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Veredelung von Dichtflächen mit ... - ISGATEC GmbH

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Berger/Kiefer (Hrsg.)<br />

DICHTUNGS<br />

TECHNIK<br />

JAHRBUCH 2013


<strong>Veredelung</strong> <strong>von</strong> <strong>Dichtflächen</strong> <strong>mit</strong> Plasmatechnologie<br />

<strong>Veredelung</strong> <strong>von</strong> <strong>Dichtflächen</strong> <strong>mit</strong><br />

Plasmatechnologie<br />

Bei der Auswahl eines Dichtwerkstoffes für einen spezifischen Anwendungsfall<br />

sind nicht nur die Volumeneigenschaften wie Dichte, Festigkeit, Elastizität<br />

oder auch thermische Stabilität, sondern auch die Oberflächeneigenschaften<br />

<strong>von</strong> entscheidender Bedeutung. Es kann nun vorkommen, dass nicht alle Anforderungen<br />

gleichzeitig durch geeignete Wahl eines Volumenwerkstoffes erfüllt<br />

werden können. Hinzu kommt, dass durch die Wahl eines hochwertigen<br />

Volumenwerkstoffes häufig der Preis des Bauteils unverhältnismäßig in die<br />

Höhe getrieben wird, bestimmte Eigenschaften aber nur an der Oberfläche benötigt<br />

werden. An dieser Stelle greifen die Oberflächentechnologien an.<br />

Es gibt nun viele Methoden, Oberflächen <strong>mit</strong> definierten Eigenschaften zu<br />

versehen. Eine da<strong>von</strong> ist die Niederdruck-Plasmatechnik. Diese wird schon<br />

seit längerer Zeit <strong>mit</strong> Erfolg in der Feinstreinigung, Kunststoffaktivierung und<br />

Beschichtungstechnik eingesetzt. Vor allem Letzteres soll nachfolgend näher<br />

beleuchtet werden.<br />

Plasma – der „heiß-kalte“ Aggregatzustand<br />

In einem konventionellen Gas nimmt die Anzahl der reaktiven Spezies<br />

(Ionen, Elektronen, angeregte Moleküle, Molekülfragmente etc.) <strong>mit</strong> der<br />

Temperatur zu. Diese Eigenschaft wird nutzbringend in der CVD (Chemical<br />

Vapour Deposition) zur Abscheidung dünner Schichten eingesetzt. Dabei<br />

wird reaktives Gas über eine heiße zu beschichtende Fläche geleitet. Durch<br />

thermisch angeregte Reaktionen an der Oberfläche bildet sich aus den Prozessgasen<br />

eine Beschichtung. Bei geeigneter Wahl der Gase können dabei<br />

Schichten unterschiedlichster Zusammensetzung und Eigenschaften hergestellt<br />

werden. Die Einsatzmöglichkeiten dieser klassischen CVD sind allerdings<br />

durch die benötigten hohen Bauteiltemperaturen, die i.d.R. mehrere<br />

Hundert °C übersteigen, stark eingeschränkt. So bleibt dieser Technologie<br />

die Beschichtung <strong>von</strong> Kunststoffen und Elastomeren verschlossen. Was<br />

tun? Die Physik der Gasentladungen (Niederdruck-Plasmen) weist in die-<br />

<br />

Plasma Electronic <strong>GmbH</strong>, www.plasma-electronic.de<br />

397


398 Be- und Verarbeitung<br />

sem Fall den Weg [1]. In elektrisch<br />

getriebenen Plasmen wird ein Teil<br />

des Gases ionisiert, d.h. <strong>von</strong> den<br />

Gas atomen oder Molekülen werden<br />

Elektronen abgespalten. Elektronen<br />

sind im Vergleich zu Ionen, Atomen<br />

oder Molekülen sehr viel leichter<br />

und beweglicher, wodurch sie deutlich<br />

mehr elektrische Energie aufnehmen<br />

können. Im Vakuum ist die<br />

freie Weglänge der Ladungsträger<br />

>>1: Schematische Darstellung der nun derart erhöht, dass die Elektro-<br />

Elektronentemperatur (T ) und der Ionentemnen ihre Energie nur noch in gerin-<br />

e<br />

peratur (T ) im Plasma als Funktion des gem Maße <strong>mit</strong> den Ionen oder Mole-<br />

i<br />

Prozessdrucks<br />

külen austauschen. Dies führt zu<br />

einem Nichtgleichgewichtszustand,<br />

in dem die Elektronen „heißer“ (mehrere Tausend °C) sind als der Rest des<br />

sonst „kalten“ Gases >>1.<br />

Die Elektronen sind nun aber genau diejenige Spezies, die chemische Reaktionen<br />

antreiben können. Die Temperatur des Werkstückes dagegen wird<br />

durch Stöße <strong>mit</strong> den schweren Gasmolekülen oder Ionen bestimmt. Diesem<br />

