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Interview Brigitte Weining

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<strong>Interview</strong> mit <strong>Brigitte</strong> <strong>Weining</strong><br />

UZ: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass viele Deutsche mit der Börse<br />

Berührungsängste haben?<br />

BW: Zum einen sind wir Deutschen extrem sicherheitsbedürftig, zum<br />

anderen lernt sich der Umgang mit dem Geld auch von den Eltern - und<br />

die haben, vereinfacht gesagt, nun mal auf Sparbuch und aufs<br />

Prämiensparen gesetzt. Hinzu kommt, dass wir in Sachen Rente und<br />

Altersvorsorge lange Jahre auf die Absicherung durch den Staat setzen<br />

konnten. In den USA sieht das ganz anders aus: dort ist jeder auf sich<br />

allein gestellt und muss für sich selber vorsorgen. Studien des BVI und<br />

auch der Dresdner Allianz-Gruppe besagen, dass die Deutschen pro Jahr<br />

unvorstellbare 60 Mrd. Euro nur an Rendite verschenken, eben weil sie ihr<br />

Vermögen nicht aktiv managen.<br />

UZ: Seit Monaten erleben wir an der Börse turbulente Zeiten. Raten Sie<br />

den Anlegern trotzdem zum Aktienkauf?<br />

BW: Ich gebe grundsätzlich keine Tipps oder Empfehlungen. Fest steht<br />

aber, dass Aktienanlagen langfristig sein sollten, damit man bei<br />

Kursschwankungen nicht sofort in Panik gerät. Auf jede Baisse folgt eine<br />

Hausse, und wer sich einmal bewusst für eine Anlagestrategie<br />

entschieden hat, sollte diese auch in stürmischeren Zeiten durchhalten.<br />

Und auch wenn wir uns täglich den DAX anschauen: die Langfristigkeit ist<br />

entscheidend. Die meisten haben vergessen, dass der deutsche<br />

Aktienindex Mitte der 90er Jahre noch bei ca. 2.500 Zählern stand.<br />

UZ: Frau <strong>Weining</strong>, in Ihrem Buch schreiben Sie, dass „wir alle die<br />

Wirtschaft sind“. Können Sie uns ein Beispiel hierfür nennen?<br />

BW: Ich möchte vermitteln, dass Wirtschaft nichts Abstraktes ist. Wenn ich<br />

beispielsweise in einer Schalte von der Börse darüber berichte, dass ein<br />

großer deutscher Telefonanbieter mehrere Tausend Stellen abbauen wird,<br />

ist die Betroffenheit in der Bevölkerung groß und der Verbraucher schimpft<br />

auf das Unternehmen. Gleichzeitig wechseln aber viele Verbraucher mit<br />

ihrem Festnetzanschluss zur günstigeren Konkurrenz oder schaffen ihn<br />

gleich ganz ab. Ich möchte den Telefonanbieter an dieser Stelle nicht<br />

verteidigen, ich möchte mit diesem Beispiel aber verdeutlichen, dass wir


alle mit unserem Verhalten das Wirtschaftsgeschehen aktiv beeinflussen -<br />

eben bis hin zum Stellenabbau bei Großunternehmen.<br />

UZ: Frau <strong>Weining</strong>, in Ihrem Buch bringen Sie den Begriff der<br />

„Verbraucherheuschrecke“ ins Spiel. Was genau meinen Sie damit?<br />

BW: Der Begriff „Heuschrecke“ im politischen Sprachgebrauch stammt ja<br />

von Franz Müntefering, der das Verhalten mancher Investoren in punkto<br />

überzogener Rendite-Erwartungen mit Heuschreckenplagen verglich, die<br />

ohne Rücksicht auf Verluste agieren. Die Verbraucher tun das zuweilen<br />

auch, die „Geiz-ist-Geil“-Mentalität veranschaulicht dies sehr gut. Wenn<br />

wir Billig-Produkte einkaufen oder die Preise immer weiter drücken wollen,<br />

fragen wir auch nicht nach, ob die Hersteller durch unser Verhalten<br />

irgendwann in die Knie gezwungen werden. Dies ist übrigens ein weiteres<br />

Beispiel dafür, dass Wirtschaft wir alle sind.<br />

UZ: Frau <strong>Weining</strong>, Sie sind die „Frau von der Börse“, die man an ihrem<br />

Lachen erkennt. Sind Sie auch privat ein fröhlicher Mensch?<br />

BW (lacht): Ich bin ein durch und durch positiv denkender und fröhlicher<br />

Mensch, der sich auch an den kleinen Dingen des Lebens erfreuen kann.<br />

Und auch und gerade, wenn die Nachrichten, die ich vermelden muss,<br />

nicht immer gute Botschaften sind, so möchte ich sie trotzdem freundlich<br />

vermitteln. Ich habe gelernt, dass man das Leben anlächeln kann - es<br />

lächelt dann auch viel öfter zurück.<br />

Das Gespräch führte Ute Zimmermann.

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