Sitzung vom 01.06.2004 - Freie Musik in Köln
Sitzung vom 01.06.2004 - Freie Musik in Köln
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IFM-Treffen 1.6.2004, Domforum, 18.00–20.30 h)<br />
Protokoll (Ra<strong>in</strong>er Nonnenmann, Robert v. Zahn)<br />
Gäste: Dieter Wiegmann (<strong>Köln</strong><strong>Musik</strong>)<br />
Wolfgang Schmidt (<strong>Köln</strong><strong>Musik</strong>)<br />
Peter Sörries (Aufsichtsrat <strong>Köln</strong><strong>Musik</strong>)<br />
Gabriel Ste<strong>in</strong>schule (GEMA)<br />
Mitglieder: Robert v. Zahn (Sprecher)<br />
Maria Sper<strong>in</strong>g (Sprecher<strong>in</strong>; Forum Alte <strong>Musik</strong>)<br />
Ra<strong>in</strong>er Nonnenmann (Vorstand KGNM)<br />
Hans-Joachim Wagner (<strong>Musik</strong>referat Stadt <strong>Köln</strong>)<br />
Re<strong>in</strong>er Michalke (Stadtgarten)<br />
Hans-Mart<strong>in</strong> Müller (LOFT)<br />
Albrecht Zummach (Vorstand KGNM)<br />
Gudrun Mettig (GEDOK)<br />
Hans Otto (Manager Musica Antiqua <strong>Köln</strong>)<br />
Mart<strong>in</strong> Blankenburg (Sprecher des Arbeitskreises <strong>Köln</strong>er Chöre)<br />
Achim F<strong>in</strong>k (Wildcard, Talk<strong>in</strong>g Horns)<br />
Harald Münz (Komponist)<br />
Thomas Witzmann (Komponist)<br />
Maria de Alvear (Komponist<strong>in</strong>)<br />
Ralf Werner (Die Tontechniker)<br />
1. Kammermusiksaal / Kle<strong>in</strong>e Philharmonie<br />
Robert v. Zahn begrüßt die Gäste. Dieter Wiegmann stellt die Pläne zur Kle<strong>in</strong>en Philharmonie<br />
vor. Das Projekt entstand aus e<strong>in</strong>er Reise des Aufsichtsrats der <strong>Köln</strong><strong>Musik</strong> nach Wien heraus.<br />
Die überwiegende Zahl der europäischen Konzerthäuser verfügt über e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>eren Saal für<br />
Kammermusik und für s<strong>in</strong>fonische Proben zur Entlastung des großen Saals. Im Herbst 2003<br />
begannen die konkreten f<strong>in</strong>anziellen und architektonischen Überlegungen zu e<strong>in</strong>em<br />
Kammermusiksaal im geplanten Kulturforum am Neumarkt. Die <strong>Köln</strong><strong>Musik</strong> GmbH soll<br />
Betreiber se<strong>in</strong>. Der Saal soll "zuschussneutral" bewirtschaftet werden, d.h. den<br />
Subventionsbedarf der <strong>Köln</strong><strong>Musik</strong> seitens der Stadt von 3 Mio. Euro jährlich nicht übersteigen.<br />
Der Saal soll multifunktional se<strong>in</strong>, mit variabler Bühne von 230 qm, ca. 930 Sitzplätzen und<br />
auch nutzbar se<strong>in</strong> als Probestätte für WDR- und Gürzenich-Orchester. Bis September 2004<br />
muss der Bauplan beim Regierungspräsidium vorliegen, um die letzte Frist der seit Jahren <strong>vom</strong><br />
Land für dieses Projekt signalisierten F<strong>in</strong>anzzuschüsse e<strong>in</strong>zuhalten. Bislang liegen nur<br />
f<strong>in</strong>anztechnische und architektonische Machbarkeitsstudien vor. Nach wie vor besteht die<br />
Möglichkeit, dass die Entscheidung gegen e<strong>in</strong>en Konzertsaal fällt zugunsten e<strong>in</strong>er Tiefgarage<br />
oder der Zudeckelung e<strong>in</strong>fach als Kellerboden.<br />
Robert v. Zahn fragt Peter Sörries, warum diese Planungen nicht dem Kulturausschuss<br />
vorgelegt werden müssen. Peter Sörries führt aus, dass es sich um e<strong>in</strong> Projekt der <strong>Köln</strong><strong>Musik</strong><br />
im Auftrag der Gebäudewirtschaft der Stadt <strong>Köln</strong> handelt, dass <strong>vom</strong> Aufsichtsrat angeregt<br />
wurde, weiterh<strong>in</strong> betreut wird und der Genehmigungspflicht seitens des Rats unterliegt.
