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Bericht "Zukunft stat. Jugendhilfe" - Kommunalverband für Jugend ...

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Abschlussbericht des Projektes<br />

„Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“<br />

Diakonisches Werk Württemberg in Kooperation mit dem<br />

Ev. Fachverband Kinder, <strong>Jugend</strong> und Familie<br />

Oktober 2013<br />

Diakonisches Werk der ev. Kirche in Württemberg e.V.<br />

Abteilung Kinder, <strong>Jugend</strong> und Familie<br />

Heilbronner Str. 180, 70191 Stuttgart<br />

Siegfried Keppeler<br />

Tel. 0711 1656 317, E-Mail: keppeler.s@diakonie-wue.de


Abschlussbericht des Projektes<br />

„Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“<br />

1. Ausgangslagen des Projekts<br />

Zum Projekt hat unter anderem geführt, dass die Weiterentwicklung <strong>stat</strong>ionärer<br />

Erziehungshilfen in den vergangenen Jahren eine untergeordnete Rolle gespielt<br />

hat. Dominiert hat die Fachdiskussion vielmehr der Ausbau der ambulanten Hilfen<br />

und insbesondere im Kontext der Sozialraumorientierung die Ausgestaltung vor allem<br />

erzieherischer Hilfen in sozialräumlichen Steuerungskontexten.<br />

Gleichzeitig ist die Heimerziehung mit einer Vielzahl von sich zuspitzenden Problemlagen<br />

konfrontiert, die zu einer Veränderung der Heimerziehungslandschaft beigetragen<br />

haben.<br />

• Noch nie war die Verweildauer von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen in der <strong>stat</strong>ionären<br />

Heimerziehung so kurzphasig wie heute. Die durchschnittliche Verweildauer<br />

liegt gegenwärtig bei 1,2 Jahren. Noch vor fünf Jahren waren es 1,8.<br />

• Noch nie war die Heimerziehung mit einer so starken Kumulierung individueller<br />

Problemlagen von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen konfrontiert, wie dies heute<br />

in den Gruppen der Fall ist.<br />

• Noch nie war Heimerziehung in so hohem Maße mit kinder- und jugendpsychiatrischen<br />

Diagnosen konfrontiert, wie wir dies heute vorfinden.<br />

Für diakonische Einrichtungen bedeutet dies, sich diesen Herausforderungen zu stellen<br />

und zu fragen, wie eine wirkungsvolle Heimerziehung heute ausgestaltet werden<br />

muss, damit diesen veränderten Rahmenbedingungen Rechnung getragen wird.<br />

Damit Erziehungshilfeeinrichtungen <strong>für</strong> viele Kinder, <strong>Jugend</strong>liche und Familien weiterhin<br />

adäquate Hilfe und Unterstützungsfunktionen leisten können, haben sich das<br />

Diakonische Werk Württemberg gemeinsam mit dem Ev. Fachverband Kinder, <strong>Jugend</strong><br />

und Familie vor einigen Jahren aufgemacht, und die <strong>stat</strong>ionäre Heimerziehung<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


ins Zentrum eines Projektes gerückt, das den Titel trägt: „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit<br />

<strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“.<br />

Ausgehend von zwei Innovations-Workshops in den Jahren 2008 und 2009 im Diakonischen<br />

Werk Württemberg und seinem Fachverband Kinder, <strong>Jugend</strong> und Familie,<br />

die mit externen Fachleuten und Wissenschaftlern durchgeführt wurden, entstanden<br />

erste thematische Schwerpunkte, die zur Umsetzung neuer und innovativer Ideen<br />

<strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfen beitragen können:<br />

- die Flexibilisierung von Gruppengrößen<br />

- differenzierte Betreuungs- und Versorgungsleistungen in interdisziplinären Teams<br />

- lösungenorientierte und „vom Kind“ aus gedachte pädagogische Alltagskonzepte<br />

- Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden, insbesondere im Hinblick auf Interkulturelles<br />

Arbeiten, Gender Mainstreaming, Partizipation, lösungenorientierte Pädagogik<br />

und interdisziplinäre Netzwerke.<br />

2. Die Grundidee des Projekts<br />

Bei der Entwicklung des Projektes wurde darauf verzichtet, eine weitergehende<br />

Themenfokussierung auf eng begrenzte Handlungsausschnitte vorzunehmen. Vielmehr<br />

ging das Gesamtprojekt von einer thematischen Breite aktueller Themenstellungen<br />

in der Heimerziehung aus. Das Projekt setzte darauf, dass die aktuellen Einrichtungsbedarfe<br />

die Richtungen <strong>für</strong> die Entwicklung zukunftsfähiger Handlungsansätze<br />

weisen. Um dies in einen reflexiven Rahmen zu stellen, wurde eine externe<br />

Expertengruppe berufen, die im Rahmen fünf zweitägiger Workshops fachlichkritische<br />

Perspektiven einbrachte. Ihr gehörten Vertreter aus Wissenschaft und Lehre<br />

an: Professor Treptow, Universität Tübingen, Professor Moch, Duale Hochschule<br />

Stuttgart und als Vertreter der öffentlichen Träger, Holger Gläss, Sachgebietsleiter im<br />

Sozialen Dienst des Rems-Murr-Kreises.<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


Projekt <strong>Zukunft</strong> Heimerziehung<br />

Gesamtprojekt<br />

6 Themenprojekte<br />

der der Einrichtungen<br />

Prozesse<br />

Gesamtprojekt<br />

Ergebnisse<br />

Konsequenzen<br />

Reflexionsgruppe<br />

5 Workshop<br />

Reflexionsgruppe<br />

5 Workshop<br />

Prozesse in in den den<br />

Einrichtungen<br />

Ergebnisse<br />

Konsequenzen<br />

Abb.: Arbeits- und Reflexionsstruktur des Projektes <strong>Zukunft</strong> Heimerziehung<br />

Die Einrichtungen verfolgten über die zwei Jahre hin ihr spezifisches einrichtungsbezogenes<br />

