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Der einsatz von Familienhebammen in netzwerken Früher hilFen

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Leitfaden für Kommunen<br />

<strong>Der</strong> <strong>e<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>netzwerken</strong><br />

<strong>Früher</strong> <strong>hilFen</strong>


Vorabdruck<br />

<strong>in</strong> begrenzter<br />

auflage vor<br />

endlektorat<br />

h<strong>in</strong>weise zur verwendung der bezeichnung »Familienhebamme«<br />

a) <strong>in</strong> Bezug auf die Bedeutung anderer Gesundheitsberufe <strong>in</strong> den frühen Hilfen:<br />

<strong>in</strong> dem vorliegenden Leitfaden wird allgeme<strong>in</strong> <strong>von</strong> familienhebammen gesprochen. Begründet ist dies<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie damit, dass sie im Bundesk<strong>in</strong>derschutzgesetz und <strong>in</strong> der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung explizit<br />

benannt werden. außerdem s<strong>in</strong>d familienhebammen – also Hebammen mit e<strong>in</strong>er entsprechenden Zusatzqualifikation<br />

– <strong>in</strong> den frühen Hilfen bisher zum überwiegenden teil tätig.<br />

<strong>in</strong> der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung (artikel 2, absatz 4) s<strong>in</strong>d alle Berufsgruppen aus dem Gesundheitsbereich<br />

aufgeführt, die im rahmen der »Bundes<strong>in</strong>itiative frühe Hilfen und familienhebammen« unter bestimmten<br />

Bed<strong>in</strong>gungen zum <strong>e<strong>in</strong>satz</strong> kommen können. Voraussetzung ist, dass sie dem vom nZfH entwickelten<br />

Kompetenzprofil entsprechen. es s<strong>in</strong>d im e<strong>in</strong>zelnen:<br />

• familienhebammen, familiengesundheitshebammen und Hebammen,<br />

• Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger<strong>in</strong>nen bzw. Gesundheits- und Krankenpfleger,<br />

• familien-Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger<strong>in</strong>nen bzw. familien-, Gesundheits- und<br />

K<strong>in</strong>derkrankenpfleger,<br />

• familiengesundheitspfleger<strong>in</strong>nen und -pfleger.<br />

der Leitfaden richtet sich ausdrücklich an die Gesamtheit dieser Gesundheitsberufe. überall dort, wo e<strong>in</strong>e<br />

unterscheidung zwischen den Berufsgruppen oder die explizite Behandlung e<strong>in</strong>zelner Berufe wichtig ist,<br />

wird dies im text deutlich gemacht.<br />

b) im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e gendergerechte Schreibweise:<br />

Bei der Berufsbezeichnung der familienhebamme (bzw. Hebamme) wird ausnahmsweise und <strong>in</strong>sbesondere<br />

aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die weibliche form benutzt. entb<strong>in</strong>dungspfleger,<br />

die <strong>in</strong> deutschland bisher allerd<strong>in</strong>gs nur sehr vere<strong>in</strong>zelt anzutreffen s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d immer mit angesprochen.<br />

<strong>Der</strong> <strong>e<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>netzwerken</strong><br />

<strong>Früher</strong> <strong>hilFen</strong><br />

Leitfaden für Kommunen<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

herausgeber:<br />

nationales zentrum<br />

Frühe hilfen (nzFh)<br />

<strong>in</strong> der bundeszentrale<br />

für gesundheitliche<br />

aufklärung (bzga)<br />

autor<strong>in</strong>nen:<br />

Ute lange und Christiane liebald<br />

unter mitwirkung<br />

<strong>von</strong> Jennifer Jaque-rodney<br />

redaktion:<br />

mechthild Paul (nzFh)


4<br />

<strong>in</strong>halt<br />

warUm e<strong>in</strong> leitFaDen Für Den <strong>e<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> Den Frühen <strong>hilFen</strong>? 6<br />

Das tätigkeitssPektrUm <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong> 9<br />

was spricht für den <strong>e<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> den Frühen hilfen? 10<br />

wann werden <strong>Familienhebammen</strong> tätig? 11<br />

welche tätigkeiten üben <strong>Familienhebammen</strong> aus? 14<br />

wie unterscheiden sich <strong>Familienhebammen</strong> <strong>von</strong> hebammen? 16<br />

können <strong>Familienhebammen</strong> gleichzeitig auch als hebammen tätig se<strong>in</strong>? 18<br />

<strong>in</strong> welchem Präventionsbereich s<strong>in</strong>d <strong>Familienhebammen</strong> tätig? 19<br />

welche Datenschutzauflagen müssen <strong>Familienhebammen</strong> berücksichtigen? 23<br />

wie sieht die derzeitige Fortbildungssituation für <strong>Familienhebammen</strong> aus? 26<br />

welche relevanz hat das »kompetenzprofil <strong>Familienhebammen</strong>« für die<br />

bundes<strong>in</strong>itiative? 28<br />

welche weiteren gesundheitsberufe können <strong>in</strong> die betreuung <strong>von</strong> Familien<br />

im rahmen der bundes<strong>in</strong>itiative e<strong>in</strong>bezogen werden? 32<br />

Die e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>DUng <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

<strong>in</strong> Das netzwerk <strong>Früher</strong> <strong>hilFen</strong> 34<br />

wie sieht die fallbezogene zusammenarbeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

mit anderen beteiligten des netzwerkes aus? 35<br />

warum wird <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> als lots<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerhalb des netzwerkes<br />

<strong>Früher</strong> hilfen gesprochen? 38<br />

welche beschäftigungs- und vergütungsformen bieten sich für<br />

<strong>Familienhebammen</strong> im rahmen der bundes<strong>in</strong>itiative an? 40<br />

welche <strong>Familienhebammen</strong>programme im kommunalen kontext haben<br />

sich bisher bewährt? 43<br />

was ist bei der fallübergreifenden zusammenarbeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

mit den koord<strong>in</strong>ierungsstellen und den beteiligten des netzwerkes <strong>Früher</strong><br />

hilfen zu bedenken? 47<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

h<strong>in</strong>weise aUF weiterFührenDe<br />

<strong>in</strong>Formationen 50<br />

glossar 55<br />

5


warUm e<strong>in</strong> leitFaDen<br />

Für Den <strong>e<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong><br />

Den Frühen <strong>hilFen</strong>?<br />

Zum 1. Juli 2012 ist die Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung zur bundes<strong>in</strong>itiative netzwerke<br />

Frühe hilfen und <strong>Familienhebammen</strong> 1 <strong>in</strong> Kraft getreten. <strong>Der</strong> gesetzliche Rahmen für<br />

diese Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung ist durch das Bundesk<strong>in</strong>derschutzgesetz (BKiSchG)<br />

geschaffen worden, das am 1. Januar 2012 <strong>in</strong> Kraft getreten ist.<br />

Bis Ende 2015 fördert die Bundes<strong>in</strong>itiative den Aus- und Aufbau sowie die Weiterentwicklung<br />

der Netzwerke <strong>Früher</strong> Hilfen. Dazu gehören der E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> Netzwerkkoord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>nen<br />

und -koord<strong>in</strong>atoren <strong>in</strong> den Kommunen sowie deren Qualifizierung<br />

und Fortbildung. Gefördert wird außerdem der E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> und<br />

<strong>von</strong> vergleichbaren Berufsgruppen sowie <strong>von</strong> ehrenamtlichen Strukturen <strong>in</strong> den Frühen<br />

Hilfen. Die Länder s<strong>in</strong>d zuständig für die Qualifizierung, Qualitätsentwicklung<br />

und Qualitätssicherung <strong>in</strong> den genannten Förderbereichen.<br />

In Artikel 2, Absatz 4 der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung werden die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

für den E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> und vergleichbaren Berufsgruppen aus dem<br />

Gesundheitsbereich im Kontext <strong>Früher</strong> Hilfen geregelt. Dazu zählen <strong>in</strong>sbesondere die<br />

Fördermöglichkeiten für ihre<br />

• Tätigkeit <strong>in</strong> Familien im Kontext <strong>Früher</strong> Hilfen,<br />

• Teilnahme an der Netzwerkarbeit <strong>Früher</strong> Hilfen,<br />

• Qualifizierung, Fortbildung, Fachberatung und Supervision<br />

• sowie für Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Dokumentation<br />

des E<strong>in</strong>satzes <strong>in</strong> den Familien.<br />

<strong>Der</strong> Bund hat das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) mit der Koord<strong>in</strong>ierung<br />

der Bundes<strong>in</strong>itiative beauftragt, um überregionale Aufgaben wie die modellhafte<br />

Erprobung und Evaluation der Praxis, die fachliche Qualitätsentwicklung oder die<br />

wissenschaftliche Begleitung und Evaluation des Strukturaufbaus <strong>in</strong> den Ländern<br />

und Kommunen zu unterstützen. Des Weiteren berät es die Steuerungsgruppe der<br />

Bundes<strong>in</strong>itiative, bestehend aus Vertretungen <strong>von</strong> Bund, Ländern und kommunalen<br />

Spitzenverbänden, bei der fachlichen Umsetzung der Bundes<strong>in</strong>itiative. Die vom<br />

NZFH erarbeiteten Ergebnisse fließen <strong>in</strong> den Zwischen- und Abschlussbericht für<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

1 Im Folgenden wird die allgeme<strong>in</strong><br />

übliche Kurzform »Bundes<strong>in</strong>itiative<br />

Frühe Hilfen« verwendet.<br />

7


8<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

den Deutschen Bundestag e<strong>in</strong>. Dar<strong>in</strong> werden Empfehlungen im Rahmen e<strong>in</strong>es nach<br />

der Bundes<strong>in</strong>itiative dauerhaft e<strong>in</strong>gerichteten Fonds für die flächendeckende Umsetzung<br />

der Frühen Hilfen gegeben.<br />

Seit Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Tätigkeit im Jahr 2007 unterstützt das NZFH die kommunale Praxis<br />

zu Fragen <strong>Früher</strong> Hilfen unter anderem durch Forschungsprojekte und Expertisen,<br />

wozu auch Fragen zum Tätigkeits- und Kompetenzprofil <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

gehören.<br />

<strong>Der</strong> hier vorliegende und unter E<strong>in</strong>beziehung des Deutschen Hebammenverbands<br />

e.V. (DHV) für die kommunale Praxis entwickelte Leitfaden gibt die aktuellen Kenntnisse<br />

und Sachstände zum E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> lokalen Netzwerken<br />

<strong>Früher</strong> Hilfen wieder, sofern sie für den E<strong>in</strong>satz im Kontext der Bundes<strong>in</strong>itiative relevant<br />

s<strong>in</strong>d. Er richtet sich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie an Vertreter und Vertreter<strong>in</strong>nen <strong>von</strong><br />

• kommunalen Diensten im Gesundheitswesen und <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe,<br />

• Koord<strong>in</strong>ierungsstellen lokaler Netzwerke <strong>Früher</strong> Hilfen,<br />

• E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> freier Trägerschaft, die Aufgaben <strong>in</strong> den Frühen Hilfen ausüben<br />

und<br />

• <strong>von</strong> kommunalen Ausschüssen oder Gremien, die sich mit Fragen des E<strong>in</strong>satzes<br />

<strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> den Frühen Hilfen befassen.<br />

<strong>Der</strong> Leitfaden versteht sich als »E<strong>in</strong>führung« <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en komplexen Sachverhalt, <strong>in</strong> dem<br />

er möglichst knappe Antworten auf zentrale Fragen gibt:<br />

• Im ersten Kapitel geht es um fachliche Grundlagen und H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen,<br />

um die Möglichkeiten und Grenzen des Tätigkeitsspektrums <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

<strong>in</strong> den Frühen Hilfen darzustellen.<br />

• Anschließend werden im zweiten Kapitel Fragen behandelt, die für die organisatorische<br />

und strukturelle E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> die Netzwerke<br />

<strong>Früher</strong> Hilfen <strong>von</strong> Bedeutung s<strong>in</strong>d.<br />

• H<strong>in</strong>weise auf weiterführende Informationen und Materialien be<strong>in</strong>haltet das dritte<br />

Kapitel. Dazu gehören Verweise auf themenbezogene Internetangebote des NZFH,<br />

der Länder und anderer Institutionen, auf Fachpublikationen und Adressen <strong>von</strong><br />

Fachorganisationen für <strong>Familienhebammen</strong> und Frühe Hilfen.<br />

• Das vierte Kapitel besteht aus e<strong>in</strong>em Glossar mit Def<strong>in</strong>itionen und ausführlicheren<br />

Erläuterungen zu ausgewählten Fachbegriffen, die im Text nur erwähnt oder<br />

kurz beschrieben werden.<br />

Aktuelle Informationen und Materialien zur »Bundes<strong>in</strong>itiative Frühe Hilfen« werden<br />

vom NZFH im Internet (www.fruehehilfen.de/bundes<strong>in</strong>itiative) zur Verfügung<br />

gestellt und fortlaufend ergänzt. Darüber h<strong>in</strong>aus bieten die Bundesländer Internetportale<br />

für Frühe Hilfen mit länderspezifischen Informationen zur Durchführung<br />

der Bundes<strong>in</strong>itiative an.<br />

Das tätigkeitssPektrUm<br />

<strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong>


10<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

was sPriCht Für Den <strong>e<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> Den Frühen <strong>hilFen</strong>?<br />

Im ersten Lebensjahr s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> besonderem Maße auf die Fürsorge und Pflege<br />

durch Erwachsene angewiesen. In dieser Zeit werden außerdem wesentliche Voraussetzungen<br />

für e<strong>in</strong>e gesunde Entwicklung <strong>in</strong> der weiteren K<strong>in</strong>dheit geschaffen.<br />

Es gibt Lebensumstände und Belastungen, die es Eltern erschweren, für ihr Neugeborenes<br />

bzw. ihren Säugl<strong>in</strong>g ausreichend zu sorgen. Frühe Hilfen bieten hier Unterstützung<br />

und Begleitung durch geschulte Fachkräfte und Ehrenamtliche an.<br />

was machen <strong>Familienhebammen</strong>?<br />

<strong>Familienhebammen</strong> s<strong>in</strong>d staatlich exam<strong>in</strong>ierte Hebammen mit e<strong>in</strong>er Zusatzqualifikation. Diese befähigt sie dazu,<br />

Eltern und Familien <strong>in</strong> belastenden Lebenssituationen zu unterstützen und zwar bis zu e<strong>in</strong>em Jahr nach der Geburt<br />

des K<strong>in</strong>des. Sie gehen <strong>in</strong> die Familien und helfen den Eltern, den Familienalltag auf das Leben mit dem Baby umzustellen.<br />

Unter anderem geben sie Informationen und Anleitung zu Pflege, Ernährung, Entwicklung und Förderung<br />

des K<strong>in</strong>des. Dabei b<strong>in</strong>den sie alle Familienmitglieder e<strong>in</strong>. Die <strong>Familienhebammen</strong> vermitteln bei Bedarf weitere<br />

Hilfen. Sie s<strong>in</strong>d damit für Familien wichtige Lots<strong>in</strong>nen durch die zahlreichen Angebote der Frühen Hilfen.<br />

2 Viele der an dieser Stelle und<br />

auch im weiteren Text genannten<br />

Aussagen beziehen sich nicht nur<br />

auf <strong>Familienhebammen</strong> sondern<br />

generell auf Hebammen. Dies<br />

erklärt sich daraus, dass die<br />

<strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit auf<br />

der <strong>von</strong> Hebammen aufbaut. Aus<br />

Gründen der besseren Lesbarkeit<br />

wird auf die Nennung beider<br />

Berufsgruppen <strong>in</strong> der Regel<br />

verzichtet. Ausnahmen werden<br />

dort vorgenommen, wo die<br />

Erwähnung oder gegebenenfalls<br />

Unterscheidung beider Bezeichnungen<br />

aus <strong>in</strong>haltlichen Gründen<br />

wesentlich ist.<br />

3 Kursiv gesetzte Begriffe werden<br />

im Glossar erläutert.<br />

4 Im Leitfaden wird allgeme<strong>in</strong> <strong>von</strong><br />

»Familie« bzw. der »Familien-<br />

K<strong>in</strong>d-Beziehung« gesprochen, da<br />

<strong>Familienhebammen</strong> ihre Tätigkeit<br />

auf das gesamte Familiensystem<br />

ausrichten. Je nach Situation<br />

können e<strong>in</strong>zelne Familienmitglieder<br />

(z. B. die Schwangere,<br />

das K<strong>in</strong>d, die Mutter, der Vater<br />

E<strong>in</strong> spezifisches Tätigkeitsmerkmal <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> ist, dass sie neben psycho-sozialen<br />

Aspekten auch gesundheitliche Belange <strong>von</strong> Mutter und K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den<br />

Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Sie prüfen beispielsweise, ob die Gewichtszunahme<br />

e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des normal verläuft und ob se<strong>in</strong>e Ernährung beziehungsweise Pflege<br />

ausreichend s<strong>in</strong>d. Aber auch mögliche Anzeichen für Erkrankungen der Mutter wie<br />

etwa e<strong>in</strong>e Wochenbettdepression können <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> frühzeitig erkannt<br />

werden. Aufgrund ihrer Hebammenausbildung2 s<strong>in</strong>d sie autorisiert, das K<strong>in</strong>d und<br />

bei Bedarf auch die Mutter körperlich zu untersuchen. So s<strong>in</strong>d das Wiegen des K<strong>in</strong>des<br />

oder die Begutachtung des Nabels Teil der normalen Wochenbettbetreuung3 durch<br />

Hebammen.<br />

<strong>Familienhebammen</strong> können an dem hohen Vertrauensvorschuss anknüpfen, den der<br />

Hebammenberuf allgeme<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft genießt. Dies erleichtert ihnen den<br />

Zugang zu Familien4 mit besonderem Unterstützungsbedarf im Kontext <strong>Früher</strong> Hilfen.<br />

Neben vielen D<strong>in</strong>gen, die den Umgang und das Zusammenleben mit dem K<strong>in</strong>d<br />

betreffen, unterstützen sie Schwangere, Mütter oder Eltern auch <strong>in</strong> praktischen Fragen:<br />

bei Bedarf begleiten sie beispielsweise Frauen oder Paare zu Ärzt<strong>in</strong>nen/Ärzten,<br />

zu sozialen Beratungsstellen oder vorübergehend zu pädagogischen Angeboten für<br />

das K<strong>in</strong>d wie Krabbelgruppen. <strong>Familienhebammen</strong> können daher dazu beitragen,<br />

Familien aus der Isolation zu führen und sie mit Angeboten des Gesundheits- und<br />

Sozialsystems vertraut zu machen. E<strong>in</strong> weiterer Fokus ihrer Tätigkeit liegt auf der<br />

Förderung <strong>von</strong> tragfähigen Beziehungsstrukturen <strong>in</strong>nerhalb der Familie.<br />

wann werDen <strong>Familienhebammen</strong> tätig?<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen<br />

Die Betreuung durch die Familienhebamme umfasst pr<strong>in</strong>zipiell den Zeitraum vom<br />

Beg<strong>in</strong>n der Schwangerschaft bis zum Ende des ersten Lebensjahres des K<strong>in</strong>des. <strong>Familienhebammen</strong><br />

werden immer dann e<strong>in</strong>gesetzt, wenn e<strong>in</strong> über die Regelversorgung der<br />

Hebammenhilfe h<strong>in</strong>ausgehender Bedarf an Unterstützung festgestellt oder <strong>von</strong> den<br />

Eltern geäußert wird. Dieser kann sich sowohl auf die psycho-soziale Begleitung der<br />

Eltern als auch auf die Gesundheit des K<strong>in</strong>des oder der Mutter beziehen.<br />

Wann genau, für wie lange und auf wessen Veranlassung e<strong>in</strong>e Familienhebamme zum<br />

E<strong>in</strong>satz kommt und wie eng das Netz <strong>von</strong> Unterstützungsleistungen geknüpft se<strong>in</strong><br />

sollte, ist nicht pauschal zu beantworten. Dies muss <strong>in</strong> jedem Betreuungsprozess <strong>in</strong>dividuell<br />

entschieden werden, wie das folgende Beispiel veranschaulicht.<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Das NZFH hat mehrere Modellprojekte und Expertisen gefördert, um die <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit und zahlreiche<br />

andere Fragenstellungen zu Frühen Hilfen zu untersuchen. In dem Projekt »Frühstart – Professionsgesteuerte<br />

Frühe Hilfe für K<strong>in</strong>der und Familien <strong>in</strong> Sachsen- Anhalt« und <strong>in</strong> der Evaluation des Projektes »Ke<strong>in</strong>er fällt<br />

durchs Netz« <strong>in</strong> Hessen und im Saarland wurde unter anderem festgestellt, dass <strong>Familienhebammen</strong><br />

• e<strong>in</strong> besonders hohes Vertrauen der Mütter genießen,<br />

• die gesunde Entwicklung des K<strong>in</strong>des positiv bee<strong>in</strong>flussen,<br />

• die Eltern-K<strong>in</strong>d-Beziehung fördern und<br />

• aufgrund ihrer Kenntnisse zur Wohn- und Lebenssituation der Familien e<strong>in</strong>e Funktion als<br />

Lots<strong>in</strong> zu weiteren Angeboten <strong>Früher</strong> Hilfen ausüben können.<br />

Wesentliche Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e gel<strong>in</strong>gende Unterstützung s<strong>in</strong>d, dass <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Netzwerk<br />

<strong>von</strong> Sozial- und Gesundheitsangeboten e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d, damit sie notwendige weitere Hilfen an die<br />

Familie vermitteln können, und die Familien auf freiwilliger Basis den Zugang zu <strong>Familienhebammen</strong> f<strong>in</strong>den. 5<br />

oder ggf. das Elternpaar) oder<br />

die Beziehung zwischen der<br />

Mutter, dem Vater bzw. den<br />

Eltern und dem K<strong>in</strong>d im Fokus<br />

stehen. Eventuell s<strong>in</strong>d auch<br />

weitere Familienmitglieder wie<br />

beispielsweise die Großeltern<br />

h<strong>in</strong>zuzuziehen. Wenn es aus<br />

<strong>in</strong>haltlichen Gründen wichtig ist,<br />

werden im Text e<strong>in</strong>zelne Personen<br />

oder Beziehungsstrukturen (z. B.<br />

Mutter-K<strong>in</strong>d-B<strong>in</strong>dung) benannt.<br />

Wenn <strong>von</strong> der Mutter, dem Vater<br />

oder die Eltern die Rede ist,<br />

müssen dies nicht zw<strong>in</strong>gend die<br />

leiblichen se<strong>in</strong>. Dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>bezogen<br />

s<strong>in</strong>d auch andere »primäre<br />

Bezugspersonen« wie beispielsweise<br />

Pflegeeltern.<br />

5 Literaturh<strong>in</strong>weise und weitere<br />

Angaben f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den<br />

H<strong>in</strong>weisen auf weiterführende<br />

Informationen ab Seite 51.<br />

11


12<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

FallbeisPiel 6<br />

erster teil: schwangerschaft, geburt und die ersten lebensmonate des k<strong>in</strong>des<br />

Die 18-jährige Schüler<strong>in</strong> A. ist <strong>in</strong> der 20. Woche<br />

schwanger und nach dem Tod der Mutter bei ihrem<br />

Vater ausgezogen. Geme<strong>in</strong>sam mit ihrem gleichaltrigen<br />

Freund lebt sie nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em separaten Zwei-<br />

Zimmer-Appartement im Elternhaus des Freundes.<br />

Dieser hat se<strong>in</strong>e Ausbildung vor wenigen Wochen<br />

abgebrochen und ist zurzeit arbeitslos. Trotz der<br />

schwierigen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen hat sich das Paar<br />

geme<strong>in</strong>sam für das K<strong>in</strong>d entschieden. Während das<br />

Verhältnis zu ihrem Vater belastet ist, hat A. zu ihrer<br />

Großmutter e<strong>in</strong>e engere Beziehung. Zu den Eltern ihres<br />

Freundes besteht trotz der räumlichen Nähe nur<br />

e<strong>in</strong> sehr loser Kontakt, da diese der Schwangerschaft<br />

des jungen Paares kritisch gegenüber stehen.<br />

Die Schüler<strong>in</strong> äußert gegenüber der Schulpädagog<strong>in</strong><br />

Sorgen bezüglich der Geburt und Bedenken, ob sie<br />

und ihr Freund den Säugl<strong>in</strong>g angemessen versorgen<br />

können. Die Pädagog<strong>in</strong> macht A. daraufh<strong>in</strong> auf die<br />

Angebote der Schwangerschaftsberatung und die<br />

Möglichkeit der H<strong>in</strong>zuziehung e<strong>in</strong>er Hebamme aufmerksam.<br />

A. nimmt beide Vorschläge auf und stellt<br />

selbstständig den Kontakt zur Beratungsstelle und<br />

zur Hebamme her.<br />

Die freiberuflich tätige Hebamme steht <strong>in</strong> der<br />

folgenden Zeit als wichtige Ansprechpartner<strong>in</strong> zur<br />

Verfügung, sie übernimmt e<strong>in</strong>zelne Untersuchungen<br />

im Rahmen der Schwangerenvorsorge und hilft bei<br />

Schwangerschaftsbeschwerden. Zudem verschreibt<br />

die betreuende Frauenärzt<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zel-Geburtsvorbereitung<br />

durch die Hebamme, da A. sich e<strong>in</strong>e<br />

Teilnahme an e<strong>in</strong>em Kurs mit vorwiegend älteren<br />

Schwangeren nicht zutraut.<br />

Je näher der Geburtsterm<strong>in</strong> rückt, desto deutlicher<br />

wird jedoch die Unsicherheit und partielle Überforderung<br />

der Schwangeren und ihres Partners. Überzogene<br />

Aufmerksamkeit <strong>von</strong> Seiten der Mitschüler<strong>in</strong>-<br />

nen und Mitschüler und des Lehrpersonals machen<br />

e<strong>in</strong>en Schulbesuch beschwerlich, dem A. schließlich<br />

durch e<strong>in</strong> Attest der Frauenärzt<strong>in</strong> entzogen wird.<br />

Die Ängste bezüglich der Geburt haben durch die<br />

Betreuung der Hebamme abgenommen. Das junge<br />

Paar geht jedoch allen Fragen aus dem Weg, wie es<br />

nach der Geburt mit der Schule und e<strong>in</strong>er möglichen<br />

Ausbildung weiter gehen soll. Auf Antrag der<br />

Schwangerschaftsberatungsstelle wird ihnen e<strong>in</strong>e<br />

f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung durch die Bundesstiftung<br />

Mutter und K<strong>in</strong>d gewährt. Dennoch kommen die<br />

konkreten Vorbereitungen für das Zusammenleben<br />

mit dem K<strong>in</strong>d nur schleppend <strong>in</strong> Gang.<br />

Die Hebamme sieht e<strong>in</strong>en Bedarf an psycho-sozialer<br />

Betreuung des Paares, den sie jedoch nicht abdecken<br />

kann. Sie schlägt daher die zusätzliche Begleitung<br />

durch e<strong>in</strong>e Familienhebamme vor. Im nah gelegenen<br />

Familienzentrum arbeitet e<strong>in</strong>e Familienhebamme<br />

als Teilzeitangestellte des Jugendamtes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Team geme<strong>in</strong>sam mit e<strong>in</strong>er Sozialpädagog<strong>in</strong> und<br />

e<strong>in</strong>er Psycholog<strong>in</strong>. A. und ihr Partner suchen die<br />