Umstand ist es zu verdanken, dass bei der PECVD (Plasma Enhanced CVD)<br />

Abscheidungsprozesse auf „kalten“ Werkstücken möglich werden, die der<br />

herkömmlichen CVD gar nicht oder nur bei mehreren Hundert °C zugänglich<br />

sind. Des Weiteren werden die Werkstücke im Plasma je nach zugeführter<br />

Leistung und Position in der Beschichtungskammer mehr oder weniger<br />

stark <strong>mit</strong> Ionen beschossen, wodurch sich die Schichteigenschaften<br />

gezielt beeinflussen lassen. Einen weiteren Vorteil bietet die Plasmatechnik<br />

dadurch, dass die der Beschichtung vorgeschaltete Feinstreinigung ebenfalls<br />

durch Plasma im selben Zyklus durchgeführt werden kann.<br />

Die technische Realisierung<br />

Ausgedehnte Nichtgleichgewichts-Plasmen bilden sich typischerweise in<br />

einem Druckbereich <strong>von</strong> 0,1 bis 100 Pa. Dadurch wird der Einsatz <strong>von</strong> Vakuumtechnik<br />

erforderlich. Über einen oder mehrere Gaskanäle werden<br />

während des Prozesses kontinuierlich frische Prozessgase in die Kammer<br />

geleitet und gleichzeitig <strong>mit</strong> Hilfe eines Vakuumpumpsystems verbrauchte


2: Prinzipieller Aufbau einer Plasma-Anlage<br />

<strong>Veredelung</strong> <strong>von</strong> <strong>Dichtflächen</strong> <strong>mit</strong> Plasmatechnologie<br />

Gase abgesaugt. Die Gasentladung wird gezündet und <strong>mit</strong> elektrischer<br />

Energie versorgt >>2men<br />

als DC-, Hochfrequenz- oder Mikrowellenplasmen bezeichnet. Sie unterscheiden<br />

sich vornehmlich durch Dichte und Temperatur der Elektronen<br />

im Plasma. Kammer- und Elektrodenkonfigurationen sind unter Berücksichtigung<br />

der physikalischen Gesetze in einem weiten Bereich wählbar. Zur<br />

Plasma-Aktivierung (kurzzeitige Erhöhung der Oberflächenenergie) oder<br />

Plasma-Reinigung werden Sauerstoff, Stickstoff oder auch Edelgase und<br />

Gasgemische verwendet. Leitet man nun aber weitere Gase in die Vakuumkammer,<br />

so können unter gezielter Steuerung der Prozessparameter stabile<br />

Plasmaschichten <strong>mit</strong> definierten Eigenschaften abgeschieden werden. Die<br />

Härte und Elastizität dieser Schichten sind in einem weiten Bereich <strong>von</strong> silikonartig<br />

bis diamantartig durch die Wahl geeigneter Prozessparameter frei<br />

wählbar [2]. Die in der Dichtungstechnik seit langer Zeit eingesetzte<br />

Lipocer © -Schicht weist eine hydrophobe, schmutzabweisende Oberfläche<br />

<strong>mit</strong> niedrigem Gleitreibungskoeffizienten auf. Das Pendant dazu bietet das<br />

Schichtsystem Aquacer © , welches für hydrophile Anwendungen geeignet<br />

ist.<br />

Plasma-Polymerschichten auf Elastomer-Dichtelementen<br />

Elastomere wie NBR, EPDM oder TPEs werden in der Dichtungstechnik vornehmlich<br />

wegen ihrer hohen Flexibilität eingesetzt. Diese Volumeneigenschaft<br />

führt zu den sehr guten Dichtungsergebnissen. Leider haben fast alle<br />

399


400 Be- und Verarbeitung<br />

Elastomere eine hohe Klebeneigung und einen hohen Reibungskoeffizienten<br />

zu Metallen, Kunststoffen und Keramiken. Dies führt zu vielerlei Problemen:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die klassische Lösung dieser Probleme ist wohlbekannt und steckt in der<br />

Verwendung sich verbrauchender Schmier- bzw. Trenn<strong>mit</strong>tel, wobei diese<br />

sowohl als Beimischung im Elastomer Verwendung finden, als auch nachträglich<br />

aufgebracht werden. Schmier<strong>mit</strong>tel sind i.d.R. kostengünstig und<br />

lösen das Problem zuverlässig. Allerdings haben Schmier<strong>mit</strong>tel auch Nachteile.<br />

