03.10.2012 Aufrufe

HEILIGER - Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in ...

HEILIGER - Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in ...

HEILIGER - Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Achtung!<br />

Die CD-ROM-Ausgabe dieses Buches<br />

darf we<strong>der</strong> als Datei noch als Druckerzeugnis<br />

kopiert und verbreitet werden.<br />

(V. 200705)


Grundbegriffe von A-Z<br />

IMPRESSUM<br />

Pr<strong>in</strong>tausgabe:<br />

1975. Herausgegeben von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong>, bei <strong>der</strong> alle Rechte liegen. Veröffentlicht unter <strong>der</strong><br />

Lizenz-Nr. 18/395/S 18/75 des Union-Verlages (VOB), Berl<strong>in</strong>.<br />

Gesamtherstellung: Druckwerkstätten Stollberg (VOB), – 111/6/50 5<br />

875 (249). Schutzumschlag: Gernot Brandt. Gestaltung: Werner<br />

Zan<strong>der</strong><br />

CD-ROM-Ausgabe:<br />

© Saatkorn-Verlag GmbH, Abt. Advent-Verlag<br />

Lüner Rennbahn 14, 21339 Lüneburg<br />

www.advent-verlag.de<br />

ABKÜRZUNGEN<br />

ABC = Seventh-Day-Adventist Bible Commentary,<br />

10 Bd., Wash<strong>in</strong>gton, 1957-1966<br />

CG = E. G. White: Christi Gleichnisse<br />

DA = E. G. White: The Desires of Ages<br />

DE = E. G. White: Diener des Evangeliums<br />

EG = E. G. White: Erfahrungen und Gesichte, Hamburg, 1905<br />

Ev = E. G. White: Evangelism<br />

Froom = LeRoy E. Froom: The Prophetic Faith oft Our Fathers,<br />

4 Bd., Wash<strong>in</strong>gton, 1950-1954<br />

GK = E. G. White: Der große Kampf<br />

U = E. G. White: Das Leben Jesu<br />

PK = E. G. White: Prophets and K<strong>in</strong>gs<br />

PP = E. G. White: Patriarchs and Prophets<br />

Sch = E. G. White: Aus <strong>der</strong> Schatzkammer <strong>der</strong> Zeugnisse,<br />

3 Bd., Hamburg, 1956/57<br />

SM = E. G. White: Selected Messages, 2 Bd.<br />

T = E. G. White: Testimonies<br />

Uu = E. G. White: Um unsertwillen, Berl<strong>in</strong>, 1965<br />

WA = E. G. White: Wirken <strong>der</strong> Apostel, Berl<strong>in</strong>, 1974<br />

WzC = E. G. White: Weg zu Christus, Berl<strong>in</strong>, 1975<br />

2


INHALT<br />

Zur E<strong>in</strong>führung 5<br />

Abendmahl 7<br />

Antichrist 9<br />

Archäologie, biblische 11<br />

Auferstehung 15<br />

Babylon, symbolisch 20<br />

Bekehrung 27<br />

Bibel, Auslegung 30<br />

Bösen, Ursprung des 35<br />

Christus 38<br />

Daniel, Auslegung des<br />

Buches 44<br />

Die Drei-Engel-Botschaf-<br />

ten 52<br />

Erlösung 56<br />

Ewiges Leben 59<br />

Fasten 62<br />

Fußwaschung 64<br />

Gebet 68<br />

Geist 69<br />

Geist <strong>der</strong> Weissagung 71<br />

Geistliche Gaben 74<br />

Geme<strong>in</strong>de 76<br />

Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Übrigen 82<br />

Gerechtigkeit durch den<br />

Glauben 86<br />

Gericht 92<br />

Gesetz 96<br />

Gesetz und Gnade 101<br />

Gesunde Lebensweise,<br />

Grundsätze 103<br />

Glaubensheilungen 112<br />

Glaube und Werke 116<br />

Gnadenzeit. 121<br />

Gott. 123<br />

Greuel <strong>der</strong> Verwüstung 126<br />

Harmagedon 129<br />

Haushalterschaft 134<br />

Grundbegriffe von A-Z<br />

Heiliger 136<br />

Heiliger Geist 137<br />

Heiligtum 141<br />

Heiligung 148<br />

Hölle 148<br />

Hun<strong>der</strong>tvierundvierzig-<br />

tausend 153<br />

Israel 159<br />

Lauter Ruf 167<br />

Malzeichen des Tieres 170<br />

Mensch, se<strong>in</strong> Wesen 174<br />

Michael, <strong>der</strong> Erzengel 177<br />

Offenbarung, Auslegung<br />

des Buches 179<br />

Ökumene 184<br />

Prädest<strong>in</strong>ation 195<br />

Priestertum aller Gläubi-<br />

gen 199<br />

Rechtfertigung 200<br />

Reich Gottes 204<br />

Sabbat 207<br />

Satan 242<br />

Schöpfung 244<br />

Seele 247<br />

Sichtung, Zeit <strong>der</strong> 249<br />

Siegel Gottes 250<br />

Sonntag 254<br />

Spätregen 270<br />

Spiritismus 272<br />

Sünde 275<br />

Sündenfall 278<br />

Tägliche (Opfer), das 281<br />

Taufe 284<br />

Tausend Jahre 290<br />

Tod 296<br />

Unsterblichkeit 301<br />

Untersuchungsgericht 303<br />

Versöhnung 314<br />

3


Grundbegriffe von A-Z<br />

Wie<strong>der</strong>geburt 318<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Christi 320<br />

Wun<strong>der</strong> 327<br />

Zahl des Tieres 332<br />

Zehnter 336<br />

4<br />

Zweitausenddreihun<strong>der</strong>t<br />

Tage 339<br />

Kurzbiographien und<br />

Sacherläuterungen 347


Grundbegriffe von A-Z<br />

ZUR EINFÜHRUNG<br />

Die nahezu 80 Artikel des vorliegenden Buches sollen e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>blick geben <strong>in</strong> die Grundlagen des Glaubens und <strong>der</strong> Lehre<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. Dabei wird beson<strong>der</strong>s auf<br />

jene Glaubenslehren e<strong>in</strong>gegangen, die für diese Geme<strong>in</strong>schaft<br />

kennzeichnend s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>en breiten Raum nimmt <strong>in</strong> dieser<br />

Darstellung die geschichtliche Entwicklung e<strong>in</strong>, das Suchen und<br />

R<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, um e<strong>in</strong>en<br />

biblisch begründeten Standpunkt zu f<strong>in</strong>den. Da die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, die heute <strong>in</strong> 190<br />

Staaten wirksam ist, ihre wesentlichen Anfänge <strong>in</strong> Nordamerika<br />

hatte und sich erst vor etwa 100 Jahren anschickte, e<strong>in</strong>e weltumspannende<br />

Geme<strong>in</strong>schaft zu werden, muß notwendigerweise<br />

auf die Anfänge <strong>in</strong> Nordamerika und die damit <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung stehenden religiösen Strömungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts e<strong>in</strong>gegangen werden. Die weitere Entwicklung<br />

zeigt, daß die Geme<strong>in</strong>schaft immer bestrebt war, nicht <strong>in</strong><br />

Tradition zu erstarren, son<strong>der</strong>n allezeit offen zu se<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e<br />

wachsende biblische Erkenntnis.<br />

Die e<strong>in</strong>zelnen Beiträge s<strong>in</strong>d dem zehnten Band des „Seventh-Day-Adventist<br />

Bible Commentary“ (Wash<strong>in</strong>gton 1957 bis<br />

1966) – (abgekürzt ABC) – entnommen, übersetzt und bearbeitet<br />

worden. Neben den Artikeln über zentrale Glaubensbegriffe<br />

wie Christus, Bekehrung, Sünde, Gerechtigkeit durch den<br />

Glauben u. a., die Allgeme<strong>in</strong>gut <strong>der</strong> Christenheit s<strong>in</strong>d, stehen<br />

Beiträge, die für den Glauben und die Lehre <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> kennzeichnend s<strong>in</strong>d. Wenn letztere teilweise<br />

ausführlicher behandelt werden und <strong>der</strong> geschichtliche H<strong>in</strong>tergrund<br />

dabei beson<strong>der</strong>s herausgearbeitet wird, so sollte daraus<br />

ke<strong>in</strong>e Wertung abgeleitet werden. Mittelpunkt des Lebens und<br />

<strong>der</strong> Lehre <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> war, ist und bleibt<br />

das Erlösungswerk Jesu Christi. E<strong>in</strong>e ausführlichere Darstellung<br />

bestimmter Artikel erfolgte lediglich, um den Leser zu<br />

e<strong>in</strong>em besseren Verständnis zu führen.<br />

Um das Buch e<strong>in</strong>em breiten Leserkreis zugänglich zu ma-<br />

5


Grundbegriffe von A-Z<br />

chen, wurde weitgehend auf entbehrliche theologische Fach<br />

begriffe verzichtet. Hebräische o<strong>der</strong> griechische Wörter, die<br />

zum Verständnis notwendig s<strong>in</strong>d, wurden <strong>in</strong> deutscher Umschrift,<br />

aber ohne Betonungszeichen wie<strong>der</strong>gegeben. Quellen<br />

aus dem frühen Schrifttum <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

s<strong>in</strong>d soweit angeführt worden, wie sie für den Leser im<br />

deutschsprachigen Raum von Interesse se<strong>in</strong> könnten. Im<br />

Anhang f<strong>in</strong>den sich Kurzbiographien <strong>der</strong> leitenden Männer und<br />

Frauen aus <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Anfänge <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft sowie<br />

Erklärungen von Fachbegriffen, soweit sie für den theologisch<br />

nicht vorgebildeten Leser notwendig s<strong>in</strong>d. Indem die Beiträge<br />

dieses Buches zugleich mit dem Denken und <strong>der</strong> Ges<strong>in</strong>nung<br />

jener Männer und Frauen aus den Anfangsjahren <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> vertraut machen, lernt<br />

<strong>der</strong> Leser auch e<strong>in</strong> wenig von <strong>der</strong> sogenannten „Adventgeschichte“<br />

des vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts kennen. So zeigt<br />

dieses Buch, mit welchem Ernst und welcher H<strong>in</strong>gabe die<br />

„Väter <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft“ vorang<strong>in</strong>gen und wie stark Glaube<br />

und Lehre <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> neutestamentlichen<br />

Botschaft und im reformatorischen Verständnis<br />

verankert s<strong>in</strong>d.<br />

Allen, die bei <strong>der</strong> Durchsicht und Überarbeitung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Artikel behilflich waren, sei für die wertvollen H<strong>in</strong>weise<br />

und Ergänzungen gedankt.<br />

Möge dieses Buch jedem <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> e<strong>in</strong><br />

neuer Anstoß se<strong>in</strong>, das Wort Gottes zu studieren, gründlich zu<br />

durchdenken und sich erneut <strong>der</strong> geistigen Grundlagen <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaft bewußt zu werden, zu <strong>der</strong> er sich bekennt.<br />

„Wir haben für die Zukunft nichts zu befürchten, es sei<br />

denn, daß wir des Weges vergäßen, den <strong>der</strong> Herr uns führte,<br />

und daß wir die Lehren nicht beherzigten, die wir aus <strong>der</strong><br />

Geschichte unseres Werkes ziehen sollen.“ (E. G. White 1915)<br />

Manfred Böttcher<br />

6


ABENDMAHL<br />

Grundbegriffe von A-Z<br />

Unter „Abendmahl“ ist das zeichenhafte Mahl zu verstehen, das<br />

Jesus e<strong>in</strong>setzte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht, als er verraten wurde. Es sollte<br />

e<strong>in</strong>erseits an se<strong>in</strong> Opfer er<strong>in</strong>nern und an<strong>der</strong>erseits auf se<strong>in</strong><br />

kommendes Reich h<strong>in</strong>weisen. In 1. Kor. 11, 20 wird es das<br />

„Abendmahl des Herrn“ genannt. „Die Feier des Abendmahls<br />

soll an den Tod des Erlösers er<strong>in</strong>nern. Um im Glauben zu<br />

wachsen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft gefestigt zu werden, ist es<br />

für die Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de erfor<strong>der</strong>lich, am Abendmahl<br />

teilzunehmen. Die unmittelbar vorangehende Fußwaschung<br />

dient <strong>der</strong> Vorbereitung auf diese feierliche Handlung.“<br />

In <strong>der</strong> Regel begehen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> das<br />

Abendmahl e<strong>in</strong>mal im Vierteljahr <strong>in</strong> folgen<strong>der</strong> Weise: Am<br />

Anfang steht e<strong>in</strong>e kurze Predigt, dann folgt die Fußwaschung,<br />

die Männer und Frauen jeweils unter sich <strong>in</strong> getrennten<br />

Räumen vornehmen. Danach vere<strong>in</strong>t sich die ganze Geme<strong>in</strong>de<br />

zum eigentlichen Abendmahl. Dabei werden ungesäuertes Brot<br />

und unvergorener We<strong>in</strong> gereicht. Sauerteig ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heiligen<br />

Schrift e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild <strong>der</strong> Sünde (1. Kor. 5, 7. 8), und unvergorener<br />

We<strong>in</strong> stellt das Blut Christi am würdigsten dar.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> üben e<strong>in</strong>e „offene Abendmahlsfeier“.<br />

„Christi Beispiel verbietet, jemandem die Teilnahme<br />

am Abendmahl zu verwehren. Aber es ist wahr, daß offene<br />

Sünde den Schuldigen davon ausschließt. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

sollte niemand e<strong>in</strong> Urteil fällen. Gott hat es nicht Menschen<br />

überlassen, festzulegen, wer am Mahl teilnimmt.“ „Manchmal<br />

mögen Personen zum Abendmahlsgottesdienst kommen, die<br />

nicht ernstlich nach Wahrheit und Heiligkeit trachten, die aber<br />

doch gerne an diesem Gottesdienst teilnehmen möchten. Es<br />

sollte ihnen nicht verwehrt werden.“ (Uu 88; LJ 655/656)<br />

Der Abendmahlsgottesdienst wird nur von e<strong>in</strong>gesegneten<br />

Predigern und e<strong>in</strong>gesegneten Ältesten durchgeführt. Nach<br />

Verlesen von 1. Kor. 11, 23-24 und Gebet wird das Brot<br />

gebrochen und <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de ausgeteilt. Dann folgt die<br />

7


Grundbegriffe von A-Z<br />

Schriftlesung von 1. Kor. 11, 25. 26 und die Verteilung des<br />

We<strong>in</strong>es.<br />

Die Feier des Abendmahls gehörte von Anfang an zum<br />

adventistischen Gottesdienst. So wird berichtet, daß die<br />

Teilnehmer <strong>der</strong> sogenannten Sabbatkonferenz von Volney,<br />

New York, die am 18. August 1848 begann, das Abendmahl<br />

feierten. Mit zunehmen<strong>der</strong> Entfaltung des Geme<strong>in</strong>delebens<br />

wurde es e<strong>in</strong> fester Bestandteil <strong>der</strong> „Vierteljahresversammlungen“.<br />

Da die Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> weit verstreut wohnten, war<br />

diese Zusammenkunft sehr wichtig und trug wesentlich zur<br />

För<strong>der</strong>ung des Geme<strong>in</strong>delebens bei. Jedes Geme<strong>in</strong>deglied gab<br />

zunächst e<strong>in</strong> persönliches Zeugnis se<strong>in</strong>es Glaubens ab, danach<br />

wurde e<strong>in</strong> Bericht über das Geme<strong>in</strong>deleben des vergangenen<br />

Vierteljahres vorgelesen und besprochen. War e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gesegneter<br />

Prediger o<strong>der</strong> Ältester zugegen, so feierte man anschließend<br />

das Abendmahl. Nach Sonnenuntergang o<strong>der</strong> am<br />

nächsten Tag wurden organisatorische Angelegenheiten<br />

besprochen. Wer ohne Grund drei Vierteljahresversammlungen<br />

versäumte, konnte aus <strong>der</strong>. Geme<strong>in</strong>de ausgeschlossen werden.<br />

Wenn sich auch gewisse Kennzeichen dieser Versammlung<br />

weitgehend verloren haben, so wird doch noch <strong>in</strong> vielen<br />

Geme<strong>in</strong>den das Abendmahl wie ehedem vierteljährlich durchgeführt.<br />

Im Verständnis des Abendmahls gab es im Laufe <strong>der</strong> Geschichte<br />

<strong>der</strong> adventistischen Geme<strong>in</strong>den kaum Verän<strong>der</strong>ungen.<br />

Brot und We<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d S<strong>in</strong>nbil<strong>der</strong> für den Leib und das Blut Christi<br />

und er<strong>in</strong>nern an se<strong>in</strong> Leiden und Sterben. Die Teilnahme am<br />

Abendmahl ist ferner e<strong>in</strong> Zeugnis dafür, daß e<strong>in</strong> Mensch<br />

Christus als se<strong>in</strong>en Heiland angenommen hat und an dessen<br />

Wie<strong>der</strong>kunft glaubt (vgl. 1. Kor. 11, 26). „Wenn sich die<br />

Gläubigen zum Abendmahl versammeln, ist Christus durch den<br />

Heiligen Geist zugegen, um <strong>der</strong> von ihm selbst verordneten<br />

Feier se<strong>in</strong> göttliches Siegel aufzudrücken.“ (Uu 88)<br />

8


Grundbegriffe von A-Z<br />

Das Abendmahl im Neuen Testament<br />

Von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>setzung des Abendmahls berichten: Matth. 26, 20-<br />

29; Mark. 14, 17-25; Luk. 22, 14-20; 1. Kor. 11, 23 bis 25.<br />

Sowohl <strong>in</strong> den Evangelien wie auch bei Paulus s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den<br />

E<strong>in</strong>setzungsworten drei Hauptgedanken enthalten: Stellvertretendes<br />

Leiden und Neuer Bund – Geme<strong>in</strong>schaft – Wie<strong>der</strong>kunft.<br />

Wie<strong>der</strong>holt bezieht sich Jesus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Sendung auf den im<br />

Alten Testament erwähnten stellvertretend leidenden Gottesknecht<br />

(vgl. Jes. 53, 12; Mark. 14, 24; Luk. 22, 37). Das „Blut<br />

des Bundes“ und <strong>der</strong> „Neue Bund“ s<strong>in</strong>d bekannte alttestamentliche<br />

Begriffe (2. Mose 24, 8; vgl. Mark. 14, 24; Jer. 31, 31; vgl.<br />

Luk. 22, 20; 1. Kor. 11, 25); ebenso das himmlische Festmahl<br />

(Jes. 25, 6-8; vgl. Luk. 14, 15; Offb. 19, 9).<br />

ANTICHRIST<br />

Das Wort „Antichrist“ ersche<strong>in</strong>t nur <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem<br />

Christentum, im Neuen Testament <strong>in</strong> 1. Joh. 2, 18.22; 4, 3; 2.<br />

Joh. 7. Es wurde wahrsche<strong>in</strong>lich von Johannes, dem Verfasser<br />

dieser Briefe, geprägt. In diesen Texten hat <strong>der</strong> Begriff e<strong>in</strong>en<br />

historischen Bezug auf Irrlehrer, beson<strong>der</strong>s auf die Gnostiker<br />

(vgl. 1. Joh. 4, 2-3). Sie traten am Ende des ersten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

<strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den Kle<strong>in</strong>asiens auf und verbreiteten die<br />

doketische Lehre, daß Christus nur e<strong>in</strong>en Sche<strong>in</strong>leib hatte,<br />

nicht aber wahrer Mensch war. Im weiteren S<strong>in</strong>n wurde <strong>der</strong><br />

Begriff „Antichrist“ auf die Mächte angewandt, die sich dem<br />

göttlichen Erlösungsplan wi<strong>der</strong>setzen. Der große Gegenspieler<br />

Gottes wird <strong>in</strong> 2. Thess. 2, 1-4 und <strong>in</strong> den Prophezeiungen <strong>der</strong><br />

Offenbarung erwähnt. Wie<strong>der</strong>holt wird Christus als Sieger über<br />

diese Macht bei se<strong>in</strong>em zweiten Kommen dargestellt (2. Thess.<br />

2, 8; Offb. 17, 14; 19, 19. 20). Nach dem neutestamentlichen<br />

Zeugnis muß <strong>der</strong> Antichrist als religiöse sche<strong>in</strong>christliche Macht<br />

verstanden werden.<br />

Die Vorstellung e<strong>in</strong>es übernatürlichen Ur-Gegenspielers<br />

Jahwes f<strong>in</strong>det sich bereits im Alten Testament <strong>in</strong> den Bil-<br />

9


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong>n vom Leviathan, <strong>der</strong> Schlange und dem vielhäuptigen<br />

Drachen (Jes. 27, 1). Dieser Gegenspieler trat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Urzeit auf<br />

und wird ebenso <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endzeit wirken. Er ist e<strong>in</strong> Symbol für<br />

Satan. Ähnliche Bil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die jüdische Apokalyptik e<strong>in</strong>geflossen.<br />

So ersche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> den Handschriften von Qumran zwei<br />

gegen Gott gerichtete Gestalten: <strong>der</strong> böse Priester und <strong>der</strong><br />

Mensch <strong>der</strong> Lüge. Möglicherweise s<strong>in</strong>d das die negativen<br />

Parallelen zu den zwei messianischen Gestalten, die ebenfalls<br />

<strong>in</strong> diesem Schrifttum erwähnt werden: dem Messias Aarons und<br />

dem Messias Israels. Man kann sie also als e<strong>in</strong>e Art Anti-<br />

Messias o<strong>der</strong> Antichrist ansehen.<br />

In <strong>der</strong> Kirchengeschichte s<strong>in</strong>d viele historische Persönlichkeiten<br />

o<strong>der</strong> Institutionen als „Antichrist“ bezeichnet worden,<br />

z. B. Nero, verschiedene Päpste und Eroberer und geheimnisumwitterte<br />

Personen, <strong>der</strong>en Auftreten man im Osten erwartete.<br />

Nicht selten nahm man an, daß <strong>der</strong> künftige Antichrist e<strong>in</strong> Jude<br />

aus dem Stamm Dan sei. Die Anwendung dieses Begriffes auf<br />

das Papsttum geht m<strong>in</strong>destens bis <strong>in</strong>s 13. Jahrhun<strong>der</strong>t zurück.<br />

Erzbischof Eberhard II. von Salzburg (1200-1246) hat während<br />

des Streites zwischen Kaiser Friedrich II. und Papst Gregor IX.<br />

den Begriff Antichrist wahrsche<strong>in</strong>lich erstmals auf das Papsttum<br />

bezogen. E<strong>in</strong>e ähnliche Auffassung war unter den Spiritualen<br />

<strong>der</strong> Franziskaner verbreitet, die unter dem E<strong>in</strong>fluß <strong>der</strong> prophetischen<br />

Auslegungen des Joachim von Fiore standen. Er<br />

erwartete als Antichrist e<strong>in</strong>en falschen, häretischen Papst. John<br />

Wiklif und Jan Hus schlossen sich dieser Deutung an, die auch<br />

den Waldensern bekannt war. Mit <strong>der</strong> Reformation wurde die<br />

Auffassung, daß das Papsttum <strong>der</strong> Antichrist sei, e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong><br />

protestantische Lehre. Luther hat das <strong>in</strong> den Schmalkaldischen<br />

Artikeln (1537) zum Ausdruck gebracht. Diese Deutung gehört<br />

zu den Kennzeichen <strong>der</strong> protestantischen Auslegung vom 16.<br />

bis zum 19. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

In ähnlicher Weise haben die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> den Begriff „Antichrist“ auf das Papsttum bezogen,<br />

jedoch<br />

10


Grundbegriffe von A-Z<br />

nie auf Personen, son<strong>der</strong>n auf Lehren und die Institution (s. J.<br />

N. Andrews <strong>in</strong> „Signs of the Times“ vom 13. 10. 1881). Sie<br />

bezeichnen aber auch den Spiritismus als e<strong>in</strong>e „Offenbarung<br />

des Antichrist“. (PP 663) Letztlich sehen sie <strong>in</strong> Satan, dem<br />

Urheber <strong>der</strong> himmlischen Empörung, den Antichrist und setzen<br />

ihn gleich mit dem „Geheimnis des Frevels“ (2. Thess. 2, 7).<br />

(ABC VII, 975) Er wird sich als Gott ausgeben und die Menschen<br />

durch Zeichen und Wun<strong>der</strong> verführen.<br />

ARCHÄOLOGIE, BIBLISCHE<br />

Biblische Archäologie ist das wissenschaftliche Studium von<br />

Überresten und Überbleibseln menschlichen Lebens und<br />

Wirkens, soweit es mit <strong>der</strong> Bibel o<strong>der</strong> biblischer Zeit <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

steht.<br />

Geschichte und Zielsetzung<br />

Ziel biblischer Archäologie ist die Wie<strong>der</strong>entdeckung <strong>der</strong><br />

Geschichte, Kultur und Religion <strong>der</strong> alten Völker, soweit sie <strong>in</strong><br />

biblischen Län<strong>der</strong>n lebten, also von Persien im Osten bis Italien<br />

im Westen. Beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit gilt dabei Paläst<strong>in</strong>a und<br />

se<strong>in</strong>en benachbarten Län<strong>der</strong>n Ägypten, Syrien und Mesopotamien,<br />

die alle e<strong>in</strong>e bedeutsame Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> biblischen Geschichte<br />

spielten.<br />

Die Anfänge archäologischer Forschung reichen zurück <strong>in</strong><br />

das Jahr 1798. Damals nahmen etwa 120 Künstler und<br />

Wissenschaftler am Feldzug Napoleons gegen Ägypten teil.<br />

Diese Gelehrten studierten die Zeugen ägyptischer Geschichte<br />

und gaben darüber ausführlich Bericht.<br />

Ausgangspunkt für die Erforschung Assyriens waren die<br />

Grabungen <strong>in</strong> N<strong>in</strong>ive durch den französischen Konsul Emile<br />

Botta im Jahre 1842. Im Jahre 1838 begann die Erschließung<br />

und Beschreibung Paläst<strong>in</strong>as durch den amerikanischen<br />

Gelehrten Edward Rob<strong>in</strong>son.<br />

Hand <strong>in</strong> Hand mit <strong>der</strong> Ausgrabungstätigkeit g<strong>in</strong>g die Erforschung<br />

<strong>der</strong> bis dah<strong>in</strong> toten Sprachen, zum Beispiel die<br />

11


Grundbegriffe von A-Z<br />

Entzifferung <strong>der</strong> ägyptischen Hieroglyphen durch JeanFrancois<br />

Champollion im Jahre 1822 und <strong>der</strong> babylonischen Keilschrift<br />

durch Henry Rawl<strong>in</strong>son und an<strong>der</strong>e Gelehrte um die Mitte des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Seit dieser Zeit s<strong>in</strong>d weitere alte Schriften<br />

und Sprachen entdeckt und entziffert worden. So liegt heute e<strong>in</strong><br />

umfangreiches Studienmaterial vor; darunter historische<br />

Berichte, Jahrbücher, religiöse und mythologische Texte,<br />

Gebete und Lie<strong>der</strong>, Gesetze und juristische Dokumente, ferner<br />

Materialien, die auf wirtschaftliche und naturwissenschaftliche<br />

Fragen Auskünfte geben können.<br />

Ausgrabungen <strong>in</strong> den biblischen Län<strong>der</strong>n haben Städte,<br />

Tempelanlagen, Paläste und Gräber enthüllt, auch Gebrauchsgegenstände<br />

wie Waffen, Werkzeuge, Musik<strong>in</strong>strumente, ferner<br />

Kunstwerke und Münzen ans Licht gebracht. Bedeutsam s<strong>in</strong>d<br />

vor allem Zehntausende von schriftlichen Zeugnissen und<br />

Texten. So konnte die Geschichte vieler biblischer Städte, zum<br />

Beispiel Babylon, Jerusalem, N<strong>in</strong>ive, Susa, Sichern und Bethel<br />

sorgfältig und mit viel Fleiß erforscht werden. Alle diese<br />

Bemühungen, zuerst die Ausgrabungen selbst, danach die<br />

wissenschaftliche Auswertung <strong>der</strong> Funde durch die Gelehrten<br />

und die Herausgabe alter Texte, haben e<strong>in</strong>en unerwarteten<br />

Reichtum an Informationen über die biblische Zeit und damit<br />

über die Bibel selbst erbracht. Dadurch wurden zahlreiche,<br />

bisher nicht zu erklärende Abschnitte <strong>der</strong> Bibel verständlich<br />

gemacht, vor allem aber viele historische Angaben <strong>der</strong> Bibel<br />

bestätigt. Von dieser Sicht her erfüllt die biblische Archäologie<br />

e<strong>in</strong>e dreifache Aufgabe für Bibelleser:<br />

1. Sie vermittelt zeitgenössische Darstellungen von Sitten und<br />

Gebräuchen, die auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel erwähnt werden, und<br />

beleuchtet damit bisher unklare Aussagen.<br />

2. Sie liefert zusätzliches Material, beson<strong>der</strong>s zu den geschichtlichen<br />

Angaben <strong>der</strong> Bibel.<br />

3. Sie bestärkt die Überzeugung, daß die biblischen Berichte<br />

unbed<strong>in</strong>gt verläßlich s<strong>in</strong>d.<br />

12


Grundbegriffe von A-Z<br />

Das Interesse <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> an <strong>der</strong> biblischen Archäologie<br />