Familienhebamme <strong>in</strong> deren Sprechstunde auf. Da<br />

die Familienhebamme e<strong>in</strong>en Unterstützungsbedarf<br />

als gegeben ansieht und über ausreichende Zeitressourcen<br />

verfügt, übernimmt sie die Betreuung mit<br />

durchschnittlich 1– 2 Stunden wöchentlich.<br />

Hebamme und Familienhebamme arbeiten daraufh<strong>in</strong><br />

parallel mit der Schwangeren und ihrem Partner.<br />

Die Familienhebamme begleitet das Paar zu Ämtern<br />

und setzt mit ihnen die Ideen zur Umgestaltung der<br />

kle<strong>in</strong>en Wohnung aktiv um. Sie spricht darüber, wie<br />

der zukünftige Alltag mit dem Neugeborenen <strong>in</strong> den<br />

räumlich engen Verhältnissen bewältigt werden kann.<br />

Außerdem erneuert sie den Kontakt zur Schulpädagog<strong>in</strong>,<br />

um die Möglichkeiten e<strong>in</strong>es Schulabschlusses<br />

nach der Geburt zu klären und notwendige Schritte<br />

e<strong>in</strong>zuleiten. Es gel<strong>in</strong>gt außerdem, dem Partner die<br />

Bedeutung e<strong>in</strong>er möglichst rauchfreien Umgebung<br />

für die Schwangere und für das K<strong>in</strong>d klar zu<br />

machen.<br />

Durch die <strong>in</strong>tensive Betreuung der Hebamme und<br />

Familienhebamme während der Schwangerschaft<br />

geht A. relativ gelassen <strong>in</strong> die Geburt und entb<strong>in</strong>det<br />

ihre Tochter komplikationslos im Beise<strong>in</strong> ihres<br />

Freundes. Die Geburtshilfe wird <strong>von</strong> den angestellten<br />

Hebammen des ortsansässigen Kreißsaals<br />

geleistet. Bereits im frühen Wochenbett f<strong>in</strong>det <strong>in</strong><br />

der Geburtskl<strong>in</strong>ik e<strong>in</strong> durch das Jugendamt vergüteter<br />

Besuch der Familienhebamme statt, um den<br />

Kontakt zu erhalten und Fragen für die häusliche<br />

Situation zu besprechen.<br />

Die Wochenbettbetreuung nach der Kl<strong>in</strong>ikentlassung<br />

am dritten Tag nach der Geburt f<strong>in</strong>det durch die<br />

Hebamme statt. In der ersten Woche s<strong>in</strong>d es e<strong>in</strong> bis<br />

zwei Besuche täglich, danach kommt die Hebamme<br />

<strong>in</strong> Absprache mit der jungen Mutter seltener.<br />

Die Familienhebamme besucht A. <strong>in</strong> dieser Zeit<br />

e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Woche für kurze Gespräche, anfangs<br />

<strong>in</strong> loser Folge, um sich e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck <strong>von</strong> der<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen<br />

In diesem Fallbeispiel werden verschiedene Punkte angeschnitten, die für die <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit<br />

<strong>in</strong> den Netzwerken <strong>Früher</strong> Hilfen typisch s<strong>in</strong>d. Es beschreibt<br />

beispielsweise:<br />

• Wie oder durch wen die H<strong>in</strong>zuziehung e<strong>in</strong>er Familienhebamme angeregt werden<br />

kann (z. B. durch die bereits tätige Hebamme).<br />

• Wo die Familienhebamme <strong>in</strong>stitutionell angebunden ist (z. B. als Angestellte des<br />

Jugendamts <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Familienzentrum).<br />

• Wer die Kosten für die Familienhebamme trägt (<strong>in</strong> diesem Fall das Jugendamt).<br />

• Wie es zum E<strong>in</strong>satz der Familienhebamme kommt (z. B. durch e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />

Gespräch <strong>in</strong> der Sprechstunde).<br />

• Zu welchen anderen E<strong>in</strong>richtungen des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen die Familienhebamme<br />

parallel zu ihrer Tätigkeit e<strong>in</strong>en Kontakt vermittelt oder welche<br />

E<strong>in</strong>richtungen ihrerseits den Kontakt zur Familienhebamme herstellen (z. B.<br />

Schwangerschaftsberatungsstellen).<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Situation der jungen Familie zu verschaffen und<br />

den weiteren Betreuungsbedarf zu ermitteln. Sie<br />

<strong>in</strong>tensiviert ihre Betreuung nach 8 Wochen, als die<br />

Hebamme die Regelversorgung abschließt und die<br />

dr<strong>in</strong>genden Fragen und Prozesse des Wochenbetts<br />

geklärt wurden. Mit dem E<strong>in</strong>verständnis der jungen<br />

Mutter erfolgt e<strong>in</strong> Übergabegespräch zwischen<br />

Hebamme und Familienhebamme.<br />

Die Eltern meistern ihre Situation anfangs gut. Viel<br />

Aufmerksamkeit <strong>von</strong> Seiten der Freunde und Verwandten<br />

sowie der Stolz auf das K<strong>in</strong>d überdecken<br />

die nach wenigen Wochen beg<strong>in</strong>nenden Symptome<br />

<strong>von</strong> Stress und Anspannung. E<strong>in</strong>e zunehmende<br />

Unruhe des K<strong>in</strong>des, daraus resultierende nächtliche<br />

Störungen und lange Schreiphasen führen<br />

zu e<strong>in</strong>er ersten ernsten Krise <strong>in</strong> der Partnerschaft.<br />

Die Familienhebamme sucht mit den Eltern nach<br />

Ursachen und Lösungen für das Schreiverhalten des<br />

Säugl<strong>in</strong>gs, moderiert zwischen den Elternteilen und<br />

sucht mit ihnen nach Chancen für e<strong>in</strong>e Entlastung.<br />

Zu dieser trägt letztendlich auch die Großmutter<br />

<strong>von</strong> A. bei, <strong>in</strong>dem sie gelegentlich auf das K<strong>in</strong>d aufpasst<br />

und Fahrten zum K<strong>in</strong>derarzt begleitet.<br />

Fortsetzung des Fallbeispiels auf S. 22<br />

6 Die im Leitfaden verwendeten<br />

Fallbeispiele beruhen auf realen<br />

Betreuungsszenarien <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong> im Kontext<br />

<strong>Früher</strong> Hilfen.<br />

13


14<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

• Wie sich Hebamme und Familienhebamme die jeweiligen Tätigkeiten aufteilen.<br />

• Welche Aufgaben die Familienhebamme rund um die Geburt des K<strong>in</strong>des übernimmt<br />

und was nicht zu ihrem Verantwortungsbereich gehört (z. B. ke<strong>in</strong>e aktive<br />

Geburtshilfe).<br />

• Wie die Betreuung nach der Geburt verläuft, welche Aufgaben <strong>von</strong> der Hebamme<br />

und welche <strong>von</strong> der Familienhebamme übernommen werden.<br />

Im Folgenden werden zu diesen und weiteren Fragestellungen die wichtigsten H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen<br />

und Empfehlungen für die kommunale Praxis gegeben.<br />

welChe tätigkeiten üben <strong>Familienhebammen</strong><br />

aUs?<br />

<strong>Der</strong> <strong>in</strong>haltliche Schwerpunkt der <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit liegt auf der psychosozialen<br />

und gesundheitlichen Betreuung und Begleitung <strong>von</strong> Schwangeren, Müttern/Vätern<br />

und Familien mit K<strong>in</strong>dern im ersten Lebensjahr mit erhöhtem Unterstützungsbedarf.<br />

<strong>Familienhebammen</strong> üben e<strong>in</strong>e primär aufsuchende Tätigkeit <strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ärer Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Berufsgruppen<br />

aus. Persönliche Kontakte können beispielsweise <strong>in</strong> der Wohnung der Familie, <strong>in</strong><br />

(Hebammen-)Praxen, Kl<strong>in</strong>iken, Mutter-K<strong>in</strong>d-E<strong>in</strong>richtungen, Stadtteil- oder Familienzentren<br />

und Beratungsstellen stattf<strong>in</strong>den.<br />

betreuung und begleitung – zwei zentrale merkmale der <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit<br />

betreuende Tätigkeiten s<strong>in</strong>d vor allem auf die gesundheitliche und psycho-soziale Unterstützung ausgerichtet, die<br />

<strong>von</strong> der Familienhebamme <strong>in</strong> dem jeweiligen familiären Umfeld selbst ausgeübt werden können.<br />

begleitende Tätigkeiten bieten sich dann an, wenn die Familienhebamme psycho-soziale Belastungssituationen<br />

erkennt, die sie selbst nicht abdecken kann. In diesem Fall vermittelt sie passende Angebote und begleitet die betreffenden<br />

Familienmitglieder bei Bedarf zu Term<strong>in</strong>en, bis diese die Angebote dann selbsttätig wahrnehmen.<br />

<strong>Der</strong> Aufgabenkatalog e<strong>in</strong>er Familienhebamme ist daher vielschichtig und kann sich<br />

<strong>in</strong> jedem Unterstützungsprozess anders gestalten. Die folgende Übersicht listet die<br />

wichtigsten, potenziell möglichen Tätigkeiten während des gesamten Betreuungszeitraums<br />

auf. 7<br />

betreuung und begleitung während der schwangerschaft:<br />

• Ermittlung e<strong>in</strong>es speziellen Unterstützungsbedarfs im Kontext <strong>Früher</strong><br />

Hilfen sowie der Ressourcen der Familie.<br />

• Förderung der Teilnahme an Vorsorge- und Präventionsmaßnahmen der<br />

Schwangeren.<br />

• Begleitung zu Hilfs-, Behandlungs- und Betreuungsangeboten<br />

(z. B. Arztpraxen, Ämter, Kl<strong>in</strong>ik).<br />

• Vermittlung oder Durchführung <strong>von</strong> Gruppenangeboten oder Sprechstunden<br />

für Schwangere mit besonderem Unterstützungsbedarf, gegebenenfalls mit Partner<br />

oder Begleitperson (z. B. spezielle Angebote für M<strong>in</strong>derjährige).<br />

• Unterstützung beim Schaffen e<strong>in</strong>er für das K<strong>in</strong>d förderlichen Umgebung.<br />

• Aufhebung <strong>von</strong> Isolation durch Vermittlung und Begleitung zu Angeboten.<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen<br />

betreuung und begleitung nach der geburt:<br />

• Informationen und Anleitung zu Fragen der Pflege, Ernährung, des Schreiverhaltens,<br />

der Entwicklung des K<strong>in</strong>des und e<strong>in</strong>er adäquaten Förderung nach der<br />

8. Lebenswoche des K<strong>in</strong>des beziehungsweise über die Intensität der Regelversorgung<br />

der Hebammenhilfe h<strong>in</strong>aus.<br />

• H<strong>in</strong>weise und gegebenenfalls Begleitung zu Vorsorgesorgeuntersuchungen des<br />

K<strong>in</strong>des und bei Bedarf zu weiteren Stellen (z. B. Arztpraxen, Frühförderstellen,<br />

Ämter, Kl<strong>in</strong>ik).<br />

• Beobachten der körperlichen und emotionalen Entwicklung des K<strong>in</strong>des.<br />

• Anleitung der Eltern bei der Gestaltung e<strong>in</strong>es sicheren und förderlichen Wohnumfelds<br />

für das K<strong>in</strong>d; Unfallprävention.<br />

• Hilfe beim Aufbau e<strong>in</strong>er Tagesstruktur und der Entwicklung e<strong>in</strong>er an die jeweilige<br />

Familie angepassten Alltagsplanung.<br />

• Abbau <strong>von</strong> Isolation durch Vermittlung und Begleitung zu Gruppenangeboten<br />

(z. B. Krabbelgruppe oder andere Eltern-K<strong>in</strong>d-Angebote).<br />

• Hilfe bei der Aneignung <strong>von</strong> Erziehungskompetenzen und Unterstützung beim<br />

Aufbau der Mutter-K<strong>in</strong>d-Beziehung bzw. Vater-K<strong>in</strong>d-Beziehung.<br />

• E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung aller relevanten Familienmitglieder <strong>in</strong> die Sorge und Verantwortung<br />

für das K<strong>in</strong>d.<br />

• Zielgruppenspezifische Gruppenangebote (z. B. spezielle Angebote für M<strong>in</strong>derjährige).<br />

Weitere Besonderheiten für die Tätigkeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> während des gesamten<br />

Betreuungszeitraums s<strong>in</strong>d:<br />

Qualitätssicherung und netzwerktätigkeiten:<br />

• Teilnahme an Team- oder Fallbesprechungen, Supervision, Fachberatung.<br />

• Teilnahme am kommunalen Austausch (z. B. Treffen des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen,<br />

»Runder Tisch« oder Fallkonferenzen), Abstimmung und Kontaktpflege mit<br />

Netzwerkpartnern und -partner<strong>in</strong>nen.<br />

• Recherche zur Übermittlung der Familien an passgenaue Angebote.<br />

• Je nach Vere<strong>in</strong>barung mit der beauftragenden kommunalen Stelle e<strong>in</strong>e erweiterte<br />

Dokumentation und ggf. Evaluation (unter Wahrung des Datenschutzes).<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Alle an die Geburt gekoppelten Leistungen gehören nicht zum Tätigkeitsspektrum der Familienhebamme. Sie<br />

betreibt ke<strong>in</strong>e aktive Geburtshilfe. 8<br />

7 Diese Übersicht ist vom NZFH<br />

<strong>in</strong> Abstimmung mit dem<br />

Deutschen Hebammenverband<br />

e.V. im Rahmen der Vorbereitung<br />

der Bundes<strong>in</strong>itiative Ende 2011<br />

entwickelt worden.<br />

8 Ausführlichere Informationen<br />

zur Abgrenzung der <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit<br />

zur Hebammenhilfe<br />

stehen auf Seite 16 des<br />

Leitfadens.<br />

15


16<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

Das NZFH erarbeitet e<strong>in</strong> Dokumentations<strong>in</strong>strument mit dem Ziel, dass damit <strong>Familienhebammen</strong> im Rahmen<br />

der »Bundes<strong>in</strong>itiative Netzwerke Frühe Hilfen« ihre Arbeit <strong>in</strong> den Familien – unter Berücksichtigung der geltenden<br />

Datenschutzregeln – dokumentieren. Es dient weiterh<strong>in</strong> als Grundlage für die wissenschaftliche Evaluation der<br />

Bundes<strong>in</strong>itiative. (Dieses Instrument wird Anfang 2013 auf dem Internetportal des NZFH zur Verfügung gestellt.)<br />

9 Da <strong>Familienhebammen</strong> nicht<br />

<strong>in</strong> der aktiven Geburtshilfe<br />

tätig s<strong>in</strong>d, wird unter dieser<br />

Fragestellung ausschließlich das<br />

Tätigkeitsspektrum während der<br />

Schwangerschaft und nach der<br />

Geburt (Wochenbett) behandelt.<br />

10 E<strong>in</strong> Bestandteil der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung<br />

ist u. a. das<br />

»Kompetenzprofil <strong>Familienhebammen</strong>«,<br />

das als Referenzrahmen<br />

für Fort- und Weiterbildungsangebote<br />

vom NZFH entwickelt wurde.<br />

Es wird auf S.28 des Leitfadens<br />

ausführlicher behandelt.<br />

11 Weitere Informationen zu Beschäftigungs-<br />

und F<strong>in</strong>anzierungsformen<br />

f<strong>in</strong>den sich ab S. 40<br />

adm<strong>in</strong>istrative und telekommunikative aufgaben:<br />

• Beratungen im persönlichen Kontakt oder mittels Kommunikationsmedien<br />

(Telefon, SMS, E-Mail) über die <strong>in</strong> der Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung<br />

festgelegte Anzahl h<strong>in</strong>aus. Beratungen können sich auf alle Inhalte der <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit<br />

beziehen, die zum Beispiel auch bei Besuchen oder Treffen<br />

thematisiert werden.<br />

• Nachgehende Telefonate, falls die Familie trotz Term<strong>in</strong>vere<strong>in</strong>barung nicht angetroffen<br />

wurde.<br />

• Telefonate mit Netzwerkpartnern und -partner<strong>in</strong>nen zur Recherche und Abstimmung<br />

passgenauer Angebote.<br />

• Bei Bedarf pro-aktive Kontaktaufnahme zu weiteren Unterstützungsmaßnahmen<br />

des Netzwerkes, um die Akzeptanz für die Inanspruchnahme der Angebote durch die<br />

betreute Familie zu erhöhen (unter Umständen auch Begleitung zu e<strong>in</strong>em Term<strong>in</strong>.)<br />

wie UntersCheiDen siCh Familien-<br />

hebammen <strong>von</strong> hebammen? 9<br />

Da die Tätigkeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> auf der Regelversorgung der Hebammenhilfe<br />

aufbaut, liegt ihr das Berufsprofil der Hebamme mit den entsprechenden rechtlichen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zugrunde:<br />

• Die Hebammenleistungen während der Schwangerschaft und Mutterschaft s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

der Reichsversicherungsordnung (§§ 179, 195 – 200 RVO) und <strong>in</strong> der Hebammen-<br />

Vergütungsvere<strong>in</strong>barung (§ 134a SGB V) geregelt. Die e<strong>in</strong>zelnen Leistungen der<br />

Hebammenhilfe sowie deren Vergütung und die Modalitäten der Beantragung<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den auf der Grundlage des § 134a SGB V geschlossenen Verträgen geregelt,<br />

die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Berufsverbänden<br />

der Hebammen sowie den <strong>von</strong> Hebammen geleiteten E<strong>in</strong>richtungen (z. B.<br />

Geburtshäuser) geschlossen werden. Die Fachaufsicht hat der öffentliche Gesundheitsdienst<br />

(Gesundheitsamt).<br />

• Die außerkl<strong>in</strong>isch arbeitende Hebamme bietet e<strong>in</strong>e Regelleistung des Gesundheitssystems<br />

an und ist immer freiberuflich tätig. Sie wird unmittelbar <strong>von</strong> der<br />

Schwangeren oder Mutter beauftragt und seltener <strong>in</strong>nerhalb des Systems der Frühen<br />

Hilfen vermittelt. Von e<strong>in</strong>zelnen Leistungen speziell <strong>in</strong> der Schwangerschaft<br />

und während der Geburt abgesehen, wird sie <strong>in</strong> der Regel durch die Krankenkas-<br />

sen mit Pauschalbeträgen vergütet. Die Leistungen der Hebamme bedürfen im<br />

Rahmen der Gebührenordnung ke<strong>in</strong>er ärztlichen Überweisung.<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen<br />

• Die Wochenbettbetreuung ist e<strong>in</strong>e vorbehaltene Tätigkeit <strong>von</strong> Hebammen und<br />

Ärzten/Ärzt<strong>in</strong>nen. Das heißt, sie darf nur <strong>in</strong> der Verantwortung dieser Berufsgruppen<br />

durchgeführt werden. Innerhalb der ersten 10 Lebenstage des K<strong>in</strong>des<br />

können derzeit maximal 20 persönliche oder telefonische Kontakte abgerechnet<br />

werden. In dem Zeitraum zwischen dem elften Lebenstag des K<strong>in</strong>des und acht<br />

Wochen nach der Geburt s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt bis zu 16 Kontakte berechnungsfähig.<br />

Nach Ablauf der acht Wochen kann die Mutter unabhängig vom Lebensalter des<br />

K<strong>in</strong>des bei Stillschwierigkeiten beraten werden, bei Ernährungsproblemen des<br />

K<strong>in</strong>des bis zu dessen vollendetem 9. Lebensmonat. Diese Hebammenleistung über<br />

die ersten 8 Lebenswochen des K<strong>in</strong>des h<strong>in</strong>aus ist maximal 4mal abrechenbar und<br />

kann lediglich durch e<strong>in</strong>e ärztliche Besche<strong>in</strong>igung erweitert werden.<br />

Die Tätigkeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> ist als Querschnittsaufgabe sowohl im Gesundheitsbereich<br />

als auch <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe zu verorten. Das »Gesetz<br />

zur Kooperation und Information im K<strong>in</strong>derschutz (KKG)«, das als Artikel 1 <strong>in</strong> das<br />

»Bundesk<strong>in</strong>derschutzgesetz (BKiSchG)« aufgenommen wurde, regelt den E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong> im Netzwerk <strong>Früher</strong> Hilfen <strong>in</strong>sbesondere unter strukturellen und<br />

f<strong>in</strong>anziellen Gesichtspunkten. Weiterführende Regelungen enthält die Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung<br />

»Bundes<strong>in</strong>itiative Frühe Hilfen und <strong>Familienhebammen</strong>«, die zwischen den<br />

Bundesländern und dem Bund mit Wirkung zum 01.07.2012 geschlossen wurde. 10<br />

Die Familienhebamme bietet e<strong>in</strong>e Leistung außerhalb der <strong>in</strong> der Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung<br />

festgelegten gesetzlichen Regelleistungen an. Ihre Tätigkeiten und<br />

Vergütung s<strong>in</strong>d daher das Ergebnis e<strong>in</strong>es Aushandlungsprozesses mit der beauftragenden<br />

Institution und können <strong>in</strong>haltlich und strukturell variieren. Die Familienhebamme<br />

kann auf Honorarbasis oder angestellt arbeiten. 11<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Zur Abrechnung mit den Krankenkassen s<strong>in</strong>d entsprechend der Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung nur freiberufliche<br />

Hebammen und ke<strong>in</strong>e kommunalen Stellen beziehungsweise Stiftungen oder E<strong>in</strong>richtungen der Freien<br />

Wohlfahrtspflege befugt, bei denen e<strong>in</strong>e Hebamme angestellt ist.<br />

<strong>Der</strong> Begriff der »Familienhebamme« ist nicht gesetzlich geschützt, es handelt sich nicht um e<strong>in</strong>e eigenständige<br />

Berufsbezeichnung. Rechtlich s<strong>in</strong>d »<strong>Familienhebammen</strong>« weiterh<strong>in</strong> »Hebammen« und unterliegen den für Hebammen<br />

b<strong>in</strong>denden rechtlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie dem Hebammengesetz und den Berufsordnungen der<br />

Länder. Es gibt derzeit ke<strong>in</strong>e rechtlich verb<strong>in</strong>dliche Regelung bezüglich ihres Tätigkeitsspektrums, ihrer Zusatzqualifikationen<br />

und der Beschäftigungsform. Wer sich Familienhebamme nennen darf, ist aber immer e<strong>in</strong>e staatlich<br />

exam<strong>in</strong>ierte Hebamme mit Berufserlaubnis.<br />

17


18 Leitfaden für Kommunen<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen 19<br />

können <strong>Familienhebammen</strong> gleiChzeitig<br />

aUCh als hebammen tätig se<strong>in</strong>?<br />

Es ist grundsätzlich möglich, dass <strong>Familienhebammen</strong> parallel zu dieser speziellen<br />

Tätigkeit als Hebammen arbeiten. E<strong>in</strong> gängiges Modell ist, dass sie auf Teilzeit- oder<br />

Honorarbasis für e<strong>in</strong>e kommunale Stelle wie dem Jugend- oder Gesundheitsamt oder<br />

e<strong>in</strong>en freien Träger tätig12 und daneben als freiberufliche Hebamme aktiv s<strong>in</strong>d. Dies<br />

bedeutet auch, dass <strong>Familienhebammen</strong> oftmals bei entsprechender Auftragslage bei<br />

derselben Familie auch orig<strong>in</strong>äre Hebammentätigkeiten ausüben können.<br />

Für orig<strong>in</strong>äre Hebammenleistungen müssen sie wie bei allen Leistungen der Regelversorgung<br />

der Hebammenhilfe die notwendigen Versicherungen abschließen und<br />

formale Voraussetzungen wie den Status der Freiberuflichkeit erfüllen. Sie unterliegen<br />

der Quittierungspflicht und s<strong>in</strong>d dem Gesundheitsamt unterstellt. Sie rechnen<br />

die verschiedenen Leistungen als Hebamme der Regelversorgung e<strong>in</strong>erseits und als<br />

Familienhebamme andererseits getrennt <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander ab. Und schließlich müssen<br />

die Leistungen auch <strong>in</strong>haltlich <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander getrennt und jeweils unter Wahrung des<br />

Transparenzgebots13 gegenüber den betreuten Personen ausgeübt werden.<br />

Die andere Möglichkeit ist, dass die Familienhebamme ausschließlich <strong>in</strong> ihrem speziellen<br />

ergänzenden Tätigkeitsfeld arbeitet und die Regelversorgung <strong>von</strong> anderen freiberuflichen<br />

Hebammen ausgeübt wird. Falls die Familienhebamme nicht parallel als<br />

freiberufliche Hebamme tätig ist und ke<strong>in</strong>e Leistungen nach §134a SGB V anbietet, ist<br />

sie mit Hebammen der Regelversorgung vernetzt und vermittelt diese gegebenenfalls<br />

an die <strong>von</strong> ihr betreuten Frauen.<br />

<strong>in</strong> welChem PräventionsbereiCh s<strong>in</strong>D<br />

<strong>Familienhebammen</strong> tätig?<br />

Die Tätigkeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> im Kontext <strong>Früher</strong> Hilfen ist <strong>in</strong> der Sekundärprävention<br />

angesiedelt. Für die sekundäre wie auch für die primäre Prävention gilt,<br />

dass die Inanspruchnahme <strong>von</strong> Leistungen auf dem Pr<strong>in</strong>zip der Freiwilligkeit – <strong>in</strong><br />

diesem Fall der (werdenden) Eltern – basiert. E<strong>in</strong>e Ablehnung der Leistung wird weder<br />

namentlich gemeldet, noch ist sie mit Konsequenzen für die Familie verbunden.<br />

E<strong>in</strong>e eventuelle Weitergabe <strong>von</strong> Daten und Informationen erfordert das E<strong>in</strong>verständnis<br />

der betreffenden Frau/Familie (Transparenzgebot). Falls gewichtige Anhaltspunkte<br />

für e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>dswohlgefährdung wahrgenommen werden, diese mit den Eltern erörtert<br />

wurden und die Eltern nicht bereit s<strong>in</strong>d, bei der Abwendung zu kooperieren, können<br />

Daten auch ohne Zustimmung der Eltern weitergegeben werden. Über die Datenweitergabe<br />

s<strong>in</strong>d die Eltern vorab zu <strong>in</strong>formieren, außer der weitere Schutz des K<strong>in</strong>des ist<br />

dadurch gefährdet.<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

<strong>Familienhebammen</strong>- und hebammentätigkeit <strong>in</strong> Personalunion oder <strong>von</strong> verschiedenen<br />

Personen – beide modelle haben vor- und nachteile!<br />

In der kommunalen Praxis und bei e<strong>in</strong>zelnen Modellprogrammen haben sich beide Ansätze bewährt. Bietet die<br />

Familienhebamme auch gleichzeitig Hebammenleistungen der Regelversorgung für dieselbe Familie an, so ermöglicht<br />

sie e<strong>in</strong>e Betreuungskont<strong>in</strong>uität und die Chance e<strong>in</strong>er durchgehenden Vertrauensbeziehung. Andererseits kann<br />

die Familienhebamme bei diesem Modell aus zeitlichen Gründen weniger Familien betreuen, was unter Umständen<br />

zu Engpässen bei der Betreuung durch <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> der Kommune führen kann.<br />

Manche <strong>Familienhebammen</strong> berichten h<strong>in</strong>gegen, dass e<strong>in</strong>e Trennung der beiden Arbeitsbereiche zur professionellen<br />

Rollenklärung vor allem auch gegenüber den Familien beiträgt. Auch empf<strong>in</strong>den sie es teilweise als entlastend,<br />

die Regelversorgung nicht <strong>in</strong> die <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit <strong>in</strong>tegrieren zu müssen, da diese andere zeitliche<br />

Ressourcen und organisatorische Rahmenbed<strong>in</strong>gungen erfordert.<br />

Letztendlich kann nur im E<strong>in</strong>zelfall entschieden werden, welches Modell vorteilhafter ist. Das jeweils bevorzugte<br />

Betreuungssett<strong>in</strong>g ist auch da<strong>von</strong> abhängig,<br />

• welche Unterstützungsleistungen die Familie benötigt,<br />

• was sich die betreuende Familie wünscht,<br />

• welche Zeitressourcen bei den <strong>Familienhebammen</strong> bzw. Hebammen zur Verfügung stehen,<br />

• nach welchen Beschäftigungsmodellen oder <strong>Familienhebammen</strong>programmen vor Ort gearbeitet wird und<br />

• ob die e<strong>in</strong>gesetzte Familienhebamme die formalen Voraussetzungen erfüllt, um auch orig<strong>in</strong>äre Hebammentätigkeiten<br />

als Regelleistung ausüben zu können.<br />

12 Unterschiedliche Beschäftigungsmodelle<br />

<strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

s<strong>in</strong>d im zweiten Teil des Leitfadens<br />

ausführlicher dargestellt.<br />

13 Das Transparenzgebot bezieht<br />

sich sowohl auf Informationsgew<strong>in</strong>nung<br />

(Datenerhebung) als<br />

auch die Informationsweitergabe<br />

(Datenübermittlung), die nur auf<br />

Grundlage des E<strong>in</strong>verständnisses<br />

durch die betroffene Person erfolgen<br />

darf. Weitere Informationen<br />

zu diesem Stichwort s<strong>in</strong>d im<br />

Glossar enthalten.