Sie durchlaufen häufig eine zeitabhängige Zersetzung/Umwandlung<br />

(Alterung), das zu dichtende Medium wird verunreinigt (Kontamination) und<br />

sie sind meist weniger temperaturstabil als der Dichtwerkstoff selbst.<br />

Eine weitere Alternative bilden Gleitlacke, die haftfest auf das Polymer aufgebracht<br />

werden. Für eine dauerhafte Verbindung ist oftmals eine Plasma-<br />

Aktivierung unerlässlich, da sowohl die Elastomere als auch die Gleitlacke<br />

stark hydrophob sind und sich deshalb nicht benetzen. Die Gleitlacke sind<br />

i.d.R. einige Mikrometer dick und verbrauchen sich während der Anwendung.<br />

Für Verschleißanwendungen sind diese meist sehr gut geeignet, beeinträchtigen<br />

allerdings durch ihre Dicke die Dichtungseigenschaften.<br />

Eine dritte Möglichkeit bieten nun dünne Lipocer © -Plasmaschichten, die<br />

durch ihre geringe Dicke <strong>von</strong> nur einigen hundert Nanometern weniger Einfluss<br />

auf die Dichtungseigenschaften haben als Gleitlacke. Dotierte Kohlenwasserstoffschichten<br />

sind dabei in den meisten Fällen deutlich temperaturstabiler<br />

als der Grundwerkstoff und weisen eine hervorragende Haftung auf.<br />

Dabei ist der Gesamtprozess in drei Teilschritte untergliedert:<br />

<br />

<br />

<br />

Die Einzelschritte erfolgen in einer Anlage durch automatische Änderung<br />

der Prozessparameter (Gase, Leistung etc.).


<strong>Veredelung</strong> <strong>von</strong> <strong>Dichtflächen</strong> <strong>mit</strong> Plasmatechnologie<br />

>>3: Unbeschichtete (links) und beschichtete (rechts) Elastomerdichtung eines Schnellschaltventils<br />

(Durchmesser ca. 2 mm)<br />

Selbstverständlich ist die Plasma-Beschichtung kein Allheil<strong>mit</strong>tel und ein<br />

Großteil der Oberflächenproblematik wird auch in Zukunft noch <strong>mit</strong> Schmier<strong>mit</strong>teln<br />

oder Gleitlacken gelöst werden. Allerdings zeigen sich u.a. folgende<br />

Anwendungen, bei denen die Plasma-Beschichtungen eindeutig Vorteile<br />

haben:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Zwei dieser Anwendungen zeigen >>3/4. Prinzipiell kann die Beschichtung<br />

auf Fertigteilen oder auf Halbzeugen erfolgen. Kleinere Teile wie O-Ringe<br />

können in einer Trommel und Flachdichtungen können einseitig auf der<br />

Elektrode beschichtet werden. Dabei ist es unerheblich, ob die schon ausgestanzten<br />

Dichtelemente oder die Ausgangsmembranen verwendet werden,<br />

aus denen dann die eigentlichen Bauteile ausgestanzt werden. Allgemein<br />

muss man auf die „freie Sicht“ des Plasmas auf die zu beschichtende<br />

Fläche achten.<br />

Hart-Kohlenstoffschichten auf Keramik- und Metallteilen<br />

Metalle und Keramiken werden vornehmlich bei <strong>Dichtflächen</strong> eingesetzt,<br />

die korrosionsfest, verschleiß- und hitzebeständig sein müssen. Stähle haben<br />

dabei gerade in der chemischen Technik den Nachteil, dass sie dennoch<br />

relativ schnell angegriffen werden. Sowohl Stähle als auch Keramiken<br />

401


402 Be- und Verarbeitung<br />

>>4: Plasma-beschichtete Elemente <strong>von</strong><br />

Sicherheitsventilen für Dampfanwendungen<br />

unterliegen einer relativ hohen Reibung und verschmutzen schnell. Hochwertige<br />

Keramiken wie SiC, die bei diesen Anforderungen besser abschneiden,<br />

verursachen hohe Kosten.<br />

Diamantartige Kohlenstoffschichten (DLC – Diamond Like Carbon) sind geeignet,<br />

solche <strong>Dichtflächen</strong> zu veredeln. Sie sind extrem korrosionsfest, inert<br />

gegenüber praktisch allen bekannten Säuren, Laugen und Organika, hart<br />

und zeigen unter bestimmten Bedingungen extrem niedrige Reibwerte [3].<br />

Diese Eigenschaften machen sie zum idealen Werkzeug für Ventilelemente,<br />

die Verschleiß und chemischem Angriff ausgesetzt sind. Durch ihre Härte<br />

und antiadhäsive Wirkung finden sie Anwendung in Lack fördernden Pumpen<br />

und Spritzpistolen, Rohöl führenden Elementen, Dichtungsscheiben für<br />

Einhandmischer und Gleitringdichtungen >>5.<br />

Literatur<br />

>>5: Diverse DLC-beschichtete <strong>Dichtflächen</strong><br />

– Kupplungshülsen, Keramikscheiben,<br />

Auswerfer (Bilder: Plasma Electronic <strong>GmbH</strong>)<br />

[1] Chapman, B.N.: Glow Discharge Processes: Sputtering and Plasma Etching, JOHN WILEY &<br />

SONS, New York (1989)<br />

[2] d’Agostino, R. (Editor): Plasma Deposition, Treatment, and Etching of Polymers Academic<br />

Press, Inc., San Diego (1990)<br />

[3] Robertson, J. (Editor): Diamond-like Amorphous Carbon Materials Science and Engineering<br />

R 37, 129 (2002)

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