Peter Sörries gibt den IFM-Mitgliedern E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> den Stand der Architekturplanung. Die<br />
geplante Bühne entspricht den Abmessungen der großen Philharmonie, um dem Gürzenich-<br />
Orchester und dem <strong>Köln</strong>er Rundfunk-S<strong>in</strong>fonie-Orchester die Möglichkeit zu sichern,<br />
Aufführungen für die Große Philharmonie <strong>in</strong> der Kle<strong>in</strong>en vorbereiten zu können.<br />
Hans-Joachim Wagner: Für e<strong>in</strong>en kammermusikalischen Betrieb wäre e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>ere<br />
Abmessung der Bühne s<strong>in</strong>nvoller. Sie käme auch eher den Möglichkeiten und Interessen der<br />
freien <strong>Musik</strong> <strong>in</strong> <strong>Köln</strong> entgegen. Er muss geeignet se<strong>in</strong> für Konzerte mit <strong>Musik</strong>theater, alter und<br />
aktueller komponierter und improvisierter <strong>Musik</strong>.<br />
Wolfgang Schmidt legt Wert darauf, dass es sich um e<strong>in</strong>e Machbarkeitsstudie handelt, noch<br />
nicht um die unmittelbare Planung des Baus. Die Studie soll im Juli dem Rat der Stadt <strong>Köln</strong><br />
vorgelegt werden.<br />
Peter Sörries: Die wirtschaftliche Effizienz des Betriebs hat Vorrang, weil sie sonst f<strong>in</strong>anziell<br />
nicht realisiert werden kann. Deshalb muss die Architektur auf die Erfordernisse der beiden<br />
großen Orchester ausgerichtet se<strong>in</strong>.<br />
Thomas Witzmann: E<strong>in</strong> Studienprojekt der RWTH Aachen mit Architekturstudenten zum Bau<br />
e<strong>in</strong>es Kammermusiksaals <strong>in</strong> <strong>Köln</strong>, das Witzmann künstlerisch betreute, ergab, dass e<strong>in</strong>e flexible<br />
Anlage der Bühne und e<strong>in</strong>e flexible Bestuhlung geboten s<strong>in</strong>d. S<strong>in</strong>nvoll ist es, auch die<br />
Möglichkeit e<strong>in</strong>er Ensemble-Aufstellung <strong>in</strong>mitten des Publikums architektonisch e<strong>in</strong>zuplanen.<br />
Dieter Wiegmann: Das wäre zu begrüßen, würde die Kosten für den Bau aber erheblich<br />
steigern. Nach derzeitigem Stand ist das nicht zu f<strong>in</strong>anzieren.<br />
Re<strong>in</strong>er Michalke: Die Politik hätte die Auflage geben müssen, dass die kosteneffiziente<br />
Führung der beiden Säle zu e<strong>in</strong>er Verm<strong>in</strong>derung der städtischen Zuschüsse führen muss. Die<br />
ersparte Summe hätte für die Förderung der freien Szene verwendet werden können. Es ist<br />
bitter, dass diese Chance nicht genutzt wurde.<br />
Hans-Mart<strong>in</strong> Müller: Die Variabilität des Saals ist sehr wichtig. Die Initimität e<strong>in</strong>es<br />
Kammermusiksaals muss gesichert se<strong>in</strong>, gleichzeitig die Nutzung im S<strong>in</strong>ne der Großen<br />
Philharmonie.<br />
Wolfgang Schmidt: Der Saal wird so flexibel angelegt, wie es <strong>in</strong>nerhalb des Kostenrahmens<br />
möglich ist.<br />
Mart<strong>in</strong> Blankenburg mahnt zur Vorsicht. In Er<strong>in</strong>nerung s<strong>in</strong>d die Hoffnungen, die mit der<br />