Schon länger als e<strong>in</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t nehmen <strong>Adventisten</strong> regen<br />

Anteil an archäologischen Entdeckungen, die die Bibel <strong>in</strong> ihrer<br />

Glaubwürdigkeit bestätigen. Seit dem Jahre 1857 wurden <strong>in</strong><br />

unseren Zeitschriften gelegentlich archäologische Notizen<br />

veröffentlicht, häufig aus Zeitungsquellen, die nicht <strong>in</strong> jedem<br />

Fall zuverlässige Nachrichten brachten. Mitunter wurden Artikel<br />

bedeuten<strong>der</strong> Gelehrter nachgedruckt; und als das archäologische<br />

Material immer umfangreicher wurde, erschienen auch<br />

vollständige Artikelreihen, beispielsweise die Serie von M. E.<br />

Kern „Alte Denkmäler und die Bibel“ mit Berichten über<br />

Entdeckungen <strong>in</strong> Ägypten, Babylon, Assyrien und Paläst<strong>in</strong>a<br />

(veröffentlicht im Review and Herald August/September 1905).<br />

Verfasser adventistischer Bücher machten sich die Erkenntnisse<br />

und Ergebnisse archäologischer Forschung gern zunutze.<br />

So nannte beispielsweise Uriah Smith <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er ersten Ausgabe<br />

von „Gedanken über das Buch Daniel“ den König Belsazer<br />

e<strong>in</strong>en Enkelsohn Nebukadnezars. In Beantwortung e<strong>in</strong>es<br />

Leserbriefes erklärte er im „Review and Herald“ vom 11. März<br />

1873, daß er sich auf Prideaux stütze, <strong>der</strong> Nabunaid und<br />

Belsazer gleichstelle. Im Jahre 1888 aber veröffentlichte er<br />

e<strong>in</strong>en Artikel (Review and Herald 4. Dez-) und bezog sich dar<strong>in</strong><br />

auf Texte, die <strong>in</strong> Teil el-Muquajar (Ur) gefunden worden waren<br />

und die Belsazer als Nabunaids erstgeborenen Sohn auswiesen.<br />

Er vertrat deshalb e<strong>in</strong>e Doppelregentschaft von Nabunaid<br />

und Belsazer <strong>in</strong> den letzten Jahren <strong>der</strong> Geschichte Babylons.<br />

Spätere Ausgaben des Buches von Smith enthielten die<br />

berichtigte Darstellung. Das erste von den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> herausgegebene Buch über Archäologie war „Der<br />

Spaten und die Bibel“ (1933) von W. W. Prescott. Der Verfasser<br />

arbeitete jahrelang als Schriftleiter von „Review and Herald“ und<br />

wertete <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch zahlreiche Veröffentlichungen aus, die<br />

Licht auf die alttestamentliche Geschichte Israels warfen. Da<br />

<strong>der</strong><br />

13


Grundbegriffe von A-Z<br />

Verfasser we<strong>der</strong> Archäologe noch Sprachkundiger war, mußte<br />

er sich auf sogenannte Sekundärquellen stützen. Das hatte zur<br />

Folge, daß se<strong>in</strong>e Angaben nicht <strong>in</strong> jedem Fall zuverlässig waren<br />

und natürlich auch nicht immer dem neuesten Stand entsprachen.<br />

Das än<strong>der</strong>te sich mit <strong>der</strong> Herausgabe des Buches „Die<br />

geheimnisvollen Angaben über die Regierungszeiten hebräischer<br />

Könige“ (1951) von Dr. E. Thiele. Im Unterschied zu.<br />

vorangegangenen Veröffentlichungen war es e<strong>in</strong>e wissenschaftliche<br />

Abhandlung, die sich auf zuverlässige Forschungen<br />

gründete. Gelehrte, die sich e<strong>in</strong>gehend mit dem Alten Testament<br />

befaßt haben, beurteilen dieses Werk wegen se<strong>in</strong>er<br />

Gründlichkeit mit gebühren<strong>der</strong> Achtung.<br />

Archäologie und das Theologische Sem<strong>in</strong>ar <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

Das im Jahre 1934 gegründete Theologische Sem<strong>in</strong>ar führt <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Lehrkörper 1937 zum ersten Mal Dr. Lynn H. Wood als<br />

„Professor für östliche Altertümer und Archäologie“ auf. In den<br />

folgenden sieben Jahren wurden regelmäßig archäologische<br />

Lehrgänge abgehalten und 1944 e<strong>in</strong>e Abteilung „Archäologie<br />

und Geschichte <strong>der</strong> Altertümer“ unter Leitung von Dr. Wood<br />

gegründet. Im Jahre 1951 übernahm Dr. S. H. Horn diese<br />

Abteilung. Dr. H. Wood zog sich 1952 vom aktiven Lehrdienst<br />

zurück. Als man im Jahre 1955 das Theologische Sem<strong>in</strong>ar<br />

reorganisierte, wurde Dr. S. H. Horn Leiter <strong>der</strong> Abteilung<br />

„Alttestamentliche Studien“. Daneben wirkte er weiter als<br />

Professor für Archäologie und Alte Geschichte und verwandte<br />

viel Zeit auf Lehrgänge <strong>in</strong> diesem Bereich, die er <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Län<strong>der</strong>n durchführte. Seit Aufnahme <strong>der</strong> Lehrtätigkeit am<br />

Theologischen Sem<strong>in</strong>ar schrieb Dr. Horn zahlreiche allgeme<strong>in</strong>verständliche<br />

Artikel für verschiedene Zeitschriften <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. Daneben gab er drei<br />

Bücher heraus: „Licht aus altägyptischen Müllhaufen“, (Light<br />

from the Dustheaps) 1955, „Der Spaten bestätigt die Bibel“,<br />

(The Spade Con-<br />

14


Grundbegriffe von A-Z<br />

firms the Book) 1957, „Berichte aus <strong>der</strong> Vergangenheit beleuchten<br />

die Bibel“, (Records of the Post Illum<strong>in</strong>ate the Bible) 1963.<br />

Ferner schrieb er archäologische und geschichtliche Beiträge<br />

für den Bibel-Kommentar <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

und war Hauptverfasser des „Biblischen Wörterbuches <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>“ (1960). Etwa drei Viertel aller<br />

Beiträge stammen von ihm. Zusammen mit Dr. Wood gab er die<br />

„Chronologie von Esra 7“ heraus und e<strong>in</strong>en Artikel über e<strong>in</strong>en<br />

jüdischen Kalen<strong>der</strong> von Elephant<strong>in</strong>e aus dem fünften vorchristlichen<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

Von 1953 bis 1968 unternahm er 13 verschiedene Studienreisen<br />

und archäologische Expeditionen nach den biblischen<br />

Län<strong>der</strong>n. Das 1971 von Prof. Horn <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDR erschienene<br />

Buch „Mit dem Spaten an biblischen Stätten“ gibt e<strong>in</strong><br />

anschauliches Zeugnis von dem Besuch biblisch historischer<br />

Stätten und <strong>der</strong> archäologischen Forschung im Nahen Osten.<br />

AUFERSTEHUNG<br />

Die Ausführungen des Neuen Testaments über die Auferstehung<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>deutiger als die des Alten Testaments. Das im<br />

griechischen Neuen Testament hauptsächlich gebrauchte Wort<br />

„anastasis“ bedeutet. „das Aufstehen“, „das Erheben“. Das<br />

entsprechende Verb (anistemi) wird sowohl transitiv im S<strong>in</strong>n<br />

von „auferwecken“ (Joh. 6, 39. 40. 44. 54) als auch <strong>in</strong>transitiv<br />

im S<strong>in</strong>n von „auferstehen“ (Mark. 9, 9. 10; 12, 25; Luk. 16, 31;<br />

24, 46; Joh. 20, 9) verwendet. E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Verb (egeiro =<br />

aufwecken, vom Schlaf erheben) wird auch im S<strong>in</strong>n von<br />

Erwachen vom Todesschlaf gebraucht (Joh. 5, 21; Apg. 26, 8;<br />

2. Kor. 1, 9; Mark. 5, 41; Luk. 7, 14 u. ö.).<br />

Nach Aussage <strong>der</strong> Bibel ist <strong>der</strong> Mensch von. Natur aus<br />

sterblich. Wesenhafte Unsterblichkeit kommt alle<strong>in</strong> Gott zu (1.<br />

Tim. 1, 17; 6, 16). Unsterblichkeit erhält <strong>der</strong> Mensch als<br />

Geschenk von Christus (Röm. 2, 6. 7; 6, 23; 2. Tim. 1,<br />

15


Grundbegriffe von A-Z<br />

10; Joh. 3, 16.36; 1. Joh. 5, 11.12). Wenn es also e<strong>in</strong> Leben<br />

nach dem Tode geben soll, ist e<strong>in</strong>e Auferstehung die unabd<strong>in</strong>gbare<br />

Voraussetzung dafür (1. Kor. 15. 17-19. 32). Bei <strong>der</strong><br />

Auferstehung wird allen, die Christus angenommen haben,<br />

Unsterblichkeit verliehen (Luk. 20, 36; Joh. 6, 39 ; 1. Kor. 15,<br />

51-55).<br />

Die Auferstehung <strong>der</strong> Gerechten steht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>neren<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> Auferstehung Christi (2. Kor. 4, 14;<br />

Röm. 8, 11). Jesus sagte se<strong>in</strong>e eigene Auferstehung voraus<br />

(Mark. 8, 31; 9, 31; 10, 34 u. ö.). Zuvor bewies er se<strong>in</strong>e Macht<br />

über den Tod durch die Auferweckung des Sohnes <strong>der</strong> Witwe<br />

zu Na<strong>in</strong> (Luk. 7, 12-15), <strong>der</strong> Tochter des Jairus (Mark. 5, 22-24.<br />

35-43) und des Lazarus, <strong>der</strong> bereits vier Tage tot war (Joh. 11,<br />

24. 25. 43. 44). Ke<strong>in</strong>er dieser Erweckten erhielt jedoch e<strong>in</strong>en<br />

verklärten Auferstehungsleib. Sie wurden wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> das irdische<br />

Leben zurückversetzt, um erneut Belastungen und Gefahren zu<br />

ertragen und schließlich <strong>der</strong> Macht des Todes wie<strong>der</strong> zu<br />

erliegen. Christus g<strong>in</strong>g jedoch mit e<strong>in</strong>em verklärten himmlischen<br />

Leib aus dem Grab hervor (Phil. 3, 21; vgl. 1. Kor. 15, 47-50).<br />

Die Bibel nennt noch weitere Personen, die aus dem Tode<br />

<strong>in</strong>s Leben zurückgerufen wurden: Mose (zum ewigen Leben;<br />

vgl. Jud. 9; Matth. 17, 3), <strong>der</strong> Sohn <strong>der</strong> Witwe zu Zarpath (1.<br />

Kön. 17, 17-23), <strong>der</strong> Sohn <strong>der</strong> Sunamit<strong>in</strong> (2. Kön. 4, 18-37), <strong>der</strong><br />

Mann <strong>in</strong> Elias Grab (2. Kön. 13, 21), die Heiligen bei Christi<br />

Auferstehung (Matth. 27, 52. 53), Tabea (Apg. 9, 36-41) und<br />

Eutychus (Apg. 20, 9-12).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß die Auferstehung<br />

Christi e<strong>in</strong>e historische Tatsache ist. Das bewachte, aber<br />

leere Grab mit den sorgfältig zusammengelegten Grabtüchern<br />

(Joh. 20, 6. 7) überzeugte Johannes von <strong>der</strong> Auferstehung<br />

Christi (Verse 8. 9). Die Me<strong>in</strong>ung, wonach Jesus nur <strong>in</strong> Ohnmacht<br />

gefallen, aber nicht gestorben war, daß se<strong>in</strong> Leichnam<br />

von den Jüngern gestohlen wurde, daß man versehentlich e<strong>in</strong><br />

leeres Grab für das hielt, <strong>in</strong> dem Jesus gelegen hatte, o<strong>der</strong> daß<br />

Joseph von Arimathia den<br />

16


Grundbegriffe von A-Z<br />

Leichnam entfernt habe, haben weniger Glaubwürdigkeit als die<br />

Überzeugung, daß sich die Ereignisse so zugetragen haben,<br />

wie sie das Neue Testament berichtet. Dafür spricht außerdem<br />

das Zeugnis <strong>der</strong> römischen Wachsoldaten (Matth. 28, 11), die<br />

Ankündigung des Engels am Grab (Verse 4-7) und die Bestätigung<br />

durch jene, die mit Christus auferstanden waren (Matth.<br />

27, 52. 53). Stärker als je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Beweis aber ist die<br />

Tatsache, daß <strong>der</strong> Herr nach se<strong>in</strong>er Auferstehung zehnmal den<br />

Jüngern erschien; fünfmal am Auferstehungstag: vor Maria<br />

Magdalena (Joh. 20, 11-18), vor <strong>der</strong> „an<strong>der</strong>en Maria“ (Matth.<br />

28, 1. 8-10), vor Simon Petrus (Luk. 24, 33-35; 1. Kor. 15, 5),<br />

vor Kleophas und se<strong>in</strong>em Freund auf dem Weg nach Emmaus<br />

(Luk. 24, 33. 34) und vor den zehn Jüngern <strong>in</strong> Jerusalem (Joh.<br />

20, 19-31); fünfmal erschien er später: vor den Elf <strong>in</strong> Jerusalem<br />

(Joh. 20, 26-28), vor sieben Jüngern am See Genezareth (Joh.<br />

21, 1-23), vor über 500 auf e<strong>in</strong>em Berg <strong>in</strong> Galiläa (Matth. 28,<br />

16-20; 1. Kor. 15, 6), vor Jakobus (1. Kor. 15-7) und vor den Elf<br />

<strong>in</strong> Jerusalem und <strong>in</strong> Bethanien (Luk. 24, 44-49).<br />

E<strong>in</strong> nicht zu übersehen<strong>der</strong> mittelbarer Beweis für die Auferstehung<br />

ist die Wirkung, die sie auf die Jünger hatte. Sie<br />

machte aus e<strong>in</strong>er Gruppe nie<strong>der</strong>geschlagener furchtsamer<br />

Männer e<strong>in</strong>e tapfere Schar von Aposteln, die bereit waren, alles<br />

für ihren Herrn e<strong>in</strong>zusetzen. Die Auferstehung Christi war fortan<br />

das Hauptthema ihrer Verkündigung (Apg. 2, 32; 3, 14. 15; 4,<br />

10; 10, 40-42; 13, 30-35). Sie ist die krönende Bestätigung <strong>der</strong><br />

Messiaswürde Jesu Christi, des Gottessohnes, (Röm. 1, 4) und<br />

steht <strong>in</strong> engem Zusammenhang mit <strong>der</strong> Rechtfertigung des<br />

Gläubigen (Röm. 4, 22-25) sowie dem neuen geistlichen Leben<br />

<strong>in</strong> Christus (Röm. 6, 4. 5. 8. 11; Eph. 2, 5. 6; Kol. 2, 13). Dieses<br />

große historische Ereignis ist die sichere Gewähr für die<br />

Auferstehung und das zukünftige Leben aller, die an Christus<br />

glauben (1. Kor. 15, 12-17; Joh. 5, 28-29; 11, 25. 26; Offb. 1,<br />

18).<br />

Die Bibel lehrt, daß es zwei Auferstehungen gibt: die <strong>der</strong><br />

17


Grundbegriffe von A-Z<br />

Gerechten zum Leben und die <strong>der</strong> Ungerechten zur Verdammnis<br />

(Joh. 5, 28. 29; Apg. 24, 15). Diese beiden Auferstehungen<br />

werden durch die „Tausend Jahre“ von Offb. 20 (Verse 4, 5)<br />

getrennt. „Selig ist <strong>der</strong> und heilig, <strong>der</strong> teilhat an <strong>der</strong> ersten<br />

Auferstehung“ (Vers 6). Über ihn hat „<strong>der</strong> zweite Tod, <strong>der</strong><br />

feurige Pfuhl“ am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre (Vers 14) ke<strong>in</strong>e<br />

Macht. Die erste Auferstehung –“die Auferstehung <strong>der</strong> Gerechten“<br />

(Luk. 14, 14) – f<strong>in</strong>det bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi statt (1.<br />

Kor. 15, 22-23; 1. Thess. 4, 15-18). Sie ist e<strong>in</strong>e Auferstehung zu<br />

Leben und Unsterblichkeit (Joh. 5, 29; 1. Kor. 15, 52.53). Die an<br />

ihr teilhaben, „können auch h<strong>in</strong>fort nicht sterben“ (Luk. 20, 36),<br />

son<strong>der</strong>n werden „bei dem Herrn se<strong>in</strong> allezeit“ (1. Thess. 4, 17).<br />

In se<strong>in</strong>er umfassenden Darlegung über die Auferstehung<br />

<strong>der</strong> Toten geht Paulus auch auf die Eigenart des Auferstehungsleibes<br />

e<strong>in</strong> (1. Kor. 15, 35-51). Er sieht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auferstehung<br />

Christi das Vorbild und die Gewähr für die Auferstehung aller,<br />

die im Glauben an ihn gestorben s<strong>in</strong>d (Vers 20). Das trifft<br />

sowohl auf die Tatsache wie auch auf die Art und Weise <strong>der</strong><br />

Auferstehung zu. Wie Christus <strong>in</strong> Herrlichkeit auferstand, so<br />

auch die Gläubigen (Röm. 8, 11). Ihre sterblichen Leiber<br />

werden gleich werden „se<strong>in</strong>em verklärten Leibe“ (Phil. 3, 21).<br />

Wie aus dem <strong>in</strong> die Erde gelegten Samen neues Leben<br />

hervorkommt, das weit h<strong>in</strong>ausgeht über das Leben des <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Erde ruhenden Samens, so wird auch <strong>der</strong> Auferstehungsleib<br />

ganz an<strong>der</strong>s se<strong>in</strong>, nämlich herrlich und unvergänglich (1. Kor.<br />

15, 42 bis 44). Ehe Menschen <strong>in</strong> Gottes ewiges Reich e<strong>in</strong>gehen<br />

können, müssen ihre sterblichen Leiber <strong>in</strong> verklärte Leiber<br />

verwandelt werden, die dem Auferstehungsleib Christi ähnlich<br />

s<strong>in</strong>d (Verse 50-54).<br />

Dazu schreibt E. G. White: „Unsere persönliche Eigenart<br />

wird bei <strong>der</strong> Auferstehung erhalten bleiben, nicht aber die<br />

materielle Substanz, die <strong>in</strong>s Grab gelegt wurde. Die herrlichen<br />

Werke Gottes s<strong>in</strong>d für den Menschen e<strong>in</strong> Geheimnis. Bei <strong>der</strong><br />

Auferstehung wird je<strong>der</strong> Mensch se<strong>in</strong>e per-<br />

18


Grundbegriffe von A-Z<br />

sönliche Eigenart haben. Zu <strong>der</strong> von Gott vorgesehenen Zeit<br />

werden die Toten herausgerufen. Gott wird ihnen wie<strong>der</strong> den<br />

Lebensodem geben und ihre dürren Gebe<strong>in</strong>e zu neuem Leben<br />

erwecken. Je<strong>der</strong> wird <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er früheren Gestalt hervorkommen,<br />

jedoch frei von Krankheit und Gebrechen. Er wird die ihm<br />

eigenen Züge tragen, so daß <strong>der</strong> Freund den Freund erkennen<br />

kann. Ke<strong>in</strong> Naturgesetz gibt e<strong>in</strong>en Anhaltspunkt dafür, daß Gott<br />

dieselbe Materie, aus <strong>der</strong> <strong>der</strong> Körper zuvor bestand, wie<strong>der</strong><br />

benutzt. Der Leib des Auferstandenen wird aus e<strong>in</strong>er viel<br />

besseren Materie bereitet se<strong>in</strong>; denn er ist e<strong>in</strong>e Neuschöpfung.<br />

Es wird gesät e<strong>in</strong> natürlicher Leib, und es wird auferstehen e<strong>in</strong><br />

geistlicher Leib.“ (ABC VI, 1093)<br />

Am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten Auferstehung<br />

die Gottlosen auferweckt, um ihrer endgültigen<br />

Verurteilung und Verdammnis zugeführt zu werden (Joh. 5, 29;<br />

Offb. 20, 11. 12).<br />

Nach adventistischem Verständnis muß kurz vor <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />

Auferstehung bei Jesu Wie<strong>der</strong>kunft e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

Auferstehung stattf<strong>in</strong>den, bei <strong>der</strong> „die e<strong>in</strong>en zum ewigen Leben,<br />

die an<strong>der</strong>n zu ewiger Schmach und Schande“ (Dan. 12, 2)<br />

auferstehen werden. Anhaltspunkt dafür ist das Wort Jesu, daß<br />

alle, die <strong>in</strong> dem großen Kampf zwischen gut und böse e<strong>in</strong>e<br />

herausragende Stellung e<strong>in</strong>genommen haben, Augenzeugen<br />

se<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>kunft se<strong>in</strong> werden. Folglich müssen sie unmittelbar<br />

vor dem Ersche<strong>in</strong>en des Herrn auferweckt werden. Jesus<br />

kündigte dem Hohenpriester und dem Hohen Rat an, daß sie<br />

sehen werden „des Menschen Sohn sitzen zur Rechten <strong>der</strong><br />

Kraft und kommen <strong>in</strong> den Wolken des Himmels“ (Matth. 26, 64).<br />

Johannes sagte voraus, daß diejenigen, die Christus durchbohrt<br />

haben, ihn sehen werden, wenn er kommt (Offb. 1,7).<br />

Dazu ist e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Auferstehung nötig. E. G. White<br />

deutete es so, daß diese Auferstehung nicht nur Christi Fe<strong>in</strong>de<br />

umfaßt, son<strong>der</strong>n auch „alle, die im Glauben an die dritte<br />

Engelbotschaft gestorben s<strong>in</strong>d“. (GK 637)<br />

19


Grundbegriffe von A-Z<br />

Die ersten Veröffentlichungen über die Auferstehung im<br />

„Review and Herald“ waren aus an<strong>der</strong>en Publikationen<br />

übernommen. In <strong>der</strong> Ausgabe vom 18. April 1854 erschien e<strong>in</strong><br />

Beitrag aus e<strong>in</strong>er ungenannten baptistischen Quelle. Ausführlich<br />

befaßte sich Charles Fitch 1843 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an Josiah<br />

Litch mit <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Auferstehung. Dieser Brief wurde im<br />

„Review and Herald“ vom 27. September 1853 abgedruckt.<br />

Fitch spricht dar<strong>in</strong> von den zwei Auferstehungen, die nach Offb.<br />

20 durch e<strong>in</strong>en Zeitraum von tausend Jahren getrennt s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ersten für den „Review and Herald“ geschriebenen<br />

Artikel über die Auferstehung stammte von J. N. Loughborough<br />

und erschien unter dem Titel „Ist die Seele unsterblich?“<br />

(Ausgabe vom 11. Dezember 1885). Loughborough führte aus,<br />

daß e<strong>in</strong> Christ nur durch die Auferstehung auf e<strong>in</strong> zukünftiges<br />

Leben hoffen kann – e<strong>in</strong> Standpunkt, <strong>der</strong> für <strong>Adventisten</strong><br />

angesichts ihrer Auffassung über den Zustand <strong>der</strong> Toten<br />

unabd<strong>in</strong>gbar ist. J. H. Waggoner begründete 1857 an Hand <strong>der</strong><br />

Bibel die Lehre von <strong>der</strong> Auferweckung <strong>der</strong> Gottlosen und bezog<br />

sich dabei auf Stellen wie 1. Kor. 15, 22; Offb. 20, 6. 12-14 und<br />

Joh. 5, 28. 29.<br />

Siehe: Gericht, Hölle, Tod, Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

BABYLON, SYMBOLISCH<br />

Wenn die Heilige Schrift von Babylon spricht, verwendet sie<br />

diesen Begriff nicht nur für das im Alten Testament erwähnte<br />

Reich beziehungsweise se<strong>in</strong>e Hauptstadt, son<strong>der</strong>n auch als<br />

Symbolwort. Dieser Gebrauch deutet sich schon im Alten<br />

Testament an und läßt sich bis <strong>in</strong> das Neue Testament, bis <strong>in</strong><br />

die Offenbarung des Johannes verfolgen. Die Offenbarung<br />

erwähnt Babylon sechsmal (14, 8; 16, 19; 17, 5; 18. 2. 10. 21),<br />

versieht es aber <strong>in</strong> jedem Falle mit <strong>der</strong> Beifügung „groß“. Für<br />

den Seher <strong>der</strong> Offenbarung ist „Babylon“ nicht nur e<strong>in</strong>e Größe<br />

aus <strong>der</strong> Geschichte, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e gigantische Macht, die den<br />

geschichtlichen<br />

20


Grundbegriffe von A-Z<br />

Rahmen sprengt. Johannes will <strong>in</strong> diesem Bilde religiöse<br />

Körperschaften kennzeichnen, die im Wi<strong>der</strong>spruch zu Christus<br />

und <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Christi stehen, die vor allem während <strong>der</strong><br />

letzten Phase des Kampfes zwischen gut und böse gegen<br />

Christus stehen und also zum „Anti-Christus“ werden.<br />

Beim Zusammentragen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Offenbarung<br />

ergibt sich folgende Übersicht:<br />

1. Babylon wird „die große Hure“ genannt, ja sogar „Mutter<br />

aller Huren“ (17, 1.5. 15. 16; 19, 2). Dieses Bild des Ehebruchs<br />

wird seit dem Propheten Hosea (Hos. 4, 15) für die<br />

Abtrünnigkeit Gott gegenüber verwandt.<br />

2. Babylon tritt als verführende Macht auf: sie verführt „die<br />

Könige <strong>der</strong> Erde“, mit ihr Unzucht zu treiben (17, 2); sie<br />

macht betrunken „die Bewohner <strong>der</strong> Erde“, „trunken vom<br />

We<strong>in</strong> ihrer Unzucht“ (17, 2; 19, 2); sie täuscht die Nationen<br />

mit ihrer Zauberei (nach dem griechischen Grundwort könnte<br />

man auch von Giftmischerei o<strong>der</strong> Magie sprechen; 18,<br />

23).<br />

3. E<strong>in</strong> wesentliches Kennzeichen ist <strong>der</strong> Kampf dieser Macht<br />

gegen die wahren Nachfolger Christi. Babylon ist „trunken<br />

von dem Blut <strong>der</strong> Heiligen und von dem Blut <strong>der</strong> Zeugen<br />

Jesu“ (17, 6; 18, 24; 19, 2).<br />

4. Vor allem <strong>der</strong> Trotz gegen Gott, die Sünde, die sich <strong>in</strong> Stolz<br />

und Anmaßung zeigt (17, 4; 18, 7. 16) machten Babylon<br />

zum Anti-Christus.<br />

5. Auch die wi<strong>der</strong>göttliche Verb<strong>in</strong>dung mit den politischen<br />

Mächten <strong>der</strong> Erde (17, 2. 3; 18, 9) verdeutlicht: Babylon ist<br />

nicht die „Braut Christi“, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Hure.<br />

6. Weil die Sünden dieser Macht „bis an den Himmel“ reichen<br />

(18, 5; vgl. 16, 19), ist die Zeit gekommen, daß Gott sie<br />

richtet. Im Blick auf das vernichtende Gericht for<strong>der</strong>t Gott<br />

se<strong>in</strong> Volk auf, Babylon zu verlassen. Wer <strong>in</strong> Babylon bleibt,<br />

hat Anteil an ihren Sünden und wird Anteil haben an den<br />

Gerichtsplagen, mit denen Gott strafen wird (18, 4).<br />

21


Grundbegriffe von A-Z<br />

Schon im Alten Testament deutet sich <strong>der</strong> s<strong>in</strong>nbildliche<br />