Thema und stellten sich der Reflexionsgruppe, die sich aus 6 Einrichtungsleitungen,<br />

6 Projektleitungen der Einzelprojekte, den 3 Experten, der Projektleitung<br />

und dem Leiter der Abteilung Kinder, <strong>Jugend</strong> und Familie des Diakonischen Werkes<br />

Württemberg zusammensetzte.<br />

Die Bewerbungen, die auf die verbandsweite Ausschreibung erfolgten, zeigten, dass<br />

sich die eingereichten Themenschwerpunkte in zwei Arten von Projekten differenzieren<br />

lassen.. Zum einen handelt es sich um Vorhaben, die auf Optimierungs- und<br />

Weiterentwicklungspotenziale setzen. Dies insbesondere in den Bereichen:<br />

- Diagnostik und Einstiegsgestaltung<br />

- Einbeziehung der Familien, Eltern und Herkunftsfamilien<br />

- Partizipation von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

Zum anderen verfolgten die Einrichtungen stärker strukturelle Neuansätze zu Themenbereichen<br />

wie:<br />

- gruppenbezogene Rollendifferenzierungen der Mitarbeiter/innen<br />

- gruppenübergreifende Kooperations- und Differenzierungsansätze<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


- die Verknüpfung von individueller Förderung mit gruppenbezogenen bzw.<br />

gruppenübergreifenden Angeboten.<br />

Damit wurden die Voraussetzungen da<strong>für</strong> geschaffen, dass Einrichtungsvorhaben<br />

dem Gesamtprojektziel der Weiterentwicklung <strong>stat</strong>ionärer Heimerziehung dienten,<br />

sowohl im Hinblick auf Optimierungs- und Verbesserungsstrategien als auch durch<br />

strukturelle Neuansätze. Mit dem Projekt sollten<br />

- neue Praxisansätze in der <strong>stat</strong>ionären Heimerziehung systematisch verfolgt<br />

und gebündelt werden,<br />

- die Praxiserfahrungen reflektiert und evaluiert werden,<br />

- aus Einzelerfahrungen übertragbare Konzepte generiert werden und<br />

- es sollten Erkenntnisse auch im Hinblick auf Rahmenbedingungen gewonnen<br />

werden, die mit öffentlichen Leistungsträgern ausgetauscht und erörtert werden<br />

können.<br />

3. Beteilige Einrichtungen und Themenprofile<br />

Die Projekte werden in den einrichtungsspezifischen Projektberichten ausführlich<br />

dargestellt (Anlage). Deshalb wird in diesem Kontext auf eine ausführliche Projektpräsentation<br />

verzichtet und nur eine knappe Profilskizze wiedergegeben.<br />

Projekt: „Startklar - Ein Projekt zur Qualifizierung der Aufnahmephase in einer<br />

(Regel-) Wohngruppe“, Hochdorf - Ev. <strong>Jugend</strong>hilfe im Landkreis Ludwigsburg<br />

- Das Projekt verfolgt das Anliegen, die ersten drei Monate der Einstiegsphase<br />

von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen in besonderer Art und Weise vorzubereiten und<br />

zu gestalten. Dass damit nicht nur das Kennenlernen zwischen Kindern und<br />

Erziehern erleichtert wird, sondern auch lebensweltliche Grundinformationen<br />

<strong>für</strong> den pädagogischen Prozess fruchtbar gemacht werden können, zeigen die<br />

Ergebnisse.<br />

- Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass das Angebot gemeinsam<br />

mit Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen aus der Einrichtung entwickelt wurde. Die Betroffenen<br />

wurden sozusagen zu Mitgestaltern der sozialen Infrastruktur und<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


der Ablaufprozesse im Heim. Damit etablierte die Einrichtung ein Partizipationselement<br />

mitgestaltender Teilhabe von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen.<br />

Projekt: „Klarheit der Hilfeperspektive und Akzeptanz der Hilfe durch individuelle<br />

Prozessbegleitung“, <strong>Jugend</strong>hilfe Friedenshort, Öhringen<br />

- Auch dieses Projekt nimmt die ersten Monate der Unterbringung von Kindern<br />

und <strong>Jugend</strong>lichen im Heim besonders in den Blick unter der Fragestellung,<br />

welche Bedeutung es <strong>für</strong> Kinder und <strong>Jugend</strong>liche hat, dass die <strong>Zukunft</strong>sperspektive<br />

zu Beginn der Betreuung häufig offen ist.<br />

- Das Projekt verfolgt weiter die Frage, was getan werden kann, dass die Phase<br />

der Unsicherheit bei Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen nicht zu Blockierungen führt,<br />

sondern produktiv erlebt werden kann.<br />

- Ein besonderer Schwerpunkt liegt bei der Thematisierung der Produktion von<br />

Sicherheit auf dem Akzent der Beteiligung der Herkunftsfamilie. Wie kann es<br />

gelingen, so lautet eine der Fragestellungen, dass die Herkunftsfamilie produktiv<br />

in den Prozess der <strong>Zukunft</strong>splanung eingebunden werden kann.<br />

Projekt: „Vernetzung und Flexibilisierung von zwei Wohngruppen mit integrierter<br />

Schul<strong>stat</strong>ion“, Karlshöhe Ludwigsburg.<br />

- Das von der Einrichtung ursprünglich angestrebte Vorhaben konnte während<br />

der Projektlaufzeit nicht so umgesetzt werden, wie es geplant war. Von besonderem<br />

Interesse wäre gewesen, wie eine integrierte Schul<strong>stat</strong>ion gemeinsam<br />

mit zwei Wohngruppen als flexibles neues Kooperationsmodell aufgebaut<br />

werden kann und wie sich dieses Angebot auf die Staatlichen Schulen beziehen<br />

lässt. Leider ist die Genehmigung der Schul<strong>stat</strong>ion erst Ende des Projektes<br />

erfolgt, so dass dieser Aspekte nicht ausgewertet werden konnte.<br />

- Dennoch zeigt das Projekt bezogen auf die Frage, wie Kinder und <strong>Jugend</strong>liche<br />

durch Pädagoginnen und Pädagogen aufmerksam und subjektbezogen begleitet<br />

werden können, interessante Aspekte auch im Hinblick auf die vom<br />

Projekt so genannte „doppelte Bezugsbetreuung“.<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


