20.03.2009: «Eine Zwischenbilanz zur 5. IV-Revision - PKRück
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20.03.2009: «Eine Zwischenbilanz zur 5. IV-Revision - PKRück
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Greifen die Massnahmen der <strong>IV</strong>?<br />
Eine <strong>Zwischenbilanz</strong><br />
<strong>zur</strong> <strong>5.</strong> <strong>IV</strong>-<strong>Revision</strong><br />
Die Invalidenversicherung (<strong>IV</strong>) ist mit mehr als 10 Mrd. Franken verschul-<br />
det. Mit der per 2008 in Kraft getretenen <strong>5.</strong> <strong>IV</strong>-<strong>Revision</strong> hat sich die <strong>IV</strong> zum<br />
Ziel gesetzt, die Zahl der neurenten um 20 Prozent zu senken und da-<br />
durch massiv Kosten zu sparen. Zeit, eine erste <strong>Zwischenbilanz</strong> zu ziehen.<br />
Die <strong>5.</strong> <strong>IV</strong>-<strong>Revision</strong> sieht vor, die Ausgaben<br />
zu senken. Dazu wurden eingeführt: das<br />
Melderecht für Arbeitgeber, Ärzte und<br />
Versicherer, eine effizientere Rentenabklärung,<br />
zusätzliche Massnahmen in der beruflichen<br />
Reintegration und eine bessere<br />
Koordination zwischen den an einem Rentenfall<br />
beteiligten Versicherern wie <strong>IV</strong>-Stelle,<br />
Unfall-, Krankentaggeld- und BVG-Versicherer.<br />
Diese Massnahmen greifen aber noch<br />
nicht überall so, wie sie sollten.<br />
Durchzogene Bilanz<br />
Aus Sicht der <strong>PKRück</strong> als Rückversicherer<br />
und Dienstleistungsanbieter in der<br />
beruflichen Vorsorge ist positiv zu vermerken,<br />
dass zahlreiche Arbeitgeber den <strong>IV</strong>-<br />
Stellen Arbeitnehmer melden, die länger<br />
als 30 Tage arbeitsunfähig sind. Ebenfalls<br />
ist erfreulich, dass die Früherkennung in<br />
kleineren <strong>IV</strong>-Stellen wie zum Beispiel Solothurn<br />
und Schwyz reibungslos funktioniert<br />
und der Informationsaustausch in Einzelfällen<br />
sehr gut spielt. Der in der «Interinstitutionellen<br />
Zusammenarbeit plus» (IIZ-plus)<br />
vorgesehene Prozess, wonach der Krankentaggeldversicherer<br />
(KTG) potenzielle<br />
Rentenfälle zwecks Früherkennung an die<br />
<strong>IV</strong>-Stelle und dem BVG-Versicherer meldet,<br />
wird hingegen kaum benützt. Das ergab<br />
eine von der <strong>PKRück</strong> im August 2008<br />
durchgeführte Auswertung von 1000 Leistungsfällen.<br />
Die KTG scheinen hier ihre<br />
Aufgabe noch nicht wahrgenommen zu<br />
haben. Weiter ist festzustellen, dass in einzelnen<br />
<strong>IV</strong>-Stellen die Belegschaft zu wenig<br />
auf die Zusammenarbeit zwischen <strong>IV</strong>, BVG<br />
und KTG – auch Teil der IIZ-plus – geschult<br />
ist. Dies trifft im gleichen Mass auch auf<br />
die KTG zu, die zwar Case Management<br />
mit Schadeninspektoren aufgebaut haben,<br />
dieses aber wie früher primär dazu dient,<br />
Leistungsfälle abzuwehren.<br />
Verbesserungen nötig im Formularwesen<br />
und Case Management<br />
Die Praxis zeigt, dass bei der frühzeitigen<br />
Meldung von potenziell Erfolg versprechenden<br />
Eingliederungsfällen noch grosse<br />
Anstrengungen nötig sind. Die Arbeitgeber<br />
werden im Krankheitsfall eines Mitarbeitenden<br />
mit den unterschiedlichsten Meldeformularen<br />
konfrontiert, was es ihnen<br />
verunmöglicht, eine sinnvolle Übersicht zu<br />
haben. Wenn die <strong>IV</strong>-Stellen-Konferenz, der<br />
Schweizerische Versicherungsverband,<br />
die Santésuisse und die ASIP ein einfaches<br />
und einheitliches Formular für die Arbeitgeber<br />
kreieren würden, das im Idealfall elektronisch<br />
versandt werden könnte, wäre ein<br />
Mehrwert für alle Beteiligten geschaffen.<br />
Auch im Bereich des Case<br />
Management müssen die Anstrengungen<br />
intensiviert wer-<br />
den. Denn die Wiedereingliederung<br />
nach einer Krankheit oder<br />
einem Unfall ins Berufs leben<br />
ist nicht nur für die ver sicherte<br />
Person zentral, sondern mindert<br />
auch die finanzielle Belastung<br />
aller Versicherer. Bei der<br />
Umsetzung der <strong>5.</strong> <strong>IV</strong>-<strong>Revision</strong><br />
sind hier aber Unsicherheiten<br />
festzustellen. So delegieren<br />