Gebrauch an, <strong>der</strong> im letzten Buch <strong>der</strong> Bibel zu <strong>der</strong> Formel führt:<br />

„... e<strong>in</strong> Name, e<strong>in</strong> Geheimnis: das große Babylon“ (Offb. 17, 5).<br />

Die babylonische Bezeichnung bab-ilu bedeutet „Tor Gottes“.<br />

Nach antikem Verständnis war das Stadttor <strong>der</strong> Ort für<br />

amtliche Gespräche, Geschäfte und Urteile. Die Bezeichnung<br />

Babylon sollte die Auffassung wi<strong>der</strong>spiegeln, daß Babel <strong>der</strong> Ort<br />

für die Begegnung <strong>der</strong> Götter mit den Menschen sei und daß<br />

die Könige von Babel von ihren Göttern berufen seien, die<br />

ganze Welt zu beherrschen. Dieses Selbstgefühl <strong>der</strong> Stadtkönige<br />

von Babel, von Gott Beauftragte zu se<strong>in</strong>, mußte Israel zur<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung herausfor<strong>der</strong>n. Auch aus dem Auf und Ab<br />

<strong>der</strong> Geschichte Israels ergab sich e<strong>in</strong>e starke Opposition gegen<br />

Babel. Das wird dem verständlich, <strong>der</strong> sich das Ergebnis dieser<br />

Geschichte vor Augen hält: das Königtum als Arm Gottes war<br />

ausgelöscht, die Bru<strong>der</strong>stämme vernichtet, <strong>der</strong> Tempelkult<br />

aufgelöst.<br />

Es überrascht darum nicht, daß Babel als „Repräsentant<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> gottfe<strong>in</strong>dlichen Macht“ galt (Realenzyklopädie für Antike und<br />

Christentum, Band 1) und daß <strong>der</strong> Hebräer das babylonische<br />

bab-ilu abwertete durch die Verb<strong>in</strong>dung mit dem hebräischen<br />

Wort balal, das „e<strong>in</strong>rühren“, „verwirren“ bedeutet und e<strong>in</strong>e<br />

mahnende Er<strong>in</strong>nerung daran se<strong>in</strong> sollte, daß Gott die Sprache<br />

<strong>der</strong> Erbauer des himmelstürmenden Turms verwirrt hatte (1.<br />

Mose 11, 9). Jener Turm, Denkmal des Trotzes Gott gegenüber,<br />

sollte zur Festung des Aufruhrs gegen den Schöpfer<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong>deutiger aber als die symbolische Verwendung des<br />

Namens im geschichtlichen Teil des Alten Testaments ist sie<br />

bei den Propheten, die <strong>in</strong> Babel nicht nur die damals vorherrschende<br />

Weltmacht sahen; Babel war für sie Handlanger<br />

Satans. Vor allem Jesaja und Jeremia kündeten im Auftrage<br />

des Herrn dieser Macht das Gericht Gottes an. Drei Gesichtspunkte<br />

helfen zum Verständnis des s<strong>in</strong>nbildlichen Babylon:<br />

22


Grundbegriffe von A-Z<br />

1. Babel wird als Frau geschil<strong>der</strong>t: „Herunter, Jungfrau, du<br />

Tochter Babel, setze dich <strong>in</strong> den Staub!“ (Jes. 47,1) Auch<br />

Begriffe <strong>der</strong> folgenden Verse gehören zur Beschreibung<br />

e<strong>in</strong>er Frau: die Handmühle, denn Mahlen war Frauenarbeit<br />

(Vers 2), <strong>der</strong> Schleier (Vers 2), die K<strong>in</strong><strong>der</strong>losigkeit als<br />

Schmach (Vers 8). Der Prophet sieht e<strong>in</strong>e Macht, eigentlich<br />

e<strong>in</strong>e Stadtmacht, im Bilde e<strong>in</strong>er Frau; denn das letzte Buch<br />

<strong>der</strong> Heiligen Schrift nimmt diese Symbolik auf. Auch dort ist<br />

Babylon Stadtmacht mit den Zügen e<strong>in</strong>er hurerischen Frau.<br />

Doch gerade von diesem schwarzen H<strong>in</strong>tergrund hebt sich<br />

das Bild <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Gottes ab, nach den Worten <strong>der</strong><br />

alten Propheten die „Tochter und Stadt Zion“, nach <strong>der</strong><br />

Offenbarung (21, 2) die „geschmückte Braut“ Jerusalem.<br />

2. Das Volk Gottes wird zum Auszug aus Babylon aufgefor<strong>der</strong>t.<br />

In Jes. 48, 20; 52, 11; Jer. 50, 8 und 51, 6 stehen im<br />

Hebräischen alle<strong>in</strong> sechs verschiedene Worte, alle <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Befehlsform. Wer Gottes Wort glaubt, darf Babel als besiegt<br />

ansehen („Mit fröhlichem Schall verkündigt dies -..“ Jes. 48,<br />

20), er soll und darf herauslaufen aus dieser Stadt, die <strong>in</strong><br />

Gottes Augen dem Gericht verfallen ist. Daneben fällt <strong>der</strong><br />

Ernst, ja die Dr<strong>in</strong>glichkeit auf: „Weicht, weicht, zieht aus von<br />

dort und rührt nichts Unre<strong>in</strong>es an !“ (Jes. 52, 11)<br />

3. Babel und <strong>der</strong> Kelch gehören zusammen (Jer. 25, 27. 28;<br />

51, 7), wobei freilich die Schriftworte verschiedene Werturteile<br />

enthalten: war Babel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand Gottes e<strong>in</strong>st e<strong>in</strong> goldener<br />

Becher (51, 7), so ist <strong>der</strong> Kelch nun Verführungsmittel<br />

dieser Macht; denn „alle Völker haben von se<strong>in</strong>em We<strong>in</strong><br />

getrunken“ (51,7). Und <strong>der</strong> Kelch wird schließlich zum<br />

„Schierl<strong>in</strong>gsbecher“, <strong>der</strong> Babel selbst gereicht wird: „... ihr<br />

müßt tr<strong>in</strong>ken“ (25, 28).<br />

In <strong>der</strong> frühen außerbiblischen Deutung wird zunehmend<br />

<strong>der</strong> Abfall von Gott, <strong>der</strong> sittliche Fall Babels, betont. Die Juden,<br />

die früher unter <strong>der</strong> Gewalt Babylons gestöhnt hatten, litten nun<br />

unter <strong>der</strong> Macht Roms. Sie gebrauchten darum <strong>in</strong> ihrem Kampf<br />

gegen die römische Herrschaft „Ba-<br />

23


Grundbegriffe von A-Z<br />

bylon“ als Deckname. So wird Rom geschil<strong>der</strong>t als Dirne mit<br />

Purpur und Scharlach und mit dem Namen „Babylon“ an <strong>der</strong><br />

Stirn. Das Bild <strong>der</strong> Frau, von den Propheten entlehnt, kehrt oft<br />

wie<strong>der</strong>: Rom ist „Tochter Babels“ und „Chaldäertochter“.<br />

Wie die Juden, so griffen auch die Christen aus Angst vor<br />

Vergeltungsmaßnahmen <strong>in</strong> ihrer Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem<br />

römischen Kaiserkult nach jenem vorgeprägten Geheimwort.<br />

Der Satz <strong>in</strong> 1. Petrus 5, 13 dürfte e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ersten Belege dafür<br />

se<strong>in</strong> („es grüßen euch aus Babylon“). Offenbar wußte je<strong>der</strong><br />

Leser und Hörer, daß hier e<strong>in</strong> Brief aus Rom kam.<br />

Die Kirchenväter legen <strong>in</strong> ähnlicher Weise diesen Begriff<br />

aus: Hieronymus, Hippolyt, Tertullian, Irenäus beziehen<br />

„Babylon“ auf die Stadt o<strong>der</strong> das Weltreich Rom. Hieronymus<br />

brandmarkt sogar das christlich gewordene Rom als „Sündenbabel“.<br />

Auch Origenes und August<strong>in</strong> lassen sich <strong>in</strong> diese Reihe<br />

e<strong>in</strong>ordnen, wobei allerd<strong>in</strong>gs Origenes mehr allgeme<strong>in</strong> von<br />

Babel als <strong>der</strong> Stadt des Teufels und <strong>der</strong> gottfe<strong>in</strong>dlichen Macht<br />

spricht, während August<strong>in</strong> stärker die Wirklichkeit im Auge<br />

behält, denn für ihn ist Rom „occidentalis Babylon“ – Babylon<br />

nennt er „prima Roma“.<br />

Ebenso wie die Kirchenväter setzten viele Christen während<br />

des Mittelalters ihren Kampf gegen die wi<strong>der</strong>göttliche<br />

Macht fort. Joachim von Floris, er starb um 1202, war e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

ersten unter ihnen, <strong>der</strong> die römische Kirche unter den Begriff<br />

Babylon e<strong>in</strong>ordnete. Die gleiche Haltung vertraten Pierre Jean<br />

d’Olivi, e<strong>in</strong> französischer Geistlicher (gestorben 1298), und<br />

Michael von Cesena, e<strong>in</strong> Ordensgeneral im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t,<br />

<strong>der</strong> die römische Kirche als „Hure Babylon“ bezeichnete,<br />

„trunken vom Blut <strong>der</strong> Heiligen“ (zitiert bei Le Roy E. Froom,<br />

The Prophetic Faith of Our Fathers, Band II, 1948, Seite 20).<br />

Auch die Lollharden, e<strong>in</strong>e Wan<strong>der</strong>predigerschaft von Laien,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Zusammenhang zu erwähnen, ebenso Johann<br />

Hus, <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief die römische Kurie ausdrücklich<br />

„Babylon“<br />

24


Grundbegriffe von A-Z<br />

nennt, ferner Girolamo Savonarola, <strong>der</strong> gegen Ende des 15.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>in</strong> Florenz gegen das Papsttum predigte.<br />

Es ist bekannt, daß auch Mart<strong>in</strong> Luther den Inhalt dieser<br />

Polemik aufgriff, ohne freilich den Namen „Babylon“ häufig zu<br />

gebrauchen. Er rügte das Leben <strong>der</strong> römischen Geistlichen,<br />

prangerte die politisch-ökonomische Großmacht an, beklagte<br />

die Gewissensknechtung, also den Mißbrauch religiöser Macht,<br />

nannte die Päpste „des Teufels Larven“, die das Wort Gottes<br />

und die Wahrheit verdrehen, Gott lästern und zur Abgötterei<br />

verführen. Dieser Standpunkt, von Luther seit 1522 immer<br />

wie<strong>der</strong> vertreten, ist unter den Protestanten von e<strong>in</strong>er Generation<br />

zur an<strong>der</strong>en weitergetragen worden.<br />

Die Adventbewegung im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t nahm bewußt<br />

dieses Gedankengut auf. William Miller setzte das Geheimnis<br />

Babylon (Offb. 17, 5) mit „Rom unter päpstlicher Herrschaft“<br />

gleich.<br />

Sylvester Bliss, e<strong>in</strong> Verleger <strong>der</strong> Schriften Millers, war <strong>der</strong><br />

Ansicht, Babylon sei „alles <strong>in</strong> dieser Welt, was dem Geist Christi<br />

entgegensteht o<strong>der</strong> von se<strong>in</strong>em Geist abweicht“. Aus <strong>der</strong><br />

Geschichte folgerte er: Nach <strong>der</strong> Teilung des römischen<br />

Weltreiches strebte das päpstliche Horn (nach Dan. 8, 9-12<br />

bietet sich diese Deutung an) erfolgreich zur Oberherrschaft als<br />

Haupt <strong>der</strong> Macht Satans und wurde so zum „Babylon <strong>der</strong> Welt“.<br />

(„The Advent Shield and Review“, 1844, S. 112. 113. 115. 116)<br />

Als die protestantischen Kirchen die Botschaft vom baldigen<br />

Wie<strong>der</strong>kommen Christi ablehnten, sahen die Adventgläubigen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ablehnung jener Verkündigung durch die<br />

Kirchen den „Fall Babylons“. So setzte Joseph Bates den Fall<br />

Babylons für die Zeit von 1843-1844 fest, als die Wie<strong>der</strong>kunftshoffnung<br />

durch die großen Kirchen abgelehnt worden war.<br />

Als man 1843 begann, öffentlich über die Naherwartung<br />

zu sprechen, verschlossen die Bekenntniskirchen ihre Türen<br />

gegen die biblische Lehre von <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi,<br />

25


Grundbegriffe von A-Z<br />

ja sie behandelten diese Botschaft und ihre Verkündiger sogar<br />

mit Verachtung und Ger<strong>in</strong>gschätzung.<br />

Das „geheimnisvolle Babylon“ stellt also kirchliche Körperschaften<br />

aller Art dar, die nach Offb. 16, 19 <strong>in</strong> „drei Teile“, <strong>in</strong><br />

drei Gruppen aufgeglie<strong>der</strong>t s<strong>in</strong>d. Das würde heißen, daß<br />

„Babylon“ heute sowohl die römische als auch die griechische<br />

und protestantische Kirchengeme<strong>in</strong>schaft umfaßt. Der Deutlichkeit<br />

halber sei wie<strong>der</strong>holt: Sämtliche Kirchen, die die Naherwartung<br />

mit all ihren Konsequenzen für Lehre und Leben aufgegeben<br />

haben, gehören zur „Hure Babylon“.<br />

James White schrieb 1851: „Das Weib, das die große<br />

Stadt Babylon genannt wird, vers<strong>in</strong>nbildet die gefallenen<br />

abtrünnigen Kirchen.“ (Review and Herald vom 5. 8. 1851)<br />

Ähnlich erklärte es J. N. Andrews: Babylon – das s<strong>in</strong>d all jene<br />

„religiösen Körperschaften“, ob sie bestanden haben o<strong>der</strong><br />

gegenwärtig bestehen, „die mit <strong>der</strong> Welt verbunden s<strong>in</strong>d und<br />

von bürgerlicher Macht unterstützt werden“.<br />

Im e<strong>in</strong>zelnen zählt Andrews folgende religiöse Gruppen<br />

auf: „die jüdische Kirche“, „die verfälschte päpstliche und<br />

griechische Kirche“ und „den großen Verband <strong>der</strong> protestantischen<br />

Kirchen“, die „die römischen Kirchen nachahmen“. (a. a.<br />

O., 21. Febr. 1854)<br />

Uriah Smith, e<strong>in</strong> klassischer Ausleger <strong>der</strong> Bücher Daniel<br />

und Offenbarung unter den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>,<br />

me<strong>in</strong>te, „daß unter diesem S<strong>in</strong>nbild (= „Babylon“) die große<br />

Masse <strong>der</strong> verwirrten und unre<strong>in</strong>en Christenheit zu verstehen<br />

ist“. Er fügte h<strong>in</strong>zu: „Ihr Fall war e<strong>in</strong> sittlicher Fall, verursacht<br />

durch die Ablehnung <strong>der</strong> lebenschaffenden Wahrheiten <strong>der</strong><br />

ersten Verkündigung <strong>der</strong> außerordentlichen Ankündigung des<br />

Advents Christi. Unter dem Zorneswe<strong>in</strong> ihrer Unzucht verstehen<br />

wir ihre falschen Lehren und ihre gefährlichen Irrtümer. Durch<br />

sie haben alle Nationen davon getrunken.“ („Gedanken zur<br />

Offenbarung“, 1856, herausgegeben 1867, S. 233)<br />

Smith legte die drei Teile des neuzeitlichen Babylon (Offb.<br />

16, 19) als „Heidentum, Katholizismus und Protestantis-<br />

26


Grundbegriffe von A-Z<br />

mus“ aus und setzte die Hure von Offenbarung 17 mit <strong>der</strong><br />

römischen Kirche gleich.<br />

„An<strong>der</strong>e unabhängige religiöse Organisationen“ s<strong>in</strong>d ihre<br />

Töchter, und sie alle „gehören zu <strong>der</strong> gleichen großen Familie“.<br />

Er schrieb: „Mit dem römischen Teil Babylons geht es <strong>in</strong> Kapitel<br />

17 zu Ende und mit dem protestantischen Teil <strong>in</strong> Kapitel 18.“<br />

Die Auslegung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> entspricht<br />

heute im wesentlichen <strong>der</strong> von Uriah Smith und an<strong>der</strong>er<br />

Ausleger aus <strong>der</strong> Frühzeit <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. Wir<br />

s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, daß das neuzeitliche Babylon für alle<br />

christlichen Kirchen steht, die von dem „ewigen Evangelium“<br />

(Offb. 14, 6) abgewichen s<strong>in</strong>d. Dabei ist sowohl <strong>der</strong> große<br />

römische Abfall <strong>der</strong> frühchristlichen Jahrhun<strong>der</strong>te verurteilt als<br />

auch das Abweichen protestantischer Kirchen vom Wort Gottes.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e geht es dabei um die Ablehnung <strong>der</strong> Botschaft<br />

vom bald here<strong>in</strong>brechenden Herrn, <strong>der</strong>en Verkündigung<br />

1843/44 begann. Dieser „Fall Babylons“ schreitet nach unserer<br />

Ansicht fort. Er ist noch nicht vollständig. Aber er wird bald<br />

vollendet se<strong>in</strong>, nämlich dann, wenn die großen und bedeutenden<br />

protestantischen Kirchen mit <strong>der</strong> Kirche Roms zusammenarbeiten<br />

<strong>in</strong> dem Versuch, Gewissenszwang auszuüben (Offb.<br />

13). Die Botschaft des zweiten Engels von Offb. 14,8 warnt:<br />

„Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große Stadt.“<br />

Darum gilt jedem Nachfolger Jesu Christi <strong>der</strong> Ruf von<br />

Offb. 18, 1-4: „Gehet aus von ihr, me<strong>in</strong> Volk, daß ihr nicht<br />

teilhaftig werdet ihrer Sünden, auf daß ihr nicht empfanget<br />

etwas von ihren Plagen!“ (Vers 4)<br />

BEKEHRUNG<br />

Die Bekehrung ist e<strong>in</strong>e von Gott gewirkte, verstandesmäßig<br />

nicht zu erklärende Umwandlung des Menschen, se<strong>in</strong>es<br />

Denkens und Fühlens und se<strong>in</strong>es ganzen Lebens. Sie führt zur<br />

Freiheit und Selbstzucht und br<strong>in</strong>gt zurück <strong>in</strong> die<br />

27


Grundbegriffe von A-Z<br />

Geme<strong>in</strong>schaft mit Gott, die als Folge <strong>der</strong> Sünde verloreng<strong>in</strong>g.<br />

Bekehrung schließt Reue und Bekenntnis e<strong>in</strong>, d. h. die<br />

Erkenntnis und das E<strong>in</strong>geständnis, daß man e<strong>in</strong> Sün<strong>der</strong> ist und<br />

Vergebung braucht. Damit verbunden ist die Entscheidung, se<strong>in</strong><br />

Denken, Wollen und Planen <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit Gottes<br />

Willen zu br<strong>in</strong>gen. Ferner gehört dazu das Wissen, <strong>in</strong> allen<br />

Lebenslagen von Gott abhängig zu se<strong>in</strong>, damit schließlich<br />

wie<strong>der</strong>hergestellt werden kann, was durch die Sünde verloreng<strong>in</strong>g.<br />

Die persönliche Erfahrung <strong>der</strong> Bekehrung ist notwendig,<br />

um das Heil zu erlangen. Die Bibel veranschaulicht dieses<br />

Erleben durch verschiedene Bil<strong>der</strong> und lenkt die Aufmerksamkeit<br />

auf die e<strong>in</strong>zelnen Aspekte dieses Geschehens. Es ist <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Tat e<strong>in</strong>e umfassende subjektive (<strong>in</strong>nere) Erfahrung, die von<br />

e<strong>in</strong>deutig feststellbaren objektiven (äußeren) Wirkungen<br />

begleitet ist. Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite wird die Bekehrung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel<br />

beschrieben als e<strong>in</strong> Vorgang, an dem <strong>der</strong> Mensch entscheidend<br />

mitzuwirken hat, nämlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abkehr vom alten und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

H<strong>in</strong>wendung zu e<strong>in</strong>em neuen Leben (Matth. 18, 3; Apg. 3,19;<br />

11, 21; 14, 15; 26, 18), als Buße o<strong>der</strong> S<strong>in</strong>nesän<strong>der</strong>ung bezeichnet<br />

(Apg. 2, 38; 3, 19; 2. Kor. 7, 9. 10); an<strong>der</strong>erseits wird<br />

sie dargestellt als etwas, was dem Menschen wi<strong>der</strong>fährt und für<br />

ihn getan wird: als Wie<strong>der</strong>geburt (Joh. 1, 12-13; 3, 3-7; 1. Petr.<br />

1, 3-23; 2, 2; 1. Joh. 5, 18), Neuschöpfung (Gal. 6, 15; Eph. 2,<br />

10; 4, 24), Auferstehung vom geistlichen Tod (Eph. 2, 1. 5. 6;<br />

Kol. 2, 12. 13), e<strong>in</strong> Re<strong>in</strong>waschen von Sünden (Tit. 3, 5; 2. Petr.<br />

1, 9) o<strong>der</strong> auch als E<strong>in</strong>pflanzen e<strong>in</strong>es neuen Wertmaßstabes<br />

(Hes. 36, 26; Jer. 31, 33; Hebr. 8, 10). Die Bekehrung ist e<strong>in</strong>e<br />

Erfahrung des Geistes bzw. des Herzens und führt zur Erkenntnis<br />

Gottes und <strong>der</strong> Wahrheit (Joh. 8, 32; 17, 3; Kol. 3, 10),<br />

bewirkt die Erneuerung des S<strong>in</strong>nes (Eph. 4, 23; Röm. 12, 2). So<br />

entsteht <strong>der</strong> neue Mensch (Eph. 4, 24; Kol. 3, 10); und e<strong>in</strong><br />

neues Leben „<strong>in</strong> Christus“ (2. Kor. 5, 17) hat begonnen.<br />

Das Erlebnis <strong>der</strong> Bekehrung ist bei den e<strong>in</strong>zelnen Men-<br />

28


Grundbegriffe von A-Z<br />

schen verschieden und hängt ab vom Temperament, <strong>der</strong><br />

seelischen Reife und den geistigen Fähigkeiten. Nicht unwesentlich<br />

s<strong>in</strong>d auch die äußeren Umstände und die kulturellen<br />

Gegebenheiten, unter denen e<strong>in</strong> Mensch lebt, sowie die<br />

erfor<strong>der</strong>liche Än<strong>der</strong>ung des sittlichen Verhaltens. Deshalb<br />

können ke<strong>in</strong>e Normen für e<strong>in</strong>e Bekehrung festgelegt werden,<br />

ganz gleich, ob Dauer o<strong>der</strong> Tiefe <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Ergriffenheit <strong>in</strong><br />

Betracht gezogen werden.<br />

Voraussetzung e<strong>in</strong>er Bekehrung s<strong>in</strong>d aber m<strong>in</strong>destens:<br />

4. das Wissen von <strong>der</strong> Existenz Gottes und se<strong>in</strong>em Wirken am<br />

Menschen,<br />

5. die Unterscheidung von dem, was sittlich gut und böse ist,<br />

und<br />

6. das Verlangen nach Hilfe von außen.<br />

Es kann zu ke<strong>in</strong>er Übergabe an Gott kommen, wenn die<br />

eigene Not und Abhängigkeit nicht verspürt werden. Religiöse<br />

Erziehung, unmittelbarer Umgang mit <strong>der</strong> Bibel o<strong>der</strong> mit<br />

überzeugten Christen s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>e Bekehrung nicht unabd<strong>in</strong>gbare<br />

Voraussetzungen; denn sie geschieht nicht selten auch<br />

ohne das e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e. Wenn <strong>der</strong> Mensch fest entschlossen<br />

ist, sich für Gott zu entscheiden, können Umwelte<strong>in</strong>flüsse<br />

se<strong>in</strong>e Bekehrung nicht verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Wo aber e<strong>in</strong> guter E<strong>in</strong>fluß<br />

geltend gemacht werden kann, soll er den Menschen ermutigen,<br />

auf den göttlichen Anruf durch den Heiligen Geist zu<br />

antworten. Die Sendung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de besteht dar<strong>in</strong>, die<br />

besten äußeren Bed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e Bekehrung zu schaffen.<br />

Bekehrung ist <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es ständigen Wirkens des<br />

Heiligen Geistes, das zu geistlichem Wachstum führt. Dieses<br />

Wachstum besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zunehmenden Verständnis des<br />

Willens Gottes und <strong>der</strong> schrittweisen Überw<strong>in</strong>dung aller<br />

Neigungen zur Sünde.<br />

E<strong>in</strong>e echte Bekehrung bekundet sich subjektiv wie auch<br />

objektiv. Zu den subjektiven Kennzeichen gehören Liebe und<br />

Vertrauen zu Gott, die Erkenntnis, daß geistliche Werte von<br />

höchster Bedeutung s<strong>in</strong>d, und die Freude an Bibellesen, Gebet<br />

und Gottesdienst. Wenn die objektiven<br />

29


Grundbegriffe von A-Z<br />

Beweise fehlen – das Wachstum „zum vollen Maß <strong>der</strong> Fülle<br />

Christi“ (Eph. 4, 13) –, so muß daraus geschlossen werden,<br />

daß e<strong>in</strong>e echte Bekehrung nicht geschehen ist. Die Bekehrung<br />

besteht im wesentlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umwandlung des Denkens und<br />

Verhaltens e<strong>in</strong>es Menschen und – über die Ges<strong>in</strong>nung h<strong>in</strong>aus –<br />

des ganzen Lebens: „Der im Mehl verborgene Sauerteig (vgl.<br />

Jesu Gleichnis vom Sauerteig, Matth. 13, 33) wirkt unsichtbar<br />

und durchsäuert alles. Genauso unmerklich, still und stetig wirkt<br />

<strong>der</strong> Sauerteig <strong>der</strong> Wahrheit auf die Seele e<strong>in</strong>. Unter se<strong>in</strong>em<br />

E<strong>in</strong>fluß werden die natürlichen Neigungen geläutert und<br />

überwunden. Neue Gedanken, Empf<strong>in</strong>dungen und Beweggründe<br />

werden e<strong>in</strong>gepflanzt. Als Richtschnur für die Charakterbildung<br />

dient fortan das Leben Christi. Die Ges<strong>in</strong>nung ist gere<strong>in</strong>igt,<br />

die Kräfte werden <strong>in</strong> neue Bahnen gelenkt. Der Mensch<br />

empfängt zwar ke<strong>in</strong>e neuen Fähigkeiten, aber die vorhandenen<br />

werden geheiligt. Das Gewissen wacht auf; und die neu<br />

verliehenen Kräfte ermöglichen es, Gott recht und treu zu<br />

dienen.“ (CG 70)<br />

Die Bekehrung beg<strong>in</strong>nt damit, daß e<strong>in</strong> Mensch den Willen<br />

Gottes ernst nimmt. Sie stellt ihn auf e<strong>in</strong>en Weg, <strong>der</strong> durch die<br />

Gnade Christi zu e<strong>in</strong>er völligen Wie<strong>der</strong>herstellung des durch<br />

Adams Sünde entstellten göttlichen Ebenbildes im Menschen<br />

führt.<br />

Siehe: Rechtfertigung, Wie<strong>der</strong>geburt<br />

BIBEL, AUSLEGUNG<br />

Als Bibel wird die Sammlung heiliger Schriften bezeichnet, die<br />

nach christlicher Überzeugung göttlichen Ursprungs s<strong>in</strong>d und<br />

göttliche Autorität besitzen. Das Alte Testament besteht aus 39<br />

Schriften, die vor dem ersten Kommen Christi verfaßt wurden,<br />

während zum Neuen Testament 27 Schriften zählen, die nach<br />

Christus geschrieben wurden. Geme<strong>in</strong>sam mit den meisten<br />

Protestanten sehen die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die<br />

Apokryphen nicht als kanonische Schriften an. Sie glauben,<br />

daß die Heilige Schrift<br />

30


Grundbegriffe von A-Z<br />

Alten und Neuen Testaments durch göttliche E<strong>in</strong>gebung<br />

vermittelt worden ist und e<strong>in</strong>e umfassende Offenbarung des<br />

göttlichen Willens für die Menschen und e<strong>in</strong>zige unumstößliche<br />

