gemessene Schwingungsantwort<br />
mit dem Anregungssignal ins Verhältnis gesetzt. Um dieses Verhalten zu bestimmen,<br />
gibt es nach NATKE (1988) prinzipiell die Möglichkeiten der harmonischen,<br />
stochastischen und transienten Anregung.<br />
4.4.2.2 Harmonische Anregung<br />
Bei dieser Anregungsart wird die Struktur mit einem harmonischen Signal meist<br />
stufenweise ansteigender Frequenz angeregt und die jeweilige Schwingungsantwort<br />
aufgezeichnet. So kann sequentiell jeder Anregungsfrequenz ein Wert für<br />
die Amplitude und Phasenlage der Systemantwort zugeordnet werden. Durchgeführt<br />
wird dies im Werkzeugmaschinenbereich meist mit einem elektrodynamischen<br />
Absoluterreger („Shaker“), der die Struktur anregt. Gemessen werden die<br />
entstehenden Schwingungen mit Beschleunigungs- bzw. Wegaufnehmern. Die<br />
Vorteile dieser Methode liegen z. B. in einer gut steuerbaren Kraftamplitude und<br />
in einem hohen Verhältnis von Nutz- zu Störsignal. Die Nachteile sind der hohe<br />
Aufwand für den Versuchsaufbau und die lange Messzeit für einen Messpunkt.<br />
Aus diesem Grund wurde diese Methode für die in Abschnitt 5.3 beschriebenen<br />
Messungen nicht eingesetzt.<br />
4.4.2.3 Stochastische Anregung<br />
Die stochastische Anregung arbeitet mit einem Anregungssignal, das über einen<br />
(Zufalls-)Rauschgenerator erzeugt wird. Dadurch kann die Struktur ebenfalls<br />
über einen größeren Frequenzbereich in Schwingung versetzt werden. Der<br />
grundsätzliche Messaufbau ähnelt dem der harmonischen Anregungsvariante.<br />
Für die in Kapitel 5 gezeigten Messungen ist diese Methode deshalb aus den<br />
gleichen Gründen wie die harmonische Anregung nicht geeignet.<br />
48
4.4 Messung des dynamischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen<br />
4.4.2.4 Transiente Anregung<br />
Bei dieser Variante wird die Struktur durch ein impulsartiges Signal breiten<br />
Spektrums angeregt und das Ausschwingen der Struktur gemessen. So kann mit<br />
einer extrem kurzen Anregung das Übertragungsverhalten über einen großen<br />
Frequenzbereich ermittelt werden. Zu dieser Variante zählt z. B. die Anregung<br />
mit einem Impulshammer. Das Amplitudenspektrum eines Hammerschlags ist<br />
beispielhaft in Abbildung 4-11 dargestellt. Die Vorteile dieser Methode sind die<br />
schnelle Durchführung der Messung und der minimale gerätetechnische Aufwand.<br />
Die Nachteile sind das relativ geringe Verhältnis von Nutz- zu Störsignal<br />
und die schwierige Steuerung der Schlagkraft aufgrund der manuellen Führung<br />
des Hammers. Deswegen werden oft mehrere Messungen durchgeführt und die<br />
Ergebnisse gemittelt. Da diese Anregungsvariante bei dieser Arbeit zum Einsatz<br />
kam, werden die theoretischen Grundlagen im Folgenden näher erläutert. Die<br />
Gründe für den Einsatz dieser Anregungsmethode und der Versuchsaufbau sind<br />
Abschnitt 5.3.2 zu entnehmen.<br />
Kraft<br />
6,0<br />
N<br />
3,6<br />
2,4<br />
1,2<br />
0,0<br />
0 200 400 600 800 1000 Hz 1400<br />
Frequenz<br />
Abbildung 4-11: Amplitudenspektrum einer Anregung mittels Impulshammer,<br />
Bandbreite abhängig von der Gestalt und Härte der Hammerspitze<br />
Berechnung des Übertragungsverhaltens<br />
Berechnet wird die gesuchte Übertragungsfunktion über die Fourier-Transformation<br />
des Kraftsignals der Anregung fT(t) und des Antwortsignals uT(t). Nach<br />
NATKE (1988) stellen sich die mit einer Messdauer von T begrenzten Signale im<br />
Frequenzbereich folgendermaßen dar:<br />
49
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
<br />
, <br />
(4-22)<br />
<br />
, <br />
(4-23)<br />
Das gesuchte Übertragungsverhalten lässt sich als der Quotient dieser Signale<br />
beschreiben. Üblicherweise werden die resultierenden Schwingungen mit Beschleunigungsaufnehmern<br />
gemessen. Ergebnis ist deshalb der sog. Beschleunigbarkeits-Frequenzgang<br />
B(jω):<br />
<br />
(4-24)<br />
Im Werkzeugmaschinenbereich werden Frequenzgänge aber vorwiegend in Form<br />
von Nachgiebigkeits-Frequenzgängen N(jω) dargestellt. Diese können aus Gleichung<br />
4-24 berechnet werden. Die dafür notwenige Transformation ergibt sich<br />
durch Lösen der allgemeinen Schwingungsgleichung 4-1 mit einem harmonischen<br />
Ansatz zu:<br />
Entstörfunktionen<br />
bzw. <br />
<br />
50<br />
(4-25, 4-26)<br />
Da die gemessenen Anregungs- und Antwortsignale oft mit elektrischen Störsignalen<br />
überlagert sind, nutzt man die Mittelwertbildung aus mehreren Messungen<br />
zur Elimination des Messrauschens. Zusätzlich werden bei der Berechnung des<br />
Übertragungsverhaltens oft die sog. H1- und H2-Entstörungstechniken eingesetzt.<br />
Dies führt dazu, dass mit steigender Anzahl von Mittelungen der Einfluss des<br />
Störrauschens abnimmt (WECK 1996). Die H1-Technik wird dabei bei gestörtem<br />
Ausgangssignal, die H2-Technik bei gestörtem Anregungssignal angewendet. Für<br />
beide Techniken werden die komplexen Leistungsspektren SU(jω) und SF(jω)<br />
verwendet, wobei gilt:<br />
<br />
und <br />
(4-25, 4-26)<br />
Für den (auch in dieser Arbeit verwendeten) Fall der H1-Technik wird angenommen,<br />
dass das Ausgangssignal mit einem Störsignal η(t) überlagert ist. Die<br />
Übertragungsfunktion berechnet sich dann wie folgt:<br />
<br />
<br />
(4-27)<br />
Mit Hilfe einer Erweiterung mit dem konjugiert komplexen Nenner und einer<br />
Umformung erhält man:
4.4 Messung des dynamischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen<br />
· <br />
· · <br />
· (4-28)<br />
Unter der Voraussetzung, dass das Störrauschen η(t) nicht mit dem Anregungssignal<br />
korreliert und dass eine genügende Zahl von Mittelungen vorgenommen<br />
wird, strebt der Term · gegen Null und die Übertragungsfunktion<br />
berechnet sich zu:<br />
· <br />
· bzw. <br />
<br />
51<br />
(4-29, 4-30)<br />
wobei SUF(jω) als das komplexe Kreuzleistungsspektrum zwischen Eingangs-<br />
und Ausgangssignal und SFF(ω) als das reelle Autoleistungsspektrum des Eingangssignals<br />
bezeichnet wird. Bei der hier nicht weiter betrachteten H2-Technik<br />
wird entsprechend angenommen, dass das Eingangssignal mit einem Störsignal<br />
überlagert ist.<br />
Kohärenzfunktion<br />
Üblicherweise treten bei der Messung des Übertragungsverhaltens trotz Mittelwertbildung<br />
und Entstörungstechniken Störsignale auf, die Fehler bei der Messdatenverarbeitung<br />
zur Folge haben. Um den Einfluss der Störsignale auf das<br />
Übertragungsverhalten abzuschätzen, wird die sog. Kohärenzfunktion genutzt.<br />
Anschaulich gesprochen gibt die Kohärenzfunktion an, ob die gemessene<br />
Schwingungsantwort nur aus dem ebenfalls gemessenen Anregungssignal resul-<br />
tiert oder durch zusätzliche Störsignale beeinflusst wurde. Die Kohärenz berechnet sich für den H1-Fall laut Weck (1996) zu:<br />
| |<br />
2<br />
· (4-31)<br />
<br />
, <br />
und <br />
beschreiben die gemittelten Leistungsspektren.<br />
Demnach bedeutet ein Wert von = 1 vollständige Kohärenz. Mit zunehmendem<br />
Anteil des Störsignals fällt dieser Wert im schlechtesten Fall auf Null<br />
ab.<br />
4.4.3 Experimentelle Modalanalyse<br />
Die experimentelle Modalanalyse ermittelt analog zur rechnerischen Modalanalyse<br />
das Eigenschwingungsverhalten eines Systems. Die Bestimmung der modalen<br />
Parameter erfolgt in diesem Fall aus einer Vielzahl von aufgezeichneten Frequenzgängen.<br />
Dabei wird die zu vermessende Struktur durch eine größere Anzahl<br />
von Messpunkten (bei Werkzeugmaschinen 100 bis 200 Punkte) diskreti-
4 Grundlagen der Vermessung und Modellierung von Werkzeugmaschinen<br />
siert. Gemäß Abschnitt 4.4.2 wird die Struktur an einem Punkt angeregt und das<br />
Übertragungsverhalten von Anregungsstelle zu Messpunkt (meist sequentiell) an<br />
jedem Punkt in allen drei translatorischen Raumrichtungen aufgezeichnet. Über<br />
verschiedene numerische Verfahren der Kurvenanpassung können aus den ermittelten<br />
Frequenzgängen die modalen Parametersätze, bestehend aus Eigenfrequenz,<br />
Dämpfungswert und Eigenvektorkomponente, berechnet werden. Über<br />
die Eigenvektorkomponenten an den Messstellen der Struktur ist es möglich, die<br />
Eigenschwingungsformen für die entsprechenden Eigenfrequenzen zu errechnen<br />
(MILBERG 1992).<br />
Die in Abschnitt 4.4 erläuterten Methoden bilden die Grundlage für die Analyse<br />
des Schwingungsverhaltens von Maschinen. Für die Analyse eines Bearbeitungszentrums<br />
während des Rührreibschweißens (siehe Kapitel 5) und zu dessen Modellierung<br />
(siehe Abschnitt 6.4) stehen damit leistungsfähige Hilfsmittel zur Verfügung,<br />
auf die im Rahmen dieser Arbeit zurückgegriffen wurde.<br />
52
5.1 Statische Verformung während des Schweißprozesses<br />
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
5.1 Statische Verformung während des Schweißprozesses<br />
Wie bereits in Abschnitt 1.1 erläutert, sind Prozessrückwirkungen in Form hoher<br />
Kräfte und Momente charakteristisch für den Prozess des Rührreibschweißens.<br />
Abbildung 5-1 zeigt einen typischen Verlauf der Kraft in Werkzeug-<br />
Achsrichtung (Fz), in Vorschubrichtung (Fx) und quer dazu (Fy) sowie das Antriebsdrehmoment<br />
(M) der Schweißspindel. Dabei sind die drei Phasen des Prozesses<br />
deutlich erkennbar. Während des Eintauchvorgangs steigen vor allem die<br />
Kraft in Werkzeug-Achsrichtung und das Antriebsdrehmoment stark an. Beim<br />
Aufsetzen der Werkzeugschulter auf den Fügepartnern ist in allen drei Achsrichtungen<br />
ein Kraftmaximum zu erkennen. In der Aufwärmphase fallen die Kräfte<br />
langsam ab, bis mit dem Einsetzen der Vorschubbewegung vor allem die Kräfte<br />
in Werkzeug- und in Schweißrichtung abrupt ansteigen. Nach wenigen Sekunden<br />
stellt sich ein stationärer Schweißbetrieb ein.<br />
Kraft<br />
10000<br />
N<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
Eintauchen Haltezeit Schweißbetrieb<br />
-2000<br />
5 10 15 20 25 30 s 40<br />
Zeit<br />
-10<br />
Abbildung 5-1: Typischer Verlauf der Kräfte und des Drehmoment beim<br />
Rührreibschweißen (n = 1000 min -1 , v = 350 mm/min,<br />
Et = 0,13 mm, St = 4 mm, Werkstoff EN AW-6060-T66)<br />
Diese Kräfte haben oft nicht zu vernachlässigende Verformungen der Schweißanlage<br />
zur Folge. Dabei haben die Abdrängungen des Werkzeugs von der<br />
53<br />
F x<br />
F y<br />
M F z<br />
50<br />
Nm<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Drehmoment
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
Schweißposition in und quer zur Schweißrichtung aufgrund des Pindurchmessers<br />
meist keinen Einfluss auf das Schweißergebnis. Aufgrund der im Vergleich eher<br />
geringen Kräfte in diesen Richtungen treten nur bei weichen Systemen wie z. B.<br />
Industrierobotern problematische Abweichungen von der programmierten<br />
Schweißbahn auf (VÖLLNER 2010). Durch die Robustheit vieler Werkzeugmaschinen<br />
kommt dieser Effekt hier nicht zum Tragen. Für die Verformung in<br />
Werkzeug-Achsrichtung gilt dies nicht. Hohe Prozesskräfte im Bereich von ca.<br />
5 bis 20 kN bewirken eine elastische Verformung, die eine signifikante Auswirkung<br />
auf den Prozess hat. Abbildung 5-2 stellt die relevanten Nachgiebigkeiten<br />
am Beispiel des in dieser Arbeit betrachteten NC-Bearbeitungszentrums<br />
(HELLER MCH 250) dar. Die Prozesskraft, die sich zwischen Werkstück und<br />
Werkzeug einstellt, bewirkt eine Durchbiegung des Maschinenständers und dessen<br />
Kippen auf den Führungen. Gleiches gilt für den einseitig aufgespannten<br />
Spannwinkel, der sich durch die Prozesskraft verformt und über das Wälzlager<br />
des Rundtisches kippt. Die Nachgiebigkeiten der Spindellagerung, des Werkzeugspannsystems<br />
und der Führungen der y-Achse tragen ebenfalls zur Veränderung<br />
der programmierten Werkzeugposition bei. Zusätzlich kommt es durch das<br />
Tordieren des Antriebsstrangs der Vorschubachse zu einer Abweichung von der<br />
programmierten Schlittenposition. Diese Differenz kann jedoch durch den Einsatz<br />
von direkten Lagemesssystemen am Schlitten ausgeglichen werden.<br />
Spannwinkel<br />
Rundtisch<br />
Schlitten<br />
Durchbiegung<br />
+ Kippen<br />
Torsion<br />
Nachgiebigkeit<br />
Lager + Führungen<br />
Prozesskraft<br />
Kugelgewindemutter<br />
Abbildung 5-2: Statische Verformung der benutzten Werkzeugmaschine beim<br />
Rührreibschweißen<br />
54<br />
Ständer<br />
Spindelwelle<br />
Durchbiegung<br />
+ Kippen<br />
Drehmoment<br />
z<br />
x<br />
y
5.1 Statische Verformung während des Schweißprozesses<br />
Messungen ergaben, dass im Falle des hier verwendeten Bearbeitungszentrums<br />
der Einfluss des Spannwinkels und seiner Lagerung dominiert. Aufsummiert bewirken<br />
die elastischen Verformungen während des Schweißvorgangs eine Abweichung<br />
der tatsächlichen Werkzeugposition relativ zum Bauteil um wenige<br />
Zehntel Millimeter. Abbildung 5-3 verdeutlicht die Auswirkung dieses Sachverhalts<br />
auf die Nahtqualität. Um einen stetigen Energieeintrag in die zu fügenden<br />
Bauteile sicherzustellen, wird die Position des Werkzeugs so programmiert, dass<br />
die Werkzeugschulter wenige Zehntel Millimeter in das Bauteil eindringt. Die<br />
Länge des Pins wird so eingestellt, dass er die zu fügenden Bauteile nicht komplett<br />
durchdringt und nicht mit der Oberfläche der Aufspannvorrichtung in Kontakt<br />
kommt. Durch die relative Veränderung der Werkzeugposition weicht die<br />
tatsächliche Eintauchtiefe von der programmierten ab, was dazu führen kann,<br />
dass sich der Abstand des Pins zur Bauteilrückseite derart vergrößert, dass keine<br />
vollständige Durchschweißung erfolgt (ZÄH & GEBHARD 2009).<br />
Quelle: <strong>iwb</strong><br />
ungenügende Durchschweißung<br />
Abbildung 5-3: Fehler bei der Durchschweißung durch Abstand zwischen Pin<br />
und Bauteilrückseite und relative Position des Werkzeugs zum<br />
zu schweißenden Bauteil<br />
Um diesem Effekt entgegenzuwirken, wurden bereits kurz nach der Erfindung<br />
des Verfahrens verschiedene Lösungen entwickelt. So wird, wie in Abschnitt 2.4<br />
bereits beschrieben, das Verfahren i. A. im kraftgeregelten Modus durchgeführt.<br />
Bei positionsgeregeltem Schweißbetrieb, der oft bei Werkzeugmaschinen eingesetzt<br />
wird, können über Kompensationsmodelle bereits vor dem Schweißvorgang<br />
Anpassungen bei der programmierten Eintauchtiefe vorgenommen werden, um<br />
diesem Problem zu begegnen (EIREINER 2006). Liegen entsprechende Modelle<br />
nicht vor oder ist die Relativnachgiebigkeit der verwendeten Maschine nicht bekannt,<br />
wird in Vorversuchen solange die Eintauchtiefe erhöht, bis eine vollständige<br />
Durchschweißung erreicht ist. Das statische Verhalten von Maschinen beim<br />
55<br />
Eintauchtiefe der<br />
Werkzeugschulter<br />
Stoß Abstand des Pins<br />
zur Bauteilrückseite
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
Rührreibschweißen kann demnach als beherrschbar angesehen werden und spielt<br />
hauptsächlich bei der Entwicklung und Beurteilung der Eignung von Maschinen<br />
zum Rührreibschweißen eine Rolle. Das dynamische Verhalten von Maschinen<br />
während des Schweißvorgangs ist, wie bereits in Kapitel 2 erläutert, noch wenig<br />
beleuchtet. Beeinflusst wird dieses Verhalten vor allem durch die dynamischen<br />
Anteile der Prozesskräfte, die im Folgenden näher untersucht werden.<br />
5.2 Prozesskräfte beim Rührreibschweißen im Vergleich zum<br />
Fräsen<br />
Zur näheren Charakterisierung der Prozesskräfte beim Rührreibschweißen werden<br />
diesen Kraftverläufe gegenübergestellt, die bei der Zerspanung auftreten.<br />
Dadurch lassen sich die Belastungen mit denen eines Fertigungsprozesses vergleichen,<br />
für den das untersuchte Bearbeitungszentrum entwickelt wurde. Abbildung<br />
5-4 und Abbildung 5-6 zeigen typische Prozesskraftverläufe beim Fräsen<br />
und beim Rührreibschweißen. Aufgezeichnet wurden die Verläufe mit einer<br />
Kraftmessplattform, die für beide Verfahren als Werkstückträger diente. Für die<br />
Versuche wurde ein Messerkopf mit einem Durchmesser von 32 mm und drei<br />
Schneiden eingesetzt und es wurde eine Nut von 1 mm Tiefe in einen Stahlblock<br />
gefräst. Wie Abbildung 5-4 zeigt, hat dies in allen Achsrichtungen einen Kraftverlauf<br />
zur Folge, der durch viele Kraftspitzen gekennzeichnet ist. Speziell in<br />
(Fx) und quer (Fy) zur Vorschubrichtung sind die Umdrehungen des Werkzeugs<br />
(Zeit pro Umdrehung = 0,0353 s) und die einzelnen Zahneintritte in das Bauteil<br />
(Zeit pro Zahneintritt = 0,0118 s) deutlich zu erkennen. Dies ist auch im Frequenzspektrum<br />
eindeutig festzustellen (Frequenz der Werkzeugdrehzahl =<br />
28,33 Hz, Zahneintrittsfrequenz = 85 Hz).<br />
Im Gegensatz zu den Werkzeugen zur Fräsbearbeitung existieren bei den meisten<br />
Werkzeugen zum Rührreibschweißen keine scharfen oder geschliffenen Schneiden.<br />
Die Grundform der meisten Werkzeugpins ist zylindrisch oder konisch und<br />
i. A. lediglich mit einem Gewinde profiliert, das den Werkstofffluss in der Rührzone<br />
positiv beeinflussen soll. Das für diese Arbeit verwendete Werkzeug besitzt<br />
einen konischen Pin (Kegelwinkel = 30 Grad) mit rundem Querschnitt und Gewinde.<br />
Zusätzlich wurden durch eine Schleifbearbeitung zwei gegenüberliegende<br />
Abflachungen erzeugt. Das Werkzeug besitzt eine abgerundete Schulter (Durchmesser<br />
= 14 mm, Kantenradius = 2 mm) und ist deshalb auch für das Schweißen<br />
ohne Anstellwinkel nutzbar (siehe Abbildung 5-5).<br />
56
Kraft Fx Kraft FFy y<br />
Kraft Fz 200<br />
N<br />
120<br />
80<br />
40<br />
5.2 Prozesskräfte beim Rührreibschweißen im Vergleich zum Fräsen<br />
200<br />
N<br />
-200<br />
-400<br />
-600<br />
-800<br />
0 0,05<br />
Zeit<br />
s 0,15<br />
1200<br />
N<br />
1200<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
0 0,05<br />
Zeit<br />
s 0,15<br />
0<br />
0 0,05 s 0,15<br />
Zeit<br />
Abbildung 5-4: Prozesskräfte bei einer typischen Fräsbearbeitung (Messerkopf<br />
mit drei Schneiden, Wendeschneidplatten aus Hartmetall,<br />
Trockenbearbeitung, D = 32 mm, n = 1700 min -1 , v = 500<br />
mm/min, ap = 1 mm, Werkstoff S 235)<br />
Entsprechend wurde der Anstellwinkel für alle Schweißnähte in dieser Arbeit auf<br />
0° eingestellt. Im Zentrum der Werkzeugschulter wurde eine Vertiefung von<br />
0,5 mm eingebracht, um verdrängten Werkstoff aufzunehmen und damit den<br />
Auswurf während des Schweißens zu verringern.<br />
abgerundete<br />
Werkzeugschulter<br />
Vertiefung<br />
Gewindepin,<br />
angeschliffen an zwei Seiten<br />
Abbildung 5-5: Schweißwerkzeug mit Gewindepin und abgerundeter Werkzeugschulter,<br />
Schulterdurchmesser = 14 mm, Pindurchmesser<br />
= 5 mm, Pinlänge = 2,7 mm, Kantenradius = 2 mm<br />
57<br />
Magnitude<br />
Amplitude<br />
Magnitude Amplitude<br />
Amplitude Magnitude<br />
300<br />
N<br />
100<br />
0<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz<br />
300<br />
N<br />
100<br />
0<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz<br />
60<br />
N<br />
20<br />
0<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
Abbildung 5-6 zeigt die bei einem typischen Schweißvorgang entstehenden Prozesskräfte<br />
in den drei Achsrichtungen. Hierbei werden große Unterschiede zum<br />
Verlauf der Prozesskräfte beim Fräsen deutlich. Die Werkzeuggeometrie resultiert<br />
in sehr regelmäßigen und harmonischen Kraftverläufen, die nicht durch<br />
kurzzeitige Kraftspitzen gekennzeichnet sind. Sie werden maßgeblich von der<br />
Werkzeugdrehzahl bestimmt. Deutlich wird auch, dass diese Kraftverläufe zusätzliche<br />
Spektralanteile mit der doppelten Frequenz der Drehzahl enthalten. In<br />
Werkzeug-Achsrichtung tritt ein unruhigeres, aber dennoch regelmäßiges Signal<br />
auf, das aus mehreren Frequenzanteilen besteht und deutlich von der Grundschwingung<br />
mit der Frequenz der Werkzeugdrehzahl dominiert wird. Die Kraftamplituden<br />
der Anteile höherer Frequenz betragen nur wenige Newton und entstehen<br />
höchstwahrscheinlich durch Maschinenschwingungen. Da die Messung<br />
der Kräfte mit der Kraftmessplattform nicht komplett von Maschineneinflüssen<br />
entkoppelt ist, können sich Schwingungen des Spannwinkels (siehe Abbildung<br />
5-2) in Werkzeug-Achsrichtung auf die Eintauchtiefe der Werkzeugschulter<br />
auswirken, was wiederum in Kraftschwankungen resultiert. Im Allgemeinen wird<br />
deutlich, dass die Amplitude der Kraftschwankungen, ähnlich wie bei der gezeigten<br />
Fräsbearbeitung, in und quer zur Vorschubrichtung eine Größenordnung über<br />
der in Werkzeug-Achsrichtung liegt.<br />
Auf den ersten Blick scheint es verblüffend, dass es beim Prozess des Rührreibschweißens<br />
zu solch starken Prozesskraftschwankungen kommt. Nimmt man an,<br />
dass sich im Prozess ein kontinuierlicher Werkstofffluss um das Werkzeug ausbildet,<br />
können dermaßen große Kraftschwankungen nicht entstehen. Ein Beitrag<br />
der bereits erwähnten Abflachungen zu diesen Schwankungen ist denkbar, da sie<br />
einen kontinuierlichen Werkstofffluss unterbrechen, sie bieten aber eher eine<br />
mögliche Erklärung für die Frequenzanteile mit doppelter Drehfrequenz.<br />
Vor allem die Nahtoberfläche deutet an, dass der Werkstofftransport in der Rührzone<br />
periodischer Natur ist (siehe siehe Abbildung 5-7). Deutlich ist hier der Einfluss<br />
der Werkzeugdrehzahl zu erkennen. Nach JENE (2008) entspricht der Abstand<br />
zwischen den sichtbaren Abdrücken der Werkzeugschulter in der Regel<br />
exakt dem programmierten Vorschub pro Umdrehung (im weiteren Verlauf der<br />
Arbeit nur noch als „Vorschub“ bezeichnet).<br />
58
Kraft Fx Kraft Fy Fy Kraft FFz z<br />
2000<br />
N<br />
1200<br />
800<br />
400<br />
N<br />
4050<br />
4000<br />
3950<br />
5.2 Prozesskräfte beim Rührreibschweißen im Vergleich zum Fräsen<br />
0<br />
0<br />
-500<br />
0,05 0,1<br />
Zeit<br />
0,15 s 0,25<br />
N<br />
-1300<br />
-1700<br />
-2100<br />
-2500<br />
0<br />
4150<br />
0,05 0,1<br />
Zeit<br />
0,15 s 0,25<br />
3900<br />
0 28.05.2010 0,05 0,1 0,15 s 0,25<br />
Zeit<br />
Abbildung 5-6: Prozesskräfte beim Rührreibschweißens (n = 1000 min -1 ,<br />
v = 100 mm/min, Et = 0,2 mm, St = 3 mm, Werkstoff EN AW-<br />
5182-H111, Werkzeug gemäß Abbildung 5-5)<br />
Schweißrichtung<br />
Abstand = Vorschub = Vorschubgeschwindigkeit<br />
Werkzeugdrehzahl<br />
Abbildung 5-7: Typische Nahtoberfläche beim Rührreibschweißen<br />
Ähnliches kann auch im Nahtinneren beobachtet werden. Die Textur von Makroschliffen<br />
entlang der Schweißnaht und die daran sichtbaren Oxidlinien lassen<br />
dabei deutlich die einzelnen Werkzeugumdrehungen erkennen (JENE 2008). Erklärungen<br />
für dieses Phänomen könnten auf der einen Seite in einer unvermeid-<br />
59<br />
Magnitude Amplitude Magnitude Amplitude<br />
Amplitude Magnitude<br />
800<br />
N<br />
400<br />
200<br />
0<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz<br />
800<br />
N<br />
400<br />
200<br />
0<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz<br />
80<br />
N<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
baren Unwucht bzw. Rundlaufabweichung von Antriebsspindel und Werkzeug<br />
liegen (YAN ET AL. 2007). Ebenso sind die in die Werkzeugpins eingearbeiteten<br />
Gewinde fertigungsbedingt geometrisch nie ideal, was zur Folge hat, dass sich an<br />
der Spitze oft eine scharfe Kante befindet. Andererseits könnte auch die Wechselwirkung<br />
der Werkzeugoberfläche mit dem unmittelbar angrenzenden Material<br />
dafür verantwortlich sein, dass sich ein nicht kontinuierlicher Werkstofffluss<br />
ausbildet. Dies ist immer noch nicht abschließend geklärt und gibt weiter Anlass<br />
zu intensiven Forschungsaktivitäten (siehe auch Abschnitt 2.5). Erwiesen ist,<br />
dass Material, das sich vor dem Werkzeug befindet, um das Werkzeug herum<br />
gefördert und in Bändern im Nachlauf des Werkzeugs abgelegt wird. Es wurde<br />
ebenfalls berichtet, dass Material teilweise mehrfach um das Werkzeug gefördert<br />
wurde (MISHRA 2007). Die nähere Betrachtung und Bewertung dieser Zusammenhänge<br />
ist an dieser Stelle nicht sinnvoll und erfolgt ausführlich in Kapitel 6<br />
dieser Arbeit. Dort werden die Vorgänge in der Rührzone während des Schweißprozesses<br />
eingehender untersucht, um anschließend Modellvorstellungen für die<br />
entstehenden Prozesskraftverläufe abzuleiten. Zusammenfassend kann hier festgehalten<br />
werden, dass die Amplituden der Prozesskraftverläufe für die beiden<br />
betrachteten Verfahren (Fräsen und Rührreibschweißen) in den drei Achsrichtungen<br />
vergleichbar sind. Die Zusammensetzung im Frequenzbereich und die<br />
statischen Anteile, vor allem in Werkzeug-Achsrichtung, sind jedoch stark unterschiedlich.<br />
Die Auswirkungen dieses Sachverhalts auf das dynamische Verhalten<br />
der betrachteten Anlage werden im Folgenden untersucht.<br />
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim<br />
Rührreibschweißen<br />
5.3.1 Betriebsschwingungen an der Schweißstelle<br />
Zur Charakterisierung des dynamischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen<br />
beim Rührreibschweißen wurden die auftretenden Beschleunigungen im Bereich<br />
der Schweißstelle gemessen. Sie werden, wie schon die Prozesskräfte in Abschnitt<br />
5.2, den Messwerten bei einer typischen Fräsbearbeitung gegenübergestellt.<br />
Mit diesen Ergebnissen sollen die maßgeblichen Unterschiede des Verhaltens<br />
der verwendeten Maschine bei diesen Fertigungsverfahren aufgezeigt werden.<br />
Dies erlaubt die Bewertung der Reaktion der Maschine auf eine für eine<br />
Werkzeugmaschine untypische Beanspruchung.<br />
60
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim Rührreibschweißen<br />
Aus Platzgründen und wegen der Erwärmung in der Nähe der Schweißstelle<br />
wurde als Messort die Rückseite des Spannwinkels gewählt. Abbildung 5-8 zeigt<br />
die auftretenden Beschleunigungen in Werkzeug-Achsrichtung sowie die aus<br />
diesen Werten berechneten Amplitudenspektren. Dabei wird deutlich, dass die<br />
gemessenen Amplituden beim Fräsen eine Größenordnung (Zehnerpotenz) über<br />
denen beim Rührreibschweißen liegen, obwohl die Kraftanteile in Werkzeug-<br />
Achsrichtung bei beiden Verfahren um einen ähnlich großen Anteil schwanken.<br />
Dies deutet bereits darauf hin, dass die Maschinenstruktur bei beiden Verfahren<br />
unterschiedlich beansprucht wird. Bei weiterer Betrachtung des Zeitsignals der<br />
Beschleunigungen sind außerdem die Werkzeugumdrehungen des Fräsers eindeutig<br />
zu bestimmen (Zeit pro Umdrehung = 0,0353 s). Beim Rührreibschweißen<br />
ist dies nicht der Fall (Zeit pro Umdrehung = 0,06 s). Außerdem scheint die Maschine<br />
im Bereich der Messstelle während einer Umdrehung des Fräsers hochfrequent<br />
auszuschwingen. Das Amplitudenspektrum unterstreicht diese Beobachtungen.<br />
Es zeigt hohe Werte im Bereich von 300 Hz bis 400 Hz, die aus den Bereichen<br />
starker Schwingungen des Zeitsignals resultieren. Zusätzlich sind die<br />
Zahneintrittsfrequenz (85 Hz) und die 5. Vielfache der Drehfrequenz zu erkennen.<br />
Das Amplitudenspektrum des Rührreibschweißprozesses zeigt deutliche<br />
Ausschläge bei Vielfachen der Drehzahl. Die höchsten Amplituden treten bei<br />
133,3 Hz und 266,6 Hz auf.<br />
Die Betrachtung von Beschleunigungen allein reicht jedoch zur umfassenden<br />
Bewertung der offensichtlichen Unterschiede der beiden Verfahren nicht aus. Für<br />
Werkzeugmaschinen sind ohnehin die auftretenden Verlagerungen relevanter.<br />
Deshalb wurden die Beschleunigungswerte durch doppelte Integration entsprechend<br />
umgerechnet. Dabei kam ein Hochpassfilter zum Einsatz, der die Frequenzanteile<br />
unter 20 Hz (Fräsen) und unter 12 Hz (Rührreibschweißen) unterdrückt,<br />
um die numerische Integration zu ermöglichen. Die auftretenden Schwingungen<br />
mit ihren Verlagerungsamplituden haben für das Fräsen einen direkten<br />
Einfluss auf die Oberflächenqualität des gefertigten Bauteils. Die Verlagerungen<br />
sind daher meist von größerem Interesse als die Beschleunigungswerte. Abbildung<br />
5-9 zeigt analog zu Abbildung 5-8 die Verlagerungen und die entsprechenden<br />
Amplitudenspektren.<br />
61
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
Fräsen<br />
10<br />
Beschleunigung<br />
m/s²<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
0,00 0,05 s 0,15<br />
Zeit<br />
Rührreibschweißen<br />
0,50<br />
Beschleunigung<br />
m/s²<br />
0,00<br />
-0,25<br />
-0,50<br />
0,00 0,05 s 0,15<br />
Zeit<br />
Abbildung 5-8: Beschleunigung des Spannwinkels in Werkzeug-Achsrichtung<br />
beim Fräsen und beim Rührreibschweißen (Parameter siehe<br />
Abbildung 5-4 und Abbildung 5-6)<br />
Auffällig ist, dass im Gegensatz zu den Beschleunigungswerten die Lagewerte<br />
beim Fräsen und Rührreibschweißen in der gleichen Größenordnung liegen. Der<br />
Spannwinkel schwingt einige wenige Tausendstel Millimeter um die Ruhelage.<br />
Aufgrund der ähnlichen Amplituden der Kraftkomponente beim Fräsen und<br />
Rührreibschweißen in Werkzeug-Achsrichtung ist dieses Verhalten nachvollziehbar<br />
(siehe Abbildung 5-4 und Abbildung 5-6). Die Werkzeugdrehzahl des<br />
Fräsers (Zeit pro Umdrehung = 0,0353 s) ist wie beim Beschleunigungssignal in<br />
den Verläufen gut zu erkennen. Dies gilt nun auch für das Rührreibschweißen<br />
(Zeit pro Umdrehung = 0,06 s). Im Frequenzspektrum wird dies durch die hohen<br />
Amplituden der Anteile bei 28,33 Hz (Fräsen) und 16,66 Hz (Rührreibschweißen)<br />
deutlich. Die Amplitude bei der Zahneintrittsfrequenz (85 Hz) ist ebenfalls<br />
sehr ausgeprägt. Sie ist jedoch im Gegensatz zum Beschleunigungssignal geringer<br />
als die der Werkzeugdrehzahl.<br />
62<br />
Amplitude<br />
Amplitude<br />
1,5<br />
m/s²<br />
0,5<br />
0,0<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz<br />
0,12<br />
m/s²<br />
0,04<br />
0,00<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim Rührreibschweißen<br />
0,006<br />
mm<br />
0,000<br />
Lage Fräsen<br />
-0,003<br />
-0,006<br />
0,00 0,05 0,10 0,15 s 0,25<br />
Zeit<br />
Rührreibschweißen<br />
0,004<br />
Lage<br />
mm<br />
0,000<br />
-0,002<br />
-0,004<br />
0,0 0,1 0,2 0,3 s 0,5<br />
Zeit<br />
Abbildung 5-9: Zeitverlauf der Verlagerungen des Spannwinkels in Werkzeug-Achsrichtung<br />
beim Fräsen und beim Rührreibschweißen<br />
(Parameter siehe Abbildung 5-4 und Abbildung 5-6)<br />
Das hochfrequente Ausschwingen des Spannwinkels beim Fräsen ist auch im<br />
Zeitsignal der Lageschwingung sichtbar, jedoch mit reduzierter Amplitude. Dies<br />
reflektieren auch die in diesem Frequenzbereich (300 Hz bis 400 Hz) im Vergleich<br />
zu den Beschleunigungswerten reduzierten Amplitudenwerte. Generell<br />
werden Beschleunigungsanteile hoher Frequenz in kleinere Lagewerte umgesetzt<br />
als vergleichbare Anteile niedriger Frequenz, da für niedrige Frequenzen der Beschleunigungsvorgang<br />
über höhere Periodendauern wirkt. Derselbe Sachverhalt<br />
kann auch damit begründet werden, dass im Frequenzbereich die doppelte Integration<br />
einer Division durch die quadratische Kreisfrequenz entspricht (FROHNE<br />
2005). Die Maxima der Spektren der Lageschwingungen beider Verfahren werden<br />
dadurch zu niedrigeren Frequenzen hin verschoben und hohe Frequenzanteile<br />
stark abgeschwächt. Trotzdem bleiben beim Fräsen, im Gegensatz zum Rührreibschweißen,<br />
höhere Amplitudenwerte auch bei hohen Frequenzen erhalten.<br />
Diese unterschiedlichen Resultate lassen Rückschlüsse auf die unterschiedlichen<br />
Prozesse und damit auf das unterschiedliche Verhalten der Anlage zu. Die hochfrequenten<br />
Spektralanteile beim Fräsen in Verbindung mit der Gestalt der Zeitsignale<br />
deuten darauf hin, dass der Spannwinkel während des Fräsprozesses in<br />
63<br />
Amplitude<br />
Amplitude<br />
0,0018<br />
mm<br />
0,0006<br />
0,0000<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz<br />
0,0015<br />
mm<br />
0,0005<br />
0,0000<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
Werkzeug-Achsrichtung relativ zum Werkzeug für kurze Zeiten annähernd frei<br />
schwingen kann. Durch die hohe Vorspannung und den kontinuierlicheren Eingriff<br />
des Werkzeugs beim Rührreibschweißen ist dies nicht bzw. nur sehr eingeschränkt<br />
möglich. Die flache Form der Werkzeugschulter im Gegensatz zur<br />
Form der Wendeschneidplatten trägt höchstwahrscheinlich zu dieser Tatsache<br />
bei. Zusätzlich dazu befindet sich beim Rührreibschweißen zwischen der Werkzeugoberfläche<br />
und dem Spannwinkel der hochgradig plastifizierte Werkstoff der<br />
