eine schöner Text über Kater Zacharias und sein Leben in der ...

Ich darf mich kurz vorstellen:
Zacharias werde ich genannt.
Seit Oktober 2006 – natürlich einem Freitag, den
13. – bin ich in der Schmiede der Abtei Königsmünster
eingezogen. Ein gutes Einzugsdatum für
eine schwarze Katze! Als ich ankam, war ich 20
Wochen alt, ein kleines schwarzes Wollknäuel, das
in der Hand eines ausgewachsenen Menschen gut
seinen bequemen Platz fand. Heute wiege ich gute
7 Kilo und bin ein stattlicher Kater geworden. Ich
gehöre zur edlen Rasse der wilden, amerikanischen
Waldkatzen, in Fachkreisen „Maine Coon“ genannt.
Wir leben normalerweise in dem Gebiet zwischen
Kanada und den USA. Doch meine Familie hat es
nach Belecke verschlagen. Ich bin also ein echter
Sauerländer mit quasi internationalem Einschlag.
Für beide Regionen ist es allerdings gut, dass man
einen dicken Pelz hat, wenn die Temperaturen im
Winter fallen und es kalt wird. Ich kann dann ganz
einschneien, und mein dichtes Fell isoliert so gut,
dass die Schneeflocken drauf liegen bleiben. Ich
werde dann eine „Katze im Schneepelz“ und sehe
aus, wie ein Unschuldslamm, was meinen Jagd-
aktivitäten sehr zuträglich ist. Schwarz ist im Winter-weiß doch sehr
auffällig. Gerne und ausdauernd sitze ich zu jeder Jahreszeit vor dem
Hang gegen-über der Schmiede oder vor der Marienfigur im Klosterpark,
denn dort sind die Mäuseaufkommen recht hoch. Wenn er mich da sieht,
denkt Abraham immer, ich würde eine Maiandacht vor dem from-men
Bild halten. Lassen wir ihn in dem Glauben. Katzen sind zwar insgesamt
sehr spirituelle Tiere, aber sie leben das nicht so wie Menschen.
Abraham ist übrigens als Mönch der Schmiede auch für mich und
vor allem für meinen Service zuständig. Die Menschen sagen immer, ich
würde ihm gehören, aber aus Katzensicht interpretiert man diese
Zusammenhänge doch anders. Da ich ein echter Klosterkater bin, lege
ich äußersten Wert auf Pünktlichkeit mit dem Glockenschlag! Daher
bekomme ich mein Futter übrigens nicht „von Hand“ in meinen Napf
geschüttet, sondern zu genau festgelegten Zeitpunkten rattert der
Futterspender und gibt aus dem großen Vorrat eine angemessene
Menge für mich frei. Ich bräuchte diese strenge Zuteilung eigentlich gar
nicht, denn als Rassekatze lässt man immer etwas Futter liegen. Das gilt
auch bei Menschen auch als sehr vornehm – wie ich mir habe sagen
lassen.
Überhaupt achtet man als kapitaler Kater sehr darauf, wem man sich
zuwendet und vor allem, wie man das tut. Das kann dann so aussehen:
Ich liege entspannt auf Abrahams Schreibtisch und höre desinteressiert
zu, wie er telefoniert, was er eigentlich fast immer tut. Er hat dann einen
kleinen Knopf im Ohr und scheint mit sich selber oder seinem
Computerbildschirm zu sprechen. Ich weiß natürlich, dass er in
Wirklichkeit wichtige, geschäftliche Verhandlungen mit hochstehenden
Persönlichkeiten führt – immerhin bin ich ja sein „Paterkater“. Nebenbei
sehe ich, wie einer der Gast-Brüder mit einer Frauengruppe - sagen wir
mal aus dem Ruhrgebiet - am Fenster der Schmiede vorbeizieht. Die
Damen schauen schon interessiert durch die Scheiben ins Büro. Ich
bleibe natürlich liegen und tue so als würde ich das alles übersehen. Die
Gruppe begibt sich nun zu dem silbernen Engel, der über den Schacht
mit der Aufschrift „Eingang zur Unterwelt“ wacht und bekommt das
Kloster erklärt. Dieser Bereich hinter der Tischlerei gehört zwar laut
letztem Kater-Kampf zum Revier der Stallkatzen, in dem ich nur jage,
wenn die Konkurrenten gerade anderswo beschäftigt sind. Im Moment
sind die kätzischen Abmachungen zwar stabil, aber man muss immer
mal auch in Bereichen, für die man nicht direkt zuständig ist, nach dem
Rechten sehen.
Als Kater weiß man, Verantwortung zu übernehmen!
Nun gut – die Gruppe geht jetzt um die Schmiede herum und kommt an
der anderen Seite des Büros wieder vorbei. Da die offizielle Führung
inzwischen beendet ist, schauen die Damen intensiver durch die Glastür
ins Büro. Sie zeigen auf die eine oder andere Sache aus Metall, die an
den Wänden hängt. Schließlich, wenn immer mehr sich vor der Türe
drängeln, steht Christoph Falke auf und öffnet die Tür. Er ist eben ein
netter und zuvorkommender Mensch, (obwohl er ein Hundeliebhaber ist).