Richtschnur des Glaubens und Handelns ist. Jede theologische<br />

Glaubensaussage muß an <strong>der</strong> Bibel gemessen und jede Lehre,<br />

die ihr wi<strong>der</strong>spricht, abgelehnt werden.<br />

Von Anfang an bekannten <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>,<br />

daß alle<strong>in</strong> die Bibel Quelle ihres Glaubens ist. Jede Frage<br />

wurde durch die Bibel entschieden, die Maßstab aller Lehre ist.<br />

Die Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Adventbewegung vertraten die Auffassung,<br />

daß es Pflicht jedes Geme<strong>in</strong>degliedes sei, selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heiligen<br />

Schrift zu forschen, um se<strong>in</strong>en Glauben begründen zu können.<br />

1847 erklärte James White: „Die Bibel ist e<strong>in</strong>e vollkommene und<br />

vollständige Offenbarung. Sie ist unser e<strong>in</strong>ziger Maßstab für<br />

Glauben und Leben.“<br />

1849 wie<strong>der</strong>holte er se<strong>in</strong>en Standpunkt: „Die Bibel ist unser<br />

Kompaß, unser Wegweiser, unsere e<strong>in</strong>zige Richtschnur für<br />

Glauben und Leben, und wir halten uns genau an sie.“ (Present<br />

Truth, Dezember 1849) In dieser Überzeugung wurde er von<br />

se<strong>in</strong>er Frau unterstützt. Sie sagte: „Die Bibel und die Bibel alle<strong>in</strong><br />

soll unser Maßstab für den Glauben se<strong>in</strong>.“ (E. G. White <strong>in</strong> „The<br />

Sabbath School Worker“, Oktober 1886)<br />

Das Jahrbuch <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft von 1889 enthielt zum<br />

erstenmal e<strong>in</strong>e Zusammenstellung <strong>der</strong> „Glaubensgrundsätze<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>“, die mit dem Satz e<strong>in</strong>geleitet<br />

wurde: „<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> haben ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es<br />

Glaubensbekenntnis als die Bibel.“ „Die Heilige Schrift Alten<br />

und Neuen Testaments, von Gott e<strong>in</strong>gegeben, enthält e<strong>in</strong>e<br />

völlige Offenbarung se<strong>in</strong>es Willens an den Menschen und ist<br />

die e<strong>in</strong>zige Grundlage für Glauben und Leben.“<br />

Von Anfang an wurde von <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

betont, daß man bei <strong>der</strong> Deutung <strong>der</strong> Heiligen Schrift vernünftigen<br />

Grundsätzen folgen müsse. Sie bejahten, daß<br />

31


Grundbegriffe von A-Z<br />

Auslegung notwendig ist <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> unterschiedlichen literarischen<br />

Formen <strong>der</strong> Bibel und <strong>der</strong> Sprachen, <strong>in</strong> denen sie<br />

geschrieben wurde. Zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d ferner die Denk.<br />

und Ausdrucksweise, das Brauchtum und die geschichtlichen<br />

Zusammenhänge, mit denen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne Leser oft nicht<br />

vertraut ist. Dabei muß die Tatsache <strong>in</strong> Betracht gezogen<br />

werden, daß die menschliche Sprache nur e<strong>in</strong> unvollkommenes<br />

Werkzeug für die Übermittlung göttlicher Gedanken ist.<br />

Was nun die literarischen Formen angeht, kann die Sprache<br />

<strong>der</strong> Heiligen Schrift Dichtung o<strong>der</strong> Prosa, wörtlich o<strong>der</strong><br />

bildlich, historisch o<strong>der</strong> prophetisch se<strong>in</strong>. Im Blick auf die<br />

Sprache selbst ist es oft sehr schwer – wenn nicht sogar<br />

unmöglich –, e<strong>in</strong>en Gedanken genau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Sprache zu<br />

übertragen, ohne dabei etwas zu verlieren. Die Sitten wie auch<br />

die Denk. und Ausdrucksweise e<strong>in</strong>es fremden Kulturvolkes, das<br />

seit vielen Jahrhun<strong>der</strong>ten nicht mehr existiert, können heute<br />

leicht mißverstanden werden. Die Botschaften <strong>der</strong> Heiligen<br />

Schrift wurden oft <strong>in</strong> ganz bestimmte geschichtliche Situationen<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gegeben, die man kennen und verstehen muß, wenn<br />

man die ursprüngliche Bedeutung und <strong>der</strong>en Anwendung auf<br />

die Gegenwart genau ermitteln will. Da die menschliche<br />

Sprache bestenfalls e<strong>in</strong> unvollkommenes Mittel zur Weitergabe<br />

göttlicher Gedanken ist, gehören Vorsicht und die Führung<br />

durch den Heiligen Geist zu e<strong>in</strong>er fruchtbaren Bibelauslegung.<br />

Die Pioniere <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, wie James<br />

White und Joseph Bates, die wissenschaftlich nicht geschult<br />

waren, setzten bei ihrem Bibelstudium natürliche Verstandesschärfe,<br />

großen Ernst, Fleiß und Sorgfalt e<strong>in</strong>. Wenn sie auch<br />

ke<strong>in</strong>e theologische Ausbildung hatten, erarbeiteten und<br />

befolgten sie vernünftige Regeln beim Forschen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift.<br />

Ihre Auslegung hat sich im Laufe <strong>der</strong> Jahre <strong>in</strong> nahezu allen<br />

wichtigen Punkten bewährt. Sie hielten daran fest, daß die<br />

Heilige Schrift so lange wörtlich verstanden werden müsse, wie<br />

aus dem Textzusammenhang<br />

32


Grundbegriffe von A-Z<br />

nicht e<strong>in</strong>deutig hervorgeht, daß die Schreiber e<strong>in</strong>e bildliche<br />

Rede gebraucht haben.<br />

Sie folgten dar<strong>in</strong> William Miller, „<strong>der</strong> bei se<strong>in</strong>em Studium<br />

zu dem Schluß kam, daß die Bibel wörtlich zu nehmen ist, es<br />

sei denn, daß es klare Beweise dafür gibt, daß sich <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>spirierte Schreiber e<strong>in</strong>er bildhaften Sprache bedient hat. Das<br />

heißt: Die Worte <strong>der</strong> Heiligen Schrift sollen so wie jede Profanliteratur<br />

<strong>in</strong> ihrem geschichtlichen und grammatikalischen S<strong>in</strong>n<br />

verstanden werden, es sei denn, <strong>der</strong> Autor gebraucht e<strong>in</strong>e<br />

bildhafte Ausdrucksweise. Indem er die Heilige Schrift wörtlich<br />

zu verstehen suchte, folgte Miller den konservativen Theologen<br />

aus den Anfängen des Protestantismus.“ (F. D. Nichol, The<br />

Midnight Cry, 1944, p. 32)<br />

Über die Methode <strong>der</strong> wörtlichen Schriftauslegung schrieb<br />

E. G. White 1888: „In die e<strong>in</strong>deutig offenbarten Wahrheiten <strong>der</strong><br />

Bibel s<strong>in</strong>d durch gelehrte Männer Zweifel und Unklarheit<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>getragen worden. Unter Berufung auf ihr großes Wissen<br />

lehren diese Leute, daß die Heilige Schrift e<strong>in</strong>e mystische,<br />

geheimnisvolle Bedeutung habe, die aus <strong>der</strong> Sprache alle<strong>in</strong> gar<br />

nicht klar erkennbar sei. Diese Männer s<strong>in</strong>d Irrlehrer ...<br />

Die Worte <strong>der</strong> Bibel sollten entsprechend ihrer offenkundigen<br />

Bedeutung erklärt werden, sofern nicht e<strong>in</strong> Symbol o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>e bildliche Rede gebraucht ist.“ (GK 599) Im wesentlichen<br />

g<strong>in</strong>gen die frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> bei ihrer<br />

Schriftauslegung ebenso wie <strong>der</strong> konservative Protestantismus<br />

davon aus, daß die ganze Heilige Schrift von Gott e<strong>in</strong>gegeben<br />

ist. Um Verständnis für die Wahrheit zu f<strong>in</strong>den, hielten sie es für<br />

nötig, alle <strong>in</strong> Frage kommenden Textstellen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu<br />

vergleichen. Sie waren überzeugt, daß es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel ke<strong>in</strong>e<br />

Wi<strong>der</strong>sprüche gibt, wenn man ihre Worte richtig auffaßt.<br />

Außerdem legte man Wert darauf, die Bibeltexte <strong>in</strong> ihrem<br />

Zusammenhang zu sehen. E. G. White gab die Weisung:<br />

„Macht die Bibel zu ihrem eigenen Ausleger, tragt alles<br />

zusammen, was zu verschiedenen Zeiten und unter ver-<br />

33


Grundbegriffe von A-Z<br />

schiedenen Umständen zu e<strong>in</strong>em bestimmten Gegenstand<br />

gesagt worden ist.“ (Review and Herald, 9. Oktober 1883) Im<br />

Gegensatz zur wörtlichen Auslegung steht die allegorische,<br />

e<strong>in</strong>e Methode, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen Christenheit aufkam und den<br />

wörtlichen S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Schrift mitunter kaum berücksichtigt. Diese<br />

Auslegungsmethode hat ihren Ursprung wahrsche<strong>in</strong>lich bei den<br />

Griechen des sechsten vorchristlichen Jahrhun<strong>der</strong>ts. So<br />

<strong>in</strong>terpretierten sie beispielsweise auch die grausamen und<br />

unmoralischen Taten ihrer alten Götter, wie sie Homer beschrieb,<br />

um se<strong>in</strong>e Dichtung für e<strong>in</strong>e aufgeklärte Philosophie <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er sittlich anspruchsvolleren Zeit zu retten.<br />

Der jüdische Philosoph Philo von Alexandria (etwa 20. v.<br />

Chr. bis 40 n. Chr-) übernahm diese allegorische Methode von<br />

den Griechen und wandte sie auf das Alte Testament an. Er<br />

lehnte den wörtlichen S<strong>in</strong>n nicht grundsätzlich ab, sah dar<strong>in</strong><br />

aber nur e<strong>in</strong>en vorschattenden H<strong>in</strong>weis. Den symbolischen o<strong>der</strong><br />

allegorischen S<strong>in</strong>n hielt er für den eigentlichen S<strong>in</strong>n des Textes.<br />

Durch diese Neu<strong>in</strong>terpretation des Alten Testaments versuchte<br />

er die Heilige Schrift mit se<strong>in</strong>er griechischen Philosophie – die<br />

aus unterschiedlichen Quellen schöpft – <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung zu<br />

br<strong>in</strong>gen. Der christliche Theologe Origenes (185-254), ebenfalls<br />

aus Alexandria, führte die allegorische Methode bei den<br />

christlichen Auslegern e<strong>in</strong>, so daß sie dann über e<strong>in</strong> Jahrtausend<br />

lang zur herrschenden Auslegungsmethode wurde.<br />

Origenes vertrat die Auffassung, daß die Schrift e<strong>in</strong>en dreifachen<br />

S<strong>in</strong>n habe entsprechend dem Körper, <strong>der</strong> Seele und dem<br />

Geist des Menschen. Der wörtliche moralische S<strong>in</strong>n ist für den<br />

e<strong>in</strong>fältigen Menschen bestimmt, und die tiefere, geheimnisvolle<br />

allegorische Bedeutung gilt nur den wenigen, die sie erfassen.<br />

Im Gegensatz zu Alexandrien bildete sich am Ende des<br />

zweiten christlichen Jahrhun<strong>der</strong>ts, beg<strong>in</strong>nend mit Theopilus von<br />

Antiochien, e<strong>in</strong>e mehr konservative „Auslegungsschule“ heraus.<br />

Sie legte den Nachdruck auf die wörtliche, geschichtliche und<br />

grammatikalisch fundierte Auslegung.<br />

34


Grundbegriffe von A-Z<br />

Nur mit äußerster Zurückhaltung wurden <strong>in</strong> Antiochien alttestamentliche<br />

Weissagungen und Symbole auf Christus<br />

gedeutet. Die Allegorie wurde abgelehnt. Die bedeutendsten<br />

Vertreter dieser „Auslegungsschule“ <strong>in</strong> Antiochien waren<br />

Diodorus von Tarsus (gest. 394), Johannes Chrysostomus<br />

(etwa 345-407) und vor allem Theodoros, <strong>der</strong> Bischof von<br />

Mopsuestia (392-428). Diese „Auslegungsschule“ bestritt<br />

ke<strong>in</strong>esfalls die Möglichkeit e<strong>in</strong>er geistlichen S<strong>in</strong>ngebung, leitete<br />

sie aber stets vom wörtlichen S<strong>in</strong>n ab. Die Auslegungsgrundsätze<br />

von Antiochien blieben auch während des Mittelalters<br />

erhalten. Mit Luther, <strong>der</strong> das Hauptgewicht auf den wörtlichen<br />

S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Heiligen Schrift legte, wurden sie wie<strong>der</strong> lebendig,<br />

ebenso <strong>in</strong> den streng wörtlichen Kommentaren Calv<strong>in</strong>s. Die<br />

konservative protestantische Theologie e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong><br />

adventistischen neigt ebenfalls zu dieser E<strong>in</strong>stellung.<br />

BÖSEN, URSPRUNG DES<br />

Die Entstehung und das Wesen des Bösen kann nur durch die<br />

Offenbarung <strong>der</strong> Heiligen Schrift erkannt werden. <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß das sittlich Böse se<strong>in</strong>en<br />

Ursprung im Himmel hat. Vor <strong>der</strong> Erschaffung unsrer Welt<br />

erhob sich Luzifer, <strong>der</strong> höchste Engel, <strong>der</strong> auf den Sohn Gottes<br />

eifersüchtig war, gegen die Autorität Gottes. Das Böse ist also<br />

e<strong>in</strong>e offene Auflehnung gegen Gott, e<strong>in</strong>e Empörung gegen<br />

se<strong>in</strong>e Gerechtigkeit und Güte. Wenn auch die Bibel ke<strong>in</strong>e<br />

unmittelbaren Aussagen über den Ursprung des Bösen macht,<br />

deuten doch zwei alttestamentliche Aussagen <strong>in</strong> bil<strong>der</strong>reicher<br />

Sprache auf dieses Geschehen h<strong>in</strong>. Unter dem Bild des Königs<br />

von Tyrus schil<strong>der</strong>t Hes. 28, 12-19, wie Luzifer (Lichtträger) –<br />

das ist nach <strong>der</strong> late<strong>in</strong>ischen Bibelübersetzung Vulgata <strong>der</strong><br />

Name Satans vor se<strong>in</strong>er Rebellion – als e<strong>in</strong> „schirmen<strong>der</strong><br />

Cherub“, „voller Weisheit und über die Maßen schön“, „voll<br />

Frevels“ wurde und „vom Berge Gottes“ verstoßen werden<br />

mußte. Jes. 14, 12-14 beschreibt Luzifer unter dem Bild des Kö-<br />

35


Grundbegriffe von A-Z<br />

nigs von Babylon. Er wollte se<strong>in</strong>en Thron „über die Sterne<br />

Gottes erhöhen“, statt dessen ist er „vom Himmel gefallen“. „Ja,<br />

h<strong>in</strong>unter zu den Toten fuhrest du, zur tiefsten Grube!“ (Vers 15)<br />

Hesekiel sagt über ihn, daß er „zu Asche ... auf <strong>der</strong> Erde“<br />

wurde.<br />

Im Neuen Testament f<strong>in</strong>den sich H<strong>in</strong>weise auf Satan als<br />

den Urheber <strong>der</strong> Sünde (vgl. Joh. 8, 44, 1. Joh. 3, 8). Sie<br />

deuten an, daß Satan e<strong>in</strong>e große Zahl von Engeln <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Aufruhr gegen Gott verwickelte. Sie erlitten mit ihm das gleiche<br />

Schicksal, wurden aus dem Himmel ausgestoßen und werden<br />

nun mit ihm „behalten zum Gericht des großen Tages“ (2. Petr.<br />

2, 4; Jud. 6). In e<strong>in</strong>em Textabschnitt <strong>der</strong> Offenbarung (Offb. 12,<br />

7-10), den viele Ausleger sowohl als Schil<strong>der</strong>ung des ursprünglichen<br />

Aufruhrs im Himmel wie auch als e<strong>in</strong>e Darstellung des<br />

zweiten Zusammenstoßes zwischen Gott und Satan bei <strong>der</strong><br />

Kreuzigung Christi ansehen, sagt Johannes, daß es „Streit im<br />

Himmel“ gab, bei dem „Michael und se<strong>in</strong>e Engel“ den Sieg über<br />

Satan davontrugen. Satan „ward ausgeworfen auf die Erde, und<br />

se<strong>in</strong>e Engel wurden mit ihm dah<strong>in</strong> geworfen“.<br />

Das Schrifttum E. G. Whites enthält weitere H<strong>in</strong>weise über<br />

den Ursprung des Bösen, die <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit den<br />

knappen Angaben <strong>der</strong> Heiligen Schrift stehen. Dort wird gesagt,<br />

daß Gott <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise für das Böse verantwortlich ist,<br />

son<strong>der</strong>n daß „die Sünde mit Satan begann“. (Review and<br />

Herald, 9. März 1886) Drei Gründe werden für den Aufruhr<br />

Luzifers angeführt:<br />

1. Selbstherrlichkeit,<br />

2. Eifersucht auf Christus und<br />

3. Empörung gegen Gottes Autorität.<br />

E. G. White sagt <strong>in</strong> ihren verschiedenen Werken folgendes<br />

über den Ursprung des Bösen: „Der E<strong>in</strong>tritt <strong>der</strong> Sünde <strong>in</strong><br />

die Welt und die Menschwerdung Christi ... s<strong>in</strong>d zu tiefe<br />

Geheimnisse, als daß sie <strong>der</strong> menschliche Verstand ergründen<br />

könnte.“ (WzC 111) „Ganz allmählich kam <strong>in</strong> Luzifer die<br />

Neigung zur Selbsterhebung auf ... Anstatt danach zu trachten,<br />

daß Gott durch die Anhänglichkeit und<br />

36


Grundbegriffe von A-Z<br />

Treue se<strong>in</strong>er Geschöpfe über alles erhöht wird, war es Luzifers<br />

Bestreben, Dienst und Verehrung für sich zu gew<strong>in</strong>nen. Indem<br />

ihn nach <strong>der</strong> Ehre gelüstete, die Gott se<strong>in</strong>em Sohn gegeben<br />

hatte, trachtete dieser Engelfürst nach <strong>der</strong> Macht, die ausschließlich<br />

Christus vorbehalten war ... Der Stolz auf se<strong>in</strong>e<br />

eigene Schönheit nährte das Verlangen nach größerer Macht ...<br />

Er brüstete sich mit se<strong>in</strong>er Herrlichkeit, se<strong>in</strong>er erhabenen<br />

Stellung und wollte Gott gleich se<strong>in</strong>.“ (GK 497, 498) „Als Gott zu<br />

se<strong>in</strong>em Sohn sprach: ,Lasset uns Menschen machen, e<strong>in</strong> Bild,<br />

das uns gleich sei‘, wurde Satan eifersüchtig auf Jesus. Weil er<br />

bei <strong>der</strong> Erschaffung des Menschen nicht um Rat gefragt worden<br />

war – wie er das erwartet hatte –, erfüllten ihn Zorn, Haß und<br />

Eifersucht.“<br />

„Satan erdreistete sich, e<strong>in</strong>en Aufruhr anzuzetteln und<br />

äußerte se<strong>in</strong>e Ger<strong>in</strong>gschätzung über das Gesetz des Schöpfers<br />

.... Er behauptete, daß Engel ke<strong>in</strong> Gesetz brauchten, son<strong>der</strong>n<br />

frei seien und nur ihrem eigenen Willen folgen sollten, <strong>der</strong> sie<br />

recht führen werde. Das Gesetz schränke ihre Freiheit e<strong>in</strong>, und<br />

deshalb sei die Abschaffung des Gesetzes e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>er großen<br />

Ziele.“ „Gott trug Luzifer mit großer Barmherzigkeit. Er enthob<br />

ihn nicht sofort se<strong>in</strong>er hohen Stellung, als er se<strong>in</strong>e verlogenen<br />

Aussagen unter den Engeln verbreitete. Gott duldete ihn noch<br />

lange Zeit im Himmel.“ (GK 498)<br />

„Der himmlische Rat erörterte diese Angelegenheit mit<br />

Luzifer. Gottes Sohn wies ihn auf die Größe, Güte und Gerechtigkeit<br />

des Schöpfers h<strong>in</strong> und hielt ihm das heilige und unverän<strong>der</strong>liche<br />

Wesen se<strong>in</strong>es Gesetzes vor Augen.“ (GK 497)<br />

„Wie<strong>der</strong>holt wurde ihm Vergebung angeboten, wenn er nur<br />

bereute und sich unterordnete ... Aber se<strong>in</strong> Stolz h<strong>in</strong><strong>der</strong>te ihn<br />

daran. Er verteidigte beharrlich se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stellung und behauptete,<br />

ke<strong>in</strong>er Buße zu bedürfen. So stellte er sich bewußt gegen<br />

se<strong>in</strong>en Schöpfer.“ (GK 498. 499)<br />

Als die Unzufriedenheit zum offenen Aufruhr führte, „wurden<br />

die himmlischen Heere aufgefor<strong>der</strong>t, vor dem Vater<br />

37


Grundbegriffe von A-Z<br />

zu ersche<strong>in</strong>en“. „Schamlos brachte Satan se<strong>in</strong>e Unzufriedenheit<br />

zum Ausdruck. In se<strong>in</strong>em Stolz verlangte er, Gott ebenbürtig zu<br />

se<strong>in</strong> und <strong>in</strong> den Rat des Vaters e<strong>in</strong>bezogen zu werden; denn er<br />

könne dessen Absichten wohl verstehen. Gott teilte Satan mit,<br />

daß er alle<strong>in</strong> dem Sohn se<strong>in</strong>e Absichten offenbare und daß er<br />

von <strong>der</strong> ganzen himmlischen Familie, auch Satan, erwarte, ihm<br />

vertrauensvoll Gehorsam zu leisten. Satan aber habe sich<br />

se<strong>in</strong>es Platzes im Himmel unwürdig erwiesen. Daraufh<strong>in</strong> wies<br />

Satan triumphierend auf se<strong>in</strong>e Anhängerschar, die fast die<br />

Hälfte aller Engel umfaßte, und rief: ,Diese alle gehören zu mir!<br />

Willst du auch sie verstoßen und den Himmel entvölkern?‘<br />

Dann erklärte er, daß er gerüstet sei, <strong>der</strong> Macht Christi zu<br />

wi<strong>der</strong>stehen und se<strong>in</strong>en Platz im Himmel mit Gewalt zu<br />

verteidigen. Macht gegen Macht -.. So kam es zum Kampf im<br />

Himmel. Gottes Sohn, <strong>der</strong> Fürst des Himmels, und se<strong>in</strong>e treuen<br />

Engel stritten gegen den Urheber des Aufruhrs und all jene, die<br />

sich ihm angeschlossen hatten. Gottes Sohn und die treuen<br />

Engel trugen den Sieg davon; Satan und se<strong>in</strong>e Anhänger<br />

wurden aus dem Himmel verstoßen. Die himmlischen Heerscharen<br />

erkannten Gott <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gerechtigkeit an und huldigten<br />

ihm. Nicht e<strong>in</strong>e Spur von Empörung blieb im Himmel zurück.<br />

Alles war wie<strong>der</strong> friedlich und e<strong>in</strong>mütig wie zuvor.“<br />

In den wesentlichen Zügen haben <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> über den Ursprung des Bösen die gleiche Auffassung,<br />

wie sie von den meisten christlichen Kirchen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Vergangenheit vertreten wurde.<br />

Siehe: Satan, Sündenfall<br />

CHRISTUS<br />

In Jesus Christus tritt Gott selbst <strong>in</strong> unsere Welt here<strong>in</strong>. Er ist<br />

darum Mittelpunkt aller Offenbarung (Joh. 5, 39; Apg. 10, 43),<br />

Gegenstand unserer höchsten Bewun<strong>der</strong>ung und Ziel <strong>in</strong>nigster<br />

Anbetung. Das griechische Wort „christos“ war ursprünglich e<strong>in</strong><br />

Titel, <strong>der</strong> dem hebräischen „ma-<br />

38


Grundbegriffe von A-Z<br />

schiach“ (Messias) entsprach. Es wurde zum Namen bzw.<br />

Be<strong>in</strong>amen Jesu. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong> <strong>Adventisten</strong> glauben, daß<br />

„Jesus Christus wahrer Gott ist, <strong>in</strong> Natur und Wesen dem<br />

ewigen Vater gleich. Obgleich von göttlicher Natur, nahm er<br />

dennoch das Wesen des Menschen an und lebte auf Erden als<br />

e<strong>in</strong> Mensch ...“ (Geme<strong>in</strong>dehandbuch S. 15)<br />

Die Bedeutung Jesu Christi ist an dem Titel „Herr“ zu erkennen,<br />

<strong>der</strong> häufig <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit se<strong>in</strong>em Namen gebraucht<br />

wird. Die neutestamentliche Forschung stimmt weitgehend<br />

dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> e<strong>in</strong>fache Satz: „Jesus ist <strong>der</strong> Herr“ das<br />

früheste Bekenntnis des christlichen Glaubens war (Apg. 2, 36;<br />

Röm. 10, 9. 10; 1. Kor. 12, 3; Phil. 2, 11). Möglicherweise wurde<br />

es von jedem Bekehrten bei <strong>der</strong> Taufe abgelegt. Diese schlichte<br />

Erklärung bedeutet aber ke<strong>in</strong>esfalls e<strong>in</strong> primitives Christusverständnis.<br />

Die griechisch sprechenden Juden gebrauchten<br />

den Titel „Herr“ (kyrios) für Gott. In <strong>der</strong> Septuag<strong>in</strong>ta wird mit<br />

„Kyrios“ nicht nur das hebräische Wort „Adonai“ (Herr), son<strong>der</strong>n<br />

auch Gottes Bundesname „Jahwe“ übersetzt. Für den Leser <strong>der</strong><br />

Septuag<strong>in</strong>ta war daher „Kyrios“ (Herr) <strong>der</strong> übliche Titel für den<br />

Gott des Alten Testaments und bezeichnete ihn als Schöpfer,<br />

Lebensspen<strong>der</strong> und Herrscher über Welt und Menschen. Indem<br />

die Christen Jesus „Herr“ nannten, schrieben sie ihm Göttlichkeit<br />

zu und sahen <strong>in</strong> ihm die höchste Macht und Autorität.<br />

Das Neue Testament sieht <strong>in</strong> Jesus beides: Gott und<br />

Mensch. Es wird nirgends versucht, das Verhältnis dieser<br />

beiden Naturen zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> festzulegen; <strong>der</strong> Hauptton liegt<br />

vielmehr auf Jesu Sendung und Werk. Das Geheimnis se<strong>in</strong>er<br />

Natur wird nicht erklärt. Der geschichtliche Christus wird als<br />

wahrer Gott und wahrer Mensch dargestellt.<br />

Im Laufe des zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts war die Kirche gezwungen,<br />

sich gegen e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige falsche philosophische<br />

S<strong>in</strong>ngebung <strong>der</strong> Menschwerdung Christi abzugrenzen. Gewisse<br />

Gruppen aus dem Judenchristentum sahen <strong>in</strong> Christus lediglich<br />

e<strong>in</strong>en menschlichen Messias und leug-<br />

39


Grundbegriffe von A-Z<br />

neten se<strong>in</strong>e göttliche Natur. Die Doketisten und Gnostiker auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Seite stritten ab, daß er wirklich Mensch war, da sie<br />

alle Materie für böse hielten. Mit diesen Irrlehren mußte die<br />

Kirche fertig werden.<br />

In den Lehrstreitigkeiten des vierten und fünften Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

g<strong>in</strong>g es hauptsächlich um die beiden Fragen: Wie verhält<br />

sich Christus, <strong>der</strong> Sohn, zu Gott, dem Vater, und wie stehen<br />

göttliche und menschliche Natur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Person Jesu Christi<br />

zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>? Arius (250-336) leugnete das Dase<strong>in</strong> Christi von<br />

Ewigkeit her wie auch se<strong>in</strong>e absolute Göttlichkeit. Er sah <strong>in</strong> ihm<br />

lediglich das erste und höchste erschaffene Wesen. Auf dem<br />

Konzil zu Nizäa (325) wurde das Dogma angenommen, daß<br />

Jesus mit dem Vater wesensgleich ist. Dieser Beschluß von<br />

Nicäa bedeutete die Rettung <strong>der</strong> Theologie vor dem Zerfließen<br />