Fügepartner, der einen gesicherten Kontakt zwischen Fügezone und Werkzeug<br />
herstellt.<br />
Übertragen auf die strukturdynamischen Auswirkungen bedeutet dies, dass beim<br />
Rührreibschweißen zu allen Zeiten ein geschlossener Kraftfluss über die Komponenten<br />
Antriebswelle, Maschinentisch, Spannwinkel, Werkstück, Werkzeug,<br />
Spindel, Maschinenständer und Bett herrscht. Für die mechanische Auslegung<br />
von Maschinen zum Rührreibschweißen muss dies in jedem Fall berücksichtigt<br />
werden. Das Gleiche gilt für die regelungstechnische Auslegung der Vorschubantriebe,<br />
die während des Prozesses unter signifikant veränderten Rahmenbedingungen<br />
betrieben werden müssen als bei reinen Positionierbewegungen. Dafür<br />
muss das Übertragungsverhalten von Werkzeugmaschinen während des<br />
Schweißprozesses näher untersucht werden. Insbesondere muss geklärt werden,<br />
welchen Einfluss die bereits angesprochene Fügezone auf dieses Verhalten hat<br />
(siehe Abschnitt 5.3.2).<br />
Dass ähnliche Betrachtungen für das dynamische Verhalten von Fertigungsmaschinen<br />
eine Rolle spielen können, wurde z. B. bereits bei der Bearbeitung mit<br />
geometrisch unbestimmter Schneide (Schleifen) gezeigt. Die dynamische Relativverlagerung<br />
in der Kontaktzone wird hier nicht ausschließlich durch das<br />
Nachgiebigkeitsverhalten der Maschine bestimmt, sondern auch durch die zusätzliche<br />
Nachgiebigkeit der Schleifscheibe (und deren Materialabtrag) in der<br />
Kontaktzone beeinflusst (SCHÜTTE 2004). Abbildung 5-10 zeigt diesen Einfluss<br />
am Beispiel einer Walzenschleifmaschine. Die Kontaktnachgiebigkeit der<br />
Schleifscheibe bewirkt im niederfrequenten Bereich ein weicheres Systemverhalten.<br />
Im kritischeren, höherfrequenten Bereich wird das System, begleitet von einer<br />
reduzierten Phasendrehung, steifer (WECK 1996).<br />
64
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim Rührreibschweißen<br />
Nachgiebigkeit<br />
10 -1<br />
μm<br />
N<br />
10 -2<br />
5<br />
2<br />
10 -3<br />
5<br />
2<br />
10 -4<br />
höhere<br />
Steifigkeit<br />
reduzierte<br />
Phasendrehung<br />
φ ges<br />
GXX Maschinennachgiebigkeit<br />
M<br />
GXX Systemnachgiebigkeit<br />
ges<br />
Frequenz<br />
Abbildung 5-10: Gegenüberstellung des Maschinen-Nachgiebigkeitsverhaltens<br />
und des gesamten System-Nachgiebigkeitsverhaltens inkl.<br />
Steifigkeit der Schleifscheibe (WECK 1996)<br />
5.3.2 Übertragungsverhalten während des Rührreibschweißens<br />
φ M<br />
Wie beschrieben, zeigt das schwingungsfähige System Werkzeugmaschine während<br />
des Rührreibschweißenes große Unterschiede im Vergleich zum Verhalten<br />
während der Fräsbearbeitung. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass neben<br />
der unterschiedlichen Anregung durch den Prozess vor allem der gleichmäßige<br />
Kraftfluss durch das Werkzeug während des Schweißens und die herrschende<br />
Vorspannung dafür verantwortlich sind. Außerdem befindet sich die Fügezone<br />
beim Rührreibschweißen zwischen Spannwinkel und Werkzeug, was ebenfalls<br />
zur Änderung des dynamischen Verhaltens beiträgt. Zur näheren Untersuchung<br />
dieses Sachverhalts wurde das dynamische Verhalten der Werkzeugmaschine im<br />
Bereich der Schweißstelle eingehender untersucht. Der Grundgedanke der Messungen<br />
ist der Vergleich des dynamischen Verhaltens ohne Kraftfluss durch das<br />
Werkzeug mit dem vorgespannten Zustand und dem Zustand während des Rührreibschweißens.<br />
Bereits in Abschnitt 4.4 wurden die Möglichkeiten der Modalanalyse<br />
und der lokalen Messung von Übertragungsfunktionen zwischen zwei<br />
Punkten erläutert. Die Modalanalyse der Gesamtmaschine stellt hierbei die umfassendere<br />
Analysemethode dar. Für ihre Durchführung ist bei einer Maschine<br />
dieser Größe die Anregung mit einem elektrodynamischen Absoluterreger erfor-<br />
65<br />
-180°<br />
-240°<br />
-300°<br />
0°<br />
-60°<br />
-120°<br />
-180°<br />
0 100 200 300 400 Hz 500
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
derlich. Diese Anforderung verhindert jedoch den Einsatz der Modalanalyse<br />
während des Schweißens, da die Schweißvorgänge um ein Vielfaches kürzer als<br />
die für die Modalanalyse nötigen Frequenzgangmessungen sind. Deshalb wurde<br />
auf die lokale Messung der dynamischen Nachgiebigkeit im Schweißbereich<br />
durch transiente Anregung mittels Impulshammer zurückgegriffen. Abbildung<br />
5-11 zeigt die Vorgehensweise und den Versuchsaufbau für die entsprechenden<br />
Messungen. Analog zu den Betriebsschwingungsmessungen kann auch hier nicht<br />
direkt an der Schweißstelle gemessen werden. Die Schwingungsantworten wurden<br />
deshalb an der Rückseite des Spannwinkels aufgezeichnet. Ähnliche Schwierigkeiten<br />
bereitet die Wahl des Anregungsortes, da eine Anregung direkt an der<br />
Schweißstelle ebenfalls nicht möglich ist. Als Anregungsposition diente deshalb<br />
der Spannwinkel in direkter Umgebung der Schweißstelle (Abstand zur Schweißstelle<br />
ca. 100 mm). Die Anregung erfolgte in z-Richtung. Aufgezeichnet wurden<br />
der Kraftverlauf der Anregung sowie die resultierende Beschleunigung. Die Umrechnung<br />
der Messwerte in Nachgiebigkeits-Frequenzgänge wurde gemäß dem<br />
in Abschnitt 4.4.2.4 beschriebenen Vorgehen durchgeführt. Zur Verbesserung<br />
der Ergebnisqualität wurden jeweils die Ergebnisse dreier Hammerschläge gemittelt.<br />
Mittelung für n = 3<br />
Kraft Beschleunigung<br />
FFT<br />
Antwort Umrechnung:<br />
+<br />
Anregung Beschl. Weg<br />
Nachgiebigkeitsfrequenzgang<br />
Aufnahme<br />
Versuchsblech<br />
Beschleunigungssignal<br />
(z-Richtung)<br />
Schweißvorgang (x-Richtung)<br />
Position<br />
Hammerschlag<br />
Abbildung 5-11: Versuchsaufbau zur Messung der dynamischen Nachgiebigkeit<br />
am Spannwinkel im vorgespannten Zustand und während<br />
des Rührreibschweißens.<br />
Bei allen Messungen wurden die Positionen von Spannwinkel, z-Schlitten, Ständer<br />
und Fräseinheit bis auf kleine Änderungen im Millimeter-Bereich konstant<br />
gehalten, um größtmögliche Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Im Zustand ohne<br />
66<br />
z<br />
y<br />
x
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim Rührreibschweißen<br />
Kraftfluss durch das Werkzeug betrug der Abstand des Spannwinkels zum<br />
Werkzeug ca. 1 mm. Der vorgespannte Zustand wurde durch ein Werkzeug ohne<br />
Pin realisiert, das an der Schweißstelle auf Anschlag gefahren wurde, um einen<br />
geschlossenen Kraftfluss zu erzeugen. Damit umfangreiche Ergebnisse für das<br />
Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen gewährleistet sind,<br />
wurden bei den Schweißversuchen zwei Aluminiumlegierungen mit unterschiedlichen<br />
Eigenschaften (Strangpresslegierung EN AW-6060-T66 und Walzlegierung<br />
EN AW-5182-H111, siehe Tabelle 5-1) und verschiedene Schweißparameterkombinationen<br />
betrachtet. So konnten Schweißversuche mit höheren und niedrigeren<br />
Temperaturen an der Schweißstelle und unterschiedlichen Prozesskräften<br />
vorgenommen werden (siehe Abbildung 5-12). Für die Versuche im vorgespannten<br />
Zustand wurden zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit dieselben Kräfte<br />
eingestellt, die während der beschriebenen Parameterkombinationen beim Rührreibschweißen<br />
herrschten.<br />
Legierung Zustand Mechanische Kennwerte<br />
R m [MPa] R p0.2 [MPa] A 50mm [%]<br />
EN AW‐6060<br />
EN AW‐5182<br />
T66<br />
H111<br />
><br />
= 215<br />
255‐350<br />
><br />
= 160<br />
><br />
= 110<br />
6<br />
13<br />
Tabelle 5-1: Mechanische Kennwerte der Versuchswerkstoffe (DIN EN<br />
755-2, DIN EN 485-2)<br />
Drehzahl<br />
1600<br />
1/min<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
6,7 kN<br />
3,3 kN<br />
4,1 kN 6,5 kN 6,8 kN<br />
2,6 kN 3,6 kN 4,7 kN<br />
6,6 kN<br />
5,9 kN<br />
400<br />
100 225 350 mm/min 475 600<br />
Vorschubgeschwindigkeit<br />
Abbildung 5-12: Schweißparameterkombinationen und resultierende Anpresskräfte<br />
sowie Temperaturen bei den betrachteten Legierungen<br />
(Et = 0,2 mm, St = 3 mm, Werkzeug gemäß Abbildung 5-5)<br />
67<br />
Anpresskräfte:<br />
EN AW-5182-H111<br />
EN AW-6060-T66
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
Verhalten an der Schweißstelle unter Vorspannung<br />
Abbildung 5-13 zeigt deutlich die Änderung des Übertragungsverhaltens der<br />
Werkzeugmaschine unter Vorspannung. Ohne Kontakt zwischen Spannwinkel<br />
und Werkzeug kann der Spannwinkel nach der Anregung durch den Impulshammer<br />
naturgemäß stärker ausschwingen als im vorgespannten Zustand. Dies<br />
resultiert in Nachgiebigkeitswerten, die über nahezu den gesamten betrachteten<br />
Frequenzbereich weit über denen des vorgespannten Zustandes liegen. Die verschiedenen<br />
Vorspannkräfte, die entsprechend den Schweißparametern eingestellt<br />
wurden (2,6 kN bis 6,7 kN), haben keine nennenswerten Unterschiede im Nachgiebigkeits-Frequenzgang<br />
des vorgespannten Zustands zur Folge.<br />
Amplitude<br />
Phase<br />
x 10<br />
3,0<br />
-8<br />
m/N<br />
1,0<br />
0,0<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
Abbildung 5-13: Vergleich der dynamischen Nachgiebigkeit des Spannwinkels<br />
in Werkzeug-Achsrichtung (z-Richtung) mit und ohne Vorspannung<br />
(4,7 kN)<br />
Verhalten an der Schweißstelle während des Rührreibschweißens<br />
Wie bereits in Abschnitt 5.3.1 angedeutet, ist zu erwarten, dass sich das dynamische<br />
Verhalten der Werkzeugmaschine durch eine zusätzliche Nachgiebigkeit im<br />
Kraftfluss während des Rührreibschweißens gegenüber dem rein vorgespannten<br />
Zustand ändert. Um die Vergleichbarkeit der Versuche während des Schweißens<br />
68<br />
vorgespannt<br />
nicht vorgespannt<br />
50 100 150 200 250<br />
Frequenz<br />
300 350 400 Hz 500
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim Rührreibschweißen<br />
mit den bereits getätigten Versuchen zu sichern, musste jedoch in die Steuerungstechnik<br />
der verwendeten Versuchsmaschine eingegriffen werden. Während<br />
der positionsgeregelten Verfahrbewegungen von Werkzeugmaschinen wirkt der<br />
Lageregler gegen Abweichungen der Ist-Position von der Soll-Position. Die Anregung<br />
durch den Hammerschlag (Impuls) versetzt den Spannwinkel in Werkzeug-Achsrichtung<br />
in Schwingung, was von den Regelsystemen der Maschine<br />
als Positionsabweichung registriert wird. Die Lageregelung versucht, diese Abweichung<br />
durch entsprechende Ansteuerung der Vorschubantriebe auszugleichen<br />
und verringert dadurch die Schwingungsamplituden. Das so aufgezeichnete<br />
Übertragungsverhalten beinhaltet somit nicht nur die strukturmechanischen Eigenschaften<br />
an diesem Punkt, sondern zusätzlich das Übertragungsverhalten der<br />
Regelsysteme. Dies verfälscht die Ergebnisse im Vergleich zum nicht vorgespannten<br />
und vorgespannten Zustand, die mit aktivierten Achsbremsen und deaktivierter<br />
Regelung untersucht wurden. Abhilfe würde das temporäre Klemmen<br />
und die Deaktivierung der Lageregelung der z-Achse während des Schweißprozesses<br />
liefern. Standardmäßig ist die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)<br />
der Versuchsmaschine jedoch so konfiguriert, dass die Reglerfreigaben und<br />
Achsklemmungen aller drei translatorischen Achsen auf Software- und Hardwareebene<br />
gekoppelt sind und somit nicht einzeln deaktiviert oder aktiviert werden<br />
können. Um dem zu begegnen, wurde ein zusätzlicher Schütz in die SPS integriert<br />
und das SPS-Programm derart angepasst, dass der Entzug der<br />
Reglerfreigabe für die z-Achse nur die Aktivierung der Bremse dieser Achse zur<br />
Folge hatte. Dies ermöglichte die Durchführung der Versuche mit folgender<br />
Vorgehensweise:<br />
Eintauchen des Werkzeugs auf die programmierte Eintauchtiefe an der<br />
Startposition der Schweißnaht<br />
Entzug der Reglerfreigabe der z-Achse und Aktivierung der Bremse<br />
Durchführung der Vorschubbewegung in x-Richtung und Anregung der<br />
Maschine durch Hammerschlag<br />
Setzen der Reglerfreigabe am Ende der Schweißnaht und Deaktivierung<br />
der Bremse der z-Achse<br />
Rückzug des Werkzeugs<br />
Erschwerend kam während des Schweißprozesses außerdem hinzu, dass die aufgezeichneten<br />
Schwingungsantworten nicht gänzlich durch den Hammerschlag<br />
69
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
erzeugt wurden. Ein Teil der Schwingungen stellen, wie bereits in Abschnitt<br />
5.3.1 gezeigt, die Betriebsschwingungen während des Schweißens dar. Dies ist<br />
eine nicht zu vernachlässigende Störquelle, deren Einfluss quantifiziert und bewertet<br />
werden muss. Erste Anhaltspunkte liefert ein Vergleich der Größenordnungen<br />
der Betriebsschwingungen und des Ausschwingverhaltens nach einem<br />
Hammerschlag während des Rührreibschweißens. Die Schwingungsantwort nach<br />
einem Hammerschlag liegt bei ihrem Maximum zwei Zehnerpotenzen über den<br />
Betriebsschwingungen an der Schweißstelle, was darauf hindeutet, dass die Anregung<br />
durch den Schweißprozess im Vergleich zur Hammeranregung vernachlässigt<br />
werden kann. Untermauert wird dies durch die Berechnung der Kohärenz<br />
der Hammermessung beim Rührreibschweißen nach den in Abschnitt 4.4.2.4 erläuterten<br />
Grundlagen (siehe Abbildung 5-14).<br />
Kohärenz<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,0<br />
16,7 Hz<br />
50 Hz<br />
33,3 Hz<br />
50 100 150 200 250<br />
Frequenz<br />
300 350 400 Hz 500<br />
Abbildung 5-14: Kohärenz der Impuls-Hammermessung beim Rührreibschweißen<br />
und unter Vorspannung ohne Schweißprozess (Vorspannkraft<br />
4,7 kN, n = 1000 min -1 , v = 100 mm/min, Et = 0,2 mm,<br />
St = 3 mm, Werkstoff EN AW-5182-H111, Werkzeug gemäß<br />
Abbildung 5-5)<br />
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass aufgrund der zusätzlichen Anregung durch<br />
den Schweißprozess lediglich Einbrüche im Bereich der Drehfrequenz der Spindel<br />
(16,66 Hz) und der zweiten und dritten Vielfachen auftreten. Der starke Einbruch<br />
der Kohärenz im Bereich unter 20 Hz ist typisch für Messungen der dynamischen<br />
Nachgiebigkeit mit Impulshammer und trat bei allen Messungen auf.<br />
Der entsprechende Bereich des Übertragungsverhaltens kann durch diese Methode<br />
demnach nicht zuverlässig bestimmt werden. Die Auswirkungen der Einbrüche,<br />
die auf die Messmethode zurückzuführen sind, wie auch die stellenweise<br />
70<br />
vorgespannt<br />
Rührreibschweißen
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim Rührreibschweißen<br />
geringen Kohärenzwerte aufgrund des Schweißprozesses sind in Abbildung 5-15<br />
deutlich zu erkennen. Sowohl Amplitude als auch Phase zeigen an den entsprechenden<br />
Frequenzen deutliche Unstetigkeiten. Im Folgenden werden deshalb alle<br />
Frequenzgänge geglättet und ab einer Frequenz von 25 Hz dargestellt.<br />
Amplitude<br />
Phase<br />
x 10<br />
3,0<br />
-8<br />
m/N<br />
1,0<br />
0,0<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
16,7 Hz<br />
33,3 Hz<br />
50 Hz<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
50 Hz<br />
33,3 Hz<br />
50 100 150 200 250<br />
Frequenz<br />
300 350 400 Hz 500<br />
Abbildung 5-15: Dynamische Nachgiebigkeit am Spannwinkel in Werkzeug-<br />
Achsrichtung (z-Richtung) beim Rührreibschweißen, nicht geglättet<br />
(n = 1000 min -1 , v = 100 mm/min, Et = 0,2 mm, St =<br />
3 mm, Werkstoff EN AW-5182-H111, Werkzeug gemäß Abbildung<br />
5-5)<br />
Den Einfluss der Prozesszone auf das Übertragungsverhalten im Bereich der<br />
Schweißstelle machen vor allem die Amplitudenwerte des Frequenzgangs sichtbar<br />
(siehe Abbildung 5-16). Die zusätzliche Nachgiebigkeit der weichen Fügezone<br />
bewirkt im Vergleich zum vorgespannten Zustand zum einen eine generelle<br />
Erhöhung der Nachgiebigkeit bei Frequenzen bis 200 Hz, zum anderen wird die<br />
maximale Nachgiebigkeit im Bereich von 200 Hz zu tieferen Frequenzen hin<br />
verschoben. Dies ist im Phasenverlauf ebenfalls zu erkennen.<br />
71
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
Amplitude<br />
Phase<br />
x 10<br />
2,0<br />
-8<br />
m/N<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
Abbildung 5-16: Dynamische Nachgiebigkeit am Spannwinkel in Werkzeug-<br />
Achsrichtung (z-Richtung), geglättet (Vorspannkraft 4,7 kN,<br />
Rührreibschweißen bei n = 1000 min -1 , v = 100 mm/min, Et =<br />
0,2 mm, St = 3 mm, Werkstoff EN AW-5182-H111, Werkzeug<br />
gemäß Abbildung 5-5)<br />
Das kombinierte Auftragen von Amplitude und Phase in Ortskurvendarstellung<br />
(siehe Abbildung 5-17) zeigt den Einfluss des geänderten Phasenverlaufs am besten.<br />
Allerdings sind hier aufgrund der besseren Übersichtlichkeit die Beschleunigbarkeitswerte<br />
aufgetragen. Deutlich erkennt man, dass sich die Phasendrehungen<br />
während des Schweißens ab einer Frequenz von ca. 150 Hz im Uhrzeigersinn,<br />
d. h. zu betragsmäßig höheren Phasenlagen, verschieben.<br />
72<br />
vorgespannt<br />
Rührreibschweißen<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
Frequenz
5.3 Auswirkungen auf das dynamische Verhalten beim Rührreibschweißen<br />
153 Hz<br />
154 Hz<br />
0,0018 207 Hz 191 Hz<br />
Im[m/s²N]<br />
0,009<br />
0,0045<br />
81 Hz<br />
67 Hz<br />
43 Hz<br />
271 Hz<br />
314 Hz<br />
-0,01 -0,005 0 0,005 Re[m/s²N] 0,015<br />
Abbildung 5-17: Durch Impuls-Hammermessung am Spannwinkel in Werkzeug-Achsrichtung<br />
ermittelte Ortskurve der Beschleunigbarkeit,<br />
geglättet (Vorspannkraft 4,7 kN, Rührreibschweißen<br />
bei n = 1000 min -1 , v = 100 mm/min, Et = 0,2 mm, St = 3 mm,<br />
Werkstoff EN AW-5182-H111, Werkzeug gemäß Abbildung<br />
5-5)<br />
Wie bereits beschrieben, wurden entsprechende Messungen über einen größeren<br />
Parameterbereich mit zwei Aluminiumlegierungen durchgeführt (siehe Abbildung<br />
5-12). Damit soll gewährleistet werden, dass umfangreichere Aussagen<br />
über den Einfluss der Prozesszone auf das dynamische Verhalten von Werkzeugmaschinen<br />
getroffen werden können. Auffallend ist dabei, dass sich der Einfluss<br />
der unterschiedlichen Legierungen kaum bemerkbar macht. Bis auf kleinere<br />
Abweichungen bei den Amplituden zeigen beide ein sehr ähnliches Verhalten<br />
(siehe Abbildung 5-18). Die unterschiedlichen Schweißparameter haben ebenfalls<br />
keinen erkennbaren Einfluss auf dieses Ergebnis.<br />
Dieses Ergebnis überrascht dahingehend, dass aufgrund der verschiedenen Materialkennwerte<br />
und der aus den Schweißparametern resultierenden unterschiedlichen<br />
Temperaturen und Prozesskräfte mit einem anderen Resultat gerechnet<br />
wurde. GEBHARD & ZAEH (2006) ermittelten z. B. die Temperaturen beim Rührreibschweißen,<br />
indem sie Thermoelemente nahe der Schulter in die Werkzeuge<br />
einbrachten. Die Versuche wurden für verschiedene Aluminiumlegierungen und<br />
ein ähnliches Parameterfenster wie in dieser Arbeit durchgeführt.<br />
73<br />
vorgespannt<br />
Rührreibschweißen<br />
245 Hz<br />
238 Hz<br />
274 Hz<br />
311 Hz<br />
352 Hz
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
Amplitude<br />
Phase<br />
2,0<br />
m/N<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
Abbildung 5-18: Dynamische Nachgiebigkeit am Spannwinkel in Werkzeug-<br />
Achsrichtung, geglättet (Vorspannkraft 4,7 kN, Rührreibschweißen<br />
bei n = 1000 min -1 , v = 100 mm/min, Et = 0,2 mm,<br />
St = 3 mm, Werkstoffe EN AW-5182-H111 und EN AW-6060-<br />
T66, Werkzeug gemäß Abbildung 5-5)<br />
Die gemessenen Temperaturen während des stationären Schweißprozesses lagen<br />
dabei in einem Bereich von 435 °C bis 540 °C. Die Elastizitätseigenschaften von<br />
Aluminiumlegierungen hängen stark von der Temperatur ab und sind insbesondere<br />
im betrachteten Temperaturbereich nicht konstant (KAMMER 2002). Demnach<br />
müsste die Wirkung der Prozesszone beim Rührreibschweißen auf das dynamische<br />
Verhalten je nach Temperaturniveau der Schweißung verschieden sein.<br />
Hier zeigt sich möglicherweise die eingeschränkte Gültigkeit der mit der Impuls-<br />
Hammermessung durchgeführten Versuche. Das in dieser Weise gemessene<br />
Übertragungsverhalten bildet lineare Eigenschaften schwingungsfähiger Systeme<br />
ab. Nichtlineare Werkstoffeigenschaften, wie z. B. das Fließverhalten, das von<br />
Temperatur und Umformgeschwindigkeit abhängt (LANGE 2002), verfälschen<br />
das Messergebnis bzw. werden von diesem nicht wiedergegeben. Diese Restriktion<br />
ist eine denkbare Erklärung dafür, dass die durchgeführten Messungen im<br />
gesamten Werkstoff- und Parameterbereich ähnlich sind. Es besteht jedoch auch<br />
die Möglichkeit, dass die angesprochenen Einflüsse im entsprechenden Temperaturbereich<br />
nicht ins Gewicht fallen.<br />
74<br />
vorgespannt<br />
Rührreibschw. EN AW-5182-H111<br />
Rührreibschw. EN AW-6060-T66<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
Frequenz
5.4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen<br />
5.4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen<br />
Kapitel 5 beschäftigte sich mit der Charakterisierung der beim Rührreibschweißen<br />
auftretenden Maschinenbelastungen und dem daraus resultierenden dynamischen<br />
Verhalten während des Schweißprozesses. Besondere Beachtung fanden<br />
diesbezüglich vor allem die dynamisch veränderliche Prozesskraft, das Betriebsschwingungsverhalten<br />
an der Schweißstelle und das Übertragungsverhalten der<br />
Maschinenstruktur unter dem Einfluss des Rührreibschweißens. Zusammenfassend<br />
sind folgende Resultate festzuhalten:<br />
Die Prozesskräfte, die beim Rührreibschweißen auf die Anlage wirken,<br />
unterscheiden sich in ihrem Zeitverlauf stark von denen einer typischen<br />
Fräsbearbeitung. Neben den sehr hohen statischen Kräften setzt sich der<br />
zeitliche Verlauf aus nur wenigen niederfrequenten Anteilen zusammen,<br />
die maßgeblich durch die Drehzahl und der zweiten Vielfachen bestimmt<br />
werden.<br />
Die Betriebsschwingungen an der Schweißstelle verdeutlichen ebenfalls<br />
die Unterschiede zwischen diesen beiden Fertigungsverfahren. Vor allem<br />
die Beschleunigungs- und Verlagerungssignale zeigen nur beim Fräsen<br />
ausgeprägte hochfrequente Anteile. Beim Rührreibschweißen tritt dies<br />
nicht auf. Diese Tatsache lässt bereits darauf schließen, dass sich die Maschinendynamik<br />
aufgrund der hohen Vorspannung und des Kraftschlusses<br />
an der Fügestelle während des Prozesses signifikant ändert.<br />
Um den Einfluss der Prozesszone im Kraftfluss beim Rührreibschweißen<br />
zu beurteilen, wurde das Übertragungsverhalten in der Nähe der Schweißstelle<br />
im Betrieb aufgezeichnet und das Ergebnis der der nicht vorgespannten<br />
sowie der vorgespannten Maschine gegenübergestellt. Dabei<br />
wurde gezeigt, dass der Prozess des Rührreibschweißens wie eine zusätzliche<br />
Nachgiebigkeit im Kraftfluss wirkt und das dynamische Verhalten<br />
über einen größeren Frequenzbereich verändert.<br />
Aus diesen Ergebnissen lässt sich das weitere Vorgehen dieser Arbeit ableiten.<br />
Um analog zu den trennenden Verfahren das Verhalten von Werkzeugmaschinen<br />
umfassend abbilden zu können, müssen folgende Modellvorstellungen entwickelt<br />
werden:<br />
Ein Prozesskraftmodell, das die Prozesskräfte beim Rührreibschweißen in<br />
Abhängigkeit von den eingestellten Schweißparametern und den auftre-<br />
75
5 Verhalten von Werkzeugmaschinen beim Rührreibschweißen<br />
tenden Maschinenschwingungen an der Schweißstelle abbildet (siehe Abschnitt<br />
6.2 und Abschnitt 6.3).<br />
Ein Modell für die Fügezone, das in FE-Modelle von Maschinen integriert<br />
werden kann, um die zusätzliche Nachgiebigkeit im Kraftfluss zu repräsentieren<br />
(siehe Abschnitt 6.4).<br />
76
6 Prozessmodellierung<br />
6.1 Vorgehen bei der Prozessmodellierung<br />
6.1 Vorgehen bei der Prozessmodellierung<br />
Die Modellierung des Rührreibschweißprozesses soll in dieser Arbeit über die<br />
Abbildung der Prozesskräfte und des festgestellten Einflusses der Prozesszone<br />
erfolgen. Für die Prozesskraftverläufe werden hierbei sowohl theoretische Ansätze<br />
verfolgt als auch ein empirisch ermitteltes Prozesskraftmodell vorgestellt. Die<br />
theoretischen Betrachtungen stützen sich dabei auf die von vielen Wissenschaftlern<br />
bereits veröffentlichten Untersuchungen zum Werkstofftransport in der<br />
Rührzone. Das experimentell ermittelte Prozesskraftmodell bedient sich einer<br />
breiten Datenbasis an Ergebnissen aus umfangreichen Schweißversuchen. Die<br />
Möglichkeiten und Beschränkungen der beiden Modelle werden jeweils ausführlich<br />
erläutert. Die Abbildung des Einflusses der Prozesszone wird anhand von<br />
Messungen und von FE-Modellen vorgenommen.<br />
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
6.2.1 Vorgehensweise zur Entwicklung eines theoretischen Prozesskraftmodells<br />
Wie in Abschnitt 2.5.5 erläutert, existieren bereits diverse Arbeiten zur Charakterisierung<br />
und Abbildung der verschiedenen Prozesskräfte beim Rührreibschweißen.<br />
Diese beschränken sich fast ausschließlich auf die statischen Prozesskraftanteile<br />
und stützen sich dabei entweder auf experimentelle Ergebnisse (EIREINER<br />
2006, RECORD 2004) oder es werden die Kräfte aus Simulationsergebnissen berechnet<br />
(BENDZSAK ET AL. 2000, CHEN & KOVACEVIC 2003). Beiden Vorgehensweisen<br />
ist gemein, dass die resultierenden Kraftverläufe meistens nicht auf<br />
fundierte Kenntnisse über die beim Rührreibschweißen auftretenden Effekte in<br />
der Rührzone zurückgeführt werden können. Nach experimentellen Untersuchungen<br />
liegen die Ergebnisse als empirisch ermittelte Tatsachen vor. Die im<br />
Bereich des Rührreibschweißens entwickelten Simulationsmodelle stellen Berechnungsergebnisse<br />
zur Verfügung, die auf einer Vielzahl komplexer Randbedingungen<br />
basieren, die selbst oft als nicht gesichert gewertet werden können<br />
77
6 Prozessmodellierung<br />
und meist nur auf Annahmen basieren. Die Aussagekraft dieser Ergebnisse ist<br />
deshalb eingeschränkt. Zudem sind diese Simulationen extrem aufwendig.<br />
Um nachvollziehbar bestimmen zu können, wie sich die Prozesskräfte beim<br />
Rührreibschweißen ausbilden, sind detaillierte <strong>Info</strong>rmationen über den sich durch<br />
die Werkzeugdrehung in der Rührzone einstellenden Werkstofffluss notwendig.<br />
In Abschnitt 2.5.4 wurde bereits gezeigt, dass dies ein großes Spezialgebiet innerhalb<br />
der Forschungsthemen rund um das Rührreibschweißen darstellt. Aus<br />
diesen Erkenntnissen können theoretische Ansätze für die Prozesskraftverläufe<br />
abgeleitet werden. Diese Ansätze wiederum können ohne den Umweg über eine<br />
Simulation des Werkstoffflusses und ohne den Einsatz von Spezialprogrammen<br />
zur Berechnung von Prozesskraftverläufen verwendet werden. Im Folgenden<br />
wird deshalb gezielt auf diejenigen Forschungsarbeiten eingegangen, die bei der<br />
späteren Erstellung von Prozesskraftgleichungen Anwendung finden. Aus ihnen<br />
werden die Grundzüge des Werkstoffflusses in der Rührzone abgeleitet. Im Zentrum<br />
stehen hierbei vor allem gesicherte Erkenntnisse, die den Werkstofffluss<br />
grundlegend abbilden, um die Anwendbarkeit auf einen möglichst großen Einsatzbereich<br />
zu gewährleisten. Im Anschluss daran sollen aus diesen Erkenntnissen<br />
theoretische Ansätze für die Prozesskraftverläufe beim Rührreibschweißen<br />
entwickelt werden.<br />
6.2.2 Werkstofffluss um das Werkzeug beim Rührreibschweißen<br />
Der Prozess des Rührreibschweißens zeichnet sich für den Anwender durch einen<br />
vergleichsweise simplen Prozessablauf mit nur wenigen einzustellenden Prozessparametern<br />
aus. Die guten Schweißergebnisse über einen weiten Werkstoff-<br />
und Parameterbereich machen genaue Kenntnisse über die in der Prozesszone<br />
auftretenden Werkstoffflüsse nicht unmittelbar notwendig. Die genaue Charakterisierung<br />
des Prozesses stellt sich im Gegensatz zur reinen Anwendung jedoch<br />
als äußerst komplex dar. So hängen die sich einstellenden Werkstoffflüsse in der<br />
Rührzone von der Werkzeuggeometrie (Pin- und Schulterform, Oberfläche, Größenverhältnisse<br />
etc.), den Schweißparametern, den zu schweißenden Werkstoffen<br />
und Werkstoffzuständen sowie von anderen Randbedingungen (z. B. Spanntechnik)<br />
ab, die sich auf den Wärmehaushalt des Prozesses auswirken können. Demnach<br />
verwundert es nicht, dass bis dato keine allgemein akzeptierten, vollständigen<br />
Modelle existieren, die alle Sachverhalte abbilden. Dies resultiert unter anderem<br />
daraus, dass die Forschungsarbeiten oft mit verschiedenen Werkzeuggeometrien,<br />
Werkstoffen, messtechnischen Methoden und vor allem unterschied-<br />
78
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
lichen Zielsetzungen (z. B. die Beschreibung spezieller Nahtfehlertypen) durchgeführt<br />
wurden und werden. Entwickelte Simulationsmodelle für das Rührreibschweißen<br />
greifen auf unterschiedliche Softwarewerkzeuge, physikalische Beschreibungsformen<br />
und Randbedingungen sowie verschiedene Prinzipien der<br />
Wärmeerzeugung zurück. Auf die Aufzählung aller auf diesem Gebiet durchgeführten<br />
Untersuchungen soll deshalb an dieser Stelle verzichtet werden. Vielmehr<br />
werden im Folgenden die grundlegenden Sachverhalte gezeigt, die als<br />
Schnittmenge aus diesen Arbeiten identifiziert werden können und die im Anschluss<br />
zur Entwicklung von Prozesskraftgleichungen herangezogen werden<br />
können. Folgende Punkte sind hier zu nennen:<br />
Durch die Werkzeugrotation wird Werkstoff von der Advancing Side des<br />
Werkzeugs zur Retreating Side gefördert und hinter dem Werkzeug abgelegt.<br />
Dadurch wird über die Vorschubbewegung die Naht geschlossen. Die<br />
Advancing Side des Werkzeugs ist dabei die Seite, auf der sich die Richtungen<br />
der Tangentialgeschwindigkeit an der Werkzeugaußenfläche und<br />
der Vorschubbewegung gleichen. Auf der Retreating Side sind diese Richtungen<br />
einander entgegengesetzt (siehe Abbildung 6-1).<br />
Advancing Side<br />
Abbildung 6-1: Advancing und Retreating Side beim Rührreibschweißen<br />
n<br />
Der Werkstofffluss erfolgt nicht kontinuierlich, sondern der Werkstoff<br />
wird in regelmäßigen Bändern hinter dem Werkzeug abgelegt (siehe Abbildung<br />
6-1).<br />
Eine Konturierung des Pins mit einem Gewinde überlagert die Werkstoffflüsse<br />
um die Werkzeugachse mit einem Werkstoffwirbel in Richtung der<br />
Nahtwurzel.<br />
79<br />
v<br />
Retreating Side<br />
Stoß
6 Prozessmodellierung<br />
Werkstofftransport durch Werkzeugrotation<br />
Zahlreiche Arbeiten untermauern zum heutigen Zeitpunkt die These, dass das zu<br />
schweißende Material während des Rührreibschweißens über die Retreating Side<br />
von vorne hinter das Werkzeug befördert wird. Für die Visualisierung dieses<br />
Werkstoffflusses wurden neben der Untersuchung von Schliffbildern vor allem<br />
Experimente mit Markierungsmaterial herangezogen (siehe auch Abschnitt<br />
2.5.4). COLLIGAN (1999) verwendete hierzu kleine Stahlkugeln, die in die Fügezone<br />
eingebracht wurden und deren Position nach dem Schweißvorgang durch<br />
Röntgenstrahlen gemessen werden konnte. Mit dieser Vorgehensweise war jedoch<br />
der Werkstofffluss nur in Grundzügen darstellbar, da die Größe der Stahlkugeln<br />
den Wert des Vorschubs überstieg und verhinderte, dass die Stahlkugeln<br />
z. B. in die Zwischenräume des Pingewindes gelangen konnten. Genauere Ergebnisse<br />
sind u. a. mit einer Kupferfolie zu erreichen, die quer zur Vorschubrichtung<br />
in die Werkstücke eingebracht und durchschweißt wird. Die Verteilung im<br />
Material kann über CT-Aufnahmen nach dem Schweißvorgang bestimmt werden.<br />
Den Ergebnissen dieser Untersuchungen ist eindeutig zu entnehmen, dass der<br />
Werkstoff in Drehrichtung von der Advancing zur Retreating Side mitgerissen<br />
wird (siehe Abbildung 6-2). Außerdem kann beobachtet werden, dass manche<br />
Kupferpartikel erst einige Werkzeugumdrehungen nach dem Durchschweißen<br />
der Kupferschicht in der Naht verbleiben. Dies deutet bereits darauf hin, dass ein<br />
Teil des in der Rührzone bewegten Materials in einer Schicht um das Werkzeug<br />
verbleibt, bevor es wieder dem übergeordneten Werkstofffluss zugeführt wird.<br />
Advancing Side Retreating Side<br />
v<br />
Abbildung 6-2: Durch Markierungsmaterial visualisierter Werkstofftransport<br />
um das Werkzeug beim Rührreibschweißen (SCHMIDT ET AL.<br />
2006, REYNOLDS 2008)<br />
80<br />
v
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Ähnliche Ergebnisse zum grundlegenden Erscheinungsbild des Werkstofftransports<br />