Wiedereröffnung des Gürzenichs verbunden waren und verflogen s<strong>in</strong>d, da dieser als<br />
Konzertsaal ungeeignet und für Veranstalter und mit den laufenden Unterhaltskosten viel zu<br />
teuer ist.<br />
Hans-Mart<strong>in</strong> Müller er<strong>in</strong>nert an das „Groschengrab“ des Studios an der Stolberger Straße von<br />
WDR bzw. Stadt <strong>Köln</strong> und fragt, ob es schon konkrete Gespräche mit dem WDR gab, was das<br />
Wechseln des S<strong>in</strong>fonieorchesters zwischen Großer und Kle<strong>in</strong>er Philharmonie <strong>in</strong>klusive<br />
Transport der Instrumente und teilweise auch Technik angeht?<br />
Wolfgang Schmidt: Der WDR ist selbstverständlich e<strong>in</strong>bezogen. Die Gespräche werden<br />
geführt.<br />
Hans-Mart<strong>in</strong> Müller: Zuschussneutral ist e<strong>in</strong>e neue Spiel- und Probenstätte kaum zu haben. Da<br />
es sich auf Jahrzehnte h<strong>in</strong>aus um die letzte Möglichkeit zum Bau e<strong>in</strong>es neuen Konzertsaals <strong>in</strong>
<strong>Köln</strong> handelt, sollte es ke<strong>in</strong> herkömmlicher musealer Saal se<strong>in</strong>, sondern e<strong>in</strong>er, der<br />
architektonisch und akustisch <strong>in</strong>s 21. Jahrhundert weist.<br />
Maria de Alvear plädiert dafür, den neuen Saal als e<strong>in</strong>e große Chance der Stadt zu begreifen,<br />
als <strong>in</strong>ternationale <strong>Musik</strong>stadt viel von dem <strong>in</strong> den letzten Jahren verlorenen Boden wieder gut<br />
zu machen. <strong>Köln</strong> droht sonst im Konkurrenzkampf mit anderen Städten <strong>in</strong> Deutschland und<br />
Europa <strong>in</strong> Prov<strong>in</strong>zialität zurückzufallen.<br />
Ra<strong>in</strong>er Nonnenmann gibt zu bedenken, dass schon seit dem Bau der <strong>Köln</strong>er Philharmonie vor<br />
fast zwanzig Jahren <strong>in</strong> der <strong>Musik</strong>stadt <strong>Köln</strong> Bedarf an e<strong>in</strong>em Kammermusiksaal besteht, der<br />
se<strong>in</strong>em Namen h<strong>in</strong>sichtlich Größe und Nutzbarkeit auch wirklich gerecht wird. Es ist daher<br />
unverständlich, dass e<strong>in</strong> solcher Saal nicht von Anfang an, sondern erst jetzt mehr zufällig <strong>in</strong><br />
die Planungen für das Kulturforum am Neumarkt aufgenommen wurde.<br />
Robert von Zahn fragt, über welche Verantwortungsträger noch E<strong>in</strong>fluss auf die Planungen<br />
genommen werden können, um den Belangen der freien <strong>Musik</strong>szene mehr Berücksichtigung zu<br />
verschaffen. Er regt an, dass der <strong>Musik</strong>referent der Stadt und e<strong>in</strong> Vertreter der <strong>Musik</strong>er an den<br />
Planungen beteiligt werden.<br />
Peter Sörries schlägt e<strong>in</strong>e weitere <strong>Sitzung</strong> zum selben Thema Anfang Juli vor, zu der er die<br />
Architekten e<strong>in</strong>laden würde.<br />
Re<strong>in</strong>er Michalke fordert, dass der IFM erst e<strong>in</strong>mal pr<strong>in</strong>zipiell se<strong>in</strong>e Prioritäten klärt und nach<br />
wie vor se<strong>in</strong> wichtigstes Anliegen die Durchsetzung des <strong>Musik</strong>föderkonzepts bleibt. E<strong>in</strong> neuer<br />