Schnell füllt sich das Büro mit immer mehr Menschen und wenn
Abraham dann endlich aufgelegt hat, erklärt er den Besuchern die Waren
der Schmiede. Zu jedem seiner Kreuze kann er eine Geschichte
erzählen und geduldig führt er aus, was er sich alles bei seinen Sachen
gedacht hat. Das ist für mich immer langweilig, denn das habe ich alles
schon zum x-ten Mal gehört. Nun gut, die Menschen kennen das nicht
und zeigen sich immer sehr berührt.
Abraham schließt dann seine Erklärungen mit der Bemerkung, dass hier
alles käuflich sei, außer ihm und der Katze. Das beruhigt mich sehr,
denn ich fühle mich doch sehr heimisch in der Klosterschmiede und kann
mir eine enge Mietswohnung in der Stadt – vielleicht auch noch ohne
Freigang – nicht gut vorstellen. Manche kaufen dann auch spontan
etwas, was ich gutheiße, denn das Katzenfutter, das ich zu verspeisen
pflege, hat seinen Preis. Nun naht langsam mein Auftritt. Abraham holt
aus dem Nebenraum einen Quittungsblock, denn eine der Damen hat
sich entschlossen, ein Kreuz mitzunehmen. Sie wendet sich dem
Schreibtisch zu, an dem Abraham die Quittung ausstellt und ruft erstaunt
aus: „Die ist ja echt!“
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Natürlich bin ich echt - was denn sonst? - und
demonstriere das sogleich. Ich erhebe langsam und
in würdevoller Art das Katzenhaupt und öffne die
bernsteingelben Augen. Ein Raunen geht durch die
Menge. Schnell sind alle Blicke auf mich gerichtet.
Nun – wie meistens bei den Menschen – haben ca.
30% der Gruppe Rückenprobleme, das habe ich
schon bei deren Reinkommen beiläufig abgecheckt.
Von daher scheint es mir sinnvoll, eine kleine Übung
zum Thema „rückenschonendes Aufstehen“ vorzuführen:
ich erhebe mich, ziehe die Schultern hoch und
gähne erst einmal ausführlich. Dabei ist es gut, den
Kopf weit in den Nacken zu strecken und das Maul
gut sichtbar nach hinten aufzureißen, die Augen
aufzusperren und die Ohren dicht hinten an den
Kopf zu legen. Das Gähnen muss richtig Spaß
machen und sehr ausführlich vollzogen werden, nur
dann entspannt es wirklich den ganzen Körper. Nur
wenige Menschen können richtig gähnen und auch
das nur in begrenztem Maße, denn bei dieser
Spezies sind die Ohren dermaßen starr angewachsen,
dass nur ganz große Könner sie bewegen
können. Nun beuge ich den Rücken zu einem richtig
runden Katzenbuckel und strecke meinen buschigen
Schweif kerzengerade in den Luft. Aus dieser
Stellung gleite ich elegant in die nächste: die Vorderbeine
werden nach vorne gestreckt, der Rücken
geht nach hinten, danach weit nach vorne. Schließlich
sitze ich auf den Hinterpfoten und schaue in die
Runde. Was jetzt kommt weiß ich auch schon im
Voraus: Irgendjemand fragt: „Darf man DIE anfassen
oder ist es ein DER?“ Wie auf das Stichwort
neige ich huldvoll meinen Kopf etwas zur Seite und
genieße die zusätzlichen Streicheleinheiten mit
einem wohligen Schnurren. Menschen finden Katzen
jeglicher Art „niedlich“ – mir ist dieser Begriff
bisher von keinem hinreichend verständlich gemacht
worden, aber man muss ja nicht alles immer gleich
verstehen wollen. Menschen sind merkwürdige
Tiere: Katzen finden sie „niedlich“ und vor Mäusen
haben sie Angst.
Inzwischen sind andere Besucher – meistens
jene, die etwas „nach Hund“ riechen – weiter im
Raum umhergegangen, haben die Kreuze an den
Wänden betrachtet und sind vor einem Stapel Zettel
stehen geblieben, auf denen in grüner Schrift das
Wort „Orgelpatenschaft“ zu lesen ist. Sie
sprechen Abraham darauf an. Ich weiß, er wird nun
zu einem längeren Vortrag über sein zweites
Herzensprojekt – ja so etwas gibt es neben mir
auch! – ansetzen. Patenschaften werden für
einzelne Pfeifen der neuen Orgel in der Abteikirche
vergeben. Man schenkt sie sich selbst, stellt sie für
Lebende und Verstorbene oder als Geschenk für
Freunde und Verwandte aus, die auf diese Weise
mit den betenden Mönchen in der Kirche verbunden
werden. An dieser Stelle sollte ich hier ausdrücklich
erinnern, dass noch eine ganze Reihe von Pfeifen
auf einen Paten oder eine Patin warten und dass
das bislang recht schmale Orgelkonto immer noch
ordentlich „Auffüllung“ gebrauchen kann.