um den Pin sind zahlreichen Forschungsarbeiten zu entnehmen, die sich mit<br />
der numerischen Abbildung dieser Sachverhalte beschäftigen. Oft wird in diesem<br />
Zusammenhang auch von einer „Scherzone“ gesprochen, in der der Werkstofftransport<br />
stattfindet (siehe Abbildung 6-3).<br />
Scherzone<br />
v v<br />
Abbildung 6-3: Simulierter Werkstofftransport um das Werkzeug beim Rührreibschweißen<br />
(REYNOLDS 2008, KIM ET AL. 2009)<br />
Neben diesen Ergebnissen, die eher den globalen Werkstofffluss beschreiben,<br />
kann von weiterführenden Arbeiten berichtet werden, die den inneren Aufbau der<br />
„Scherzone“ näher beleuchten. SCHMIDT ET AL. (2006) sowie GUERRA ET AL.<br />
(2003) unterteilen diese in zwei Bereiche: Den sog. Rotation Layer und den<br />
Transition Layer (siehe Abbildung 6-4). Der Rotation Layer rotiert mit dem<br />
Werkzeug und enthält Material, das auch über mehrere Umdrehungen hinweg in<br />
diesem Bereich festgehalten wird. Der Transition Layer umfasst die Bereiche, in<br />
denen der Werkstoff vor dem Werkzeug in die Rührzone fließt, an der Retreating<br />
Side vorbeigeführt und hinter dem Werkzeug abgelegt wird. Dabei treffen<br />
GUERRA ET AL. (2003) eine bedeutende Unterscheidung: Sie postulieren, dass<br />
Material, das auf der Advancing Side in die Rührzone gefördert wird, in den Rotation<br />
Layer eindringt und bogenförmig hinter dem Werkzeug abgelagert wird.<br />
Material, das auf der Retreating Side in die Rührzone fließt, wird nur um das<br />
Werkzeug gelenkt, aber nicht vollständig um das Werkzeug herum gefördert.<br />
COLLIGAN (1999) spricht in diesem Zusammenhang davon, dass nur ein Teil des<br />
Materials wirklich durch Verrühren und der Rest durch Extrusion transportiert<br />
wird. Außerdem gelten viele der hier ausgeführten Beobachtungen nicht für den<br />
oberen Bereich des Pins, der in großer Wechselwirkung mit der Schulterfläche<br />
81
6 Prozessmodellierung<br />
steht. Dieser Bereich ist noch immer Gegenstand intensiver Forschungsarbeiten<br />
(GUERRA ET AL. 2003).<br />
Advancing Side<br />
Abbildung 6-4: Aufteilung des Werkstofftransports in verschiedene Zonen<br />
(nach SCHMIDT ET AL. 2006)<br />
Ablage des Werkstoffes in Bändern hinter dem Werkzeug<br />
v<br />
Retreating Side<br />
Ein weiteres Ergebnis zahlreicher Untersuchungen ist, dass der Werkstofffluss<br />
beim Rührreibschweißen nicht im selben Maße kontinuierlich ist wie dies z. B.<br />
bei einem Extrusionsprozess der Fall ist. Wie schon die Oberflächenstruktur der<br />
Nahtoberraupe und die Prozesskraftschwankungen andeuten (siehe auch Abschnitt<br />
5.2), hat es eher den Anschein, als ob der Transport von Material um den<br />
Pin portionsweise erfolgt. Der Werkstoff wird hinter dem Werkzeug in regelmäßigen<br />
Bändern abgelegt, deren Abstände dem Wert des eingestellten Vorschubs<br />
entsprechen (MISHRA 2007, YAN ET AL. 2007). Die genaueren physikalischen<br />
Ursachen, die dieses Verhalten erklären könnten, sind immer noch Gegenstand<br />
der Forschung. Vermutet wird, dass die ständig wechselnden Kontaktbedingungen<br />
des Werkzeugs mit dem umliegenden Material („Sliding Condition“ und<br />
„Sticking Condition“, d. h. Wechsel zwischen Gleiten und Haften) eine wichtige<br />
Rolle spielen. Hierbei stellt sich die Frage, ob der portionsweise Werkstofftransport<br />
der Realität entsprechen kann. Sofern der Werkstoff unter der Schulter des<br />
Werkzeuges die Wirkzone nicht verlassen kann, muss zu allen Zeiten während<br />
des Prozesses die Kontinuitätsbedingung erfüllt sein. Demnach müssen die<br />
Werkstoffströme in und aus der Wirkzone gleich groß sein. Ein portionsweiser<br />
82<br />
Rotation Layer<br />
Transition<br />
Layer<br />
Pin
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Materialtransport, der bedingt, dass sich Werkstoff bei jeder Werkzeugumdrehung<br />
vor dem sich bewegenden Werkzeug sammelt und dass hinter dem Werkzeug<br />
ein Werkstoffdefizit herrscht, ist damit eigentlich nicht möglich. Die mögliche<br />
Gratbildung auf der Nahtoberfläche oder das etwaige Auftreten von deutlichen<br />
Tunnelfehlern in der Naht zeigen jedoch auch, dass die Kontinuitätsbedingung<br />
nicht uneingeschränkt gelten muss. Hieraus wird ersichtlich, dass die genauen<br />
Abläufe in der Rührzone während des Rührreibschweißens noch immer<br />
nicht als ausnahmslos geklärt gelten können. Die in Abschnitt 6.2.3 folgenden<br />
Betrachtungen stützen sich deshalb auf empirisch ermittelte Erkenntnisse wie<br />
z. B. die Prozesskraftschwankungen, die Oberflächenstruktur der Nahtoberraupe<br />
und die Tatsache, dass sich in Schliffen der Schweißnaht sichtbare Oxidlinien<br />
den einzelnen Werkzeugumdrehungen zuordnen lassen. Dementsprechend wird<br />
für die Modellbildung in Abschnitt 6.2.3, insbesondere in Abschnitt 6.2.3.2, auch<br />
ein nicht vollkommen kontinuierlicher Werkstofftransport angenommen. Die<br />
entsprechenden Gleichungen leiten sich dann aus dem angenommenen Werkstofffluss<br />
bei einer Werkzeugumdrehung ab.<br />
Werkstofftransport zur Nahtwurzel durch Pinkonturierung<br />
Der Einfluss eines mit einem Gewinde konturierten Pins auf den Werkstofffluss<br />
ist in der Literatur sehr umfangreich dokumentiert. Dieses Gewinde fördert den<br />
Werkstoff zur Nahtwurzel hin und hilft die Naht zu schließen (DUBOURG &<br />
DACHEUX 2006, COLLIGAN 1999). Bei fast allen Anwendungen des Rührreibschweißens<br />
werden Pins mit Gewinden unterschiedlichster Ausprägung verwendet.<br />
Der durch das Gewinde erzeugte Wirbel in der Prozesszone und die bereits<br />
beschriebenen Werkstoffströmungen können zum sog. „Nunes Kinematic Model“<br />
zusammengefasst werden (siehe Abbildung 6-5) (MISHRA 2007, SCHNEI-<br />
DER & NUNES 2004). Dieses setzt den resultierenden Werkstofffluss aus drei<br />
Strömungskomponenten zusammen, die sich zu der resultierenden Ausprägung<br />
überlagern. Wird auf die Wirkung des Gewindes verzichtet und mit glatten<br />
Werkzeugen geschweißt, kann es durch den fehlenden Werkstofftransport zur<br />
Nahtwurzel (c) zu Nahtfehlern im Wurzelbereich kommen (LORRAIN ET AL.<br />
2010).<br />
83
6 Prozessmodellierung<br />
Abbildung 6-5: Überlagerung (d) von mehreren Strömungsfeldern in der<br />
Rührzone: Starrkörperrotation (a), Translation (b), Ringwirbel<br />
(c) (nach SCHNEIDER & NUNES 2004)<br />
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen zur Erstellung von Prozesskraftgleichungen<br />
Die genauen Werkstoffflüsse um das Werkzeug beim Rührreibschweißen sind<br />
trotz einer Vielzahl von Forschungsarbeiten nur in den Grundzügen als gesicherte<br />
Erkenntnis bzw. Tatsache zu betrachten. Diese Grundzüge sind der Transport<br />
des Werkstoffs um das Werkzeug von der Advancing zur Retreating Side, dessen<br />
Ablage in Bändern hinter dem Werkzeug sowie die prinzipielle Wirkung der<br />
Pinkonturierung. Die genaue Festlegung der Aufteilung der Scherzone in unterschiedliche<br />
Strömungsfelder stellt sich als schwierig dar, da die betrachteten Forschungsprojekte<br />
oft mit verschiedenen Randbedingungen arbeiten, was die Übertragbarkeit<br />
der Ergebnisse erschwerten. Hierzu zählen die Verwendung einer<br />
Vielzahl an Legierungen, unterschiedlicher Schweißparameter und vor allem uneinheitlicher<br />
Werkzeug- und Pingeometrien.<br />
Die Kenntnis der grundsätzlichen Mechanismen des Werkstofftransports beim<br />
Rührreibschweißen ermöglicht die Ableitung von Gesetzmäßigkeiten zur Beschreibung<br />
der auftretenden Prozesskräfte, die über die herkömmlichen Modellbeschreibungen<br />
hinausgehen. Diese beschränken sich, wie in Abschnitt 2.5.5 beschrieben,<br />
hauptsächlich auf die Vorhersage statischer Anlagenbelastungen während<br />
des Schweißprozesses. Auch REYNOLDS (2008) erkannte dieses Potenzial<br />
und bringt, zumindest als Ausblick seiner Arbeit, die hier geschilderten Mechanismen<br />
mit der Entstehung der charakteristischen Kraftverläufe in Verbindung.<br />
Die Entwicklung von Prozesskraftgleichungen aus diesen Ergebnissen geschah<br />
jedoch nicht. Im Folgenden soll dies nun auf Basis der in diesem Abschnitt getroffenen<br />
Einschränkungen und Randbedingungen erfolgen.<br />
84<br />
Retreating<br />
Side<br />
(a) (b) (c) (d)<br />
Advancing<br />
Side
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
6.2.3 Entwicklung von theoretischen Prozesskraftgleichungen<br />
6.2.3.1 Prozesskraftverläufe bei glatter Pinoberfläche<br />
Ziel ist die Entwicklung theoretischer Prozesskraftgleichungen aus den Erkenntnissen<br />
des Werkstoffflusses um das Schweißwerkzeug. Dafür werden nur die<br />
Erkenntnisse herangezogen, die nach Abschnitt 6.2.2 als gesichert angesehen<br />
werden können. In einem ersten Schritt soll deshalb auf die Berücksichtigung des<br />
Einflusses der Pinkonturierung verzichtet werden. Die folgenden Betrachtungen<br />
können so aus einem dreidimensionalen in einen zweidimensionalen Fall überführt<br />
werden und vereinfachen sich damit stark. Der grundsätzliche, periodische<br />
Ablauf des Schweißprozesses ändert sich dadurch nicht, wie die nachfolgenden<br />
Untersuchungen verdeutlichen werden.<br />
Abbildung 6-6 zeigt den Kraftverlauf und die darin enthaltenen Spektralanteile<br />
für das Rührreibschweißen mit einem herkömmlichen, konturierten Pin (siehe<br />
Abbildung 5-5). Abbildung 6-7 offenbart die Unterschiede bei der Verwendung<br />
eines glatten Pins für denselben Schweißvorgang. Für die statischen Kraftanteile<br />
sind vor allem in und quer zur Vorschubrichtung deutliche Diskrepanzen zu beobachten.<br />
So steigen die mittleren Beträge dieser Kräfte um ca. 90 % (Fx) bzw.<br />
60 % (Fy) an. Die dynamischen Anteile reduzieren sich dagegen auf im Schnitt<br />
ca. 42 % der Vergleichswerte. Die spektrale Zusammensetzung mit einem dominierenden<br />
Anteil der Drehfrequenz und der zweiten Vielfachen bleibt erhalten.<br />
Nachstehende Schlussfolgerungen können aus diesen Messungen abgeleitet werden:<br />
Die grundsätzlichen Werkstofftransportmechanismen bleiben auch beim<br />
Schweißen mit glattem Pin erhalten.<br />
Durch die glatte Oberfläche wird jedoch deren Größenordnung bzw. das<br />
Verhältnis der unterschiedlichen Transportmechanismen zueinander (siehe<br />
Abbildung 6-5, (a) und (b)) beeinflusst, was sich in reduzierten Kraftschwankungen<br />
äußert.<br />
Der aktive Materialtransport um das Werkzeug herum wird durch den<br />
glatten Pin verringert. Da bei gleichen Schweißparametern die gleiche<br />
Menge an Werkstoff durch die Vorschubbewegung verdrängt werden<br />
muss, erhöht sich demnach der Anteil des Werkstoffs, der um das Werk-<br />
85
6 Prozessmodellierung<br />
Kraft<br />
Magnitude<br />
Amplitude<br />
zeug extrudiert wird. Dadurch erhöhen sich die Kräfte in und quer zur<br />
Vorschubrichtung, da das Werkzeug einen höheren Widerstand erfährt.<br />
8000<br />
N<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
F x<br />
F yy<br />
F z<br />
-2000<br />
0 10 20<br />
Zeit<br />
s 40<br />
1000<br />
Kraft Fx 1000<br />
Kraft Fy<br />
1000<br />
Kraft Fz N<br />
500<br />
250<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz<br />
Magnitude<br />
Amplitude<br />
N<br />
500<br />
250<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz<br />
Abbildung 6-6: Verlauf und spektrale Zusammensetzung der Prozesskräfte<br />
unter Verwendung eines konturierten Pins (n = 1400 min -1<br />
-> Rotationsfrequenz = 23,33 Hz, v = 350 mm/min,<br />
Et = 0,15 mm, St = 3 mm, Werkstoff EN AW-5182-H111,<br />
Werkzeug gemäß Abbildung 5-5)<br />
86<br />
Ausschnitt<br />
für FFT<br />
Magnitude<br />
Amplitude<br />
N<br />
500<br />
250<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz
Kraft<br />
Amplitude Magnitude<br />
8000<br />
N<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
N<br />
200<br />
100<br />
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
F x<br />
F y<br />
F Fzz -2000<br />
0 10 20<br />
Zeit<br />
s 40<br />
400<br />
Kraft Fx 400<br />
Kraft Fy 400<br />
Kraft Fz 0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz<br />
Amplitude Magnitude<br />
N<br />
200<br />
100<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz<br />
Abbildung 6-7: Verlauf und spektrale Zusammensetzung der Prozesskräfte<br />
unter Verwendung eines glatten Pins (n = 1400 min -1 -> Rotationsfrequenz<br />
= 23,33 Hz, v = 350 mm/min, Et = 0,15 mm,<br />
St = 3 mm, Werkstoff EN AW-5182-H111, sonstige Werkzeuggrößen<br />
gemäß Abbildung 5-5)<br />
Für die zu entwickelnden Prozesskraftgleichungen sind demnach folgende Fragen<br />
zu klären:<br />
Über welche Ansätze können aus den Transportmechanismen Kraftverläufe<br />
berechnet werden, die den gezeigten Messergebnissen entsprechen?<br />
Was sind die Gründe für die charakteristische spektrale Zusammensetzung<br />
der Kraftverläufe?<br />
87<br />
Ausschnitt<br />
für FFT<br />
Amplitude<br />
Magnitude<br />
N<br />
200<br />
100<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz
6 Prozessmodellierung<br />
6.2.3.2 Kraftkomponenten durch Werkstofftransport um das Werkzeug<br />
Wie bereits in Abschnitt 2.6 erläutert, existieren für verschiedenste Fertigungsprozesse<br />
bewährte und verlässliche Modelle zur Prozesskraftberechnung. Dabei<br />
sind vor allem die Modelle zur Beschreibung der Schnitt-, Vorschub- und Passivkräfte<br />
bei der Zerspanung hervorzuheben. Diese Betrachtungen sollen als<br />
Ausgangspunkt zur Berechnung der Prozesskräfte beim Rührreibschweißen dienen.<br />
Bereits NUNES (2006) zog erste Vergleiche zwischen diesen beiden Verfahren<br />
bzw. Verfahrensgruppen und beschrieb einige Ähnlichkeiten der Prozesse<br />
näher. Demnach sind die Scherebene um den Pin beim Rührreibschweißen und<br />
die Scherebene bei der Zerspanung Zonen hoher Geschwindigkeitsgradienten<br />
und sehr hoher Verformungsgeschwindigkeit (siehe Abbildung 6-8). Das Material,<br />
das um den Pin gefördert wird, entspräche dann dem abgetrennten Span. Außerdem<br />
sind bei beiden Verfahren die Verformungsgrade hoch genug, um eine<br />
Rekristallisation in der Scherebene hervorzurufen. Diese Tatsachen legen nun<br />
nahe, den Prozesskraftgleichungen für das Rührreibschweißen ähnliche Betrachtungen<br />
wie für die Zerspanung zugrunde zu legen.<br />
Span<br />
Werkzeug<br />
Pin<br />
Abbildung 6-8: Vergleich des Rührreibschweißens mit der Zerspanung (nach<br />
NUNES 2006)<br />
Die Zerspankraftgleichungen basieren, wie bereits in Abschnitt 2.6 vorgestellt,<br />
auf dem durch die Spanungsbreite b und die Spanungsdicke h aufgespannten<br />
Spanungsquerschnitt. Dieser wird mit der spezifischen Schnittkraft kc multipliziert.<br />
Dabei kann sich der Spanungsquerschnitt über den Drehwinkel φ, wie z. B.<br />
88<br />
Rührreibschweißen<br />
Scherebene<br />
Zerspanung
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
beim Stirnfräsen, verändern. Dies hat die für das Fräsen charakteristischen Kraftschwankungen<br />
zur Folge (siehe Abbildung 6-9).<br />
a e<br />
a p<br />
f z<br />
Abbildung 6-9: Eingriffs- und Spanungsgrößen beim Stirnfräsen (nach<br />
MILBERG 1992)<br />
Ähnlich wie bei der Zerspanung kann für den Rührreibschweißprozess ebenfalls<br />
eine zur Spanungsdicke analoge Größe hFSW bestimmt werden, die vom Vorschub<br />
f abhängt und die sich ähnlich wie beim Fräs- oder Schleifvorgang über den<br />
Drehwinkel φ ändert. Dadurch ergeben sich auch für den Prozess des Rührreibschweißens<br />
charakteristische Kraftschwankungen. Für das Rührreibschweißen ist<br />
der Begriff „Spanungsdicke“ für den Wert hFSW jedoch nicht passend. Diese Größe<br />
wird im Folgenden als „Schichtdicke“ bezeichnet. Die nachstehenden Zusammenhänge<br />
werden beispielhaft für den Werkzeugpin betrachtet, was durch<br />
den Index „p“ gekennzeichnet wird. Abbildung 6-10 zeigt die geometrischen Beziehungen,<br />
die durch die Vorschubbewegung und die Drehung des Werkzeugs<br />
die Schichtdicke hFSW,p ergeben. Der Wert xf gibt dabei den Weg an, den das<br />
Werkzeug durch die Vorschubbewegung bei einem bestimmten Drehwinkel φ<br />
zurückgelegt hat.<br />
89<br />
b<br />
h(φ)
6 Prozessmodellierung<br />
h FSW,p(φ) ≈ x f · sin(φ)<br />
0<br />
Abbildung 6-10: Schichtdicke beim Rührreibschweißen in Abhängigkeit der<br />
Vorschubbewegung und des Drehwinkels<br />
Damit berechnet sich hFSW,p zu:<br />
φ<br />
90<br />
φ<br />
v<br />
f ·φ<br />
xf =<br />
2π<br />
, ·<br />
(6-1)<br />
<br />
Könnten die Gesetze der Zerspanung auf den Rührreibschweißprozess übertragen<br />
werden, würde sich die zum Werkstofftransport nötige Kraft über die aus der<br />
Schichtdicke hFSW,p und der Pinlänge lp aufgespannte Fläche AFSW,p sowie einer<br />
spezifischen Kraft kFSW berechnen lassen. Diese spezifische Kraft könnte analog<br />
zur Zerspanung für eine bestimmte Werkzeug/Werkstoff-Kombination experimentell<br />
bestimmt werden. Im Gegensatz zum Zerspanprozess ist es beim Rührreibschweißen<br />
jedoch nicht zulässig, lediglich die vom Winkel φ abhängige, aktuelle<br />
Fläche AFSW,p zu betrachten, da das Material nicht durch Spanbildung aus<br />
der Wirkzone abgeführt wird. Maßgeblich ist demnach das über den Winkel φ<br />
aufsummierte geförderte Volumen VFSW,p. Dieses Volumen steigt bis zu einer<br />
halben Werkzeugumdrehung an und wird danach in gleicher Weise hinter dem<br />
Werkzeug abgelegt. Da der Radius rp die verdrängte Werkstoffmenge maßgeblich<br />
bestimmt, ist es außerdem erforderlich, das Volumen VFSW,p vom Bogenwert<br />
bp abhängig zu berechnen (siehe Abbildung 6-11). Die Dicke der grauen Fläche<br />
entspricht in dieser zweidimensionalen Darstellung dem Wert des aufsummierten<br />
Volumens in Abhängigkeit von bp.<br />
Der Bogenwert bp berechnet sich aus dem Drehwinkel und dem Pinradius nach<br />
folgendem Zusammenhang:<br />
(6-2)<br />
90<br />
Außenkontur des Pins nach Drehung<br />
um φ und zurückgelegtem Weg x f<br />
Außenkontur des Pins bei φ = 0
Wert des aufsummierten<br />
Volumens in Abhängigkeit<br />
von bp<br />
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
b p = 0<br />
b p<br />
Abbildung 6-11: Aufsummiertes, um den Pin gefördertes Volumen in Abhängigkeit<br />
von bp<br />
Das während der Vorschubbewegung durch die Werkzeugrotation um einen Pin<br />
der Länge lp geförderte Volumen VFSW,p bis zu einem Bogenwert bP = x beträgt<br />
demnach:<br />
<br />
, <br />
<br />
, ·<br />
<br />
·<br />
<br />
V FSW,p(b p= x)<br />
r p<br />
φ<br />
<br />
<br />
<br />
v<br />
+<br />
·<br />
·<br />
<br />
<br />
<br />
·<br />
<br />
91<br />
h FSW,p(φ)<br />
<br />
<br />
·<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
für 0 bp rpπ (6-3)<br />
Gleichung 6-3 wird dabei nur bis zu einem Bogenwert bp von rpπ (entspricht einer<br />
halben Werkzeugumdrehung) angewendet. Es wird angenommen, dass die<br />
Werkstoffabnahme für höhere Werte von rp symmetrisch zur Werkstoffanhäufung<br />
erfolgt. Die Verwendung von Gleichung 6-3 würde bei höheren Werten von<br />
bp dazu führen, dass das Volumen bereits vor Vollendung einer vollen Umdrehung<br />
den Wert 0 erreicht und negativ wird. Dies entspricht nicht der bereits beschriebenen<br />
Ausprägung des Transition Layers. Das maximal geförderte Volumen<br />
auf der Retreating Side des Werkzeugs erreicht demnach sein Maximum<br />
beim Wert bp = rpπ (siehe Abbildung 6-11). Die in Umfangsrichtung wirkende<br />
Kraft FFSW,p ergibt sich demnach aus:<br />
<br />
Schichtdicke in Abhängigkeit<br />
des Drehwinkels<br />
y x<br />
Werkstoffanhäufung<br />
V FSW,p(b p = r pπ) = ½·f·r p·l p<br />
Werkstoffablagerung
6 Prozessmodellierung<br />
, , · (6-4)<br />
Aus ihr können über den Winkel φ die Kräfte in (Fx,p(x)) und senkrecht (Fy,p(x))<br />
zur Vorschubrichtung berechnet werden (siehe Abbildung 6-12):<br />
, · , (6-5)<br />
, · , (6-6)<br />
Diese mathematische Operation hat in den resultierenden Kraftverläufen die bereits<br />
gezeigten Anteile mit doppelter Drehfrequenz zur Folge, denn nach<br />
MERZIGER &WIRTH (2006) gilt:<br />
2 2 (6-7)<br />
² <br />
1 2<br />
<br />
(6-8)<br />
² <br />
1 2<br />
<br />
(6-9)<br />
Angewendet auf die Gleichungen 6-5 und 6-6 hat dies Faktoren zur Folge die den<br />
doppelten Drehwinkel φ enthalten und damit Kraftanteile mit doppelter Drehfrequenz<br />
darstellen.<br />
b p<br />
b p = 0<br />
Fx,p(x) φ<br />
bp = x<br />
r p<br />
F y,p(x)<br />
φ v<br />
+<br />
F FSW,p(x)<br />
Abbildung 6-12: Berechnung der Kraft in und senkrecht zur Vorschubrichtung<br />
in Abhängigkeit von bp<br />
92<br />
Werkstoffanhäufung<br />
VFSW,p(b p)= max<br />
Werkstoffablagerung<br />
y x
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Die für den Werkzeugpin näher ausgeführten Ansätze können analog auf die<br />
Werkzeugschulter mit einem Schulterradius rs übertragen werden. Die Pinlänge<br />
lp muss in diesem Fall durch die tatsächliche Eintauchtiefe der Schulter Ettat ersetzt<br />
werden. Über das von der Werkzeugschulter um das Werkzeug transportierte<br />
Werkstoffvolumen VFSW,s und die dadurch entstehenden Kräfte Fx,s und Fy,s<br />
können die Gesamtkräfte Fx und Fy berechnet werden. Abbildung 6-13 zeigt einen<br />
beispielhaften Verlauf der so berechneten Prozesskräfte. Dafür wurde die<br />
spezifische Kraft kFSW auf einen fiktiven Wert von 100 N/mm³ festgelegt. Die<br />
Werkzeuggeometrie ist mit einem Schulterradius von 6 mm und einem Pinradius<br />
von 2,5 mm an das in allen Versuchen dieser Arbeit verwendete Werkzeug angelehnt.<br />
Der Pin ist jedoch zur Vereinfachung nicht konisch ausgeführt.<br />
Kraft<br />
140<br />
N<br />
0<br />
-70<br />
-140<br />
0,00 0,05 0,10<br />
Zeit<br />
s 0,20<br />
Abbildung 6-13: Durch Werkstofftransport um das Werkzeug berechnete<br />
Kraftanteile von Fx und Fy und spektrale Zusammensetzung<br />
von Fx (n = 1400 min -1 -> Rotationsfrequenz = 23,33 Hz,<br />
f = 0,35 mm, Ettat = 0,1 mm, St = 2,5 mm, rs = 6 mm,<br />
rp = 2,5 mm, fiktiver Werkstoff mit kFSW = 100 N/mm³)<br />
Deutlich wird, dass das Erscheinungsbild der Kraftverläufe von den gemessenen<br />
abweicht. Die Zusammensetzung der Verläufe im Frequenzbereich zeigt zwar<br />
einen Anteil bei der doppelten Drehfrequenz, das Amplitudenverhältnis der Anteile<br />
zueinander entspricht jedoch ebenfalls nicht den Messungen. Dies lässt den<br />
Schluss zu, dass die gemessenen Prozesskraftschwankungen weitere hier noch<br />
nicht betrachtete Effekte enthalten. Positiv ist die Tatsache zu werten, dass die<br />
Anteile der doppelten Drehfrequenz abgebildet werden können. Nach den bereits<br />
ausgeführten Überlegungen hängen diese maßgeblich mit der Vorschubbewegung<br />
des Werkzeugs zusammen. Um diese Annahmen zu verifizieren, wurden<br />
93<br />
F x<br />
F y<br />
Amplitude<br />
80<br />
N<br />
40<br />
20<br />
F x<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz
6 Prozessmodellierung<br />
die Prozesskräfte während der Haltezeit des Werkzeugs ausgewertet (siehe Abbildung<br />
6-14). Dafür wurde der Zeitausschnitt herangezogen, der zwischen dem<br />
Einsetzen der Vorschubbewegung und dem Aufsetzen der Schulter auf das Material<br />
liegt. Deutlich ist hier erkennbar, dass die periodischen Prozesskraftschwankungen<br />
in diesem Bereich nur noch Anteile mit der Drehfrequenz enthalten. Dies<br />
untermauert die Annahme, dass die periodischen Prozesskraftanteile mit doppelter<br />
Drehfrequenz durch den Werkstofftransport während der Vorschubbewegung<br />
verursacht werden. Entsprechende Versuche mit konturiertem Pin führen ebenfalls<br />
zu diesem Ergebnis. Auf die bis hier ungeklärten periodischen Kraftanteile<br />
mit Drehfrequenz wird im folgenden Abschnitt eingegangen.<br />
Kraft<br />
Amplitude Magnitude<br />
6000<br />
N<br />
2800<br />
1200<br />
-400<br />
-2000<br />
15 16 17<br />
Zeit<br />
s 19<br />
400<br />
Kraft Fx 400<br />
Kraft Fy 400<br />
Kraft Fz N<br />
200<br />
100<br />
F Fxx F y<br />
F z<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz<br />
Aufsetzen<br />
der Schulter<br />
Amplitude Magnitude<br />
N<br />
200<br />
100<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz<br />
Abbildung 6-14: Verlauf und spektrale Zusammensetzung der Prozesskräfte<br />
beim Schweißen ohne Vorschubbewegung (n = 1400 min -1 -><br />
Rotationsfrequenz = 23,33 Hz, v = 350 mm/min, Et =<br />
0,15 mm, St = 3 mm, Werkstoff EN AW-5182-H111, Werkzeug<br />
gemäß Abbildung 5-5)<br />
94<br />
Ausschnitt<br />
für FFT<br />
Amplitude<br />
Magnitude<br />
Einsetzen der<br />
Vorschubbewegung<br />
N<br />
200<br />
100<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
6.2.3.3 Kraftanteile durch Rundlaufabweichungen<br />
Wie bereits in Abschnitt 5.2 ausgeführt, existieren bereits Annahmen, dass die<br />
Prozesskraftschwankungen auch auf die nicht vollkommen vermeidbaren Rundlaufabweichungen<br />
und die Unwucht von Werkzeug, Werkzeugaufnahme oder<br />
Spindel zurückzuführen sind. Diese Vermutung äußerten sowohl YAN ET AL.<br />
(2007) als auch JENE (2008). REYNOLDS (2008) erwähnt eine mögliche kombinierte<br />
Wirkung von Rundlaufabweichung und wechselnden Kontaktbedingungen<br />
am Werkzeug. Rundlaufabweichungen erreichen ihr Minimum und ihr Maximum<br />
während einer Umdrehung des Werkzeugs und könnten daher ein Grund für die<br />
Spektralanteile der Kraft mit Drehfrequenz sein. Untersuchungen, die diesen<br />
Sachverhalt klären könnten, wurden jedoch bisher nicht veröffentlicht. Um den<br />
tatsächlichen Einfluss des Rundlaufes zu bestimmen, wurden deshalb entsprechende<br />
Versuche durchgeführt.<br />
Die exakte Einstellung einer bestimmten Rundlaufabweichung erwies sich dabei<br />
als nicht praktikabel, da sich diese aus einer Überlagerung einer Vielzahl verschiedener<br />
Effekte ergibt. Zu nennen sind hier Verzüge bei der Härtung der<br />
Werkzeuge sowie etwaige Rundlaufabweichungen des Werkzeugkegels der<br />
Spindel oder der Werkzeugaufnahme. Die Verwendung eines Flächenspannfutters<br />
begünstigt ebenfalls Abweichungen dieser Art. Weicht der Durchmesser des<br />
Werkzeugschaftes geringfügig vom Solldurchmesser ab, wird die Achse des<br />
Werkzeugs durch die Spannschrauben relativ zur Achse der Aufnahme verschoben.<br />
Die Rundlaufabweichung der für diese Arbeite verwendeten Werkzeuge<br />
sind maßgeblich auf diesen Effekt zurückzuführen. Die Versuche erfolgten mit<br />
Werkzeugen, die während des Betriebs eine Gesamtrundlaufabweichung von<br />
0,03 mm bzw. 0,2 mm aufwiesen. Gemessen wurden diese Abweichungen über<br />
mehrere Spindelumdrehungen durch eine Messuhr senkrecht zur Werkzeugachse<br />
an der Werkzeugschulter. Der Einbau des Pins in das Werkzeug geschieht ebenfalls<br />
über eine Spannfläche und eine seitliche Klemmung über einen Gewindestift.<br />
Dadurch entsteht eine weitere potenzielle Abweichung relativ zum Werkzeug,<br />
die sich auf die Prozesskraftschwankungen auswirken kann. Die Interpretation<br />
der Messergebnisse wird dadurch erschwert. Deshalb wurden die Versuche<br />
mit einem Werkzeug durchgeführt, das nur über eine Schulter, jedoch keinen Pin,<br />
verfügt. Um die bereits beschriebenen Effekte des Werkstofftransports zu unterdrücken,<br />
wurde auf die Vorschubbewegung verzichtet.<br />
Wie aus Abbildung 6-15 ersichtlich ist, hat eine erhöhte Rundlaufabweichung<br />
definitiv eine Erhöhung der Prozesskraftschwankungen in Drehfrequenz zur Fol-<br />
95
6 Prozessmodellierung<br />
ge. Der generelle Einfluss des Rundlaufes auf die Prozesskraftschwankungen ist<br />
somit bestätigt. Es wird deutlich, dass sich mit steigender Rundlaufabweichung<br />
die Prozesskraftschwankungen erhöhen, jedoch nicht proportional. Selbst bei<br />
einer relativ geringen Abweichung von 0,03 mm sind noch bedeutende Anteile<br />
vorhanden.<br />
Rundlaufabweichung 0,03 mm<br />
3000<br />
Kraft<br />
Kraft<br />
N<br />
1400<br />
600<br />
-200<br />
F x<br />
F y<br />
F z<br />
-1000<br />
18,00 18,25 18,50<br />
Zeit<br />
s 19,00<br />
Rundlaufabweichung 0,2 mm<br />
3000<br />
N<br />
1400<br />
600<br />
-200<br />
F xx<br />
F yy<br />
F zz<br />
-1000<br />
8,00 8,25 8,50<br />
Zeit<br />
s 9,00<br />
Abbildung 6-15: Verlauf und spektrale Zusammensetzung der Prozesskräfte für<br />
unterschiedliche Rundlaufabweichungen, ohne Vorschubbewegung,<br />
ohne Pin (n = 1400 min -1 -> Rotationsfrequenz =<br />
23,33 Hz, v = 0 mm/min, Et = 0,25 mm, St = 0 mm, rs = 7 mm<br />
Werkstoff EN AW-5182-H111)<br />
Um zu klären, ob neben der Rundlaufabweichung und den bereits beschriebenen<br />
Vorgängen noch weitere Effekte für die Entstehung der Prozesskraftschwankungen<br />
verantwortlich sind, mussten Versuche mit einem Werkzeug ohne Rundlaufabweichung<br />
durchgeführt werden. Durch den beschriebenen Spannmechanismus<br />
ist jedoch keine vollkommene Rundlaufgenauigkeit zu erreichen. Die direkte<br />
Herstellung eines Werkzeugs durch eine Drehbearbeitung unter Nutzung der<br />
96<br />
Amplitude<br />
Amplitude<br />
400<br />
N<br />
200<br />
100<br />
F x<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz<br />
800<br />
N<br />
400<br />
200<br />
F xx<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Werkzeugspindel als Drehspindel im verwendeten Bearbeitungszentrum ermöglichte<br />
dagegen eine entsprechende Verringerung der Rundlaufabweichung. Um<br />
eine Drehbearbeitung auf dem für die Fräsbearbeitung konzipierten Bearbeitungszentrum<br />
zu realisieren, wurde ein Drehmeißel auf dem Spannwinkel befestigt.<br />
Damit erfolgte die Herstellung der Werkzeugkontur aus Rundstahl direkt in<br />
der Werkzeugaufnahme. Die auf diese Weise erzeugte einfache Werkzeuggeometrie<br />
bildet die typischen Merkmale eines Werkzeugs zum Rührreibschweißen<br />
ab und wurde an die Werkzeuggeometrie aus Abbildung 5-5 angelehnt. Der<br />
Schulterdurchmesser betrug 12 mm. Anstelle einer abgerundeten Schulter wurde<br />
eine 1x45°-Phase gefertigt. Der Pin wurde ohne Konturierung auf eine Länge<br />
von 2,5 mm und einen Durchmesser von 5 mm festgelegt. Auf eine Härtung des<br />
Werkzeugs wurde verzichtet, um Abweichungen durch den Verzug und das Aus-<br />
und Einspannen zu verhindern. Diese Vorgehensweise ermöglichte die Herstellung<br />
eines Werkzeugs mit einer kaum nachweisbaren Rundlaufabweichung in der<br />
Größenordnung von 0,001 mm. Wie Abbildung 6-16 zeigt, hat dies zur Folge,<br />
dass die Prozesskraftschwankungen auf ein vergleichsweise sehr geringes Maß<br />
zurückgehen. Die Abhängigkeit von der Drehfrequenz des Werkzeugs ist zwar<br />
noch deutlich erkennbar, die entsprechende Amplitude ist jedoch so niedrig, dass<br />
der Einfluss weiterer hochfrequenter Frequenzanteile bereits im Zeitsignal deutlich<br />
sichtbar ist.<br />
Kraft<br />
100<br />
N<br />
0<br />
-50<br />
F<br />
x<br />
F<br />
y<br />
-100<br />
16,00 16,25 16,50<br />
Zeit<br />
s 17,00<br />
Abbildung 6-16: Verlauf und spektrale Zusammensetzung der Prozesskräfte bei<br />
Verwendung eines Werkzeugs mit minimaler Rundlaufabweichung,<br />
ohne Vorschubbewegung (n = 1400 min -1 -> Rotationsfrequenz<br />
= 23,33 Hz, v = 0 mm/min, Et = 0,2 mm,<br />
St = 2,5 mm, rs = 6 mm, rp = 2,5 mm, Werkstoff EN AW-<br />
5182-H111)<br />
97<br />
Amplitude<br />
20<br />
N<br />
10<br />
5<br />
F x<br />
0<br />
0 125 250 s 500<br />
Frequenz
6 Prozessmodellierung<br />
Wird nun davon ausgegangen, dass sich diese restlichen Schwankungen im Bereich<br />
von +/- 50 N aus minimalen restlichen Fertigungsungenauigkeiten sowie<br />
etwaigen Kanten an Phasen, immer vorhandenen geringen Maschinenschwingungen<br />
und minimalen Bewegungen der Achsen ergeben, so bedeutet dies, dass<br />
neben dem bereits angesprochenen Werkstofffluss um das Werkzeug im Wesentlichen<br />
die Rundlaufabweichung des Werkzeugs für die Prozesskraftschwankungen<br />
verantwortlich ist.<br />
Eine weitere Erkenntnis aus diesen Messergebnissen ist, dass der Prozess des<br />
Rührreibschweißens möglicherweise durch eine leichte Rundlaufabweichung und<br />
den daraus resultierenden, zusätzlichen Rührvorgang auch in gewisser Weise<br />
begünstigt wird. Die Schweißversuche mit minimaler Rundlaufabweichung und<br />
gleichzeitig glattem Pin zeigen nämlich, dass auf diese Weise die Naht für den<br />
verwendeten Versuchswerkstoff nicht geschlossen werden kann (siehe Abbildung<br />
6-17). Die typischen Unebenheiten auf der Nahtoberfläche, die auf den beschriebenen<br />
Werkstofftransport zurückzuführen sind, sind kaum mehr zu erkennen.<br />
Demnach reichen das alleinige Anhaften des Werkstoffes an der Pinoberfläche,<br />
und damit auch der Werkstofftransport durch Reibung, für ein erfolgreiches<br />