Projekt: „Leitplanken“ in der Region Esslingen der Stiftung <strong>Jugend</strong>hilfe aktiv<br />

- Dieses Projekt bezieht sich auf eine Intensiv-Außenwohngruppe in Esslingen.<br />

Es verfolgt die Fragestellung, wie sich individuelle Unterstützung und Hilfeleistungen<br />

und gruppenbezogene Aktivitäten im Rahmen von Heimerziehung gestalten<br />

lassen.<br />

- Dazu gehört zum einen, dass die individuelle Hilfeplanung innerhalb des<br />

Teams und Fachdienstes neu gestaltet wird (IHT).<br />

- Zum anderen verfolgt das Projekt die Frage, wie teambezogene Aufgabendifferenzierungen<br />

umgesetzt werden können. Es unterscheidet dabei die zwei<br />

Aufgabenstellungen Personal-Coach zum einen und Gruppen-Coach zum andern.<br />

- Als weiteren Aspekt wird die Beteiligung einzelner Kinder und <strong>Jugend</strong>licher<br />

aufgegriffen und neu belebt durch Beteiligungsformen wie Gruppenrat etc.<br />

"HzE neu gestalten - eva im Rems-Murr-Kreis", Weraheim Hebsack<br />

- Das Weraheim verfolgt mit diesem Themenbaustein das Anliegen, die <strong>stat</strong>ionären<br />

Hilfen mit den ambulanten und den teil<strong>stat</strong>ionären in der Region besser<br />

miteinander zu verzahnen. Dies nicht aus arbeitsökonomischen Gründen,<br />

sondern aus der Überlegung heraus, Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen bessere Möglichkeiten<br />

zur Angebotsnutzung und interessengeleiteten Freizeitgestaltung zu<br />

geben. Damit wird die Frage verfolgt, wie Angebote <strong>stat</strong>ionärer Heimerziehung<br />

zu Optionen im Bildungsgeschehen von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen werden<br />

können.<br />

- Die Einbeziehung der Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen im Hinblick auf die Auswahl<br />

und Gestaltung der Angebote ist konstitutives Element des Partizipationshandelns<br />

in der Einrichtung.<br />

- Ein weiteres Anliegen des Projektes ist, <strong>stat</strong>ionäre Heimerziehung partiell <strong>für</strong><br />

das Gemeinwesen zu öffnen und den Lebensort von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

in den <strong>stat</strong>ionären Hilfen auch zu einem Erlebnisort der Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

im Gemeinwesen werden zu lassen.<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


Projekt „Heimerziehung neu gestalten“, DJHN, Eppingen<br />

- Die DJHN verfolgt in einem zeitlich umfassender angelegten Projekt die Umgestaltung<br />

<strong>stat</strong>ionärer Heimerziehung auf dem Gelände in Kleingartach/Eppingen<br />

in enger Kooperation mit den Angeboten der Tagesgruppen,<br />

den ambulanten Hilfen und der Schule <strong>für</strong> Erziehungshilfe. Im Rahmen<br />

gemeinsam gestalteter gruppenübergreifender und gruppendifferenzierender<br />

Angebote wird Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen eine neue Struktur individueller Förderung<br />

und gruppenbezogener Bildung eröffnet.<br />

- Eine besondere Bedeutung hat dabei das enge Zusammenspiel zwischen<br />

Schule-E (Sonderpädagogik) und dem sozialpädagogischen Bereich.<br />

- Dass Formen systematischer Teilhabe von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen zu einer<br />

Qualitätsverbesserung beitragen und die Identifikation der Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

mit der Einrichtung erhöht wird, zeigen Beteiligungsansätze im Bereich<br />

der Angebotsentwicklung und Ausgestaltung.<br />

4. Themenbereiche des Gesamtprojektes<br />

Die sich aus diesen Teilprojekten ableitenden Fragen an das Gesamtprojekt wurden<br />

von der Reflexionsgruppe zusammengeführt und in sechs Themenfeldern gefasst. Zu<br />

den jeweiligen Themen wurden Fragestellungen formuliert, die im Rahmen der Projektumsetzung<br />

von den Einrichtungen berücksichtigt wurden. Auch die Evaluationsfragen<br />

richteten sich an den forcierten Themen aus. Im Projektverlauf stellte sich<br />

heraus, dass einige Themen von mehreren Einrichtungen verfolgt wurden. Fragen<br />

nach Übereinstimmung und Differenz waren in der Reflexion besonders fruchtbar.<br />

Auch stellte sich heraus, dass in einigen Fällen die gemeinsamen Themen in unterschiedlicher<br />

Perspektive von den Einrichtungen bearbeitet wurden.<br />

• Gestaltung der Einstiegsphase und gelingender Übergänge<br />

• Binnendifferenzierung von Teams und individueller Förderung<br />

• Rollen- und Aufgabendifferenzierungen innerhalb des Teams<br />

• Diagnostik, Hilfeplanung und Fallsteuerung<br />

• Partizipation von <strong>Jugend</strong>lichen und Elternbeteiligung<br />

• Bildungsoptionen von Heimerziehung<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