Ich gerate nun aus dem Blick, denn wenn Abraham über diese Dinge
spricht, kann er Menschen ganz und gar für das Projekt begeistern. Da
will ich nicht weiter stören, denn die Finanzierung der neuen Abteiorgel
ist ihm wie auch all s(m)einen „schwarzen“ Brüdern sehr wichtig.
Leise und doch elegant springe ich vom Schreibtisch, schlängele,
vorsichtig den Schwanz wendend, zwischen den vielen Beinen hindurch
und sitze auf einmal mit erwartendem Blick vor der Glastür. Irgendwer
wird mich schon nach draußen lassen. Ich habe zwar einen eigenen
Eingang mit standesgemäßer Treppe aus Edelstahl, die Rudolf Söer
extra für mich gebaut hat, aber den benutze ich nur, wenn ich alleine in
der Schmiede bin. Würdig rausgehen kann eine Katze nur, wenn ihr die
Tür von einem Menschen geöffnet wird. Um das richtig zu genießen,
kann ich das auch mehrfach bei ein und derselben Gruppe wiederholen.
Soweit zu so einer „Gruppenerfahrung“.
Manchmal kommen Menschen in die Schmiede, die sehr traurig
sind. Das spüre ich schon, wenn sie noch vor der Türe stehen. Da
möchte ich sofort hinlaufen und sie trösten. Aber so aufdringlich
benehmen sich nur „Hunde“. Eine Katze weiß, was sich gehört und kann
den richtigen Zeitpunkt in vornehmer Selbstbescheidung abwarten.
Diese Menschen sitzen dann mit Abraham am Tisch und unterhalten sich
über eine Grabgestaltung auf dem Friedhof. In diesen Situationen ist
„Pfotenspitzengefühl“ höchste Pflicht! Wenn das Gespräch intensiver
wird, schleiche ich ganz leise aus meinem Körbchen und setze mich
gezielt so in den Raum, dass der Besucher mich sehen kann. Vielen
kommt in der ernsten und angespannten Situation ein Lächeln auf das
Gesicht, wenn für sie zufällig der Blick auf mich fällt. Nun muss ich genau
hinfühlen. Die Situation ist seelsorglich sehr anspruchsvoll und will
gekonnt durchgeführt werden. Bei manchem Menschen springe ich auf
den Tisch und schaue ihr oder ihm ganz still und intensiv in die Augen.
Dann versuche ich – als sei das das Selbstverständlichste der Welt – auf
ihren oder seinen Schoß zu klettern, rolle mich ein und beginne zu
schnurren. Dabei merke ich, wie sich der Mensch etwas entspannt. Für
andere ist das zu viel. Da ist es besser zu versuchen, in einer neben
dem Stuhl abgestellten Handtasche schlafen zu wollen. Auch damit ist
oft ein leises Lächeln gesichert. Die Tränen bleiben auch dann schon
noch in den Augen, aber sie fließen leichter. (???) Nachdem ich so
unterstützend in das Gespräch eingegriffen habe, ziehe ich mich wieder
in mein Körbchen zurück. Übertreibungen sind in diesen Situationen
überhaupt nicht angebracht, sonst schnappt mich Abraham und befördert
mich nach draußen.
Freitags nun neigt sich die
Arbeitswoche dann dem Ende zu. Das
kann ich daran erkennen, dass gegen
Mittag eine Frau auftaucht, die an einem
dicken Schlauch etwas Gelbes auf
Rollen hinter sich herzieht. Man könnte
meinen, dass es eine besondere Sorte
Hund wäre, denn irgendwann beginnt
das Ding atemberaubend zu heulen und
schnüffelt hemmungslos in allen Ecken
herum. Ich flüchte schnell nach draußen
und warte, bis das Ungeheuer wieder
eingesperrt wird. Nun wird es still und
die Schmiede gehört über die nächsten
Tage mir alleine. Nur Abraham, der auch
samstags arbeitet, ist dann da.
Sonntags ist es immer sehr langweilig,
denn da bin ich meist den ganzen Tag
allein zuhause. Dann freue ich mich,
wenn mich ein vorbeispazierender
Mönch streichelt und mir so etwas
ufmerksamkeit schenkt. Auch wenn ich
das wegen der Vornehmheit meines
Lebensortes nicht immer zeige, bin ich
ein geselliges Tier. Ach ja - falls Sie
neugierig geworden sind – Sie können
mich gerne nach telefonischer
Voranmeldung (0291-2995-120) bei
Abraham besuchen kommen.
Bank für
Kirche und Caritas,
Paderborn,
BLZ: 472 603 07
Kto.-Nr.: 11 560 900
Kennwort:
ORGELPATE