20 Leitfaden für Kommunen<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen 21<br />

Präventionsansätze im sozial- und gesundheitswesen werden nach drei<br />

gesichtspunkten differenziert:<br />

• dem Zeitpunkt der Maßnahme: primär, sekundär, tertiär<br />

• dem Bedarf der Zielgruppe: universell, selektiv, <strong>in</strong>diziert<br />

• und dem Ansatzpunkt: personal, strukturell (auch als Verhaltens- oder Verhältnisprävention unterschieden).<br />

Für die Frühen Hilfen s<strong>in</strong>d auch Angebote grundlegend, die sich an alle (werdenden) Eltern mit ihren<br />

K<strong>in</strong>dern im S<strong>in</strong>ne der Gesundheitsförderung richten = universelle primäre Prävention.<br />

In erster L<strong>in</strong>ie wenden sich Frühe Hilfen aber an Familien <strong>in</strong> Problemlagen mit e<strong>in</strong>em besonderen Unterstützungsbedarf<br />

= selektive sekundäre Prävention. Wenn es im Verlauf der Frühen Hilfen dennoch zu e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>deswohlgefährdung<br />

kommt, sorgen Frühe Hilfen dafür, dass weitere Maßnahmen zum Schutz des K<strong>in</strong>des ergriffen werden =<br />

<strong>in</strong>dizierte tertiäre Prävention. 14<br />

Für die Leistungen <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> der sozialen Sekundärprävention gelten<br />

<strong>in</strong>sbesondere folgende Voraussetzungen:<br />

• Die Leistung ist an die Bezahlung e<strong>in</strong>es kommunalen oder freien Trägers gebunden,<br />

sie ist ke<strong>in</strong>e gesetzliche Regelleistung im Rahmen der Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung.<br />

• Die Initiative zur Inanspruchnahme geht <strong>von</strong> der Schwangeren, <strong>von</strong> den Eltern<br />

beziehungsweise den primären Bezugspersonen des K<strong>in</strong>des aus oder wird<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Netzwerkes Frühe Hilfen vermittelt und setzt die Motivation zur<br />

Hilfeannahme der Familie voraus.<br />

• <strong>Der</strong> Zeitpunkt der Beendigung der Hilfeleistung wird <strong>in</strong>nerhalb des zur Verfügung<br />

stehenden Etats <strong>in</strong> Abstimmung mit der Familie bestimmt.<br />

• Die Familienhebamme unterliegt den gesetzlichen Schweigepflichtregelungen15 ,<br />

sie ist Berufsgeheimnisträger<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Weitergabe <strong>von</strong> Daten ist nur nach vorherigem<br />

E<strong>in</strong>verständnis der betreuten Familie zur Aufhebung der Schweigepflicht<br />

möglich.<br />

• Indikation, Dauer und <strong>in</strong>haltlicher Schwerpunkt der Hilfeleistung wird <strong>von</strong> der<br />

beauftragenden Stelle und <strong>in</strong> Abstimmung mit der Familie bestimmt.<br />

• Das Leistungsspektrum der Familienhebamme im ersten Lebensjahr des K<strong>in</strong>des<br />

geht über die vorbehaltene Tätigkeit für Hebammen und die <strong>von</strong> den Krankenkassen<br />

vergüteten Gebührenpunkte h<strong>in</strong>aus. Es kann je nach <strong>in</strong>haltlichem Schwerpunkt<br />

auch <strong>von</strong> anderen Gesundheitsfachberufen im Kontext <strong>Früher</strong> Hilfen<br />

ausgeführt werden.<br />

Wie jede Fachkraft im Feld der Frühen Hilfen muss auch die Familienhebamme unter<br />

Umständen im S<strong>in</strong>ne des K<strong>in</strong>derschutzes aktiv werden, falls sie wichtige Anhaltspunkte<br />

für e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>deswohlgefährdung erkennen sollte.<br />

»Für diesen Fall thematisiert die Familienhebamme gegenüber der Mutter, dem Vater<br />

oder anderen primären Bezugspersonen des Säugl<strong>in</strong>gs die wahrgenommenen<br />

Anhaltspunkte und wirkt soweit erforderlich auf die Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen<br />

h<strong>in</strong>. Sie kann bei der E<strong>in</strong>schätzung der K<strong>in</strong>deswohlgefährdung die Beratung e<strong>in</strong>er<br />

sogenannten <strong>in</strong>soweit erfahrenen Fachkraft h<strong>in</strong>zuziehen. Reichen die eigenen Möglichkeiten<br />

der Familienhebamme nicht aus, um die Gefahr abzuwenden, kann sie das<br />

Jugendamt h<strong>in</strong>zuziehen, nachdem sie den Eltern mitgeteilt hat, dass dies erfolgen<br />

wird. Liegt im Ergebnis ke<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>deswohlgefährdung vor, ist e<strong>in</strong> Fortsetzen der Hilfe<br />

wie gehabt möglich. Kompetenzen <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> im Zusammenhang mit<br />

e<strong>in</strong>er möglichen K<strong>in</strong>deswohlgefährdung beziehen sich daher <strong>in</strong>sbesondere auf diesen<br />

Klärungs- und Vermittlungsprozess«. 16<br />

Die Arbeit der Familienhebamme an der Schnittstelle <strong>von</strong> sekundärer zu tertiärer<br />

Prävention, d. h. im Rahmen e<strong>in</strong>er Hilfe nach § 8a SGB VIII, die das Jugendamt für<br />

notwendig ansieht, um e<strong>in</strong>e Gefährdung abzuwenden, bedarf e<strong>in</strong>er besonderen Aufmerksamkeit.<br />

Obwohl die <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit <strong>in</strong> den Frühen Hilfen ausschließlich<br />

dem sekundärpräventiven Bereich zuzuordnen ist, kann sich e<strong>in</strong> Fall im<br />

Betreuungszeitraum dah<strong>in</strong>gehend entwickeln, dass das Jugendamt se<strong>in</strong>en Schutzauftrag<br />

im S<strong>in</strong>ne des § 8a des SGB VIII ausüben muss. Es kann s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, dass die Familienhebamme<br />

im S<strong>in</strong>ne ihrer sekundärpräventiven Tätigkeit ergänzend zu anderen<br />

Maßnahmen e<strong>in</strong>bezogen bleibt. Sie ist <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall verantwortlich für die Diagnose<br />

e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dswohlgefährdung. Diese sowie auch die E<strong>in</strong>schätzung weiterer Vorgehensweisen<br />

liegen immer <strong>in</strong> der Verantwortung der Jugendhilfe. Die Fortsetzung des Fallbeispiels<br />

zeigt auf, wie dieses Zusammenwirken aussehen kann:<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Das Gesetz zur Kooperation und Information im<br />

K<strong>in</strong>derschutz (KKG) regelt, dass <strong>Familienhebammen</strong><br />

und andere Berufsgruppen <strong>in</strong> den Frühen Hilfen<br />

(sogenannte Berufsgeheimnisträger-/<strong>in</strong>nen) e<strong>in</strong>en<br />

Anspruch auf Beratung durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>soweit erfahrene<br />

Fachkraft gegenüber dem öffentlichen Träger der<br />

Jugendhilfe haben, um das Risiko e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>deswohlgefährdung<br />

besser e<strong>in</strong>schätzen zu können. In diesem<br />

Fall dürfen sie <strong>in</strong> anonymisierter Form erforderliche<br />

Daten zur Verfügung zu stellen (§ 4, Abs. 2, KKG).<br />

14 Diese Beschreibung ist <strong>in</strong> gekürzter<br />

Weise entnommen: Nationales<br />

Zentrum Frühe Hilfen (2009):<br />

Begriffsbestimmung »Frühe<br />

Hilfen« des Wissenschaftlichen<br />

Beirats. <strong>Der</strong> Text ist im Glossar<br />

unter dem Begriff »Frühe Hilfen«<br />

enthalten.<br />

15 Weiterführende Informationen<br />

zum Datenschutz f<strong>in</strong>den sich ab<br />

S. 23 des Leitfadens.<br />

16 NZFH /Hrsg. (2012): Kompetenzprofil<br />

<strong>Familienhebammen</strong>. Köln,<br />

S. 21.


22 Leitfaden für Kommunen<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen 23<br />

FortsetzUng FallbeisPiel<br />

zweiter teil: 6. – 12. lebensmonat des k<strong>in</strong>des<br />

Kurz bevor das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> halbes Jahr alt ist, beobachtet<br />

die Familienhebamme e<strong>in</strong>e zunehmende<br />

Unzufriedenheit und Gereiztheit <strong>von</strong> A. Diese<br />

vernachlässigt nun öfter ihre eigene Pflege und die<br />

der Wohnung und wirkt – egal zu welcher Tageszeit<br />

– unausgeschlafen. <strong>Der</strong> Partner ist beim Besuch<br />

der Familienhebamme, anders als früher, kaum noch<br />

anwesend. <strong>Der</strong> Ernährungs- und Pflegezustand des<br />

K<strong>in</strong>des ist weiterh<strong>in</strong> altersgerecht, jedoch reagiert<br />

die Mutter weniger auf den Blickkontakt des K<strong>in</strong>des,<br />

macht kaum noch Spielangebote und wirkt unterschwellig<br />

aggressiv, wenn das K<strong>in</strong>d unruhig ist<br />

oder längere Zeit schreit (z. B. grober Umgang oder<br />

Anschreien des K<strong>in</strong>des).<br />

Nach mehrmaligem Nachfragen erfährt die Familienhebamme,<br />

dass es Probleme <strong>in</strong> der Partnerschaft gibt<br />

und der K<strong>in</strong>dsvater auf Vermutung <strong>von</strong> A. e<strong>in</strong>e neue<br />

Beziehung e<strong>in</strong>gegangen ist, <strong>von</strong> der er aber bislang<br />

nicht spricht. Die Familienhebamme macht sich<br />

Sorgen, auch weil die junge Mutter <strong>in</strong> der Wohnung<br />

des Freundes lebt und daher <strong>in</strong> besonderem Maße<br />

abhängig <strong>von</strong> ihm ist. Gespräche darüber, vorsorglich<br />

e<strong>in</strong>e andere Wohnmöglichkeit zu suchen, werden<br />

<strong>von</strong> A. abgelehnt, da sie hofft, dass die Krise nur<br />

vorübergehend ist. Die Familienhebamme erhöht die<br />

Frequenz ihrer Besuche und <strong>in</strong>itiiert den wöchentlichen<br />

Besuch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Spielgruppe, um die Mutter aus<br />

der Isolation herauszuholen.<br />

Wenige Tage nach ihrem letzten Besuch erhält die Familienhebamme<br />

e<strong>in</strong>en telefonischen »Hilferuf« <strong>von</strong><br />

A., <strong>in</strong> dem sie mitteilt, dass sie nach e<strong>in</strong>er Eskalation<br />

aus der Wohnung des Freundes »geflogen« sei und<br />

nicht wisse, wo sie h<strong>in</strong>könne. Ihr eigener Vater sei<br />

nicht bereit, sie aufzunehmen und ihre Großmutter<br />

sei ebenfalls nicht dazu <strong>in</strong> der Lage. Gerade sei sie für<br />

e<strong>in</strong> paar Tage bei e<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> untergekommen.<br />

Die Familienhebamme wendet sich im E<strong>in</strong>verständ-<br />

nis mit A. an das Jugendamt, welches kurzfristig<br />

e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nahegelegenen Mutter-K<strong>in</strong>d-<br />

Heim anbietet.<br />

Die junge Mutter wünscht, auch dort <strong>von</strong> der Familienhebamme<br />

besucht zu werden. Die Familienhebamme<br />

f<strong>in</strong>det vorerst e<strong>in</strong>e verzweifelte und antriebsschwache<br />

A. vor, die auf die Signale des K<strong>in</strong>des nur<br />

zögerlich reagiert und nicht <strong>in</strong> der Lage ist, über<br />

ihre Situation zu sprechen. Die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

des Mutter-K<strong>in</strong>d-Heimes gewährleisten durch ihre<br />

kont<strong>in</strong>uierliche Anwesenheit und Unterstützung,<br />

dass A. die Versorgung ihres K<strong>in</strong>des aufrecht erhält<br />

und beobachten die Interaktion <strong>von</strong> Mutter und<br />

K<strong>in</strong>d im H<strong>in</strong>blick auf Zeichen e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dswohlgefährdung,<br />

zum Beispiel <strong>in</strong> Bezug auf das latent<br />

aggressive Verhalten der Mutter <strong>in</strong> besonderen<br />

Belastungssituationen (z. B. bei längeren Schreiphasen<br />

den K<strong>in</strong>des). Sie moderieren außerdem<br />

die Besuche des K<strong>in</strong>dsvaters und achten auf die<br />

Interaktion der Eltern h<strong>in</strong>sichtlich der angestrebten<br />

geme<strong>in</strong>samen Übernahme <strong>von</strong> Verantwortung für<br />

das K<strong>in</strong>d. Gleichzeitig hilft die Familienhebamme<br />

beim Übergang zur Beikost, steht A. als vertraute<br />

Ansprechpartner<strong>in</strong> zur Verfügung und hilft dieser<br />

beim Umgang mit dem K<strong>in</strong>d. Nachdem A. der<br />

Familienhebamme gegenüber ihr E<strong>in</strong>verständnis<br />

zur Aufhebung der Schweigepflicht gegeben hat,<br />

gibt diese den Verantwortlichen im Mutter-K<strong>in</strong>d-<br />

Heim Rückmeldungen über den gesundheitlichen<br />

Zustand des K<strong>in</strong>des.<br />

Langsam aber kont<strong>in</strong>uierlich stabilisiert sich A. emotional.<br />

Sie nimmt zunehmend an den Gruppenangeboten<br />

im Mutter-K<strong>in</strong>d-Heim teil und ist nach e<strong>in</strong><br />

paar Wochen bereit, ihre Zukunftsplanung bezüglich<br />

der Wohnsituation mit dem Allgeme<strong>in</strong>en Sozialen<br />

Dienst (ASD) und zu Möglichkeiten des Schulabschlusses<br />

mit der Schulpädagog<strong>in</strong> zu besprechen.<br />

Die Familienhebamme betreut die Mutter und ihr<br />

K<strong>in</strong>d noch bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres<br />

des K<strong>in</strong>des. Sie kann die Frequenz ihres E<strong>in</strong>satzes<br />

zum Ende des Betreuungszeitraums erheblich<br />

reduzieren.<br />

Damit A. nach dem geplanten Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e eigene<br />

Wohnung auch zukünftig e<strong>in</strong>en Austausch mit<br />

Im zweiten Teil des Fallbeispiels werden verschiedene Schnittstellen zu anderen Unterstützungsleistungen<br />

des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen beschrieben. Es geht unter anderem<br />

darum:<br />

• Welche Anlässe e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Betreuung durch die Familienhebamme erfordern<br />

können.<br />

• Wann und <strong>in</strong> welcher Weise die Familienhebamme ihre Funktion als Lots<strong>in</strong> zu<br />

anderen Angeboten <strong>Früher</strong> Hilfen ausübt (z. B. Vermittlung e<strong>in</strong>es Mutter-K<strong>in</strong>d-<br />

Heimes über das Jugendamt oder zum Allgeme<strong>in</strong>en Sozialen Dienst).<br />

• Wie die Familienhebamme ihre Tätigkeit im Rahmen der sekundären Prävention<br />

weiter ausüben kann und wie sich die Zusammenarbeit mit dem Mutter-K<strong>in</strong>d-<br />

Heim gestaltet.<br />

• Welche Kooperationsformen zwischen der Familienhebamme und den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

des Mutter-K<strong>in</strong>d-Heimes es unter Wahrung des Vertrauensschutzes<br />

ermöglichen, den Kontakt zwischen den Eltern und dem K<strong>in</strong>d zu stabilisieren,<br />

so dass e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>dswohlgefährdung ausgeschlossen werden kann.<br />

• Wie lange die Familienhebamme Mutter und K<strong>in</strong>d begleitet und was sie unternehmen<br />

kann, um den Übergang <strong>in</strong> die selbstverantwortete Lebensphase zu<br />

erleichtern.<br />

Das Fallbeispiel verdeutlicht darüber h<strong>in</strong>aus, dass die E<strong>in</strong>haltung der Datenschutzauflagen<br />

bei e<strong>in</strong>er Zusammenarbeit mit anderen Stellen und Personen des Netzwerkes<br />

<strong>Früher</strong> Hilfen e<strong>in</strong>en besonders sensiblen Punkt darstellen. Im Folgenden sollen<br />

daher die formalen Grundlagen zum Datenschutz e<strong>in</strong>gehender behandelt werden. 17<br />

welChe DatensChUtzaUFlagen müssen<br />

<strong>Familienhebammen</strong> berüCksiChtigen?<br />

<strong>Familienhebammen</strong> bauen im Verlaufe ihrer länger währenden und <strong>in</strong>tensiven<br />

Betreuungstätigkeit e<strong>in</strong> besonderes Vertrauensverhältnis zu der Familie auf. Dies<br />

erfordert e<strong>in</strong>en entsprechend sorgfältigen und transparenten Umgang mit den Auflagen<br />

des Datenschutzes. Nur so kann ihre Glaubwürdigkeit gewahrt bleiben, die<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Frauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vergleichbaren Lebenssituation erhält,<br />

vermittelt die Familienhebamme den Kontakt<br />

zur Selbsthilfegruppe »Berufliche Lebensplanung<br />

für junge Mütter«. Diese Gruppe bietet spezielle<br />

Angebote für junge Mütter an, um die Vere<strong>in</strong>barkeit<br />

<strong>von</strong> Mutterschaft und Schulausbildung zu unterstützen.<br />

A. bekundet ihr Interesse, Kontakt zu der<br />

Selbsthilfegruppe aufzunehmen.<br />

17 <strong>Der</strong> folgende Abschnitt enthält<br />

e<strong>in</strong>ige Aussagen, auf die bereits<br />

an anderer Stelle des Leitfadens<br />

unter e<strong>in</strong>er anderen Themenstellung<br />

h<strong>in</strong>gewiesen wurde.<br />

Im Folgenden geht es um die damit<br />

verbundenen (datenschutz-)<br />

rechtlichen Aspekte.


24 Leitfaden für Kommunen<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen 25<br />

18 Knobloch R,, Selow, M. (2010):<br />

Dokumentation im Hebammenalltag.<br />

S.12.<br />

19 Knobloch R,, Selow, M. (2010):<br />

Dokumentation im Hebammenalltag.<br />

S.17.<br />

20 NZFH (2010): Datenschutz <strong>in</strong><br />

den Frühen Hilfen/Praxiswissen<br />

kompakt, S.31 – 32.<br />

21 Da die Durchführung der<br />

Bundes<strong>in</strong>itiative wissenschaftlich<br />

evaluiert wird, stellen die<br />

<strong>Familienhebammen</strong> dem NZFH<br />

für Forschungszwecke Daten <strong>in</strong><br />

anonymisierter Form zur Verfügung.<br />

Dafür wird e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches<br />

Dokumentationssystem<br />

verwendet.<br />

22 Beide Publikationen stehen unter<br />

anderem auf der Internetseite<br />

des NZFH zur Bestellung oder als<br />

Downloads zur Verfügung<br />

(www.fruehehilfe.de/wissen/<br />

materialien/publikationen).<br />

wiederum e<strong>in</strong>e der zentralen Bed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e gelungene Betreuungsleistung<br />

ist.<br />

Unter dem Begriff der »Familienhebamme« ist unter rechtlichen Gesichtspunkten<br />

ke<strong>in</strong>e neue Berufsbezeichnung zu verstehen. <strong>Familienhebammen</strong> s<strong>in</strong>d rechtlich immer<br />

noch Hebammen, sie unterliegen daher weiterh<strong>in</strong> dem Hebammengesetz sowie<br />

den länderspezifischen Berufsordnungen und den Datenschutzbestimmungen. Damit<br />

gelten für beide Gruppen dieselben Regelungen bezüglich der Schweigepflicht.<br />

Hebammen s<strong>in</strong>d Berufsgeheimnisträger<strong>in</strong>nen:<br />

»Die Hebamme ist gemäß §203 Strafgesetzbuch streng verpflichtet zur Verschwiegenheit<br />

über alle Geheimnisse, die ihr im Rahmen ihrer Berufsausübung anvertraut<br />

wurden oder sonst bekannt geworden s<strong>in</strong>d. Die Bedeutung der Schweigepflicht ist<br />

sehr hoch anzusiedeln, da auf ihr das Vertrauen beruht, das die Frau der Hebamme<br />

entgegenbr<strong>in</strong>gt. Die Schweigepflicht umfasst sowohl Umstände, die sich direkt<br />

aus der Betreuung ergeben als auch alle Umstände aus dem persönlichen Bereich<br />

der Frau, die sie der Hebamme erzählt oder die diese beobachtet. Die Verletzung der<br />

Schweigepflicht hat neben zivil- und arbeitsrechtlichen auch strafrechtliche Konsequenzen<br />

(§ 203 Strafgesetzbuch StGB).« 18<br />

Die Schweigepflicht gilt gegenüber anderen Berufsgruppen (beispielsweise Ärzt<strong>in</strong>nen/Ärzte<br />

oder anderen Hebammen), Familienangehörigen (wozu auch Eltern m<strong>in</strong>derjähriger<br />

Schwangerer/Mütter oder neue Partner-/<strong>in</strong>nen gehören können) und<br />

offiziellen Stellen (Polizei, Gericht, Ämter und Behörden).<br />

Neben den grundlegenden Regelungen zur Schweigepflicht s<strong>in</strong>d die Vorgaben zum<br />

konkreten Umgang mit Daten der betreuten Frauen und Familien <strong>von</strong> Bedeutung.<br />

Auch hier gelten für <strong>Familienhebammen</strong> die Auflagen, wie sie auch für Hebammen<br />

b<strong>in</strong>dend s<strong>in</strong>d:<br />

• Bereits vor der Erhebung der Daten muss die Frau wissen, welche Daten zu welchem<br />

Zweck gesammelt werden und zu welchem Zweck sie weitergeleitet werden.<br />

• Alle Daten s<strong>in</strong>d so aufzubewahren, dass sie gegen den Zugriff Unberechtigter<br />

geschützt s<strong>in</strong>d.<br />

• Die Vernichtung <strong>von</strong> Daten muss gewährleisten, dass diese nicht durch Unbefugte<br />

rekonstruiert werden können.<br />

• Die Datenweitergabe unterliegt der E<strong>in</strong>willigung der Frau. 19<br />

Neben den Auflagen des Hebammengesetztes s<strong>in</strong>d für <strong>Familienhebammen</strong> die<br />

allgeme<strong>in</strong>en Regelungen des Gesundheitswesens (SGB V) und der K<strong>in</strong>der- und<br />

Jugendhilfe (SGB VIII) zum Daten- und Vertrauensschutz sowie zur <strong>in</strong>formationellen<br />

Selbstbestimmung relevant:<br />

• Es gilt das Transparenzgebot, d. h. die betreuten Frauen/Familien werden über alle<br />

Maßnahmen und Absprachen <strong>in</strong>formiert, die die Familienhebamme <strong>in</strong> ihrem Interesse<br />

unternimmt.<br />

• Informationsweitergaben bedürfen der E<strong>in</strong>willigung, Ausnahmen s<strong>in</strong>d nur im<br />

Gefährdungsfall möglich.<br />

• Dies bedeutet auch, dass personenbezogene Daten der Dokumentation bei der<br />

Familienhebamme verbleiben und dem Auftraggeber nur anonymisiert oder nach<br />

E<strong>in</strong>willigung der Familie zur Verfügung gestellt oder überlassen werden kann. 21<br />

• Die Dokumentation muss <strong>von</strong> der Familienhebamme 10 Jahre lang aufbewahrt werden.<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Für Hebammen ergeben sich wie auch für andere Angehörige e<strong>in</strong>es Heilberufs die datenschutzrechtlichen Befugnisse<br />

und Pflichten <strong>in</strong> der Regel nicht durchgehend aus dem Gesetz. E<strong>in</strong> Behandlungs- und Hilfevertrag zwischen<br />

Hebamme und Schwangerer/Mutter muss nicht schriftlich vere<strong>in</strong>bart werden. Das E<strong>in</strong>gehen auf das Gesprächsangebot<br />

der (Familien-)Hebamme bedeutet für die Helfer<strong>in</strong>nenseite e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung auch zur Frage der Zulässigkeit<br />

des Austauschs <strong>von</strong> Informationen und des Nachfragens.<br />

»Zeigt sich bei e<strong>in</strong>er Vorsorgeuntersuchung oder Beratung <strong>in</strong> der Schwangerschaft, während des Aufenthalts <strong>in</strong> der<br />

Geburtskl<strong>in</strong>ik, bei e<strong>in</strong>er Behandlung, während der Begleitung durch e<strong>in</strong>e Hebamme oder bei der Familienbildung<br />

etc., dass weitergehende Hilfe oder Abklärung erforderlich wäre, stellt sich die Frage nach der Gestaltung des wichtigen<br />