• Angebotsübergreifende Infrastruktur <strong>für</strong> das Gemeinwesen<br />

Themenbereiche Projekt <strong>Zukunft</strong> Heimerziehung<br />

Gestaltung Gestaltung der der<br />

Einstiegsphase<br />

Einstiegsphase<br />

Hochdorf Hochdorf<br />

+<br />

Öhringen Öhringen<br />

Esslingen Esslingen<br />

Eppingen Eppingen<br />

Hochdorf Hochdorf +<br />

Öhringen Öhringen<br />

+<br />

+<br />

+<br />

Rollen-/Aufgaben-<br />

Differenzierung Differenzierung Team Team<br />

Diagnostik, Diagnostik, Hilfeplanung<br />

Hilfeplanung<br />

und und Fallsteuerung<br />

Fallsteuerung<br />

Partizipation Partizipation von von Kindern Kindern<br />

und und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

<strong>Jugend</strong>lichen<br />

Ludwigsburg<br />

Ludwigsburg<br />

Esslingen Esslingen<br />

Esslingen Esslingen<br />

+<br />

+<br />

+<br />

Hebsack+ Hebsack+<br />

Eppingen Eppingen<br />

Ludwigsburg<br />

Ludwigsburg<br />

Eppingen Eppingen<br />

Bildungsoptionen von von<br />

Heimerziehung<br />

Heimerziehung<br />

Hebsack Hebsack<br />

+<br />

Eppingen Eppingen<br />

HE HE als als Infrastruktur Infrastruktur <strong>für</strong> <strong>für</strong><br />

das das Gemeinwesen<br />

Gemeinwesen<br />

Hebsack Hebsack<br />

Abb. Zuordnung der Themenfelder zu den Einrichtungsprojekten<br />

5. Ergebnisse der Themenprojekte der am Projekt beteiligten<br />

Einrichtungen<br />

Von allen sechs am Projekt beteiligen Einrichtungen liegt jeweils ein ausführlicher Abschlussbericht<br />

vor. Deshalb wird an dieser Stelle darauf verzichtet, die Einzelergebnisse<br />

zu referieren. Im Folgenden werden Ergebnisse referiert, die <strong>für</strong> das Gesamtprojekt von<br />

Relevanz sind.<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


6. Ergebnisse des Gesamtprojektes<br />

6.1 Gestaltung der Eingangsphase und gelingender Übergänge<br />

Gestaltete Einstiegsphase befördert den Vertrauensaufbau, die Identifikation<br />

mit der Gruppe, die Bereitschaft zur Mitwirkung der Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

„Auf den Anfang kommt es an!" Das belegt eine Reihe von empirischen Arbeiten, die nach<br />

den Gründen <strong>für</strong> das Scheitern der Heimerziehung fragen. Als wichtiger Faktor lässt sich<br />

identifizieren, wie das Ankommen von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen in der Einrichtung vorbereitet<br />

und gestaltet wird. Dieser Aspekt wurde besonders in Öhringen und in Hochdorf herausgearbeitet.<br />

Von Seiten der Kinder in Hochdorf wurde besonders hervorgehoben, dass es <strong>für</strong> sie eine<br />

wichtige Erfahrung war, allein mit einer Erzieherin/einem Erzieher außerhalb der Einrichtung<br />

unterwegs zu sein, etwas Exklusives zu „haben“ und Erfahrungen zu machen, die auf<br />

dem Gelände so nicht möglich sind.<br />

Einbeziehung der Herkunftsfamilie in die Gestaltung der Anfangsphase befördert<br />

die Herausbildung einer unterstützenden Haltung der Herkunftsfamilie<br />

und die Perspektivenklärung<br />

Interessant an dem Projekt in Öhringen war, dass zur Klärung der Perspektive die ersten<br />

drei Monate doch nicht die Rolle spielten, wie ursprünglich angenommen. Perspektivenklärung<br />

wird <strong>für</strong> Kinder und <strong>Jugend</strong>liche demnach erst nach einer Phase des Ankommens<br />

relevant. Erst nach ein paar Monaten wird die Frage virulent: „Wie geht es weiter?“<br />

Die Antwort auf diese Frage ist in erheblichem Maße davon abhängig, wie die Eltern zur<br />

Heimunterbringung stehen und welche Perspektive sie haben. Diesen Aspekt hat das Projekt<br />

in Öhringen aufgegriffen und deutlich gemacht, dass als Entwicklungslinie weiter verfolgt<br />

werden sollte, dass parallel zur Unterbringung der Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen, ein Prozess<br />

mit der Herkunftsfamilie laufen muss, der auf die Klärung der Perspektiven hinarbeitet<br />

und dann die entsprechenden Schritte dazu einleitet.<br />

Zusammenarbeit von <strong>stat</strong>ionären, teil<strong>stat</strong>ionären und ambulanten Hilfen fördert<br />

gelingende Übergänge zwischen den Hilfen<br />

Wie können die Übergänge zwischen den einzelnen Betreuungsformen reibungsloser gestaltet<br />

werden? Das ist ein Thema, das die Erzieherischen Hilfen schon seit vielen Jahren<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


eschäftigt. Noch allzu häufig sind die einzelnen Betreuungsformen in den Einrichtungen<br />

voneinander abgegrenzte Teilsysteme. Ihre Überwindung wird sowohl von Mitarbeitenden<br />

als auch von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen als sehr schwierig wahrgenommen.<br />

Das Weraheim hat gezeigt, wie die oft voneinander getrennten Welten miteinander verbunden<br />

werden können: über gemeinsame Aktivitäten von Mitarbeiter/innen <strong>stat</strong>ionärer,<br />

teil<strong>stat</strong>ionärer und ambulanter Hilfen und durch die Gestaltung gruppenübergreifender Angebotssettings.<br />

Sie bieten die ideale Voraussetzung da<strong>für</strong>, diese Übergänge produktiv zu<br />

gestalten und zu nutzen. Damit werden Kindern, ihren Eltern und den betreuenden <strong>Jugend</strong>ämtern<br />

Chancen eröffnet, die jeweiligen Stärken und Potenziale der Betreuungssettings<br />

bedarfsgerecht, flexibel und zeitnah zu nutzen.<br />

6.2 Binnendifferenzierung (Team und individuelle Förderung)/Rollenund<br />

Aufgabendifferenzierungen in den Teams<br />

Binnendifferenzierung von Teams ist Voraussetzung <strong>für</strong> die Erreichung des<br />

Bildungs, - Erziehungs -, und Betreuungsauftrages<br />

„Nicht mehr alle machen alles“! So lautet eine der Botschaften des Projektes.<br />

Fast alle Einrichtungen haben mit Differenzierungsformen innerhalb der Teams gearbeitet:<br />

