LYOCELL® - the cellulose fiber chameleon - Lenzing
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<strong>Lenzing</strong>er Berichte 76197 89<br />
LYOCELL-THECELLULOSIC FIBRECHAMELEON<br />
Markus Eibl, Dieter Eichinger, Christoph Lotz, <strong>Lenzing</strong> AG, Austria<br />
Die LYOCELL-Faser ist der Rohstoff für eine Vielzahl werden. Alle diese Produkte haben aber zwei Dinge ge-<br />
von Anwendungen in der Textilindustrie. Neben dem meinsam: die hervorragenden Trageeigenschaften und<br />
Einsatz für technische Zwecke bietet die LYOCELL-Fa- die Verwendung einer Faser, deren Herstellung die Öko-<br />
ser für die Bekleidungsindustrie völlig neue Perspekti- logie kaum belastet. Die Vielzahl der möglichen Produk-<br />
ven. Anhand von KAWABATA-Messungen soll die enor- te läßt sich nur aufgrund der einzigartigen Fasereigen-<br />
me Spannweite an möglichen Griffvarianten gezeigt schaften erzielen.<br />
1. Einleitung<br />
Lyocellfasern werden im Rahmen eines Direktlöseverfahrens<br />
hergestellt. Als Lösungsmittel dient das nicht toxische Lö-<br />
sungsmittelgemisch N-Methylmorpholin-N-Oxid (NMMO) /<br />
Wasser. Da das Lösungsmittel fast vollständig recycliert wird,<br />
entstehen nur geringste Abwasseremissionen, welche in einer<br />
Kläranlage vollständig abgebaut werden können. Emissionen<br />
in die Luft sind zu vernachlässigen. [l, 21 Insgesamt handelt<br />
es srch daher um einen äußerst umweltschonenden Produk-<br />
tionsprozeß.<br />
2. DIE LYOCELL-FASER<br />
Lyocellfasern bestehen vollständig aus Cellulose. Im Gegen-<br />
satz zu herkömmlichen Regenerat<strong>cellulose</strong>fasern hat die Lyo-<br />
cellfaser keine Kern-Mantel-Struktur, sondern besteht aus,<br />
über den gesamten Querschnitt gleich dicken, Fibrillen. Diese<br />
fibrilläre Struktur entsteht bei der Fällung der Cellulose aus der<br />
Spinnlösung aufgrund von Entmischungsvorgängen und ist für<br />
die herausragenden Eigenschaften der Lyocellfasern verant-<br />
wortlich. Lyocellfasern können für den jeweiligen Einsatz-<br />
zweck, im Titer, in der Schnittlänge und den mechanischen Ei-<br />
genschaften in einem weiten Rahmen optimiert werden.<br />
Für die Textilindustrie kombiniert die Lyocellfaser daher einen<br />
natürlichen Rohstoff mit den Vorteilen von Syn<strong>the</strong>sefasern und<br />
bietet daher eine fast unerschöpfliche Rohstoffbasis für ver-<br />
schiedenste Anwendungen, sowohl im Bekleidungsbereich als<br />
auch für technische Anwendungen.<br />
Auch bei der Verwendung der Lyocellfasern in Mischung mit<br />
anderen Fasern bleibt der Charakter von Lyocell erhalten. An-<br />
hand folgendem Beispiel einer Mischung aus Lyocell mit Vis-<br />
kose bzw. Modal in Gestricken und dem Anstieg des Berst-<br />
drucks dieser im Verhältnis zu der mittleren Schlingenfestigkeit<br />
soll dies gezeigt werden.<br />
Mittlere Schlingenfestigkeit und Berstdruck von<br />
Lyocell / Viskose und Lyocell / Modal - Mischungen:<br />
Diagramm 1<br />
Aus dem Diagramm erkennt man eine lineare Zunahme des<br />
Berstdrucks mit der mittleren Schlingenfestigkeit der Fasermi-<br />