Schritts e<strong>in</strong>es Übergangs. Dieser ist nicht gleichzusetzen mit e<strong>in</strong>er »Fallabgabe«, sondern bedeutet e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>zuziehen<br />

e<strong>in</strong>er weiteren helfenden Stelle oder Person, etwa e<strong>in</strong>er Beratungsstelle, (...), des Jugendamtes oder der K<strong>in</strong>derärzt<strong>in</strong>.« 20<br />

Diese Übergänge zu weitergehenden Hilfen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e nicht immer e<strong>in</strong>fache Aufgabe. Die E<strong>in</strong>willigung kann als<br />

Königsweg e<strong>in</strong>er Informationsweitergabe bezeichnet werden. Diese E<strong>in</strong>willigung der Beteiligten im Beziehungssystem<br />

setzt sowohl e<strong>in</strong> Vertrauensverhältnis als auch Zeit und kommunikative Kompetenzen voraus. Das Spektrum<br />

der Hilfen und auch die Konsequenzen der Inanspruchnahme als auch der Nicht- Inanspruchnahme sollten dargestellt<br />

und offen gemacht werden.<br />

Das NZFH hat die Broschüre »Datenschutz bei Frühen Hilfen« veröffentlicht. In dieser werden geme<strong>in</strong>same Grundsätze<br />

des Datenschutzes <strong>in</strong> der Gesundheits- und Jugendhilfe beschrieben und die jeweiligen Datenschutzauflagen<br />

im Gesundheitswesen, <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe sowie <strong>in</strong> der Schwangeren(konflikt)beratung erläutert.<br />

Das Informationszentrum K<strong>in</strong>desmisshandlung / K<strong>in</strong>desvernachlässigung des Deutschen Jugend<strong>in</strong>stituts hat<br />

des Weiteren die Broschüre »Landesgesetzliche Regelungen im Bereich des K<strong>in</strong>derschutzes bzw. der Gesundheitsvorsorge«<br />

veröffentlicht. In ihr werden unter anderem Fragen des Datenschutzes bei verschiedenen Ländervorhaben<br />

(z. B. für e<strong>in</strong> verb<strong>in</strong>dliches E<strong>in</strong>ladungswesen zu <strong>Früher</strong>kennungsuntersuchungen und für verb<strong>in</strong>dliche Meldesysteme<br />

im K<strong>in</strong>derschutz) behandelt. 22


26 Leitfaden für Kommunen<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen 27<br />

Im KKG werden unter anderem die gesetzlichen Vor-<br />

Die Netzwerke <strong>Früher</strong> Hilfen zeichnen sich durch die<br />

Zusammenarbeit <strong>von</strong> Professionen und Institutionen<br />

aus, daraus resultiert e<strong>in</strong> gewachsener Bedarf an Informationen<br />

und Austausch auch zwischen Jugendhilfe<br />

und Gesundheitswesen. Die Themen der Verschwieaussetzungen<br />

für die Weitergabe <strong>von</strong> Informationen genheit und des Vertrauensschutzes sowie deren Wir-<br />

durch Berufsgruppen des Gesundheits-, Sozial- und kung auf e<strong>in</strong>e gelungene Hilfeleistung werden daher<br />

Bildungswesens geregelt, die über vertrauliche Daten<br />

betreuter Familien bzw. Personen verfügen (so-<br />

dr<strong>in</strong>gender.<br />

genannte Berufsgeheimnisträger-/<strong>in</strong>nen). Das Gesetz <strong>Familienhebammen</strong> s<strong>in</strong>d <strong>von</strong> Kooperationen und e<strong>in</strong>er<br />

sieht vor, dass beim Erkennen <strong>von</strong> Anhaltspunkten Vernetzung <strong>in</strong> den Systemen der Frühen Hilfen abhän-<br />

für e<strong>in</strong>e Gefährdung des K<strong>in</strong>des oder Jugendlichen gig. Sie brauchen Wissen darüber, wo es weitergehende<br />

zunächst mit den Betroffenen und Sorgeberechtigten Hilfen gibt und was die Familienmitglieder dort erwar-<br />

geme<strong>in</strong>sam nach Lösungen gesucht wird (§ 4, Abs. ten können. Gleichzeitig benötigen die h<strong>in</strong>zugezogenen<br />

1, KKG). Erst wenn diese Maßnahmen nicht zur Ab- Stellen Kenntnis über die Gründe, warum der Konwendung<br />

e<strong>in</strong>er Gefährdung führen, s<strong>in</strong>d die Berufstakt hergestellt wurde. Die Akteure der Frühen Hilfen<br />

gruppen befugt, das Jugendamt zu <strong>in</strong>formieren und müssen ihre professionellen Rollen und gegenseitige<br />

zu diesem Zweck erforderliche Daten mitteilen. Die Vorurteile reflektieren, dies ist auch für e<strong>in</strong>e Verwirk-<br />

betroffenen Eltern oder Sorgeberechtigten s<strong>in</strong>d vorab lichung des Datenschutzes bedeutsam. E<strong>in</strong>e wertschät-<br />

über diese Informationsweitergabe zu <strong>in</strong>formieren, es zende Haltung zu den Kooperationspartnern hat e<strong>in</strong>en<br />

sei denn, dass damit der wirksame Schutz des K<strong>in</strong>des wesentlichen Anteil an e<strong>in</strong>er kooperativen Haltung der<br />

oder des Jugendlichen <strong>in</strong> Frage gestellt wird.<br />

(§ 4, Abs. 3, KKG).<br />

Beteiligten im Familiensystem.<br />

E<strong>in</strong>er Informationsweitergabe ohne E<strong>in</strong>willigung gehen<br />

verschiedene E<strong>in</strong>schätzungsaufgaben voraus. Rechtliche<br />

Grundlage e<strong>in</strong>er Rechtfertigung ist vor allem der rechtfertigende Notstand <strong>in</strong> §34 des<br />

Strafgesetzbuchs.<br />

In e<strong>in</strong>igen Ländern wurden für den Kontext des K<strong>in</strong>derschutzes spezielle Regelungen<br />

für ausgewählte Berufsgruppen getroffen, zu denen teilweise auch die Hebammen<br />

und andere Gesundheitsberufe gehören.<br />

wie sieht Die <strong>Der</strong>zeitige FortbilDUngs-<br />

sitUation Für <strong>Familienhebammen</strong> aUs?<br />

Bisher haben die meisten <strong>Familienhebammen</strong> ihre Zusatzqualifikation durch Fortund<br />

Weiterbildungen erworben, die <strong>von</strong> den Hebammenlandesverbänden des Deutschen<br />

Hebammenverbands e.V. (DHV) angeboten werden. Diese bauen meistens auf<br />

e<strong>in</strong>em DHV-<strong>in</strong>ternen Curriculum auf, welches den jeweils länderspezifischen Anforderungen<br />

angepasst wurde. Das durchschnittliche Stundenkont<strong>in</strong>gent der Fortbildungen<br />

beträgt derzeit 200 Stunden. In Niedersachsen wird die bisher e<strong>in</strong>zige staatlich<br />

anerkannte Weiterbildung zur Familienhebamme mit 400 Stunden angeboten.<br />

Von den derzeit geschätzten 18.000 – 20.000 berufstätigen Hebammen <strong>in</strong> Deutsch-<br />

land haben ungefähr 1.500 e<strong>in</strong>e <strong>Familienhebammen</strong>fortbildung bei den Landesver-<br />

bänden absolviert, <strong>von</strong> diesen s<strong>in</strong>d nach Schätzungen des DHV 70 – 80 % als Famili-<br />

enhebammen tätig (Stand 09/2012).<br />

Für die Tätigkeit als Familienhebamme besteht e<strong>in</strong> Qualifizierungsbedarf <strong>in</strong> allen<br />

Belangen, die über die mediz<strong>in</strong>ischen und psycho-sozialen Kompetenzen der Regelversorgung<br />

der Hebammenhilfe im außerkl<strong>in</strong>ischen Bereich h<strong>in</strong>ausgehen. So betreuen<br />

Hebammen die Familien nach der 8. Lebenswoche des K<strong>in</strong>des nur noch e<strong>in</strong>geschränkt<br />

und lediglich bezogen auf die Ernährung des K<strong>in</strong>des oder wenn e<strong>in</strong>e Verschreibung<br />

e<strong>in</strong>es Arztes bzw. e<strong>in</strong>er Ärzt<strong>in</strong> vorliegt.<br />

E<strong>in</strong>e zusätzliche Qualifizierung für das Aufgabengebiet der <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong><br />

Grundlagenkenntnissen, Praxiswissen und Handlungskompetenzen wird durch die<br />

Curricula der Landeshebammenverbände pr<strong>in</strong>zipiell zu folgenden Themenbereichen<br />

abgedeckt:<br />

grUnDlagenkenntnisse UnD Praxiswissen<br />

• Entwicklung des K<strong>in</strong>des im ersten Lebensjahr.<br />

• Grundlagen der Mutter-K<strong>in</strong>d-Beziehung (Eltern-K<strong>in</strong>d-Beziehung).<br />

• Elternkompetenzen zur Gesundheitsförderung <strong>von</strong> K<strong>in</strong>dern im ersten<br />

Lebensjahr.<br />

• Kommunale Strukturen, Dienste und gesetzliche Regelungen im Querschnittsbereich<br />

Gesundheitswesen und K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe.<br />

hanDlUngskomPetenzen<br />

• Ressourcenorientierung (bezogen auf die Möglichkeiten der Mutter/Familie).<br />

• Förderung der Mutter-K<strong>in</strong>d-Beziehung (Eltern-K<strong>in</strong>d-Beziehung).<br />

• Förderung der Elternkompetenz.<br />

• Zielführende Kommunikation (Gesprächsführung).<br />

• Authentizität und Transparenz <strong>in</strong> der professionellen Rolle (u.a. Auftragsklärung).<br />

• Zielf<strong>in</strong>dung & Motivation (bezogen auf die Mutter/Familie, um realistische Ziele<br />

zu vere<strong>in</strong>baren, bei Bedarf Partner/Partner<strong>in</strong>nen des Netzwerkes e<strong>in</strong>beziehen).<br />

• Zeitmanagement.<br />

• Hilfestellungen bei lebenspraktischen Fragen und ggf. H<strong>in</strong>zuziehung kommunaler<br />

Dienste oder anderer Unterstützungsleistungen des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen<br />

(Funktion als Lots<strong>in</strong>).<br />

• Zusammenarbeit mit den Koord<strong>in</strong>ierungsstellen der lokalen Netzwerke <strong>Früher</strong><br />

Hilfen.<br />

Bisher lag es auch an regionalen und länderspezifischen Ausprägungen der <strong>Familienhebammen</strong>arbeit<br />

und <strong>in</strong> der Verantwortung der Auftraggeber-/<strong>in</strong>nen, welches<br />

Qualifikationsprofil für e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz als Familienhebamme anerkannt wurde. Dies<br />

konnten neben den bekannten Fortbildungen auch der Nachweis e<strong>in</strong>zelner Fortbildungsmodule,<br />

e<strong>in</strong>e langjährige Berufserfahrung als Hebamme <strong>in</strong> der Betreuung <strong>von</strong><br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat


28 Leitfaden für Kommunen<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen 29<br />

Im Rahmen der Bundes<strong>in</strong>itiative erhalten die Länder für die Durchführung <strong>von</strong> Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

<strong>Familienhebammen</strong> und vergleichbare Berufsgruppen aus dem Gesundheitsbereich Fördermittel (Art. 5, Abs. 2 der<br />

Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung). Informationen über länderspezifische Qualifizierungsangebote und Fördermöglichkeiten<br />

s<strong>in</strong>d unter anderem über die Internetportale zur Bundes<strong>in</strong>itiative des jeweiligen Bundeslandes zu beziehen. 23<br />

Familien mit e<strong>in</strong>em besonderen Unterstützungsbedarf oder zusätzliche Studienabschlüsse<br />

(z. B. <strong>in</strong> Sozialpädagogik oder Hebammenwissenschaften) se<strong>in</strong>.<br />

<strong>Familienhebammen</strong>, die über die Bundes<strong>in</strong>itiative Frühe Hilfen beschäftigt werden,<br />

sollen Kenntnisse aufweisen, die sich auf das im folgenden Kapitel behandelte Kompetenzprofil<br />

beziehen. Diese können weiterh<strong>in</strong> durch die Fortbildungsangebote der<br />

Hebammenlandesverbände, aber auch durch andere Qualifizierungsmaßnahmen erworben<br />

werden (z. B. e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>schlägiges Studium).<br />

Bei der Beschäftigung <strong>von</strong> Hebammen ohne abgeschlossene Zusatzqualifikation als<br />

Familienhebamme oder e<strong>in</strong>em vergleichbaren Abschluss sollte im Rahmen der Bundes<strong>in</strong>itiative<br />

darauf geachtet werden, dass die Bewerber<strong>in</strong>nen auf jeden Fall mit entsprechenden<br />

Fortbildungsmaßnahmen beg<strong>in</strong>nen und <strong>in</strong>tensiv durch Fachberatung<br />

und Supervision begleitet werden.<br />

Bei Hebammen mit e<strong>in</strong>er langen Berufserfahrung <strong>in</strong> der Betreuung <strong>von</strong> Familien mit<br />

e<strong>in</strong>em erhöhten Unterstützungsbedarf sollte <strong>in</strong> Ausnahmefällen e<strong>in</strong>e »Nachqualifizierung«<br />

fehlender E<strong>in</strong>zelkompetenzen durch den Besuch e<strong>in</strong>zelner Fortbildungsmodule<br />

möglich se<strong>in</strong>.<br />

welChe relevanz hat Das »komPetenz-<br />

ProFil Familienhebamme« Für Die bUnDes<strong>in</strong>itiative?<br />

Für die Tätigkeit als <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> der »Bundes<strong>in</strong>itiative Frühe Hilfen« dient<br />

das »Kompetenzprofil <strong>Familienhebammen</strong>« des NZFH als Referenzrahmen für die<br />

e<strong>in</strong>gesetzten Fachkräfte. In der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung (§ 2, Abs. 4) heißt es dazu:<br />

»Förderfähig s<strong>in</strong>d der E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> und vergleichbaren Berufsgruppen<br />

aus dem Gesundheitsbereich im Kontext <strong>Früher</strong> Hilfen. Sie sollen dem <strong>von</strong><br />

Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) erarbeiteten Kompetenzprofil entsprechen<br />

oder <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne qualifiziert und <strong>in</strong> e<strong>in</strong> für Frühe Hilfen zuständiges Netzwerk<br />

e<strong>in</strong>gegliedert werden. Die Länder haben die Möglichkeit, e<strong>in</strong> darüber h<strong>in</strong>ausgehendes<br />

Profil festzulegen.«<br />

Entwickelt wurde das »Kompetenzprofil <strong>Familienhebammen</strong>« <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit Expert<strong>in</strong>nen und Experten aus Wissenschaft und Praxis. Auf diese Weise mode-<br />

rierte das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) e<strong>in</strong>en Prozess, an dessen Ende e<strong>in</strong><br />

fachlicher Konsens aller im Themenfeld relevanten Akteure steht. In se<strong>in</strong>er Systematik<br />

orientiert sich das Kompetenzprofil <strong>Familienhebammen</strong> am Deutschen Qualifikationsrahmen<br />

für lebenslanges Lernen (DQR). Damit entspricht es dem gültigen (auch<br />

europäischen) Standard für Kompetenzprofile und bietet e<strong>in</strong>e gute Ausgangsbasis für<br />

unterschiedliche Fort- und Weiterbildungsformate – und deren Vergleichbarkeit.<br />

Das »Kompetenzprofil <strong>Familienhebammen</strong>« ist ke<strong>in</strong> Curriculum, sondern versteht<br />

sich als umfassender Referenzrahmen für die Kompetenzen <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong>.<br />

Es soll denjenigen als Orientierungshilfe dienen, die Module und Lehrpläne für die<br />

<strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit konzipieren. Fortbildungen können auf diese Weise<br />

kompetenzorientiert entlang der Handlungsanforderungen ausgerichtet werden. Außerdem<br />

wird deutlich, für welches umfassende Kompetenzprofil e<strong>in</strong>e Familienhebamme<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fortbildung sensibilisiert werden sollte, auch wenn nicht alle Handlungsanforderungen<br />

im Zuge e<strong>in</strong>er Fortbildung vermittelt werden können.<br />

Das Kompetenzprofil <strong>Familienhebammen</strong> beantwortet die Frage »was weiß oder<br />

kann die Familienhebamme?« Viele e<strong>in</strong>zelne Kompetenzbeschreibungen weisen aus,<br />

welches Wissen, welche Fertigkeiten, welche Sozialkompetenzen oder welche Selbstkompetenzen<br />

e<strong>in</strong>e Familienhebamme für ihre Tätigkeit benötigt. Die e<strong>in</strong>zelnen Kompetenzen<br />

verteilen sich auf zehn Handlungsanforderungen, unter denen charakteristische<br />

Aufgaben der <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit zu verstehen s<strong>in</strong>d. Diese werden<br />

wiederum fünf Kategorien zugeordnet, die sowohl die Betreuungsarbeit <strong>in</strong> den Familien<br />

als auch die Tätigkeit für das Netzwerk <strong>Früher</strong> Hilfen umfassen:<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

23 E<strong>in</strong>e Übersicht der derzeit zur Verfügung<br />

stehenden Länderportale<br />

steht <strong>in</strong> der Endversion auf der<br />

<strong>in</strong>neren Umschlagseite am Ende<br />

des Leitfadens.


30<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

QUalitätsentwiCklUng<br />

1. die Hebamme entwickelt und festigt e<strong>in</strong>e professionelle Haltung als familienhebamme<br />

2. die familienhebamme setzt Strategien der Qualitätsentwicklung und maßnahmen der Qualitäts-<br />

sicherung <strong>in</strong> ihrer tätigkeit um<br />

gesUnDheit UnD entwiCklUng Des säUgl<strong>in</strong>gs<br />

3. die familienhebamme unterstützt mutter, Vater bzw. andere primäre Bezugspersonen bei der<br />

Versorgung und Gesundheitsförderung des Säugl<strong>in</strong>gs<br />

4. die familienhebamme geht auf die entwicklung und regulationsfertigkeiten des Säugl<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong><br />

und unterstützt entsprechend mutter, Vater bzw. andere primäre Bezugspersonen<br />

gesUnDheit UnD entlastUng <strong>Der</strong> Primären bezUgsPersonen<br />

5. die familienhebamme unterstützt mutter, Vater oder andere primäre Bezugspersonen bei deren<br />

Gesunderhaltung<br />

6. die familienhebamme geht auf die Belastungen der mutter, des Vaters oder anderer primärer<br />

Bezugspersonen des Säugl<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> und unterstützt diese, ihre ressourcen zu aktivieren<br />

beziehUng UnD <strong>in</strong>teraktion <strong>Der</strong> Primären bezUgsPersonen<br />

mit Dem säUgl<strong>in</strong>g<br />

7. die familienhebamme unterstützt mutter, Vater bzw. andere primäre Bezugspersonen bei der<br />

Beziehungsgestaltung zum Säugl<strong>in</strong>g<br />

kooPeration<br />

8. die familienhebamme kooperiert mit dem (öffentlichen) auftraggeber<br />

9. die familienhebamme arbeitet <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är und vernetzt und nimmt e<strong>in</strong>e Lots<strong>in</strong>nenfunktion<br />

gegenüber der familie e<strong>in</strong><br />

10. die familienhebamme nimmt die Signale e<strong>in</strong>er Gefährdung des K<strong>in</strong>deswohls wahr und wird<br />

zum Schutz des K<strong>in</strong>deswohls aktiv<br />

vier beisPiele Für komPetenzen<br />

»Die Familienhebamme… «<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

»… weiß um die Unterschiede <strong>in</strong> der professionellen rolle als hebamme und<br />

Familienhebamme«<br />

WiSSen zur Handlungsanforderung<br />

»die Hebamme entwickelt und festigt e<strong>in</strong>e professionelle Haltung als familienhebamme«<br />

<strong>in</strong> der Kategorie »Qualitätsentwicklung«<br />

»… erkennt die bestehenden pflegerischen und gesundheitsförderlichen kompetenzen der<br />

mutter, des vaters bzw. e<strong>in</strong>er anderen primären bezugsperson und kann diese bestärken«<br />

fertiGKeit zur Handlungsanforderung<br />

»die familienhebamme unterstützt mutter, Vater bzw. e<strong>in</strong>e andere primäre Bezugsperson bei der<br />

Versorgung und Gesundheitsförderung des Säugl<strong>in</strong>gs im ersten Lebensjahr«<br />

<strong>in</strong> der Kategorie »Gesundheit und entwicklung des Säugl<strong>in</strong>gs«<br />

»… kann mutter, vater oder e<strong>in</strong>e andere primäre bezugsperson anregen und motivieren,<br />

das eigene soziale netzwerk zu aktivieren«<br />

SoZiaLKompetenZ zur Handlungsanforderung<br />

»die familienhebamme unterstützt mutter, Vater oder e<strong>in</strong>e andere primäre Bezugsperson des<br />

Säugl<strong>in</strong>gs bei deren Gesunderhaltung«<br />

<strong>in</strong> der Kategorie »Gesundheit und entlastung der primären Bezugsperson«<br />

»… kann kritisch wechselwirkungen <strong>von</strong> vertrauensschutz und (öffentlichem) auftrag<br />

erkennen und reflektieren«<br />

SeLBStKompetenZ zur Handlungsanforderung<br />

»die familienhebamme kooperiert mit dem (öffentlichen) auftraggeber«<br />

<strong>in</strong> der Kategorie »Kooperation« 24<br />

Nicht alle im Kompetenzprofil aufgelisteten Kompetenzen werden im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

Fortbildung sondern vielmehr auch im Verlaufe der eigenen Berufspraxis erworben.<br />

Vor allem Kompetenzen im Bereich der Selbstreflexion s<strong>in</strong>d darüber h<strong>in</strong>aus fortwährend<br />

durch Supervision oder fachliche Beratung, die <strong>in</strong> der Bundes<strong>in</strong>itiative als Unterstützungsmaßnahmen<br />

vorgesehen s<strong>in</strong>d, berufsbegleitend umzusetzen.<br />

24 Die Beispiele s<strong>in</strong>d dem Kompetenzprofil<br />

<strong>Familienhebammen</strong> des<br />

NFZH entnommen. Es steht auf<br />

der Internetseite des NZFH zur<br />

Bundes<strong>in</strong>itiative zur Verfügung<br />

(www.fruehehilfen.de/<br />

bundes<strong>in</strong>itiative).<br />

Um die Koord<strong>in</strong>ierungsstellen der Länder bei der Entwicklung <strong>von</strong> Qualifizierungsangeboten für <strong>Familienhebammen</strong><br />

zu unterstützen, wird das NZFH mehrere Fortbildungsmodule auf Grundlage des Kompetenzprofils entwickeln.<br />

Es s<strong>in</strong>d zehn kompetenzorientierte Module zu ausgewählten Handlungsanforderungen geplant, die nach<br />

und nach bis Ende 2013 unter anderem auf dem Internetportal des NZFH veröffentlicht werden.<br />

31


32 Leitfaden für Kommunen<br />

daS tätiGKeitSSpeKtrum Von famiLienHeBammen 33<br />

welChe weiteren gesUnDheitsberUFe<br />

können <strong>in</strong> Die betreUUng <strong>von</strong> Familien<br />

im rahmen <strong>Der</strong> bUnDes<strong>in</strong>itiative e<strong>in</strong>-<br />

bezogen werDen?<br />

Durch die Bundes<strong>in</strong>itiative sollen <strong>in</strong> den nächsten Jahren <strong>Familienhebammen</strong> bedarfsgerecht<br />

<strong>in</strong> ganz Deutschland e<strong>in</strong>gesetzt werden. Da es aber zurzeit schätzungsweise<br />

nur rund 1500 <strong>von</strong> den Hebammenlandesverbänden zertifizierte <strong>Familienhebammen</strong><br />

gibt, <strong>von</strong> denen nach Schätzungen des DHV e.V. circa 1000 bis 1200 auch als<br />

solche (meist <strong>in</strong> Teilzeit) tätig s<strong>in</strong>d, kann <strong>in</strong> den kommenden Jahren nicht <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er<br />

ausreichenden Versorgung durch <strong>Familienhebammen</strong> ausgegangen werden.<br />

E<strong>in</strong> wichtiger fachlicher Gesichtspunkt ist außerdem, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Betreuungssituationen<br />

vor allem die Professionalität e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>derkrankenpfleger<strong>in</strong> bzw. e<strong>in</strong>es<br />

K<strong>in</strong>derkrankenpflegers erforderlich ist. Dies trifft <strong>in</strong>sbesondere bei e<strong>in</strong>em chronisch<br />

kranken oder beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>d zu. Auch aus diesem Grund wurde der Kreis der<br />

Gesundheitsfachberufe, die über die Bundes<strong>in</strong>itiative gefördert werden können, erweitert.<br />

In der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung (§ 2, Abs. 4) s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong> Frage kommenden<br />

Berufe genau festgelegt: neben <strong>Familienhebammen</strong>, Hebammen und Familiengesundheitshebammen<br />

gehören Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger<strong>in</strong>nen bzw.<br />

Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger sowie die Berufsgruppe der Familien-Gesundheits-<br />

und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger<strong>in</strong>nen bzw. Familien-Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger<br />

dazu. Voraussetzung ist, dass die Qualifikation dieser Fachkräfte<br />

dem entsprechenden Kompetenzprofil des NZFH entspricht.<br />

Das NZFH wird analog zum Kompetenzprofil <strong>Familienhebammen</strong> geme<strong>in</strong>sam mit<br />

Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertretern verschiedener Berufs- und Fachverbände aus der<br />

K<strong>in</strong>derkrankenpflege e<strong>in</strong> »Kompetenzprofil Familien-Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger-/<strong>in</strong>nen«<br />

entwickeln. Es wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2013 vorliegen<br />

und danach auf dem Internetportal des NZFH zur Verfügung gestellt werden.<br />

Familien-, gesundheits- und k<strong>in</strong>derkrankenpfleger<strong>in</strong><br />

Die Familien-Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger-/<strong>in</strong>nen absolvieren nach<br />

qualifiziertem Berufsabschluss <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>derkrankenpflege ähnlich wie die <strong>Familienhebammen</strong><br />

e<strong>in</strong>e Fortbildung im Umfang <strong>von</strong> 280 Stunden. Diese wird nach dem<br />

Curriculum des Berufverbandes K<strong>in</strong>derkrankenpflege <strong>in</strong> Deutschland e.V. und der<br />

Interessengeme<strong>in</strong>schaft freiberuflich und/oder präventiv tätiger K<strong>in</strong>derkrankenschwestern<br />

e.V. durchgeführt. Die Familien-Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger-/<strong>in</strong>nen<br />

stärken die Kompetenz <strong>von</strong> Familien, <strong>in</strong>sbesondere bei beh<strong>in</strong>derten oder<br />

chronisch kranken K<strong>in</strong>dern, Frühgeborenen, K<strong>in</strong>dern mit Regulationsstörungen und<br />

bei anderweitig belastenden Lebenssituationen. Dabei arbeiten sie mit den Netzwerkpartnern-<br />

und partner<strong>in</strong>nen der Frühen Hilfen zusammen. Ihre Leistungen erbr<strong>in</strong>gen<br />

sie bei Hausbesuchen oder <strong>in</strong> der Begleitung zu weiteren Angeboten.<br />

Familiengesundheitspfleger/<strong>in</strong>nen und –hebammen<br />

Die Familiengesundheitspfleger-/<strong>in</strong>nen und Familiengesundheitshebammen arbeiten<br />

nach e<strong>in</strong>em Ansatz der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und bieten e<strong>in</strong>e<br />

familien-und gesundheitsorientierte, geme<strong>in</strong>denahe Dienstleistung an. Die staatlich<br />

anerkannte Weiterbildung »Familiengesundheit für Pflegende und Hebammen« ermöglicht<br />

e<strong>in</strong>e Spezialisierung für die Arbeit <strong>in</strong> den Familien, dauert zwei Jahre und<br />

umfasst <strong>in</strong>sgesamt 1.560 Stunden. Sie wird vom »Kompetenzzentrum Familiengesundheitspflege«<br />

des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe e.V. (DBfK) angeboten.<br />

Familiengesundheitspfleger-/<strong>in</strong>nen und Familiengesundheitshebammen beraten<br />

und unterstützen Familien <strong>in</strong> Alltags- und Gesundheitsfragen, sie sollen sie »befähigen,<br />

gesunde Lebensstile für sich zu f<strong>in</strong>den, ihre Selbstständigkeit und Eigenverantwortung<br />

stärken, frühzeitig aktuelle und potentielle Gesundheitsprobleme erkennen<br />

sowie entsprechende Maßnahmen planen und evaluieren. 25 «<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Nur staatlich anerkannte Hebammen dürfen sich unter den beschriebenen Voraussetzungen »Familienhebamme«<br />

bzw. »Familiengesundheitshebamme« nennen.<br />

Alle <strong>in</strong> der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung genannten Gesundheitsfachberufe können, sofern sie e<strong>in</strong>e Qualifizierung<br />

entsprechend des jeweiligen Kompetenzprofils des NZFH absolviert haben, für die Betreuung <strong>von</strong> Familien im<br />

Kontext <strong>Früher</strong> Hilfen unter Nennung ihrer anerkannten Berufsbezeichnung e<strong>in</strong>gesetzt werden. Die Schwerpunkte<br />

ihrer Tätigkeit und die besonderen E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten ergeben sich unter anderem aus der Grundqualifikation.<br />

Das NZFH erarbeitet derzeit geme<strong>in</strong>sam mit den Ländern e<strong>in</strong>e Übergangslösung für Angehörige verschiedener<br />

Gesundheitsberufe, die bereits <strong>in</strong> den Frühen Hilfen tätig s<strong>in</strong>d, jedoch nicht die formalen Voraussetzungen des<br />

Kompetenzprofils erfüllen. Ziel dieser Beratungen ist es, dass diese Fachkräfte weiterh<strong>in</strong> ihre Tätigkeit ausüben<br />

können und parallel entsprechende Zusatzqualifikationen erwerben.<br />

25 Weskamm, A. (2010): Jonglierkunst<br />

gefragt. Familiengesundheitspflege<br />

<strong>in</strong> Deutschland.<br />

Dr. med. Mabuse 184. S. 41– 44.