<strong>in</strong> philosophische Spekulationen.<br />

Apoll<strong>in</strong>aris von Laodicea (gest. um 390) auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite betonte mit Nachdruck die Göttlichkeit Christi und bestritt<br />

die Echtheit se<strong>in</strong>er menschlichen Natur. Er lehrte, daß sich bei<br />

<strong>der</strong> Fleischwerdung <strong>der</strong> göttliche Logos (logos = Wort, vgl. Joh.<br />

1, 1) nur mit den körperlichen Elementen <strong>der</strong> menschlichen<br />

Natur, nicht aber mit Geist und Seele verbunden habe. Theodoros<br />

von Mopsuestia (gest. 428) und se<strong>in</strong> Schüler Nestorius<br />

(gest. nach 451) trennten die göttliche und die menschliche<br />

Natur <strong>in</strong> Christus so stark, daß nahezu zwei Personen entstanden.<br />

Diese Lehre wurde 431 auf dem Konzil zu Ephesus<br />

verdammt. Eutychus (gest. 454) vertrat die Auffassung, daß vor<br />

<strong>der</strong> Menschwerdung zwei Naturen <strong>in</strong> Christus waren, daß sie<br />

aber bei se<strong>in</strong>er Geburt zu e<strong>in</strong>er verschmolzen. Auf dem Konzil<br />

zu Chalzedon 451 wurde die offizielle kirchliche Lehre formuliert.<br />

Sie besagt, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Person Jesu Christi e<strong>in</strong>e dauernde<br />

E<strong>in</strong>heit von Göttlichem und Menschlichem bestand, ohne daß<br />

dadurch e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> beiden Naturen bee<strong>in</strong>trächtigt worden wäre:<br />

„... e<strong>in</strong> ... Christus ... <strong>in</strong> zwei Naturen, unvermischt, unverwandelt,<br />

ungeteilt, ungeschieden.“<br />

40


Grundbegriffe von A-Z<br />

E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, so auch<br />

James White und Joseph Bates, waren zuvor Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

„Christian Connection“, e<strong>in</strong>er Kirche, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Natur<br />

Christi e<strong>in</strong>e ähnliche Auffassung vertrat wie Arius. Man bestritt<br />

nicht, daß Christus göttlich war, <strong>der</strong> Schöpfer Himmels und <strong>der</strong><br />

Erde, Sohn Gottes, Herr und Heiland, behauptete jedoch, die<br />

häufig gebrauchten Bezeichnungen „Sohn“ und „Vater“ seien<br />

e<strong>in</strong> Beweis dafür, daß <strong>der</strong> Sohn e<strong>in</strong>en Anfang hatte, wenn auch<br />

<strong>in</strong> unvorstellbar ferner Zeit. Sie behielten ihre Auffassung bei,<br />

auch nachdem sie <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> geworden<br />

waren. Das kommt <strong>in</strong> ihren Schriften zum Ausdruck. Doch nicht<br />

alle <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> teilten diese Auffassung ; es<br />

war auch ke<strong>in</strong> wesentlicher Punkt <strong>der</strong> adventistischen Lehre.<br />

Fast e<strong>in</strong> halbes Jahrhun<strong>der</strong>t bestanden <strong>in</strong> dieser Frage<br />

Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten; offene Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen<br />

wurden jedoch vermieden. Schließlich starb die antitr<strong>in</strong>itarische<br />

Auffassung e<strong>in</strong>es natürlichen Todes. Die beiden führenden<br />

Antitr<strong>in</strong>atrier, James White und Uriah Smith, än<strong>der</strong>ten ihre<br />

Me<strong>in</strong>ung. James White hatte die „alte tr<strong>in</strong>itarische“ Vorstellung,<br />

„daß Jesus Christus wahrer und ewiger Gott“ sei, zuerst<br />

abgelehnt (Review and Herald, 5. August 1852), obwohl er an<br />

die Göttlichkeit Christi glaubte. (a. a. 0-, 8. September 1853)<br />

Später schrieb er, daß sich die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> zur<br />

Göttlichkeit Jesu bekennen und dabei <strong>der</strong> tr<strong>in</strong>itarischen<br />

Auffassung so nahe kommen, daß nur e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Unterschied<br />

zu ihr besteht. (a. a. O., 12. Oktober 1876) An an<strong>der</strong>er Stelle<br />

führte er aus, daß <strong>der</strong> Sohn „mit dem Vater gleich war bei <strong>der</strong><br />

Schöpfung, bei <strong>der</strong> Gesetzgebung und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Herrschaft über<br />

alle vernunftbegabten Wesen“. (a. a. O., 15. Juli 1880) Uriah<br />

Smith nannte <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Auflage se<strong>in</strong>es Buches „Gedanken<br />

über die Offenbarung“ (Thoughts an Revelation) 1867 den<br />

präexistenten Christus „das erste erschaffene Wesen“. Er<br />

näherte sich aber bald <strong>der</strong> Auffassung se<strong>in</strong>er Brü<strong>der</strong> und<br />

än<strong>der</strong>te diese Aussage <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Auflage se<strong>in</strong>er zusammengefaßten<br />

Kommen-<br />

41


Grundbegriffe von A-Z<br />

tare über Daniel und die Offenbarung (1882) dah<strong>in</strong>gehend ab,<br />

daß <strong>der</strong> e<strong>in</strong>geborne Sohn Gottes schwerlich „irgende<strong>in</strong><br />

erschaffenes Wesen im üblichen S<strong>in</strong>n des Wortes“ se<strong>in</strong> könne.<br />

Später verwahrte er sich dagegen, Christus auf die Stufe e<strong>in</strong>es<br />

erschaffenen Wesens herabzusetzen. (Look<strong>in</strong>g unto Jesus<br />

1898) An<strong>der</strong>e frühe adventistische Leiter mit entfernt arianischem<br />

Gedankengut waren J. H. Waggoner, se<strong>in</strong> Sohn E. J.<br />

Waggoner und W. W. Prescott, <strong>der</strong> noch im „Review and<br />

Herald“ vom 14. April 1896 davon sprach, daß Christus zweimal<br />

geboren worden wäre: e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ewigkeit und e<strong>in</strong>mal als<br />

Mensch.<br />

Die Antitr<strong>in</strong>itarier unter den frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> wi<strong>der</strong>setzten sich <strong>der</strong> tr<strong>in</strong>itarischen Auffassung, da<br />

sie nach ihrer Me<strong>in</strong>ung dem gesunden Menschenverstand und<br />

den Aussagen des Neuen Testaments wi<strong>der</strong>spreche, wonach<br />

Christus dem Vater untertan ist. Diese Ansicht sei heidnischen<br />

Ursprungs. Es ist weitgehend dem Schrifttum von E. G. White<br />

zuzuschreiben, daß sich schließlich die tr<strong>in</strong>itarische Auffassung<br />

durchsetzte. Obgleich E. G. White <strong>in</strong> spekulativem theologischem<br />

Denken nicht geschult war, vermied sie <strong>in</strong> all den Jahren<br />

sorgfältig den Streit um die Natur Christi. Sie sah ke<strong>in</strong>e<br />

Veranlassung, sich deswegen mit ihren Mitarbeitern ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Wie<strong>der</strong>holt aber betonte sie Christi Gleichheit mit<br />

Gott. Schon im Jahr 1869 sagte sie: Christus „strahlte im Glanz<br />

<strong>der</strong> Herrlichkeit se<strong>in</strong>es Vaters und war das Ebenbild se<strong>in</strong>es<br />

Wesens. Er besaß göttliche Majestät, Vollkommenheit und<br />

Erhabenheit. Er war dem Allmächtigen gleich.“ (Sch 1200)<br />

1883 beschrieb sie Christus als „die Majestät des Himmels ...<br />

gleich mit Gott“. (SM 1 69) 1888: „Fürst des Himmels, e<strong>in</strong>s mit<br />

dem Vater <strong>in</strong> Macht und Gewalt“ (GK 498); <strong>in</strong> „Signs of the<br />

Times“ vom 27. November 1893: „wesensgleich mit denselben<br />

Eigenschaften“ wie <strong>der</strong> Vater; 1895: „<strong>der</strong> e<strong>in</strong>geborne Sohn<br />

Gottes, <strong>der</strong> mit dem Vater von Ewigkeit her war“, „Gott <strong>der</strong> Herr<br />

... gekleidet <strong>in</strong> Menschlichkeit“; „unendlich und allmächtig, <strong>der</strong><br />

ewige, aus sich selbst lebende Sohn“.<br />

42


Grundbegriffe von A-Z<br />

In ihrem bedeutendsten Werk, „Das Leben Jesu“ (1898),<br />

heißt es: „In Christus ist ursprüngliches, echtes, eigenes<br />

Leben.“ (S.312) Fünf Jahre später sagte sie: „Er hörte nicht auf,<br />

Gott zu se<strong>in</strong>, als er Mensch wurde ... Er behielt die Göttlichkeit<br />

bei.“ (ABC V, 1129) Im „Review and Herald“ vom 5. April 1906<br />

schrieb sie: „Christus war im höchsten S<strong>in</strong>n wesenhaft Gott. Er<br />

war bei Gott seit Ewigkeit ... e<strong>in</strong>e eigene Person, doch e<strong>in</strong>s mit<br />

dem Vater.“<br />

„Christus ist e<strong>in</strong>e vollkommene Darstellung Gottes auf <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>en und e<strong>in</strong>e vollkommene Ersche<strong>in</strong>ung sündlosen<br />

Menschse<strong>in</strong>s auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. So hat er Gottse<strong>in</strong> und<br />

Menschse<strong>in</strong> verbunden.“ (1898)<br />

Über die beiden Naturen sagte sie <strong>in</strong> „Signs oft the Times“<br />

vom 10. Mai 1899, daß Christus „nicht aufhörte, Gott zu se<strong>in</strong>,<br />

als er Mensch wurde. We<strong>der</strong> nahm das Menschliche die Stelle<br />

des Göttlichen noch das Göttliche die Stelle des Menschlichen<br />

e<strong>in</strong> ... Beide Wesenszüge ... waren <strong>in</strong> Christus untrennbar<br />

verbunden und hatten doch ihre spezifische Eigenart.“<br />

E<strong>in</strong>e Überbetonung <strong>der</strong> Göttlichkeit Christi kann dazu führen,<br />

daß se<strong>in</strong> wahres Menschse<strong>in</strong> verdunkelt wird. Die Folge ist,<br />

daß er dann für uns Menschen nicht mehr das Vorbild ist, das<br />

uns Hilfe se<strong>in</strong> will, das Böse zu überw<strong>in</strong>den, so wie er es<br />

überwunden hat. Dazu schreibt E. G. White: „Hätte Gottes Sohn<br />

Menschengestalt angenommen, als Adam noch unschuldig im<br />

Paradiese lebte, so wäre schon das e<strong>in</strong>e unbegreifliche<br />

Herablassung gewesen. Nun aber kam Jesus auf die Erde,<br />

nachdem das Menschengeschlecht bereits vier Jahrtausende<br />

lang durch die Macht <strong>der</strong> Sünde geschwächt worden war. Und<br />

dennoch nahm er die Folgen auf sich, unter denen alle Nachkommen<br />

Adams durch das unerbittliche Gesetz <strong>der</strong> Vererbung<br />

stehen ... Der Heiland nahm die menschliche Natur an mit all<br />

ihren schuldhaften Verstrickungen, selbst auf die Gefahr h<strong>in</strong>, <strong>in</strong><br />

den Versuchungen zu unterliegen. Wir haben nichts zu tragen,<br />

was er nicht erduldet hätte.“ (LJ 17.64)<br />

43


Grundbegriffe von A-Z<br />

Christus wurde von Satan versucht, wie wir versucht werden,<br />

aber „nicht e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Mal gab er diesen vielfältigen<br />

Versuchungen nach ... Er nahm menschliche Natur an und<br />

wurde versucht <strong>in</strong> allen D<strong>in</strong>gen, die <strong>der</strong> menschlichen Natur zur<br />

Versuchung gereichen können. Er hätte sündigen und fallen<br />

können, aber nicht e<strong>in</strong>en Augenblick gab es <strong>in</strong> ihm die Neigung<br />

zum Bösen.“ (E. G. White <strong>in</strong> ABC V, 1129, 1128) Die Heilige<br />

Schrift betont, daß Christus „versucht ist allenthalben gleichwie<br />

wir, doch ohne Sünde“ (Hebr. 4,15).<br />

DANIEL, AUSLEGUNG DES BUCHES<br />

Die Ausleger <strong>der</strong> Weissagungen Daniels lassen sich je nach<br />

ihrem Verständnis <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesem Buch angeführten Ereignisse<br />

<strong>in</strong> drei Gruppen e<strong>in</strong>ordnen.<br />

Drei verschiedene Richtungen <strong>der</strong> Auslegung<br />

Die erste Gruppe sieht <strong>in</strong> Daniels Beschreibung <strong>der</strong> großen<br />

Trübsal und <strong>der</strong> Befreiung daraus im wesentlichen e<strong>in</strong>e<br />

Episode <strong>der</strong> jüdischen Geschichte vor zwei Jahrtausenden, als<br />

Antiochus Epiphanes im Jahr 168 v. Chr. versuchte, die<br />

jüdische Religion abzuschaffen. Antiochus ist für sie das <strong>in</strong> Dan.<br />

7 und 8 beschriebene „kle<strong>in</strong>e Horn“. Die vier Weltreiche nach<br />

Kap. 2 und 7 f<strong>in</strong>den nach ihrer Auffassung ihren Höhepunkt <strong>in</strong><br />

dem griechisch-mazedonischen Reich, <strong>in</strong> dem sie das vierte<br />

Weltreich sehen.<br />

Viele unter diesen Auslegern bestreiten die Echtheit <strong>der</strong><br />

Weissagungen <strong>in</strong> den prophetischen Büchern. Sie schreiben<br />

das Buch Daniel e<strong>in</strong>em unbekannten Verfasser zu, <strong>der</strong> um 165<br />

v. Chr. gelebt und se<strong>in</strong>e Schrift dem Propheten Daniel untergeschoben<br />

habe, um se<strong>in</strong>e jüdischen Landsleute im Kampf gegen<br />

Antiochus Epiphanes anzuspornen. Daniels Prophezeiungen<br />

halten sie für Aussagen, die erst nach dem E<strong>in</strong>treffen <strong>der</strong><br />

vorausgesagten Ereignisse gemacht wurden (vatic<strong>in</strong>um post<br />

eventum). Die bemerkenswerte Ähnlichkeit zwischen bestimmten<br />

E<strong>in</strong>zelheiten <strong>in</strong> Da-<br />

44


Grundbegriffe von A-Z<br />

niels Weissagungen und den Geschehnissen <strong>in</strong> jener kritischen<br />

Zeit <strong>der</strong> jüdischen Geschichte o<strong>der</strong> später während des Krieges<br />

mit Rom gibt dieser Auslegung den Ansche<strong>in</strong> <strong>der</strong> Glaubwürdigkeit.<br />

Aber auch an<strong>der</strong>e, die das Buch Daniel für e<strong>in</strong>e echte<br />

Weissagung halten, sehen die Prophezeiungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit des<br />

Antiochus o<strong>der</strong> des römischen Reiches im ersten christlichen<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t im wesentlichen erfüllt.<br />

Trotz gewisser Ähnlichkeiten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Aspekte <strong>der</strong><br />

Weissagungen Daniels und <strong>der</strong> damit <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebrachten<br />

Geschehnisse um Antiochus haben die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> zw<strong>in</strong>gende Gründe, diese Auslegung abzulehnen.<br />

Antiochus regierte etwa zur Zeit <strong>der</strong> hellenistischen Reiche,<br />

die auf Alexan<strong>der</strong> den Großen folgten, und nicht „gegen<br />

Ende ihrer Herrschaft“ (Dan. 8,23), wie Daniel schreibt. Die<br />

Unterdrückung <strong>der</strong> Juden durch Antiochus war zeitlich begrenzt.<br />

Selbst mit viel Phantasie kann man nicht sagen: Er<br />

„behielt den Sieg über sie, bis <strong>der</strong> kam, <strong>der</strong> uralt war, und Recht<br />

schaffte den Heiligen des Höchsten und bis die Zeit kam, daß<br />

die Heiligen das Reich empf<strong>in</strong>gen“ (Dan. 7, 21.22), so wie es<br />

Daniel ausdrücklich weissagte. Geschichtliche Tatsache ist<br />

vielmehr, daß Gott damals, als die Juden noch se<strong>in</strong> auserwähltes<br />

Volk waren, se<strong>in</strong>e ewige, gerechte Herrschaft nicht aufgerichtet<br />

hat. Antiochus hat sich we<strong>der</strong> als die bee<strong>in</strong>druckende<br />

Gestalt erwiesen, von <strong>der</strong> die Weissagungen Daniels sprechen,<br />

noch war se<strong>in</strong>e Herrschaft <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Weise e<strong>in</strong> Vorspiel<br />

zum messianischen Zeitalter. Darüber h<strong>in</strong>aus erfolgte nicht die<br />

<strong>in</strong> Kap. 12, 2 beschriebene Auferstehung, die unmittelbar nach<br />

dem Sturz des tyrannischen Königs, also nach <strong>der</strong> Vertreibung<br />

des Antiochus aus Judäa e<strong>in</strong>treten sollte. Ke<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Ereignisse<br />

während <strong>der</strong> Unterdrückung <strong>der</strong> Juden durch Antiochus stimmt<br />

mit den Zeitperioden Daniels übere<strong>in</strong>. Der Versuch, Antiochus<br />

mit dem von Daniel erwähnten tyrannischen Fürsten zu<br />

identifizieren, bricht deshalb <strong>in</strong> allen Hauptpunkten <strong>in</strong> sich<br />

zusammen.<br />

45


Grundbegriffe von A-Z<br />

Entscheidend ist jedoch, daß Christus zwei Jahrhun<strong>der</strong>te nach<br />

Antiochus ausdrücklich erklärte, daß <strong>der</strong> von dem tyrannischen<br />

Fürsten angerichtete „Greuel <strong>der</strong> Verwüstung“ noch zukünftig<br />

sei (Matth. 24, 15-20). Daniels Weissagungen auf Antiochus<br />

beziehen, bedeutet also die Auslegung Christi ablehnen.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Gruppe von Auslegern reißt die Weissagungen<br />

des Buches Daniel ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und deutet sie teils auf die<br />

alte Geschichte, teils auf die Zukunft. Sie sieht Antiochus im<br />

„kle<strong>in</strong>en Horn“ von Kap. 8 und bezieht das „kle<strong>in</strong>e Horn“ von<br />

Kap. 7 auf e<strong>in</strong>en Antichristen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endzeit (<strong>der</strong> irgendwie mit<br />

e<strong>in</strong>em römischen vierten Weltreich <strong>in</strong> Beziehung steht). Die<br />

meisten dieser Ausleger s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, daß die Prophetie<br />

nur <strong>in</strong>soweit mit <strong>der</strong> Geschichte zu tun hat, als sie Israel und<br />

das Heilige Land betrifft – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit wie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zukunft. Sie vertreten die Ansicht, daß die Verwerfung <strong>der</strong><br />

jüdischen Nation durch Gott nur zeitweilig war und daß sich<br />

Daniels Weissagung bis zur Zeit Christi, dem Ende <strong>der</strong> 69<br />

„Wochen“ von Kap. 9, 26. 27, erfüllt habe. Zu jener Zeit ist nach<br />

ihrer Auffassung die prophetische Uhr stehengeblieben, um erst<br />

zur Wie<strong>der</strong>kunft Christi o<strong>der</strong> unmittelbar davor weiterzugehen.<br />

Entsprechend diesem Verständnis liegt das ganze christliche<br />

Zeitalter zwischen <strong>der</strong> 69. Woche, nach welcher <strong>der</strong> Messias<br />

„ausgerottet“ wurde, und <strong>der</strong> 70. Woche, <strong>in</strong> <strong>der</strong> das „kle<strong>in</strong>e<br />

Horn“ die ihm zugeschriebenen schrecklichen D<strong>in</strong>ge tun wird. In<br />

<strong>der</strong> Mitte dieser zukünftigen 70. Woche werden die Juden als<br />

Nation wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> ihre Stellung als auserwähltes Volk e<strong>in</strong>gesetzt;<br />

sie müssen e<strong>in</strong>e dreie<strong>in</strong>halbjährige Trübsalszeit durchstehen, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> ihr erneuerter Opferdienst im Tempel abgeschafft werden<br />

wird. Die Vertreter dieser Auffassung sehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gründung<br />

des Staates Israel und <strong>der</strong> Rückkehr von über zwei Millionen<br />

Juden nach Paläst<strong>in</strong>a e<strong>in</strong>en ersten Schritt zur Erfüllung dieser<br />

Weissagungen. Ihr wird zuletzt die Übertragung <strong>der</strong> Weltherrschaft<br />

auf die Juden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em tausendjährigen messianischen<br />

Reich folgen.<br />

46


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Überzeugung, daß die<br />

alttestamentlichen Herrschaftsverheißungen nicht auf die<br />

gegenwärtigen o<strong>der</strong> zukünftigen Juden bezogen werden<br />

können. In diesem Fall müßte man sie völlig aus ihrem literarischen,<br />

historischen und den durch den Alten Bund gegebenen<br />

Zusammenhang lösen. Die Aussagen <strong>der</strong> <strong>in</strong>spirierten Schreiber<br />

schließen e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Anwendung aus, ohne daß e<strong>in</strong>e<br />

Begründung dafür gegeben wird. Nach adventistischer Auffassung<br />

ist die Erfüllung <strong>der</strong> alttestamentlichen Verheißung e<strong>in</strong>er<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung des Bundesverhältnisses und e<strong>in</strong>er allumfassenden<br />

Herrschaft von e<strong>in</strong>deutigen Bed<strong>in</strong>gungen abhängig<br />

(vgl. Jer. 18, 6 bis 10). Als die Juden den Messias verwarfen,<br />

zerbrachen sie den Bund mit Gott (vgl. Matth. 21, 43; 23, 38).<br />

Der e<strong>in</strong>zelne jedoch kann Empfänger <strong>der</strong> göttlichen Gnade<br />

bleiben und gerettet werden, wenn er Christus annimmt. Zum<br />

an<strong>der</strong>n unterstützt die Heilige Schrift nirgends den Gedanken,<br />

daß sich zwischen <strong>der</strong> 69. und 70. „Woche“ von Dan. 9, 26. 27<br />

e<strong>in</strong>e Zeitspanne von zwei Jahrtausenden erstreckt, wie es nach<br />

dieser Auffassung <strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong> müßte.<br />

Zur dritten Gruppe <strong>der</strong> Ausleger gehören die Vertreter <strong>der</strong><br />

frühen Kirche und <strong>der</strong> protestantischen Reformation. Sie g<strong>in</strong>gen<br />

davon aus, daß sich die Prophetie laufend <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte<br />

erfüllt. In den vier Weltreichen von Dan. 2 und 7 erkannten sie<br />

Babylon, Persien, Griechenland und Rom. In den „zehn<br />

Hörnern“ von Kap. 7 sahen sie die Teilung des römischen<br />

Weltreiches <strong>in</strong> zehn kle<strong>in</strong>ere Reiche, aus denen dann <strong>der</strong><br />

Antichrist hervorkommt. Die frühen Christen erwarteten das<br />

Auftreten des Antichrist <strong>in</strong> künftigen Zeiten. Sie glaubten nicht,<br />

daß die Prophetie e<strong>in</strong>e „Kluft“ überspr<strong>in</strong>gt, son<strong>der</strong>n daß sie sich<br />

schon <strong>in</strong> ihren Tagen zu erfüllen beg<strong>in</strong>nt.<br />

Hieronymus (um 400), dessen Danielauslegung maßgebend<br />

für das ganze Mittelalter war, sah <strong>in</strong> <strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>er Zeit<br />

anbrechenden Teilung des römischen Reiches die Erfüllung <strong>der</strong><br />

vorausgesagten zehnfältigen Teilung des vierten Reiches <strong>der</strong><br />

Weissagung. E<strong>in</strong>ige Teilreiche nannte er<br />

47


Grundbegriffe von A-Z<br />

mit Namen. Er erwartete den unmittelbar bevorstehenden<br />

Untergang Roms. Dadurch sollte <strong>der</strong> Weg frei werden für das<br />

„kle<strong>in</strong>e Horn“, den Antichrist, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Macht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche<br />

ausüben und die Heiligen dreie<strong>in</strong>halb wirkliche Jahre bedrängen<br />

würde. Darauf folgten das Gericht und die Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi. Wenige Jahre später jedoch bezog August<strong>in</strong> die<br />

Prophezeiung von dem Gottesreich, das durch den „Ste<strong>in</strong> ohne<br />

Zutun von Menschenhänden“ (Dan. 2, 45) errichtet wird, auf die<br />

Kirche se<strong>in</strong>er Zeit.<br />

Im späten Mittelalter lebte das Interesse an <strong>der</strong> geschichtlichen<br />

Erfüllung <strong>der</strong> Weissagungen wie<strong>der</strong> auf. Zwei neue<br />

Erkenntnisse wurden gewonnen:<br />

1. Das „kle<strong>in</strong>e Horn“ aus Dan. 7 ist das Papsttum (diese<br />

Deutung wurde wahrsche<strong>in</strong>lich erstmals durch Erzbischof<br />

Eberhard II. von Salzburg um 1240 gegeben);<br />

2. die E<strong>in</strong>sicht, daß e<strong>in</strong> Tag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Prophetie e<strong>in</strong>em wirklichen<br />

Jahr entspricht (vgl. 4. Mose 14, 34; Hes. 4, 4-6).<br />

So kam man zu <strong>der</strong> Auffassung, daß das „kle<strong>in</strong>e Horn“ –<br />

gleichgesetzt mit dem „Antichrist“ <strong>der</strong> Johannesbriefe (1. Joh. 2,<br />

18. 22; 4, 3; 2. Joh. 7; 2. Thess. 2, 3) und mit dem „Menschen<br />

<strong>der</strong> Sünde“ – mit e<strong>in</strong>em großen Abfall <strong>in</strong> Zusammenhang steht<br />

und e<strong>in</strong>e religiös-politische Macht se<strong>in</strong> muß. Sie übt Gewalt<br />

über Gottes Volk und wird bis zum Ende <strong>der</strong> Tage bleiben. Die<br />

dreie<strong>in</strong>halb Zeiten dieses Horns wurden als 1260 Jahre<br />

gedeutet. Der Ausgangspunkt für diese Zeitspanne wurde<br />

allerd<strong>in</strong>gs verschieden angesetzt. Doch die Gefangennahme<br />

und Verbannung von Papst Plus VI. durch die Franzosen im<br />

Jahr 1798 und se<strong>in</strong> Tod ohne unmittelbaren Nachfolger führte<br />

e<strong>in</strong>e Reihe von Auslegern dazu, <strong>in</strong> diesem Ereignis das Ende<br />

<strong>der</strong> 1260 Jahrtage zu sehen.<br />

Die 2300 Tage und 70 Wochen<br />

In den Jahrzehnten nach 1798 erwachte e<strong>in</strong> verstärktes<br />

Interesse an <strong>der</strong> Frage, wann die als Jahre gezählten 2300<br />

Tage von Dan. 8, 14 enden sollten und welche Beziehung<br />

zwischen ihnen und den 70 Wochen von Kap. 9 bestünde.<br />

48


Grundbegriffe von A-Z<br />

Seit langem schon gab es weitgehende Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

dar<strong>in</strong>, daß die 70 Wochen „Wochen von Jahren“ seien und <strong>der</strong><br />

Tod Christi <strong>in</strong> <strong>der</strong> 70. Woche erfolgt sei. Zahlreiche Ausleger<br />

<strong>der</strong> europäischen Erweckungsbewegung Anfang des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts folgten dem reformierten Pfarrer Johann Petri<br />

(1718 bis 1792), <strong>der</strong> <strong>in</strong> den 70 Wochen von Dan. 9 den<br />

Schlüssel zu den 2300 Tagen von Dan. 8, 14 erkannte und für<br />

beide Zeitabschnitte e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Anfangsdatum annahm.<br />

Viele von ihnen g<strong>in</strong>gen von dem Jahr 457 v. Chr. als Anfangsjahr<br />

aus und sahen <strong>in</strong> dem Jahr 33 bzw. 34 n. Chr. das Ende<br />

<strong>der</strong> 70 Wochen, wobei sie die Kreuzigung Jesu entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Mitte o<strong>der</strong> am Ende <strong>der</strong> 70. Woche ansetzten. Das Ende <strong>der</strong><br />