schungen.<br />
Die anderen mechanischen Gebrauchswerte und Eigenschaf-<br />
ten wie Griff und Fall zeigen einen entsprechenden Verlauf.<br />
3. LYOCELLGEWEBE<br />
Aus der außerordentlich hohen Substanzausnutzung der Lyo-<br />
cellfasern von 75 - 78 % in Einfachringgarnen, resultiert eine<br />
hohe Garnfestigkeit. Feine Garne und Garne mit hohen Dre-<br />
hungen haben daher ungewöhnlich hohe Absolutfestigkeiten.<br />
Eine weitere Besonderheit der Lyocellfasern stellt die Fibrillier-<br />
barkeit dar. Bei der mechanischen Belastung im naßen Zu-<br />
stand quer zur Faserachse spalten sich feinste Härchen ab,<br />
welche die Faser wie ein Pelz umgeben. Aus Lyocellfasern<br />
können daher Gewebe mit verschiedensten Griff und Optikva-<br />
rianten hergestellt werden.<br />
Um eine Objektivierung der Griffbeurteilung zu erlangen, wur-<br />
den von einigen Produktentwicklungen der <strong>Lenzing</strong> und deren<br />
Kunden KES-F Messungen durchgeführt. Kawabata führte im<br />
Jahre 1968 mit der KES-F Methode ( Kawabata’s Evaluation<br />
System-Fabrics ) eine objektive Griffbeurteilung ein, die auf der<br />
Basis des japanischen Griffempfindens entwickelt wurde. Das<br />
System ermittelt mit Hilfe spezieller Meßgeräte 15 verschiede-<br />
ne wichtige Eigenschaften des Gewebes (Beispiele: Zugarbeit,<br />
Erholungsvermögen, Höchstzugkraftdehnung, Schersteifig-<br />
keit, Biegesteifigkeit, Biegehysteresehöhe, Kompressibilität,<br />
Dicke, Reibungskoeffizient,...) und schließt als 16. Parameter<br />
das Flächengewicht ein. Diese Messergebnisse werden dann<br />
in primäre Griffnoten umgerechnet, welche mit dem taktilen<br />
Empfinden eines Kulturkreises korrelieren. Für die in dieser<br />
Veröffentlichung angegebenen Griffnoten wurden die Korrelati-<br />
onsparameter für den japanischen Kulturkreis verwendet, da<br />
diese am weitesten verbreitet sind. Das Resultat ist aber eine<br />
Objektivierung der Griffeindrücke und läßt einen Vergleich von<br />
Geweben zu.<br />
Um eine Vergleichsmöglichkeit der Meßergebnisse zu haben<br />
wurden für alle Gewebe, ungeachtet derer eigentlichen Ver-<br />
wendung, die primären Griffbeurteilungen für mittelschwere<br />
DOB, Koshi, Sufutosa, Numeri und Fukurami berechnet. Die-<br />
se Griffnoten sollen folgende Griffeindrücke wiedergeben.
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Primäre Griffnoten und deren Bedeutung [3]<br />
Griffnote Eigenschaft<br />
Koshi Steifheit und Elastzität: Dominanz der Biegesteifigkeit,<br />
eine Springigkeit des Gewebes fördert dieses Griffgefühl<br />
Fukurami Ftille und Weichheit: Bauschigkeit und Fülle, sprungela-<br />
strsche Eigenschaften bei der Kompression und Dicke,<br />
Wärme<br />
Numeri nachgiebige Glätte: Glätte, Nachgiebigkeit, Geschmei-<br />
drgkert und Weichheit bestimmen diesen Griffparameter.<br />
Sufutosa weiches Griffgefühl: Eine Kombinatron der oberen 3 Pa-<br />
rameter, em Maß fur die Werchheit.<br />
Tabelle 1<br />
Die Werte werden auf Noten zwischen 0 und 10 normiert. Je<br />
höher die Note desto stärker sind die entsprechenden Eigen-<br />