34 Leitfaden für Kommunen<br />

35<br />

Die e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>DUng <strong>von</strong><br />

<strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> Das<br />

netzwerk <strong>Früher</strong> <strong>hilFen</strong><br />

wie sieht Die Fallbezogene zUsammen-<br />

arbeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> mit an<strong>Der</strong>en<br />

beteiligten Des netzwerkes aUs?<br />

Je nach Lebenssituation und Bedarf können Unterstützungsangebote für Familien <strong>in</strong><br />

den Frühen Hilfen sehr vielfältig se<strong>in</strong>. Oft s<strong>in</strong>d mehrere Berufsgruppen und E<strong>in</strong>richtungen<br />

des Sozial- und Gesundheitssystems gleichzeitig oder zu unterschiedlichen<br />

Zeitpunkten an dem Unterstützungsprozess beteiligt. Die Kooperation <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

mit anderen Fachkräften und E<strong>in</strong>richtungen des Netzwerkes <strong>Früher</strong><br />

Hilfen sieht daher <strong>in</strong> jedem Unterstützungsprozess anders aus. Das folgende Beispiel<br />

beschreibt Anlässe und Inhalte e<strong>in</strong>er solchen fallbezogenen Zusammenarbeit aus<br />

Sicht der Familienhebamme:<br />

FallbeisPiel<br />

Die alle<strong>in</strong>stehende 26-jährige B. stammt aus Gu<strong>in</strong>ea/<br />

Afrika und lebt seit drei Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wohnheim<br />

für Asylbewerber-/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Deutschland. B. ist <strong>in</strong><br />

der 36. Schwangerschaftswoche und hat bereits e<strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>d im Alter <strong>von</strong> zwei Jahren, das bei Pflegeeltern<br />

lebt. Zwischen der leiblichen Mutter und dem K<strong>in</strong>d<br />

besteht e<strong>in</strong> regelmäßiger Kontakt.<br />

B. leidet an e<strong>in</strong>er Schwangerschaftsdiabetes, dadurch<br />

s<strong>in</strong>d regelmäßige Arztbesuche und gelegentliche<br />

Krankenhausaufenthalte notwendig. Außerdem bef<strong>in</strong>det<br />

sie sich seit längerem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er psychotherapeutischen<br />

Behandlung, da sie aufgrund ihrer schwieri-<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

gen Lebenssituation immer wieder depressive Phasen<br />

durchlebt.<br />

B. wird <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Schwangerschaftsberatungsstelle<br />

betreut. Dort stellt man unter anderem den Kontakt<br />

zur Hebamme her, die B. bereits bei der ersten<br />

Schwangerschaft betreut hat. Nach E<strong>in</strong>schätzung der<br />

dortigen Mitarbeiter<strong>in</strong> liegt bei der Schwangeren jedoch<br />

e<strong>in</strong>e überdurchschnittlich hohe psycho-soziale<br />

und gesundheitliche Belastungssituation vor. Diese<br />

wird zusätzlich durch e<strong>in</strong>e ungeklärte Aufenthaltserlaubnis,<br />

Sprachbarrieren, schwierige Wohnverhältnisse<br />

und soziale Isolation erschwert. Sie vermittelt


36 Leitfaden für Kommunen<br />

die e<strong>in</strong>B<strong>in</strong>dunG Von famiLienHeBammen <strong>in</strong> daS netZWerK früHer HiLfen 37<br />

daher den Kontakt zur Familienhebamme, womit B.<br />

e<strong>in</strong>verstanden ist.<br />

Das Gesundheitsamt, das <strong>in</strong> dieser Region für die<br />

F<strong>in</strong>anzierung und Vermittlung <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

zuständig ist, bewilligt nach e<strong>in</strong>em Beratungsgespräch<br />

mit allen Beteiligten zunächst e<strong>in</strong><br />

monatliches Kont<strong>in</strong>gent <strong>von</strong> maximal 12 Stunden.<br />

Die Familienhebamme ist auf Honorarbasis tätig<br />

und rechnet ihre Leistungen auf Stundenbasis mit<br />

dem Gesundheitsamt ab.<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n der Tätigkeit verschafft sich die Familienhebamme<br />

geme<strong>in</strong>sam mit B. e<strong>in</strong> möglichst<br />

genaues Bild ihrer Lebenssituation. Es wird schnell<br />

deutlich, dass e<strong>in</strong>e Kontaktaufnahme zu verschiedenen<br />

Fachkräften und Stellen des Gesundheitsund<br />

Sozialwesens s<strong>in</strong>nvoll ist. Daher lässt sich die<br />

Familienhebamme <strong>von</strong> B. e<strong>in</strong>e schriftliche Schweigepflichtentb<strong>in</strong>dung<br />

geben. Damit B. den Inhalt<br />

dieser E<strong>in</strong>willigung nachvollziehen kann, wird e<strong>in</strong><br />

Dolmetscher h<strong>in</strong>zugezogen. Die Verständigung mit<br />

B. <strong>in</strong> alltäglichen Situationen ist jedoch problemlos<br />

<strong>in</strong> deutscher Sprache möglich.<br />

Die Familienhebamme besucht B. e<strong>in</strong>- bis zweimal<br />

die Woche für circa e<strong>in</strong>e Stunde. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

unternimmt sie bis zur Geburt des K<strong>in</strong>des folgende<br />

Aktivitäten26 :<br />

• Sie stimmt sich <strong>in</strong> mehreren Telefonaten mit der<br />

Hebamme ab, die B. während der Schwangerschaft<br />

betreut.<br />

• Es f<strong>in</strong>den telefonische Beratungen mit der<br />

betreuenden Psychotherapeut<strong>in</strong> statt. In e<strong>in</strong>er<br />

akuten Krisensituation nimmt die Familienhebamme<br />

auf Wunsch <strong>von</strong> B. an e<strong>in</strong>er Therapiesitzung<br />

teil.<br />

• Mit dem kommunalen Ausländerbüro stimmt die<br />

Familienhebamme Fragen ab, die sich aufgrund<br />

des Asylbewerberstatus der betreuten Frau ergeben,<br />

und sie kümmert sich um die Vermittlung<br />

und Kostenübernahme e<strong>in</strong>es Dolmetschers bei<br />

bestimmten Anlässen.<br />

• Sie unterstützt B. bei der Auswahl der Geburtskl<strong>in</strong>ik<br />

und tauscht sich dort geme<strong>in</strong>sam mit B. mit<br />

den Hebammen des Kreißsaals über die spezifischen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die Geburt aus,<br />

die sich aufgrund des Gesundheitszustands und<br />

der besonderen sozio-kulturellen Lebenssituation<br />

<strong>von</strong> B. ergeben.<br />

• Mit der Leitung des Wohnheims bespricht die<br />

Familienhebamme, wie die Wohnsituation <strong>von</strong><br />

B. nach der Geburt ihres K<strong>in</strong>des so verbessert<br />

werden kann, dass sie den Bedürfnissen <strong>von</strong><br />

Mutter und K<strong>in</strong>d besser entspricht.<br />

• Sie nimmt Kontakt zum Familienzentrum der<br />

Arbeiterwohlfahrt <strong>in</strong> der Nähe des Wohnheims<br />

<strong>von</strong> B. auf. Mit der dortigen Mitarbeiter<strong>in</strong> tauscht<br />

sie sich darüber aus, welche sozialen Kontakte<br />

für B. hilfreich wären. Die E<strong>in</strong>richtung stellt die<br />

Verb<strong>in</strong>dung zu der kirchlichen Selbsthilfegruppe<br />

»Freunde für Afrika« her, die sich regelmäßig <strong>in</strong><br />

dem Familienzentrum trifft.<br />

• Die Familienhebamme begleitet B. zu e<strong>in</strong>em<br />

ersten Treffen mit der Gruppe. B. fühlt sich dort<br />

<strong>von</strong> Anfang an wohl. E<strong>in</strong>ige Frauen der Gruppe<br />

erklären sich bereit, B. vor und nach der Geburt<br />

<strong>in</strong>tensiver zu begleiten. B. erlebt diese Unterstützung<br />

als besonders hilfreich, da sie sich mit Frauen<br />

e<strong>in</strong>er ähnlichen ethnisch-kulturellen Herkunft<br />

zu Fragen rund um das Thema Geburt und<br />

Mutterschaft austauschen kann.<br />

• Außerdem ist die Familienhebamme bei e<strong>in</strong>igen<br />

Treffen mit den Pflegeeltern des älteren K<strong>in</strong>des<br />

<strong>von</strong> B. dabei.<br />

Bereits dieser Ausschnitt e<strong>in</strong>es längeren Betreuungsprozesses veranschaulicht die<br />

Vielzahl an potenziellen Abstimmungen und Kontakten der Familienhebamme, beispielweise:<br />

• Zu welchen Anlässen Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialwesen anzusprechen<br />

s<strong>in</strong>d (z. B. Hebamme, Psychotherapeut<strong>in</strong>).<br />

• Wann (zusätzlich zum Gesundheits- und/oder Jugendamt) weitere kommunale<br />

Dienste e<strong>in</strong>bezogen werden sollten (z. B. Ausländeramt).<br />

• Wie die Vermittlung zwischen der außerkl<strong>in</strong>ischen Betreuung durch die Familienhebamme<br />

und den Hebammen <strong>in</strong> der Geburtskl<strong>in</strong>ik erfolgt.<br />

• Welche E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> kommunaler oder freier Trägerschaft im Bedarfsfall<br />

h<strong>in</strong>zugezogen werden können (z. B. AWO-Familienzentrum).<br />

• Wie auf Anregung der Familienhebamme ehrenamtliche oder private Initiativen<br />

Unterstützungsleistungen übernehmen (Selbsthilfegruppe »Freunde für Afrika«).<br />

Das Fallbeispiel verdeutlicht die Dr<strong>in</strong>glichkeit, dass sich <strong>Familienhebammen</strong> zu Beg<strong>in</strong>n<br />

ihrer Tätigkeit e<strong>in</strong> genaues Bild darüber machen sollten, welche Fachkräfte und<br />

E<strong>in</strong>richtungen aus dem mediz<strong>in</strong>ischen, therapeutischen oder sozialpädagogischen<br />

Kontext bereits <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>zelnen Betreuungsprozess e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

ziehen sie bei Bedarf und <strong>in</strong> Ansprache mit der Familie weitere Unterstützungsleistungen<br />

h<strong>in</strong>zu, die über ihr Tätigkeitsspektrum h<strong>in</strong>aus reichen. Mitentscheidend<br />

für e<strong>in</strong>e wirksame Betreuung kann auch die Unterstützung <strong>von</strong> Familienangehörigen,<br />

Freunden und weiteren Kontaktpersonen aus dem privaten Umfeld der betreuten<br />

Frau oder Familie se<strong>in</strong>.<br />

Wenn <strong>Familienhebammen</strong> ihren Teil dazu beitragen, e<strong>in</strong> <strong>von</strong> Anfang sorgfältig aufe<strong>in</strong>ander<br />

abgestimmtes Vorgehen <strong>in</strong>nerhalb des Netzwerkes zu erleichtern, hat dies<br />

erhebliche Vorteile. Denn so können zielgenaue Unterstützungsangebote und gut auf<br />

e<strong>in</strong>ander abgestimmte Leistungen der zu beteiligenden Partner-/<strong>in</strong>nen entwickelt<br />

und e<strong>in</strong>e »Doppel- oder Fehlversorgung« verh<strong>in</strong>dert werden. 27<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

26 Das Fallbeispiel beschreibt<br />

den Zeitraum bis zur Geburt.<br />

Insgesamt war die Familienhebamme<br />

bis zum Ende des ersten<br />

Lebensjahres des K<strong>in</strong>des tätig.<br />

27 Die Erfüllung dieser Funktion<br />

setzt e<strong>in</strong> gut funktionierendes<br />

Netzwerk voraus, <strong>in</strong> das <strong>Familienhebammen</strong><br />

e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d.<br />

Es ist nicht Aufgabe der <strong>Familienhebammen</strong>,<br />

das Netzwerk zu<br />

organisieren.<br />

Für die Zusammenarbeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> mit Fachkräften und E<strong>in</strong>richtungen des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen<br />

sollte bedacht werden: Absprachen und Vere<strong>in</strong>barungen mit freiberuflich tätigen Fachkräften wie beispielsweise<br />

niedergelassenen Ärzt<strong>in</strong>nen bzw. Ärzten oder Privat<strong>in</strong>itiativen können mitunter schneller erfolgen als mit Mitarbeitern/Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

kommunaler Behörden oder <strong>von</strong> E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> öffentlicher, kirchlicher oder geme<strong>in</strong>nütziger<br />

Trägerschaft. Bei letzteren muss unter Umständen aufgrund verschiedener Zuständigkeiten, längerer<br />

»<strong>in</strong>nerbetrieblicher« Abstimmungsprozesse, begrenzter Verfügbarkeit personeller Ressourcen oder Unklarheiten<br />

<strong>in</strong> Kostenfragen mehr Zeit e<strong>in</strong>geplant werden. Andererseits bedeuten die Abstimmungen mit <strong>Familienhebammen</strong><br />

aus Sicht der freiberuflichen Fachkräfte des Netzwerkes oftmals e<strong>in</strong>e unentgeltliche Zusatzleistung, so dass ihre zur<br />

Verfügung stehenden Ressourcen verständlicherweise begrenzt s<strong>in</strong>d.


38 Leitfaden für Kommunen<br />

die e<strong>in</strong>B<strong>in</strong>dunG Von famiLienHeBammen <strong>in</strong> daS netZWerK früHer HiLfen 39<br />

Je besser und transparenter die Netzwerke <strong>Früher</strong> Hilfen organisiert s<strong>in</strong>d, desto effektiver<br />

kann die Familienhebamme zusätzliche professionelle, mitunter auch ehrenamtliche<br />

oder privat organisierte Unterstützungsformen <strong>Früher</strong> Hilfen h<strong>in</strong>zuziehen.<br />

In e<strong>in</strong>igen Kommunen übernehmen die Netzwerkkoord<strong>in</strong>atoren bzw. –koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>nen<br />

die Funktion e<strong>in</strong>er Clear<strong>in</strong>gstelle und sorgen dafür, dass e<strong>in</strong>e fallbezogene<br />

Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten zustande kommen kann (z. B. durch<br />

Fallkonferenzen). Durch welche Maßnahmen die aktive E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

<strong>in</strong> die Netzwerkarbeit am besten gewährleistet werden kann, wird im<br />

Rahmen der Bundes<strong>in</strong>itiative e<strong>in</strong>e besondere Aufgabe der Koord<strong>in</strong>ierungsstellen se<strong>in</strong>.<br />

In dem Werkbuch Vernetzung des NZFH «Guter Start <strong>in</strong>s K<strong>in</strong>derleben« werden unter anderem Hilfestellungen<br />

für die Fallberatung <strong>in</strong>nerhalb des Netzwerkes gegeben. E<strong>in</strong>e wesentliche Grundlage für die gel<strong>in</strong>gende Zusammenarbeit<br />

ist, dass sich alle Beteiligten auf e<strong>in</strong>e »geme<strong>in</strong>same« Sprache verständigen. Verstehen die Fachkräfte<br />

aus dem Gesundheitswesen, der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe und anderen Feldern wirklich dasselbe, wenn sie bestimmte<br />

Fachbegriffe verwenden? Wichtig ist es auch, e<strong>in</strong>e Ausgewogenheit bezüglich der Anforderungen zwischen<br />

der notwendigen Offenheit <strong>in</strong> der Fallarbeit und des Vertrauens- und Datenschutzes herzustellen, der aufgrund<br />

unterschiedlicher Auflagen für die beteiligten Berufsgruppen und Institutionen unterschiedlich aussehen kann.<br />

Weitere hilfreiche Instrumente s<strong>in</strong>d verb<strong>in</strong>dliche Kommunikations- und Verhaltensregeln sowie die Festlegung <strong>von</strong><br />

Zuständigkeiten für Fallkoord<strong>in</strong>ation und Fallführung (ggf. e<strong>in</strong>schließlich schriftlicher Protokolle).<br />

warUm wirD <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

als lots<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerhalb Des netzwerks<br />

<strong>Früher</strong> <strong>hilFen</strong> gesProChen?<br />

Im Rahmen der Bundes<strong>in</strong>itiative Frühe Hilfen wird der <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit<br />

als Querschnittsaufgabe zwischen verschiedenen Fachdiszipl<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e Schlüsselrolle<br />

zugeschrieben. Drei zentrale Gründe dafür s<strong>in</strong>d:<br />

• <strong>Familienhebammen</strong> nehmen <strong>in</strong> ihrer Betreuungstätigkeit mediz<strong>in</strong>ische, psychologische<br />

und soziale Perspektiven e<strong>in</strong> und dies <strong>in</strong> mehrfacher Weise: im H<strong>in</strong>blick<br />

auf die Entwicklung des K<strong>in</strong>des, auf das physische und psychische Wohlergehen<br />

der (werdenden) Mutter, auf das Gel<strong>in</strong>gen der Mutter-K<strong>in</strong>d-Beziehung (Eltern-<br />

K<strong>in</strong>d-Beziehung) sowie auf die familiäre und soziale Lebenssituation der betreuten<br />

Personen.<br />

• Für Familien mit e<strong>in</strong>em besonderen Unterstützungsbedarf stellt die »aufsuchende«<br />

Tätigkeit e<strong>in</strong>er Familienhebamme e<strong>in</strong> relativ leicht zu akzeptierendes Angebot<br />

dar. Es ist allgeme<strong>in</strong> bekannt, dass die häusliche Versorgung durch Hebammen<br />

als Teil des Gesundheitssystems allen Familien zur Verfügung steht und an ke<strong>in</strong>e<br />

mediz<strong>in</strong>ische oder psycho- soziale Diagnose gebunden ist. Hebammenleistungen<br />

werden daher als nicht stigmatisierend wahrgenommen. Auch wenn die Tätigkeit<br />

der <strong>Familienhebammen</strong> anderen strukturellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen unterliegt als<br />

die der Hebammen und ke<strong>in</strong>e orig<strong>in</strong>äre Leistung des Gesundheitswesens darstellt,<br />

überträgt sich die Akzeptanz der Hebammenarbeit auch auf dieses Tätigkeitsfeld.<br />

Man begegnet Hebammen und <strong>Familienhebammen</strong> oftmals vorbehaltloser als<br />

Vertretern/Vertreter<strong>in</strong>nen der Jugendhilfe.<br />

• Anders als andere Fachkräfte <strong>Früher</strong> Hilfen, für die e<strong>in</strong>e Unterstützung der<br />

Schwangeren und Eltern <strong>von</strong> K<strong>in</strong>dern im ersten Lebensjahr oftmals e<strong>in</strong>en<br />

Teilaspekt ihrer Berufstätigkeit darstellen, s<strong>in</strong>d <strong>Familienhebammen</strong> (wie auch<br />

Hebammen) <strong>von</strong> vorne here<strong>in</strong> auf diesen Zeitraum und für die besonderen Herausforderungen<br />

der frühen Elternschaft spezialisiert. Außerdem nutzen <strong>Familienhebammen</strong><br />

für ihre Tätigkeit neben den Inhalten spezifischer Fortbildungen auch<br />

das <strong>in</strong> der Ausbildung und Berufspraxis als Hebamme erworbene Wissen. 28<br />

Aufgrund dieser günstigen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und der Tatsache, dass <strong>Familienhebammen</strong><br />

die betreuten Familien über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum <strong>in</strong> ihrem Zuhause<br />

aufsuchen, können sie <strong>in</strong> vielen Fällen e<strong>in</strong>e tragfähige Vertrauensbasis zu den betreuten<br />

Familien aufbauen und sich dabei e<strong>in</strong>en möglichst authentischen E<strong>in</strong>druck über<br />

die persönlichen und sozialen Lebensverhältnisse und über die benötigten Unterstützungsleistungen<br />

verschaffen.<br />

Diese besondere und <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är ausgerichtete Betreuungstätigkeit spricht dafür,<br />

dass <strong>Familienhebammen</strong> auch als Lots<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerhalb des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen<br />

tätig werden. An diese Funktion wurden <strong>in</strong> der Vergangenheit allerd<strong>in</strong>gs teilweise zu<br />

hohe oder falsche Erwartungen gestellt – vor allem dort, wo es ke<strong>in</strong>e ausreichende<br />

Unterstützung durch Koord<strong>in</strong>ierungsstellen gab.<br />

Für die Durchführung der Bundes<strong>in</strong>itiative Frühe Hilfen ist es daher unverzichtbar, die<br />

Funktion <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> als Lots<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerhalb des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen<br />

bezogen auf die jeweiligen kommunalen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen genau zu beschreiben.<br />

Dazu gehören auch die Identifikation <strong>von</strong> Schnittstellen zwischen Fachbereichen und<br />

Zuständigkeiten sowie die Vere<strong>in</strong>barung verb<strong>in</strong>dlicher Regeln für die Informationsweitergabe<br />

zu anderen Stellen und Fachkräften des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen. Diese Aufgabe<br />

sollte <strong>von</strong> den Koord<strong>in</strong>ierungsstellen <strong>Früher</strong> Hilfen federführend übernommen werden.<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

Lots<strong>in</strong> zu se<strong>in</strong> bedeutet für die Familienhebamme zunächst, e<strong>in</strong>en – über die eigene Betreuung h<strong>in</strong>ausreichenden –<br />

Bedarf an Hilfen für das K<strong>in</strong>d, die Mutter oder die Familie festzustellen und ausreichende Kenntnisse über die<br />

Möglichkeiten und Arbeitsweisen anderer Berufsgruppen oder Institutionen zu haben. Die Familienhebamme vermittelt<br />

die Familie gegebenenfalls an diese Stellen oder Fachkräfte (bzw. an die Koord<strong>in</strong>ierungsstelle <strong>Früher</strong> Hilfen)<br />

oder holt dort selber Informationen über passgenaue Angebote e<strong>in</strong> (unter Beachtung des Datenschutzes).<br />

Die Funktion als Lots<strong>in</strong> bedeutet nicht, die alle<strong>in</strong>ige Verantwortung für die gelungene Überleitung an andere<br />

Dienste des Netzwerkes zu übernehmen. Außerdem kann die Familienhebamme nicht das Netzwerk Frühe Hilfen<br />

organisieren. Dies obliegt der jeweiligen Koord<strong>in</strong>ierungsstelle <strong>Früher</strong> Hilfen.<br />

28 siehe hierzu Mattern, Elke<br />

und Lange, Ute: Die Rolle der<br />

Familienhebamme im System der<br />

Frühen Hilfen. In: Frühe K<strong>in</strong>dheit,<br />

Zeitschrift der Deutschen Liga<br />

für das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Familie und Gesellschaft<br />

e.V., Sonderausgabe 2012,<br />

S. 72.


40 Leitfaden für Kommunen<br />

die e<strong>in</strong>B<strong>in</strong>dunG Von famiLienHeBammen <strong>in</strong> daS netZWerK früHer HiLfen 41<br />

welChe besChäFtigUngs- UnD<br />

vergütUngsFormen bieten siCh<br />

Für <strong>Familienhebammen</strong> im rahmen<br />

<strong>Der</strong> bUnDes<strong>in</strong>itiative an?<br />

<strong>Familienhebammen</strong> arbeiten bezogen auf Inhalt und Zeitraum ihrer Tätigkeiten immer<br />

außerhalb der Regelversorgung als Hebamme und des <strong>in</strong> der Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung<br />

festgelegten Leistungskatalogs. Dies bedeutet entsprechend, dass<br />

sie diese Arbeiten nicht mit der Krankenkasse abrechnen können, sondern <strong>von</strong> dem<br />

jeweiligen Auftraggeber honoriert werden müssen. 29<br />

Die meisten <strong>Familienhebammen</strong> s<strong>in</strong>d zurzeit freiberuflich bzw. auf Honorarbasis tätig.<br />

Sie werden vom öffentlichen Gesundheitsdienst, der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe, e<strong>in</strong>em<br />

freien Träger der Wohlfahrtspflege oder <strong>von</strong> Stiftungen und Vere<strong>in</strong>en beauftragt.<br />