2300 Jahre erwarteten sie für die Jahre 1843, 1844 o<strong>der</strong> 1847.<br />

Das „kle<strong>in</strong>e Horn“ von Dan. 8 deuteten sie auf das Papsttum<br />

o<strong>der</strong> den Islam. Verschieden aber waren die Standpunkte<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Ereignisse am Ende <strong>der</strong> 2300 Jahre. Die Weihe<br />

bzw. Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums nach Dan. 8, 14 wurde entwe<strong>der</strong><br />

als Befreiung Paläst<strong>in</strong>as aus <strong>der</strong> Hand <strong>der</strong> Moslems, als<br />

Fall des Papsttums, als Re<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Kirche, als Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>setzung<br />

<strong>der</strong> Juden, als Beg<strong>in</strong>n des Tausendjährigen Reiches<br />

o<strong>der</strong> als Wie<strong>der</strong>kunft Christi erklärt. William Miller verkündigte,<br />

daß das Ende <strong>der</strong> 2300 Jahre gleichbedeutend ist mit <strong>der</strong><br />

Re<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Erde durch Feuer bei Christi Wie<strong>der</strong>kunft, was<br />

„um das Jahr 1843“ geschähe. Zugleich lehnte er zwei weitverbreitete<br />

Auffassungen über das Reich Gottes auf Erden ab:<br />

1. daß e<strong>in</strong> goldenes Zeitalter <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi vorausgehe<br />

und<br />

2. daß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Reich, das nach Christi Wie<strong>der</strong>kunft aufgerichtet<br />

wird, die Juden ihre alte führende Stellung e<strong>in</strong>nehmen<br />

werden. Er war vielmehr überzeugt davon, daß mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi die Gnadenzeit beendet ist und damit das<br />

ewige Reich Gottes auf e<strong>in</strong>er erneuerten Erde beg<strong>in</strong>nt.<br />

Die Brücke zwischen <strong>der</strong> Auslegung Millers und <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

wurde durch die Erläuterung von<br />

49


Grundbegriffe von A-Z<br />

Hiram Edson nach <strong>der</strong> großen Enttäuschung von 1844 geschlagen<br />

(nie<strong>der</strong>geschrieben von O. R. L. Crosier nach<br />

geme<strong>in</strong>samem Studium mit Hiram Edson und Dr. F. B. Hahn).<br />

Dar<strong>in</strong> wird gezeigt, daß sich das <strong>in</strong> Dan. 8, 14 erwähnte<br />

Heiligtum auf das himmlische Heiligtum des Hebräerbriefes<br />

bezieht. („Day-Star" vom 7. Februar 1846)<br />

Zur Zeit William Millers stimmten die Ausleger weitgehend<br />

dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, daß sich <strong>der</strong> erste Teil von Dan. 11 auf die<br />

Ptolemäer und Seleukiden beziehe; nicht e<strong>in</strong>ig waren sie sich<br />

aber, an welcher Stelle Rom e<strong>in</strong>zufügen sei. Miller bezog den<br />

eigenwilligen König von Dan. 11, 36 auf das Papsttum, den<br />

„König des Nordens“ von Vers 40 auf England und sah <strong>in</strong> den<br />

Versen 40-45 e<strong>in</strong>e Anspielung auf Napoleon. Fast e<strong>in</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

lang war die Me<strong>in</strong>ung unter den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> geteilt, ob <strong>der</strong> zweite Teil von Dan. 11 als H<strong>in</strong>weis<br />

auf das Papsttum o<strong>der</strong> auf die Türken zu beziehen sei. James<br />

White sah <strong>in</strong> <strong>der</strong> dort beschriebenen Macht das Papsttum<br />

verkörpert, Uriah Smith jedoch die Türken. In se<strong>in</strong>er klassischen<br />

Auslegung „Gedanken über Daniel“ (Thoughts on Daniel,<br />

erschienen im „Review and Herald“ von Januar 1869 bis Juli<br />

1871) lebte Smith’s Auffassung e<strong>in</strong> dreiviertel Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

weiter. Viele <strong>Adventisten</strong> folgen heute <strong>der</strong> von White vertretenen<br />

Anschauung.<br />

Das adventistische Verständnis des Buches Daniel<br />

Die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> folgen <strong>der</strong> Auffassung, daß<br />

sich die Prophetie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte fortschreitend erfüllt. Sie<br />

sehen <strong>in</strong> den Nationen des Standbildes aus Dan. 2 das<br />

babylonische, medo-persische, griechische und römische<br />

Weltreich und <strong>in</strong> den zehn Zehen die auf Rom folgenden<br />

germanischen Reiche, aus denen sich die heutigen europäischen<br />

Nationalstaaten entwickelten. Der „Ste<strong>in</strong>“, <strong>der</strong> das<br />

Standbild zerstört, ist Christi ewiges Reich. Es wird zu e<strong>in</strong>em<br />

„großen Berg“, das „die ganze Welt füllt“. Dieselbe Aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>folge<br />

<strong>der</strong> politischen Mächte wird durch die vier Tiere von Kap.<br />

7 dargestellt, wobei die<br />

50


Grundbegriffe von A-Z<br />

zehn Hörner auf die Reiche zur Zeit des römischen Imperiums<br />

und das kle<strong>in</strong>e Horn aus Dan. 7 auf das Papsttum h<strong>in</strong>weisen.<br />

Nach adventistischem Verständnis ist das große Horn des<br />

griechischen Ziegenbocks <strong>in</strong> Kap. 8 Alexan<strong>der</strong> <strong>der</strong> Große (das<br />

Kapitel selbst deutet den Wid<strong>der</strong> und den Ziegenbock als<br />

Symbole für das persische und das griechische Weltreich), die<br />

vier Hörner stellen die vier hellenistischen Reiche dar, <strong>in</strong> die<br />

das griechische Weltreich zerfiel. Das kle<strong>in</strong>e Horn aus Kap. 8,<br />

das „sehr groß“ wurde, stellt Rom sowohl <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er kaiserlichen<br />

wie auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er päpstlichen Phase dar mit dem Schwerpunkt<br />

auf <strong>der</strong> letzteren. Unter <strong>der</strong> Weihe bzw. Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums<br />

<strong>in</strong> Vers 14 wird das Tilgen aller bekannten und vergebenen<br />

Sünden aus den Aufzeichnungen des himmlischen<br />

Heiligtums verstanden, das am Ende <strong>der</strong> 2300 „Abende und<br />

Morgen“ im Jahre 1844 begann.<br />

Nach adventistischem Verständnis ist die Erklärung des<br />

Engels <strong>in</strong> Kap. 9, 24-27 e<strong>in</strong>e Fortsetzung <strong>der</strong> Erklärung <strong>der</strong><br />

Vision, die mit dem 8. Kap. begann. Allerd<strong>in</strong>gs wird dabei <strong>der</strong><br />

Nachdruck gelegt auf die „70 Wochen“ o<strong>der</strong> 490 Jahre, die als<br />

erster Teil von den 2300 Jahren (Dan. 8, 14) abgeschnitten<br />

wurden und über die jüdische Nation „verhängt“ s<strong>in</strong>d. In dem<br />

Befehl König Artaxerxes’ aus dem Jahr 457 v. Chr., <strong>in</strong> Jerusalem<br />

jüdische Ordnung und Selbstverwaltung wie<strong>der</strong>herzustellen,<br />

wird <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 70 Wochen o<strong>der</strong> 49 Jahre gesehen.<br />

Diese fanden ihr Ende im Jahre 34 n. Chr. Die Kreuzigung<br />

Christi ereignete sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 70. Woche im Jahr 31.<br />

Das 11. Kapitel ist e<strong>in</strong> Abriß <strong>der</strong> Geschichte, die mit den<br />

Königen des „Nordens“ und des „Südens“ als den Herrscherhäusern<br />

<strong>der</strong> Seleukiden und Ptolemäer <strong>in</strong> Syrien und Ägypten<br />

begann. Die Ausführungen von Vers 14 an werden allgeme<strong>in</strong><br />

als e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf Rom verstanden. Die Verse 36-39 beziehen<br />

die e<strong>in</strong>en auf das Papsttum und die von ihm ausgelöste<br />

Verfolgung des Volkes Gottes, die an<strong>der</strong>n auf die Französische<br />

Revolution. Die letzten Verse des Kapitels werden von vielen<br />

als e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf das<br />

51


Grundbegriffe von A-Z<br />

Papsttum „zur Zeit des Endes“ (Vers 40) angesehen, die 1798<br />

beg<strong>in</strong>nt, und zwar nach Ablauf <strong>der</strong> dreie<strong>in</strong>halb „Zeiten“ o<strong>der</strong><br />

1260 Jahr/Tage aus Daniels Weissagungen. An<strong>der</strong>e s<strong>in</strong>d<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, daß sich diese Verse auf die Türken<br />

beziehen. Kap. 12, 1, wo sich Christus „aufmacht“, wird als<br />

Ende se<strong>in</strong>es himmlischen Mittlerdienstes und <strong>der</strong> Gnadenzeit<br />

gedeutet. Die <strong>in</strong> Dan. 12, 1 vorausgesagte Befreiung des<br />

Volkes Gottes durch Christus wird mit den Prophezeiungen des<br />

letzten Bibelbuches, <strong>der</strong> Offenbarung, <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht.<br />

Daniel wurde angewiesen: „Verbirg diese Worte, und versiegle<br />

dies Buch bis auf die letzte Zeit“ (Dan. 12, 4). Das<br />

schließt e<strong>in</strong>, daß dieses Buch bis zu jener Zeit nicht verstanden<br />

werden konnte. Erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endzeit sollte sich das angesichts<br />

aktueller geschichtlicher Erfüllungen än<strong>der</strong>n. Aber nicht alles<br />

wurde versiegelt; denn die Mitteilung des Engels bezog sich auf<br />

bestimmte Symbole für bestimmte Nationen und Personen<br />

(Kap. 8, 20-22; 11, 2). <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben,<br />

daß die Weissagungen Daniels ergänzt werden durch die<br />

Offenbarung des Johannes, das letzte Buch <strong>der</strong> Bibel.<br />

Siehe: Tägliche Opfer (das), Zweitausenddreihun<strong>der</strong>t Tage<br />

DIE DREI-ENGEL-BOTSCHAFTEN<br />

Die <strong>in</strong> Offb. 14, 6-11 enthaltenen prophetischen Botschaften,<br />

s<strong>in</strong>nbildlich getragen von Engeln, die „mitten durch den Himmel“<br />

fliegen, s<strong>in</strong>d auch unter <strong>der</strong> Bezeichnung „Drei-Engel-<br />

Botschaften“ bekannt. Sie stellen Gottes letzten Mahnruf an die<br />

Welt dar, s<strong>in</strong>d also ke<strong>in</strong>e neue Lehre, son<strong>der</strong>n das „ewige<br />

Evangelium“, das zu allen Zeiten verkündigt wurde. Sie for<strong>der</strong>n<br />

dazu auf, die Erlösung <strong>in</strong> Christus anzunehmen und sich auf die<br />

unmittelbar bevorstehende Wie<strong>der</strong>kunft des Herrn vorzubereiten.<br />

Die Christenheit hat das Evangelium verraten, <strong>in</strong>dem sie<br />

Menschenlehren dem geoffenbarten Wort Gottes über-<br />

52


Grundbegriffe von A-Z<br />

ordnete. Dieser Abfall wurde von den Aposteln vorausgesagt<br />

(1. Tim. 4, 1: „... <strong>in</strong> den späteren Zeiten“). Die Reformation<br />

brachte e<strong>in</strong>e teilweise Wie<strong>der</strong>herstellung, obwohl wichtige<br />

Glaubenspunkte noch unbeachtet blieben o<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e Anerkennung<br />

erlangten (Glaubenstaufe, Unsterblichkeit als Gnadengeschenk,<br />

<strong>der</strong> wahre Ruhetag usw.). Es bedurfte daher e<strong>in</strong>er<br />

Vollendung <strong>der</strong> Reformation durch die Drei-Engel-Botschaften<br />

<strong>in</strong> Offb. 14, 6-12.<br />

Die Botschaft des ersten Engels (Offb. 14, 6. 7) enthält<br />

den H<strong>in</strong>weis auf die Verkündigung des „ewigen Evangeliums“<br />

von <strong>der</strong> Erlösung durch Jesus Christus <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Stunde se<strong>in</strong>es<br />

Gerichts“. E<strong>in</strong> letztes Mal werden Menschen aufgefor<strong>der</strong>t, Gott<br />

zu fürchten, ihm die Ehre zu geben und ihn anzubeten, damit<br />

sie im Gericht nicht unter das Verdammungsurteil fallen. Als<br />

Begründung für die Anbetung Gottes wird die Tatsache<br />

erwähnt, daß Gott „gemacht hat Himmel und Erde“ und den<br />

Menschen. Gottes Rechtsprechung über die Menschheit wird<br />

doppelt begründet: e<strong>in</strong>mal ist er ihr Schöpfer und zum an<strong>der</strong>n<br />

ihr Richter.<br />

Die Botschaft des zweiten Engels (Offb. 14, 8) enthält die<br />

ernste Ankündigung, daß das geheimnisvolle Babylon gefallen<br />

ist. Sie, die „große Stadt“, „hat mit dem Zorneswe<strong>in</strong> ihrer<br />

Unzucht getränkt alle Völker“. Das ist die Ursache für ihren Fall.<br />

Sie hat alle Nationen <strong>der</strong> Erde verführt. In Offb. 17 wird das<br />

geheimnisvolle Babylon als Hure dargestellt, die Menschen<br />

unterdrückt und sie „trunken“ macht mit „dem We<strong>in</strong> ihrer<br />

Unzucht“ (Verse 1.2). Sie arbeitet mit dem „scharlachfarbnen<br />

Tier“ und den „Königen auf Erden“ zusammen, um die Heiligen<br />

zu vernichten. Sie streitet „wi<strong>der</strong> das Lamm, und das Lamm<br />

wird sie überw<strong>in</strong>den“ (Vers 14). So verfallen Babylon und die<br />

„Könige auf Erden“ dem Gericht und <strong>der</strong> Vernichtung.<br />

Babylons Fall wird <strong>in</strong> Offb. 18 noch e<strong>in</strong>mal angekündigt.<br />

Er wird als die Folge ihrer Sünde, ihres Frevels und ihrer<br />

unlauteren Beziehungen zu den Königen auf Erden dargestellt,<br />

durch die sie alle Nationen verführt, „von dem Zorneswe<strong>in</strong> ihrer<br />

Hurerei“ zu tr<strong>in</strong>ken. Deshalb ruft Gott<br />

53


Grundbegriffe von A-Z<br />

se<strong>in</strong> Volk auf, sich von Babel zu trennen, „daß ihr nicht teilhaftig<br />

werdet ihrer Sünden, auf daß ihr nicht empfanget etwas von<br />

ihren Plagen“ (Verse 1-4). Das „Gericht über die große Hure“<br />

(Offb. 17 und 18) ist eng verknüpft mit dem vom zweiten Engel<br />

angekündigten Fall Babylons und <strong>der</strong> bevorstehenden „Stunde<br />

se<strong>in</strong>es Gerichts“ (Offb. 14, 7), die <strong>der</strong> erste Engel erwähnt. Das<br />

geheimnisvolle Babel ist gefallen, und Gott erklärt, daß die Zeit<br />

se<strong>in</strong>es Gerichts gekommen ist. Damit for<strong>der</strong>t er alle, die zu<br />

se<strong>in</strong>em Volk gehören wollen, auf, auszugehen von Babylon, um<br />

dem Strafgericht zu entr<strong>in</strong>nen.<br />

Der dritte Engel (Offb. 14, 9-11) kündigt die Ausgießung<br />

des lauteren, d. h. durch ke<strong>in</strong>e Gnade mehr gemil<strong>der</strong>ten Zornes<br />

Gottes an über alle, die das Tier und se<strong>in</strong> Bild anbeten und<br />

dessen Malzeichen annehmen. Das Gericht Gottes, das nun<br />

über sie ergeht, wird als Qual mit „Feuer und Schwefel“<br />

beschrieben. Wer die drei Botschaften beachtet und sich<br />

weigert, das Tier und se<strong>in</strong> Bild anzubeten, auch dessen<br />

Malzeichen nicht annimmt, wird zu den „Heiligen“ gehören. Die<br />

an<strong>der</strong>n, die diese Botschaften verwerfen, das Tier und se<strong>in</strong> Bild<br />

anbeten und se<strong>in</strong> Malzeichen annehmen, werden von den<br />

sieben letzten Plagen heimgesucht (Offb. 14, 12; 15, 2; 16).<br />

Von ihnen wird gesagt: Sie „s<strong>in</strong>d trunken geworden von dem<br />

We<strong>in</strong> ihrer Unzucht“ (Offb. 17, 2).<br />

Die drei Engel „fliegen mitten durch den Himmel“ und verkündigen<br />

ihre Botschaften allen Nationen und Sprachen (Offb.<br />

14, 6). Es ist Gottes letzte E<strong>in</strong>ladung, das „ewige Evangelium“<br />

anzunehmen, und zugleich se<strong>in</strong>e letzte Warnung vor dem<br />

„We<strong>in</strong>“ Babylons und den Gerichten, die über sie here<strong>in</strong>brechen<br />

werden. Unmittelbar nach <strong>der</strong> Verkündigung dieser Botschaften<br />

gehen Gottes Strafgerichte hernie<strong>der</strong> über alle, die ihr Heil <strong>in</strong><br />

Babylon gesucht haben. Danach wird Christus ersche<strong>in</strong>en <strong>in</strong><br />

den Wolken des Himmels.<br />

In <strong>der</strong> nachreformatorischen Zeit wurden diese drei Botschaften<br />

gelegentlich auf bestimmte Reformatoren o<strong>der</strong><br />

54


Grundbegriffe von A-Z<br />

auf vor- bzw. nachreformatorische Prediger bezogen. Als<br />

Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>in</strong> <strong>der</strong> Adventhoffnung jene große<br />

Sehnsucht nach Jesu Wie<strong>der</strong>kunft erneut lebendig wurde,<br />

wandte man diese Symbole häufig auf Ersche<strong>in</strong>ungen jener<br />

Zeit an. Viele angelsächsische Ausleger <strong>der</strong> Prophetie sahen <strong>in</strong><br />

dem ersten Engel die neuen Bemühungen zu e<strong>in</strong>er weltweiten<br />

Ausbreitung des Evangeliums durch Bibel. und Missionsgesellschaften<br />

und <strong>der</strong>en Verkündigung <strong>der</strong> nahen Wie<strong>der</strong>kunft Jesu<br />

(<strong>der</strong> „Stunde se<strong>in</strong>es Gerichts“). E<strong>in</strong>ige schlossen auch die<br />

zweite und dritte Botschaft mit e<strong>in</strong>; an<strong>der</strong>e sahen <strong>der</strong>en<br />

Erfüllung als noch zukünftig an.<br />

Die Adventgläubigen <strong>in</strong> Nordamerika, oft auch Milleriten<br />

genannt, waren davon überzeugt, daß sie selbst die Botschaft<br />

des ersten Engels verkündigten: „... die Stunde se<strong>in</strong>es Gerichts<br />

ist gekommen.“ Manche unter ihnen erklärten, daß sie bereits<br />

1844 die zweite Botschaft verkündigten: „Babylon ist gefallen!“<br />

Damals verließen viele ihre Kirchen o<strong>der</strong> wurden von ihnen<br />

ausgeschlossen. Die ersten <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

glaubten, daß Miller und se<strong>in</strong>e Anhänger und auch an<strong>der</strong>e die<br />

ersten beiden Engelbotschaften gepredigt hätten, sie selbst<br />

aber die dritte verkündigten.<br />

James White faßte diese drei Abschnitte folgen<strong>der</strong>maßen<br />

zusammen: Die Botschaft des ersten Engels war e<strong>in</strong>e Verkündigung<br />

an die Kirchen und an die Welt, um e<strong>in</strong> Volk zu sammeln,<br />

das sich auf die nahe Wie<strong>der</strong>kunft Christi vorbereitet. Als<br />

sich die Kirchen jedoch diesem Ruf verschlossen, war <strong>der</strong> Weg<br />

frei für die zweite Botschaft: Babylon ist gefallen! sowie für die<br />

Auffor<strong>der</strong>ung, aus Babylon auszugehen. Die meisten Führer<br />

<strong>der</strong> Millerbewegung stimmten allerd<strong>in</strong>gs dieser Auslegung nicht<br />

zu. Nach den Worten von James White folgte die durch die<br />

Sabbatfrage ausgelöste Bewegung unmittelbar <strong>der</strong> zweiten<br />

Botschaft, die „uns herausrief ... dah<strong>in</strong>, wo wir heute <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Furcht Gottes frei denken und handeln können“. (Present Truth,<br />

April 1850)<br />

55


Grundbegriffe von A-Z<br />

Der dritte Engel warnt davor, das Tier und se<strong>in</strong> Bild anzubeten.<br />

Die „Heiligen“ <strong>der</strong> Endzeit kennzeichnet er als „die da<br />

halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus“ (Offb. 14,<br />

12) und die sich weigern, das Malzeichen des Tiere anzunehmen.<br />

Diese dritte Botschaft verknüpften die ersten <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> mit dem vierten Gebot. Auf die Beziehung<br />

zwischen dritter Engelsbotschaft und Sabbatgebot g<strong>in</strong>g Joseph<br />

Bates 1847 <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schrift „Der <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Sabbat“ (The<br />

Seventh Day Sabbath) e<strong>in</strong>. Und James White mahnte e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich,<br />

daß „wir e<strong>in</strong>e völlige Vergebung unserer Übertretungen<br />

und Fehler suchen müssen durch die Versöhnung Jesu Christi,<br />

solange er mit se<strong>in</strong>em Blut vor dem Vater für uns e<strong>in</strong>tritt“,<br />

(Present Truth, April 1850)<br />

Als sich diese adventistische Auffassung weiter vertiefte,<br />

wurde die Botschaft des dritten Engels nicht nur als Krönung<br />

aller drei verstanden, son<strong>der</strong>n auch als Zusammenfassung <strong>der</strong><br />

Drei-Engel-Botschaften. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen es<br />

als ihre Aufgabe an, das ewige Evangelium „allen Nationen und<br />

Geschlechtern und Sprachen und Völkern“ zu verkündigen und<br />

sie aufzufor<strong>der</strong>n, Gott als Schöpfer anzubeten; „denn die<br />

Stunde se<strong>in</strong>es Gerichts ist gekommen“ (als Untersuchungsgericht<br />

verstanden). In <strong>der</strong> letzten Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung um die<br />

Anbetung des Tieres gilt es festzubleiben und unerschütterlich<br />

auf dem christlichen Grund des Gehorsams gegenüber den<br />

Geboten Gottes und des Glaubens an Jesus zu stehen.<br />

Siehe: Babylon, Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Übrigen, Offenbarung (Auslegung<br />

des Buches)<br />

ERLÖSUNG<br />

Erlösung setzt Gebundenheit o<strong>der</strong> Sklaverei voraus, die durch<br />

Sünde, Tod und Teufel verursacht wurden. Seit Adams Fall gab<br />

es ke<strong>in</strong>en Menschen auf Erden, <strong>der</strong> nicht „unter die Sünde<br />

verkauft“ war (Röm. 7, 14). Der angerichtete Schaden erstreckt<br />

sich auf Leib, Seele und Geist:<br />

56


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Das ganze Haupt ist krank, das ganze Herz ist matt. Von <strong>der</strong><br />

Fußsohle bis zum Haupt ist nichts Gesundes“ (Jes. 1, 5.6).<br />

Zugleich ist die Sünde Ursache von „Gottes Zorn“ über den<br />

Menschen (Röm. 1, 18). Ausdruck dieser Verlorenheit durch die<br />

Sünde ist <strong>der</strong> Aufschrei <strong>in</strong> Röm. 7, 24: „Ich elen<strong>der</strong> Mensch!<br />

Wer wird mich erlösen vom Leibe dieses Todes?“<br />

„Der griechische Ausdruck (erlösen) bedeutet ursprünglich:<br />

loskaufen. Nach dem im Altertum geltenden strengen<br />

Schuldrecht kam <strong>der</strong> zahlungsunfähige Schuldner <strong>in</strong>s Gefängnis<br />

(<strong>in</strong> die Schuldhaft) o<strong>der</strong> er wurde zum Sklaven. Er konnte<br />

nur freikommen, wenn jemand dem Gläubiger die Schuldsumme<br />

(als Lösegeld, Loskaufpreis) erstattete ...“ (R. Luther)<br />

So ist Erlösung nicht nur Vergebung <strong>der</strong> Schuld, son<strong>der</strong>n<br />

auch Befreiung von <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> Sünde. Der Mensch<br />

unter <strong>der</strong> Macht des Bösen ist unfähig, Gottes Willen zu tun und<br />

über die Sünde zu siegen (Röm. 8, 7). Stellt er sich aber unter<br />

die Herrschaft Christi, so befreit ihn <strong>der</strong> Herr aus <strong>der</strong> Macht <strong>der</strong><br />

Sünde (Joh. 8, 36). Die Erlösung bewirkt also e<strong>in</strong> Doppeltes:<br />

1. Wegnahme von Schuld und Strafe<br />

2. Gabe des neuen Lebens.<br />

Der Gottessohn trägt die Bezeichnung „Retter“, „Heiland“,<br />

weil nur er Rettung anbieten kann. Niemals „erlöst“ <strong>der</strong> Tod,<br />

son<strong>der</strong>n alle<strong>in</strong> Christus. Die Versöhnung ist e<strong>in</strong> Geschenk<br />

Gottes; sie geschieht aus Gnaden und war und ist niemals<br />

durch fromme Leistung zu erlangen.<br />

Im Neuen Testament wird die Befreiung aus Sündennot <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Zeitform <strong>der</strong> Gegenwart und <strong>der</strong> Zukunft beschrieben, d. h.,<br />

wir s<strong>in</strong>d erlöst und werden erlöst. Damit wird klar zum Ausdruck<br />

gebracht, daß wir bereits jetzt durch die Wie<strong>der</strong>geburt <strong>in</strong> die<br />

Gottesk<strong>in</strong>dschaft aufgenommen s<strong>in</strong>d; aber erst die Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Jesu br<strong>in</strong>gt die Zusammenführung <strong>der</strong> Familie Gottes. Der<br />

Erlöste darf sich <strong>der</strong> Heilsgewißheit erfreuen und wird zugleich<br />

mit gespannter Erwartung <strong>der</strong> Neuordnung unserer Welt<br />

entgegenschauen.<br />

57


Grundbegriffe von A-Z<br />

Ohne solchen Hoffnungsblick wäre die Erlösung nur e<strong>in</strong><br />

Trugbild. – Die Freisprechung des Sün<strong>der</strong>s von <strong>der</strong> Verdammnis<br />

wird Rechtfertigung, die Neuwerdung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ges<strong>in</strong>nung<br />

Heiligung und das Geschenk künftiger Unsterblichkeit Verherrlichung<br />

genannt.<br />

Gottes Plan für unsere Erlösung wurde gefaßt, „ehe <strong>der</strong><br />

Welt Grund gelegt war“ (Eph. 1, 4). Im Alten Testament war die<br />

göttliche Absicht <strong>der</strong> Erlösung nicht unbekannt. Die Opferordnung<br />

am Heiligtum spiegelte <strong>in</strong> schatten- haften Umrissen den<br />

Vorgang wi<strong>der</strong>, <strong>der</strong> uns im Kreuzesweg Jesu das Heil wesenhaft<br />

brachte. Nicht durch den Haß se<strong>in</strong>er Fe<strong>in</strong>de starb Jesus<br />

am Kreuz. „Niemand nimmt es (me<strong>in</strong> Leben) von mir, son<strong>der</strong>n<br />

ich lasse es von mir selber“ (Joh. 10, 18), hatte Jesus zuvor<br />

erklärt. Deshalb war se<strong>in</strong> Sterben genauso wie se<strong>in</strong> Leben<br />

prophezeiter Gotteswille. Se<strong>in</strong> ganzes Menschse<strong>in</strong> war darauf<br />

ausgerichtet, „für unsere Sünden“ zu sterben. Das war <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zige Weg zur Versöhnung unsrer Sünden, zu unserer<br />

Erlösung. Am Kreuz auf Golgatha richtete Gott die Sünde und<br />

bewies damit se<strong>in</strong>e unwandelbare Gerechtigkeit. Daß er das<br />

aber an se<strong>in</strong>em Sohn tat, <strong>der</strong> sich „für uns zur Sünde“ machen<br />

ließ, offenbart die unendliche Liebe des Himmels.<br />

„Weil nun die K<strong>in</strong><strong>der</strong> Fleisch und Blut haben, ist auch er<br />