Schweißen nicht aus. Gleichzeitig würde dies jedoch auch bedeuten, dass<br />
Kraftschwankungen während des Rührreibschweißens ein mehr oder weniger<br />
notwendiges Resultat des Werkstofftransports sind und deren vollkommene<br />
Vermeidung nicht zielführend ist. Eine abschließende Aussage hierzu ist aufgrund<br />
der eingeschränkten Datenlage nicht zu tätigen. Um diesen Sachverhalt<br />
endgültig zu klären, sind weiterführende Versuchsreihen notwendig, die den Umfang<br />
dieser Arbeit gesprengt hätten und nicht weiter verfolgt wurden.<br />
Abbildung 6-17: Nahtoberfläche bei Verwendung eines Werkzeugs mit glattem<br />
Pin und minimaler Rundlaufabweichung<br />
98
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Die aus den Rundlaufabweichungen entstehenden Kraftschwankungen können<br />
ebenfalls durch mathematische Gleichungen abgebildet und in die Prozesskraftgleichungen<br />
integriert werden. Dies kann über die aus der Rundlaufabweichung k<br />
und der Drehzahl n berechenbare Vorschubgeschwindigkeit vr des umlaufenden<br />
Werkzeugs erfolgen. vr zeigt tangential zur Kreisbewegung, die das Werkzeug<br />
durch die Abweichung beschreibt (siehe Abbildung 6-18):<br />
·· (6-10)<br />
Wie auch in der programmierten Schweißrichtung wirken in diesem Fall statische<br />
Prozesskräfte tangential (Ft,rund) und normal (Fr,rund) zur Bewegungsrichtung<br />
auf das Werkzeug. Ist die Abhängigkeit der statischen Prozesskräfte Fx und Fy<br />
von der Schweißgeschwindigkeit bekannt, können die Kräfte Ft,rund und Fr,rund<br />
entsprechend bestimmt werden. Diese können dann über den Drehwinkel φ in<br />
Prozesskräfte in (Fx1,rund und Fx2,rund) und senkrecht (Fy1,rund und Fy2,rund) zur Vorschubrichtung<br />
umgerechnet werden. Dadurch entstehen in diese Richtungen Prozesskraftanteile,<br />
die mit der Drehfrequenz schwanken.<br />
F x1,rund<br />
F x2,rund<br />
F y1,rund<br />
φ Ft,rund<br />
F y2,rund<br />
F r,rund<br />
v r = k·π·n<br />
φ<br />
v<br />
Abbildung 6-18: Resultierende Kraftkomponenten durch Rundlaufabweichung<br />
des Werkzeugs<br />
Wie in Abbildung 6-15 ebenfalls zu erkennen ist, kommt neben den Kraftschwankungen<br />
in Drehfrequenz bei hoher Rundlaufabweichung auch ein Anteil<br />
in dreifacher Drehfrequenz zum Kraftsignal hinzu, dessen Amplitude jedoch im<br />
Vergleich sehr niedrig ist. Dies mag auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass<br />
aus der hohen Rundlaufabweichung eine vergleichsweise hohe Geschwindigkeit<br />
tangential zur Kreisbewegung resultiert. In dieser Bewegung würde entsprechend<br />
99<br />
k<br />
2<br />
Werkzeugbahn aufgrund<br />
Rundlaufabweichung k<br />
(überzeichnet dargestellt)<br />
y x
6 Prozessmodellierung<br />
den bereits getätigten Betrachtungen ein Werkstofftransport um das Werkzeug<br />
aufgrund einer Vorschubbewegung entstehen, der jedoch zusätzlich von der<br />
Kreisbewegung des Werkzeugs überlagert wird. Dieser Werkstofftransport ist in<br />
Abbildung 6-19 dargestellt. Über die bereits bestehenden Gleichungen 6-3 und 6-<br />
4 können auch hier die Kraftanteile berechnet und über die Kreisbewegung und<br />
den Winkel φ zu den Kräften Fx und Fy addiert werden.<br />
φ = 0<br />
φ = 90<br />
φ<br />
V FSW,p = max<br />
+ -<br />
φ = 270<br />
Abbildung 6-19: Um den Pin gefördertes Volumen durch Rundlaufabweichung<br />
Abbildung 6-20 zeigt die Prozesskraftanteile, die aus dieser Annahme entstehen.<br />
Berechnet wurden sie entsprechend den beschriebenen Versuchen ohne Pin und<br />
ohne programmierte Vorschubbewegung für eine Rundlaufabweichung von<br />
0,2 mm. Erkennbar ist, dass in der Tat Anteile mit dreifacher Drehfrequenz enthalten<br />
sind. Die Anteile mit doppelter Drehfrequenz überwiegen jedoch, was den<br />
100<br />
k<br />
2<br />
Materialanhäufung<br />
y x<br />
φ = 180<br />
Materialanhäufung<br />
Materialablagerung ab φ = 180
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Messergebnissen aus Abbildung 6-15 nicht zu entnehmen ist. Diese Tatsache<br />
deutet darauf hin, dass die in Abbildung 6-19 getroffenen Annahmen die Realität<br />
nur in grober Nährung beschreiben. Das bedeutet, dass sich der dargestellte<br />
Werkstofffluss in der Realität komplexer darstellt als hier beschrieben.<br />
Kraft<br />
20<br />
N<br />
0<br />
-10<br />
F<br />
x<br />
F<br />
y<br />
-20<br />
0,00 0,05 0,10<br />
Zeit<br />
s 0,20<br />
Abbildung 6-20: Durch Rundlaufabweichung und Werkstofftransport um das<br />
Werkzeug resultierende berechnete Kraftanteile von Fx und Fy<br />
und spektrale Zusammensetzung von Fx, ohne Vorschubbewegung,<br />
ohne Pin (n = 1400 min -1 -> Rotationsfrequenz =<br />
23,33 Hz, k = 0,2 mm, Ettat = 0,1 mm, rs = 6 mm, fiktiver<br />
Werkstoff mit kFSW = 100 N/mm³)<br />
Zusammenfassend setzen sich demnach die Prozesskräfte aus mehreren Anteilen<br />
zusammen. Hierbei sind zu nennen:<br />
statische Anteile in und quer zur Schweißrichtung,<br />
wechselnde Anteile, die durch den Werkstofftransport um das Werkzeug<br />
aufgrund der Vorschubbewegung entstehen,<br />
wechselnde Kraftanteile aufgrund von Rundlaufabweichungen und<br />
wechselnde Kraftanteile, die durch den Werkstofftransport um das Werkzeug<br />
aufgrund von Rundlaufabweichungen entstehen.<br />
Die einzelnen Anteile und der sich daraus ergebende Gesamtkraftverlauf sind<br />
beispielhaft für die Kraft Fx in Abbildung 6-21 dargestellt. Die statischen Prozesskräfte<br />
in x- und y-Richtung wurden auf 250 N festgelegt. Um daraus die tangential<br />
und radial zur Kreisbewegung wirkenden Kräfte zu berechnen, wurde ein<br />
linearer Einfluss der Schweißgeschwindigkeit auf die statischen Prozesskräfte<br />
101<br />
Amplitude<br />
12<br />
N<br />
6<br />
3<br />
F x<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz
6 Prozessmodellierung<br />
angenommen. Dabei wird deutlich, dass die Prozesskraftschwankungen, die<br />
durch die Rundlaufabweichung entstehen, den größten Anteil am Gesamtverlauf<br />
liefern.<br />
Kraft<br />
400<br />
N<br />
0<br />
-200<br />
Kraft durch Werkstofffluss aufgrund Vorschubbewegung<br />
Kraft durch Werkstofffluss aufgrund Rundlaufabweichung<br />
-400<br />
Kraft durch Rundlaufabweichung<br />
statische Kraft in Schweißrichtung<br />
Gesamtkraft F<br />
x<br />
-600<br />
0,00 0,02 0,04<br />
Zeit<br />
s 0,08<br />
Abbildung 6-21: Überlagerung der einzelnen Prozesskraftanteile zur Gesamtkraft<br />
in Vorschubrichtung (n = 1400 min -1 -> Rotationsfrequenz<br />
= 23,33 Hz, f = 0,25 mm, k = 0,03 mm, Ettat = 0,1 mm,<br />
St = 2,5 mm, rs = 6 mm, rp = 2,5 mm, fiktiver Werkstoff mit<br />
kFSW = 100 N/mm³)<br />
Abbildung 6-22 zeigt abschließend die aus den beschriebenen theoretischen Prozesskraftgleichungen<br />
berechneten Prozesskraftverläufe in und quer zur Vorschubrichtung.<br />
Deutlich wird, dass sich dadurch die realen Prozesskraftverläufe<br />
qualitativ sehr gut abbilden lassen. Im Zeitbereich ist das generelle Erscheinungsbild<br />
gut dargestellt. Die in allen Versuchen festgestellte Phasenverschiebung<br />
der Prozesskraft in y-Richtung zu der in x-Richtung von ca. 90° ist zu erkennen.<br />
Die Zusammensetzung im Frequenzbereich stimmt ebenfalls gut mit den<br />
Messungen überein. Diese Ergebnisse sind ein weiterer Schritt hin zu einem tiefen<br />
Prozessverständnis dieses noch relativ jungen Schweißprozesses.<br />
102
Kraft<br />
500<br />
N<br />
0<br />
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
-250<br />
F<br />
x<br />
F<br />
y<br />
-500<br />
0,00 0,05 0,10<br />
Zeit<br />
s 0,20<br />
Abbildung 6-22: Nach theoretischen Prozesskraftgleichungen berechnete Prozesskraftverläufe<br />
von Fx und Fy und spektrale Zusammensetzung<br />
von Fx, (n = 1400 min -1 -> Rotationsfrequenz =<br />
23,33 Hz, f = 0,25 mm, k = 0,03 mm, Ettat = 0,1 mm, St =<br />
2,5 mm, rs = 6 mm, rp = 2,5 mm, fiktiver Werkstoff mit kFSW =<br />
100 N/mm³)<br />
6.2.3.4 Integration der Kraftkomponente in Werkzeug-Achsrichtung<br />
Die Rücküberführung des zweidimensionalen auf einen dreidimensionalen Fall<br />
durch Integration der Kraftkomponente in Werkzeug-Achsrichtung komplettiert<br />
das bestehende Modell. Auch hier kann der Zerspanungsprozess als Vorbild dienen.<br />
Dort hat der Einstellwinkel κ der Werkzeugschneide großen Einfluss auf die<br />
Ausprägung der Passivkraft in Werkzeug-Achsrichtung. Dies kann auf die Werkzeuge<br />
zum Rührreibschweißen übertragen werden. Hierbei sind konische Pinformen<br />
ebenso zu nennen wie abgerundete oder angefaste Werkzeugschultern.<br />
Die Kräfte in und quer zur Schweißrichtung wirken dabei auf das Werkzeug und<br />
drücken es über die geneigten Flächen aus der Schweißnaht heraus (siehe Abbildung<br />
6-23). Sie wirken anteilig entsprechend der Werkzeuggeometrie als Flächenlast<br />
(fx, fy) und haben entsprechende Anteile in Werkzeug-Achsrichtung (fz)<br />
zur Folge, die sich zur Gesamtkraft Fz summieren.<br />
Zur Berechnung des Kraftverlaufs werden die Kräfte in und quer zur Schweißrichtung<br />
addiert und mit einem Faktor kFSW,z, der die Geometrie des Werkzeugs<br />
beinhaltet, verrechnet. kFSW,z gibt demnach das Verhältnis der Kräfte in x- und y-<br />
Richtung und der Kraft in z-Richtung an. Der genaue Wert dieses Faktors ergibt<br />
sich neben den geometrischen Bedingungen auch aus den Kontakt- und Reibungsverhältnissen<br />
am Werkzeug und ist demnach, ähnlich wie der bereits eingeführte<br />
Faktor kFSW, von vielen Randbedingungen abhängig.<br />
103<br />
Amplitude<br />
160<br />
N<br />
80<br />
40<br />
F x<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz
6 Prozessmodellierung<br />
f x, f y<br />
f z<br />
κ<br />
Abbildung 6-23: Entstehung von Prozesskraftschwankungen in Werkzeug-<br />
Achsrichtung über geneigte Werkzeugflächen<br />
Entsprechend dem Schnittkraftgesetz nach KIENZLE (1952) und VICTOR (1956)<br />
müsste dieser Faktor also für verschiedene Kombinationen von Werkzeug und<br />
Werkstoff experimentell bestimmt werden. Für das folgende Beispiel wurde er<br />
auf einen Wert von 0,15 festgelegt. Der über diesen Wert berechnete Verlauf von<br />
Fz ist Abbildung 6-24 zu entnehmen. Dabei werden nur die wechselnden periodischen<br />
Kraftanteile berücksichtigt. Deutlich wird hier die korrekte Phasenlage der<br />
unterschiedlichen Kraftanteile zueinander. Wie anhand verschiedener Messergebnisse<br />
bereits erläutert, sind ausgehend von Fx die Kraftverläufe von Fy und Fz<br />
jeweils um ca. 90° zueinander phasenverschoben, wobei Fy gegenüber Fx vorauseilt.<br />
Fz hinkt diesem Verlauf um die entsprechende Phasenverschiebung nach.<br />
Die korrekte Abbildung dieses Sachverhaltes unterstreicht die Plausibilität des<br />
theoretischen Prozesskraftmodells.<br />
Kraft<br />
500<br />
N<br />
0<br />
Abbildung 6-24: Nach theoretischen Prozesskraftgleichungen berechnete Prozesskraftverläufe<br />
von Fx, Fy und Fz und spektrale Zusammensetzung<br />
von Fz, (n = 1400 min -1 , f = 0,25 mm, k = 0,03 mm,<br />
Ettat = 0,1 mm, St = 2,5, mm, rs = 6 mm, rp = 2,5 mm, fiktiver<br />
Werkstoff mit kFSW = 100 N/mm³, kFSW,z = 0,15)<br />
104<br />
Schulterkontur<br />
-250<br />
F<br />
y<br />
F<br />
z<br />
-500<br />
0,00 0,05 0,10<br />
Zeit<br />
s 0,20<br />
F x<br />
Amplitude<br />
40<br />
N<br />
20<br />
10<br />
F z<br />
0<br />
0 25 50 s 100<br />
Frequenz
6.2 Theoretisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
6.2.3.5 Zusammenfassung und Bewertung der entwickelten Prozesskraftgleichungen<br />
Abschnitt 6.2.3.1 bis Abschnitt 6.2.3.4 beschreiben die Entwicklung theoretischer<br />
Prozesskraftgleichungen für das Rührreibschweißen. Zusammenfassend<br />
sind folgende Erkenntnisse festzuhalten:<br />
Die Prozesskraftschwankungen in und quer zur Schweißrichtung setzen<br />
sich aus verschiedenen Kraftanteilen zusammen.<br />
Maßgeblich gehen diese aus den in der Praxis meist unvermeidbaren<br />
Rundlaufabweichungen des Werkzeugs hervor.<br />
Diesen Prozesskräften sind Kraftschwankungen überlagert, die aus dem<br />
Werkstofffluss um das Werkzeug resultieren. Prozesskraftverläufe, die ein<br />
entsprechendes Verhalten zeigen, lassen sich durch Gleichungen abbilden,<br />
die an die Zerspankraftgesetze nach KIENZLE (1952) und VICTOR (1956)<br />
angelehnt sind. Sie basieren auf den in Abschnitt 6.2.2 beschriebenen Annahmen<br />
und klammern Randbedingungen wie die Kontinuitätsbedingung<br />
aus.<br />
Die Kraftschwankungen in Werkzeug-Achsrichtung resultieren aus den<br />
Kräften in und quer zur Schweißrichtung und werden maßgeblich von der<br />
Werkzeuggeometrie beeinflusst.<br />
Trotz dieser Ergebnisse sind jedoch auch weiterführende Fragestellungen zu untersuchen,<br />
bevor die realen Vorgänge beim Rührreibschweißen als umfassend<br />
geklärt gelten können. Hierbei sind folgende Punkte zu nennen:<br />
Die beschriebenen Gleichungen basieren auf starken Vereinfachungen der<br />
Materialkennwerte. Die Verwendung einer konstanten spezifischen Kraft<br />
kFSW gibt nur sehr eingeschränkt die realen Verhältnisse wieder. Beispielsweise<br />
wirken aufgrund des höheren Durchmessers an der Außenkontur<br />
der Schulter bedeutend höhere Umfangsgeschwindigkeiten als an der<br />
Pinoberfläche. Dies hat z. B. unterschiedliche Reibungsverhältnisse zur<br />
Folge. Zusätzlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass das gemäß<br />
den Gleichungen transportierte Volumen überall gleiche Materialkennwerte<br />
aufweist. Wie bereits in Abschnitt 2.5 und Abschnitt 6.2.2 erörtert, lässt<br />
dieses Themengebiet noch viel Raum für weiterführende Forschungsarbeiten.<br />
105
6 Prozessmodellierung<br />
Die ausgeführten theoretischen Betrachtungen beschreiben nur die dynamischen<br />
Prozesskraftanteile. Die Abhängigkeiten der statischen Prozesskraftanteile<br />
von den Schweiß- und Werkzeugparametern werden nicht abgebildet.<br />
Bestehende Modelle (siehe Abschnitt 2.5.5) ermöglichen hier<br />
zwar die Abschätzung dieser Kräfte und stellen einfache Regeln bereit,<br />
sind in ihrer Anwendung jedoch oft nur eingeschränkt nutzbar.<br />
Die dargestellten Prozesskraftgleichungen gelten für den Fall eines nicht<br />
konturierten Pins. Wie bereits demonstriert, zeigen die Prozesskraftkomponenten<br />
bei Verwendung eines Pins mit Gewinde, Abflachungen und<br />
sonstigen geometrischen Merkmalen einen davon abweichenden Verlauf.<br />
Grund hierfür sind Werkstoffflüsse, die sich den hier beschriebenen überlagern<br />
und deren Berechnung mit den hier beschriebenen theoretischen<br />
Betrachtungen nicht möglich ist.<br />
In der Praxis haben Modelle für Werkzeuge mit glattem Pin jedoch nur einen<br />
stark eingeschränkten Nutzen und eher akademischen Wert. Aufgrund der geringeren<br />
erreichbaren Nahtqualität und kleineren Parameterfenster werden sie nur<br />
selten eingesetzt. Aus diesem Grund wird im folgenden Abschnitt ein empirisches<br />
Prozesskraftmodell entwickelt, das die Prozesskraftschwankungen für das<br />
in Abbildung 5-5 gezeigte Werkzeug beschreibt. Es wird auf die Abbildung der<br />
Wechselwirkung von Schweißprozess und Maschinenverhalten ausgelegt und<br />
soll im weiteren Verlauf der Arbeit in Kapitel 7 seine Anwendung finden.<br />
6.3 Empirisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
6.3.1 Vorgehensweise zur Entwicklung eines empirischen Prozesskraftmodells<br />
Wie bereits in Abschnitt 2.6 erläutert, werden Prozesskraftmodelle außer zur<br />
Vorhersage von Prozesskräften auch zur Ermittlung des dynamischen Verhaltens<br />
von Maschinen während des Fertigungsprozesses eingesetzt. Hierbei wird das<br />
System Maschine/Prozess als rückgekoppeltes System betrachtet, das die Maschine<br />
im Vorwärtszweig und den Fertigungsprozess im Rückwärtszweig enthält.<br />
Die an der Maschine auftretenden Schwingungen dienen dabei als Eingangsgrößen<br />
für das Prozesskraftmodell des Fertigungsprozesses. Verwendet werden die-<br />
106
6.3 Empirisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
se Betrachtungen vor allem für die Beurteilung des Stabilitätsverhaltens von Maschinen.<br />
Im Folgenden soll nun ein empirisches Prozesskraftmodell für den<br />
Rührreibschweißprozess entwickelt werden, das die dynamischen Anteile der in<br />
Abschnitt 5.2 und Abschnitt 6.2 beschriebenen Kraftverläufe enthält und analog<br />
zu den Modellen der Zerspanprozesse auf die beschriebene Art mit den Maschinenmodellen<br />
gekoppelt werden kann. Damit sollen die beim Schweißen resultierenden<br />
dynamischen Maschinenbelastungen über einen großen Parameterbereich<br />
abgebildet werden (siehe Abschnitt 7.2). Dafür werden zuerst die das Prozesskraftmodell<br />
beeinflussenden Parameter festgelegt, die Randbedingungen definiert<br />
und die Versuchsplanung und -durchführung erläutert. Anschließend werden aus<br />
den Versuchsergebnissen formelmäßige Zusammenhänge zwischen den Prozesskräften<br />
und den ausgewählten Parametern abgeleitet, die für das in dieser Arbeit<br />
verwendete Werkzeug (siehe Abbildung 5-5) gelten.<br />
6.3.2 Versuchsplanung und -durchführung<br />
Der Prozess des Rührreibschweißens wird von einer Vielzahl von Parametern<br />
beeinflusst. Neben den Schweißparametern, die vor jedem Schweißvorgang vorgegeben<br />
werden, zählen hierzu auch die Werkzeuggeometrie, der zu schweißende<br />
Werkstoff und z. B. die Aufspannvorrichtung. Für die bereits geschilderten<br />
dynamischen Betrachtungen und damit für die Erstellung des Prozesskraftmodells<br />
kommen nur die Schweißparameter in Frage, da nur sie direkt von den Maschinenschwingungen<br />
während des Prozesses beeinflusst werden. Die Werkzeuggeometrie<br />
ist festgelegt und wird nicht variiert. Die mathematische Beschreibung<br />
des Strukturverhaltens der Maschine stellt als Ausgangsgrößen Positionen,<br />
Geschwindigkeiten und Beschleunigungen zur Verfügung (siehe Abschnitt<br />
4.3.6). Als Schweißparameter sind vor allem die Eintauchtiefe der Werkzeugschulter,<br />
die Vorschubgeschwindigkeit, die Werkzeugdrehzahl, der Anstellwinkel<br />
des Werkzeugs und die Anpresskraft (im Falle des kraftgeregelten<br />
Schweißbetriebes) zu nennen. Für den Fall, dass die Ausgangsgrößen des Maschinenmodells<br />
mit diesen Schweißparametern zusammenfallen bzw. diese direkt<br />
beeinflussen, kommt es zu einer Wechselwirkung zwischen Maschine und Prozess.<br />
Beispielsweise wirkt die Maschinenschwingung in Schweißrichtung (x-<br />
Richtung) an der Schweißstelle direkt auf die Vorschubgeschwindigkeit zurück.<br />
Die Lageschwingung in Werkzeug-Achsrichtung (z-Richtung) überlagert sich der<br />
Eintauchtiefe der Werkzeugschulter. Damit wirken die Maschinenschwingungen<br />
maßgeblich auf zwei Schweißparameter zurück, die deshalb als Einflussfaktoren<br />
im dynamischen Prozesskraftmodell berücksichtigt werden müssen.<br />
107
6 Prozessmodellierung<br />
Zusätzlich zu diesen beiden Parametern können die Schweißparameter in das<br />
Modell aufgenommen werden, die die Prozesskräfte beeinflussen, jedoch nicht in<br />
Wechselwirkung mit der verwendeten Maschine stehen. Zu nennen sind hier die<br />
Werkzeugdrehzahl, der Anstellwinkel und die Anpresskraft. Da die Schweißversuche<br />
im Rahmen dieser Arbeit im positionsgeregelten Modus durchgeführt wurden,<br />
entfällt die Anpresskraft als Schweißparameter. Dies gilt ebenfalls für den<br />
Anstellwinkel, da analog zu Kapitel 5 nur ohne Anstellung geschweißt wurde.<br />
Damit verbleiben als Schweißparameter für das Prozesskraftmodell die Eintauchtiefe<br />
der Werkzeugschulter Et, die Vorschubgeschwindigkeit v und die Werkzeugdrehzahl<br />
n. Die Werkzeugdrehzahl und die Vorschubgeschwindigkeit werden<br />
jedoch zur Reduzierung der Komplexität der resultierenden Modelle teilweise<br />
zum Vorschub f zusammengefasst (siehe Abbildung 6-25).<br />
Fstör, x(t)<br />
Fstör, y(t)<br />
Fstör, z(t)<br />
+<br />
+<br />
+<br />
Fz(t) Fy(t) Fx(t) Prozesskräfte<br />
Abbildung 6-25: Wechselwirkung der Prozesskräfte des Rührreibschweißprozesses<br />
mit der Maschinenstruktur<br />
Eine Besonderheit des zu entwickelnden Prozesskraftmodells liegt außerdem darin,<br />
dass nicht die eingestellte Eintauchtiefe der Werkzeugschulter Et als Einflussfaktor<br />
verwendet wird. Wie bereits in Abschnitt 5.1 beschrieben, stellt sich<br />
aufgrund der Verformung der Maschinenstruktur unter den hohen statischen Prozesskräften<br />
eine tatsächliche Eintauchtiefe Ettat ein, die einige Zehntel Millimeter<br />
von der eingestellten abweicht. Diese wird als Einflussfaktor für das Prozesskraftmodell<br />
verwendet. Würde die eingestellte Eintauchtiefe Et für das Prozesskraftmodell<br />
verwendet werden, wäre in diesem die Nachgiebigkeit der Versuchsmaschine<br />
enthalten und das Modell würde seine Allgemeingültigkeit verlieren.<br />
Außerdem ist die Nachgiebigkeit bereits in der strukturmechanischen Beschreibung<br />
der Maschine enthalten.<br />
108<br />
Schwingungen<br />
x(t)<br />
y(t)<br />
z(t)<br />
Ettat(t) v(t)<br />
f(t)<br />
n<br />
n 1<br />
d<br />
dt
6.3 Empirisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Dieser Sachverhalt erschwert jedoch die Versuchsplanung. Da die tatsächliche<br />
Eintauchtiefe von der Prozesskraftkomponente in Werkzeug-Achsrichtung abhängt<br />
und diese wiederum von einer Vielzahl an Schweiß- und Werkzeugparametern<br />
beeinflusst wird, ist es nicht möglich, definierte Werte von Ettat vorzugeben.<br />
Diesem Sachverhalt hat sich bereits EIREINER (2006) gewidmet. Er benötigte<br />
für seine nach statistischer Versuchsplanung festgelegten Experimente definierte<br />
Werte für Ettat. Dafür entwickelte er ein sog. Kompensationsmodell, das<br />
Ettat in Abhängigkeit der Schweißparameter und der eingestellten Eintauchtiefe<br />
Et beschreibt. Es erlaubte ihm zu berechnen, welche eingestellte Eintauchtiefe Et<br />
einen bestimmten Wert von Ettat zur Folge hatte. Es war ihm dadurch möglich,<br />
Versuchspläne mit definierten Stufen des Einflussfaktors Ettat zu erstellen und zu<br />
bearbeiten bzw. umzusetzen.<br />
Prinzipiell ist dies für das hier zu erstellende Modell ebenfalls möglich. Folgende<br />
Nachteile dieser Vorgehensweise müssen jedoch betrachtet werden. Zum einen<br />
muss vor den Hauptversuchen zur Ermittlung des Prozesskraftmodells ein Kompensationsmodell<br />
entwickelt werden, zu dessen Erstellung ein Versuchsumfang<br />
notwendig ist, der dem der Hauptversuche entspricht. Zum zweiten leidet durch<br />
die unweigerlich vorhandene Modellungenauigkeit des vorgeschalteten Kompensationsmodells<br />
die Gesamtgenauigkeit des Prozesskraftmodells. Zusätzlich dazu<br />
erfordert die statistische Versuchsplanung ein gewisses Maß an Vorkenntnis bezüglich<br />
der zu erwartenden Versuchsergebnisse. Beispielsweise hängt die Gestalt<br />
des Versuchsplans von der mathematischen Ansatzfunktion ab. Da, wie in Abschnitt<br />
2.5.5 beschrieben, bis dato nur sehr wenige Kenntnisse über die dynamischen<br />
Kraftanteile und deren Abhängigkeit von den Schweißparametern existieren,<br />
ist eine entsprechende Festlegung vor der Durchführung der Versuche nur<br />
schwer möglich. Ferner werden, wie bereits im Zusammenhang mit der Eintauchtiefe<br />
beschrieben, definierte Werte für die Einstellfaktoren ausgewählt, die<br />
von der statistischen Versuchsplanung vorgegeben werden (SCHEFFLER 1997,<br />
S. 217ff.). Diese Werte können im Nachhinein nicht angepasst werden, ohne die<br />
Eigenschaften des Versuchsplans zu verändern. Diese Tatsache erfordert ebenfalls<br />
größere Vorkenntnisse und die vorherige Festlegung des Parameterfensters.<br />
Eine nachträgliche Erweiterung des Parameterfensters ist demzufolge problematisch.<br />
Deshalb wurde für das in dieser Arbeit zu erstellende Prozesskraftmodell<br />
die statistische Versuchsplanung nicht verwendet.<br />
Für die Versuche wurde stattdessen für jeden Schweißparameter ein Parameterbereich<br />
gewählt, der erfahrungsgemäß fehlerfreie Schweißergebnisse liefert. Tabelle<br />
6-1 zeigt den Wertebereich der Schweißparameter. Dabei wurden Eintauch-<br />
109
6 Prozessmodellierung<br />
tiefe Et und Vorschub f auf vier Stufen variiert. Die Vorschubgeschwindigkeit v<br />
wurde auf drei Stufen verändert. Nur in Kombination mit dem niedrigsten Vorschub<br />
wurden Versuche mit der niedrigsten Vorschubgeschwindigkeit von<br />
100 mm/min durchgeführt. Die Werkzeugdrehzahl n wurde entsprechend der<br />
Vorschubgeschwindigkeit und des Vorschubs eingestellt. Die tatsächliche Eintauchtiefe<br />
Ettat wurde nach Aufzeichnung der Anpresskraft für jeden Versuch<br />
über die Relativsteifigkeit zwischen Werkzeug und Werkstück berechnet.<br />
Alle Versuche wurden mit der in Abschnitt 5.2 gezeigten Werkzeuggeometrie<br />
und für beide in Abschnitt 5.3.2 vorgestellten Legierungen (EN AW-5182-H111<br />
und EN AW-6060-T66) durchgeführt. Geschweißt wurde auf einer Kraftmessplattform<br />
der Firma Kistler Instrumente AG (Typ: 9257B), um die Kraftkomponenten<br />
in allen drei Achsrichtungen mit hoher Genauigkeit aufzeichnen zu können.<br />
Schweißparameter Einheit<br />
Eintauchtiefe (Et ) mm<br />
Vorschub (f ) mm<br />
Vorschubgeschwindigkeit (v ) mm/min<br />
Drehzahl (n ) 1/min<br />
Wertebereich<br />
von 0,05 bis 0,2<br />
von 0,2 bis 0,6<br />
(100,) 350, 600, 850<br />
entsprechend v und f von (500,) 600 bis 3800<br />
Tabelle 6-1: Schweißparameter und deren Wertebereich für die Versuche<br />
zur Erstellung eines empirischen dynamischen Prozesskraftmodells<br />
6.3.3 Versuchsauswertung und Erstellung des Prozesskraftmodells<br />
Wie in Abschnitt 5.2 und Abschnitt 6.2 gezeigt, tritt beim Rührreibschweißen ein<br />
sehr regelmäßiger und harmonischer Kraftverlauf auf, der maßgeblich von der<br />
Werkzeugdrehzahl und der zweiten Vielfachen bestimmt wird. Abbildung 6-26<br />
verdeutlicht dies noch einmal am Beispiel der Kraft in Vorschubrichtung. Die<br />
Prozesskräfte können deshalb durch eine Überlagerung mehrerer harmonischer<br />
Anteile abgebildet werden. Sollen die Zusammenhänge zwischen den Schweißparametern<br />
und den Kraftverläufen experimentell bestimmt werden, müssen deshalb<br />
aus den Versuchsaufzeichnungen neben dem Mittelwert auch die Schwingungsamplituden<br />
ermittelt werden.<br />
110
Kraft Fx Fx 6.3 Empirisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
2000<br />
N<br />
1200<br />
800<br />
400<br />
0<br />
0 0,05 0,1<br />
Zeit<br />
0,15 s 0,25<br />
Abbildung 6-26: Prozesskräfte beim Rührreibschweißen in Vorschubrichtung<br />
(n = 1000 min -1 , v = 100 mm/min, Et = 0,2 mm, St = 3mm,<br />
Werkstoff EN AW-5182-H111, Werkzeug gemäß Abbildung<br />
5-5)<br />
Die Gleichungen 6-11 bis 6-13 beschreiben demnach die drei Kraftkomponenten<br />
Fx, Fy, Fz des Rührreibschweißprozesses. Die Werte von Fx0, Fy0 und Fz0 stellen<br />
die Mittelwerte, also die statischen Anteile der Kraftverläufe, dar. Die Variablen<br />
Ax1 und Ay1 sowie Ax2 und Ay2 stehen für die Amplituden der harmonischen Anteile<br />
der Kräfte Fx und Fy. Die Kraftkomponente in Werkzeug-Achsrichtung wird<br />
nur durch einen Anteil mit der Amplitude Az in der Frequenz ω der Werkzeugdrehzahl<br />
n dargestellt. φx,2 und φy,2 geben die Werte der Phasenverschiebung mit<br />
doppelter Werkzeugdrehzahl relativ zu der mit einfacher Werkzeugdrehzahl an.<br />
φy und φz beschreiben die Phasenverschiebung in Werkzeugdrehzahl zum Kraftverlauf<br />
der Kraft Fx.<br />
F x F x0 A x1 sinωt A x2 sin2ωt , (6-11)<br />
F y F y0 A y1 sinωt A y2 sin2ωt 2 , (6-12)<br />
F z F z0 A z sinωt (6-13)<br />
mit ω 2 · π · n (6-14)<br />
Alle in diesen Gleichungen beschriebenen Variablen sind abhängig von den in<br />
Tabelle 6-1 ausgewählten Schweißparametern (siehe Gleichung 6-15 bis Gleichung<br />
6-17). Diese Abhängigkeiten müssen nach der Auswertung aller Versuche<br />
mathematisch abgebildet werden, um das Prozesskraftmodell nach den Gleichungen<br />
6-11 bis 6-13 zu erstellen.<br />
F x0, F y0, F z0 Et tat, f , v (6-15)<br />
A x1, A x2, A y1, A y2, A z Et tat, f , v (6-16)<br />
111<br />
Magnitude Amplitude<br />
800<br />
N<br />
400<br />
200<br />
0<br />
0 100 200 300 Hz 500<br />
Frequenz
6 Prozessmodellierung<br />
, , ,, , Et tat, f , v (6-17)<br />
Im Folgenden wird die Auswertung exemplarisch anhand von einigen typischen<br />
Zusammenhängen vorgestellt. Die ausführliche Darstellung der Ergebnisse aller<br />
Variablen in Abhängigkeit der drei Schweißparameter und beider Legierungen ist<br />
hier aufgrund des großen Umfangs nicht zweckmäßig.<br />
Generell konnten bei fast allen Variablen Abhängigkeiten von den Schweißparametern<br />
ermittelt werden. Dabei war es bei den meisten Variablen möglich, einen<br />
Haupteinflussparameter zu identifizieren. Im Gegensatz zu diesem konnten<br />
die Einflüsse der anderen Schweißparameter vernachlässigt werden. Abbildung<br />
6-27 zeigt hier beispielhaft die Abhängigkeit der Vorschubkraft Fx von den<br />
Schweißparametern für den Werkstoff EN AW-5182-H111. Deutlich zu erkennen<br />
ist der lineare Zusammenhang zwischen Kraft und Vorschubgeschwindigkeit<br />
v. Dabei steigt die Kraft proportional zur Geschwindigkeit an. Der Vorschub f<br />
hat im Gegensatz dazu keinen erkennbaren Einfluss. Ähnliches gilt für die Eintauchtiefe<br />
Et. Umgerechnet auf die tatsächliche Eintauchtiefe Ettat gilt derselbe<br />
Sachverhalt. Die Abhängigkeit von der Vorschubgeschwindigkeit kann demnach<br />
durch eine Geradengleichung abgebildet werden. In Abbildung 6-27 (rechts) ist<br />
dies beispielhaft für f = 0,35 mm dargestellt.<br />
Kraft F x<br />
2250<br />
1750 N<br />
1250<br />
750<br />
f<br />
ca. 0,6 mm<br />
f<br />
ca. 0,35 mm<br />
f<br />
ca. 0,25 mm<br />
f<br />
ca. 0,2 mm<br />
Et = 0,1 mm<br />
300 450 600 mm/min 750 900<br />
Vorschubgeschwindigkeit v<br />
Abbildung 6-27: Abhängigkeit der Vorschubkraft von der Vorschubgeschwindigkeit<br />
und dem Vorschub, St = 3 mm, EN AW-5182-H111,<br />
Werkzeug gemäß Abbildung 5-5<br />
112<br />
2250<br />
1750 N<br />
1250<br />
750<br />
f ca. 0,6 mm<br />
f ca. 0,35 mm<br />
f ca. 0,25 mm<br />
f ca. 0,2 mm<br />
f = 0,35 mm<br />
F x = 1,62 N/(mm/min)<br />
• v + 543 N<br />
Et = 0,2 mm<br />
300 450 600 mm/min 750 900<br />
Vorschubgeschwindigkeit v
6.3 Empirisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Die für das Prozesskraftmodell verwendete Geradengleichung wird durch Mittellung<br />
aller Einzelgleichungen über den gesamten Parameterbereich bestimmt. Für<br />
den gezeigten Fall resultiert daraus Gleichung 6-18:<br />
F x0 = 1,51<br />
N<br />
mm/min<br />
113<br />
· v + 541 N (6-18)<br />
Für alle Variablen außer Fz0 konnte ein solcher Sachverhalt identifiziert werden.<br />
Die Abhängigkeit konnte demnach jeweils auf einen Schweißparameter reduziert<br />
werden. Eine Auswertung dieser Zusammenhänge durch die Regressionsanalyse<br />
liefert naturgemäß Ergebnisse, die auch den Einfluss mehrerer Schweißparameter<br />
und deren Wechselwirkungen untereinander beschreiben können. Diese Einflüsse<br />
können meist durch bloße Betrachtung der Versuchsergebnisse nicht identifiziert<br />
werden. Obwohl dieses Vorgehen Vorteile bietet, wurde es nicht angewendet, da<br />
die resultierenden Regressionspolynome den einfachen und meist eingängigen<br />
Charakter der Ergebnisse verhindern würden. Die Abbildung durch ein Regressionspolynom<br />
erhöht die Anzahl der Koeffizienten für das Prozessmodell erheblich.<br />
Eine gute Vergleichbarkeit zwischen den Ergebnissen der beiden betrachteten<br />
Legierungen wäre dadurch nicht gegeben und die spätere Modellierung (siehe<br />
Abschnitt 7.2) deutlich komplexer. Zusätzlich dazu entfalten sich die Vorteile der<br />
Regressionsanalyse erst bei Anwendung der statistischen Versuchsplanung (siehe<br />
auch Abschnitt 2.5.5) richtig. Wie bereits in Abschnitt 6.3.2 erläutert, wurde auf<br />
diese für die Entwicklung des empirischen Prozesskraftmodells verzichtet.<br />
Neben der Abhängigkeit von nur einem Schweißparameter, der für die meisten<br />
Variablen zutrifft, kommt es beim Mittelwert der Anpresskraft Fz0 zu einer Abhängigkeit<br />
von zwei Schweißparametern (siehe Abbildung 6-28). Deutlich ist<br />
hier zu erkennen, dass ein linearer Zusammenhang zwischen der Anpresskraft<br />
und der tatsächlichen Eintauchtiefe herrscht. Zusätzlich dazu steigt die Kraft aber<br />
auch mit zunehmendem Vorschub an. Die Erhöhung der Schweißgeschwindigkeit<br />
hat bei gleichem Vorschub keinen nennenswerten Einfluss. Vereinfachend<br />
für das Prozesskraftmodell kommt hinzu, dass die Einflüsse des Vorschubs und<br />
der tatsächlichen Eintauchtiefe unabhängig voneinander wirken.