Erfüllen <strong>Familienhebammen</strong> die entsprechenden formellen Voraussetzungen, können<br />

sie parallel als Hebamme tätig se<strong>in</strong> und Leistungen aus der Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung<br />

anbieten. Dabei ist es gleichgültig, ob sich die Frauen direkt an die<br />

Hebamme gewandt haben oder ob sie über e<strong>in</strong>en sozialen Dienst oder e<strong>in</strong> spezielles<br />

<strong>Familienhebammen</strong>programm vermittelt wurden.<br />

Für die Tätigkeiten entsprechend der Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung müssen sie<br />

den Status der Freiberuflichkeit erfüllen. Dieser ist unter anderem damit verbunden,<br />

dass<br />

• sie beim zuständigen Gesundheitsamt als Hebamme gemeldet s<strong>in</strong>d<br />

• e<strong>in</strong>e Identifikationsnummer (IK) zur Abrechnung mit den Krankenkassen<br />

beantragt haben<br />

• und sich die e<strong>in</strong>zelnen Leistungen <strong>von</strong> der versicherten Mutter quittieren lassen.<br />

Die Leistungen entsprechend der Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung dürfen ausschließlich<br />

<strong>von</strong> freiberuflichen Hebammen und nicht stellvertretend <strong>von</strong> kommunalen<br />

Diensten, Trägern der Freien Wohlfahrtspflege oder Stiftungen abgerechnet werden.<br />

Ungeachtet der derzeit überwiegenden Zahl an freiberuflich tätigen <strong>Familienhebammen</strong><br />

s<strong>in</strong>d auch feste Beschäftigungsverhältnisse unter folgender struktureller Anb<strong>in</strong>dung<br />

möglich:<br />

1. familienhebammen als angestellte des öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />

(Gesundheitsamt). <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen teams arbeiten familienhebammen und<br />

K<strong>in</strong>derkrankenpfleger<strong>in</strong>nen bzw. familien-Gesundheits-K<strong>in</strong>derkrankenpfleger<strong>in</strong>nen<br />

unter dem dach des Gesundheitsamtes zusammen.<br />

2. familienhebammen als angestellte der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe: Sie s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> der regel beim Jugendamt angestellt und arbeiten im team zusammen<br />

mit anderen sozialen Berufsgruppen.<br />

3. familienhebammen als angestellte der freien träger / Wohlfahrtsverbän-<br />

de oder Stiftungen: Sie s<strong>in</strong>d bei e<strong>in</strong>em freien oder konfessionellen träger<br />

angestellt und arbeiten <strong>in</strong> der regel im team mit sozialen Berufsgruppen<br />

zusammen.<br />

Bezüglich der Vergütung haben sich <strong>in</strong> den zurückliegenden Jahren durchaus unterschiedliche<br />

Stundensätze bei Honorarverträgen und E<strong>in</strong>gruppierungen bei festen<br />

Beschäftigungsverhältnissen etabliert. Ebenso unterschiedlich geregelt ist es bisher<br />

auch, ob über die eigentliche Betreuungstätigkeit <strong>in</strong> den Familien h<strong>in</strong>aus weitere<br />

Leistungen wie beispielsweise Wegegeld, Verwaltungsaufwand (z. B. Telefonate oder<br />

Dokumentation) und die Teilnahme an Netzwerkaktivitäten bezahlt werden.<br />

Mit der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung wird für die Durchführung der Bundes<strong>in</strong>itiative <strong>in</strong><br />

Artikel 2, Abs. 4 die Förderung folgender <strong>Familienhebammen</strong>leistungen (bzw. vergleichbarer<br />

Berufsgruppen) festgelegt:<br />

• Tätigkeit <strong>in</strong> Familien im Kontext <strong>Früher</strong> Hilfen,<br />

• Teilnahme an der Netzwerkarbeit <strong>Früher</strong> Hilfen,<br />

• Qualifizierung, Fortbildung, Fachberatung und Supervision<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

vor- und nachteile der unterschiedlichen <strong>in</strong>stitutionellen zugehörigkeit<br />

<strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

E<strong>in</strong>e Anb<strong>in</strong>dung an den Gesundheitsbereich entspricht dem bisherigen Selbstverständnis der meisten <strong>Familienhebammen</strong>.<br />

Als Vertreter<strong>in</strong> des Gesundheitswesens werden sie <strong>von</strong> Familien mit erhöhtem Unterstützungsbedarf<br />

eher akzeptiert, da ihre Tätigkeit mit Gesundheitsförderung und weniger mit Kontrolle etwa des Jugendamtes <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung gebracht wird.<br />

Für e<strong>in</strong>e Anb<strong>in</strong>dung beim Jugendamt sprechen die enge <strong>in</strong>haltliche Vernetzung und schnelle Abstimmung auch<br />

mit anderen Fachstellen der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe. Dies kann u.a. <strong>von</strong> Vorteil se<strong>in</strong>, wenn <strong>Familienhebammen</strong><br />

geme<strong>in</strong>sam mit sozialpädagogischen Fachkräften <strong>in</strong> sogenannten Tandems e<strong>in</strong>gesetzt werden. Andererseits kann<br />

die Entsendung durch das Jugendamt zu Akzeptanzschwierigkeiten bei den betreuten Familien führen und auch<br />

das <strong>in</strong> der Gesellschaft positiv besetzte Berufsbild der Hebamme langfristig negativ bee<strong>in</strong>flussen.<br />

In den vergangenen Jahren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vielen Kommunen Angebotsstrukturen entstanden, bei denen freie oder<br />

kirchliche Träger <strong>Familienhebammen</strong> beschäftigen oder mit diesen kooperieren. In diesen Fällen werden <strong>Familienhebammen</strong><br />

über Beratungsstellen vermittelt oder bieten beispielsweise <strong>in</strong> Stadtteil- oder Familienzentren ihre<br />

Leistungen an. Diese Angebote s<strong>in</strong>d oftmals besonders niedrigschwellig konzipiert und können auf besondere Anforderungen<br />

e<strong>in</strong>es Wohngebietes unmittelbar e<strong>in</strong>gehen.<br />

29 In Anlehnung an: Horschitz, H.,<br />

Selow, M.(2008): Hebammengebührenrecht-Vertragstext<br />

zur<br />

Hebammen- Vergütungsvere<strong>in</strong>barung<br />

2007. Mabuse Frankfurt,<br />

S. 139 –140. Alle weiteren Angaben<br />

zu Umfang und Höhe Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung<br />

soweit nicht anders angegeben:<br />

http://www.hebammengesetz.<br />

de/gebuehr.htm (Zugang vom<br />

23.08.2012)


42 Leitfaden für Kommunen<br />

die e<strong>in</strong>B<strong>in</strong>dunG Von famiLienHeBammen <strong>in</strong> daS netZWerK früHer HiLfen 43<br />

• sowie für Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Dokumentation des E<strong>in</strong>satzes<br />

<strong>in</strong> den Familien.<br />

Legt man die bisherigen Erfahrungen zugrunde, werden <strong>in</strong> vielen Kommunen <strong>in</strong>sbesondere<br />

folgende Tätigkeiten der <strong>Familienhebammen</strong> honoriert:<br />

• Persönliche Kontakte im Rahmen der Hausbesuche<br />

• Gruppenangebote für Frauen und Familien<br />

• Telefonate mit den betreuten Familien<br />

• Begleitung zu mediz<strong>in</strong>ischen Untersuchungen oder Term<strong>in</strong>en mit Akteuren<br />

der Frühen Hilfen<br />

• Gespräch zur Überleitung zu Kooperationspartner<strong>in</strong>nen/-partnern<br />

(telefonisch/persönlich)<br />

• Vernetzung mit anderen Fachkräften (fallbezogen und fallübergreifend):<br />

Recherchearbeit zur Ermittlung passgenauer Hilfen, Teilnahme an Runden<br />

Tischen, Fallbesprechungen, Treffen mit Netzwerkpartner<strong>in</strong>nen/-partner<br />

• Telefonate mit Akteuren der Frühen Hilfen, Netzwerkpartner<strong>in</strong>nen/-partnern<br />

• Fahrtzeiten zum Hausbesuch, zu Netzwerkpartner<strong>in</strong>nen/-partnern<br />

• Dokumentation, Evaluation, Rechnungserstellung<br />

• Supervision, Fallberatung<br />

• Ausgefallene Term<strong>in</strong>e, falls die Frau/Familie trotz Vere<strong>in</strong>barung nicht Zuhause<br />

angetroffen wurde (ggf. anteilige Abrechenbarkeit)<br />

H<strong>in</strong>zu kommen zusätzliche Aufwandsentschädigungen wie Wegegeld oder Zuschüsse<br />

für Verwaltungs- und Versicherungsaufwendungen.<br />

welChe <strong>Familienhebammen</strong>Programme<br />

im kommUnalen kontext haben siCh<br />

bisher bewährt?<br />

Grundsätzlich gestaltet sich die Situation <strong>in</strong> den Kommunen sehr unterschiedlich, da<br />

die Zusammenarbeit mit <strong>Familienhebammen</strong> entweder über das Gesundheits- oder<br />

Jugendamt oder e<strong>in</strong>en freien Träger fest etabliert ist und im Rahmen der Bundes<strong>in</strong>itiative<br />

nicht ohne weiteres verändert werden sollte. Die bisherigen und teilweise über<br />

viele Jahre h<strong>in</strong>weg gewachsenen <strong>Familienhebammen</strong>programme bieten jedoch jenen<br />

Kommunen gute Orientierungshilfen, die noch am Anfang der Entwicklung dieser<br />

Programme stehen. Drei unterschiedliche Modelle für den E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

im kommunalen Kontext werden im Folgenden exemplarisch skizziert. Das<br />

erste Beispiel beschreibt e<strong>in</strong> Angebot, das sich nicht durch e<strong>in</strong>e kommunale Anb<strong>in</strong>dung<br />

sondern durch e<strong>in</strong>e ausschließlich geme<strong>in</strong>nützige Trägerschaft auszeichnet30 :<br />

Zwei <strong>Familienhebammen</strong> s<strong>in</strong>d auf Teilzeitbasis (jeweils<br />

40 % e<strong>in</strong>er Vollzeitstelle) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Familienzentrum<br />

angestellt, das <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>nützigen Vere<strong>in</strong><br />

getragen wird. Die E<strong>in</strong>richtung liegt im E<strong>in</strong>zugsbiet<br />

<strong>von</strong> zwei Stadtteilen, die als »sozialer Brennpunkt« gilt<br />

(u. a. 40% Migrationsanteil, 16% Hartz-IV-Empfänger-/<strong>in</strong>nen,<br />

viele k<strong>in</strong>derreiche Familien.)<br />

Die <strong>Familienhebammen</strong> s<strong>in</strong>d staatlich exam<strong>in</strong>ierte<br />

Hebammen, die zusätzlich e<strong>in</strong>e Fortbildung zur<br />

Familienhebamme durch den Landeshebammenverband<br />

absolviert haben.<br />

Die <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit e<strong>in</strong>schließlich<br />

Supervision und Netzwerkaktivitäten wird durch<br />

e<strong>in</strong>e lokale Bürgerstiftung dauerhaft f<strong>in</strong>anziert. <strong>Der</strong><br />

Betreuungszeitraum durch die Familienhebamme ist<br />

pr<strong>in</strong>zipiell <strong>von</strong> der Schwangerschaft bis zum Ende<br />

des ersten Lebensjahres des K<strong>in</strong>des möglich.<br />

Die <strong>Familienhebammen</strong> arbeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em multiprofessionellen<br />

Team (bestehend aus Sozialpädagog<strong>in</strong>nen,<br />

Erzieher<strong>in</strong>nen und Therapeut<strong>in</strong>nen). Es f<strong>in</strong>den<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

stadtteil-Familienhebamme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Familienzentrum <strong>in</strong> freier trägerschaft<br />

<strong>in</strong> anlehnung an e<strong>in</strong>e Großstadt im ruhrgebiet mit rund 350.000 eW<br />

30 Die folgenden Beispiele stellen<br />

nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Auswahl dar.<br />

Weitere Modellprogramme,<br />

Materialien und Publikationen<br />

des NZFH sowie weiterer Kooperationspartner-/<strong>in</strong>nen<br />

werden<br />

auf dem NZFH-Internetportal der<br />

Bundes<strong>in</strong>itiative zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

regelmäßige Teambesprechungen und Supervisionssitzungen<br />

statt, und es können bei Bedarf weitere<br />

Fachkräfte des Teams <strong>in</strong> die Betreuung e<strong>in</strong>bezogen<br />

werden. Außerdem haben die beiden <strong>Familienhebammen</strong><br />

monatlich zwei zusätzliche E<strong>in</strong>zelsupervisionen.<br />

Jede Familienhebamme betreut ca. 15 – 20 Familien<br />

pro Jahr, wobei es auf den <strong>in</strong>dividuellen E<strong>in</strong>zelfall<br />

ankommt, wie lang der Betreuungszeitraum ist. Die<br />

Frauen und Familien nehmen <strong>in</strong> der Regel selbstständig<br />

Kontakt zu den <strong>Familienhebammen</strong> auf, die<br />

regelmäßige Sprechstunden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Büro<br />

<strong>in</strong> den Räumen des Familienzentrums anbieten.<br />

Dauer, Frequenz und Betreuungs<strong>in</strong>halte werden <strong>von</strong><br />

der jeweiligen Familienhebamme <strong>in</strong> Abstimmung mit<br />

den Frauen bzw. Familien festgelegt. Es erfolgt ke<strong>in</strong>e<br />

namentliche Meldung oder Weitergabe <strong>von</strong> Sozialdaten<br />

an das Gesundheits- oder Jugendamt. Die<br />

Dokumentation erfolgt anonymisiert.<br />

E<strong>in</strong>e wichtige »Brückenfunktion« nehmen e<strong>in</strong>e<br />

türkische und e<strong>in</strong>e arabische »Stadtteilmutter« e<strong>in</strong>.


44 Leitfaden für Kommunen<br />

die e<strong>in</strong>B<strong>in</strong>dunG Von famiLienHeBammen <strong>in</strong> daS netZWerK früHer HiLfen 45<br />

Sie leben <strong>in</strong> dem jeweiligen Stadtteil, sprechen neben<br />

ihrer Muttersprache sehr gut Deutsch und führen<br />

<strong>in</strong> dem Familienzentrum Mütter- bzw. Elterntreffen<br />

sowie Lern- und Spielgruppen durch. Sie begleiten<br />

bei Bedarf die Familienhebamme bei Hausbesuchen<br />

und dienen als Kontaktperson. Für diese Tätigkeit<br />

erhalten sie e<strong>in</strong> Honorar.<br />

Zusätzlich bieten die <strong>Familienhebammen</strong> geme<strong>in</strong>sam<br />

mit Kolleg<strong>in</strong>nen des Familienzentrums mit türkischen<br />

und arabischen Sprachkenntnissen Babygruppen,<br />

e<strong>in</strong> Angebot zur Sprachförderung und e<strong>in</strong> Gruppentreffen<br />

zu Erziehungsfragen an (z. B. Ernährung,<br />

Sauberkeitserziehung, Zahngesundheit). Zeitgleich<br />

zu diesen Veranstaltungen können ältere Geschwisterk<strong>in</strong>der<br />

andere Angebote des Familienzentrums<br />

31 In der Bundes<strong>in</strong>itiative ist e<strong>in</strong>e<br />

Betreuung bis zum 12. Monat des<br />

K<strong>in</strong>des möglich. In diesem Fall<br />

hat man sich für e<strong>in</strong> erweitertes<br />

Modell entschieden.<br />

nutzen. Diese Veranstaltungen bieten darüber h<strong>in</strong>aus<br />

e<strong>in</strong>en guten Rahmen, um Schwangere, Mütter und<br />

Familien über die Möglichkeit e<strong>in</strong>er zusätzlichen Betreuung<br />

durch die Familienhebamme zu <strong>in</strong>formieren.<br />

Die e<strong>in</strong>zelfallbezogene Vernetzung <strong>in</strong> den Stadtteilen<br />

erfolgt mit Hebammen, Frauen- und K<strong>in</strong>derarztpraxen,<br />

der Schwangerschaftsberatungsstelle und dem<br />

Büro des K<strong>in</strong>derschutzbundes.<br />

E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der <strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> das<br />

Netzwerk <strong>Früher</strong> Hilfen beispielsweise durch die<br />

regelmäßige Teilnahme an Fallkonferenzen oder<br />

fallübergreifender Runder Tische f<strong>in</strong>det je nach<br />

Bedarf statt.<br />

Zu den Vorteilen dieses Modells zählt, dass die <strong>Familienhebammen</strong> wohnortnah <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>stitutionellen Rahmen tätig s<strong>in</strong>d, der für die betreffenden Familien mit e<strong>in</strong>er<br />

relativ niedrigen Hemmschwelle verbunden ist. Die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der <strong>Familienhebammen</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> multiprofessionelles Team ermöglicht ohne großen Aufwand e<strong>in</strong>e<br />

»Tandembetreuung«. Durch ihre Mitarbeit im Familienzentrum lassen sich spezielle<br />

Gruppenangebote entwickeln, über die Kontakte zu Familien geknüpft werden und<br />

e<strong>in</strong>e Basis für die aufsuchende betreuende Tätigkeit <strong>in</strong> den Familien schaffen. Die<br />

Unterstützung durch die »Stadteilmütter« stellt e<strong>in</strong>e weitere hilfreiche Maßnahme<br />

dar.<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe stellt die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung dieses oder ähnlicher <strong>Familienhebammen</strong>angebote<br />

<strong>in</strong> das kommunale Netzwerk <strong>Früher</strong> Hilfen dar. Wenn es sich um Angebote<br />

freier Träger oder bürgerschaftlicher Initiativen handelt, besteht ke<strong>in</strong>e strukturelle<br />

Anb<strong>in</strong>dung an kommunale Stellen wie dem Gesundheits- oder Jugendamt.<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Funktion kommt <strong>in</strong> diesen Fällen auf die Koord<strong>in</strong>ierungsstellen der<br />

Netzwerke <strong>Früher</strong> Hilfen zu, um <strong>Familienhebammen</strong> dieser Träger <strong>in</strong> die Netzwerkarbeit<br />

aktiv e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />

Wie die Zusammenarbeit e<strong>in</strong>es freien Trägers mit der kommunalen Behörde, mit<br />

freiberuflich tätigen <strong>Familienhebammen</strong> und weiteren Fachkräften des Netzwerkes<br />

<strong>Früher</strong> Hilfen aussehen kann, veranschaulicht das folgende Beispiel:<br />

Um für Frauen und Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf<br />

e<strong>in</strong> möglichst niedrigschwelliges<br />

Angebot zu unterbreiten, ist vom Kreisjugendamt e<strong>in</strong><br />

freier Träger der Familienhilfe mit der Umsetzung<br />

des <strong>Familienhebammen</strong>programms beauftragt worden.<br />

Die Koord<strong>in</strong>ierungsstelle des Netzwerkes <strong>Früher</strong><br />

Hilfen ist beim Kreisjugendamt angesiedelt. Träger<br />

und Koord<strong>in</strong>ierungsstelle arbeiten eng zusammen.<br />

Die Vermittlung <strong>von</strong> Frauen und Eltern an e<strong>in</strong>e Familienhebamme<br />

erfolgt über jene Dienste, Institutionen<br />

und Fachkräfte vor Ort, zu denen Schwangere<br />

oder Familien regelmäßig Kontakt haben. Dazu<br />

zählen <strong>in</strong>sbesondere Schwangerschaftsberatungsstellen,<br />

Geburtskl<strong>in</strong>iken, Frauen- und K<strong>in</strong>derarztpraxen,<br />

Erziehungsberatungs- oder Familienberatungsstellen,<br />

der K<strong>in</strong>derschutzbund oder Hebammen. Die<br />

Betreuung durch <strong>Familienhebammen</strong> ist <strong>in</strong> der<br />

Schwangerschaft und für Mütter/Eltern mit K<strong>in</strong>dern<br />

bis zu 18 Monaten möglich. 31 Das Angebot ist kostenlos<br />

und freiwillig. Es ist ke<strong>in</strong>e Antragstellung seitens<br />

der Familie notwendig. In der Regel übernimmt die<br />

Familienhebamme die notwendigen Absprachen mit<br />

dem Träger.<br />

Die <strong>Familienhebammen</strong> s<strong>in</strong>d staatlich exam<strong>in</strong>ierte<br />

Hebammen mit e<strong>in</strong>er entsprechenden Zusatzqualifikation<br />

des Landeshebammenverbandes. Sie arbeiten<br />

auf Honorarbasis zusätzlich zu ihrer freiberuflichen<br />

Hebammentätigkeit im Auftrag des Trägers. Sie s<strong>in</strong>d<br />

möglichst dezentral im gesamten Landkreis vertreten.<br />

Das Betreuungskont<strong>in</strong>gent pro Familienhebamme<br />

ist auf maximal 16 Stunden im Monat begrenzt. In<br />

begründeten E<strong>in</strong>zelfällen kann nach Absprache des<br />

Trägers mit der Koord<strong>in</strong>ierungsstelle dieses monatliche<br />

Kont<strong>in</strong>gent aufgestockt werden.<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

mobile betreuung durch <strong>Familienhebammen</strong> im ländlichen gebiet<br />

<strong>in</strong> anlehnung an e<strong>in</strong>en Landkreis <strong>in</strong> Süddeutschland mit rund 35 Geme<strong>in</strong>den und <strong>in</strong>sgesamt knapp<br />

150.000 eW. die Größe der Geme<strong>in</strong>den reicht <strong>von</strong> unter 1.000 bis mehr als 11.000 eW<br />

An fachlicher Unterstützung für die <strong>Familienhebammen</strong><br />

bietet der Träger monatlich zwei Stunden fallbezogene<br />

Beratung und zwei Stunden fallübergreifende<br />

Supervision an.<br />

Für bestimmte Leistungen, die über die Ressourcen<br />

und Kompetenzen der <strong>Familienhebammen</strong> h<strong>in</strong>ausgehen,<br />

kann nach Absprache mit der Koord<strong>in</strong>ierungsstelle<br />

e<strong>in</strong>e Familienhelfer<strong>in</strong>/e<strong>in</strong> Familienhelfer des<br />

Trägers mit h<strong>in</strong>zugezogen werden.<br />

Die <strong>Familienhebammen</strong> dokumentieren die Betreuungsprozesse<br />

nach e<strong>in</strong>heitlichen Dokumentationsunterlagen.<br />

Die Sozialdaten über die Familien bleiben<br />

beim Träger. Die Koord<strong>in</strong>ierungsstelle wird durch<br />

den Träger nur <strong>in</strong> anonymisierter Form über die<br />

aufgenommenen Betreuungsfälle <strong>in</strong>formiert.<br />

Erkennt die Familienhebamme e<strong>in</strong>en Hilfebedarf,<br />

den sie alle<strong>in</strong>e nicht mehr bewältigen kann, dann<br />

versucht sie die Familie dah<strong>in</strong>gehend zu motivieren,<br />

weitere Unterstützungsangebote über den Allgeme<strong>in</strong>en<br />

Sozialen Dienst des Kreisjugendamts zu beantragen.<br />

Werden der Familienhebamme gewichtige Anhaltspunkte<br />

für e<strong>in</strong>e Gefährdung des K<strong>in</strong>deswohls<br />

bekannt, so haben sie dies dem Träger mitzuteilen.<br />

<strong>Der</strong> Träger hat se<strong>in</strong>erseits die Gefährdung abzuschätzen.<br />

S<strong>in</strong>d die Eltern nicht bereit oder <strong>in</strong> der Lage, die<br />

Gefährdung abzuwenden, hat der Träger auch ohne<br />

E<strong>in</strong>verständnis der Eltern (aber nicht ohne deren<br />

Wissen) unverzüglich das Kreisjugendamt zu <strong>in</strong>formieren.<br />

Diese Verpflichtung wird den Eltern jedoch<br />

<strong>von</strong> Beg<strong>in</strong>n an transparent gemacht.