schaften ausgeprägt.<br />
Für die, in der folgenden Tabelle zusammengefaßten Gewebe<br />
wurden 1,3 dtex Lyocellfasern verwendet. Eine griffgebende<br />
Hochveredlung wurde natürlich für diese Gewebe nicht ver-<br />
wendet.<br />
Konstruktion der vermessenen Gewebe<br />
Gewebe Gewicht BIndung Kette Schuß Fadenrahl Peach<br />
glm~ Nm Nm WS cm-1<br />
1 276 40/2 3412 21123 nein<br />
2 171 Koper 50/1 50/1 50/29 Ia<br />
Zl1<br />
3 245 3411 40/2 28/26 ,a<br />
4 110 Koper lOO/l 1 OO/l 69/41<br />
211<br />
5 175 4011 4011 46126<br />
6 163 Koper 70/1 40/1 44/34<br />
312<br />
7 175 4011 40/1 43130<br />
8 89 LWD 160/1 133/1 60157<br />
9 Moullne Ne 50/1 Cly s.Kette 40/29 leicht<br />
40den PA<br />
10 Ne 12/1 Ne 5012 Zl/30 nein<br />
85% Cly ClY<br />
15% Mohair<br />
Subjektive Griffbeurteilung und Meßergebnisse<br />
aus den KEF-S-Messungen<br />
Tabelle 2<br />
Subjektiv Koshi Numeri Fukurami Sofutosa<br />
1 kreppig, trocken, körnig,<br />
eher wollig 1,l 2,48 5.28 5<br />
2 welch. peachlg, sprungelastisch 2,18 8,05 6,73 8,43<br />
3 Velour, welch, trocken, flauschig,<br />
eher wollig 2.12 9 11,07 10,26<br />
4 sehr weich, sehr sprungelastlsch,<br />
dicht, chlntzartlg 1,24 4,56 3,63 5,55<br />
5 trocken, sprungelastlsch. offener 1,92 8,23 7,19 8,89<br />
6 angepeached, sprungelastisch,<br />
leicht, guter Fall 1,24 7,38 6,13 8,45<br />
7 sprungelastisch, leicht 2,05 7,32 6.64 7,96<br />
8 dicht, chintrartlg, viel Sprung,<br />
raschelnd 1,95 8,23 7,59 8,99<br />
9 wollartlg 479 3,34 6,08 7,67<br />
10 wollartlg 2,79 3~32 4,28 4,25<br />
Tabelle 3<br />
Aus den Werten kann man die Spannweite der möglichen<br />
Griffeineindrücke erkennen.<br />
Koshl<br />
Numeri<br />
Spannweite der Griffeindrücke<br />
. c<br />
Iow stlffness high stlffness<br />
* .<br />
low elastlcity<br />
high elastlclty<br />
Fakuraml jl<br />
1<br />
,g;-<br />
#@SS j<br />
.<br />
Iow volume<br />
* high volume<br />
Sofutosa<br />
dry hapdle 4 t soft handle<br />
-1 1 3 5 7 9 11 13<br />
Abb 1<br />
Der Griffparameter Sofutosa, welcher als Summenparameter<br />
die Weichheit wiedergibt bewegt sich zwischen 4,251 und<br />
10,26. Es lassen sich sowohl extrem weiche als auch trocke-<br />
ne, wallartige Stoffe herstellen. Die Möglichkeiten, die die Fi-<br />
brillierung zur Erzeugung des Peach-skin Effekts bieten schei-<br />
nen sich in der Spannweite für den Griffparameter Fukurami<br />
zu zeigen. Die feinen Fibrillen an der Gewebeoberfläche ver-<br />
mitteln ein voluminöses, warmes Griffgefühl.<br />
Sofutosa<br />
Typische Griffprofile für Lyocellgewebe<br />
Koshl<br />
II<br />
9<br />
7<br />
5<br />
Peach sktn wollatilg mit<br />
geringer Biegesteiflgkelt<br />
Fukurami<br />
Abb. 2<br />
Ein Charakteristikum der Lyocellgewebe scheint der relativ ge-<br />
ringe Wert für den Griffparameter Koshi zu sein. Obwohl einige<br />
Gewebe subjektiv mit einer hohen Sprungelastizität bewertet<br />
wurden, scheint jedoch die geringe Biegesteifigkeit der Gewe-<br />
be zu dominieren. Diese geringe Biegesteifigkeit steht in Ein-<br />
klang mit dem einziganigen Fall, der Lyocellgeweben zueigen<br />