Saal sei dabei kontraproduktiv, weil er Mittel b<strong>in</strong>det, die der freien <strong>Musik</strong>szene fehlen.<br />
Die Sprecher werden beauftragt, die Sorgen der <strong>Musik</strong>er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an die Stadtspitze zu<br />
formulieren. Robert v. Zahn dankt den Herren Wiegmann, Schmidt und Sörries für die<br />
detaillierten Auskünfte.<br />
2. GEMA<br />
Gabriel Ste<strong>in</strong>schulte skizziert die Entwicklung <strong>in</strong> der GEMA während der letzten Jahre. Von<br />
den über 800 Millionen Euro Ertrag wurden knapp 700 Millionen zur Verteilung gebracht. Im<br />
Ertrag macht die sogenannte „lebende <strong>Musik</strong>“, also die <strong>in</strong> Konzerten life gebotene <strong>Musik</strong>, nur<br />
noch 8 % aus. Der überwiegende Teil des Ertrags kommt von Tonträgern, Vermietung und<br />
Verleih von Tonträgern, der Leercassettenvergütung u. a.<br />
Im Gegensatz zu anderen Verwertungsgesellschaften <strong>in</strong> Europa sieht sich die GEMA nicht als<br />
bloßen Verteilungsapparat, sondern auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kulturpolitischen Aufgabe. Deren Wahrnehmung<br />
ist <strong>vom</strong> Staat auch ausdrücklich gewünscht. Daher gibt es e<strong>in</strong>e gewisse Umverteilung<br />
zugunsten der weniger kommerziellen Künste, die aber zunehmend <strong>in</strong> der Kritik von Kräften <strong>in</strong><br />
der GEMA steht. Zwischen den gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>genden <strong>Musik</strong>sparten und den weniger publikumswirksamen<br />
<strong>Musik</strong>formen besteht noch e<strong>in</strong> Solidaritätspr<strong>in</strong>zip, das <strong>in</strong> Frage gestellt wird, was<br />
auch daran liegt, dass die Schwächen im Verteilungsplan von e<strong>in</strong>zelnen Kunstmusikern<br />
ausgenutzt wurden.<br />
Hans-Mart<strong>in</strong> Müller und Achim F<strong>in</strong>k stellen die Unterscheidung zwischen E- und U-<strong>Musik</strong>ern<br />
durch die GEMA <strong>in</strong> Frage. Im Konzertwesen hat dies eigenartige Auswirkungen. Die E-<br />
<strong>Musik</strong>er s<strong>in</strong>d mehr als die anderen auf die GEMA-Formulare fixiert.<br />
Gabriel Ste<strong>in</strong>schulte führt aus, dass diese Unterscheidung immer weniger getroffen wird.
Robert v. Zahn fragt nach den Auswirkungen der letzten Aufsichtsratswahlen, seit denen der so<br />
genannte „composers club“, der vor allem für die U-<strong>Musik</strong> e<strong>in</strong>tritt, den Aufsichtsrat dom<strong>in</strong>iert.<br />
Gabriel Ste<strong>in</strong>schulte glaubt, dass man diese Entwicklung nicht überschätzen sollte. Entscheidend<br />
ist immer noch der Vorstand der GEMA.<br />
Im Schlusswort bietet Gabriel Ste<strong>in</strong>schulte den anwesenden Veranstaltern und Komponisten an,<br />
dass sie ihn gerne anrufen können, wenn er <strong>in</strong> Sachen GEMA helfen kann. Robert v. Zahn<br />
würdigt, dass Ste<strong>in</strong>schulte dies schon mehrfach tat, und dankt dem Gast.<br />
Protokoll: Robert von Zahn und Ra<strong>in</strong>er Nonnenmann