Indem unterschiedliche Aufgaben aufgeteilt wurden, sich einzelne Mitarbeiter/innen <strong>für</strong><br />

Unterschiedliches verantwortlich fühlten und Formen geschaffen wurden, wie diese Erfahrungen<br />

miteinander kommuniziert und reflektiert wurden.<br />

Von Bedeutung ist, dass diese unterschiedlichen Aufgabenstellungen von den Mitarbeitenden<br />

in der Regel nicht in zeitlicher Abfolge im Schichtdienst erfolgen kann, sondern<br />

häufig durch die gleichzeitige Präsenz von zwei Mitarbeiter/innen: Gruppencoach und Einzelförderung.<br />

Dies bringt enorme Anstrengungen im Bereich der Dienstplangestaltung mit<br />

sich, hat Auswirkungen auf die Arbeitszeitbewirtschaftung und mündet in der Frage: „Wie<br />

viele Fachkräfte müssen gleichzeitig auf der Gruppe sein?“<br />

Prinzip: jedes Kind/jede/r <strong>Jugend</strong>liche/r findet einen persönlichen Ansprechpartner.<br />

„An wen kann ich mich wenden - auf wen kann ich mich verlassen?“ - eine Frage, die Kinder<br />

nicht nur in der Heimerziehung stellen. Einrichtungen suchen dabei nach neuen We-<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


gen. Gemeinsam ist diesen Vorhaben: „Wir wollen sicherstellen, dass jedes Kind und jede/r<br />

<strong>Jugend</strong>liche/r ihren persönlichen und verlässlichen Ansprechpartner findet!“<br />

In Ludwigsburg wurde die Doppelte Bezugbetreuung eingesetzt, in Esslingen der Personal<br />

Coach. Die Aufgabenstellungen der Bezugsperson war nicht die Regulation organisatorischer<br />

Aufgabenstellungen, sondern die Begleitung von Entwicklungsprozessen, die Anregungen<br />

von Selbstreflexion bei den Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen und die Arbeit an aktuellen<br />

Situationsdeutungen. In Öhringen ging es auch um Biografiearbeit oder um die Perspektivenentwicklung<br />

der Hilfe.<br />

Strukturelle Ausgestaltung von individuellem Förderbedarf und die Option auf<br />

Beziehungsgestaltung (Personal-Coach, doppelter Bezugsbetreuer, Neugestaltung<br />

von Förderung, Betreuung und Behandlung<br />

Binnendifferenzierungen und die Aufteilung von unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten<br />

innerhalb des Teams hat es in der Vergangenheit immer schon gegeben. Neu ist an unseren<br />

Ansätzen, dass dies systematisch geplant, reflektiert und strukturell verankert wird. In<br />

Eppingen wurden bspw. die Bereiche Förderung, Betreuung und Behandlung durch jeweils<br />

unterschiedliche Mitarbeiter/innen mit spezifischen Aufgabenstellungen zugeordnet.<br />

(Wieder-) Entdeckung der Gruppe als positiv wirksames Element und die<br />

strukturelle Verankerung der Gestaltung von Gruppenprozessen (Gruppencoach,<br />

Angebotsgruppen etc.)<br />

Eine der größten Überraschungen war, dass die Gruppendynamik und die Gruppe als pädagogisches<br />

Medium wieder in den Blick kamen. Nachdem jahrelang nach individuellen<br />

Behandlungsformen und subjektivem Bezug gesucht wurde, kam die Gruppenpädagogik<br />

etwas aus der Mode.<br />

Im Projekt wurden dabei zwei Akzente gesetzt: In Esslingen wurde im Hinblick auf die bestehenden<br />

Wohngruppen die Notwendigkeit deutlich, dass der Gestaltung des Gruppenprozesses<br />

verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Da<strong>für</strong> wurde eigens eine<br />

Mitarbeiterin mit der Aufgabe betraut, Impulse in Richtung Gruppendynamik einzubringen<br />

und das Gruppengeschehen nicht nur zu analysieren, sondern auch mit zu beeinflussen.<br />

In Eppingen und in Hebsack kam die Gruppe deshalb verstärkt in den Fokus, weil hier in<br />

Wohngruppen übergreifenden Settings gearbeitet wurde. An den Angeboten und Interes-<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


sen von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen entlang wurden neue „Gruppen auf Zeit“ gebildet. Damit<br />

entstand <strong>für</strong> die Mitarbeiterinnen die Aufgabenstellung, diese neu zusammengesetzten<br />

Gruppen in ihrer Gruppendynamik wahrzunehmen und das Gruppengeschehen mit zu gestalten.<br />

Dies führte zu einer neuen Sensibilität bei den Mitarbeiter/innen <strong>für</strong> das Gruppengeschehen<br />

und das Interesse an der Gestaltbarkeit dieser Dynamiken. Ein Aspekt, der<br />

bisher weder in der Ausbildung, noch in der Teamberatung oder internen Qualifizierung<br />

gebührend beachtet wird.<br />

Entwicklung neuer Reflexionskulturen und Reflexionsebenen in Teams und<br />

themenübergreifender Kommunikationsstrukturen (Tandems und Fachdienst<br />

und Bereichsleiter)<br />

Ein Aspekt, der bei allen Einrichtungsvorhaben eine Rolle spielte, ist die Frage der Gestaltung<br />

der Reflexionspraxis bei den Mitarbeitenden. Dabei ist nicht nur der quantitative Bedarf<br />

gestiegen, sondern auch die qualitative Ausgestaltung. Die Notwendigkeit einer vermehrten<br />

Reflexion ist einerseits eine Folge ausdifferenzierter Rollen- und Aufgabenstellungen<br />

in den Teams, andererseits aber auch der Tatsache geschuldet, dass sowohl der<br />

Bedarf nach fallbezogener Reflexion gewachsen ist als auch der Abstimmungsbedarf im<br />