SOZIALVERSICHERUnGEn<br />
gewisse KTG- und BVG-Versicherer die berufliche<br />
Reintegration ganz der <strong>IV</strong>-Stelle in<br />
der Meinung, diese sei in der Lage, ein<br />
Case Management auf die Beine zu stellen,<br />
das auch ihre Bedürfnisse abdeckt.<br />
Dies ist ein Trugschluss. Denn jeder Versicherungsträger<br />
hat einen unterschiedlichen<br />
Fokus. So wird zum Beispiel ein KTG-<br />
Versicherer, dessen Leistungserbringung<br />
sich auf zwei Jahre beschränkt, nur an<br />
kurzfristig erzielbaren Case-Management<br />
Erfolgen interessiert sein. Andere KTG-<br />
und BVG-Versicherer bauen zwar ihr Case<br />
Management aus, koordinieren aber ihre<br />
Fälle un<strong>zur</strong>eichend oder gar nicht mit den<br />
anderen Versicherungsträgern, was zu höheren<br />
Kosten führt.<br />
In Kürze<br />
> Das Meldewesen und die Zusammenarbeit<br />
unter den Versicherern<br />
muss verbessert werden<br />
> Ein einheitliches Meldeformular<br />
für Krankheitsfälle würde<br />
einen grossen Mehrwert schaffen<br />
> Es zeichnet sich noch kein<br />
direkter Einfluss der beruflichen<br />
Massnahmen der <strong>IV</strong> auf die<br />
neurenten ab<br />
Es stellt sich zudem die Frage, ob sich<br />
die Case Manager der <strong>IV</strong>-Stellen auch wirklich<br />
ausreichend mit jedem einzelnen Versicherungsfall<br />
beschäftigen können. Ein<br />
Vergleich 1 : Die Suva beschäftigt 136 Case<br />
Manager (zirka 100 volle Stellen) für die<br />
1 Quellen: <strong>IV</strong>-Statistik, BSV und Suva<br />
Autor<br />
Andreas Heimer<br />
Mitglied der<br />
Geschäftsleitung/<br />
Leiter Leistungen<br />
<strong>PKRück</strong><br />
03 . 09<br />
85<br />
Schweizer Personalvorsorge . Prévoyance Professionnelle Suisse
03 . 09<br />
SOZIALVERSICHERUnGEn<br />
8 Prozent der unfall- oder berufserkrankungsbedingtenInvalidenrenten-neuzugänge,<br />
während das Bundesamt für<br />
Sozialversicherungen (BSV) für die 92 Prozent<br />
der krankheitsbedingten Fälle allen<br />
<strong>IV</strong>-Stellen insgesamt nur 240 neue Stellen<br />
geschaffen hat. Die Erfahrung zeigt, dass<br />
ein externer Case-Management-Partner in<br />
der Regel nach wie vor die besten Erfolge<br />
erzielt. Denn dieser betreut im Vergleich<br />
zu einem Case Manager der <strong>IV</strong> im Durchschnitt<br />
viel weniger Fälle parallel. Zudem<br />
ist er auch in der Lage, den Versicherten<br />
versicherungsneutral zu betreuen und flexibler<br />
auf die individuellen Bedürfnisse<br />
einzugehen. Die <strong>IV</strong>-Stellen verfügen hingegen<br />
nur über einen begrenzten gesetz-<br />
86<br />
Schweizer Personalvorsorge . Prévoyance Professionnelle Suisse<br />
lichen Leistungskatalog und Leistungsauswahlkriterien.<br />
Intensive Schulung und<br />
Zusammenarbeit gefragt<br />
Es wird noch Zeit brauchen, bis die<br />
<strong>5.</strong> <strong>IV</strong>-<strong>Revision</strong> mit ihren Instrumenten wie<br />
Früherkennung und Früherfassung sowie<br />
mit der vertieften Koordination der einzelnen<br />
beteiligten Versicherungsträger landesweit<br />
die gewünschten Erfolge bringt.<br />
So ist auch aus dem Faktenblatt des BSV<br />
vom 12. September 2008 ersichtlich,<br />
dass schweizweit gesehen noch kein direkter<br />
Einfluss zwischen den beruflichen<br />
Massnahmen der <strong>IV</strong> und der neurentenquote<br />
verzeichnet werden kann. Es ist also<br />
noch zu früh, die berufliche Reintegration<br />
vollumfänglich der <strong>IV</strong> delegieren zu wollen.<br />
So muss es nach wie vor auch Aufgabe<br />
des BVG-Versicherers sein, in diesem Bereich<br />
eine aktive Rolle zu übernehmen.<br />
Die periodische Schulung der Mitarbeitenden<br />
aller einzelnen Versicherungsträger<br />
spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Denn<br />
nur so können sie sich das notwendige<br />
Wissen aneignen und in der Lage sein, ihr<br />
sektorielles Denken aufzugeben. Besonders<br />
bei den KTG scheint hier ein gewisser<br />
Bedarf vorhanden zu sein. Alle Akteure<br />
sind daher aufgerufen, sich vermehrt für<br />
eine intensivere Zusammenarbeit und eine<br />
bessere Koordination einzusetzen. n