6 Prozessmodellierung<br />
Kraft F z<br />
10000<br />
11000<br />
9000N<br />
f = 0,58 mm<br />
f = 0,35 mm<br />
f = 0,25 mm<br />
10000 N<br />
8000 f = 0,19 mm<br />
9000<br />
7000<br />
8000<br />
f = 0,21 mm<br />
6000<br />
7000<br />
5000<br />
v = 350 mm/min<br />
6000<br />
v = 600 mm/min<br />
‐0,2 ‐0,15 ‐0,1 ‐0,05 mm 0 ‐0,2 ‐0,15 ‐0,1 ‐0,05 mm<br />
0<br />
tatsächliche Eintauchtiefe Ettat tatsächliche Eintauchtiefe Ettat Abbildung 6-28: Abhängigkeit der Anpresskraft von der tatsächlichen Eintauchtiefe<br />
und dem Vorschub, St = 3 mm, EN AW-5182-H111,<br />
Werkzeug gemäß Abbildung 5-5<br />
Analog zum bereits für Fx0 beschriebenen Vorgehen wurden auch für Fz0 die<br />
Geradengleichungen ermittelt:<br />
F z0( ) = 17636 N<br />
mm · + 10078 N (6-19)<br />
Fz0f 2709 N<br />
· f 7117 N (6-20)<br />
mm<br />
Hierbei zeigt sich, dass, obwohl die Einflüsse der Schweißparameter unabhängig<br />
voneinander wirken, diese aufgrund des Achsenabschnitts der Geradengleichungen<br />
nicht einfach addiert werden können. Im Allgemeinen sind bei dynamischen<br />
Betrachtungen jedoch nur die wechselnden Anteile der Prozesskraft<br />
entscheidend. MILBERG (1971) beschrieb dies bereits für den Prozess des Drehens.<br />
Demnach hat eine Schwingbewegung an der Wirkstelle des Prozesses zur<br />
Folge, dass sich einem stationären Prozessparameter ein wechselnder Anteil<br />
überlagert, der wiederum einen wechselnden Anteil der Zerspankraft zur Folge<br />
hat. Unter der Voraussetzung kleiner Ausschläge des Prozessparameters um den<br />
Arbeitspunkt kann die Abhängigkeit der Prozesskraft vom Prozessparameter<br />
durch Bildung des Differenzialquotienten ermittelt werden, d. h. die Verläufe<br />
werden im Betriebspunkt linearisiert. Angewendet auf den hier vorliegenden Fall<br />
bedeutet dies, dass für die Betrachtung der dynamischen Auswirkungen des<br />
Rührreibschweißprozesses nur die Steigungen der Geradengleichungen erforderlich<br />
sind. Der Einfluss der Schweißparameter kann so einfach aufsummiert werden.<br />
Für die Beschreibung von Fx0, Fy0 und Fz0 werden demnach nur die Steigungen<br />
der Geradengleichungen verwendet.<br />
114<br />
f<br />
= 0,6 mm<br />
f<br />
= 0,38 mm<br />
f<br />
= 0,27 mm<br />
f<br />
= 0,21 mm<br />
F z = 16737 N/mm<br />
• Et tat + 9381 N
6.3 Empirisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass dieser Sachverhalt für die<br />
Beschreibung der Schwingungsamplituden Ax1 bis Az und der Phasenverschiebungen<br />
φx,2 und φy,2 nicht gilt. Der Einfluss der Schweißparameter wird auch hier<br />
durch Geradengleichungen abgebildet. Der Achsenabschnitt dieser Gleichungen<br />
beschreibt jedoch keinen statischen Kraftanteil, sondern die Grundamplitude des<br />
harmonischen Anteils bzw. dessen Phasenverschiebung (siehe Gleichung 6-11<br />
bis Gleichung 6-13). Die Steigung der Geraden beschreibt nur die Veränderung<br />
dieser Ausgangsbasis aufgrund von Variationen der Schweißparameter.<br />
Tabelle 6-2 und Tabelle 6-3 fassen die Ergebnisse zusammen und stellen die Abhängigkeiten<br />
aller untersuchen Variablen von den Schweißparametern dar. Tabelle<br />
6-2 enthält die Werte der Steigung der Geradengleichungen und ordnet diese<br />
den Variablen und den Schweißparametern zu. Tabelle 6-3 zeigt die entsprechenden<br />
absoluten Anteile. Beispielhaft für die Variable Ax1 und den Werkstoff<br />
EN AW-5182-H111 ergibt sich daraus folgende Gleichung (Entsprechende Werte<br />
sind in den Tabellen hervorgehoben):<br />
Ax1 378,2 N<br />
· f 624,8 N (6-21)<br />
mm<br />
Gemäß den Gleichungen 6-11 bis 6-13 können so die Prozesskräfte Fx, Fy, und Fz<br />
beschrieben werden.<br />
Anhand Tabelle 6-2 und Tabelle 6-3 fällt auf, dass beide untersuchten Legierungen<br />
ähnliche Ergebnisse liefern. Nur der Mittelwert der Kraft quer zur Schweißrichtung<br />
Fy0 wird, wie Tabelle 6-2 zu entnehmen ist, je nach Legierung von einem<br />
unterschiedlichen Schweißparameter maßgeblich beeinflusst. Im Fall von<br />
EN AW-6060-T66 handelt es sich um die tatsächliche Eintauchtiefe der Werkzeugschulter<br />
Ettat, bei EN AW-5182-H111 um den Vorschub f.<br />
Generell ist der statische Anteil der Kraft Fy diejenige Kraft beim Rührreibschweißen,<br />
deren Entstehung und Beeinflussung am wenigsten eingängig ist. Der<br />
in Abschnitt 6.2.2 beschriebene Werkstofffluss um die Retreating Side legt die<br />
Vermutung nahe, dass dadurch das Werkzeug in die entgegengesetzte Richtung<br />
gedrückt wird. Diese Annahme wird von den Versuchsergebnissen gestützt, die<br />
durchweg statische Kraftanteile in die entsprechende Richtung zeigen.<br />
115
6 Prozessmodellierung<br />
Parameter [Einheit]<br />
Et tat<br />
[N/mm]|[rad/mm]<br />
f<br />
[N/mm]<br />
v<br />
[N/(mm/min)]<br />
Parameter [Einheit]<br />
Et tat<br />
[N/mm]<br />
f<br />
[N/mm]<br />
v<br />
[N/(mm/min)]<br />
F x0 F y0 F z0 φ x,2 φ y,2 Legierung<br />
‐ ‐ 17636,6 ‐17,1 ‐16,6 5182‐H111<br />
‐ ‐1575,2 2121,5 ‐ ‐ 6060‐T66<br />
‐ ‐1511,3 2709,3 ‐ ‐ 5182‐H111<br />
‐ ‐ 4045,7 ‐ ‐ 6060‐T66<br />
1,51 ‐ ‐ ‐ ‐ 5182‐H111<br />
0,25 ‐ ‐ ‐ ‐ 6060‐T66<br />
A x1 A y1 A z A x2 A y2 Legierung<br />
‐ ‐ ‐ ‐ ‐ 5182‐H111<br />
‐ ‐ ‐ ‐ ‐ 6060‐T66<br />
378,2 376,7 246,7 68,1 6,3 5182‐H111<br />
‐466,1 ‐370,6 116,4 70,7 115,8 6060‐T66<br />
‐ ‐ ‐ ‐ ‐ 5182‐H111<br />
‐ ‐ ‐ ‐ ‐ 6060‐T66<br />
Tabelle 6-2: Werte der Steigung der Geradengleichungen des Prozesskraftmodells<br />
und Zuordnung zu den beeinflussenden Schweißparametern<br />
für die untersuchten Legierungen, Wert für Ax1<br />
aus Beispielgleichung 6-21 hervorgehoben<br />
Parameter [Einheit] F x0 F y0 F z0 Legierung<br />
[N]<br />
‐<br />
‐<br />
‐<br />
‐<br />
‐<br />
‐<br />
5182‐H111<br />
6060‐T66<br />
Parameter [Einheit] φ y φ z φ x,2 φ y,2 Legierung<br />
[rad]<br />
1,35<br />
1,45<br />
‐1,44<br />
‐1,45<br />
0,7<br />
2,04<br />
‐0,5<br />
1,17<br />
5182‐H111<br />
6060‐T66<br />
Parameter [Einheit] A x1 A y1 A z A x2 A y2 Legierung<br />
[N]<br />
624,8<br />
651,4<br />
535,5<br />
528,4<br />
79,5<br />
60,3<br />
88<br />
61,1<br />
102,4<br />
37,2<br />
5182‐H111<br />
6060‐T66<br />
Tabelle 6-3: Werte des Achsenabschnitts der Geradengleichungen des<br />
Prozesskraftmodells für die untersuchten Legierungen, Wert<br />
für Ax1 aus Beispielgleichung 6-21 hervorgehoben<br />
116
6.3 Empirisches Prozesskraftmodell für das Rührreibschweißen<br />
Demgegenüber erscheinen die Ergebnisse für Fx0 und Fz0 logisch. So steigt die<br />
Kraft in Vorschubrichtung mit steigender Schweißgeschwindigkeit an, wobei<br />
dieser Einfluss für den Werkstoff EN AW-5182-H111 stärker ausgeprägt ist.<br />
Ähnliches gilt für die Kraft in Werkzeug-Achsrichtung, die bei dieser Legierung<br />
bei höheren Eintauchtiefen stark ansteigt. Dies könnte in der Tatsache begründet<br />
liegen, dass es sich bei der Walzlegierung um eine naturharte Legierung handelt,<br />
die durch den Wärmeeintrag des Schweißprozesses weniger an Festigkeit verliert<br />
als die wärmebehandelte Strangpresslegierung EN AW-6060-T66. Die Strangpresslegierung<br />
würde demnach dem Werkzeug weniger Widerstand bieten, was<br />
die niedrigeren Werte begründen könnte. Ähnliche Ergebnisse zeigte bereits<br />
EIREINER (2006). Auch GEBHARD & ZAEH (2008) erwähnten das unterschiedliche<br />
Verhalten dieser beiden Legierungen. So konnte demonstriert werden, dass<br />
eine Kraftregelung durch die Veränderung der Eintauchtiefe bei der Walzlegierung<br />
bessere Ergebnisse liefert, da bei der entsprechenden Legierung die Anpresskraft<br />
von diesem Schweißparameter stärker beeinflusst wird.<br />
Aus Tabelle 6-2 wird außerdem deutlich, dass die Faktoren, die die Amplituden<br />
der Kraftverläufe beschreiben, maßgeblich nur durch den Vorschub beeinflusst<br />
werden. Auch hier zeigen die beiden Legierungen unterschiedliche Ergebnisse.<br />
So steigen für die Walzlegierung die Amplituden Ax1 und Ay1 bei höheren Vorschubwerten<br />
an, während sie für die Strangpresslegierung fallen. Ungeachtet dessen<br />
reagieren diese Anteile stärker auf Änderungen der Schweißparameter als die<br />
Anteile mit doppelter Drehfrequenz (Ax2 und Ay2). Das bedeutet, dass sich das<br />
Verhältnis der beiden harmonischen Anteile mit variierendem Vorschub verändert.<br />
Die Phasenverschiebungen der Schwingungsanteile mit doppelter Drehfrequenz<br />
φx,2 und φy,2 zeigen für die beiden Legierungen ebenfalls unterschiedliches<br />
Verhalten. Während für die naturharte Walzlegierung EN AW-5182-H111 eine<br />
lineare Abhängigkeit von der tatsächlichen Eintauchtiefe Ettat nachgewiesen werden<br />
kann, ist dies für die Strangpresslegierung EN AW-6060-T66 nicht möglich.<br />
Hier konnte keine Beeinflussung durch Schweißparameter identifiziert werden.<br />
In Tabelle 6-2 sind demnach für diese Legierung für beide Variablen keine Werte<br />
enthalten. Für EN AW-6060-T66 wird folglich für die Werte φx,2 und φy,2 der<br />
Mittelwert über alle Versuche gebildet und als fester Wert in die Prozesskraftgleichungen<br />
integriert. Demnach existiert für diese Variablen nur ein absoluter<br />
Anteil (siehe Tabelle 6-3).<br />
Mit diesen Werten kann das Prozesskraftmodell gemäß den Gleichungen 6-11 bis<br />
6-13 vervollständigt werden. Es ermöglich die Berechnung der Prozesskraftverläufe<br />
in Abhängigkeit der Schweißparameter und der verwendeten Legierung. In<br />
117
6 Prozessmodellierung<br />
Kombination mit dem im folgenden Abschnitt zu entwickelnden Modell für den<br />
Einfluss der Prozesszone kann es verwendet werden, um das dynamische Verhalten<br />
von Maschinen beim Rührreibschweißprozess vorauszuberechnen (siehe Abschnitt<br />
7.2).<br />
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
6.4.1 Vorgehensweise zur Entwicklung eines Modells für den Einfluss<br />
der Prozesszone<br />
Wie in Abschnitt 5.3 gezeigt, hat der Rührreibschweißprozess einen nicht zu vernachlässigenden<br />
Einfluss auf das Nachgiebigkeitsverhalten der Maschine. Im<br />
Folgenden soll dieser Sachverhalt in einem möglichst einfachen Modell abgebildet<br />
werden. Mit diesem Modell soll es ermöglicht werden, den Prozess in Maschinenmodelle<br />
zu integrieren, um so z. B. bereits bei der Entwicklung von Maschinen<br />
zum Rührreibschweißen gezielt Optimierungen vornehmen zu können.<br />
Ebenfalls könnten vorhandene Maschinen, für die bereits Simulationsmodelle<br />
existieren, auf ihre Eignung zum Rührreibschweißen untersucht werden. Das<br />
Vorgehen zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone stellt sich folgendermaßen<br />
dar (siehe auch Abbildung 6-29):<br />
Aufbau eines FE-Modells der verwendeten Versuchsanlage nach der Methode<br />
von OERTLI (2008) (siehe Abschnitt 4.3.4) ohne Kraftfluss durch<br />
das Werkzeug (Abschnitt 6.4.2)<br />
Abbildung des geschlossenen Kraftflusses durch Verbindung des Werkzeugs<br />
und des Spannwinkels im FE-Modell (Abschnitt 6.4.3)<br />
Abbildung der Prozesszone durch Modellierung einer zusätzlichen Nachgiebigkeit<br />
zwischen Werkzeug und Spannwinkel (Abschnitt 6.4.4)<br />
118
Ohne Kraftfluss<br />
durch Werkzeug<br />
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
Mit Kraftfluss<br />
durch Werkzeug<br />
Abbildung der Prozesszone<br />
durch zusätzliche Nachgiebigkeit<br />
Abbildung 6-29: Vorgehensschritte zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
Stimmt das Verhalten der auf diese Weise modellierten Maschine mit dem gemessenen<br />
Verhalten gut überein, ist die Möglichkeit nachgewiesen, den Einfluss<br />
des Prozesses durch eine Nachgiebigkeit abzubilden. Die einzelnen Schritte wurden<br />
jeweils mit Messdaten abgeglichen, um eine größtmögliche Übereinstimmung<br />
der Modelle mit der Realität zu gewährleisten. Erst bei guter Übereinstimmung<br />
von Mess- und Simulationsergebnissen wurde der nächste Modellierungsschritt<br />
vollzogen. Zum Abgleich der entsprechenden Schritte wird sowohl<br />
das Strukturverhalten als auch das Übertragungsverhalten der Antriebs- und Regelsysteme<br />
(im Zeit- und im Frequenzbereich) betrachtet. Der bisher in dieser<br />
Arbeit als „vorgespannt“ benannte Zustand wird im Folgenden im Zusammenhang<br />
mit Simulationsmodellen als „Werkzeug im Kraftfluss“ bezeichnet. Dies<br />
resultiert aus der Tatsache, dass bei der FE-Modellierung der Maschine keine<br />
Vorspannkraft berücksichtigt werden kann. Entsprechend wird der Fall in dem<br />
das Werkzeug den Spannwinkel nicht berührt (nicht vorgespannt) als „Modell<br />
ohne Kraftfluss durch das Werkzeug“ bezeichnet.<br />
6.4.2 Modell ohne Kraftfluss durch das Werkzeug<br />
Die Ausgangsdaten des FE-Modells der betrachteten Werkzeugmaschine<br />
HELLER MCH 250 sind CAD-Daten, die vom Maschinenhersteller zur Verfügung<br />
gestellt wurden. Der grundsätzliche Aufbau dieses Bearbeitungszentrums<br />
wurde bereits in Abbildung 4-1 dargestellt. Die einzelnen Maschinenkomponenten<br />
wurden im CAD-Modell entsprechend der Schweißposition angeordnet. Die<br />
Vernetzung des Maschinenbettes, des Maschinenständers, der Fräseinheit und<br />
119<br />
MPC<br />
Netz<br />
Spannwinkel<br />
Federn in x-, yund<br />
z-Richtung<br />
Netz<br />
Werkzeug
6 Prozessmodellierung<br />
des Horizontalschlittens erfolgte automatisch durch Tetraederelemente. Die relativ<br />
komplexe Gusskonstruktion dieser Bauteile macht eine manuelle Vernetzung<br />
durch höherwertige Elemente extrem aufwändig. Geometrisch regelmäßigere<br />
Maschinenkomponenten wie der Rundtisch und der Spannwinkel wurden manuell<br />
durch Hexaederelemente aufgebaut. Die Kopplung der Strukturkörper und die<br />
Modellierung der Vorschubantriebe erfolgte entsprechend Abschnitt 4.3.4. Die<br />
Steifigkeiten von Lagern, Führungen und Kupplungen entstammen den Datenblättern<br />
der jeweiligen Hersteller oder, im Fall des Kugelgewindetriebes, den<br />
Angaben des Maschinenherstellers. Der Abgleich des Modells ohne Kraftfluss<br />
durch das Werkzeug erfolgte stufenweise mit unterschiedlichen Vergleichsdaten.<br />
Zum Abgleich des Strukturverhaltens wurde, analog zu den Messungen in Abschnitt<br />
5.3.2, die dynamische Nachgiebigkeit der Maschine im Bereich der (späteren)<br />
Schweißzone mittels eines Impulshammers gemessen. Zusätzlich wurde<br />
eine experimentelle Modalanalyse mit einem elektrodynamischen Absoluterreger<br />
durchgeführt. Abbildung 6-30 zeigt die gute Übereinstimmung der gemessenen<br />
dynamischen Nachgiebigkeit und der Simulationsergebnisse für den Fall, dass<br />
kein Kontakt von Werkzeug und Spannwinkel herrschte.<br />
Amplitude<br />
Phase<br />
x 10<br />
1,2<br />
-7<br />
S1<br />
M1<br />
m/N<br />
0,4<br />
0,0<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
S2<br />
M2<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
Abbildung 6-30: Nachgiebigkeits-Frequenzgang an der Rückseite des Spannwinkels<br />
bei Impulsanregung in z-Richtung, ohne Vorspannung<br />
(Messung) bzw. ohne Kraftfluss durch das Werkzeug (Simulation)<br />
120<br />
Messung<br />
Simulation<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
Frequenz
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
Den im Nachgiebigkeits-Frequenzgang dominanten Nachgiebigkeitsmaxima im<br />
Bereich von 50 Hz und 130 Hz können zwei Eigenschwingungsformen zugeordnet<br />
werden, die sowohl in der experimentellen (M1, M2) wie auch in der rechnerischen<br />
Modalanalyse (S1, S2) ermittelt werden können (siehe Abbildung 6-31<br />
und Abbildung 6-32). Die Eigenschwingungsform im Bereich von 50 Hz wird<br />
dabei von einer leichten Kippbewegung des Maschinenständers und des Rundtisches<br />
um die x-Achse dominiert. Zusätzlich zur Kippbewegung des Rundtisches<br />
verschiebt sich der Schlitten entlang der Führungen der z-Achse. Dies ist auf die<br />
Torsionsschwingung des Antriebsstranges zurückzuführen, die sich bei dieser<br />
Frequenz mit den Schwingungen des Maschinenständers und des Tisches überlagert.<br />
Die Eigenschwingungsform im Bereich von 130 Hz konzentriert sich auf<br />
Kippschwingungen des Rundtisches. Dieses Verhalten ist sowohl bei der Messung<br />
als auch bei der Simulation deutlich erkennbar. Damit ist eine annehmbar<br />
genaue Abbildung des Strukturverhaltens der betrachteten Maschine nachgewiesen.<br />
121
6 Prozessmodellierung<br />
51,6 Hz (M1)<br />
53,3 Hz (S1)<br />
Abbildung 6-31: Vergleich der Eigenschwingungsformen im Bereich um 50 Hz<br />
aus Simulation und Messung<br />
Zur Kontrolle der korrekten Abbildung der Antriebs- und Regelsysteme wurde<br />
auf Vergleichsmessungen im Frequenz- und im Zeitbereich zurückgegriffen. Die<br />
für die Versuchsmaschine verwendete Steuerung (SIEMENS SINUMERIK<br />
840D) ermöglicht hierfür die Ermittlung des Übertragungsverhaltens der Regler<br />
durch Beaufschlagung mit bandbegrenztem Rauschen. Abbildung 6-33 und Abbildung<br />
6-34 zeigen die gemessenen Führungsfrequenzgänge des Drehzahl- und<br />
des Lageregelkreises im Vergleich zu den Simulationsergebnissen.<br />
122<br />
Messung<br />
Simulation<br />
X<br />
Z<br />
Y
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
136,8 Hz (M2) Messung<br />
Simulation<br />
128,4 Hz (S2)<br />
Abbildung 6-32 Vergleich der Eigenschwingungsformen im Bereich um 130<br />
Hz aus Simulation und Messung<br />
Für diese Messungen wurden in den Simulationsmodellen die Klemmungen der<br />
Achsen aufgehoben, um ein Verfahren der Achsen zu ermöglichen. Auch hier<br />
zeigt sich eine gute Übereinstimmung. Lediglich im Bereich von ca. 200 Hz treten<br />
leichte Abweichungen bei den Amplitudenabfällen im Drehzahlregelkreis<br />
auf. Außerdem fällt der Phasenabfall des Lageregelkreises bei den Simulationsergebnissen<br />
etwas schwächer als bei den Messergebnissen aus.<br />
123<br />
X<br />
Z<br />
Y
6 Prozessmodellierung<br />
Phase<br />
Amplitude<br />
10<br />
dB<br />
-10<br />
-20 Messung<br />
Simulation<br />
-30<br />
1 10 Hz 1000<br />
180<br />
Grad<br />
0<br />
-90<br />
-180<br />
1 10 Hz 1000<br />
Frequenz<br />
Abbildung 6-33: Führungsfrequenzgang des Drehzahlregelkreises der z-Achse,<br />
ohne Vorspannung (Messung) bzw. ohne Kraftfluss durch das<br />
Werkzeug (Simulation)<br />
Phase<br />
Amplitude<br />
10<br />
dB<br />
-40<br />
-65 Messung<br />
Simulation<br />
-90<br />
1 10 Hz 1000<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
-450<br />
-540<br />
1 10 Hz 1000<br />
Frequenz<br />
Abbildung 6-34: Führungsfrequenzgang des Lageregelkreises der z-Achse,<br />
ohne Vorspannung (Messung) bzw. ohne Kraftfluss durch das<br />
Werkzeug (Simulation)<br />
124
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
Zusätzlich zu den Betrachtungen im Frequenzbereich wurden Simulations- und<br />
Messergebnisse im Zeitbereich verglichen. Hierfür wurden ein Lagesollsprung<br />
von 0,5 mm auf die z-Achse aufgebracht und der resultierende Lage- und Geschwindigkeitsverlauf<br />
berechnet bzw. aufgezeichnet. Die Ergebnisse zeigen<br />
ebenfalls gute Übereinstimmung (siehe Abbildung 6-35). Das mechatronische<br />
Gesamtmodell des betrachteten Bearbeitungszentrums ohne Kraftfluss durch das<br />
Werkzeug wird aufgrund dieser Ergebnisse als verifiziert angesehen und für die<br />
folgenden Betrachtungen verwendet.<br />
Lage<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
Messung<br />
0,1<br />
Simulation<br />
Sollwert<br />
0,0<br />
0,0 0,1 s 0,3<br />
Zeit<br />
Abbildung 6-35: Verlauf der Lage- und Geschwindigkeits-Istwerte der z-Achse<br />
bei einem Lage-Sollsprung von 0,5 mm, ohne Vorspannung<br />
(Messung) bzw. ohne Kraftfluss durch das Werkzeug (Simulation)<br />
6.4.3 Modell mit Kraftfluss durch das Werkzeug<br />
Geschwindigkeit<br />
Zur Abbildung der Tatsache, dass im Schweißbetrieb das Werkzeug mit dem<br />
Spannwinkel bzw. mit den zu schweißenden Bauteilen in Kontakt kommt, wurde<br />
eine Verbindung (Federelemente in x-,y- und z-Richtung mit hoher Steifigkeit)<br />
zwischen Werkzeug und Spannwinkel in das Simulationsmodell integriert. Damit<br />
entsteht ein direkter Kraftfluss zwischen diesen beiden Bauteilen. Die Vorspannung,<br />
die beim Rührreibschweißen im Bereich einiger kN liegt, kann im entsprechenden<br />
FE-Modell nicht abgebildet werden. Wie bereits erläutert, wird deshalb<br />
im Zusammenhang mit den Simulationsmodellen der Maschine im Folgenden<br />
nicht mehr von einem „vorgespannten“ Zustand (wie in Abschnitt 5.3) gesprochen,<br />
sondern lediglich der Kraftfluss durch das Werkzeug hervorgehoben. Für<br />
die vergleichenden Versuche mit der realen Maschine ist der Ausdruck „vorgespannt“<br />
weiter zutreffend.<br />
125<br />
1600<br />
mm/min<br />
800<br />
400<br />
Messung<br />
Simulation<br />
0<br />
0,0 0,1 s 0,3<br />
Zeit
6 Prozessmodellierung<br />
Für die durchgeführten Vergleichsmessungen wurde das Werkzeug, wie bereits<br />
in Abschnitt 5.3.2 beschrieben, „auf Block“ gefahren, d. h. mit dem Werkstück in<br />
Kontakt gebracht. Über die Überwachung der Motorströme wurde eine Vorspannung<br />
von ca. 10 kN eingestellt. Anschließend wurde analog zum nicht vorgespannten<br />
Zustand die dynamische Nachgiebigkeit im Bereich der Schweißzone<br />
mit Hilfe eines Impulshammers ermittelt. Zur weiteren strukturdynamischen Beurteilung<br />
der Maschineneigenschaften wurde auch in diesem Maschinenzustand<br />
eine experimentelle Modalanalyse durchgeführt. Vergleichsmessungen im Frequenz-<br />
und im Zeitbereich zur Beurteilung der Abbildung der Antriebs- und der<br />
Regelsysteme ergänzen diese Ergebnisse. Abbildung 6-36 zeigt anhand der<br />
Messdaten, dass die Übereinstimmung der dynamischen Nachgiebigkeit am<br />
Spannwinkel nicht dieselbe Qualität aufweist wie ohne Kraftfluss (siehe Abbildung<br />
6-30). So beinhalten zwar beide Frequenzgänge eine vergleichbare Anzahl<br />
an Nachgiebigkeitsmaxima und eine ähnliche Verteilung dieser relativ zueinander,<br />
die zugeordneten Eigenfrequenzen bei Messung und Simulation stimmen<br />
jedoch oft nicht überein.<br />
Amplitude<br />
Phase<br />
x 10<br />
2,0<br />
-8<br />
m/N<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
M1 S1<br />
S2<br />
M2<br />
M3<br />
S3<br />
S4<br />
M4<br />
M5<br />
S5<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
Abbildung 6-36: Nachgiebigkeits-Frequenzgang an der Rückseite des Spannwinkels<br />
bei Impulsanregung in z-Richtung, Vorspannung<br />
4,7 kN (Messung) bzw. Werkzeug im Kraftfluss (Simulation),<br />
M1 bis M6: Frequenzen gemessener Eigenschwingungsformen,<br />
S1 bis S6: Frequenzen berechneter Eigenschwingungsformen<br />
126<br />
M6<br />
S6<br />
Messung<br />
Simulation<br />
50 100 150 200 250<br />
Frequenz<br />
300 350 400 Hz 500
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
Zur weiteren Beurteilung dieser Ergebnisse werden die Eigenformen hinzugezogen,<br />
die durch die experimentelle und die rechnerische Modalanalyse ermittelt<br />
wurden (siehe Abbildung 6-38 und Abbildung 6-38). Dabei können folgende Beobachtungen<br />
gemacht werden:<br />
Das erste Amplitudenmaximum kann den Eigenformen M1 und S1 zugeordnet<br />
werden. Dabei zeigt sich eine gute Übereinstimmung der Schwingungsformen.<br />
Bei Messung und Simulation sind eine deutliche Kippbewegung des Maschinenständers<br />
um die x-Achse und eine Verschiebung des Maschinenschlittens entlang<br />
der z-Achse zu erkennen. Bei der Messung wird diese Schwingbewegung noch<br />
von einer Aufstellschwingung der gesamten Maschine überlagert. Die Frequenzen<br />
der beiden übereinstimmenden Eigenformen weichen jedoch um ca. 18 Hz<br />
voneinander ab.<br />
Das zweite deutliche Amplitudenmaximum kann den Eigenformen M2 und S2<br />
zugeordnet werden. Diese stimmen sowohl in der Frequenz als auch in der geometrischen<br />
Ausprägung gut miteinander überein. Hierbei handelt es sich um eine<br />
Kippbewegung der Fräseinheit um die x-Achse und ein gleichzeitiges Kippen des<br />
Rundtisches um dieselbe Achse. Die Ausprägung dieser Eigenform im Frequenzgang<br />
ist im Simulationsmodell stärker.<br />
Die Eigenformen M3 und S3 zeigen wiederum eine gute Übereinstimmung. Ein<br />
leichtes Kippen des Rundtisches auf dem Maschinenschlitten wird durch ein<br />
Vor- und Zurückschwingen der Fräseinheit entlang der z-Achse ergänzt. Dabei<br />
handelt es sich um eine Strukturdeformation der Fräseinheit und nicht um eine<br />
Bewegung auf den Führungen. Die Frequenz der simulierten Eigenform liegt ca.<br />
24 Hz über der gemessenen.<br />
Ähnliches gilt für die Eigenformen M4 und S4. Bei beiden kann ein Kippen des<br />
Rundtisches um die x-Achse und ein Kippen des Schlittens auf den Führungen<br />
der z-Achse beobachtet werden. Die Frequenz der simulierten Eigenform liegt<br />
jedoch ca. 23 Hz unter der gemessenen.<br />
Die Eigenformen M5 und S5 stimmen in Form und Frequenz gut überein. Auffällig<br />
ist das leichte Kippen des Rundtisches. Dies wird von einem Vor- und Zurückschwingen<br />
der Spindelwelle in der Spindellagerung begleitet.<br />
M6 und S6 zeigen ebenfalls eine sehr gute Übereinstimmung. Form und Frequenz<br />
können als nahezu identisch betrachtet werden. Deutlich tritt eine zur Deformation<br />
des Spannwinkels entgegengesetzte Kippbewegung des Schlittens auf.<br />
127
6 Prozessmodellierung<br />
Überraschend ist in diesem Zusammenhang, dass nur bei diesen Eigenformen<br />
diese augenscheinliche strukturelle Schwachstelle (einseitig aufgespannter<br />
Spannwinkel) der Maschine auch unter dynamischer Betrachtung zum Tragen<br />
kommt.<br />
Messung<br />
Abbildung 6-37: Vergleich der Eigenschwingungsformen (1 bis 3) aus Messung<br />
und Simulation, Vorspannung 4,7 kN (Messung) bzw.<br />
Werkzeug im Kraftfluss (Simulation)<br />
128<br />
Simulation<br />
39,4 Hz (M1) 57,2 Hz (S1)<br />
127,2 Hz (M2)<br />
154,6 Hz (M3)<br />
128,9 Hz (S2)<br />
178,2 Hz (S3)<br />
x<br />
z<br />
y
212,7 Hz (M4)<br />
236,4 Hz (M5)<br />
331,6 Hz (M6)<br />
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
Messung<br />
Abbildung 6-38: Vergleich der Eigenschwingungsformen (4 bis 6) aus Messung<br />
und Simulation, Vorspannung 4,7 kN (Messung) bzw.<br />
Werkzeug im Kraftfluss (Simulation)<br />
Diese im Vergleich zu den Ergebnissen in Abschnitt 6.4.2 qualitativ leicht abfallenden<br />
Ergebnisse können auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein. Zum<br />
einen hat sich im Gegensatz zu den vorherigen Messungen ohne Kraftfluss durch<br />
das Werkzeug die Anzahl der einflussnehmenden Bauelemente im Bereich der<br />
129<br />
Simulation<br />
189,9 Hz (S4)<br />
239,3 Hz (S5)<br />
335,6Hz (S6)<br />
x<br />
z<br />
y
6 Prozessmodellierung<br />
Anregungs- und der Messstelle stark erhöht. So ist, wie in Abschnitt 6.4.2 bereits<br />
dargestellt, davon auszugehen, dass der frei ausschwingende Rundtisch und die<br />
Translation des z-Schlittens das gemessene Übertragungsverhalten dominieren,<br />
wenn kein Kontakt von Werkzeug und Spannwinkel herrscht. Durch den Kraftschluss<br />
des Spannwinkels mit dem Maschinenständer über das Werkzeug und die<br />
Spindel hat sich das durch das Modell abzubildende mechanische System stark<br />
verkompliziert. Den durch Federelemente abgebildeten Steifigkeiten von Spindellagerung,<br />
Spindelwelle etc. kommt nun eine viel stärkere Bedeutung zu. In<br />
den Eigenschwingungsformen des Systems ohne Kraftfluss durch das Werkzeug<br />
kommen diese praktisch nicht zum Tragen. Die höhere Anzahl an Steifigkeiten,<br />
gepaart mit der immer vorhandenen Unsicherheit hinsichtlich der korrekten Steifigkeitswerte,<br />
erschwert die korrekte Modellierung stark. Zusätzlich dazu konnte<br />
das sich zwischen Spindelmotor und Spindelwelle befindende Getriebe der Versuchsmaschine<br />
mangels entsprechender Datenlage nur durch seine Masse abgebildet<br />
werden.<br />
Zum anderen ist zu beachten, dass Werkzeugmaschinen kein exakt lineares Verformungsverhalten<br />
aufweisen. Nach WECK (1996) nimmt die Steifigkeit von<br />
Werkzeugmaschinen nach der Überwindung von Losen in Lagerungen, Führungen<br />
und Verschraubungen aufgrund von nicht-linearen Kontaktverhältnissen mit<br />
zunehmender Belastung zu. Da sich die Maschine während der beschriebenen<br />
Messung unter Vorspannung befand, die im Modell nicht abgebildet werden<br />
kann, waren entsprechende Abweichungen zu erwarten.<br />
Trotz dieser Ergebnisse wird das Modell für die weiteren Teile dieser Arbeit<br />
verwendet. So zeigt sich, dass das entsprechende mechatronische Gesamtmodell<br />
der Maschine im Frequenz- und im Zeitbereich durchaus gute Ergebnisse liefert<br />
(siehe Abbildung 6-39, Abbildung 6-40 und Abbildung 6-41). Zum Vergleich der<br />
gemessenen und berechneten Lage- und Geschwindigkeits-Istwerte wurde nur<br />
ein Lagesollsprung von 0,02 mm betrachtet, um die Maschine im vorgespannten<br />
Zustand nicht zu überlasten. Ebenfalls wird sich herausstellen, dass sich auch mit<br />
diesem Modell der Einfluss des Rührreibschweißprozesses zumindest qualitativ<br />
abbilden lässt (siehe Abschnitt 6.4.4).<br />
130
Phase<br />
Amplitude<br />
10<br />
dB<br />
-10<br />
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
-20 Messung<br />
Simulation<br />
-30<br />
1 10 Hz 1000<br />
180<br />
Grad<br />
0<br />
-90<br />
-180<br />
1 10 Hz 1000<br />
Frequenz<br />
Abbildung 6-39: Führungsfrequenzgang des Drehzahlregelkreises der<br />
z-Achse, Vorspannung 4,7 kN (Messung) bzw. Werkzeug im<br />
Kraftfluss (Simulation)<br />
Phase<br />
Amplitude<br />
10<br />
dB<br />
-40<br />
-65 Messung<br />
Simulation<br />
-90<br />
1 10 Hz 1000<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
-450<br />
-540<br />
1 10 Hz 1000<br />
Frequenz<br />
Abbildung 6-40: Führungsfrequenzgänge des Lageregelkreises der z-Achse,<br />
Vorspannung 4,7 kN (Messung) bzw. Werkzeug im Kraftfluss<br />
(Simulation)<br />
131
6 Prozessmodellierung<br />
Lage<br />
0,025<br />
mm<br />
0,015<br />
0,010<br />
0,005<br />
Messung<br />
Simulation<br />
Sollwert<br />
0,000<br />
0,0 0,1 0,2<br />
Zeit<br />
0,3 s 0,5<br />
Abbildung 6-41: Verlauf der Lage- und der Geschwindigkeits-Istwerte der z-<br />