Hinblick auf die Gestaltung Wohngruppen übergreifender Angebote.<br />

6.3 Diagnostik, Hilfeplanung und Feinsteuerung<br />

<br />

Interdisziplinäre Diagnostik- und Aufnahmeverfahren: wünschenswert - aber<br />

nicht gefragt!<br />

Konsequent vom Kinde und seinen Bedürfnislagen her gedacht, bedeutet, dass sich die<br />

Pädagoginnen und Pädagogen auch um ein besseres „Fall-Verstehen“ bemühen müssen.<br />

In dem Maße, wie einzelne Leistungen in den Einrichtungen von unterschiedlichen Personen,<br />

in unterschiedlichen Gruppen, zu unterschiedlichen Zeiten erbracht werden, in dem<br />

Maße wächst auch die Notwendigkeit, über den subjektiven Bedarf der Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

differenzierte Aussagen machen zu können. Damit erhöht sich der diagnostische<br />

Aufwand vor der Unterbringung der Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen.<br />

Vor allem in Eppingen hat die Einrichtung insbesondere im Hinblick auf die anfragenden<br />

<strong>Jugend</strong>ämter einschlägige Erfahrungen gesammelt. Der Erwartung, dass von Seiten der<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


anfragenden <strong>Jugend</strong>ämter vor der Unterbringung eine diagnostische Abklärung differenziert<br />

erfolgen soll, kamen diese nur widerwillig zum Teil auch überhaupt nicht nach. Ein<br />

Teil der <strong>Jugend</strong>ämter hat den damit verbundenen Mehraufwand abgelehnt. Die große<br />

Hoffnung, dass parallel zu den komplexen Problemlagen von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

auch eine entsprechende Diagnostik ausdifferenziert wird, wurde enttäuscht. Das heißt:<br />

Diagnostik wird zwar gewünscht und fachlich gefordert. In der Realität aber kommen insbesondere<br />

die anfragenden <strong>Jugend</strong>ämter den damit verbundenen Aufgaben nicht nach.<br />

Duale Steuerung als Voraussetzung einer konsequenten Hilfeplansteuerung<br />

bezogen auf individuellen Förderungs- und Betreuungsbedarf (Fallsteuerung<br />

+ Teamsteuerung)<br />

Eine Gemeinsamkeit zwischen Esslingen, Eppingen und Ludwigsburg zeigt sich darin,<br />

die Fallsteuerung „dual“ anzulegen. Ähnlich wie in der ressourcenanalytischen<br />

Arbeit, bei der sich der „doppelte Blick“ fachlich durchgesetzt hat, scheint nun auch in<br />

der Fallsteuerung die Mehr-Perspektivität, sozusagen die „doppelte Aufmerksamkeit“,<br />

an Bedeutung zu gewinnen. Ob dies die doppelte Bezugsbetreuer sind oder die<br />

systematische Einbeziehung unterschiedlicher Leitungs- und Wahrnehmungsebenen<br />

in der Fallsteuerung, alle Konzepte sind darauf ausgerichtet, das Fallhandeln<br />

von Teams und den Einbezug anderer Ebenen (Bereichsleitungen, Fachdienst), dialogisch<br />

zu gestalten. Dies erscheint als eine neue Qualität.<br />

In Eppingen wurde deutlich, dass bei Teams angesichts der differenzierten und anspruchsvollen<br />

Aufgabenstellungen der Bedarf nach innerer Koordination und Leitung<br />

gewachsen ist. Deshalb wurde hier die Funktion der Teamleitung eingeführt, konzeptionell<br />

neu gefasst und die Teamleitungen qualifiziert. Dies zeigt, dass der organisatorische<br />

Rahmen gestaltet werden muss, damit arbeitsteilige Aufgaben innerhalb des<br />

Teams wahrgenommen werden können und die Fallsteuerung reflexiv und dialogisch<br />

werden kann.<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


Intensivierung interner Hilfeplansteuerung durch Fachkräftetandems<br />

(zuständige Mitarbeiterin der Hilfesteuerung + Fachdienst + Bereichsleitung)<br />

und der Entwicklung neuer Verfahren (Interne Hilfeplanung, IHPS)<br />

Neben der Frage, wie die Strukturen der Teamsteuerung aussehen, rücken auch<br />

Verfahrensfragen wieder mehr in den Vordergrund. Dazu wurde von Esslingen ein<br />

Konzept der internen Hilfeplanung (IHPS) entwickelt, das zum Ziel hat, diese Verfahren<br />

der dualen Fallsteuerung auszugestalten und verbindlich zu regeln.<br />

6.4 Partizipation von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen (und Elternbeteiligung)<br />

• Kinder und <strong>Jugend</strong>liche als Co-Produzenten der Angebots- und Infrastrukturentwicklung<br />

der Einrichtungen<br />

Ursprünglich wurde das Thema Partizipation sowohl bei der Projektentwicklung als<br />

auch bei den Bewerbungen der einzelnen Einrichtungen nicht in besonderer Weise<br />

thematisiert. Dass der Moment der Beteiligung in der Praxis aber eine große Bedeutung<br />

hat und bei einigen Einrichtungsvorhaben eine wichtige Rolle gespielt hat,<br />

macht deutlich, dass sich die Praxis auf die Bedürfnisse und Interessen von Kindern<br />

und <strong>Jugend</strong>lichen einlassen kann.<br />

Gezielt eingeplant waren partizipative Elemente in Hochdorf. Hier wurden Kinder und<br />

<strong>Jugend</strong>liche nach ihren Erfahrungen gefragt, die ihnen das Ankommen in der Gruppe<br />

erleichtert hatte. Daraus wurden Standards und Eckpunkte <strong>für</strong> die Gestaltung dieser<br />

Situation in der Einrichtung festgelegt. Außerdem waren Kinder und <strong>Jugend</strong>liche<br />

auch in der Einrichtung im Rahmen einer internen Konzeptionsgruppe an diesem<br />

Prozess beteiligt. In diesem Sinne haben sie dazu beigetragen, dass ihre Erfahrungen<br />

in der Einrichtung zur Grundlage der Infrastruktur- und Prozessgestaltung wurden.<br />

Sowohl in Hebsack als auch in Eppingen wurden gute Erfahrungen damit gemacht,<br />