ist. Da die Biegesteifigkeit aber zu einem hohen Anteil aus der<br />
Gewebekonstruktion bestimmt wird, kann diese sicher durch<br />
geeignete Modifizierungen erhöht werden.<br />
Diese Meßreihe läßt noch keine statistisch abgesicherte Inter-<br />
pretation der Ergebnisse der KEFS-Messungen zu, zeigt aber<br />
die enorme Spannweite der Griffvarianten, die durch die Ver-<br />
wendung der Lyocellfasern möglich ist. Die hohe Faserfestig-<br />
keit und Substanzausnutzung, welche auch die Herstellung<br />
von sehr feinen Garnen und somit leichten, dünnen Geweben<br />
ermöglicht, und die Möglichkeiten der Oberflächenmodifizie-<br />
rung aufgrund der Fibrillation der Fasern bieten den Stoffher-<br />
stellern und Designern unzählige Chancen neue Stoffe zu
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kreieren. Eines haben diese Stoffe jedoch gemeinsam, die<br />
guten tragephysiologischen Eigenschaften die die Verwen-<br />
dung einer Cellulosefaser mit sich bringt.<br />
4. TECHNISCHE TEXTILIEN<br />
Auch im Bereich der Technischen Textilien bieten sich Lyocell-<br />
fasern für eine Vielzahl von Anwendungen an [4]. Am Beispiel<br />
für hydroentangeled nonwovens zeigt sich, daß die Festigkeit<br />
der Lyocell-Vliese eher mit Polyester-Vliesen als mit Viskose-<br />
Vliesen oder Baumwolle-Vliesen zu vergleichen ist. Dies umso<br />
mehr als die Vliese aus Lyocell eine relative Naßfestigkeit von<br />
über 90% aufweisen. Als cellulosische Faser jedoch zeichnet<br />
sich die Lyocellfaser durch eine hohe Wasseraufnahme aus.<br />
Die Fibrillierbarkeit der Lyocellfasern läßt sich bei der Wasser-<br />
strahlverfestigung von Vliesen nutzen. Je nach Energieeinsatz<br />
kann der Grad der Fibrillation eingestellt werden. Die Luft-<br />
durchlässigkeit sowie die Filtrationsleistung lassen sich da-<br />
durch beeinflussen.<br />
Weitere Anwendungen findet die Lyocellfaser in wet laid non-<br />
wovens. Für diese wird die Faser als 6 mm Kurzschnitt ange-<br />
boten und bei Mischungen mit hierfür üblichem Zellstoff führt<br />
eine Zumischung einiger Prozent zu einer deutlichen Verbes-<br />
serung des Festigkeitsprofils.<br />
Zusammen mit der vollständigen biologischen Abbaubarkeit<br />
stellt die Lyocellfaser den idealen Rohstoff für Spezialpapiere,<br />
Filtermedien, medizinische Textilien, Hygiene Textilien, Schleif-<br />
mittelgründe und Beschichtungsträger dar.<br />
Die KEF-S-Messungen wurden von Frau D.Ganssauge am<br />
Deutschen Wallforschungsinstitut Aachen durchgeführt.<br />
Literatur<br />
Fl1 1. Marini, H. Firgo, M. Eibl, ,,<strong>Lenzing</strong> Lyocell”, Lenringer Berichte,<br />
74, (1994), 53<br />
Pl H. Firgo, M. Eibl, D. Eichinger, ,,Eine ökologische<br />
ve”, <strong>Lenzing</strong>er Berichte, 75, (1996), 47<br />
Alternati-<br />
[31 E. Finnimore, ,,Objektive Griffbeurteilung nach dem KES-F<br />
System”,<br />
826<br />
Chemiefasernflextilindustrie, November, (1982),<br />
[41 D. Eichinger, C. Lotz, ,,<strong>Lenzing</strong> Lyocell - Potential for Technical<br />
Textiles”, <strong>Lenzing</strong>er Berichte, 75, (1996)<br />
41