Achse bei einem Lagesollsprung von 0,02 mm, Vorspannung<br />
4,7 kN (Messung) bzw. Werkzeug im Kraftfluss (Simulation)<br />
6.4.4 Integration der Fügezone<br />
Wie in Abschnitt 5.3.2 beschrieben, ergaben die Messungen des dynamischen<br />
Verhaltens der Werkzeugmaschine während des Rührreibschweißens, dass die<br />
Prozesszone des Schweißprozesses wie eine zusätzliche Nachgiebigkeit im<br />
Kraftfluss zwischen Werkzeug und Spannwinkel wirkt. Diese zusätzliche Nachgiebigkeit<br />
verschiebt bestimmte Amplitudenmaxima im gemessenen Nachgiebigkeits-Frequenzgang<br />
hin zu niedrigeren Frequenzen und erhöht die Nachgiebigkeit<br />
leicht über fast den gesamten Frequenzbereich. Den einfachsten Weg,<br />
dieses Verhalten im Simulationsmodell abzubilden, stellt die Integration eines<br />
Federelementes an der entsprechenden Stelle dar. Um dies im Modell umzusetzen,<br />
wurde die Federsteifigkeit des bereits zur Abbildung des Kraftflusses eingesetzten,<br />
sehr steifen Federelements sukzessive herabgesetzt. Abbildung 6-42 verdeutlicht,<br />
dass dadurch die beobachtete Änderung im dynamischen Verhalten der<br />
Maschine abgebildet werden kann. Analog zu den Messungen verschiebt sich das<br />
Amplitudenmaximum bei 180 Hz zu einer niedrigeren Frequenz und die Amplituden<br />
im unteren Frequenzbereich erhöhen sich. Dabei ist zu beachten, dass es<br />
sich genau genommen nicht um eine Verschiebung der Eigenfrequenz im Bereich<br />
um 180 Hz handelt, sondern dass die Dominanz der Eigenform bei<br />
178,22 Hz steigt und gleichzeitig die der Eigenform bei 189,93 Hz abnimmt. Die<br />
besten Ergebnisse konnten dabei durch Federsteifigkeiten im Bereich von<br />
5·10 8 N/m erreicht werden. Zum Vergleich: Dieser Wert entspricht der Größenordnung<br />
der Steifigkeit der Lagerung der Spindelwelle und liegt in etwa eine<br />
Größenordnung (Zehnerpotenz) unter der der in der Maschine verbauten Wälz-<br />
132<br />
Geschwindigkeit<br />
50<br />
mm/min<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Messung<br />
Simulation<br />
0<br />
0,0 0,1 0,2 0,3 s 0,5<br />
Zeit
6.4 Modell zur Abbildung des Einflusses der Prozesszone<br />
führungen. Da die Messungen in Abschnitt 5.3.2 ergaben, dass sich das dynamische<br />
Verhalten im betrachteten Schweißparameterbereich während des Rührreibschweißens<br />
nicht unterscheidet kann davon ausgegangen werden, dass für all<br />
diese Fälle die Prozesszone mit diesem Steifigkeitswert abgebildet werden kann.<br />
Amplitude<br />
Phase<br />
x 10<br />
2,0<br />
-8<br />
m/N<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
0<br />
Grad<br />
-180<br />
-270<br />
-360<br />
50 100 150 200 250 300 350 400 Hz 500<br />
50 100 150 200 250<br />
Frequenz<br />
300 350 400 Hz 500<br />
Abbildung 6-42: Simulation des Einflusses der Fügezone auf die dynamische<br />
Nachgiebigkeit am Spannwinkel, z-Richtung, zusätzliche<br />
Nachgiebigkeit 2·10 -9 m/N (entspricht einer Steifigkeit von<br />
5·10 8 N/m)<br />
Vergleichsmessungen im Frequenzbereich zum Abgleich des mechatronischen<br />
Gesamtmodells sind während des Schweißbetriebes nicht möglich. Die Ermittlung<br />
des Übertragungsverhaltens durch bandbegrenztes Rauschen nach Abschnitt<br />
6.4.2 ist während Verfahrbewegungen der Achsen nicht durchführbar. Ebenso ist<br />
eine experimentelle Modalanalyse nicht realisierbar. Wie bereits in Abschnitt<br />
5.3.2 beschrieben, reicht die Anregung durch einen Impulshammer nicht für eine<br />
experimentelle Modalanalyse der Gesamtstruktur aus. Der Einsatz eines elektrodynamischen<br />
Absoluterregers ist durch die hohe Messdauer im Vergleich zu einem<br />
Schweißvorgang ausgeschlossen. Ein weiterer Abgleich der Modellierung,<br />
der über die qualitativ guten Ergebnisse im gezeigten Nachgiebigkeits-<br />
Frequenzgang hinausgeht, ist folglich nicht möglich.<br />
133<br />
Werkzeug im Kraftfluss<br />
Werkzeug im Kraftfluss<br />
mit zusätzlicher Nachgiebigkeit
6 Prozessmodellierung<br />
Die Beschreibung der Prozesszone mit einer Feder im Kraftfluss zwischen<br />
Werkzeug und Werkstück ermöglicht es nun, das in Abbildung 6-25 gezeigte<br />
Blockschaltbild um die Nachgiebigkeit der Prozesszone zu erweitern. Das Modell<br />
ist folglich nicht mehr auf die bloße Rückführung der Prozesskräfte beschränkt.<br />
Mit dieser Ergänzung ist es möglich, die Wechselwirkungen von Maschine<br />
und Prozess umfassend nachzubilden und für verschiedene Anwendungsfälle<br />
einzusetzen. Einige Beispiel hierfür werden im folgenden Kapitel beschrieben.<br />
134
7 Anwendung der Modelle<br />
7.1 Allgemeines<br />
135<br />
7.1 Allgemeines<br />
In Kapitel 6 wurden Modelle entwickelt, die es ermöglichen, die Prozesskräfte<br />
beim Rührreibschweißprozess sowie den Einfluss der Prozesszone auf das Maschinenverhalten<br />
zu beschreiben. Daran anknüpfend, werden zwei ausgewählte<br />
Anwendungen vorgestellt, bei denen diese Modelle Verwendung finden. Abschnitt<br />
7.2 verdeutlicht, wie das Prozesskraftmodell eingesetzt werden kann, um<br />
die dynamischen Belastungen während des Schweißprozesses vorauszusagen.<br />
Damit können gezielt Parameterbereiche identifiziert werden, bei denen die dynamische<br />
Belastung der Maschine minimal ist. Abschnitt 7.3 beschreibt den Einsatz<br />
des Modells der Prozesszone zur Auslegung einer Kraftregelung auf Basis<br />
von Motorströmen. Dies ermöglicht die nachträgliche Erweiterung der Funktionalität<br />
von NC-Bearbeitungszentren mit Funktionen zum Rührreibschweißen<br />
7.2 Voraussage von dynamischen Maschinenbelastungen<br />
7.2.1 Systemstabilität beim Rührreibschweißen<br />
In Abschnitt 2.6 wurde bereits verdeutlicht, dass Prozesskraftmodelle bei der<br />
Zerspanung häufig zur Vorhersage des dynamischen Maschinenverhaltens verwendet<br />
werden. Eine besondere Rolle nehmen hier die Untersuchungen zur Stabilität<br />
ein. Mithilfe der in dieser Arbeit entwickelten Modellvorstellungen soll<br />
dieses Vorgehen auf den Rührreibschweißprozess übertragen werden. Das Ziel<br />
ist es, etwaige Instabilitäten beim Schweißen über einen größeren Schweißparameterbereich<br />
vorauszusagen, aber auch das dynamische Verhalten im stabilen,<br />
gewöhnlichen Betrieb optimieren zu können. Wie in Abbildung 7-1 dargestellt<br />
wird dazu ein regelungstechnisches Blockschaltbild aufgebaut, das das Maschinenverhalten<br />
(MA) im Vorwärts- und das Prozessmodell (PROZESS) im Rückwärtszweig<br />
enthält.
7 Anwendung der Modelle<br />
FStör F<br />
+<br />
MA<br />
x<br />
F c<br />
Abbildung 7-1: Regelungstechnisches Blockschaltbild für das Verhalten von<br />
Werkzeugmaschinen unter Prozesslasten, die von Relativverlagerungen<br />
zwischen Werkzeug und Werkstück abhängen<br />
Das Gesamtsystem Werkzeugmaschine und Prozess lässt sich nach MILBERG<br />
(1971) durch Gleichung 7-1 beschreiben:<br />
x (E − MA · PROZESS) adj<br />
(jω) =<br />
MA<br />
det(E − MA · PROZESS)<br />
F Stör<br />
136<br />
PROZESS<br />
(7-1)<br />
Die Eigenwerte des Gesamtsystems, deren Realteile das Stabilitätsverhalten bestimmen,<br />
sind die Nullstellen der Nennerfunktion, also die komplexen Lösungen<br />
der charakteristischen Gleichung:<br />
· = 0 (7-2)<br />
Sind sämtliche Realteile dieser Lösung negativ, ist das System stabil.<br />
Gemäß Abbildung 7-1 und unter Verwendung des Prozesskraftmodells (Gleichungen<br />
6-11 bis 6-13) wurde das Gesamtmodell der Versuchsmaschine in der<br />
Simulationsumgebung Matlab/Simlink TM aufgebaut (siehe Abbildung 7-2). Die<br />
Maschinendynamik wurde dabei durch das Relativnachgiebigkeitsverhalten abgebildet.<br />
Die Nachgiebigkeit des Rührreibschweißprozesses (Nx, Ny, Nz) wird<br />
entsprechend SCHÜTTE (2004) und WECK (1996) in Parallelschaltung zur Maschine<br />
integriert.
Fstör, x(t)<br />
Fstör, y(t)<br />
Fstör, z(t)<br />
Kraft<br />
2000<br />
N<br />
800<br />
+<br />
+<br />
+<br />
Fz(t) Fy(t) Fx(t) 200<br />
0.00 0,00 0.25 0,25 0.50 0,50 s 1.00 1,00<br />
Zeit<br />
7.2 Voraussage von dynamischen Maschinenbelastungen<br />
Prozesskraftmodell<br />
Geschw.<br />
Abbildung 7-2: Gesamtsimulationsmodell von Maschine und Prozess beim<br />
Rührreibschweißen mit den Nachgiebigkeiten der Prozesszone<br />
Nx, Ny, Nz<br />
Für die Bestimmung der Stabilität durch Simulation im Frequenzbereich kann,<br />
wie in den Gleichungen 7-1 und 7-2 dargestellt, das Übertragungsverhalten des<br />
Gesamtsystems herangezogen werden. Dieses wird von Matlab/Simulink TM direkt<br />
aus dem Blockschaltbild ermittelt. Die Berechnung der Polstellen zur Überprüfung<br />
der Stabilität kann ebenfalls durch das Simulationsprogramm durchgeführt<br />
werden. Durch dieses Vorgehen kann sehr schnell ein größerer Parameterbereich<br />
durchlaufen werden.<br />
Dieses Vorgehen ist jedoch für das in dieser Arbeit ermittelte empirische Prozesskraftmodell<br />
für den Rührreibschweißprozess nicht zweckmäßig. Die Prozesskräfte<br />
entstehen durch die in Gleichung 6-11 bis 6-13 gezeigten Schwingungsgleichungen.<br />
Nur die Höhe der Amplituden wird durch die Rückkopplung<br />
über die tatsächliche Eintauchtiefe und die Schweißgeschwindigkeit verändert.<br />
137<br />
Maschinendynamik<br />
N x<br />
N y<br />
N z<br />
160<br />
mm<br />
mm<br />
min<br />
-80<br />
Ettat(t) v(t)<br />
f(t)<br />
-200<br />
0.00 0,00 0.25 0,25 0.50 0,50 s s 1,00 1.00<br />
Zeit<br />
t 1<br />
+<br />
+<br />
n<br />
x(t)<br />
y(t)<br />
+ z(t)<br />
n 1<br />
t 2<br />
d<br />
dt<br />
∆v
7 Anwendung der Modelle<br />
Die Frequenz wird von der eingestellten Drehzahl bestimmt. Die dies abbildende<br />
mathematische Funktion sin(ωt) wird durch die Linearisierungsalgorithmen von<br />
Matlab/Simulink TM nicht berücksichtigt. Das bedeutet, dass Variationen der<br />
Drehzahl auf das Ergebnis keinen Einfluss haben. Für die angestrebten Untersuchungen<br />
ist dies naturgemäß nicht zweckmäßig. Deshalb muss für entsprechende<br />
Untersuchungen auf die Zeitbereichssimulation zurückgegriffen werden. In diesem<br />
Fall wird der zeitliche Verlauf aller Größen über eine Dauer von einer Sekunde<br />
berechnet. Zur Bestimmung der Stabilität des Systems wird die zeitliche<br />
Entwicklung der Prozesskraftverläufe und der rückgeführten Größen Ettat und v<br />
beobachtet. Stellt sich nach kurzer Zeit ein stationärer Zustand ein, ist das Systemverhalten<br />
stabil. Instabilität zeichnet sich durch unkontrolliertes Aufschwingen<br />
des Systems aus.<br />
Untersucht wurde das System in dem Parameterbereich, der auch für die Erstellung<br />
des Prozesskraftmodells diente. Außerhalb dieses Bereichs kann die Gültigkeit<br />
des Modells nicht sicher gestellt werden. Dabei wurde die Drehzahl in<br />
Schritten von 30 min -1 (entspricht 0,5 Hz) im Bereich von 500 bis 4000 min -1<br />
durchlaufen. Für jede Drehzahl wurden Vorschubwerte in Schritten von<br />
0,025 mm von 0,1 bis 0,6 mm eingestellt. Dies wurde für beide Legierungen<br />
durchgeführt. Dabei wurde deutlich, dass sich das betrachtete System bei keiner<br />
untersuchten Einstellung bis zur Instabilität aufschwingt.<br />
Um dieses Ergebnis zu interpretieren, bedarf es einer vergleichenden Analyse der<br />
Ursachen der Instabilität bei Zerspanprozessen. Nach WECK (1996) kann während<br />
Bearbeitungsprozessen auf Werkzeugmaschinen zwischen fremderregten<br />
und selbsterregten Schwingungen unterschieden werden. Fremderregte Schwingungen<br />
treten z. B. durch Störkräfte oder wechselnde Schnittkräfte sowie Messereingriffsstöße<br />
auf. Die Maschine schwingt infolgedessen, sofern es sich um<br />
periodische Kräfte handelt, mit der Anregungsfrequenz. Kritisch ist dies vor allem,<br />
wenn die Anregung im Bereich einer Maschineneigenfrequenz liegt. Selbsterregte<br />
Schwingungen treten annähernd mit einer Eigenfrequenz der Maschine<br />
und der zugehörigen Schwingungsform auf. Bei spanenden Werkzeugmaschinen<br />
ist in diesem Zusammenhang der Regenerativeffekt ein wesentliches dynamisches<br />
Problem. Ein Zerspanvorgang ist niemals gänzlich frei von Relativschwingungen<br />
zwischen Werkzeug und Werkstück. Insbesondere bei impulsförmigen<br />
Anregungen kommt es dadurch zu einer in den Eigenfrequenzen eingeschnittenen<br />
Oberflächenwelligkeit auf dem Werkstück. Wird wiederholt in diese Welligkeit<br />
eingeschnitten, kann dies eine Anregung der Maschine verursachen, die zur<br />
Instabilität des Zerspanvorganges führen kann.<br />
138
7.2 Voraussage von dynamischen Maschinenbelastungen<br />
Beim Rührreibschweißen wurde bis dato noch kein vergleichbarer Vorgang beschrieben.<br />
Zwar beinhalten manche für das Rührreibschweißen verwendeten<br />
Werkzeuge definierte Schneiden bzw. Profilierungen, diese wirken jedoch auf<br />
hochgradig plastifiziertes und damit sehr weiches Material ein. Außerdem existieren,<br />
bis auf die in Abschnitt 6.2 dargestellten Zusammenhänge, keine Modellvorstellungen,<br />
die die Wechselwirkung von Werkzeug und unmittelbar umgebendem<br />
Material und damit die Entstehung dynamischer Kraftanteile umfassend<br />
beschreiben. Das verwendete empirische Prozesskraftmodell für den Rührreibschweißprozess<br />
kann demnach entsprechende Vorgänge nicht abbilden. Das hier<br />
gezeigte Modell beschränkt sich also im Prinzip nur auf die Beschreibung von<br />
fremderregten Schwingungen durch wechselnde Prozesskräfte, die durch das<br />
Werkzeug hervorgerufen werden. Diese können, wie bereits gezeigt, zwar von<br />
den Maschinenschwingungen beeinflusst werden, Effekte wie z. B. die Entstehung<br />
des Regenerativeffekts aufgrund von Spanungsdickenmodulation, sind jedoch<br />
nicht abzubilden, da beim Rührreibschweißen kein vergleichbarer Vorgang<br />
auftritt.<br />
Außerdem setzen sich die Prozesskräfte, wie Abschnitt 5.2 und Kapitel 6 zeigten,<br />
nur aus wenigen Frequenzanteilen zusammen. Da beim Rührreibschweißen die<br />
Drehzahlen meist unter denen von Zerspanprozessen liegen, wird die Maschine<br />
demnach auch nur in einem relativ begrenzten Frequenzbereich angeregt. Diese<br />
Tatsache kann dazu führen, dass es bei dem in dieser Arbeit verwendeten, sehr<br />
robusten NC-Bearbeitungszentrum nicht zu Instabilitäten kommt. Die entwickelten<br />
Prozesskraftmodelle können trotzdem eine sinnvolle Verwendung finden, da<br />
eine Voraussage von dynamischen Belastungen möglich ist, auch wenn diese<br />
nicht zur Instabilität führen. Sie können beispielsweise bei der Auswahl von geeigneten<br />
Maschinen für das Rührreibschweißen oder bei der gezielten Reduzierung<br />
der dynamischen Belastung zum Einsatz kommen.<br />
7.2.2 Voraussage von dynamischen Belastungen<br />
Um die dynamischen Maschinenbelastungen beim Rührreibschweißen darstellen<br />
zu können, müssen Kennfelder erzeugt werden, die einem großen Schweißparameterbereich<br />
die dynamischen Prozesskraftanteile zuordnen. Verwendet wurde<br />
hierfür das bereits in Abschnitt 7.2.1 aufgebaute Modell. Die Berechnungen werden<br />
für die Dauer von einer Sekunde durchgeführt. Anschließend wurde die<br />
Amplitude der resultierenden Kräfte und der rückgeführten Größen aus den Verläufen<br />
bestimmt. Dafür wurde über die Zeitspanne von t1 = 0,5 s bis t2 = 1 s der<br />
139
7 Anwendung der Modelle<br />
Maximalwert berechnet und der Mittelwert dieser Zeitspanne abgezogen (siehe<br />
Abbildung 7-2). Abbildung 7-3 und Abbildung 7-4 zeigen die entsprechenden<br />
Ergebnisse, gesammelt für beide in dieser Arbeit betrachteten Legierungen. Aufgetragen<br />
sind neben den dynamischen Prozesskraftanteilen auch die Schwankungen<br />
der Vorschubgeschwindigkeit und der Eintauchtiefe.<br />
Deutlich sind hier die Einflüsse der Maschinenschwingungen zu erkennen. Das<br />
Relativübertragungsverhalten der Maschine offenbart dynamische Schwachstellen<br />
in den Bereichen von ca. 25 Hz bis 38 Hz in Vorschubrichtung und 47 Hz bis<br />
56 Hz in Werkzeug-Achsrichtung. Dies entspricht den Drehzahlbereichen von<br />
1500 min -1 bis 2228 min -1 und 2820 min -1 bis 3360 min -1 . In diesen Bereichen<br />
treten durch die Prozesskräfte Schwingungen auf, die wiederum auf die Prozesskräfte<br />
rückwirken. In Vorschubrichtung werden durch die Prozesskraftanteile der<br />
doppelten Werkzeugdrehfrequenz zusätzlich dazu die entsprechenden Frequenzen<br />
angeregt (Bereich von 3000 min -1 bis über 4000 min -1 ). Bei beiden Legierungen<br />
sind in den bereits angesprochenen Frequenzbereichen die Einflüsse des dynamischen<br />
Maschinenverhaltens festzustellen.<br />
In Werkzeug-Achsrichtung (z-Achse) ist deutlich zu erkennen, dass diese Kraftkomponente<br />
bei der Strangpresslegierung EN AW-6060-T66 weniger stark von<br />
der Eintauchtiefe beeinflusst wird (siehe auch Tabelle 6-2). Dies wird daran deutlich,<br />
dass die hohen Schwankungen der Eintauchtiefe im Bereich von ca. 3200<br />
min -1 sich schwächer in Prozesskraftschwankungen auswirken, als das bei der<br />
Legierung EN AW-5182-H111 der Fall ist. Bei dieser Legierung erzeugen hohe<br />
Schwingungen der Eintauchtiefe auch hohe Kraftschwankungen im selben Frequenzbereich.<br />
Ähnliches gilt für die Abhängigkeit der Kraft in Schweißrichtung<br />
(x-Achse) von der Vorschubgeschwindigkeit. Auch hier herrscht laut Tabelle 6-2<br />
eine schwächere Wechselwirkung der Prozesskräfte und der Geschwindigkeit als<br />
bei der Walzlegierung EN AW-5182-H111. Neben dem Einfluss der Maschinenschwingungen<br />
veranschaulichen die Prozesskräfte in (Fx) und quer (Fy) zur<br />
Schweißrichtung die bereits bekannte unterschiedliche Abhängigkeit der Kraftamplituden<br />
vom Vorschub. So steigen diese bei EN AW-5182-H111 mit steigendem<br />
Vorschub an, bei EN AW-6060-T66 fallen sie.<br />
Diese Kennfelder erlauben es, gezielt Schweißparameter festzulegen, bei denen<br />
die dynamischen Belastungen für die verwendete Maschine minimal sind. Voraussetzung<br />
hierfür ist, dass in den entsprechenden Bereichen auch eine fehlerfreie<br />
Schweißnahtausbildung erfolgt.<br />
140
Vorschub<br />
Vorschub<br />
Vorschub<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
350<br />
300<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
Drehzahl<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
Fy (dyn. y Anteil)<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
Drehzahl<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
F x (dyn. Anteil)<br />
F z (dyn. Anteil)<br />
7.2 Voraussage von dynamischen Maschinenbelastungen<br />
550<br />
N<br />
450<br />
400<br />
475<br />
N<br />
375<br />
325<br />
275<br />
700<br />
500<br />
400<br />
0,2<br />
300<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
200<br />
Drehzahl<br />
N<br />
Abbildung 7-3: Dynamische Anteile der Prozesskräfte und der Schweißparameter<br />
aufgrund von Maschinenschwingungen, Werkstoff<br />
EN AW-6060-T66<br />
Vorschub<br />
Vorschub<br />
141<br />
Vorschubgeschwindigkeit<br />
Vorschubgeschwindigkeit<br />
(dyn. Anteil)<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
400<br />
mm<br />
min<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
50<br />
0,6<br />
Drehzahl<br />
Eintauchtiefe<br />
Eintauchtiefe<br />
(dyn. Anteil)<br />
0,042<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
mm<br />
0,030<br />
0,024<br />
0,018<br />
0,2<br />
0,012<br />
0,006<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
Drehzahl
7 Anwendung der Modelle<br />
Vorschub<br />
Vorschub<br />
Vorschub<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
600<br />
500<br />
0,2<br />
400<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
Drehzahl<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
F x (dyn. Anteil)<br />
Fy (dyn. yAnteil)<br />
900<br />
700<br />
0,2<br />
600<br />
550<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
Drehzahl<br />
F z (dyn. Anteil)<br />
900<br />
600<br />
450<br />
0,2<br />
300<br />
150<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
Drehzahl<br />
N<br />
800<br />
N<br />
750<br />
700<br />
650<br />
N<br />
Abbildung 7-4: Dynamische Anteile der Prozesskräfte und der Schweißparameter<br />
aufgrund von Maschinenschwingungen, Werkstoff<br />
EN AW-5182-H111<br />
Vorschub<br />
Zur Überprüfung der berechneten Kennfelder werden diese mit Messdaten verglichen,<br />
die zur Entwicklung des empirischen Prozesskraftmodells aufgezeichnet<br />
wurden. Abbildung 7-5 enthält die Ergebnisse für die resultierende Prozesskraft<br />
in Werkzeug-Achsrichtung für den Werkstoff EN AW-5182-H111 über den betrachteten<br />
Parameterbereich. Deutlich sind hier im Bereich um 2000 min -1 und<br />
4000 min -1 die Einflüsse der Maschinenschwingungen zu erkennen. Im niedrigen<br />
Vorschub<br />
142<br />
Vorschubgeschwindigkeit<br />
Vorschubgeschwindigkeit<br />
(dyn. Anteil)<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
275<br />
mm<br />
min<br />
175<br />
125<br />
75<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
0,6<br />
Drehzahl<br />
Eintauchtiefe<br />
Eintauchtiefe<br />
(dyn. Anteil)<br />
mm<br />
0,046<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,03<br />
0,022<br />
0,2<br />
0,014<br />
0,006<br />
0,1<br />
1000 2000 1/min 4000<br />
Drehzahl
7.2 Voraussage von dynamischen Maschinenbelastungen<br />
Drehzahlbereich (unter 2000 min -1 ) sind die im Prozesskraftmodell beschriebenen<br />
Abhängigkeiten ohne erheblichen Einfluss von zusätzlichen Schwingungen<br />
zu erkennen. Dort steigen die Kraftschwankungen unbeeinflusst von Maschinenschwingungen,<br />
wie in Tabelle 6-2 beschrieben, mit steigendem Vorschub an.<br />
Zum Vergleich der simulierten und gemessenen Werte wurden in Abbildung 7-5<br />
und Abbildung 7-6 die Werte der experimentell ermittelten Prozesskraftschwankungen<br />
aus Abschnitt 6.3 eingeblendet. Hier zeigt sich ein Dilemma in der Entwicklung<br />
des Prozesskraftmodells. Die in Abschnitt 6.3 durchgeführten Schweißversuche<br />
konnten nicht entkoppelt von der schwingenden Maschinenstruktur<br />
durchgeführt werden. Demnach enthalten die Ergebnisdaten, die zur Erzeugung<br />
des Prozesskraftmodells verwendet wurden, bereits Kraftanteile, die auf die Maschinenschwingungen<br />
zurückzuführen sind. Einerseits sind diese Daten damit<br />
geeignet, das in diesem Kapitel aufgebaute Gesamtmodell zu bewerten und es<br />
müssen keine neuen Versuche durchgeführt werden. Andererseits bedeutet dies,<br />
dass das Prozesskraftmodell streng genommen teilweise ungenaue Zusammenhänge<br />
abbildet. Zudem ist es nicht möglich, den genauen Betrag des Fehlers anzugeben.<br />
Auch wenn während der Versuche die Schwingungen aufgezeichnet<br />
würden und damit der Einfluss der Maschine gemessen würde, sind die Zusammenhänge<br />
zwischen diesen Schwingungen und den Kräften nicht bekannt, weil<br />
diese erst durch das Prozesskraftmodell abgebildet werden. Trotz dieser Tatsache<br />
können die Simulationsergebnisse für verschiedenste Aufgabenstellungen verwendet<br />
werden. Begründet liegt dies darin, dass viele Versuche zur Erstellung<br />
des Prozesskraftmodells in Parameterbereichen durchgeführt wurden, die nicht<br />
mit Maschineneigenfrequenzen zusammenfallen. Die Einflüsse des dynamischen<br />
Maschinenverhaltens sind dort begrenzt.<br />
Die lineare Regression zur Berechnung der Geradengleichungen und die Mittelung<br />
über z. B. mehrere Versuchsreihen von z. B. verschiedenen Eintauchtiefen<br />
tragen ebenfalls dazu bei, dass einzelne Extremwerte weniger stark ins Gewicht<br />
fallen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Prozesskraftschwankungen<br />
im betrachteten Parameterbereich zumindest qualitativ gut abgebildet werden.<br />
So ist deutlich zu erkennen, dass die Werte im Bereich zwischen 2000 min -1<br />
und 3500 min -1 sowohl bei den Simulationen als auch bei den experimentellen<br />
Betrachtungen minimale Werte annehmen und für höhere Drehzahlen wieder<br />
ansteigen. Zur Bewertung der Maschinen und zur Festlegung von Schweißparameterbereichen<br />
sind die erstellten Modelle also gut geeignet. Dies ermöglicht<br />
beispielsweise die Erhöhung der Lebensdauer von hoch belasteten Maschinenkomponenten<br />
durch Auswahl von Schweißparametern mit niedrigen Prozess-<br />
143
7 Anwendung der Modelle<br />
kraftschwankungen. Vor allem bei kleinen, flexiblen aber auch sehr nachgiebigen<br />
Anlagen, wie z. B. bei Industrierobotern, können entsprechende Modelle bereits<br />
im Entwicklungsstadium wichtige Erkenntnisse über das Maschinenverhalten<br />
liefern und dazu beitragen, deren optimalen Einsatzbereich festzulegen. Durch<br />
die im Raum veränderliche Steifigkeit dieser Anlagen sind experimentelle Untersuchungen<br />
dieser Systeme sehr umfangreich. Simulationsmodelle könnten hier<br />
einen entscheidenden Beitrag zur umfassenden und aufwandsarmen Beurteilung<br />
liefern.<br />
Vorschub<br />
0,6<br />
mm<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
269<br />
282<br />
207<br />
214<br />
187<br />
141<br />
198<br />
F z (dyn. Anteil)<br />
154<br />
109<br />
172<br />
1000 2000<br />
Drehzahl<br />
1/min 4000<br />
Abbildung 7-5: Vergleich der berechneten und gemessenen Prozesskraftschwankungen<br />
in Werkzeug-Achsrichtung,<br />
EN AW-5182-H111, Ettat = -0,05 mm<br />
144<br />
Messwert<br />
116<br />
155<br />
252<br />
900<br />
N<br />
600<br />
450<br />
300<br />
150
F z (dyn. Anteil)<br />
1200<br />
N<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
7.3 Auslegung und Integration einer Kraftregelung<br />
1000 2000<br />
Drehzahl<br />
1/min 4000<br />
Abbildung 7-6: Vergleich der berechneten und gemessenen Prozesskraftschwankungen<br />
in Werkzeug-Achsrichtung, 0,1 mm f 0,6<br />
mm, Parameter für gemessene Werte siehe Abbildung 7-5,<br />
EN AW-5182-H111, Ettat = -0,05 mm<br />
7.3 Auslegung und Integration einer Kraftregelung<br />
7.3.1 Auf Motorströmen basierende Kraftregelung<br />
Wie bereits in Abschnitt 2.4 geschildert, wird das Rührreibschweißen vorwiegend<br />
im kraftgeregelten Betrieb eingesetzt. Dieser bietet einige Vorteile, die vor<br />
allem im industriellen Einsatz zum Tragen kommen. Leichte Änderungen der<br />
Blechdicke der Fügepartner können ebenso ausgeglichen werden wie Materialinhomogenitäten<br />
der zu fügenden Bauteile oder Maßabweichungen der Schweißunterlage.<br />
Einer aufgrund des Wärmeeintrags beim Schweißen hervorgerufenen<br />
Wärmedehnung des Werkzeugs und der Maschine aufgrund wiederholter<br />
Schweißvorgänge kann durch Anpassungen der Schweißbahn ebenfalls entgegengewirkt<br />
werden. Wie bereits in Abschnitt 5.1 beschrieben, hat auch die Maschinennachgiebigkeit<br />
einen bedeutenden Einfluss auf das Schweißergebnis beim<br />
Rührreibschweißen. Durch die Verformung der Maschine unter den Prozesslas-<br />
145<br />
Simulation<br />
Messung
7 Anwendung der Modelle<br />
ten kommt es zu nicht unerheblichen Abweichung von der programmierten<br />
Schweißbahn. Im positionsgeregelten Schweißbetrieb wird deshalb vor allem die<br />
Übertragung von Schweißaufgaben auf Maschinen unterschiedlicher Steifigkeit<br />
erschwert. Der Einsatz des Rührreibschweißens auf Maschinen, die durch eine<br />
stark variierende statische Steifigkeit in ihrem Arbeitsraum gekennzeichnet sind,<br />
stellt hier naturgemäß eine besonders große Herausforderung dar. Wie bereits in<br />
Abschnitt 2.4 gezeigt, wird das Rührreibschweißen auf Industrierobotern deshalb<br />
fast ausschließlich im kraftgeregelten Schweißbetrieb verwendet.<br />
Aus diesen Gründen können Maschinen, die im positionsgeregelten Betrieb arbeiten,<br />
zwar für eine Vielzahl an Schweißaufgaben eingesetzt werden, stellen<br />
aber keine Komplettlösung im Bereich der Anlagentechnik für das Rührreibschweißen<br />
dar. Besonders interessant sind deshalb Möglichkeiten, den kraftgeregelten<br />
Schweißbetrieb auch auf Standardanlagen einfach und schnell zu realisieren.<br />
GEBHARD & ZAEH (2008) stellten hierfür eine Möglichkeit vor. Sie verwenden<br />
die Motorströme der Vorschubmotoren zur Berechnung der herrschenden<br />
Prozesskräfte. Mithilfe moderner Steuerungen lassen sich aus diesen Werten<br />
Bahnkorrekturwerte berechnen, die der voreingestellten Werkzeugbahn überlagert<br />
werden. Dadurch kann auch ohne zusätzliche Kraftmess- und Kraftregelsysteme<br />
ein kraftgeregelter Schweißbetrieb ermöglicht werden. Die Auslegung dieser<br />
Regelung erfolgte bislang rein experimentell und erforderte einen hohen Versuchsaufwand.<br />
Mithilfe des in Abschnitt 6.4 entwickelten Modells zur Abbildung<br />
der Prozesszone beim Rührreibschweißen kann die Auslegung der Regelung nun<br />
rechnerisch erfolgen. Dies soll am Beispiel der für diese Arbeit verwendeten<br />
Versuchsmaschine beschrieben werden. Im Folgenden wird dazu die Funktionsweise<br />
der auf Motorströmen basierenden Kraftregelung detailliert erläutert. Anschließend<br />
erfolgt die Einbindung dieser Funktionalität in das mechatronische<br />
Gesamtmodell der Anlage und die anschließende Optimierung der Regelparameter.<br />
Die beim Rührreibschweißen verwendeten Kraftregelsysteme arbeiten im Allgemeinen<br />
hydraulisch oder elektromechanisch. Bei hydraulischen Systemen wird<br />
über einen voreingestellten Druck eine konstante Kraft bereitgestellt. Die elektromechanischen<br />
Systeme arbeiten im Allgemeinen nach folgendem Prinzip: Über<br />
ein Kraftmesssystem werden die herrschenden Prozesskräfte aufgezeichnet und<br />
in einem Steuerungsrechner ausgewertet. Abweichungen von der Sollkraft haben<br />
eine Anpassung der Schweißbahn in Werkzeugaxialrichtung zur Folge. Dies resultiert<br />
in einer Änderung der Eintauchtiefe der Werkzeugschulter und damit der<br />
Prozesskräfte. Diese Anpassung kann wahlweise über die Maschinenachsen ge-<br />
146
7.3 Auslegung und Integration einer Kraftregelung<br />
schehen oder über Zusatzachsen, die im Schweißkopf integriert sind. Bei der in<br />
dieser Arbeit verwendeten Maschine erfolgt dies über die Maschinenachsen. Ein<br />
entsprechendes System kommt z. B. auch beim kraftgeregelten Schweißbetrieb<br />
von Schwerlastrobotern zum Einsatz (VOELLNER 2010). Wie bereits in Abschnitt<br />