<strong>der</strong> gleichen Art teilhaftig geworden, damit er durch se<strong>in</strong>en Tod<br />

die Macht nähme dem, <strong>der</strong> des Todes Gewalt hatte, das ist <strong>der</strong><br />

Teufel, und erlöste die, so durch Furcht vor dem Tode im<br />

ganzen Leben Knechte se<strong>in</strong> mußten“ (Hebr. 2, 14. 15).<br />

Durch den Opfertod Jesu wurde die Herrschaft Satans<br />

gebrochen („<strong>der</strong> des Todes Gewalt hatte“). Nun braucht ke<strong>in</strong><br />

Nachfolger Jesu mehr Furcht vor dem Tode zu haben. Wo vom<br />

Tod als Sold <strong>der</strong> Sünde gesprochen wird, muß nun auch die<br />

Gabe Gottes, das ewige Leben <strong>in</strong> Christus, genannt werden.<br />

Das Geheimnis <strong>der</strong> Erlösung umreißt Paulus mit den Worten:<br />

„... welcher ist um unsrer Sünden willen dah<strong>in</strong>gegeben und um<br />

unsrer Rechtfertigung willen auferweckt“ (Röm. 4, 25).<br />

58


Grundbegriffe von A-Z<br />

Es wäre e<strong>in</strong>e Verkürzung des Erlösungswerkes, wollte<br />

man es nur auf das Ereignis von Golgatha beschränken; Jesu<br />

Mittlerdienst nach se<strong>in</strong>er Himmelfahrt gehört ebenso dazu. Der<br />

e<strong>in</strong>zigartigen Bedeutung des Erlösungsplanes wird man nur<br />

gerecht, wenn das Leben und Sterben Jesu auf Erden und se<strong>in</strong><br />

Wirken als himmlischer Hoherpriester als untrennbare E<strong>in</strong>heit<br />

geschaut wird. Die Botschaft des Hebräerbriefes darf dabei<br />

nicht unberücksichtigt bleiben.<br />

Erlösung ist e<strong>in</strong>e freie Gabe <strong>der</strong> Gnade Gottes. Sie wird<br />

zwar unterschiedslos allen angeboten durch den Glauben an<br />

Christus. Wirklichkeit wird sie aber nur im Leben <strong>der</strong>er, die sie<br />

<strong>in</strong> freier Entscheidung annehmen. Niemand kann Erlösung für<br />

e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>n empfangen (Ps. 49, 8. 9), und nur während se<strong>in</strong>er<br />

Lebenszeit hat <strong>der</strong> Mensch dazu die Möglichkeit. Das göttliche<br />

„Heute, wenn ihr se<strong>in</strong>e Stimme hören werdet ...“ (Hebr. 3, 15)<br />

mahnt und warnt vor jedem H<strong>in</strong>ausschieben.<br />

Das Endziel <strong>der</strong> Erlösung ist die Wie<strong>der</strong>herstellung des<br />

Ebenbildes Gottes im Menschen, die Austilgung <strong>der</strong> Sünde aus<br />

dem Universum, die Bestätigung <strong>der</strong> unendlichen Liebe und<br />

Gerechtigkeit Gottes vor allen erschaffenen Wesen und die<br />

Aufrichtung e<strong>in</strong>es umfassenden Friedens im ganzen Weltall mit<br />

ewiggültiger Sicherheit.<br />

EWIGES LEBEN<br />

Unter „ewigem Leben“ verstehen wir e<strong>in</strong> Leben ohne Ende, das<br />

denen verheißen wird, die an Jesus Christus glauben und se<strong>in</strong>e<br />

rettende Gnade annehmen (Joh. 3, 15. 16; Tit. 1, 2; 1. Joh. 5,<br />

11). Das hebräische Wort „olam“, das meist mit „ewig“ o<strong>der</strong><br />

„fortwährend“ übersetzt wird, bedeutete ursprünglich „etwas<br />

Verborgenes“ und bezeichnet somit e<strong>in</strong>e lange Zeitspanne,<br />

<strong>der</strong>en Grenzen unbekannt o<strong>der</strong> verborgen s<strong>in</strong>d. Die Zeitdauer<br />

von „olam“ ist relativ und muß immer im Zusammenhang<br />

gesehen werden mit dem Begriff, auf den es sich bezieht. So<br />

kann „olam“ auf den Zeitraum e<strong>in</strong>es Lebens angewandt wer-<br />

59


Grundbegriffe von A-Z<br />

den (2. Mose 21, 6) o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Zeitspanne, <strong>der</strong>en Anfang<br />

irgendwann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit liegt (1. Mose 6, 4; Jos. 24, 2;<br />

Spr. 22, 28). Wenn es <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit „Schlaf“ steht,<br />

bedeutet es Tod (Jer. 51, 39). Wird es aber auf Gott angewandt<br />

(Ps. 90, 2; Jes. 40, 28), heißt es soviel wie „grenzenlos“.<br />

Der Ausdruck „ewiges Leben“ f<strong>in</strong>det sich im Alten Testament<br />

nur <strong>in</strong> Da n. 12, 2 (vgl. V. 7), wo von Gott gesagt wird, daß<br />

er „ewiglich lebt“. Aus dem Zusammenhang geht hervor, daß<br />

ewiges Leben für den Menschen bedeutet: teilhaben am Leben<br />

Gottes. Im hebräischen Denken bestand die Vorstellung, daß<br />

Gott <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er grenzenlosen Zeit lebt, aber nicht <strong>in</strong> dem abstrakten<br />

S<strong>in</strong>ne, daß er jenseits aller Zeit existiert. Ähnliche Vorstellungen<br />

hatte man auch vom Leben <strong>der</strong>er, die Gott auferwecken<br />

wird.<br />

Der griechische Ausdruck, <strong>der</strong> dem hebräischen „olam“<br />

entspricht, heißt „aion“ und bezeichnet e<strong>in</strong>e lange, aber relative<br />

Spanne von Zeit. Er wird auch als Übersetzung des hebräischen<br />

„olam“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Septuag<strong>in</strong>ta verwendet. Mit Plato kam<br />

jedoch e<strong>in</strong>e mehr abstrakte, qualitative Vorstellung von Ewigkeit<br />

im Gegensatz zu Zeit auf, e<strong>in</strong>e Zeitlosigkeit, auf die jede<br />

Begrenzung <strong>der</strong> Zeit nicht mehr zutrifft.<br />

Man nimmt an, daß im Neuen Testament das Wort „aion“<br />

beide Bedeutungen enthält, quantitativ und qualitativ. Beson<strong>der</strong>s<br />

<strong>in</strong> den Schriften des Johannes, wo <strong>der</strong> Ausdruck „ewiges<br />

Leben“ häufig ersche<strong>in</strong>t (Joh. 3, 16; 5, 24; 17, 2; 1. Joh. 1, 2),<br />

steht <strong>der</strong> qualitative Gesichtspunkt im Vor<strong>der</strong>grund. Sehr oft<br />

wird für „ewiges Leben“ e<strong>in</strong>fach „Leben“ o<strong>der</strong> „das Leben“<br />

gebraucht. Ewiges Leben wird denen gewährt, die „glauben“,<br />

also jenen, die Glauben haben (Joh. 3, 16; 11, 25. 26). Christus<br />

kam, um es dem Menschen zu schenken. Dar<strong>in</strong> bestand se<strong>in</strong><br />

großes Ziel und das eigentliche Anliegen se<strong>in</strong>es Kommens<br />

(Joh. 6, 51. 57-58; Joh. 14, 6. 19).<br />

Gott und se<strong>in</strong>en Sohn Jesus Christus zu erkennen, ist ewiges<br />

Leben (Joh. 17, 3).<br />

60


Grundbegriffe von A-Z<br />

Diese zwei Gesichtspunkte des ewigen Lebens s<strong>in</strong>d beson<strong>der</strong>s<br />

bei Johannes eng verflochten:<br />

1. ewiges Leben als e<strong>in</strong>e neue Grunde<strong>in</strong>stellung: „Wer me<strong>in</strong><br />

Wort hört und glaubet dem, <strong>der</strong> mich gesandt hat, <strong>der</strong> hat<br />

das ewige Leben“, und<br />

2. ewiges Leben als wirklicher Besitz, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Jesu verliehen wird.<br />

Über diese zwei Aspekte ewigen Lebens schreibt E. G.<br />

White: „Das ist das Zeugnis, daß uns Gott das ewige Leben<br />

gegeben hat, und solches Leben ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Sohn. Wer den<br />

Sohn hat, <strong>der</strong> hat das Leben.“ Jesus versprach: „Ich werde ihn<br />

auferwecken am Jüngsten Tage.“ „Christus wurde e<strong>in</strong>s mit uns<br />

im Fleisch, damit wir im Geist e<strong>in</strong>s würden mit ihm. Durch<br />

dieses E<strong>in</strong>sse<strong>in</strong> werden wir aus dem Grab hervorkommen.<br />

Damit wird die Macht Christi bekundet, und es wird offenbar,<br />

daß durch den Glauben se<strong>in</strong> Leben unser Leben geworden ist.<br />

Wer das wahre Wesen Christi erkennt und ihn <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Herz<br />

aufnimmt, hat das ewige Leben. Durch den Geist wohnt<br />

Christus <strong>in</strong> uns, und <strong>der</strong> Geist Gottes, den wir im Glauben <strong>in</strong><br />

unser Herz aufgenommen haben, ist <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n des ewigen<br />

Lebens.“ (LJ 379)<br />

Nach Auffassung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> ist ewiges<br />

Leben alle<strong>in</strong> Gott eigen. Adam hätte es unter bestimmten<br />

Bed<strong>in</strong>gungen empfangen können, vermittelt durch den Baum<br />

des Lebens (1. Mose 2, 9; 3, 22). Doch durch die Sünde verlor<br />

er diese Möglichkeit. Ewiges Leben wird aber durch Christus<br />

wie<strong>der</strong>hergestellt <strong>in</strong> jedem Menschen, <strong>der</strong> durch den Glauben<br />

gerechtfertigt ist, <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit Gott lebt und une<strong>in</strong>geschränkt<br />

zu Gottes Gesetz steht.<br />

Wir haben das ewige Leben, wenn wir „<strong>in</strong> Christus“ s<strong>in</strong>d<br />

(1. Joh. 5, 12). Wir haben es schon jetzt unter <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gung,<br />

daß unser Verhältnis zu Christus aufrecht erhalten bleibt.<br />

In e<strong>in</strong>em gewissen S<strong>in</strong>n ist ewiges Leben zwar e<strong>in</strong>e Belohnung<br />

für den Gehorsam, aber es kann nicht verdient<br />

61


Grundbegriffe von A-Z<br />

werden; denn es ist e<strong>in</strong>e freie Gabe Gottes für jene, die an<br />

Christus als ihren persönlichen Erlöser glauben. <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> legen Nachdruck auf die Wirklichkeit des<br />

ewigen Lebens, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auferstehung verliehen wird. Ewiges<br />

Leben wird verstanden als e<strong>in</strong>e endlose Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die<br />

Geretteten Gottes Absichten verstehen lernen, die Wun<strong>der</strong> des<br />

Weltalls erfassen und ans Ziel ihrer höchsten Bestimmung<br />

gelangen.<br />

Siehe: Unsterblichkeit<br />

FASTEN<br />

Fasten bedeutet, freiwillig auf Essen und Tr<strong>in</strong>ken verzichten.<br />

Vielfältig s<strong>in</strong>d die Anlässe und Zielsetzungen, die im Alten<br />

Testament das Volk Israel und e<strong>in</strong>zelne Gläubige zum Fasten<br />

führten: Mose (2. Mose 34, 28), David (2. Sam. 12, 21-23),<br />

Daniel (Dan. 9, 2. 3), Nehemia (Neh. 1, 4); Esther (Esther 4,<br />

16). Gesetzlich geboten war das Fasten <strong>in</strong> Israel nur am großen<br />

Versöhnungstag (3. Mose 16, 29 bis 31; 23, 27-32). Nach <strong>der</strong><br />

Zerstörung Jerusalems im Jahre 587 v. Chr., die für Israel e<strong>in</strong>e<br />

nationale Katastrophe war, wurden vier Fastentage e<strong>in</strong>geführt<br />

(Sach. 7, 3-5; 8, 19).<br />

Im Judentum zur Zeit Jesu war <strong>der</strong> tiefere S<strong>in</strong>n des Fastens<br />

verlorengegangen. Anstatt Ausdruck <strong>der</strong> Demütigung vor<br />

Gott zu se<strong>in</strong>, wurde es zur frommen Leistung. Pharisäer und<br />

Fromme fasteten zweimal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche (Luk. 18, 12). Bei den<br />

Jüngern des Johannes muß e<strong>in</strong>e ähnliche Ordnung bestanden<br />

haben (Mark. 2, 18). Christus wandte sich gegen das damals<br />

allgeme<strong>in</strong> übliche Fasten (Mark. 2, 18-22). Das mit Christus<br />

gekommene Reich Gottes ist e<strong>in</strong> Reich <strong>der</strong> Freude und schließt<br />

Fasten im jüdischen S<strong>in</strong>n aus. Das Evangelium ist das Ende<br />

allen gesetzlichen Fastens.<br />

Trotz dieser e<strong>in</strong>deutigen Absage kennt das Neue Testament<br />

dennoch das Fasten. Christus selbst fastete vor Beg<strong>in</strong>n<br />

se<strong>in</strong>er öffentlichen Wirksamkeit vierzig Tage und vier-<br />

62


Grundbegriffe von A-Z<br />

zig Nächte (Matth. 4, 2). In <strong>der</strong> Bergpredigt verurteilt Jesus das<br />

Fasten, mit dem man sich vor an<strong>der</strong>en zur Schau stellte, aber<br />

nicht das Fasten überhaupt. Es soll nicht vor den Augen <strong>der</strong><br />

Menschen, son<strong>der</strong>n im verborgenen als Gottesdienst vollzogen<br />

werden (Matth. 6, 16-18). Christus befreit se<strong>in</strong>e Nachfolger zum<br />

rechten Fasten. So haben die ersten Christengeme<strong>in</strong>den bei<br />

beson<strong>der</strong>en Anlässen gefastet (Apg. 13, 1-3). In <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

mit den Mächten <strong>der</strong> F<strong>in</strong>sternis hat Fasten e<strong>in</strong>e<br />

funktionale Bedeutung (Matth. 17, 19-21).<br />

Das Neue Testament kennt nicht das Fasten an sich ;<br />

vielmehr ist es verbunden mit Wachen und Beten (Matth. 17,<br />

21; Apg. 13, 2.3; 14, 23). Fasten schenkt dem Gläubigen Zeit,<br />

im Gebet vor Gott h<strong>in</strong>zutreten. Im Fasten ist <strong>der</strong> Nachfolger<br />

Jesu zum Verzicht um des Reiches Gottes willen gerufen (nicht<br />

nur von Essen und Tr<strong>in</strong>ken!). Dieser (sche<strong>in</strong>bare) Verzicht steht<br />

unter <strong>der</strong> Verheißung, daß Gott sich nichts schenken läßt<br />

(Matth. 6, 18).<br />

Das Fasten ist seit jeher auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> geübt worden. Schon <strong>in</strong> den<br />

ersten Anfängen <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft kannte man<br />

beson<strong>der</strong>e Tage des Fastens und des Gebets. Nachfolgend<br />

werden Beispiele aus <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dezeitschrift angeführt, die<br />

Fastentage ankündigen.<br />

E<strong>in</strong> Aufruf zu e<strong>in</strong>em Fastentag war von den Brü<strong>der</strong>n James<br />

White und M. E. Cornell unterzeichnet worden: „Geme<strong>in</strong>sam<br />

mit den Brü<strong>der</strong>n, mit denen wir kürzlich beisammen waren,<br />

rufen wir angesichts des Mangels an treuen Arbeitern im<br />

ausgedehnten Erntefeld zu e<strong>in</strong>em Tag des Fastens und Betens<br />

auf, desgleichen wegen des schwachen Gesundheitszustandes<br />

e<strong>in</strong>iger Brü<strong>der</strong>, die im Werk tätig s<strong>in</strong>d. Der Vorschlag f<strong>in</strong>det die<br />

Zustimmung aller ... Entsprechend <strong>der</strong> Empfehlung <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong><br />

wird <strong>der</strong> erste Sabbat im Juni als Tag des Fastens und Gebets<br />

vorgesehen ...<br />

Wir empfehlen, daß sich alle Geme<strong>in</strong>den an dem genannten<br />

Tage mit Fasten und Gebet um die obengenannten<br />

63


Grundbegriffe von A-Z<br />

Anliegen vere<strong>in</strong>en.“ (Review and Herald, vom 15. Mai 1855)<br />

Von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zu Battle Creek, Michigan, wurde e<strong>in</strong><br />

Fastentag empfohlen:<br />

„Wir haben es <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Battle Creek vorgelegt,<br />

e<strong>in</strong>en Tag des Fastens, <strong>der</strong> Buße, <strong>der</strong> Selbstprüfung, des<br />

Bekenntnisses und Gebets zu begehen, und sie hat e<strong>in</strong>stimmig<br />

Sabbat, den 3. Aug. 1861, dafür empfohlen ...<br />

Wir f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel, beson<strong>der</strong>s im Neuen Testament,<br />

ke<strong>in</strong>e näheren H<strong>in</strong>weise bezüglich des Fastens, ob dabei von<br />

<strong>der</strong> Nahrungsaufnahme abgesehen werden soll und wie lange.<br />

Personen mit schwacher Gesundheit s<strong>in</strong>d mitunter genötigt,<br />

e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Menge e<strong>in</strong>facher Nahrung zu sich zu nehmen. Sie<br />

sollen sich nicht verpflichtet fühlen, von <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme<br />

gänzlich abzusehen. Wir empfehlen allen, wenn möglich das<br />

Mittagsmahl wegzulassen und sich bei den an<strong>der</strong>n beiden<br />

Mahlzeiten auf e<strong>in</strong>fache Kost zu beschränken.“ (a. a. O., vom<br />

23. Juli 1861) Im allgeme<strong>in</strong>en wurde e<strong>in</strong> solcher Tag durch die<br />

Generalkonferenz bestimmt. Im Jahre 1866 verkündete die<br />

Generalkonferenz e<strong>in</strong> viertägiges Fasten und im Jahre 1882 e<strong>in</strong><br />

dreitägiges. Auch bei Generalkonferenz-Versammlungen haben<br />

die anwesenden Delegierten e<strong>in</strong>en Tag als Fasten-und<br />

Gebetstag ausgeson<strong>der</strong>t. In den letzten Jahrzehnten haben die<br />

örtlichen Geme<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> vor beson<strong>der</strong>en evangelistischen Bemühungen<br />

häufig an e<strong>in</strong>em dafür festgesetzten Sabbat gefastet.<br />

FUSSWASCHUNG<br />

Als Jesus bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>setzung des Abendmahls se<strong>in</strong>en Jüngern<br />

die Füße wusch, folgte er e<strong>in</strong>er damaligen Landessitte, gab ihr<br />

aber zugleich e<strong>in</strong>e geistliche Bedeutung (Joh. 13, 1-17). Durch<br />

se<strong>in</strong> demütiges Handeln überwand er Stolz und Ehrgeiz, die<br />

sich <strong>in</strong> den Herzen <strong>der</strong> Jünger festgesetzt hatten. Weil die Liebe<br />

zum Nächsten immer zur<br />

64


Grundbegriffe von A-Z<br />

Vergebung führt, ist die Fußwaschung auch e<strong>in</strong> Symbol <strong>der</strong><br />

Re<strong>in</strong>igung und <strong>der</strong> gegenseitigen Bereitschaft zur Vergebung.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne ist sie e<strong>in</strong>e Ergänzung <strong>der</strong> Taufe (Joh. 13, 10).<br />

Die Urgeme<strong>in</strong>de hat im allgeme<strong>in</strong>en den Ritus <strong>der</strong> Fußwaschung<br />

beachtet (vgl. 1. Tim. 5, 10). In <strong>der</strong> apostolischen<br />

Geme<strong>in</strong>de wurde die Fußwaschung gelegentlich im Zusammenhang<br />

mit dem Liebesmahl (agape) durchgeführt. Dabei<br />

wurden nicht nur Arme gespeist, son<strong>der</strong>n man nahm auch die<br />

Gelegenheit war, e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> die Füße zu waschen. Später<br />

verboten verschiedene Konzile diese Art von Liebesmahl, da es<br />

zu Ausschweifungen gekommen war. Das mag e<strong>in</strong> Grund<br />

gewesen se<strong>in</strong>, weshalb die Fußwaschung aus dem allgeme<strong>in</strong>en<br />

christlichen Brauchtum verschwand. Das Konzil von Toledo<br />

(694) empfahl die Fußwaschung am Donnerstag vor Ostern.<br />

Später wurde sie manchmal mit <strong>der</strong> Taufe verbunden o<strong>der</strong> als<br />

Ersatz dafür geübt, gelegentlich auch bei Hochzeiten vollzogen.<br />

Das älteste noch erhaltene außerbiblische Zeugnis für die<br />

Fußwaschung ist <strong>der</strong> Kanon 48 des Konzils von Elvira (306).<br />

Dar<strong>in</strong> wird Priestern und Klerikern geboten, den Neugetauften<br />

die Füße zu waschen, wenn sie aus dem Taufbecken steigen.<br />

Dieser Brauch bestand <strong>in</strong> Irland, Norditalien, e<strong>in</strong>igen Teilen<br />

Spaniens und Galliens, nicht aber, wie Ambrosius schreibt, <strong>in</strong><br />

Rom.<br />

Wie aus den Kommentaren <strong>der</strong> frühen Kirchenväter zu<br />

Joh. 13, 1-17 hervorgeht, sahen sie – beispielsweise Origenes<br />

– <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fußwaschung e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild <strong>der</strong> Demut. Aber es gab<br />

auch an<strong>der</strong>e Deutungen. Ambrosius, <strong>der</strong> Bischof von Mailand,<br />

erklärte, daß Neugetauften das Haupt mit 01 gesalbt und ihre<br />

Füße gewaschen wurden, so daß – wie im Fall des Petrus –<br />

„angeborene Sünden h<strong>in</strong>weggetan se<strong>in</strong> müßten; denn unsere<br />

Sünden wurden uns bei <strong>der</strong> Taufe vergeben“. (Über die<br />

Mysterien) Nach se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung war die Fußwaschung „e<strong>in</strong>e<br />

Hilfe zur Demut“. Sie kann auch zu e<strong>in</strong>er geistlichen Erfahrung<br />

führen. Für August<strong>in</strong> war die Fußwaschung nicht nur e<strong>in</strong><br />

Zeichen <strong>der</strong><br />

65


Grundbegriffe von A-Z<br />

Demut unter Brü<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n sollte auch zur gegenseitigen<br />

Vergebung geübt werden. Gerade im H<strong>in</strong>blick auf die Fußwaschung<br />

sagt er: „Wir wissen, daß wir auch daran gemahnt<br />

worden s<strong>in</strong>d, ... uns e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> unsere Fehler zu bekennen und<br />

füre<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu beten.“ (Über das Evangelium des Johannes)<br />

Wenn die Fußwaschung nicht wörtlich verstanden und geübt<br />

wurde, so liegt e<strong>in</strong> Grund dafür <strong>in</strong> <strong>der</strong> re<strong>in</strong> geistlichen Deutung<br />

dieses Gebotes Jesu. Man sah <strong>in</strong> Jesu Tun lediglich e<strong>in</strong><br />

Beispiel dafür, wie sich Christen verhalten sollten, hielt aber die<br />

buchstäbliche Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Fußwaschung nicht für<br />

notwendig. Luther hat die Fußwaschung als „heuchlerisch“<br />

abgelehnt. Bei den Täufern spielte die Fußwaschung e<strong>in</strong>e<br />

große Rolle. Die Herrnhuter Brü<strong>der</strong>geme<strong>in</strong>de übte sie bis zu<br />

Beg<strong>in</strong>n des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Schon die frühen <strong>Adventisten</strong> beschäftigten sich mit <strong>der</strong><br />

Frage <strong>der</strong> Fußwaschung. Ihre Befürworter sahen <strong>in</strong> ihr „e<strong>in</strong><br />

Beispiel, bei dem wir durch e<strong>in</strong>en Akt <strong>der</strong> Demut zeigen, daß<br />

wir die Brü<strong>der</strong> lieben“. Ihrer Auffassung nach war es wichtig,<br />

„alle Gebote Jesu, auch das, e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> die Füße zu waschen“,<br />

zu beachten. Diese Weisung wurde manchmal als „das kle<strong>in</strong>ste<br />

Gebot“ unseres Herrn bezeichnet. Gegner <strong>der</strong> Fußwaschung<br />

und des „heiligen Kusses“ (Röm. 16, 16) befürchteten, daß<br />

durch diese Handlungen e<strong>in</strong> gewisser Fanatismus begünstigt<br />

werden könnte, weil sie tatsächlich von e<strong>in</strong>igen Fanatikern <strong>in</strong><br />

Neuengland geübt wurden, die so ihre Demut auf seltsame<br />

Weise zur Schau stellten.<br />

E. G. White er<strong>in</strong>nerte 1854 daran, daß Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong><br />

„nicht immer wohlüberlegt gehandelt haben, wie es eigentlich<br />

hätte se<strong>in</strong> sollen“, und mahnte, allen bösen Sche<strong>in</strong> zu meiden.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> führen die Fußwaschung<br />

unmittelbar vor dem Abendmahl durch. Den Teilnehmern wird<br />

empfohlen, zuvor ihre Mißverständnisse auszuräumen und sich<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ihre Verfehlungen zu bekennen. Männer und Frauen<br />

vollziehen die Fußwaschung <strong>in</strong> ge-<br />

66


Grundbegriffe von A-Z<br />

trennten Räumen. Oft geben sich diejenigen, die e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> die<br />

Füße gewaschen haben, e<strong>in</strong>en Kuß. Das ist beson<strong>der</strong>s bei<br />

älteren Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Fall, wird aber nicht für notwendig<br />

erachtet.<br />

Über die Bedeutung <strong>der</strong> Fußwaschung schreibt E. G.<br />

White: „Die Fußwaschung ist die von Christus bestimmte<br />

Vorbereitung zum heiligen Abendmahl. Solange Stolz, Une<strong>in</strong>igkeit<br />

und Machtstreben gehegt werden, kann das Herz nicht zur<br />

E<strong>in</strong>mütigkeit mit Christus gelangen, und wir s<strong>in</strong>d nicht bereit, die<br />

Geme<strong>in</strong>schaft se<strong>in</strong>es Leibes und se<strong>in</strong>es Blutes zu empfangen.<br />

Deshalb bestimmte Jesus, zuerst das Gedächtniszeichen<br />

se<strong>in</strong>er Demütigung zu beachten.“ (Uu 82; LJ 402)<br />

Weiter sagt sie: „Der Dienst, .den Petrus zurückwies, ist<br />

das S<strong>in</strong>nbild e<strong>in</strong>er geistlichen Re<strong>in</strong>igung. Christus war gekommen,<br />

das Herz von <strong>der</strong> Befleckung <strong>der</strong> Sünde zu re<strong>in</strong>igen. Als<br />

Petrus dem Herrn verwehrte, ihm die Füße zu waschen, lehnte<br />

er damit gleichzeitig die Re<strong>in</strong>igung se<strong>in</strong>es Herzens ab ... Die<br />

Worte: ,Wer gewaschen ist, <strong>der</strong> bedarf nichts denn die Füße<br />

waschen, son<strong>der</strong>n er ist ganz re<strong>in</strong>‘, bedeuten mehr als nur<br />

körperliche Re<strong>in</strong>heit. Der Herr spricht hier von e<strong>in</strong>er geistlichen<br />

Re<strong>in</strong>igung, die durch e<strong>in</strong>e körperliche dargestellt wird. Wer aus<br />

dem Bade kam, war re<strong>in</strong>; die nur mit Sandalen bekleideten<br />

Füße aber wurden bald wie<strong>der</strong> staubig und mußten erneut<br />

gewaschen werden. So waren Petrus und se<strong>in</strong>e Mitjünger von<br />

aller Unre<strong>in</strong>heit frei geworden. Der Herr sah sie als die Se<strong>in</strong>en<br />

an, aber die Versuchung hatte sie wie<strong>der</strong> zur Sünde verführt.<br />