Kinder und <strong>Jugend</strong>liche bei der Entwicklung gruppenübergreifender Angebote zu beteiligen.<br />

Medial aufbereitet wurde dies in Eppingen mit einem Beteiligungsfilm, der<br />

die Interessen der Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen dokumentierte.<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


• Partizipation in der Wohngruppe als Mittel zur Erfahrung von Selbstwirksamkeit<br />

Innerhalb der Wohngruppe wurde das Thema Beteiligung eingesetzt, um einerseits<br />

einen Prozess der inneren Demokratisierung auszulösen und andererseits <strong>Jugend</strong>lichen<br />

die Erfahrung zu vermitteln, dass durch Beteiligung Einfluss entstehen kann.<br />

Damit wurden <strong>für</strong> <strong>Jugend</strong>liche Basiserfahrungen im Hinblick auf Selbstwirksamkeit<br />

vermittelt. Sie erlebten, dass sie als Gruppensprecher, als aktives Mitglied im Gruppenrat<br />

Veränderungen herbeiführen können, die ohne demokratische Verfahren so<br />

nicht gestaltbar waren und bisher oft als unveränderlich wahrgenommen wurden.<br />

• Gelingende Erfahrungen der Mitwirkung als Elemente zur Etablierung einer<br />

Beteiligungsstruktur in der Einrichtung (Gruppensprecher, Gruppenrat,<br />

Kinder- und <strong>Jugend</strong>gipfel)<br />

Die positiven Erfahrungen der Einbeziehung von Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen bei der<br />

Ausgestaltung der Angebotslandschaft haben dazu geführt, dass in Einrichtungen<br />

auch eine neue Sensibilität <strong>für</strong> Beteiligungsprozess entstanden ist. In einem Fall<br />

(Hebsack) führte dies dazu, dass im Herbst 2012 ein Kindergipfel durchgeführt wurde,<br />

der im Zeichen von Partizipation stand und alle Kinder und <strong>Jugend</strong>lichen der Einrichtung<br />

mit einbezogen hat. Damit wurde ein Element von Beteiligungskultur innerhalb<br />

der Einrichtung geschaffen.<br />

6.5 Bildungsoptionen von Heimerziehung<br />

• Erweiterung der Angebots- und Bildungslandschaft durch Verknüpfung<br />

von <strong>stat</strong>ionären, teil<strong>stat</strong>ionären und ambulanten Hilfen<br />

Interessante strukturelle Neuentwicklungen finden sich an den Standorten, an denen<br />

neue Erfahrungen mit der Verknüpfung von <strong>stat</strong>ionären, teil<strong>stat</strong>ionären und ambulanten<br />

Hilfen gemacht wurden. Die dadurch entstandenen größeren Einheiten konnten<br />

sich themen- und interessenspezifisch ausrichten und damit Kindern und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

neue Bildungsoptionen eröffnen. Ein ganzheitliches Bildungskonzept, das sowohl<br />

formale als auch non-formale Bildungselemente verknüpft und auch auf Aspekte<br />

der Selbstbildung, der Selbstentdeckung, -entfaltung und gegenseitiger Förderung<br />

setzt, steht hier im Vordergrund. Dazu gehören auch Bereiche der Naturpädagogik,<br />

des sozialen Lernens und Erfahrungen gemeinsamer Verantwortungsübernahme etc.<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


• Heimerziehung als Ort neuer Bildungs-Erfahrungen<br />

Das Projekt hat gezeigt, dass Heimerziehung stärker unter dem Aspekt von Bildung<br />

thematisiert werden muss. Bildung und Betreuung sind in Wirklichkeit keine Gegensatzpaare.<br />

Sie sind miteinander verknüpft ebenso wie die Bildung und Förderung.<br />

Heimerziehung ist ein Ort ganzheitlicher Bildung, wenn es gelingt, <strong>für</strong> Kinder und <strong>Jugend</strong>liche<br />

ein vielfältiges Anregungsmilieu zu schaffen, das sie zur Selbstentfaltung,<br />

zur Selbst-Entdeckung und zur „Selbst-Bildung“ führt. Ein Ergebnis ist, dass dies in<br />

gruppenübergreifenden Kontexten und in größeren Einheiten einfacher zu gestalten<br />

ist. Damit können Kinder und <strong>Jugend</strong>liche aus unterschiedlichen Settings aufgrund<br />

eines gemeinsamen thematischen Bezuges zueinander gebracht werden und mit<br />

ihnen neue Gruppen gebildet werden. Erfahrungen von Zugehörigkeit werden möglich,<br />

neue Kinder und Erzieher/innen kann man kennenlernen. Damit wird eine Überschwindung<br />

der Fixierung auf eine Gruppen und nur ein Betreuerteam möglich.<br />

• Gestaltung gelingender Übergänge zwischen den Hilfen durch gemeinsame<br />

Angebote <strong>stat</strong>ionärer und teil<strong>stat</strong>ionärer Hilfen<br />

Damit kann eine neue Durchlässigkeit innerhalb der Hilfen erreicht werden. Weil sich<br />

Kinder, <strong>Jugend</strong>liche und Pädagoginnen und Pädagogen bereits kennen, lassen sich<br />

die Übergänge von einer Gruppe in die andere oder von der <strong>stat</strong>ionären Heimerziehung<br />

in ein teil<strong>stat</strong>ionäres oder ambulantes Angebot passgenauer gestalten.<br />

• Erhöhung der Motivation/Sinnstiftung der Mitarbeiter/innen durch die<br />

Möglichkeiten pädagogischen Arbeitens (Gruppenpädagogik, interessen-<br />

und kompetenzbasierte Angebotsentwicklung etc.)<br />

Was bedeutet dies <strong>für</strong> die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Dies ist ein Ergebnis,<br />

das so nicht zu erwarten war. Sowohl von Eppingen als auch vom Weraheim wurde<br />

explizit darauf hingewiesen, dass sich mit der gruppenübergreifenden Angebotsentwicklung<br />

die Motivation der Mitarbeiter/innen deutlich erhöht hat. Da häufig Angebote<br />

entwickelt wurden, die an ihren Kompetenzen und Interessen anschlossen, wurden<br />