4.2 erläutert, werden die Positionierungsbewegungen durch Vorschubantriebe<br />
realisiert. Deren Aufbau und Funktionsweise sowie deren Abbildung in<br />
Simulationsmodellen (siehe Abschnitt 4.3.7) wurden bereits im Detail erläutert.<br />
Die Integration einer Kraftregelung erfordert nun die Erweiterung des<br />
kaskadierten Lageregelkreises um einen Kraftregelkreis. Dieser berechnet aus<br />
den gemessenen Kraftwerten die Eingangsdaten des Lageregelkreises.<br />
Die Kraftmessung erfolgt jedoch nicht über zusätzliche Kraftmesssysteme, sondern<br />
über die Messung der Motorströme der Vorschubmotoren (siehe Abbildung<br />
7-7). Diese Werte werden für den Stromregelkreis bereits verwendet und stehen<br />
demnach ohne große Anpassungen der Steuerung zur Verfügung. Sie dienen direkt<br />
zur Erzeugung des Sollwertes für den Lageregelkreis, ohne sie in einen<br />
Kraftwert umzurechnen. Dies ist zulässig, da durch die Drehmomentkonstante<br />
des Vorschubmotors und die Übersetzung des Kugelgewindetriebes ein nahezu<br />
linearer Zusammenhang zwischen Strom und Vorschubkraft herrscht.<br />
F soll<br />
-<br />
Kraftregler<br />
x soll<br />
-<br />
Lageregler Drehzahlregler<br />
nsoll Isoll<br />
-<br />
nist xist Fist Abbildung 7-7: Erweiterung eines kaskadierten Lageregelkreises um einen<br />
Kraftregler<br />
Es handelt sich demnach eher um eine dem Lageregelkreis überlagerte Stromregelung.<br />
Im Folgenden wird trotzdem weiterhin der Begriff „Kraftregelung“ verwendet,<br />
um eine Verwechslung mit dem Stromregelkreis des kaskadierten Lageregelkreises<br />
zu vermeiden.<br />
147<br />
-<br />
Stromregler<br />
i ist<br />
Motor<br />
Kraftregelkreis Strom-, Drehzahl- und Lageregelkreis<br />
M<br />
Mechanik
7 Anwendung der Modelle<br />
Um die gemessenen Werte zur Beeinflussung der Werkzeugbahn zu verwenden<br />
und um damit die Kraftregelung zu ermöglichen, wird auf eine Sonderfunktion<br />
der verwendeten Steuerung (SIEMENS SINUMERIK 840D) zurückgegriffen.<br />
Die sog. Bewegungssynchronaktionen dieser Steuerung ermöglichen die Beobachtung<br />
verschiedener interner und externer Signale, um synchron zu Bearbeitungssätzen<br />
Aktionen auszuführen. Diese Funktionen können z. B. dazu verwendet<br />
werden, mittels eines Sensors eine Abstandsregelung in die Maschine zu integrieren<br />
oder bei Laseranwendungen die Laserleistung in Abhängigkeit der herrschenden<br />
Achsgeschwindigkeiten zu steuern (SIEMENS 2006). Im betrachteten<br />
Fall werden die gemessenen Stromwerte über einen einfachen P-Regler in einen<br />
Bahn-Offset umgerechnet. Dieser Offset wird der aktuellen Werkzeugposition<br />
überlagert und so die Werkzeugmaschine um die Funktionalität einer Kraftregelung<br />
erweitert (siehe Abbildung 7-8). Zu beachten sind in diesem Zusammenhang<br />
allerdings die Taktfrequenzen der Regelkreise. Während Drehzahl- und<br />
Stromregler mit einer höheren Frequenz (fn/i) als der Lageregelkreis (fLage) arbeiten,<br />
ist die Frequenz des Kraftregelkreises durch den langsameren Interpolationstakt<br />
(IPO-Takt) tIPO begrenzt. Im Interpolationstakt werden die Eingangswerte für<br />
den Lageregler durch den Interpolator der Steuerung berechnet. Die Kraftregelung<br />
addiert in jedem IPO-Takt den aktuell berechneten Bahnoffset zum Lage-<br />
Sollwert des vorangegangenen Taktes. Deshalb ist die Kenntnis der Taktzeit nötig,<br />
um die maximal mögliche Geschwindigkeit der Bahnanpassung zu bestimmen.<br />
Bei der verwendeten Maschine beträgt der IPO-Takt 6 ms. Die Regelfrequenz<br />
der Kraftregelung ist demnach auf 167 Hz festgelegt. Zum Vergleich: Bei<br />
einer konstanten Regeldifferenz von 1 A und einem für die Kraftregelung typischen<br />
Verstärkungsfaktor Kk von 0,0002 mm/A beträgt die maximale Achsgeschwindigkeit<br />
durch die Kraftregelung 2 mm/min. Damit ist diese Kraftregelung<br />
geeignet, um Toleranzschwankungen von zu schweißenden Blechen auszugleichen,<br />
jedoch nicht um das Schweißwerkzeug durch die Überwachung der Anpresskraft<br />
über gekrümmte Bauteiloberflächen nachzuführen. Dieser Wert zeigt<br />
auch, dass bei solch geringen Verstärkungsfaktoren ein ruckartiges Zustellen des<br />
Werkzeugs bei Unstetigkeiten oder Sprüngen im Stromsignal ausgeschlossen ist.<br />
148
I soll<br />
Verstärkungsfaktor<br />
für Bahnoffset<br />
K k [mm/A]<br />
-<br />
I ist<br />
x soll<br />
-<br />
7.3 Auslegung und Integration einer Kraftregelung<br />
Lageregler<br />
nsoll Abbildung 7-8: Struktur eines Kraftreglers auf Basis von Motorströmen und<br />
Anpassung der Schweißposition<br />
Abbildung 7-9 zeigt beispielhaft die Kraft- und Stromverläufe, die sich einstellen,<br />
wenn während eines Schweißprozesses der Sollstrom und damit die Sollkraft<br />
sprunghaft erhöht wird. Die Kraft wurde dabei mit einer Kraftmessplattform ermittelt.<br />
Dies zeigt deutlich die korrekte Funktionsweise der entworfenen Kraftregelung<br />
für die untersuchte Legierung.<br />
Motorstrom<br />
16<br />
A<br />
12<br />
+<br />
x soll(t = -t IPO)<br />
f = f IPO f = f Lage f = f n/I<br />
Abbildung 7-9: Durch Kraftregelung vorgegebener Kraftsprung beim Rührreibschweißen<br />
(n = 1000 min -1 , v = 100 mm/min, St = 3 mm,<br />
Werkstoff EN AW-5182-H111, Werkzeug gemäß Abbildung<br />
5-5, Kk = 0,0002 mm/A)<br />
149<br />
-<br />
Drehzahlregler<br />
Isoll n ist<br />
x ist<br />
-<br />
Stromregler<br />
I ist<br />
Motor<br />
5000<br />
4200<br />
10<br />
Kraft<br />
Motorstrom<br />
3800<br />
8<br />
6 7 9 10<br />
Zeit<br />
11 s<br />
3400<br />
14<br />
N<br />
Kraft<br />
M
7 Anwendung der Modelle<br />
7.3.2 Auslegung durch ein mechatronisches Simulationsmodell<br />
Um instabiles Positionierverhalten aufgrund zu hoch gewählter Verstärkungsfaktoren<br />
der Regler zu vermeiden, kann mit dem in Abschnitt 6.4 entwickelten<br />
Simulationsmodell der Kraftregelfaktor Kk für den stabilen Betrieb ausgelegt<br />
werden. Dazu wird analog zu dem in Abschnitt 4.3 beschriebenen und in Abschnitt<br />
6.4 angewendeten Vorgehen ein mechatronisches Gesamtmodell der<br />
Werkzeugmaschine inkl. der Prozesszone aufgebaut. Wie bereits Abschnitt 5.3<br />
verdeutlicht, zeigt das gemessene Übertragungsverhalten auch bei verschiedenen<br />
Legierungen und Schweißparametern keinen gravierenden Unterschied. Deswegen<br />
wird für die folgenden Simulationen mit der ermittelten Steifigkeit von<br />
5·10 8 N/m für die Fügezone gerechnet. Die hiermit ausgelegte Kraftregelung<br />
dürfte damit für ein breites Spektrum an Anwendungsfällen geeignet sein.<br />
Der Kraftregler wurde nach der in Abbildung 7-8 vorgestellten Struktur modelliert.<br />
Im Anschluss wurde der Verstärkungsfaktor des Kraftregelkreises Kk ausgehend<br />
von sehr niedrigen Werten sukzessive erhöht und ein Strom-<br />
Sollwertsprung aufgebracht. Abbildung 7-10 zeigt die daraus resultierenden Verläufe<br />
des Stroms und der resultierenden Lage am Schlitten für einen Bereich von<br />
Kk von 0,00015 mm/A bis 0,00045 mm/A. Der durch dieses Vorgehen ermittelte<br />
optimale Wert beträgt 0,00025 mm/A, da in diesem Fall der Strom- und der Lage-Istwert<br />
gerade kein Überschwingen zeigen.<br />
Strom<br />
2,0<br />
A<br />
1,2<br />
0,00015 mm/A<br />
0,0002 mm/A<br />
0,8<br />
0,00025 mm/A<br />
0,0003 mm/A<br />
0,4<br />
0,00035 mm/A<br />
0,00045 mm/A<br />
0,0<br />
0,0 0,5 1,0<br />
Zeit<br />
s 2,0<br />
Lage<br />
Abbildung 7-10: Berechneter Verlauf der Strom- und der Lage-Istwerte nach<br />
einem Sollsprung von 1,6 A bei unterschiedlichen Werten des<br />
Kraftreglers KK<br />
150<br />
0,015<br />
mm<br />
0,009<br />
0,00015 mm/A<br />
0,0002 mm/A<br />
0,006<br />
0,00025 mm/A<br />
0,0003 mm/A<br />
0,003<br />
0,00035 mm/A<br />
0,00045 mm/A<br />
0,000<br />
0,0 0,5 1,0<br />
Zeit<br />
s 2,0
7.3 Auslegung und Integration einer Kraftregelung<br />
Um die Aussagekraft der Simulationsergebnisse zu bewerten, wurde ein Vergleich<br />
mit den Ergebnissen einer umfassenden Versuchsreihe durchgeführt. Dabei<br />
erfolgte eine experimentelle Optimierung des Verstärkungsfaktors des Kraftregelkreises<br />
Kk für denselben Schweißparameterbereich und die Aluminiumlegierungen,<br />
die bereits in Abschnitt 5.3 für die experimentelle Betrachtung des Übertragungsverhaltens<br />
während des Schweißprozesses verwendet wurden (GEB-<br />
HARD & ZAEH 2008).<br />
Die Auswertung der Ergebnisse offenbart drei Tatsachen:<br />
Die Annahme derselben Steifigkeit der Prozesszone für alle Schweißparameter<br />
und beide Materialien ist zulässig, da für alle Fälle derselbe optimale<br />
Verstärkungsfaktors des Kraftregelkreises ermittelt wurde.<br />
Der gemessene optimale Verstärkungsfaktors des Kraftregelkreises liegt<br />
mit 0,0002 mm/A 20 % unter dem des simulierten Wertes. Abbildung<br />
7-11 liefert erste Anhaltspunkte für diese Abweichung. So verzeichnet der<br />
Lage-Istwert des Schlittens bei gleichen Strom- und damit Kraftwerten einen<br />
geringeren Anstieg, was darauf hindeutet, dass das Simulationsmodell<br />
eine zu geringe statische Steifigkeit aufweist. Unweigerlich folgt darauf,<br />
dass erst höhere Verstärkungsfaktoren das System zum Überschwingen<br />
bringen. Hier könnte die Tatsache zum Tragen kommen, dass während des<br />
Aufbaus der Simulationsmodelle vor allem Frequenzbereichsmessungen<br />
als Vergleichsdaten herangezogen und die Modelle entsprechend angepasst<br />
und optimiert wurden (siehe Abschnitt 6.4).<br />
Wie in Abbildung 7-11 ebenfalls zu sehen ist, zeigen die gemessenen Verläufe<br />
nicht nur einen niedrigeren optimalen Verstärkungsfaktor, sondern<br />
auch ein anderes globales Einschwingverhalten, was sich in deutlichem<br />
Überschwingen äußert, das teilweise erst nach zwei Perioden auf ausreichend<br />
geringe Werte abklingt. Für dieses Verhalten gibt es eine Reihe<br />
möglicher Erklärungen. Zum einen wurde bei allen im Rahmen dieser Arbeit<br />
erstellten Simulationsmodellen die Reibung vernachlässigt. Gerade im<br />
Bereich sehr niedriger Geschwindigkeiten und nur marginaler Positionsveränderungen<br />
von wenigen tausendstel Millimetern ist der Einfluss der<br />
Reibung nicht zu unterschätzen. So liegen die Reibungskoeffizienten der<br />
verwendeten Wälzführungen zwar deutlich unter denen von Gleitführungen,<br />
die Anfahrreibung, die hauptsächlich durch die Abstreifer verursacht<br />
wird, spielt aber gerade in diesem Betriebsbereich eine größere Rolle<br />
151
7 Anwendung der Modelle<br />
Strom<br />
18,2<br />
(ISPAYLAR 1996). Zum anderen ist es gerade im niederfrequenten bzw.<br />
statischen Bereich möglich, dass die Prozesszone streng genommen nicht<br />
durch eine einfache lineare Feder abgebildet werden darf. Bei sehr weichen<br />
Strangpresslegierungen ist z. B. aufgefallen, dass eine Erhöhung der<br />
Sollkraft nicht unweigerlich zu einer definierten Positionsverschiebung<br />
des Schlittens führt (wie in Abbildung 7-11 ersichtlich), sondern dass das<br />
Werkzeug immer weiter in das zu fügende Bauteil eintaucht und<br />
plastifiziertes Material an die Oberfläche drängt. Dieses nichtlineare Verhalten<br />
kann im verwendeten Modell nicht abgebildet werden.<br />
A<br />
17,3<br />
0,0001 mm/A<br />
0,00015 mm/A<br />
16,9<br />
0,0002 mm/A<br />
0,00025 mm/A<br />
16,4<br />
0,0003 mm/A<br />
0,0004 mm/A<br />
16,0<br />
0,0 0,5 1,0<br />
Zeit<br />
s 2,0<br />
Lage<br />
Abbildung 7-11: Gemessener Verlauf der Strom- und der Lage-Istwerte nach<br />
einem Sollsprung von 1,6 A bei unterschiedlichen Werten des<br />
Kraftreglers KK (n = 1000 min -1 , v = 350 mm/min, St = 3 mm,<br />
Werkstoff EN AW-5182-H111, Werkzeug gemäß Abbildung<br />
5-5)<br />
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Verhalten der Prozesszone nicht<br />
uneingeschränkt für alle Betriebsfälle durch die lineare Darstellung mit einer Feder<br />
konstanter Federsteifigkeit abgebildet werden kann. Dennoch ist die betrachtete<br />
Kraftregelung und damit auch das Positionierverhalten von Werkzeugmaschinen<br />
während des Rührreibschweißens zumindest qualitativ berechenbar. Folgerichtig<br />
kann das vorliegende Modell dazu verwendet werden, Regelparameter<br />
vorauszubestimmen und das Verhalten von Werkzeugmaschinen noch während<br />
des Entwicklungsprozesses ohne umfassende Experimente zu optimieren. Zusätzlich<br />
dazu kann der Einsatz entsprechender Modelle einen Beitrag zur Auswahl<br />
geeigneter Maschinen und zur Reduzierung kostenintensiver Experimente<br />
152<br />
0,012<br />
mm<br />
0,006<br />
0,0001 mm/A<br />
0,00015 mm/A<br />
0,003<br />
0,0002 mm/A<br />
0,00025 mm/A<br />
0,000<br />
0,0003 mm/A<br />
0,0004 mm/A<br />
-0,003<br />
0,0 0,5 1,0<br />
Zeit<br />
s 2,0
7.3 Auslegung und Integration einer Kraftregelung<br />
leisten. Die Ergebnisse tragen deshalb auch dazu bei, den Einstieg in dieses innovative<br />
Schweißverfahren zu erleichtern und einem größeren Anwenderkreis<br />
zugänglich zu machen.<br />
153
7 Anwendung der Modelle<br />
154
8 Zusammenfassung und Ausblick<br />
8.1 Zusammenfassung<br />
155<br />
8.1 Zusammenfassung<br />
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Einfluss des Rührreibschweißprozesses<br />
auf das dynamische Verhalten von Werkzeugmaschinen. Damit werden<br />
Betrachtungen, die bis dato der Zerspanung vorbehalten waren, auf den Prozess<br />
des Rührreibschweißens übertragen. Dies soll einen Beitrag zum besseren Verständnis<br />
und damit auch zur erleichterten Umsetzbarkeit dieses innovativen Fügeverfahrens<br />
leisten.<br />
Grundlage der Betrachtungen waren umfassende Untersuchungen zu den herrschenden<br />
Prozesskräften beim Rührreibschweißen. Neben den bereits eingehend<br />
untersuchten statischen Kräften liegt ein Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Charakterisierung<br />
der dynamischen Prozesskraftanteile. Das Ergebnis dieser Untersuchungen<br />
ist eine Charakterisierung der Prozesskraftverläufe, die vor allem<br />
durch Anteile in Drehzahlfrequenz und der zweiten Vielfachen gekennzeichnet<br />
sind. Die Auswirkungen dieser Prozesskräfte auf die Maschinenstruktur wurden<br />
dabei ebenfalls eingehend untersucht und mit den Ergebnissen eines Fräsprozesses<br />
verglichen. Vor allem in Verbindung mit den hohen statischen Anteilen und<br />
der plastifizierten Fügezone haben die Prozesskräfte beim Rührreibschweißen<br />
eine andere Belastung der Maschinenstruktur zur Folge als bei Zerspanprozessen.<br />
Dies zeigt sich neben den Betriebsschwingungen an der Schweißstelle auch im<br />
Übertragungsverhalten der Maschinenstruktur während des Schweißprozesses.<br />
Diese experimentellen Ergebnisse wurden genutzt, um Modellvorstellungen zu<br />
entwickeln, die sowohl gängige Prozesskraftmodelle erweitern als auch die Integration<br />
der Prozesszone in bestehende Maschinenmodelle ermöglichen. Zur<br />
Abbildung der dynamischen Prozesskraftanteile wurde dabei auf analytische Ansätze<br />
und experimentelle Untersuchungen zurückgegriffen. Ausgangspunkt hierfür<br />
waren publizierte Untersuchungen zum Werkstofffluss in der Fügezone. Die<br />
analytischen Betrachtungen konnten hierbei zeigen, dass vor allem der Werkstofftransport<br />
während der Vorschubbewegung des Werkzeugs für die gemessene<br />
Ausprägung der Prozesskraftverläufe verantwortlich ist. Neben dieser Tatsache<br />
leistet auch die Rundlaufabweichung des Werkzeugs einen erheblichen Beitrag.<br />
Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass bei<br />
der Verwendung von sehr einfachen, unkonturierten Werkzeugen eine leichte
8 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Rundlaufabweichung für das Schließen der Naht in manchen Fällen sogar erforderlich<br />
ist. Sind keine zusätzlichen Geometriemerkmale, wie z. B. ein Pingewinde,<br />
vorhanden, reicht die Reibung an der Werkzeugoberfläche für die Ausbildung<br />
eines ausreichenden Werkstofftransportes im betrachteten Fall eines konzentrischen<br />
Pins nicht aus.<br />
Da diese Untersuchungen in Verbindung mit einer vereinfachten Werkzeuggeometrie<br />
durchgeführt wurden, die so beim Rührreibschweißen standardmäßig<br />
nicht zum Einsatz kommt, haben diese Ergebnisse eher grundlegenden Charakter.<br />
Aufgrund des komplexeren Werkstoffflusses bei herkömmlichen Werkzeugen ist<br />
die Übertragung der Ergebnisse auf diese nicht ohne Weiteres möglich. Für den<br />
anwendungsnahen Einsatz in Simulationsmodellen wurde deshalb zusätzlich ein<br />
empirisch ermitteltes Prozesskraftmodell vorgestellt.<br />
Die Modellierung des Einflusses der plastifizierten Prozesszone auf das Übertragungsverhalten<br />
der verwendeten Maschine wurde über den Aufbau eines FE-<br />
Modells der verwendeten Werkzeugmaschine erreicht. Dieses Modell beinhaltet<br />
neben der Beschreibung der Maschinenstruktur auch die Antriebs- und Regelsysteme.<br />
Es wurde stufenweise aufgebaut und mit zahlreichen Messdaten auf seine<br />
korrekte Struktur hin überprüft. Als besondere Herausforderung stellte sich dabei<br />
die beim Rührreibschweißen herrschende Vorspannung der Maschinenstruktur<br />
dar. Die Prozesszone konnte in diesem Modell als zusätzliche Nachgiebigkeit im<br />
Kraftfluss modelliert werden. Messungen ergaben, dass dadurch die beobachtete<br />
Änderung im Übertragungsverhalten der Maschinenstruktur abgebildet werden<br />
kann.<br />
Die in dieser Arbeit entwickelten Modellvorstellungen können bei den unterschiedlichsten<br />
Fragestellungen zum Einsatz kommen. Eine Hauptanwendung<br />
besteht sicherlich in der Entwicklung von Maschinen zum Rührreibschweißen<br />
bzw. in der Beurteilung der Eignung bestehender Maschinen. Beispielsweise<br />
wurde eine Möglichkeit gezeigt, wie über die Kopplung von Prozesskraft- und<br />
Maschinenmodell die dynamischen Belastungen während des Schweißprozesses<br />
vorausgesagt werden können. Damit können gezielt Parameterbereiche identifiziert<br />
werden bei denen die Belastungen während des Schweißprozesses minimal<br />
sind. Auch bei der Auslegung der Antriebssysteme können die Modelle zum Einsatz<br />
kommen. Verdeutlicht wurde dies durch die simulative Auslegung einer<br />
Kraftregelung auf Basis von Motorströmen.<br />
156
8.2 Ausblick<br />
157<br />
8.2 Ausblick<br />
Wie in Abschnitt 8.1 beschrieben, behandelt die vorliegende Arbeit vor allem die<br />
Charakterisierung und Modellierung der Prozesskräfte des Rührreibschweißens<br />
und deren Wechselwirkung mit der verwendeten Anlage. Die Ergebnisse auf diesen<br />
Gebieten stellen Fortschritte für das Verständnis dieses Fügeprozesses dar.<br />
Gleichzeitig werfen sie jedoch auch neue Fragen auf und machen kommende<br />
Herausforderungen sichtbar.<br />
Im Bereich der Modellierung der Prozesskraftverläufe des Prozesses kann demnach<br />
diese Arbeit als ein weiterer Schritt zu einem fundierten Prozessverständnis<br />
gesehen werden. Obwohl wichtige Fragestellungen, wie die grundsätzliche Ausprägung<br />
und Entstehung der Prozesskraftverläufe, beantwortet werden konnten,<br />
bedarf es noch der Erweiterung der Ergebnisse jenseits der getroffenen Vereinfachungen.<br />
Hier sind z. B. Untersuchungen für komplexe Werkzeugformen zu<br />
nennen. Auch die Berücksichtigung nicht konstanter Materialkennwerte in der<br />
Prozesszone und der Transfer der Ergebnisse auf andere Werkstoffgruppen lassen<br />
noch Raum für kommende Forschungsarbeiten. Die große Vielfalt verschiedener<br />
Untersuchungen auf dem Gebiet des Rührreibschweißens stellt hier jedoch<br />
Fluch und Segen zugleich dar. So ist die Wirksamkeit vieler Untersuchungsmethoden<br />
und Vorgehensweisen zwar durch zahlreiche Veröffentlichungen gut dokumentiert,<br />
standardisierte Versuchsbedingungen (im Hinblick auf Werkzeuggeometrie,<br />
Versuchsparameter, Spanntechnik, Anlagentechnik, Werkstoffe etc.)<br />
sind jedoch nahezu an keiner Stelle gegeben. Dies erschwert die Übertragung<br />
und Abgrenzung von Versuchsergebnissen immens.<br />
Die in dieser Arbeit beschriebenen Untersuchungen im Bereich der Wechselwirkungen<br />
von Maschine und Prozess eröffnen ein gänzlich neues Arbeitsgebiet im<br />
Bereich des Rührreibschweißens. Vor allem im Vergleich mit industriell bewährten<br />
Fertigungsverfahren, wie z. B. der Zerspanung, zeigt sich die relative Neuheit<br />
des Verfahrens. Modellvorstellungen, die die Wechselwirkungen zwischen Prozess<br />
und Maschine beschreiben, werden im Bereich der Zerspanung bereits seit<br />
Jahrzehnten erforscht. Bestimmte Instabilitätserscheinungen können seit langem<br />
relativ zuverlässig erkannt, charakterisiert und in gewissen Grenzen vorausberechnet<br />
werden. Für das Rührreibschweißen existieren entsprechende Vorstellungen<br />
nicht. Verständlicherweise konzentrierten sich bis dato viele Forschungsarbeiten<br />
darauf, die Einsatzgrenzen des Verfahrens kontinuierlich auszuweiten<br />
(siehe auch Abschnitt 2.2 und Abschnitt 2.3). Der stetig ansteigende Einsatz des<br />
Rührreibschweißens in der industriellen Fertigung, vor allem bei kritischen und
8 Zusammenfassung und Ausblick<br />
sicherheitsrelevanten Bauteilen, macht ein tiefgreifendes Prozessverständnis erforderlich<br />
und verlangt daher unausweichlich nach zukünftigen Forschungsarbeiten<br />
in diesem Bereich.<br />
158
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178
KYD (QTUEJWPIUDGTKEJVG $CPF _<br />
*GTCWUIGDGT 2TQH &T +PI , /KNDGTI WPF 2TQH &T +PI ) 4GKPJCTV +PUVKVWV HÒT<br />
9GTM\GWIOCUEJKPGP WPF $GVTKGDUYKUUGPUEJCHVGP FGT 6GEJPKUEJGP 7PKXGTUKV·V /ÒPEJGP<br />
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*GTCWUIGDGT 2TQH &T +PI , /KNDGTI WPF 2TQH &T +PI ) 4GKPJCTV +PUVKVWV HÒT<br />
9GTM\GWIOCUEJKPGP WPF $GVTKGDUYKUUGPUEJCHVGP FGT 6GEJPKUEJGP 7PKXGTUKV·V /ÒPEJGP<br />
$CPF _ GTUEJKGPGP KO 5RTKPIGT 8GTNCI $GTNKP *GKFGNDGTI WPF UKPF KO 'TUEJGKPWPIULCJT WPF FGP HQNIGPFGP<br />
FTGK -CNGPFGTLCJTGP GTJ·NVNKEJ KO $WEJJCPFGN QFGT FWTEJ .CPIG 5RTKPIGT 1VVQ 5WJT #NNGG _ $GTNKP
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*GTCWUIGDGT 2TQH &T +PI , /KNDGTI WPF 2TQH &T +PI ) 4GKPJCTV +PUVKVWV HÒT<br />
9GTM\GWIOCUEJKPGP WPF $GVTKGDUYKUUGPUEJCHVGP FGT 6GEJPKUEJGP 7PKXGTUKV·V /ÒPEJGP<br />
$CPF _ GTUEJKGPGP KO 5RTKPIGT 8GTNCI $GTNKP *GKFGNDGTI WPF UKPF KO 'TUEJGKPWPIULCJT WPF FGP HQNIGPFGP<br />
FTGK -CNGPFGTLCJTGP GTJ·NVNKEJ KO $WEJJCPFGN QFGT FWTEJ .CPIG 5RTKPIGT 1VVQ 5WJT #NNGG _ $GTNKP
KYD (QTUEJWPIUDGTKEJVG $CPF _<br />
*GTCWUIGDGT 2TQH &T +PI , /KNDGTI WPF 2TQH &T +PI ) 4GKPJCTV +PUVKVWV HÒT<br />
9GTM\GWIOCUEJKPGP WPF $GVTKGDUYKUUGPUEJCHVGP FGT 6GEJPKUEJGP 7PKXGTUKV·V /ÒPEJGP<br />
$CPF _ GTUEJKGPGP KO 5RTKPIGT 8GTNCI $GTNKP *GKFGNDGTI WPF UKPF KO 'TUEJGKPWPIULCJT WPF FGP HQNIGPFGP<br />
FTGK -CNGPFGTLCJTGP GTJ·NVNKEJ KO $WEJJCPFGN QFGT FWTEJ .CPIG 5RTKPIGT 1VVQ 5WJT #NNGG _ $GTNKP
Seminarberichte <strong>iwb</strong><br />
herausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Gunther Reinhart und Prof. Dr.-Ing. Michael Zäh,<br />
Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften<br />
der Technischen Universität München<br />
Seminarberichte <strong>iwb</strong> sind erhältlich im Buchhandel oder beim<br />
Herbert Utz Verlag, München, Fax 089-277791-01, info@utz.de<br />
1 Innovative Montagesysteme - Anlagengestaltung, -bewertung<br />
und -überwachung<br />
115 Seiten · ISBN 3-931327-01-9<br />
2 Integriertes Produktmodell - Von der Idee zum fertigen Produkt<br />
82 Seiten · ISBN 3-931327-02-7<br />
3 Konstruktion von Werkzeugmaschinen - Berechnung, Simulation<br />
und Optimierung<br />
110 Seiten · ISBN 3-931327-03-5<br />
4 Simulation - Einsatzmöglichkeiten und Erfahrungsberichte<br />
134 Seiten · ISBN 3-931327-04-3<br />
5 Optimierung der Kooperation in der Produktentwicklung<br />
95 Seiten · ISBN 3-931327-05-1<br />
6 Materialbearbeitung mit Laser · von der Planung zur Anwendung<br />
86 Seiten · ISBN 3-931327-76-0<br />
7 Dynamisches Verhalten von Werkzeugmaschinen<br />
80 Seiten · ISBN 3-931327-77-9<br />
8 Qualitätsmanagement · der Weg ist das Ziel<br />
130 Seiten · ISBN 3-931327-78-7<br />
9 Installationstechnik an Werkzeugmaschinen · Analysen und Konzepte<br />
120 Seiten · ISBN 3-931327-79-5<br />
10 3D-Simulation - Schneller, sicherer und kostengünstiger zum Ziel<br />
90 Seiten · ISBN 3-931327-10-8<br />
11 Unternehmensorganisation - Schlüssel für eine effiziente Produktion<br />
110 Seiten · ISBN 3-931327-11-6<br />
12 Autonome Produktionssysteme<br />
100 Seiten · ISBN 3-931327-12-4<br />
13 Planung von Montageanlagen<br />
130 Seiten · ISBN 3-931327-13-2<br />
14 Nicht erschienen – wird nicht erscheinen<br />
15 Flexible fluide Kleb/Dichtstoffe · Dosierung und Prozeßgestaltung<br />
80 Seiten · ISBN 3-931327-15-9<br />
16 Time to Market - Von der Idee zum Produktionsstart<br />
80 Seiten · ISBN 3-931327-16-7<br />
17 Industriekeramik in Forschung und Praxis - Probleme, Analysen<br />
und Lösungen<br />
80 Seiten · ISBN 3-931327-17-5<br />
18 Das Unternehmen im Internet - Chancen für produzierende<br />
Unternehmen<br />
165 Seiten · ISBN 3-931327-18-3<br />
19 Leittechnik und <strong>Info</strong>rmationslogistik - mehr Transparenz in der<br />
Fertigung<br />
85 Seiten · ISBN 3-931327-19-1<br />
20 Dezentrale Steuerungen in Produktionsanlagen - Plug & Play -<br />
Vereinfachung von Entwicklung und Inbetriebnahme<br />
105 Seiten · ISBN 3-931327-20-5<br />
21 Rapid Prototyping - Rapid Tooling - Schnell zu funktionalen<br />
Prototypen<br />
95 Seiten · ISBN 3-931327-21-3<br />
22 Mikrotechnik für die Produktion - Greifbare Produkte und<br />
Anwendungspotentiale<br />
95 Seiten · ISBN 3-931327-22-1<br />
24 EDM Engineering Data Management<br />
195 Seiten · ISBN 3-931327-24-8<br />
25 Rationelle Nutzung der Simulationstechnik - Entwicklungstrends<br />
und Praxisbeispiele<br />
152 Seiten · ISBN 3-931327-25-6<br />
26 Alternative Dichtungssysteme - Konzepte zur Dichtungsmontage und<br />
zum Dichtmittelauftrag<br />
110 Seiten · ISBN 3-931327-26-4<br />
27 Rapid Prototyping · Mit neuen Technologien schnell vom Entwurf<br />
zum Serienprodukt<br />
111 Seiten · ISBN 3-931327-27-2<br />
28 Rapid Tooling · Mit neuen Technologien schnell vom Entwurf zum<br />
Serienprodukt<br />
154 Seiten · ISBN 3-931327-28-0<br />
29 Installationstechnik an Werkzeugmaschinen · Abschlußseminar<br />
156 Seiten · ISBN 3-931327-29-9<br />
30 Nicht erschienen – wird nicht erscheinen<br />
31 Engineering Data Management (EDM) · Erfahrungsberichte und<br />
Trends<br />
183 Seiten · ISBN 3-931327-31-0<br />
32 Nicht erschienen – wird nicht erscheinen<br />
33 3D-CAD · <strong>Mehr</strong> als nur eine dritte Dimension<br />
181 Seiten · ISBN 3-931327-33-7<br />
34 Laser in der Produktion · Technologische Randbedingungen für<br />
den wirtschaftlichen Einsatz<br />
102 Seiten · ISBN 3-931327-34-5<br />
35 Ablaufsimulation · Anlagen effizient und sicher planen und betreiben<br />
129 Seiten · ISBN 3-931327-35-3<br />
36 Moderne Methoden zur Montageplanung · Schlüssel für eine<br />
effiziente Produktion<br />
124 Seiten · ISBN 3-931327-36-1<br />
37 Wettbewerbsfaktor Verfügbarkeit · Produktivitätsteigerung<br />
durch technische und organisatorische Ansätze<br />
95 Seiten · ISBN 3-931327-37-X<br />
38 Rapid Prototyping · Effizienter Einsatz von Modellen in der<br />
Produktentwicklung<br />
128 Seiten · ISBN 3-931327-38-8<br />
39 Rapid Tooling · Neue Strategien für den Werkzeug- und Formenbau<br />
130 Seiten · ISBN 3-931327-39-6<br />
40 Erfolgreich kooperieren in der produzierenden Industrie · Flexibler<br />
und schneller mit modernen Kooperationen<br />
160 Seiten · ISBN 3-931327-40-X<br />
41 Innovative Entwicklung von Produktionsmaschinen<br />
146 Seiten · ISBN 3-89675-041-0<br />
42 Stückzahlflexible Montagesysteme<br />
139 Seiten · ISBN 3-89675-042-9<br />
43 Produktivität und Verfügbarkeit · ...durch Kooperation steigern<br />
120 Seiten · ISBN 3-89675-043-7<br />
44 Automatisierte Mikromontage · Handhaben und Positionieren<br />
von Mikrobauteilen<br />
125 Seiten · ISBN 3-89675-044-5<br />
45 Produzieren in Netzwerken · Lösungsansätze, Methoden,<br />
Praxisbeispiele<br />
173 Seiten · ISBN 3-89675-045-3<br />
46 Virtuelle Produktion · Ablaufsimulation<br />
108 Seiten · ISBN 3-89675-046-1
47 Virtuelle Produktion · Prozeß- und Produktsimulation<br />
131 Seiten · ISBN 3-89675-047-X<br />
48 Sicherheitstechnik an Werkzeugmaschinen<br />
106 Seiten · ISBN 3-89675-048-8<br />
49 Rapid Prototyping · Methoden für die reaktionsfähige<br />
Produktentwicklung<br />
150 Seiten · ISBN 3-89675-049-6<br />
50 Rapid Manufacturing · Methoden für die reaktionsfähige Produktion<br />
121 Seiten · ISBN 3-89675-050-X<br />
51 Flexibles Kleben und Dichten · Produkt-& Prozeßgestaltung,<br />
Mischverbindungen, Qualitätskontrolle<br />
137 Seiten · ISBN 3-89675-051-8<br />
52 Rapid Manufacturing · Schnelle Herstellung von Klein-<br />
und Prototypenserien<br />
124 Seiten · ISBN 3-89675-052-6<br />
53 Mischverbindungen · Werkstoffauswahl, Verfahrensauswahl,<br />
Umsetzung<br />
107 Seiten · ISBN 3-89675-054-2<br />
54 Virtuelle Produktion · Integrierte Prozess- und Produktsimulation<br />
133 Seiten · ISBN 3-89675-054-2<br />
55 e-Business in der Produktion · Organisationskonzepte, IT-Lösungen,<br />
Praxisbeispiele<br />
150 Seiten · ISBN 3-89675-055-0<br />
56 Virtuelle Produktion – Ablaufsimulation als planungsbegleitendes<br />
Werkzeug<br />
150 Seiten · ISBN 3-89675-056-9<br />
57 Virtuelle Produktion – Datenintegration und Benutzerschnittstellen<br />
150 Seiten · ISBN 3-89675-057-7<br />
58 Rapid Manufacturing · Schnelle Herstellung qualitativ hochwertiger<br />
Bauteile oder Kleinserien<br />
169 Seiten · ISBN 3-89675-058-7<br />
59 Automatisierte Mikromontage · Werkzeuge und Fügetechnologien für<br />
die Mikrosystemtechnik<br />
114 Seiten · ISBN 3-89675-059-3<br />
60 Mechatronische Produktionssysteme · Genauigkeit gezielt<br />
entwickeln<br />
131 Seiten · ISBN 3-89675-060-7<br />
61 Nicht erschienen – wird nicht erscheinen<br />
62 Rapid Technologien · Anspruch – Realität – Technologien<br />
100 Seiten · ISBN 3-89675-062-3<br />
63 Fabrikplanung 2002 · Visionen – Umsetzung – Werkzeuge<br />
124 Seiten · ISBN 3-89675-063-1<br />