46<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

wohnortnahes und <strong>in</strong>nerstädtisch vernetztes <strong>Familienhebammen</strong>angebot<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großstadt<br />

<strong>in</strong> anlehnung an das Hamburger familienhebammen-programm<br />

In diesem Programm s<strong>in</strong>d aktuell 23 <strong>Familienhebammen</strong><br />

und 2 K<strong>in</strong>derkrankenschwestern an <strong>in</strong>sgesamt<br />

16 Standorten <strong>in</strong> allen sieben Stadtbezirken tätig;<br />

da<strong>von</strong> knapp die Hälfte als Teilzeitangestellte, die<br />

restlichen auf Honorarbasis. Zusätzlich zu diesem<br />

Kreis können circa zehn »freie oder <strong>in</strong> anderen E<strong>in</strong>richtungen<br />

tätige <strong>Familienhebammen</strong> bedarfsweise<br />

h<strong>in</strong>zugezogen werden. Ihr E<strong>in</strong>satz wird über e<strong>in</strong>en<br />

sogenannten Notfallfonds f<strong>in</strong>anziert.<br />

Die Standorte s<strong>in</strong>d so gewählt, dass nach dem<br />

Hamburger Sozial<strong>in</strong>dex hoch belastete und besonders<br />

geburtenstarke Sozialräume erreicht werden<br />

oder <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e niedrige Inanspruchnahme der<br />

<strong>Früher</strong>kennungsuntersuchungen U 6 bis U 9 vorliegt.<br />

Die <strong>Familienhebammen</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong><br />

wohnortnahen E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> freier Trägerschaft<br />

angesiedelt wie Familien- und Stadtteilzentren oder<br />

Eltern-K<strong>in</strong>d-E<strong>in</strong>richtungen. Häufig gibt es darüber<br />

h<strong>in</strong>aus Sprechstundenangebote teilweise <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit der Mütterberatung und anderen<br />

Beratungsstellen.<br />

Die f<strong>in</strong>anzielle M<strong>in</strong>destausstattung e<strong>in</strong>es Standortes<br />

beträgt derzeit 46.500,00 Euro. Dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d Mittel<br />

für die <strong>Familienhebammen</strong>tätigkeit e<strong>in</strong>schließlich<br />

Supervision und Netzwerkaktivitäten sowie für die<br />

Fachstunden <strong>von</strong> Sozialpädagog<strong>in</strong>nen enthalten.<br />

H<strong>in</strong>zu kommen Sachkostenzuschüsse.<br />

Die Träger der <strong>Familienhebammen</strong>angebote s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

dem selbstorganisierten und unabhängigen »Netzwerk<br />

Hamburger <strong>Familienhebammen</strong>« zusammen<br />

geschlossen. Die für das Programm zuständige<br />

Gesundheitsbehörde (Amt für Gesundheit) f<strong>in</strong>an-<br />

ziert mit 3 Stunden pro Woche e<strong>in</strong>e Koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>,<br />

die als Sprecher<strong>in</strong> des Netzwerkes den Kontakt zur<br />

Fachbehörde, den e<strong>in</strong>zelnen Trägern, den für die<br />

<strong>Familienhebammen</strong> zuständigen Supervisoren/Supervisor<strong>in</strong>nen<br />

und dem zuständigen Fortbildungs<strong>in</strong>stitut<br />

unterhält.<br />

Die <strong>Familienhebammen</strong> arbeiten im Team mit<br />

sozialpädagogischen Fachkräften. Während erstere<br />

überwiegend bei den Familien vor Ort tätig s<strong>in</strong>d,<br />

leisten die Sozialpädagog<strong>in</strong>nen wesentliche »Unterstützungsarbeit«<br />

(z. B. Erstkontakt mit den Familien,<br />

Klärung des Unterstützungsbedarfs, Weitervermittlung<br />

an weitere Angebote <strong>Früher</strong> Hilfen, Begleitung<br />

zu Arztbesuchen, Ämtern uvm.) Auch die Gremienund<br />

Vernetzungsarbeit liegt oftmals bei den Sozialpädagog<strong>in</strong>nen,<br />

die dadurch die begrenzten Zeitbudgets<br />

der <strong>Familienhebammen</strong> entlasten.<br />

Die <strong>Familienhebammen</strong> führen e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelfall-Dokumentation<br />

mit e<strong>in</strong>em vorgegebenen Erhebungs<strong>in</strong>strument<br />

<strong>in</strong> anonymisierter Form durch. Auf Grundlage<br />

dieser Dokumentation und <strong>in</strong> Abstimmung mit allen<br />

Beteiligten wertet die Fachbehörde die Ergebnisse<br />

aus und veröffentlicht sie (Gesundheitsberichterstattung).<br />

Bei e<strong>in</strong>em gewichtigen Verdacht auf e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>dswohlgefährdung<br />

im S<strong>in</strong>ne des § 8 a SGB VIII wird die<br />

Familienhebamme zunächst die betreffenden Eltern<br />

(bzw. Personensorgeberechtigten) auf entsprechende<br />

Hilfsangebote verweisen, dann bei Bedarf e<strong>in</strong>e erfahrene<br />

Fachkraft h<strong>in</strong>zuziehen und erst bei Erfolglosigkeit<br />

dieser Maßnahmen – unter E<strong>in</strong>haltung des<br />

Transparenzgebots – das Jugendamt <strong>in</strong>formieren. 32<br />

die e<strong>in</strong>B<strong>in</strong>dunG Von famiLienHeBammen <strong>in</strong> daS netZWerK früHer HiLfen<br />

Während das zweite Modell e<strong>in</strong> gut vernetztes und dezentral orientiertes <strong>Familienhebammen</strong>angebot<br />

mit unterschiedlichen <strong>in</strong>stitutionellen Akteuren und freiberuflichen<br />

<strong>Familienhebammen</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ländlich strukturierten E<strong>in</strong>zugsgebiet darstellt,<br />

soll mit dem abschließenden dritten Beispiel (auf S. 46) die Umsetzung e<strong>in</strong>es <strong>Familienhebammen</strong>programms<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em großstädtischen Kontext stehen.<br />

Auch <strong>in</strong> diesem, <strong>in</strong> mehr als zehn Jahren entwickelten und zwischenzeitlich evaluierten,<br />

<strong>Familienhebammen</strong>programm wird e<strong>in</strong> besonderes Gewicht auf wohnortnahe<br />

und niedrigschwellige Zugangswege gelegt. In dieser Zeit hat sich e<strong>in</strong>e strukturell abgesicherte<br />

Kooperation zwischen e<strong>in</strong>er kommunalen Stelle (<strong>in</strong> diesem Fall der Gesundheitsbehörde)<br />

und verschiedenen freien Trägern (zumeist <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der- und<br />

Jugendhilfe) etabliert.<br />

Alle drei Praxisbeispiele beschreiben Modelle, <strong>in</strong> denen das Jugendamt für die zu<br />

betreuenden Familien nicht als direkter Ansprechpartner gegenüber den Familien<br />

auftritt. Diese Aufgabe übernehmen wohnortnahe und niedrigschwellige E<strong>in</strong>richtungen.<br />

Verdeutlicht wird aber auch, wie dennoch e<strong>in</strong>e Abstimmung und Koord<strong>in</strong>ation<br />

zwischen den verschiedenen Stellen möglich ist, so dass die verantwortliche Behörde<br />

<strong>in</strong> ausreichender Form e<strong>in</strong>gebunden ist. Natürlich ist es auch möglich, dass <strong>Familienhebammen</strong><br />

direkt beim Jugendamt angesiedelt s<strong>in</strong>d. Kommunen, die sich im Rahmen<br />

der Bundes<strong>in</strong>itiative für dieses Modell entscheiden, sollten sorgfältig abwägen,<br />

welche Vor- und Nachteile damit verbunden s<strong>in</strong>d.<br />

was ist bei <strong>Der</strong> FallübergreiFenDen<br />

zUsammenarbeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong><br />

mit Den koorD<strong>in</strong>ierUngsstellen UnD<br />

Den beteiligten Des netzwerkes <strong>Früher</strong><br />

<strong>hilFen</strong> zU beDenken?<br />

Neben der e<strong>in</strong>zelfallbezogenen Zusammenarbeit <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> mit Beteiligten<br />

des Netzwerkes <strong>Früher</strong> Hilfen gehört zu ihrem Tätigkeitsspektrum auch die<br />

fallübergreifende Mitarbeit im Netzwerk <strong>Früher</strong> Hilfen. Die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung kann beispielsweise<br />

durch die Teilnahme an Runden Tischen, Arbeitsgruppen oder anderen<br />

regelmäßig stattf<strong>in</strong>denden Aktivitäten des Netzwerkes erfolgen.<br />

Damit <strong>Familienhebammen</strong> diese Netzwerktätigkeit angemessen ausfüllen können,<br />

s<strong>in</strong>d sie auf e<strong>in</strong>e fachlich qualifizierte Koord<strong>in</strong>ation der Netzwerke angewiesen. In<br />

der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung werden den Koord<strong>in</strong>ierungsstellen wichtige Aufgaben<br />

zugewiesen, die der örtliche Träger der Jugendhilfe (sofern das Landesrecht ke<strong>in</strong>e andere<br />

Regelung trifft) vorhalten muss. Förderungsfähig s<strong>in</strong>d gemäß Artikel 2, Absatz 3<br />

der Verwaltungsvere<strong>in</strong>barung <strong>in</strong>sbesondere:<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

32 Weiterführende Informationen<br />

zum Hamburger <strong>Familienhebammen</strong>-Programm<br />

wie z. B. e<strong>in</strong>e<br />

genaue Aufschlüsselung der<br />

Vergütungssätze und e<strong>in</strong> Muster-<br />

Kooperationsvertrag s<strong>in</strong>d auf<br />

der Internetseite des NZFH zur<br />

Bundes<strong>in</strong>itiative enthalten.<br />

Weitere Informationen f<strong>in</strong>den sich<br />

auch <strong>in</strong> folgender Publikation:<br />

Freie und Hansestadt Hamburg<br />

Behörde für Soziales, Familie,<br />

Gesundheit und Verbraucherschutz<br />

(BSG) Amt für Gesundheit<br />

und Verbraucherschutz FachabteilungGesundheitsberichterstattung<br />

und Gesundheitsförderung:<br />

Die Arbeit der <strong>Familienhebammen</strong><br />

<strong>in</strong> Hamburg Ergebnisse der<br />

E<strong>in</strong>zelfallevaluation 2006 – 2007<br />

Kurzbericht zur Gesundheit.<br />

Hamburg 2008.<br />

47


48<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

die e<strong>in</strong>B<strong>in</strong>dunG Von famiLienHeBammen <strong>in</strong> daS netZWerK früHer HiLfen 49<br />

• E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> Netzwerkkoord<strong>in</strong>atoren und –koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> den Koord<strong>in</strong>ierungsstellen,<br />

• Qualifizierung und Fortbildung der Netzwerkkoord<strong>in</strong>atoren und -koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>nen,<br />

• Maßnahmen zur Dokumentation und Evaluation der Netzwerkprozesse,<br />

• Förderung der konkreten Arbeit <strong>von</strong> Netzwerkpartnern <strong>in</strong> Form <strong>von</strong> – im<br />

Schwerpunkt <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är ausgerichteten – Veranstaltungen oder Qualifizierungsangeboten,<br />

• Maßnahmen zur unterstützenden Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Die Zusammenarbeit <strong>in</strong> Netzwerken kann – und dies nicht nur <strong>in</strong> den Frühen Hilfen – natürlich auch mit Schwierigkeiten<br />

und Reibungsverlusten verbunden se<strong>in</strong>. Denn es treffen Fachkräfte aus unterschiedlichen Praxis- und<br />

Berufsfeldern mit ebenso unterschiedlichen professionellen Werten und Standards zusammen. H<strong>in</strong>zu kommen die<br />

formal bzw. hierarchisch unterschiedlich ausgeprägten Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse <strong>in</strong>sbesondere<br />

der Netzwerkpartner <strong>in</strong> öffentlicher Trägerschaft. Zur professionellen Rolle der Netzwerkkoord<strong>in</strong>atoren und -koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>nen<br />

können <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch moderierende und lösungsorientierte Aufgaben gehören.<br />

Grundsätzlich oder zum<strong>in</strong>dest perspektivisch sollten kommunale Koord<strong>in</strong>ierungsstellen<br />

im Bereich der Frühen Hilfen sowohl ratsuchenden Familien und <strong>in</strong>teressierten<br />

Bürger-/<strong>in</strong>nen als auch allen Fachkräften und E<strong>in</strong>richtungen der Frühen<br />

Hilfen zur Verfügung stehen. Sie bündeln und aktualisieren die Informationen über<br />

Angebote zu Frühen Hilfen öffentlicher sowie freier Anbieter und sorgen für e<strong>in</strong>e<br />

bestmögliche Transparenz <strong>in</strong>nerhalb der fachlichen Angebote. Darüber h<strong>in</strong>aus haben<br />

sie die Aufgabe, die Netzwerkstrukturen zu entwickeln bzw. zu festigen. Zu den<br />

Netzwerk-Standards, die <strong>von</strong> der Koord<strong>in</strong>ierungsstelle als »Motor« des Netzwerkes<br />

besonders beachtet werden sollten, gehören unter anderem33 :<br />

• Bekanntmachung der Koord<strong>in</strong>ierungsstelle mit ihren Zielen und Aufgaben <strong>in</strong><br />

Politik, Verwaltung und Sozialraum (beispielsweise über Informationsveranstaltungen,<br />

Fachtagungen, Besuche der Netzwerkpartner-/<strong>in</strong>nen vor Ort, Fort- und<br />

Weiterbildungen der Fachkräfte, Arbeitstreffen, Jugendhilfeausschuss, Newsletter,<br />

Homepage, Beteiligung an Veranstaltungen, kont<strong>in</strong>uierlicher Öffentlichkeitsarbeit).<br />

• Entwicklung und Vere<strong>in</strong>barung verb<strong>in</strong>dlicher Zielsetzungen und Prioritäten e<strong>in</strong>schließlich<br />

darauf zu beziehender Arbeitsaufträge sowie die Festlegung <strong>von</strong> Kommunikations-<br />

und Informationswegen für Abstimmungen und Rückmeldungen.<br />

• Klärung <strong>von</strong> Entscheidungshoheiten, Zuständigkeiten und Arbeitsaufträgen<br />

gegenüber allen Netzwerkpartnern und –partner<strong>in</strong>nen.<br />

• Schaffung <strong>von</strong> Transparenz über Netzwerkstrukturen und über die Wege zur<br />

Verbreitung <strong>von</strong> Wissen, Erkenntnissen, Zielsetzungen und Materialien <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Institutionen als auch <strong>in</strong>nerhalb des Netzwerkes.<br />

• Entwicklung <strong>von</strong> geeigneten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, um die Beziehungsarbeit<br />

im Netzwerk zu ermöglichen (Pflege e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Netzwerkkultur, auch<br />

zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Fachbereichen wie Bildung, Soziales, Gesundheit, K<strong>in</strong>derund<br />

Jugendhilfe, Polizei, Justiz, Ehrenamt, Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit).<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

33 Die folgenden Standards s<strong>in</strong>d<br />

auszugsweise e<strong>in</strong>em umfassenden<br />

Kriterienkatalog des<br />

sächsischen Handlungskonzepts<br />

für präventiven K<strong>in</strong>derschutz<br />

entnommen. Sie s<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>er<br />

Klausurtagung und mehreren<br />

Treffen aller Koord<strong>in</strong>atoren und<br />

Koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>nen des Landes entwickelt<br />

worden. (Staatsm<strong>in</strong>isterium<br />

für Soziales und Verbraucherschutzes:<br />

Sachsen: K<strong>in</strong>derschutz<br />

ganz praktisch. Dresden 2010,<br />

S. 32.)


50<br />

h<strong>in</strong>weise aUF<br />

weiterFührenDe<br />

<strong>in</strong>Formationen<br />

<strong>in</strong>Formationen zU Frühen <strong>hilFen</strong> UnD zUr<br />

bUnDes<strong>in</strong>itiative im <strong>in</strong>ternet<br />

www.fruehehilfen.de/bundes<strong>in</strong>itiative<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

<strong>in</strong>ternetportal des nzFh zur bundes<strong>in</strong>itiative Frühe hilfen<br />

Auf diesem Portal <strong>in</strong>formiert das NZFH über Grundlagen und Zielsetzungen der Bundes<strong>in</strong>itiative und stellt<br />

<strong>in</strong>sbesondere Kommunen fortlaufend aktuelle Informationen, Materialien und Arbeitshilfen zum Thema<br />

»Frühe Hilfen« und zu den e<strong>in</strong>zelnen Tätigkeitsschwerpunkten der Bundes<strong>in</strong>itiative zur Verfügung.<br />

<strong>in</strong>ternetangebote der länder zur Durchführung der bundes<strong>in</strong>itiative<br />

h<strong>in</strong>weis: In der endgültigen Version des Leitfadens werden Adressen und Informationen zu den Internetangeboten<br />

der Bundesländer für die Umsetzung der Bundes<strong>in</strong>itiative aufgeführt, soweit sie zum Zeitpunkt der Veröffentlichung<br />

vorliegen.<br />

weitere <strong>in</strong>ternetangebote<br />

www.elearn<strong>in</strong>g-Fruehehilfen.de<br />

<strong>Der</strong> kostenfreie E-Learn<strong>in</strong>g-Kurs des Landes Baden-Württemberg »Frühe Hilfen und frühe Interventionen im<br />

K<strong>in</strong>derschutz« vermittelt theoretisches und praktisches Wissen sowie umfassende Handlungskompetenzen im<br />

Bereich der Frühen Hilfen und im K<strong>in</strong>derschutz. <strong>Der</strong> Kurs ist <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är angelegt und richtet sich an<br />

Fachkräfte aus der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe, dem Gesundheitswesen, der Frühförderung, der Schwangerenberatung,<br />

der Familiengerichtsbarkeit sowie an all diejenigen, die mit Familien mit Säugl<strong>in</strong>gen und Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dern<br />

arbeiten.<br />

www.e<strong>in</strong>e-chance-fuer-k<strong>in</strong>der.de<br />

Die Stiftung setzt sich dafür e<strong>in</strong>, K<strong>in</strong>desvernachlässigung und K<strong>in</strong>desmisshandlung zu verh<strong>in</strong>dern. Hierzu<br />

gehören vor allem <strong>von</strong> der Stiftung selbst umgesetzte Maßnahmen wie der E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong> zur<br />

Betreuung <strong>von</strong> Familien während des gesamten ersten Lebensjahres e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des.<br />

Aus dem Pilotprojekt »Aufsuchende Hilfe für Mütter/Familien und ihre K<strong>in</strong>der durch <strong>Familienhebammen</strong>«<br />

(2002–2006) <strong>in</strong> vier niedersächsischen Kommunen ist für zahlreiche Kommunen e<strong>in</strong>e reguläre Hilfemaßnahme<br />

51


52 Leitfaden für Kommunen<br />

geworden. Inzwischen werden durch <strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong> 42 der 60 niedersächsischen Jugendämter <strong>Familienhebammen</strong><br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Die Stiftung ist als Träger der Hilfemaßnahme »E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> <strong>Familienhebammen</strong>« <strong>in</strong> 10 Kommunen tätig.<br />

<strong>in</strong>ternetaDressen <strong>von</strong> FaChverbänDen <strong>in</strong> <strong>Der</strong><br />

hebammenhilFe<br />

www.hebammenverband.de<br />

<strong>Der</strong> Deutsche Hebammenverband e.V. (DHV) ist der mitgliederstärkste Berufsverband <strong>von</strong> Hebammen.<br />

Über die Internetseite des Dachverbandes s<strong>in</strong>d neben aktuellen berufs- und fachpolitischen Informationen auch<br />

die Landeshebammenverbände und andere Fachgesellschaften erreichbar (unter Menüpunkt: wir über uns).<br />

www.bfhd.de<br />

<strong>Der</strong> Bund freiberuflicher Hebammen Deutschland e.V. (BfHD) ist e<strong>in</strong> Berufsverband für freiberufliche Hebammen<br />

und vertritt die Interessen <strong>von</strong> freiberuflichen Hebammen und Hebammenschüler<strong>in</strong>nen, die e<strong>in</strong>e natürliche<br />

und selbstbestimmte Geburtshilfe praktizieren.<br />

www.dghwi.de<br />

Die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V. (DGHWi) íst e<strong>in</strong>e unabhängige wissenschaftliche<br />

Fachgesellschaft zur hebammenwissenschaftlichen Forschung, Lehre und Praxis. Sie setzt sich u. a. für die wissenschaftliche<br />

und evidenzbasierte Entwicklung des Faches Hebammenwesen e<strong>in</strong>.<br />

<strong>in</strong>ternetaDressen <strong>von</strong> FaChverbänDen an<strong>Der</strong>er<br />

gesUnDheitsberUFe<br />

www.bekd.de<br />

<strong>Der</strong> Bundesverband K<strong>in</strong>derkrankenpflege Deutschland e.V. (BeKD) ist der e<strong>in</strong>zige Berufsverband, der sich auf die<br />

Interessenvertretung der Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpfleger/-<strong>in</strong>nen spezialisiert hat und vertritt die berufspolitischen<br />

Interessen national, regional und lokal. Er setzt sich für e<strong>in</strong>e Gesundheits- und K<strong>in</strong>derkrankenpflege<br />

e<strong>in</strong>, die durch differenzierte Kompetenz, verantwortliches Handeln und Fürsorge der Betroffenen, ihrer Eltern<br />

und Angehörigen geprägt ist.<br />

www.familiengesundheitspflege.de<br />

Das Kompetenzzentrum Familiengesundheitspflege des DBfK (Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V.)<br />

setzt sich für die Etablierung der Familiengesundheitspflege im deutschen Gesundheitswesen e<strong>in</strong>. Das Projekt<br />

wird <strong>von</strong> der Robert Bosch Stiftung gefördert. Vor allem sozial benachteiligten Gruppen soll der Zugang zum<br />

Sozial- und Gesundheitswesen ermöglicht werden.<br />

www.ig-kikra.de<br />

Die Interessengeme<strong>in</strong>schaft freiberuflicher und/oder präventiv tätiger K<strong>in</strong>derkrankenschwestern e.V. (IG-Kikra)<br />

ist e<strong>in</strong> Netzwerk für K<strong>in</strong>derkrankenschwestern und Pfleger, die ihren Schwerpunkt u.a. <strong>in</strong> Stillberatung, Kursleitung<br />

für Elternkurse und Eltern-K<strong>in</strong>d-Kurse, <strong>in</strong> der Gesundheitsberatung sowie <strong>in</strong> der Familiengesundheits- und<br />

K<strong>in</strong>derkrankenpflege haben.<br />

H<strong>in</strong>WeiSe auf Weiterfüfrende <strong>in</strong>formationen<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

aUsgewählte themenbezogene veröFFentliChUngen<br />

Des nzFh<br />

die folgenden Veröffentlichungen s<strong>in</strong>d auf dem <strong>in</strong>ternetportal des nZfH ausführlich beschrieben und<br />

stehen <strong>in</strong> der regel als download zur Verfügung (www.fruehehilfen.de/wissen/materialien/publikationen/<br />

publikationen-des-nzfh/)<br />

bibliographie Frühe hilfen.<br />

katja haibach.<br />

Hrsg.: nationales Zentrum frühe Hilfen (nZfH), 2010.<br />

Datenschutz bei Frühen hilfen. Deutsches <strong>in</strong>stitut für Jugendhilfe und Familienrecht (DiJuF) e.v.<br />

Hrsg.: nationales Zentrum frühe Hilfen (nZfH), <strong>in</strong>formationszentrum<br />

K<strong>in</strong>desmisshandlung/K<strong>in</strong>desvernachlässigung (izKK) am deutschen<br />

Jugend<strong>in</strong>stitut e.V., 2010.<br />

Die bedeutung der schwangerschaftsberatung im kontext <strong>Früher</strong> hilfen.<br />

Hrsg.: nationales Zentrum frühe Hilfen (nZfH), 2010.<br />

Forschung und Praxisentwicklung <strong>Früher</strong> hilfen.<br />

ilona renner, alexandra sann.<br />

Hrsg.: nationales Zentrum frühe Hilfen (nZfH), 2010.<br />

kommunale Praxis <strong>Früher</strong> hilfen <strong>in</strong> Deutschland.<br />

alexandra sann.<br />

Hrsg.: nationales Zentrum frühe Hilfen (nZfH), Köln 2010.<br />

modellprojekte <strong>in</strong> den ländern.<br />

ilona renner, viola heimeshoff.<br />

Hrsg.: nationales Zentrum frühe Hilfen (nZfH), Köln 2010.<br />

werkbuch vernetzung. Chancen und stolperste<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ärer kooperation<br />

und vernetzung im bereich <strong>Früher</strong> hilfen und im k<strong>in</strong>derschutz.<br />

Ute ziegenha<strong>in</strong>, angelika schöllhorn, anne k. künster, alexandra hofer,<br />

Cornelia könig, Jörg m. Fegert.<br />

Hrsg.: nationales Zentrum frühe Hilfen (nZfH), 4. auflage 2011.<br />

53


54 Leitfaden für Kommunen<br />

weitere themenbezogene veröFFentliChUngen<br />

die folgenden publikationen s<strong>in</strong>d auf dem <strong>in</strong>ternetportal des nZfH e<strong>in</strong>schließlich iSBn-nummern,<br />

Bestelladressen und <strong>in</strong>haltsangaben ausführlich beschrieben (www.fruehehilfen.de/wissen/materialien/<br />

publikationen/publikationen-zum-thema-fruehe)-Hilfen/)<br />

elke mattern, Ute lange:<br />

Die rolle der Familienhebamme im system der Frühen hilfen.<br />

<strong>in</strong>: frühe Hilfen. Gesundes aufwachsen ermöglichen. Zeitschrift der deutschen<br />

Liga für das K<strong>in</strong>d: frühe k<strong>in</strong>dheit. Sonderausgabe 2012, S. 66 –75.<br />

Daniel nakhla, andreas eickhorst, manfred Cierpka:<br />

Praxishandbuch <strong>Familienhebammen</strong>.<br />

arbeit mit belasteten familien. frankfurt a.m. 2009.<br />

gesundheit berl<strong>in</strong> brandenburg e.v. / regionaler knoten berl<strong>in</strong> (hg.):<br />

gesundheitsförderung und Prävention rund um die geburt.<br />

Berl<strong>in</strong> 2012.<br />

Jörg Freese, verena göppert, mechthild Paul:<br />

Frühe hilfen und k<strong>in</strong>derschutz <strong>in</strong> den kommunen.<br />

Wiesbaden 2011.<br />

Johannes münder, angela smessaert: Frühe hilfen und Datenschutz.<br />

münster 2010.<br />

thomas meysen, Diana eschelbach:<br />

Das neue bundesk<strong>in</strong>derschutzgesetz.<br />

Baden-Baden 2012.<br />

glossar


56 Leitfaden für Kommunen<br />

bUnDesstiFtUng mUtter UnD k<strong>in</strong>D<br />

Die Bundesstiftung »Mutter und K<strong>in</strong>d – Schutz des ungeborenen Lebens« hilft seit<br />

1984 schwangeren Frauen <strong>in</strong> Notlagen. Diese erhalten auf unbürokratischem Weg ergänzende<br />

f<strong>in</strong>anzielle Hilfen, die ihnen die Entscheidung für das Leben des K<strong>in</strong>des und<br />

die Fortsetzung der Schwangerschaft erleichtern sollen. Sie untersteht der Rechtsaufsicht<br />

des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und erhält<br />

für ihre Arbeit jährlich m<strong>in</strong>destens 92 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt (97<br />

Millionen Euro im Jahr 2009), die sie nach e<strong>in</strong>em Bevölkerungsschlüssel an Zuwendungsempfänger<br />

auf Landesebene vergibt. Das können Landesstiftungen se<strong>in</strong> oder<br />

andere, im S<strong>in</strong>ne des Stiftungszwecks tätige E<strong>in</strong>richtungen.<br />

Das für die Auszahlung notwendige Antrags- und Bewilligungsverfahren wird<br />

ausschließlich <strong>von</strong> den vor Ort tätigen Schwangeren- bzw. Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen<br />

durchgeführt.<br />

Die Bundesstiftung unterstützt Not leidende Schwangere durch f<strong>in</strong>anzielle Zuschüsse.<br />

Ihre Mittel stellen zugleich e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zum aktiven K<strong>in</strong>derschutz<br />

dar – die Bundesstiftung ist Türöffner <strong>in</strong> das System <strong>Früher</strong> Hilfen. Wenn<br />

Hilfeempfänger<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung der Schwangerenberatung e<strong>in</strong>en Antrag<br />

auf Unterstützung durch die Bundesstiftung »Mutter und K<strong>in</strong>d« stellen, können sie<br />

und ihre Familien bereits vor der Entb<strong>in</strong>dung <strong>in</strong>dividuell beraten und über bestehende<br />

Hilfen umfassend <strong>in</strong>formiert werden. Für die Zeit nach der Geburt des K<strong>in</strong>des besteht<br />

zudem die Möglichkeit zur Nachbetreuung.<br />

Quelle: www.bundesstiftung-mutter-und-k<strong>in</strong>d.de; Zugriff: 24.09.2012<br />

DeUtsCher QUaliFikationsrahmen Für lebenslanges<br />

lernen (DQr)<br />

<strong>Der</strong> Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) ist e<strong>in</strong> Übersetzungs<strong>in</strong>strument, mit<br />

dessen Hilfe alle <strong>in</strong> Deutschland erwerbbaren und angebotenen Qualifikationen den<br />

acht Niveaustufen des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) zugeordnet werden<br />

können. Dadurch wird die Vergleichbarkeit <strong>von</strong> Bildungsabschlüssen <strong>in</strong> Europa<br />

verbessert und die Mobilität <strong>von</strong> Lernenden und Arbeitnehmern erhöht. <strong>Der</strong> DQR<br />

soll alle schulischen, akademischen, beruflichen und anderweitig erworbenen Qualifikationen<br />

abbilden und so e<strong>in</strong>en Rahmen für das lebenslange Lernen bieten. Dabei<br />

wird den Besonderheiten des deutschen Bildungssystems Rechnung getragen.<br />

Ziel des DQR ist es,<br />

• das deutsche Qualifikationssystem transparenter zu machen und Verlässlichkeit,<br />