Erfahrungen von Selbstwirksamkeit gemacht. Dies trug nicht nur zur Erhöhung der<br />

Arbeitszufriedenheit bei sondern auch zur Aktualisierung der Sinnhaftigkeit beruflichen<br />

Handelns.<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


6.6 Angebotsübergreifende Infrastruktur <strong>für</strong> Gemeinwesen<br />

• Partielle Öffnung der Wohngruppe ins Gemeinwesen durch Vernetzung<br />

mit teil<strong>stat</strong>ionären/ambulanten Hilfen<br />

Mit der Aufmerksamkeitsverlagerung von der einzelnen Gruppe hin zu gruppenübergreifenden<br />

Angeboten wurde auch eine Fixierung auf die Räumlichkeiten der einzelnen<br />

Gruppen aufgegeben. Stärker in den Blick kommen damit die Raumoptionen der<br />

gesamten Einrichtung oder des Gemeinwesens, in dem die Einrichtung agiert. Damit<br />

wurde eine partielle Überschreitung der örtlichen Fixierung möglich.<br />

• Wohngruppe/ Einrichtung als Infrastrukturangebot <strong>für</strong> das Gemeinwesen<br />

(Außenanlagen, Barfußpark etc.)<br />

In einem Fall führte dies dazu, dass ein Infrastrukturangebot auf dem Gelände der<br />

Einrichtung <strong>für</strong> das Gemeinwesen geöffnet wurde. Der Barfußpark, der im Rahmen<br />

einer gruppenübergreifenden Aktion eingerichtet wurde, konnte den Nachbarn und<br />

Nachbarinnen, den Menschen im Gemeinwesen zugänglich gemacht werden.<br />

• Heim als Ort attraktiver Infrastruktur und Aktivitäten bei Eltern und Öffentlichkeit<br />

sichtbar machen<br />

Mit der Öffnung erzieherischer Hilfen in Richtung Gemeinwesen hat sich die öffentliche<br />

Wahrnehmung der Einrichtung verändert. Die Attraktivität des Angebotes<br />

und/oder der Reiz des Geländes der Einrichtung wurden bspw. in Hebsack von Eltern<br />

betreuter Kinder positiv wahrgenommen und rückte das Heim in ein neues Licht.<br />

Die Öffentlichkeit nahm zur Kenntnis, dass das Heim nicht nur ein mehr oder weniger<br />

gut geduldeter Ort <strong>für</strong> schwer erziehbare Kinder und <strong>Jugend</strong>liche ist, sondern dass<br />

sich damit auch positive Potenziale <strong>für</strong> das Gemeinwesen erschließen lassen.<br />

6.7 Qualifizierung/Begleitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

• Entwicklung von Maßnahmen der Qualifikation und Begleitung von Mitarbeiter/innen<br />

parallel zur Praxisentwicklung<br />

Ein klares und sehr eindeutiges Ergebnis ist das Faktum, dass sich alle Einrichtungen<br />

parallel zur Praxisentwicklung um die Qualifizierung ihrer Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter im jeweiligen Handlungsfeld bemühten. Alle Einrichtungen setzten spezifische<br />

Qualifizierungsbausteine ein, damit sich Mitarbeitende auf den jeweiligen the-<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“


matischen Schwerpunkt konzeptionell-fachlich und handwerklich konzentrieren konnten.<br />

Dazu wurden Inhouse-Seminare und Qualifizierungstage durchgeführt, externe<br />

Fachreferenten hinzugezogen und interne Workshops organisiert.<br />

Dies verweist darauf, dass kontinuierliche interne Qualifizierungsprozesse innerhalb<br />

der Heimerziehung fachliche Weiterentwicklungs-Instrumente sind, die fast schon<br />

zum Standard gehören. Dies bedeutet auch, dass <strong>für</strong> die innovative und konzeptionelle<br />

Neuausrichtung in den Gruppen und in gruppenübergreifenden Settings die<br />

entsprechenden Impulse gegeben werden und die da<strong>für</strong> notwendigen Rahmenbedingungen<br />

hergestellt werden müssen.<br />

• Schwerpunktthemen: (bereichsübergreifende) Fallreflexion, Duale Steuerung<br />

( Fall+Team), Gruppenpädagogik<br />

Das Themenspektrum einrichtungsinterner Qualifizierung reicht von traumapädagogischen<br />

Themenstellungen über Fragen der Reflexion bis hin zur Frage dualer<br />

Steuerung und der neu an Bedeutung gewonnen Gruppenpädagogik. Interessant<br />

ist, dass die Qualifizierungsanstrengungen immer auf das gesamt handelnde Team<br />

oder auf die teamübergreifenden Arbeitskonstellationen zielen. Dies macht deutlich,<br />

dass Qualifizierungsanstrengungen auch immer darauf gerichtet sein müssen, mit<br />

den bestehenden Teams und den sie begleitenden Akteuren einrichtungsbezogene<br />

Qualifizierungs- und Reflexionsprozesse auszulösen. Dazu müssen die Mitarbeiterinnen<br />

bereit sein und von Seiten der Einrichtungen müssen die entsprechenden<br />

Rahmenbedingungen dazu geschaffen werden.<br />

• Qualifizierung von Team-Leitungen mit Schwerpunkt „Fallverstehen“<br />

Neben den stark handwerklich ausgerichteten Workshops wurde der Fallreflexion ein<br />

hoher Stellenwert eingeräumt. Dies nicht nur im Hinblick auf ausreichende Zeitfenster,<br />

die da<strong>für</strong> vorgesehen werden müssen, sondern auch im Hinblick auf die Frage:<br />

wie wollen wir reflektieren, wie sehen die entsprechenden Verfahrenspraxen dazu<br />

aus und wie können wir uns auf diesem Reflexionsniveau halten?<br />

Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit <strong>stat</strong>ionärer Erziehungshilfe“

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