64 Mischverbindungen · Einsatz und Innovationspotenzial<br />
143 Seiten · ISBN 3-89675-064-X<br />
65 Fabrikplanung 2003 – Basis für Wachstum · Erfahrungen Werkzeuge<br />
Visionen<br />
136 Seiten · ISBN 3-89675-065-8<br />
66 Mit Rapid Technologien zum Aufschwung · Neue Rapid Technologien<br />
und Verfahren, Neue Qualitäten, Neue Möglichkeiten, Neue Anwendungsfelder<br />
185 Seiten · ISBN 3-89675-066-6<br />
67 Mechatronische Produktionssysteme · Die Virtuelle Werkzeugmaschine:<br />
Mechatronisches Entwicklungsvorgehen, Integrierte Modellbildung,<br />
Applikationsfelder<br />
148 Seiten · ISBN 3-89675-067-4<br />
68 Virtuelle Produktion · Nutzenpotenziale im Lebenszyklus der Fabrik<br />
139 Seiten · ISBN 3-89675-068-2<br />
69 Kooperationsmanagement in der Produktion · Visionen und Methoden<br />
zur Kooperation – Geschäftsmodelle und Rechtsformen für die Kooperation<br />
– Kooperation entlang der Wertschöpfungskette<br />
134 Seiten · ISBN 3-98675-069-0<br />
70 Mechatronik · Strukturdynamik von Werkzeugmaschinen<br />
161 Seiten · ISBN 3-89675-070-4<br />
71 Klebtechnik · Zerstörungsfreie Qualitätssicherung beim flexibel automatisierten<br />
Kleben und Dichten<br />
ISBN 3-89675-071-2 · vergriffen<br />
72 Fabrikplanung 2004 Ergfolgsfaktor im Wettbewerb · Erfahrungen –<br />
Werkzeuge – Visionen<br />
ISBN 3-89675-072-0 · vergriffen<br />
73 Rapid Manufacturing Vom Prototyp zur Produktion · Erwartungen –<br />
Erfahrungen – Entwicklungen<br />
179 Seiten · ISBN 3-89675-073-9<br />
74 Virtuelle Produktionssystemplanung · Virtuelle Inbetriebnahme und<br />
Digitale Fabrik<br />
133 Seiten · ISBN 3-89675-074-7<br />
75 Nicht erschienen – wird nicht erscheinen<br />
76 Berührungslose Handhabung · Vom Wafer zur Glaslinse, von der Kapsel<br />
zur aseptischen Ampulle<br />
95 Seiten · ISBN 3-89675-076-3<br />
77 ERP-Systeme - Einführung in die betriebliche Praxis · Erfahrungen,<br />
Best Practices, Visionen<br />
153 Seiten · ISBN 3-89675-077-7<br />
78 Mechatronik · Trends in der interdisziplinären Entwicklung von<br />
Werkzeugmaschinen<br />
155 Seiten · ISBN 3-89675-078-X<br />
79 Produktionsmanagement<br />
267 Seiten · ISBN 3-89675-079-8<br />
80 Rapid Manufacturing · Fertigungsverfahren für alle Ansprüche<br />
154 Seiten · ISBN 3-89675-080-1<br />
81 Rapid Manufacturing · Heutige Trends –<br />
Zukünftige Anwendungsfelder<br />
172 Seiten · ISBN 3-89675-081-X<br />
82 Produktionsmanagement · Herausforderung Variantenmanagement<br />
100 Seiten · ISBN 3-89675-082-8<br />
83 Mechatronik · Optimierungspotenzial der Werkzeugmaschine nutzen<br />
160 Seiten · ISBN 3-89675-083-6<br />
84 Virtuelle Inbetriebnahme · Von der Kür zur Pflicht?<br />
104 Seiten · ISBN 978-3-89675-084-6<br />
85 3D-Erfahrungsforum · Innovation im Werkzeug- und Formenbau<br />
375 Seiten · ISBN 978-3-89675-085-3<br />
86 Rapid Manufacturing · Erfolgreich produzieren durch innovative Fertigung<br />
162 Seiten · ISBN 978-3-89675-086-0<br />
87 Produktionsmanagement · Schlank im Mittelstand<br />
102 Seiten · ISBN 978-3-89675-087-7<br />
88 Mechatronik · Vorsprung durch Simulation<br />
134 Seiten · ISBN 978-3-89675-088-4<br />
89 RFID in der Produktion · Wertschöpfung effizient gestalten<br />
122 Seiten · ISBN 978-3-89675-089-1
Forschungsberichte <strong>iwb</strong><br />
herausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Gunther Reinhart und Prof. Dr.-Ing. Michael Zäh,<br />
Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften<br />
der Technischen Universität München<br />
Forschungsberichte <strong>iwb</strong> ab Band 122 sind erhältlich im Buchhandel oder beim<br />
Herbert Utz Verlag, München, Fax 089-277791-01, info@utz.de<br />
122 Schneider, Burghard<br />
Prozesskettenorientierte Bereitstellung nicht formstabiler Bauteile<br />
1999 · 183 Seiten · 98 Abb. · 14 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-559-5<br />
123 Goldstein, Bernd<br />
Modellgestützte Geschäftsprozeßgestaltung in der Produktentwicklung<br />
1999 · 170 Seiten · 65 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-546-3<br />
124 Mößmer, Helmut E.<br />
Methode zur simulationsbasierten Regelung zeitvarianter Produktionssysteme<br />
1999 · 164 Seiten · 67 Abb. · 5 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-585-4<br />
125 Gräser, Ralf-Gunter<br />
Ein Verfahren zur Kompensation temperaturinduzierter Verformungen an Industrierobotern<br />
1999 · 167 Seiten · 63 Abb. · 5 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-603-6<br />
126 Trossin, Hans-Jürgen<br />
Nutzung der Ähnlichkeitstheorie zur Modellbildung in der Produktionstechnik<br />
1999 · 162 Seiten · 75 Abb. · 11 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-614-1<br />
127 Kugelmann, Doris<br />
Aufgabenorientierte Offline-Programmierung von Industrierobotern<br />
1999 · 168 Seiten · 68 Abb. · 2 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-615-X<br />
128 Diesch, Rolf<br />
Steigerung der organisatorischen Verfügbarkeit von Fertigungszellen<br />
1999 · 160 Seiten · 69 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-618-4<br />
129 Lulay, Werner E.<br />
Hybrid-hierarchische Simulationsmodelle zur Koordination teilautonomer Produktionsstrukturen<br />
1999 · 182 Seiten · 51 Abb. · 14 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-620-6<br />
130 Murr, Otto<br />
Adaptive Planung und Steuerung von integrierten Entwicklungs- und Planungsprozessen<br />
1999 · 178 Seiten · 85 Abb. · 3 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-636-2<br />
131 Macht, Michael<br />
Ein Vorgehensmodell für den Einsatz von Rapid Prototyping<br />
1999 · 170 Seiten · 87 Abb. · 5 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-638-9<br />
132 Mehler, Bruno H.<br />
Aufbau virtueller Fabriken aus dezentralen Partnerverbünden<br />
1999 · 152 Seiten · 44 Abb. · 27 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-645-1<br />
133 Heitmann, Knut<br />
Sichere Prognosen für die Produktionsptimierung mittels stochastischer Modelle<br />
1999 · 146 Seiten · 60 Abb. · 13 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-675-3<br />
134 Blessing, Stefan<br />
Gestaltung der Materialflußsteuerung in dynamischen Produktionsstrukturen<br />
1999 · 160 Seiten · 67 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-690-7<br />
135 Abay, Can<br />
Numerische Optimierung multivariater mehrstufiger Prozesse am Beispiel der Hartbearbeitung von<br />
Industriekeramik<br />
2000 · 159 Seiten · 46 Abb. · 5 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-697-4
136 Brandner, Stefan<br />
Integriertes Produktdaten- und Prozeßmanagement in virtuellen Fabriken<br />
2000 · 172 Seiten · 61 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-715-6<br />
137 Hirschberg, Arnd G.<br />
Verbindung der Produkt- und Funktionsorientierung in der Fertigung<br />
2000 · 165 Seiten · 49 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-729-6<br />
138 Reek, Alexandra<br />
Strategien zur Fokuspositionierung beim Laserstrahlschweißen<br />
2000 · 193 Seiten · 103 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-730-X<br />
139 Sabbah, Khalid-Alexander<br />
Methodische Entwicklung störungstoleranter Steuerungen<br />
2000 · 148 Seiten · 75 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-739-3<br />
140 Schliffenbacher, Klaus U.<br />
Konfiguration virtueller Wertschöpfungsketten in dynamischen, heterarchischen Kompetenznetzwerken<br />
2000 · 187 Seiten · 70 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-754-7<br />
141 Sprenzel, Andreas<br />
Integrierte Kostenkalkulationsverfahren für die Werkzeugmaschinenentwicklung<br />
2000 · 144 Seiten · 55 Abb. · 6 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-757-1<br />
142 Gallasch, Andreas<br />
<strong>Info</strong>rmationstechnische Architektur zur Unterstützung des Wandels in der Produktion<br />
2000 · 150 Seiten · 69 Abb. · 6 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-781-4<br />
143 Cuiper, Ralf<br />
Durchgängige rechnergestützte Planung und Steuerung von automatisierten Montagevorgängen<br />
2000 · 168 Seiten · 75 Abb. · 3 Tab. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-783-0<br />
144 Schneider, Christian<br />
Strukturmechanische Berechnungen in der Werkzeugmaschinenkonstruktion<br />
2000 · 180 Seiten · 66 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-789-X<br />
145 Jonas, Christian<br />
Konzept einer durchgängigen, rechnergestützten Planung von Montageanlagen<br />
2000 · 183 Seiten · 82 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-870-5<br />
146 Willnecker, Ulrich<br />
Gestaltung und Planung leistungsorientierter manueller Fließmontagen<br />
2001 · 175 Seiten · 67 Abb. · broschiert · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-89675-891-8<br />
147 Lehner, Christof<br />
Beschreibung des Nd:Yag-Laserstrahlschweißprozesses von Magnesiumdruckguss<br />
2001 · 205 Seiten · 94 Abb. · 24 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0004-X<br />
148 Rick, Frank<br />
Simulationsgestützte Gestaltung von Produkt und Prozess am Beispiel Laserstrahlschweißen<br />
2001 · 145 Seiten · 57 Abb. · 2 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0008-2<br />
149 Höhn, Michael<br />
Sensorgeführte Montage hybrider Mikrosysteme<br />
2001 · 171 Seiten · 74 Abb. · 7 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0012-0<br />
150 Böhl, Jörn<br />
Wissensmanagement im Klein- und mittelständischen Unternehmen der Einzel- und Kleinserienfertigung<br />
2001 · 179 Seiten · 88 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0020-1<br />
151 Bürgel, Robert<br />
Prozessanalyse an spanenden Werkzeugmaschinen mit digital geregelten Antrieben<br />
2001 · 185 Seiten · 60 Abb. · 10 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0021-X<br />
152 Stephan Dürrschmidt<br />
Planung und Betrieb wandlungsfähiger Logistiksysteme in der variantenreichen Serienproduktion<br />
2001 · 914 Seiten · 61 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0023-6<br />
153 Bernhard Eich<br />
Methode zur prozesskettenorientierten Planung der Teilebereitstellung<br />
2001 · 132 Seiten · 48 Abb. · 6 Tabellen · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0028-7
154 Wolfgang Rudorfer<br />
Eine Methode zur Qualifizierung von produzierenden Unternehmen für Kompetenznetzwerke<br />
2001 · 207 Seiten · 89 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0037-6<br />
155 Hans Meier<br />
Verteilte kooperative Steuerung maschinennaher Abläufe<br />
2001 · 162 Seiten · 85 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0044-9<br />
156 Gerhard Nowak<br />
<strong>Info</strong>rmationstechnische Integration des industriellen Service in das Unternehmen<br />
2001 · 203 Seiten · 95 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0055-4<br />
157 Martin Werner<br />
Simulationsgestützte Reorganisation von Produktions- und Logistikprozessen<br />
2001 · 191 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0058-9<br />
158 Bernhard Lenz<br />
Finite Elemente-Modellierung des Laserstrahlschweißens für den Einsatz in der Fertigungsplanung<br />
2001 · 150 Seiten · 47 Abb. · 5 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0094-5<br />
159 Stefan Grunwald<br />
Methode zur Anwendung der flexiblen integrierten Produktentwicklung und Montageplanung<br />
2002 · 206 Seiten · 80 Abb. · 25 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0095-3<br />
160 Josef Gartner<br />
Qualitätssicherung bei der automatisierten Applikation hochviskoser Dichtungen<br />
2002 · 165 Seiten · 74 Abb. · 21 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0096-1<br />
161 Wolfgang Zeller<br />
Gesamtheitliches Sicherheitskonzept für die Antriebs- und Steuerungstechnik bei Werkzeugmaschinen<br />
2002 · 192 Seiten · 54 Abb. · 15 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0100-3<br />
162 Michael Loferer<br />
Rechnergestützte Gestaltung von Montagesystemen<br />
2002 · 178 Seiten · 80 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0118-6<br />
163 Jörg Fährer<br />
Ganzheitliche Optimierung des indirekten Metall-Lasersinterprozesses<br />
2002 · 176 Seiten · 69 Abb. · 13 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0124-0<br />
164 Jürgen Höppner<br />
Verfahren zur berührungslosen Handhabung mittels leistungsstarker Schallwandler<br />
2002 · 132 Seiten · 24 Abb. · 3 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0125-9<br />
165 Hubert Götte<br />
Entwicklung eines Assistenzrobotersystems für die Knieendoprothetik<br />
2002 · 258 Seiten · 123 Abb. · 5 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0126-7<br />
166 Martin Weißenberger<br />
Optimierung der Bewegungsdynamik von Werkzeugmaschinen im rechnergestützten Entwicklungsprozess<br />
2002 · 210 Seiten · 86 Abb. · 2 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0138-0<br />
167 Dirk Jacob<br />
Verfahren zur Positionierung unterseitenstrukturierter Bauelemente in der Mikrosystemtechnik<br />
2002 · 200 Seiten · 82 Abb. · 24 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0142-9<br />
168 Ulrich Roßgoderer<br />
System zur effizienten Layout- und Prozessplanung von hybriden Montageanlagen<br />
2002 · 175 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0154-2<br />
169 Robert Klingel<br />
Anziehverfahren für hochfeste Schraubenverbindungen auf Basis akustischer Emissionen<br />
2002 · 164 Seiten · 89 Abb. · 27 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0174-7<br />
170 Paul Jens Peter Ross<br />
Bestimmung des wirtschaftlichen Automatisierungsgrades von Montageprozessen in der frühen Phase der<br />
Montageplanung<br />
2002 · 144 Seiten · 38 Abb. · 38 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0191-7<br />
171 Stefan von Praun<br />
Toleranzanalyse nachgiebiger Baugruppen im Produktentstehungsprozess<br />
2002 · 250 Seiten · 62 Abb. · 7 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0202-6
172 Florian von der Hagen<br />
Gestaltung kurzfristiger und unternehmensübergreifender Engineering-Kooperationen<br />
2002 · 220 Seiten · 104 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0208-5<br />
173 Oliver Kramer<br />
Methode zur Optimierung der Wertschöpfungskette mittelständischer Betriebe<br />
2002 · 212 Seiten · 84 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0211-5<br />
174 Winfried Dohmen<br />
Interdisziplinäre Methoden für die integrierte Entwicklung komplexer mechatronischer Systeme<br />
2002 · 200 Seiten · 67 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0214-X<br />
175 Oliver Anton<br />
Ein Beitrag zur Entwicklung telepräsenter Montagesysteme<br />
2002 · 158 Seiten · 85 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0215-8<br />
176 Welf Broser<br />
Methode zur Definition und Bewertung von Anwendungsfeldern für Kompetenznetzwerke<br />
2002 · 224 Seiten · 122 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0217-4<br />
177 Frank Breitinger<br />
Ein ganzheitliches Konzept zum Einsatz des indirekten Metall-Lasersinterns für das Druckgießen<br />
2003 · 156 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0227-1<br />
178 Johann von Pieverling<br />
Ein Vorgehensmodell zur Auswahl von Konturfertigungsverfahren für das Rapid Tooling<br />
2003 · 163 Seiten · 88 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0230-1<br />
179 Thomas Baudisch<br />
Simulationsumgebung zur Auslegung der Bewegungsdynamik des mechatronischen Systems Werkzeugmaschine<br />
2003 · 190 Seiten · 67 Abb. · 8 Tab. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0249-2<br />
180 Heinrich Schieferstein<br />
Experimentelle Analyse des menschlichen Kausystems<br />
2003 · 132 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0251-4<br />
181 Joachim Berlak<br />
Methodik zur strukturierten Auswahl von Auftragsabwicklungssystemen<br />
2003 · 244 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0258-1<br />
182 Christian Meierlohr<br />
Konzept zur rechnergestützten Integration von Produktions- und Gebäudeplanung in der Fabrikgestaltung<br />
2003 · 181 Seiten · 84 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0292-1<br />
183 Volker Weber<br />
Dynamisches Kostenmanagement in kompetenzzentrierten Unternehmensnetzwerken<br />
2004 · 210 Seiten · 64 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0330-8<br />
184 Thomas Bongardt<br />
Methode zur Kompensation betriebsabhängiger Einflüsse auf die Absolutgenauigkeit von Industrierobotern<br />
2004 · 170 Seiten · 40 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0332-4<br />
185 Tim Angerer<br />
Effizienzsteigerung in der automatisierten Montage durch aktive Nutzung mechatronischer<br />
Produktkomponenten<br />
2004 · 180 Seiten · 67 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0336-7<br />
186 Alexander Krüger<br />
Planung und Kapazitätsabstimmung stückzahlflexibler Montagesysteme<br />
2004 · 197 Seiten · 83 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0371-5<br />
187 Matthias Meindl<br />
Beitrag zur Entwicklung generativer Fertigungsverfahren für das Rapid Manufacturing<br />
2005 · 222 Seiten · 97 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0465-7<br />
188 Thomas Fusch<br />
Betriebsbegleitende Prozessplanung in der Montage mit Hilfe der Virtuellen Produktion<br />
am Beispiel der Automobilindustrie<br />
2005 · 190 Seiten · 99 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0467-3
189 Thomas Mosandl<br />
Qualitätssteigerung bei automatisiertem Klebstoffauftrag durch den Einsatz optischer Konturfolgesysteme<br />
2005 · 182 Seiten · 58 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0471-1<br />
190 Christian Patron<br />
Konzept für den Einsatz von Augmented Reality in der Montageplanung<br />
2005 · 150 Seiten · 61 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0474-6<br />
191 Robert Cisek<br />
Planung und Bewertung von Rekonfigurationsprozessen in Produktionssystemen<br />
2005 · 200 Seiten · 64 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0475-4<br />
192 Florian Auer<br />
Methode zur Simulation des Laserstrahlschweißens unter Berücksichtigung der Ergebnisse vorangegangener<br />
Umformsimulationen<br />
2005 · 160 Seiten · 65 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0485-1<br />
193 Carsten Selke<br />
Entwicklung von Methoden zur automatischen Simulationsmodellgenerierung<br />
2005 · 137 Seiten · 53 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0495-9<br />
194 Markus Seefried<br />
Simulation des Prozessschrittes der Wärmebehandlung beim Indirekten-Metall-Lasersintern<br />
2005 · 216 Seiten · 82 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0503-3<br />
195 Wolfgang Wagner<br />
Fabrikplanung für die standortübergreifende Kostensenkung bei marktnaher Produktion<br />
2006 · 208 Seiten · 43 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0586-6<br />
196 Christopher Ulrich<br />
Erhöhung des Nutzungsgrades von Laserstrahlquellen durch <strong>Mehr</strong>fach-Anwendungen<br />
2006 · 178 Seiten · 74 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0590-4<br />
197 Johann Härtl<br />
Prozessgaseinfluss beim Schweißen mit Hochleistungsdiodenlasern<br />
2006 · 140 Seiten · 55 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0611-0<br />
198 Bernd Hartmann<br />
Die Bestimmung des Personalbedarfs für den Materialfluss in Abhängigkeit von Produktionsfläche und -menge<br />
2006 · 208 Seiten · 105 Abb. · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0615-3<br />
199 Michael Schilp<br />
Auslegung und Gestaltung von Werkzeugen zum berührungslosen Greifen kleiner Bauteile in der Mikromontage<br />
2006 · 130 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0631-5<br />
200 Florian Manfred Grätz<br />
Teilautomatische Generierung von Stromlauf- und Fluidplänen für mechatronische Systeme<br />
2006 · 192 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0643-9<br />
201 Dieter Eireiner<br />
Prozessmodelle zur statischen Auslegung von Anlagen für das Friction Stir Welding<br />
2006 · 214 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 3-8316-0650-1<br />
202 Gerhard Volkwein<br />
Konzept zur effizienten Bereitstellung von Steuerungsfunktionalität für die NC-Simulation<br />
2007 · 192 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0668-9<br />
203 Sven Roeren<br />
Komplexitätsvariable Einflussgrößen für die bauteilbezogene Struktursimulation thermischer Fertigungsprozesse<br />
2007 · 224 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0680-1<br />
204 Henning Rudolf<br />
Wissensbasierte Montageplanung in der Digitalen Fabrik am Beispiel der Automobilindustrie<br />
2007 · 200 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0697-9<br />
205 Stella Clarke-Griebsch<br />
Overcoming the Network Problem in Telepresence Systems with Prediction and Inertia<br />
2007 · 150 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0701-3<br />
206 Michael Ehrenstraßer<br />
Sensoreinsatz in der telepräsenten Mikromontage<br />
2008 · 160 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0743-3
207 Rainer Schack<br />
Methodik zur bewertungsorientierten Skalierung der Digitalen Fabrik<br />
2008 · 248 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0748-8<br />
208 Wolfgang Sudhoff<br />
Methodik zur Bewertung standortübergreifender Mobilität in der Produktion<br />
2008 · 276 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0749-5<br />
209 Stefan Müller<br />
Methodik für die entwicklungs- und planungsbegleitende Generierung und Bewertung von Produktionsalternativen<br />
2008 · 240 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0750-1<br />
210 Ulrich Kohler<br />
Methodik zur kontinuierlichen und kostenorientierten Planung produktionstechnischer Systeme<br />
2008 · 232 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0753-2<br />
211 Klaus Schlickenrieder<br />
Methodik zur Prozessoptimierung beim automatisierten elastischen Kleben großflächiger Bauteile<br />
2008 · 204 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0776-1<br />
212 Niklas Möller<br />
Bestimmung der Wirtschaftlichkeit wandlungsfähiger Produktionssysteme<br />
2008 · 260 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0778-5<br />
213 Daniel Siedl<br />
Simulation des dynamischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen während Verfahrbewegungen<br />
2008 · 200 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0779-2<br />
214 Dirk Ansorge<br />
Auftragsabwicklung in heterogenen Produktionsstrukturen mit spezifischen Planungsfreiräumen<br />
2008 · 146 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0785-3<br />
215 Georg Wünsch<br />
Methoden für die virtuelle Inbetriebnahme automatisierter Produktionssysteme<br />
2008 · 224 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0795-2<br />
216 Thomas Oertli<br />
Strukturmechanische Berechnung und Regelungssimulation von Werkzeugmaschinen mit elektromechanischen<br />
Vorschubantrieben<br />
2008 · 194 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0798-3<br />
217 Bernd Petzold<br />
Entwicklung eines Operatorarbeitsplatzes für die telepräsente Mikromontage<br />
2008 · 234 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0805-8<br />
218 Loucas Papadakis<br />
Simulation of the Structural Effects of Welded Frame Assemblies in Manufacturing Process Chains<br />
2008 · 260 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0813-3<br />
219 Mathias Mörtl<br />
Ressourcenplanung in der variantenreichen Fertigung<br />
2008 · 210 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0820-1<br />
220 Sebastian Weig<br />
Konzept eines integrierten Risikomanagements für die Ablauf- und Strukturgestaltung in<br />
Fabrikplanungsprojekten<br />
2008 · 232 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0823-2<br />
221 Tobias Hornfeck<br />
Laserstrahlbiegen komplexer Aluminiumstrukturen für Anwendungen in der Luftfahrtindustrie<br />
2008 · 150 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0826-3<br />
222 Hans Egermeier<br />
Entwicklung eines Virtual-Reality-Systems für die Montagesimulation mit kraftrückkoppelnden Handschuhen<br />
2008 · 210 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0833-1<br />
223 Matthäus Sigl<br />
Ein Beitrag zur Entwicklung des Elektronenstrahlsinterns<br />
2008 · 185 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0841-6
224 Mark Harfensteller<br />
Eine Methodik zur Entwicklung und Herstellung von Radiumtargets<br />
2009 · 196 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0849-8<br />
225 Jochen Werner<br />
Methode zur roboterbasierten förderbandsynchronen Fließmontage am Beispiel der Automobilindustrie<br />
2009 · 210 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0857-7<br />
226 Florian Hagemann<br />
Ein formflexibles Werkzeug für das Rapid Tooling beim Spritzgießen<br />
2009 · 226 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0861-4<br />
227 Haitham Rashidy<br />
Knowledge-based quality control in manufacturing processes with application to the automotive industry<br />
2009 · 212 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0862-1<br />
228 Wolfgang Vogl<br />
Eine interaktive räumliche Benutzerschnittstelle für die Programmierung von Industrierobotern<br />
2009 · 200 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0869-0<br />
229 Sonja Schedl<br />
Integration von Anforderungsmanagement in den mechatronischen Entwicklungsprozess<br />
2009 · 160 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0874-4<br />
230 Andreas Trautmann<br />
Bifocal Hybrid Laser Welding – A Technology for Welding of Aluminium and Zinc-Coated Steels<br />
2009 · 268 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0876-8<br />
231 Patrick Neise<br />
Managing Quality and Delivery Reliability of Suppliers by Using Incentives and Simulation Models<br />
2009 · 224 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0878-2<br />
232 Christian Habicht<br />
Einsatz und Auslegung zeitfensterbasierter Planungssysteme in überbetrieblichen Wertschöpfungsketten<br />
2009 · 200 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0891-1<br />
233 Michael Spitzweg<br />
Methode und Konzept für den Einsatz eines physikalischen Modells in der Entwicklung von Produktionsanlagen<br />
2009 · 180 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0931-4<br />
234 Ulrich Munzert<br />
Bahnplanungsalgorithmen für das robotergestützte Remote-Laserstrahlschweißen<br />
2010 · 176 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · ISBN 978-3-8316-0948-2<br />
235 Georg Völlner<br />
Rührreibschweißen mit Schwerlast-Industrierobotern<br />
2010 · 232 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-0955-0<br />
236 Nils Müller<br />
Modell für die Beherrschung und Reduktion von Nachfrageschwankungen<br />
2010 · 270 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-0992-5<br />
237 Franz Decker<br />
Unternehmensspezifische Strukturierung der Produktion als permanente Aufgabe<br />
2010 · 180 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-0996-3<br />
238 Christian Lau<br />
Methodik für eine selbstoptimierende Produktionssteuerung<br />
2010 · 200 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4012-6<br />
239 Christoph Rimpau<br />
Wissensbasierte Risikobewertung in der Angebotskalkulation für hochgradig individualisierte Produkte<br />
2010 · 200 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4015-7<br />
240 Michael Loy<br />
Modulare Vibrationswendelförderer zur flexiblen Teilezuführung<br />
2010 · 169 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4027-0<br />
241 Andreas Eursch<br />
Konzept eines immersiven Assistenzsystems mit Augmented Reality zur Unterstützung manueller Aktivitäten in<br />
radioaktiven Produktionsumgebungen<br />
2010 · 205 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4029-4
242 Florian Schwarz<br />
Simulation der Wechselwirkungen zwischen Prozess und Struktur bei der Drehbearbeitung<br />
2010 · 256 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4030-0<br />
243 Martin Georg Prasch<br />
Integration leistungsgewandelter Mitarbeiter in die variantenreiche Serienmontage<br />
2010 · 261 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4033-1<br />
244 Johannes Schilp<br />
Adaptive Montagesysteme für hybride Mikrosysteme unter Einsatz von Telepräsenz<br />
2011 · 160 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4063-8<br />
245 Stefan Lutzmann<br />
Beitrag zur Prozessbeherrschung des Elektronenstrahlschmelzens<br />
2011 · 222 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4070-6<br />
246 Gregor Branner<br />
Modellierung transienter Effekte in der Struktursimulation von Schichtbauverfahren<br />
2011 · 230 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4071-3<br />
247 Josef Ludwig Zimmermann<br />
Eine Methodik zur Gestaltung berührungslos arbeitender Handhabungssysteme<br />
2011 · 184 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4091-1<br />
248 Clemens Pörnbacher<br />
Modellgetriebene Entwicklung der Steuerungssoftware automatisierter Fertigungssysteme<br />
2011 · 280 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4108-6<br />
249 Alexander Lindworsky<br />
Teilautomatische Generierung von Simulationsmodellen für den entwicklungsbegleitenden Steuerungstest<br />
2011 · 300 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4125-3<br />
250 Michael Mauderer<br />
Ein Beitrag zur Planung und Entwicklung von rekonfigurierbaren mechatronischen Systemen –<br />
am Beispiel von starren Fertigungssystemen<br />
2011 · 150 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4126-0<br />
251 Roland Mork<br />
Qualitätsbewertung und -regelung für die Fertigung von Karosserieteilen in Presswerken<br />
auf Basis Neuronaler Netze<br />
2011 · 220 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4127-7<br />
252 Florian Reichl<br />
Methode zum Management der Kooperation von Fabrik- und Technologieplanung<br />
2011 · 220 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4128-4<br />
253 Paul Gebhard<br />
Dynamisches Verhalten von Werkzeugmaschinen bei Anwendung für das Rührreibschweißen<br />
2011 · 220 Seiten · 20,5 x 14,5 cm · 978-3-8316-4129-1