Durchlässigkeit sowie Qualitätssicherung zu unterstützen und die Vergleichbarkeit<br />

und Unterscheidung <strong>von</strong> Qualifikationen zu erleichtern,<br />

• e<strong>in</strong> Übersetzungs<strong>in</strong>strument für den Bildungs- und Beschäftigungsbereich zu<br />

schaffen, um Qualifikationen besser e<strong>in</strong>ordnen zu können und die Anerkennung<br />

<strong>von</strong> <strong>in</strong> Deutschland erworbenen Qualifikationen <strong>in</strong> Europa zu erleichtern,<br />

• die Mobilität <strong>von</strong> Lernenden und Beschäftigten <strong>in</strong>nerhalb Deutschlands und<br />

zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern zu fördern,<br />

• die Orientierung an Kompetenzen und Lernergebnissen (Outcome-Orientierung)<br />

zu fördern und<br />

• Möglichkeiten der Anerkennung und Anrechnung <strong>von</strong> Ergebnissen <strong>in</strong>formellen<br />

Lernens zu verbessern, um lebenslanges Lernen <strong>in</strong>sgesamt zu stärken.<br />

Quelle: www.deutscherqualifikationsrahmen.de; Zugriff: 21.09.2012<br />

Frühe <strong>hilFen</strong><br />

Frühe Hilfen bilden lokale und regionale Unterstützungssysteme mit koord<strong>in</strong>ierten<br />

Hilfsangeboten für Eltern und K<strong>in</strong>der ab Beg<strong>in</strong>n der Schwangerschaft und <strong>in</strong> den ersten<br />

Lebensjahren mit e<strong>in</strong>em Schwerpunkt auf der Altersgruppe der 0- bis 3-Jährigen.<br />

Sie zielen darauf ab, Entwicklungsmöglichkeiten <strong>von</strong> K<strong>in</strong>dern und Eltern <strong>in</strong> Familie<br />

und Gesellschaft frühzeitig und nachhaltig zu verbessern. Neben alltagspraktischer<br />

Unterstützung wollen Frühe Hilfen <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong>en Beitrag zur Förderung der<br />

Beziehungs- und Erziehungskompetenz <strong>von</strong> (werdenden) Müttern und Vätern leisten.<br />

Damit tragen sie maßgeblich zum gesunden Aufwachsen <strong>von</strong> K<strong>in</strong>dern bei und<br />

sichern deren Rechte auf Schutz, Förderung und Teilhabe.<br />

Frühe Hilfen umfassen vielfältige sowohl allgeme<strong>in</strong>e als auch spezifische, aufe<strong>in</strong>ander<br />

bezogene und e<strong>in</strong>ander ergänzende Angebote und Maßnahmen. Grundlegend<br />

s<strong>in</strong>d Angebote, die sich an alle (werdenden) Eltern mit ihren K<strong>in</strong>dern im S<strong>in</strong>ne der<br />

Gesundheitsförderung richten (universelle/primäre Prävention). Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

wenden sich Frühe Hilfen <strong>in</strong>sbesondere an Familien <strong>in</strong> Problemlagen (selektive/sekundäre<br />

Prävention). Frühe Hilfen tragen <strong>in</strong> der Arbeit mit den Familien dazu bei,<br />

dass Risiken für das Wohl und die Entwicklung des K<strong>in</strong>des frühzeitig wahrgenommen<br />

und reduziert werden. Wenn die Hilfen nicht ausreichen, e<strong>in</strong>e Gefährdung des<br />

K<strong>in</strong>deswohls abzuwenden, sorgen Frühe Hilfen dafür, dass weitere Maßnahmen zum<br />

Schutz des K<strong>in</strong>des ergriffen werden.<br />

Frühe Hilfen basieren vor allem auf multiprofessioneller Kooperation, beziehen<br />

aber auch bürgerschaftliches Engagement und die Stärkung sozialer Netzwerke <strong>von</strong><br />

Familien mit e<strong>in</strong>. Zentral für die praktische Umsetzung <strong>Früher</strong> Hilfen ist deshalb e<strong>in</strong>e<br />

enge Vernetzung und Kooperation <strong>von</strong> Institutionen und Angeboten aus den Bereichen<br />

der Schwangerschaftsberatung, des Gesundheitswesens, der <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />

Frühförderung, der K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe und weiterer sozialer Dienste. Frühe<br />

Hilfen haben dabei sowohl das Ziel, die flächendeckende Versorgung <strong>von</strong> Familien<br />

mit bedarfsgerechten Unterstützungsangeboten voranzutreiben, als auch die Qualität<br />

der Versorgung zu verbessern.<br />

Die Begriffsbestimmung wurde vom Wissenschaftlichen Beirat des NZFH verabschiedet.<br />

Sie wurde <strong>von</strong> ihm geme<strong>in</strong>sam mit dem NZFH erarbeitet und mit dem Fachbeirat des<br />

NZFH besprochen. Die Begriffsbestimmung spiegelt den derzeitigen Stand der Diskussion<br />

über Frühe Hilfen wider.<br />

(Mitglieder der Arbeitsgruppe‚»Begriffsbestimmung Frühe Hilfen« im Wissenschaftlichen<br />

Beirat des NZFH: Prof. Dr. Sab<strong>in</strong>e Walper, Prof. Dr. Peter Franzkowiak, Dr. Thomas<br />

Meysen, Prof. Dr. Mechthild Papoušek)<br />

GLoSSar<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

57


58 Leitfaden für Kommunen<br />

hebammen-vergütUngsvere<strong>in</strong>barUng<br />

Die Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung ist Bestandteil des Vertrags über die Ver-<br />

sorgung mit Hebammenhilfe nach § 134 a, SGB V. Sie regelt die abrechnungsfähigen<br />

Leistungen freiberuflicher Hebammen während der Schwangerschaft und Geburt, des<br />

Wochenbetts und der Stillzeit. Die aktuelle Fassung ist seit dem 01. Juli 2012 gültig.<br />

Zu den abrechnungsfähigen Leistungen während des wochenbetts gehören u. a.<br />

aufsuchende Wochenbettbetreuung (Besuch) oder Beratung (telefonisch) der Wöchner<strong>in</strong>:<br />

• <strong>in</strong>nerhalb der ersten 10 Tage nach de Geburt maximal 20 Leistungen<br />

• vom elften Tag nach der Geburt bis zum Ablauf <strong>von</strong> acht Wochen 16 Leistungen<br />

(mehr als 16 Leistungen s<strong>in</strong>d nur berechnungsfähig, soweit ärztlich angeordnet)<br />

Nach Ablauf <strong>von</strong> acht Wochen:<br />

• bis zum Ende der Abstillphase (bei Stillschwierigkeiten)<br />

• bei Ernährungsproblemen des Säugl<strong>in</strong>gs (bis zum Ende des neunten Monats)<br />

k<strong>in</strong>DeswohlgeFährDUng<br />

Die Komplexität des Sachverhalts zur K<strong>in</strong>deswohlgefährung ergibt sich u. a. aus der<br />

Notwendigkeit, e<strong>in</strong>e Ausgewogenheit zwischen Elternrecht, K<strong>in</strong>deswohl und staatlichem<br />

Schutzauftrag herzustellen. Im Grundgesetz werden die hierfür relevanten<br />

normativen Voraussetzungen geschaffen. Neben den universell gültigen Aussagen zur<br />

Achtung der Menschwürde ist das K<strong>in</strong>deswohl <strong>in</strong>sbesondere durch den Bezug zu den<br />

Eltern geregelt. Es weist die primäre Verantwortung für die Erziehung und den Schutz<br />

des K<strong>in</strong>des vor Gefahren für se<strong>in</strong> Wohl den Eltern zu (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG).<br />

Explizit behandelt wird der Begriff K<strong>in</strong>deswohlgefährdung im K<strong>in</strong>dschaftsrecht<br />

des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Es regelt u.a. die möglichen Gefährdungsursachen<br />

und wann das Familiengericht zur Abwendung der Gefahr die erforderlichen Maßnahmen<br />

zu treffen hat (§ 1666 Abs. 1 BGB).<br />

Das Erziehungsprimat der Eltern endet dort, wo das K<strong>in</strong>deswohl gefährdet wird.<br />

Nehmen die Eltern ihre Elternverantwortung nicht wahr bzw. überschreiten sie die<br />

Grenzen ihres Elternrechts, ist der Staat nicht nur zur Intervention befugt, sondern<br />

unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit dazu verpflichtet (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG).<br />

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat den Begriff der K<strong>in</strong>deswohlgefährdung<br />

konkretisiert und versteht darunter »e<strong>in</strong>e gegenwärtige, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen<br />

Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung e<strong>in</strong>e erhebliche Schädigung<br />

mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.« Aus dieser Def<strong>in</strong>ition ergeben<br />

sich drei Kriterien für die Feststellung e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>deswohlgefährdung, die gleichzeitig<br />

erfüllt se<strong>in</strong> müssen: gegenwärtig vorhandene Gefahr, Erheblichkeit der Schädigung<br />

sowie Sicherheit der Vorhersage.<br />

Für die Praxis der Frühen Hilfen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere die Regelungen zum K<strong>in</strong>derschutz<br />

und zur K<strong>in</strong>deswohlgefährdung im K<strong>in</strong>der- und Jugendhilferecht (SGB VIII)<br />

relevant. <strong>Der</strong> Begriff K<strong>in</strong>deswohlgefährdung f<strong>in</strong>det hier e<strong>in</strong>e altersmäßige Differenzierung<br />

als »Gefährdung des Wohls e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des oder Jugendlichen« und ist maßgebliches<br />

Entscheidungskriterium für die Aktivierung des schutzauftrags bei k<strong>in</strong>des-<br />

wohlgefährdung (§ 8 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII), die Inobhutnahme (§ 42 Abs. 1 Satz<br />

1 Nr. 2 SGB VIII) oder die Zurücknahme oder den Widerruf e<strong>in</strong>er Pflegeerlaubnis<br />

(§ 44 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII). Halten es die Fachkräfte zur Abwendung der Gefährdung<br />

für erforderlich, so haben sie das Familiengericht anzurufen (§ 8 a Abs. 3 Satz<br />

1 SGB VIII).<br />

Das Hilfeprogramm des SGB VIII regelt das Angebot zum Schutz <strong>von</strong> K<strong>in</strong>dern und<br />

Jugendlichen: a) im Vorfeld e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>deswohlgefährdung, b) bei drohender oder c)<br />

bereits verwirklichter Gefahr:<br />

a) Orientieren sich die Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung<br />

am K<strong>in</strong>deswohl, beschränkt sich der Auftrag der öffentlichen Jugendhilfe darauf,<br />

für alle Eltern Regelangebote zur Förderung der Erziehung (§§ 11 bis 26<br />

SGB VIII) vorzuhalten. Die Eltern entscheiden freiwillig, ob sie diese Angebote<br />

<strong>in</strong> Anspruch nehmen wollen.<br />

b) S<strong>in</strong>d die Grenzen, die das K<strong>in</strong>deswohl dem Elternrecht setzt, noch nicht überschritten,<br />

ist aber festzustellen, dass e<strong>in</strong>e Fehlentwicklung bzw. e<strong>in</strong> Rückstand<br />

oder Stillstand der Entwicklung des K<strong>in</strong>des oder des/der Jugendlichen zu e<strong>in</strong>er<br />

eigenverantwortlichen und geme<strong>in</strong>schaftsfähigen Persönlichkeit e<strong>in</strong>getreten ist<br />

oder droht, und s<strong>in</strong>d die Eltern aus eigener Kraft nicht <strong>in</strong> der Lage, entsprechende<br />

Bed<strong>in</strong>gungen zur Erreichung dieses Erziehungsziels zu schaffen, muss die<br />

öffentliche Jugendhilfe den Eltern e<strong>in</strong>e dem erzieherischen Bedarf im E<strong>in</strong>zelfall<br />

entsprechende geeignete und notwendige Hilfe zur Erziehung anbieten (nach<br />

§§ 27 bis 35 SGB VIII).<br />

c) Erzieherische Hilfen s<strong>in</strong>d auch dann zu gewähren, wenn die dem Elternrecht<br />

durch das K<strong>in</strong>deswohl gesetzten Grenzen überschritten s<strong>in</strong>d, also e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>deswohlgefährdung<br />

vorliegt, die Eltern aber zur Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfe bereit<br />

und <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d und das Jugendamt die Gewährung dieser Hilfe zur Abwendung<br />

der Gefährdung als geeignet und notwendig erachtet (§ 8 a Abs. 1 Satz 3<br />

SGB VIII).<br />

Liegt e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>deswohlgefährdung vor, s<strong>in</strong>d jedoch die Eltern nicht bereit und <strong>in</strong> der<br />

Lage, bei der Abwendung der Gefährdung mitzuwirken und die erforderlichen erzieherischen<br />

oder anderen Hilfen <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen, muss das Jugendamt das<br />

Familiengericht anrufen. Dieses eröffnet durch e<strong>in</strong>e sorgerechtliche Entscheidung<br />

die Hilfezugänge für das gefährdete K<strong>in</strong>d bzw. den/die gefährdete(n) Jugendliche(n),<br />

damit dem Jugendamt e<strong>in</strong>e k<strong>in</strong>der- und jugendhilferechtliche Intervention zur Herstellung<br />

bzw. Wiederherstellung e<strong>in</strong>er k<strong>in</strong>deswohlförderlichen Erziehung möglich<br />

wird (§ 8 a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII).<br />

Ohne gerichtliche Entscheidung darf die öffentliche Jugendhilfe grundsätzlich<br />

nicht gegen den Willen der Eltern tätig werden. Nur wenn e<strong>in</strong>e dr<strong>in</strong>gende Gefahr für<br />

das K<strong>in</strong>deswohl besteht und die Entscheidung des Familiengerichts nicht abgewartet<br />

werden kann, ist sie nicht nur befugt, sondern verpflichtet, das K<strong>in</strong>d bzw. den/die<br />

Jugendliche(n) <strong>in</strong> Obhut zu nehmen (§ 8 a Abs. 3 Satz 2, § 42 SGB VIII).<br />

GLoSSar<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

59


60 Leitfaden für Kommunen<br />

(Die o.g. Ausführungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> verkürzter Form entnommen: Deutsches Jugend<strong>in</strong>stitut<br />

e.v. (Hrsg.): Onl<strong>in</strong>e-Version Handbuch K<strong>in</strong>deswohlgefährdung nach § 1666 BGB<br />

und Allgeme<strong>in</strong>er Sozialer Dienst (ASD). Heike Schmid/Thomas Meysen: 2. K<strong>in</strong>deswohlgefährdung<br />

als Rechtsbegriff. (Zugriff: 12.10.2012).<br />

Das Onl<strong>in</strong>e-Handbuch steht u.a. auf dem Internetportal des NFZH als Web-Anwendung<br />

zur Verfügung (www.fruehehilfen.de/wissen/materialien/publikationen/<br />

publikation/).<br />

QUittierUngsPFliCht<br />

Seit Inkrafttreten der Hebammen- Vergütungsvere<strong>in</strong>barung <strong>von</strong> 2007 müssen sich<br />

Hebammen ihre Leistungen <strong>von</strong> der Versicherten unter Angabe der Art der Leistung,<br />

des Datums sowie der Uhrzeit der Leistungserbr<strong>in</strong>gung und teilweise unter Angabe<br />

der Dauer der Leistung durch e<strong>in</strong>e Unterschrift quittieren lassen (§ 4 der Anlage 1 der<br />

Hebammen- Vergütungsvere<strong>in</strong>barung). Die Modalitäten zur Versichertenbestätigung<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Anhang A der Anlage 1 des Vertrags zur Hebammen- Vergütungsvere<strong>in</strong>barung<br />

nach §134a SGB V geregelt.<br />

Quelle: Horschitz, H.; Selow, M. (2008): Hebammengebührenrecht. Vertragstext und Kommentar zur<br />

Hebammen- Vergütungsvere<strong>in</strong>barung 2007<br />

regelversorgUng <strong>Der</strong> hebammenhilFe<br />

In dem hier vorliegenden Leitfaden s<strong>in</strong>d unter dem Begriff der Regelversorgung<br />

durch Hebammenhilfe jene Leistungen geme<strong>in</strong>t, die im Vertrag über die Versorgung<br />

mit Hebammenhilfe nach §134a SGBV festgelegt s<strong>in</strong>d. Die §§195 und 196 RVO enthalten<br />

den Anspruch der Versicherten nach Hebammenhilfe, deren Umfang <strong>in</strong> eben<br />

dieser Vergütungsvere<strong>in</strong>barung beschrieben wird. Das Ziel der Hebammenhilfe ist die<br />

Förderung des regelrechten Verlaufs <strong>von</strong> Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft.<br />

Quelle: Horschitz, H.; Selow, M. (2008): Hebammengebührenrecht. Vertragstext und Kommentar zur<br />

Hebammen- Vergütungsvere<strong>in</strong>barung 2007<br />

sChwangerenvorsorge<br />

(DUrCh hebammen)<br />

Die Schwangerenvorsorge umfasst Vorsorgeuntersuchungen nach Maßgabe der<br />

Richtl<strong>in</strong>ien des Geme<strong>in</strong>samen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung (Mutterschafts-Richtl<strong>in</strong>ien).<br />

Die Schwangerenvorsorge ist e<strong>in</strong>e Primärversorgung, die aus<br />

Untersuchungen (e<strong>in</strong>schließlich Ur<strong>in</strong>- und Blutuntersuchungen) der werdenden<br />

Mutter und des K<strong>in</strong>des und Beratungen (z. B. zur Ernährung, Lebensführung und<br />

körperlichen Veränderung während der Schwangerschaft)besteht. Die Hebamme ist<br />

befugt, die Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen bzw. zu veranlassen (z. B.Ultraschall).<br />

Bei <strong>von</strong> der Norm abweichenden Untersuchungsbefunden oder bei Verdacht<br />

auf e<strong>in</strong>e pathologische Schwangerschaftsentwicklung überweist die Hebamme zur<br />

weiteren ärztlichen Diagnostik. Die Vorsorgeuntersuchungen s<strong>in</strong>d Teil der Hebam-<br />

menleistungen <strong>in</strong> der Schwangerschaft, die außerdem Beratungen, e<strong>in</strong> Vorgespräch,<br />

Hilfeleistungen bei Beschwerden oder Wehen sowie die Geburtsvorbereitung umfassen.<br />

Quelle: Deutscher Hebammenverband e.V.: Empfehlungen für die Schwangerenvorsorge durch Hebammen.<br />

PDF-Dokument, Zugriff: 28.09.2012.<br />

sozial<strong>in</strong>Dex<br />

<strong>Der</strong> Sozial<strong>in</strong>dex besteht aus der Erarbeitung und Aktualisierung e<strong>in</strong>er umfassenden<br />

quantitativen Sozialraumanalyse (z. B. Stadtteile oder Kreise) als Planungsgrundlage<br />

für den öffentlichen und nichtöffentlichen Bereich. In die Bewertung fließen<br />

Merkmale (Indikatoren) wie Arbeitslosigkeit, E<strong>in</strong>kommen, Hartz-IV-Bezug, K<strong>in</strong>derzahl,<br />

Ab- und Zuwanderung, Wohnlage und Gesundheit e<strong>in</strong>. Diese werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

statistischen Verfahren (Faktorenanalyse) nach gewichteten sozialen Merkmalen<br />

ausgewertet und <strong>in</strong> verschiedenen Skalen zusammengefasst. Bei umfangreichen<br />

Datenauswertungen wird auch <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Sozialstrukturatlas gesprochen (z. B. <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong>).<br />

transParenzgebot<br />

Das Transparenzgebot ist neben dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Vertrauensschutz<br />

der dritte zentrale Grundsatz für den Datenschutz. Wenn öffentliche<br />

oder nicht-öffentliche Stellen über jemanden personenbezogene Daten speichern<br />

oder verarbeiten, so soll die betroffene Personen möglichst zu jedem Zeitpunkt durchschauen<br />

können, was mit <strong>von</strong> ihr preisgegebenen oder gespeicherten Informationen<br />

geschehen soll oder bereits geschehen ist. Das Transparenzgebot bezieht sich sowohl<br />

auf Informationsgew<strong>in</strong>nung (Datenerhebung) als auch die Informationsweitergabe<br />

(Datenübermittlung), die nur auf Grundlage des E<strong>in</strong>verständnisses durch die betroffene<br />

Person erfolgen darf.<br />

Sollte es <strong>in</strong> besonderen Fällen (z. B. <strong>in</strong> Fragen der drohenden K<strong>in</strong>dswohlgefährdung)<br />

notwendig se<strong>in</strong>, gegen den Willen der Betroffenen Informationen weitergeben,<br />

greift das Transparenzgebot <strong>in</strong> der Weise, dass vielleicht gegen den Willen aber nicht<br />

ohne das Wissen der Betroffenen weitergegeben werden.<br />

Quelle: Nationales Zentrum Frühe Hilfen und Informationszentrum K<strong>in</strong>desmisshandlung/ K<strong>in</strong>desvernachlässigung<br />

(IzKK) am Deutschen Jugend<strong>in</strong>stitut (Hrsg.): Datenschutz bei Frühen Hilfen. Praxiswissen Kompakt.<br />

Köln 2011, S. 13 –15<br />

vorbehaltenDe tätigkeit<br />

(<strong>von</strong> hebammen)<br />

§4 des Hebammengesetzes regelt, dass zur Leistung <strong>von</strong> Geburtshilfe – abgesehen <strong>von</strong><br />

Notfällen – außer Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzten nur Personen mit der Erlaubnis zur Führung<br />

der Berufsbezeichnung »Hebamme« bzw. »Entb<strong>in</strong>dungspfleger« sowie Dienstleistungserbr<strong>in</strong>ger<br />

im S<strong>in</strong>ne des §1 Abs. 2 des Hebammengesetzes (Staatsangehörige<br />

aus EU Staaten) berechtigt s<strong>in</strong>d. Nach der Legaldef<strong>in</strong>ition des §4 Abs.2 HebG umfasst<br />

GLoSSar<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> begrenzter auflage vor endlektorat<br />

61


62<br />

Leitfaden für Kommunen<br />

Geburtshilfe im S<strong>in</strong>ne dieser Vorschriften die Überwachung des Geburtsvorgangs<br />

<strong>von</strong> Beg<strong>in</strong>n der Wehen an, die Hilfe bei der Geburt und die Überwachung des Wochenbettverlaufs.<br />

Quelle: Horschitz, H.; Selow, M. (2008): Hebammengebührenrecht. Vertragstext und Kommentar zur<br />

Hebammen-Vergütungsvere<strong>in</strong>barung 2007<br />

woChenbettbetreUUng<br />

Die Wochenbettbetreuung durch die Hebamme beg<strong>in</strong>nt nach der Geburt des K<strong>in</strong>des<br />

unabhängig vom Geburtsort (Kl<strong>in</strong>k, Geburtshaus, Hausgeburt) und dem Geburtsverlauf.<br />

Die Wochenbettdauer <strong>von</strong> acht Wochen dient der körperlichen und psychischen<br />

Erholung <strong>von</strong> der Schwangerschaft und der Geburt sowie der Um- bzw. Neuorientierung<br />

des Mutter- und Elterndase<strong>in</strong>s.<br />

Die Kosten für Wochenbettbetreuung durch die Hebamme übernehmen die Krankenkassen<br />

bis zu acht Wochen nach der Geburt. In den ersten zehn Tagen nach der<br />

Geburt wird täglich e<strong>in</strong> Hausbesuch gezahlt. E<strong>in</strong>e Stillberatung durch die Hebamme<br />

kann bis zum Ende der Stillzeit <strong>in</strong> Anspruch genommen werden. Bei Bedarf kann die<br />

Hebammenbetreuung durch e<strong>in</strong> ärztliches Attest verlängert werden. Auch Frauen,<br />

deren K<strong>in</strong>d vor, bei oder nach der Geburt gestorben ist, wird die Wochenbettbetreuung<br />

durch die Hebamme angeboten.<br />

Die häusliche Wochenbettbetreuung umfasst im Wesentlichen:<br />

Beobachtung des Neugeborenen, <strong>in</strong>sbesondere bezüglich Abheilung des Nabels, Gewichtsentwicklung,<br />

Tr<strong>in</strong>kverhalten, Verdauung, evtl. Entwicklung e<strong>in</strong>er Neugeborenengelbsucht<br />

und weiteren Anpassungsvorgängen.<br />

Am 3.– 5. Lebenstag Blutentnahme beim K<strong>in</strong>d für das Stoffwechsel-Screen<strong>in</strong>g. Dafür<br />

sollte e<strong>in</strong>e Anordnung der K<strong>in</strong>der- oder Frauenarztpraxis vorliegen.<br />

Anleitung zum Umgang und zur Pflege des K<strong>in</strong>des, Unterstützung der Eltern-K<strong>in</strong>d-<br />

Beziehung, Stillanleitung und Unterstützung der Stillbeziehung, Hilfestellung bei Stillproblemen,<br />

bei Bedarf Anleitung zu Flaschenernährung, Überwachung der Gebärmutterrückbildung,<br />

des Abheilens <strong>von</strong> möglichen Geburtsverletzungen (bei Kaiserschnitt<br />

Kontrolle der OP-Naht) Wochenbettgymnastik, Informationen über Prophylaxen<br />

beim Neugeborenen, Vorsorgeuntersuchungen, Allergieprophylaxe, Ernährung <strong>in</strong> der<br />

Stillzeit, Verhütung, Familienplanung.<br />

Quelle: www.hebammennetzwerk-koeln.de; Zugriff: 21.09.2012<br />

imPressUm<br />

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek:<br />

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation <strong>in</strong> der<br />

Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische<br />

Daten s<strong>in</strong>d im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.<br />

ISBN-Nummer: 978-3-942816-29-8<br />

1. Auflage, Oktober 2012<br />

herausgeber:<br />

Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH)<br />

<strong>in</strong> der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />

Ostmerheimer Straße 220<br />

51109 Köln<br />

Telefon: 0221 8992 0<br />

www.fruehehilfen.de/bundes<strong>in</strong>itiative<br />

autor<strong>in</strong>nen:<br />

Ute Lange, Christiane Liebald<br />

unter mitwirkung <strong>von</strong><br />

Jennifer Jaque-rodney<br />

redaktion:<br />

Mechthild Paul<br />

konzept und gestaltung:<br />

Lübbeke | Naumann | Thoben, Köln<br />

bildnachweis:<br />

Cover:© Juzant / Getty Images,<br />

S.6:© pla<strong>in</strong>picture/OJO, S.9:© pla<strong>in</strong>picture/Cultura<br />

S.18:© pla<strong>in</strong>picture/Erickson, S.29:© pla<strong>in</strong>picture/Johner<br />

S.34:© pla<strong>in</strong>picture/Cultura, S.42:© pla<strong>in</strong>picture/<br />

Hollandse Hoogte<br />

Druck: Broermann Druck, Troisdorf<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Diese Publikation wird vom NZFH kostenlos abgegeben.<br />

Sie ist nicht zum Weiterverkauf durch die Empfänger<strong>in</strong>,<br />

den Empfänger oder Dritte bestimmt.<br />

bestelladressen:<br />

Fax: 0221 8992 257<br />

E-Mail: order@bzga.de<br />

Post: BZgA, 51101 Köln<br />

Die aktuelle Publikationsliste und Informationen zu<br />

weiteren Materialien f<strong>in</strong>den Sie unter: www.fruehehilfen.de<br />

Bestellnummer: 16000134

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