Deshalb bedurften sie weiterh<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>igenden Gnade. Als<br />

sich <strong>der</strong> Heiland mit dem Schurz umgürtete, um den Staub von<br />

ihren Füßen zu waschen, wollte er durch diese Handlung ihr<br />

Herz von Eifersucht, Zwietracht und Stolz befreien: das war das<br />

eigentlich Bedeutsame an <strong>der</strong> Fußwaschung. Mit dem Geist,<br />

<strong>der</strong> die Jünger damals beherrschte, war nicht e<strong>in</strong>er von ihnen<br />

auf die Geme<strong>in</strong>schaft mit Jesus vorbereitet. Ehe sie nicht von<br />

Demut und Liebe erfüllt waren, konnten sie nicht das Pas-<br />

67


Grundbegriffe von A-Z<br />

samahl genießen und an <strong>der</strong> Gedächtnisfeier teilnehmen, die<br />

<strong>der</strong> Heiland damals e<strong>in</strong>setzte. Stolz und Selbstsucht führen zu<br />

Zwietracht und Haß. Davon re<strong>in</strong>igte sie Jesus, als er ihnen die<br />

Füße wusch, und ihr. Inneres wandelte sich.“ (Uu 80; LJ 400)<br />

GEBET<br />

Im Gebet naht sich <strong>der</strong> Mensch zu Gott. Der Mensch betet Gott<br />

an, dankt für die empfangene Barmherzigkeit, äußert se<strong>in</strong><br />

Verlangen, bekennt se<strong>in</strong>e Sünden, beugt sich unter den Willen<br />

Gottes und bittet um Gnade, damit er <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit<br />

Gott leben kann. Gott wie<strong>der</strong>um schenkt Gewißheit und pflanzt<br />

ihm das Verständnis für Wahrheit und Pflicht e<strong>in</strong>. Im Gebet<br />

bejaht <strong>der</strong> Mensch Gottes Herrschaft und erkennt se<strong>in</strong>e eigene<br />

Unzulänglichkeit.<br />

Das Gebet än<strong>der</strong>t Gott nicht; aber es vermag uns zu än<strong>der</strong>n,<br />

damit wir fruchtbr<strong>in</strong>gend mit ihm zusammenwirken. Durch<br />

das Gebet wird Gott auch nicht überredet, auf unsre Bitte h<strong>in</strong><br />

etwas zu tun, wozu er sonst nicht bereit und was nach se<strong>in</strong>er<br />

Weisheit nicht zum Besten für uns wäre. Im Gebet werden wir<br />

Teilhaber des göttlichen Segens und erlangen die <strong>in</strong>nere<br />

Bereitschaft, durch die Gott <strong>in</strong> uns und für uns wirken kann. Wir<br />

werden Partner Gottes, und so kann er <strong>in</strong> uns und durch uns<br />

se<strong>in</strong>e göttlichen Pläne ausführen.<br />

„Wahrer Glaube und wahres Gebet ... s<strong>in</strong>d wie zwei Arme,<br />

mit denen <strong>der</strong> menschliche Beter die Macht <strong>der</strong> Liebe<br />

Gottes erfaßt.“ „Das Gebet br<strong>in</strong>gt Gott nicht zu uns, son<strong>der</strong>n wir<br />

kommen zu ihm.“ (WzC 69) Wenn das Gebet wirksam werden<br />

soll, muß es aufrichtig, ernsthaft, e<strong>in</strong>sichtsvoll und anhaltend<br />

se<strong>in</strong>. Jesus gab se<strong>in</strong>en Jüngern den Rat, „daß man allezeit<br />

beten und nicht nachlassen solle“ (Luk. 18, 1). Er ermahnte sie:<br />

„Wachet und betet, daß ihr nicht <strong>in</strong> Anfechtung fallet!“ (Matth.<br />

26, 41) Er selbst fand durch häufiges Beten <strong>in</strong>nigste Geme<strong>in</strong>schaft<br />

mit se<strong>in</strong>em himmlischen Vater.<br />

68


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Das Gebet ist das Atmen <strong>der</strong> Seele.“ Für das geistliche<br />

Leben ist es ebenso wichtig wie das Atmen für das körperliche<br />

Leben. Wo das Gebet vernachlässigt wird, verkümmert das<br />

geistliche Leben. Wer zu Gott kommt, muß es mit aufrichtigem<br />

Herzen tun und se<strong>in</strong>e Hilflosigkeit erkennen (Jes. 44, 3). Ferner<br />

muß er die ihm bewußten Sünden bekennen und lassen (1.<br />

Joh. 1, 9), muß glauben, daß Gott se<strong>in</strong> Gebet erhören kann und<br />

wird (Mark. 11, 24); auch hat er zwischen sich und se<strong>in</strong>en<br />

Mitmenschen alles <strong>in</strong> Ordnung zu br<strong>in</strong>gen (Matth. 6, 14. 15).<br />

Nach adventistischem Verständnis s<strong>in</strong>d die persönliche<br />

Andacht und das persönliche Gebet entscheidend für e<strong>in</strong><br />

gesegnetes christliches Leben, so wie auch das tägliche Gebet<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie für e<strong>in</strong> christliches Familienleben unerläßlich ist.<br />

Das öffentliche Gebet br<strong>in</strong>gt die Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> die Gegenwart<br />

Gottes. In biblischen Zeiten kannte man verschiedene<br />

Gebetshaltungen. Hanna stand beim Gebet (1. Sam. 1, 26),<br />

David saß (2. Sam. 7, 18), Elia „bückte sich zur Erde und hielt<br />

se<strong>in</strong> Haupt zwischen se<strong>in</strong>e Knie“ (1. Kön. 18, 42), Salomo (2.<br />

Chron. 6, 13) und Daniel (Dan. 6, 11) knieten. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> kennen ke<strong>in</strong>e bestimmte Gebetshaltung. Soweit es<br />

ihnen möglich ist, beugen sie beim Gebet ihre Knie und sehen<br />

dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e angemessene Haltung <strong>der</strong> H<strong>in</strong>gabe und Ehrerbietung.<br />

Im Schrifttum von E. G. White wird häufig ermutigt,<br />

während des Gebets nie<strong>der</strong>zuknien.<br />

GEIST<br />

In <strong>der</strong> deutschen Sprache ist „Geist“ e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> vieldeutigsten<br />

Wörter. Es ist die Übersetzung des hebräischen Wortes „ruach“<br />

(Geist, W<strong>in</strong>d, Atem) und des griechischen Wortes „pneuma“<br />

(W<strong>in</strong>d).<br />

In <strong>der</strong> Bedeutung von „W<strong>in</strong>d“ ersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> Begriff u. a. <strong>in</strong><br />

1. Mose 8, 1 und Joh. 3, B.<br />

Häufig wird er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bedeutung von „Atem“ verwendet.<br />

69


Grundbegriffe von A-Z<br />

E<strong>in</strong>ige wenige Male ist <strong>der</strong> Atemhauch Gottes und Christi<br />

geme<strong>in</strong>t (Ps. 33, 6; 2. Thess. 2, 8), meist aber <strong>der</strong> von Gott<br />

kommende Lebensodem des Menschen und des Tieres (1.<br />

Mose 7, 15. 22; Pred. 3, 19.21). Durch den Lebensodem wird<br />

<strong>der</strong> Leib belebt (Jes. 42, 5; Hes. 37, 5-10; Jak. 2, 26; Offb. 11,<br />

11; 13, 15; Luk. 8, 55). Der Atem ist <strong>der</strong> offensichtlichste<br />

Beweis für die Existenz des Lebens. Auch 1. Mose 2, 7 ist hier<br />

anzuführen. Zwar wird hier für Odem nicht ruach, son<strong>der</strong>n das<br />

hebräische Wort neschama gebraucht. Beide Begriffe aber<br />

haben im Alten Testament die gleiche Bedeutung (s. Jes. 42,<br />

5). Nimmt Gott den Odem weg, so stirbt <strong>der</strong> Mensch (Ps. 104,<br />

29.30). Dann „muß <strong>der</strong> Geist wie<strong>der</strong> zu Gott, <strong>der</strong> ihn gegeben<br />

hat“ (Pred. 12, 7; Apg. 7, 58; Luk. 23, 46; Joh. 19, 30 „und<br />

verschied“ wörtlich: „er übergab se<strong>in</strong>en Geist“).<br />

Nirgends <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heiligen Schrift gibt es e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis dafür,<br />

daß <strong>der</strong> „Geist“ e<strong>in</strong>es Menschen losgelöst von Gehirn und<br />

Nervensystem existieren kann. Vielmehr wird wie<strong>der</strong>holt und<br />

mit Nachdruck das Gegenteil gesagt (Ps. 146, 4; Pred. 3, 19; 9,<br />

5. 6. 10 u. ö.). Die Auffassung, daß <strong>der</strong> Geist zu e<strong>in</strong>er unabhängigen,<br />

<strong>in</strong>telligenten, bewußten und persönlichen Existenz<br />

außerhalb des Körpers fähig ist, stammt aus <strong>der</strong> griechischen<br />

Philosophie. Sie wurde <strong>in</strong> den ersten christlichen Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />

von Theologen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Alexandria (Ägypten), die<br />

Platons Philosophie vertraten und mit <strong>der</strong> christlichen Lehre<br />

vermengten, <strong>in</strong> das Christentum e<strong>in</strong>geführt.<br />

An den meisten Stellen <strong>der</strong> Heiligen Schrift wird ruach<br />

bzw. pneuma mit „Geist“ übersetzt. Von Gott heißt es, daß er<br />

Geist ist (Joh. 4, 24). In 2. Kor. 3, 17 setzt Paulus Christus mit<br />

dem Heiligen Geist gleich. Die Schrift kennt „unsaubere<br />

Geister“, die Dämonen (Matth. 10, 1; Mark. 5, 12. 13 u. a.), aber<br />

auch „dienstbare Geister“, die Engel Gottes (Hebr. 1, 14. 7).<br />

Am häufigsten wird im Neuen Testament pneuma auf den<br />

Heiligen Geist angewandt. Im Alten Testament beziehen sich<br />

von 379 Stellen, <strong>in</strong> denen ruach vorkommt, 94 auf den<br />

70


Grundbegriffe von A-Z<br />

Geist Gottes (z. B. 1. Mose 1, 2). Gottes Geist belebt die<br />

Geme<strong>in</strong>de und den e<strong>in</strong>zelnen Jünger (Apg. 1, 8; Joh. 3, 5). Er<br />

wirkt die Frucht des Geistes (Gal. 5, 22). In <strong>der</strong> Gegenüberstellung<br />

Fleisch – Geist zeigt Paulus, wozu <strong>der</strong> Christ unter <strong>der</strong><br />

Leitung des Heiligen Geistes fähig ist (Röm. 8, 4. 13; Gal. 5,<br />

16).<br />

Oft bezeichnet „Geist“ entsprechend dem Begriff „Herz“<br />

das Innere des Menschen. So werden verschiedene Gemütsbewegungen<br />

ausgedrückt, z. B. „se<strong>in</strong> Geist war bekümmert“ (1.<br />

Mose 41, 8); „e<strong>in</strong> im Geist betrübtes Weib“ (Jes. 54, 6); „er<br />

seufzte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Geist“ (Mark. 8, 12); „da hatte ich ke<strong>in</strong>e Ruhe<br />

<strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Geist“ (2. Kor. 2, 13) u. a. Der Geist ist das Organ,<br />

durch das <strong>der</strong> Mensch mit Gott <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu treten vermag.<br />

Vom Geist her empf<strong>in</strong>det <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>e tiefe Unruhe, wenn<br />

er Gott fern ist, und es drängt ihn, sich ihm wie<strong>der</strong> zu nahen.<br />

Der Geist des Menschen ist <strong>der</strong> Sitz des Willens und des<br />

Verstandes, (z. B. „... je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> willigen Geistes war“ 2. Mose<br />

35, 21); („... <strong>der</strong> Geist ist willig ; aber das Fleisch ist schwach“<br />

Matth. 26, 41); („... euer Geist ganz samt Seele und Leib müsse<br />

bewahrt werden unversehrt“ 1. Thess. 5, 23). Verschiedentlich<br />

ist <strong>der</strong> <strong>in</strong>nere Mensch geme<strong>in</strong>t (Gal. 6, 18; Röm. 12, 11 u. a.)<br />

o<strong>der</strong> überhaupt <strong>der</strong> ganze Mensch, so <strong>in</strong> Hebr. 12, 23; 1. Petr.<br />

3, 19; Hebr. 12, 9 (als Spen<strong>der</strong> des Lebensodems und Schöpfer<br />

des Lebens ist Gott <strong>der</strong> „Vater <strong>der</strong> Geister“, vgl. 4. Mose 16,<br />

22; 27, 16).<br />

Siehe: Geistliche Gaben, Heiliger Geist, Heiligung<br />

GEIST DER WEISSAGUNG<br />

Dieser Ausdruck aus Offb. 19, 10 hat nach Auffassung <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> mehrfache Bedeutung. Der Text<br />

lautet: „Das Zeugnis Jesu aber ist <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Weissagung.“<br />

Das bedeutet: Jesus gibt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Zeugnis durch die<br />

Weissagung. James White hat diesen Vers wie folgt erläutert:<br />

„Geist, Seele und Wesen <strong>der</strong> Weissagung s<strong>in</strong>d das Zeugnis von<br />

Jesus Christus. Die<br />

71


Grundbegriffe von A-Z<br />

Stimme <strong>der</strong> Propheten, soweit sie sich auf den Plan und das<br />

Werk <strong>der</strong> Erlösung bezieht, ist die Stimme des Erlösers.<br />

Christus übernahm das Werk unserer Erlösung. Wer sonst als<br />

<strong>der</strong> Erlöser hätte e<strong>in</strong> Buch <strong>in</strong>spirieren können, das diesem<br />

Anliegen gilt, als <strong>der</strong> Erlöser selbst?“<br />

G. I. Butler, langjähriger Präsident <strong>der</strong> Generalkonferenz,<br />

erläuterte den Begriff „Geist <strong>der</strong> Weissagung“ so: In e<strong>in</strong>em<br />

erweiterten S<strong>in</strong>n ist es <strong>der</strong> „Geist, <strong>der</strong> Personen zum Weissagen<br />

veranlaßt. Er kommt über bestimmte Menschen, und sie<br />

verkündigen, was ihnen <strong>der</strong> Geist e<strong>in</strong>gibt. Auf diese Weise<br />

werden zukünftige Ereignisse, die die Geme<strong>in</strong>de zu ihrem Wohl<br />

wissen soll, offenbart.“ (Review and Herald, 2. Juni 1874)<br />

In e<strong>in</strong>em weiteren S<strong>in</strong>n beziehen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> den Ausdruck „Geist <strong>der</strong> Weissagung“ auf die<br />

Wirksamkeit <strong>der</strong> Gabe <strong>der</strong> Weissagung, die zu den Geistesgaben<br />

gehört (vgl. 1. Kor. 12, 4. 7-11. 28; Eph. 4, 11-13) und<br />

damit auch auf das Schrifttum von E. G. White, die am Werden<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft bedeutenden Anteil hatte. Nach adventistischem<br />

Verständnis empf<strong>in</strong>g sie die Gabe <strong>der</strong> Weissagung <strong>in</strong><br />

dem biblischen S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es von Gott bestätigten und bevollmächtigten<br />

Sprechers.<br />

Das „Zeugnis Jesu“ – nach Offb. 19, 10 als „Geist <strong>der</strong><br />

Weissagung“ erklärt – ist e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Merkmale, die die Geme<strong>in</strong>de<br />

<strong>der</strong> Übrigen nach Offb. 12, 17 kennzeichnen: „Der Drache<br />

ward zornig über das Weib und g<strong>in</strong>g h<strong>in</strong>, zu streiten wi<strong>der</strong> die<br />

übrigen von ihrem Geschlecht, die da Gottes Gebote halten und<br />

haben das Zeugnis Jesu.“ Die Gabe <strong>der</strong> Weissagung, mit <strong>der</strong><br />

Ellen Harmon (White) 1844 betraut wurde, bestätigte die<br />

Überzeugung <strong>der</strong> ersten <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, daß ihre<br />

Bewegung von <strong>der</strong> biblischen Prophetie vorausgesagt ist. Die<br />

„Übrigen von ihrem Geschlecht“, das ist die Geme<strong>in</strong>de, die<br />

Gottes Gebote beachtet und <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich das „Zeugnis Jesu“<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Geist <strong>der</strong> Weissagung“ zeigt. (James White <strong>in</strong> Review<br />

and Herald, 28. Februar 1856) So bezogen diese Adventgläubigen<br />

auch die Weissagung aus Joel 3, 1-5<br />

72


Grundbegriffe von A-Z<br />

auf die Endzeit, auf die Übrigen und auf das Offenbarwerden<br />

<strong>der</strong> Gabe <strong>der</strong> Weissagung. Sie sahen dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zutreffende<br />

Beschreibung ihrer eigenen Erfahrung. (R. F. Cottrell, Review<br />

and Herald, 25. Februar 1858)<br />

In welchem Verhältnis steht <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Weissagung zur<br />

Bibel? Übere<strong>in</strong>stimmend mit <strong>der</strong> historischen protestantischen<br />

Haltung erkennen die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die Bibel<br />

und die Bibel alle<strong>in</strong> als Grundlage für Glauben und Leben des<br />

Christen an. Sie halten daran fest, daß die Bibel <strong>in</strong> ihrer<br />

Gesamtheit das wahre, zuverlässige und vollmächtige Wort<br />

Gottes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> Menschen ist. Nach ihrer Auffassung<br />

steht die Gabe <strong>der</strong> Weissagung außerhalb des Kanons <strong>der</strong><br />

Heiligen Schrift, da sie sich vor, während und nach <strong>der</strong> Abfassung<br />

<strong>der</strong> biblischen Bücher bekundet hat. Die Heilige Schrift<br />

aber ist <strong>der</strong> Maßstab, an dem alle an<strong>der</strong>n prophetischen<br />

Botschaften geprüft werden müssen. <strong>Adventisten</strong> glauben, daß<br />

die Gabe <strong>der</strong> Weissagung nie endgültig zurückgezogen wurde,<br />

son<strong>der</strong>n sich h<strong>in</strong> und wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte offenbarte und<br />

auch <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de heute verliehen ist. Die Heilige Schrift ist<br />

Gottes Botschaft an alle Menschen zu allen Zeiten. Außerbiblische<br />

Offenbarungen aber gelten nur denen, an die sie eigentlich<br />

gerichtet s<strong>in</strong>d.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen im Schrifttum E. G.<br />

Whites das Wirken <strong>der</strong> Gabe <strong>der</strong> Weissagung. Ihr Schrifttum<br />

nimmt aber we<strong>der</strong> den Platz <strong>der</strong> Bibel e<strong>in</strong>, noch ist es e<strong>in</strong><br />

Zusatz zu ihr. Diese Auffassung vertrat E. G. White selbst:<br />

„Bru<strong>der</strong> J. wollte die Gemüter verwirren, <strong>in</strong>dem er es so<br />

darzustellen versuchte, als sei die Erkenntnis, die Gott durch<br />

die Zeugnisse gegeben hat, e<strong>in</strong> Zusatz zum Worte Gottes;<br />

dadurch aber stellt er die Sache <strong>in</strong> e<strong>in</strong> falsches Licht. Gott hat<br />

es für gut erachtet, das Denken se<strong>in</strong>er K<strong>in</strong><strong>der</strong> auf se<strong>in</strong> Wort zu<br />

richten, damit sie es besser verstehen. Das Wort Gottes kann<br />

jeden erleuchten, wenn er es nur verstehen will ... Damit<br />

Männer und Frauen ke<strong>in</strong>e Entschuldigung haben, gibt Gott<br />

klare, treffende Zeugnisse und führt so zurück zu se<strong>in</strong>em Wort,<br />

das nicht<br />

73


Grundbegriffe von A-Z<br />

mehr befolgt wurde. Die nie<strong>der</strong>geschriebenen Zeugnisse sollen<br />

ke<strong>in</strong>e neue Erkenntnis vermitteln, son<strong>der</strong>n die bereits offenbarten<br />

Wahrheiten des Wortes Gottes lebendig <strong>in</strong> das Herz<br />

e<strong>in</strong>graben.“ (Sch II, 251-253)<br />

E. G. White sprach von ihren Ratschlägen als „e<strong>in</strong>em<br />

kle<strong>in</strong>en Licht, das Männer und Frauen zu dem größeren Licht<br />

h<strong>in</strong>führen soll“. (Review and Herald, 20. Januar 1903) „Der<br />

Geist wurde nicht gegeben – und kann auch nie dazu verliehen<br />

werden –, um die Heilige Schrift zu verdrängen; denn die Schrift<br />

erklärt ausdrücklich, daß Gottes Wort <strong>der</strong> Maßstab ist, an dem<br />

jede Lehre und jede Erfahrung geprüft werden muß.“ (GK 9)<br />

Im Vorwort zu Band 1 von E. G. Whites Buch „Spiritual<br />

Gifts“ (1858) faßt R. F. Cottrell im wesentlichen zusammen, was<br />

von jeher die Auffassung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Gabe <strong>der</strong> Weissagung gewesen ist. Cottrell sieht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel<br />

den e<strong>in</strong>zigen Maßstab, an dem alle Weissagungen beurteilt<br />

werden müssen. Er führt e<strong>in</strong>e Reihe von Texten an (Mark. 16,<br />

15-18; Matth. 28, 19.20; 1. Kor.<br />

12, 28; 13, 8-13; Eph. 4, 11-13; 1. Thess. 5, 19-21; Joel 3,<br />

1-5; Offb. 12, 17; 19, 10; 22, 9; 1. Kor. 1, 4-7) und legt dar, daß<br />

die Bibel selbst auf e<strong>in</strong>e beständige Verb<strong>in</strong>dung zwischen Gott<br />

und Mensch h<strong>in</strong>weist und im Zusammenhang damit auf e<strong>in</strong>e<br />

Neubelebung <strong>der</strong> geistlichen Gaben unmittelbar vor Jesu<br />

Wie<strong>der</strong>kunft.<br />

Siehe: Bibel (Auslegung), Geistliche Gaben, Heiliger Geist<br />

GEISTLICHE GABEN<br />

Im griechischen Text des Neuen Testaments kommen die<br />

Bezeichnungen „geistliche Gaben“ o<strong>der</strong> „Gaben des Geistes“<br />

wörtlich nicht vor, es wird aber versucht, mit diesen Begriffen<br />

das griechische Wort charisma (E<strong>in</strong>zahl) o<strong>der</strong> charismata<br />

(Mehrzahl) wie<strong>der</strong>zugeben. Es bedeutet Gabe, Geschenk,<br />

Wohltat, Zuwendung.<br />

Der Heilige Geist ist die Gabe, die Gott se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de<br />

74


Grundbegriffe von A-Z<br />

zu Pf<strong>in</strong>gsten gegeben hat (Apg. 2, 1 ff; Joh. 14, 16). Er ist Gabe<br />

und Geber zugleich. Durch die verliehenen Gaben leitet und<br />

führt er die Geme<strong>in</strong>de. Für die vielfältigen Gaben und Fähigkeiten<br />

gebraucht Paulus verschiedene Bezeichnungen: Gnadengaben<br />

(1. Kor. 12, 4), Dienste (1. Kor. 12, 5), Wirkkräfte (1. Kor.<br />

12, 6), Offenbarung des Geistes (1. Kor. 12, 7).<br />

Zu diesen vom Heiligen Geist gewirkten Gaben gehören<br />

die Dienste <strong>der</strong> Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und<br />

Lehrer (Eph. 4, 11). Weiter werden genannt: „Wun<strong>der</strong>täter,<br />

Gaben gesund zu machen, Helfer, Regierer, mancherlei<br />

Zungen“ (1. Kor. 12, 28). An folgenden Stellen wird die Vielzahl<br />

<strong>der</strong> Gaben aufgeführt: 1. Thess. 5, 19-21 ; 1. Kor. 12, 7-11 ; 12,<br />

28-30; Röm. 12, 6-8; Eph. 4, 7-11; 1. Petr. 4, 10. 11.<br />

Auffallend ist, daß Paulus unterschiedliche Gaben mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

verb<strong>in</strong>det und auf denselben Ursprung zurückführt.<br />

Neben übernatürlichen Kraftwirkungen steht die Gabe <strong>der</strong><br />

Leitung ; selbst Hilfeleistungen, Werke <strong>der</strong> Barmherzigkeit und<br />

alle an<strong>der</strong>en Dienste zum Nutzen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de rechnet Paulus<br />

zu den Charismata. In 1. Kor. 12, 8-10 stehen nicht die <strong>in</strong>s<br />

Auge fallenden Gaben an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> Aufstellung, son<strong>der</strong>n<br />

Wort- und Erkenntnisgaben.<br />

Der Heilige Geist verteilt die Gaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de „wie<br />

er will“ (1. Kor. 12, 11). Sie dienen ausschließlich <strong>der</strong> Auferbauung<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, s<strong>in</strong>d zum Nutzen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de gegeben<br />

(1. Kor. 12, 7; 14, 3) und s<strong>in</strong>d durch und durch Dienstgaben.<br />

Jedes Glied am Leibe Christi hat Anteil an den Gaben des<br />

Geistes. Es gilt, „gute Haushalter Gottes“ über die anvertrauten<br />

Gaben zu se<strong>in</strong> (1. Petr. 4,10).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> betonen, daß <strong>der</strong> Heilige<br />

Geist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de ständig wirkt bis zur Wie<strong>der</strong>kunft Jesu<br />

(Joh. 14, 16; Apg. 2, 38. 39). Auf Grund von Joel 3, 1 ff glauben<br />

sie, daß sich vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft des Sohnes Gottes <strong>in</strong> Kraft<br />

und Herrlichkeit <strong>der</strong> Heilige Geist mit sei-<br />

75


Grundbegriffe von A-Z<br />

nen Gaben noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise offenbaren wird.<br />

Auf Grund von Offb. 12, 17 und 19, 10 s<strong>in</strong>d <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> davon überzeugt, daß <strong>der</strong> „Gabe <strong>der</strong> Weissagung“<br />

dabei e<strong>in</strong>e wesentliche Bedeutung zukommt.<br />

Die geistlichen Gaben s<strong>in</strong>d für die Geme<strong>in</strong>de notwendig,<br />

solange sie noch nicht am Ziel ist. Sie f<strong>in</strong>den ihr Ende, wenn<br />

Christus wie<strong>der</strong>kommt (1. Kor. 13, 8. 10). Deshalb gehören die<br />

Gaben des Geistes zum „Stückwerk“ (1. Kor. 13, 9), zum<br />

Unvollkommenen. Als vollendete Geme<strong>in</strong>de wird die Geme<strong>in</strong>de<br />

im Zustand <strong>der</strong> Vollkommenheit se<strong>in</strong> und ke<strong>in</strong>er Auferbauung<br />

mehr bedürfen. Die Gaben hören auf, aber <strong>der</strong> Geber <strong>der</strong><br />

Gaben, <strong>der</strong> Heilige Geist, bleibt, weil er Gott selbst ist.<br />

Siehe: Geist <strong>der</strong> Weissagung, Heiliger Geist<br />

GEMEINDE<br />

„Geme<strong>in</strong>de“ bzw. „Kirche“ ist die Übersetzung des griechischen<br />

Wortes „ekklesia“ und bedeutet wörtlich „die Herausgerufene“.<br />

Das war e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong> übliches griechisches Wort für e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>berufene Versammlung. Es enthält auch den H<strong>in</strong>weis, daß<br />

das Volk durch Heralde zu öffentlichen Versammlungen gerufen<br />

wurde. Die Septuag<strong>in</strong>ta übersetzt mit „ekklesia“ das hebräische<br />

Wort „qahal“, womit das Alte Testament sowohl e<strong>in</strong>e Versammlung<br />

<strong>der</strong> Hebräer als auch des ganzen Israel als Geme<strong>in</strong>schaft<br />

bezeichnet. im Neuen Testament ist unter dem Begriff „ekklesia“<br />

zu verstehen:<br />

1. Christen, die sich zum Gottesdienst versammeln (1. Kor. 11,<br />

18; 14, 5. 28)<br />

2. die Zusammenkunft aller an e<strong>in</strong>em Ort wohnenden Christen<br />

(Matth. 18, 17; Apg. 5, 11; 8, 3 u. 6.)<br />

3. die Gesamtheit aller Christen, die weltumspannende<br />

Geme<strong>in</strong>de, zu <strong>der</strong> alle Gläubigen an allen Orten gehören<br />

(Matth. 16, 18; 1. Kor. 10, 32; 12, 28; Hebr. 12, 23 u. ö.)<br />

76


Grundbegriffe von A-Z<br />

Das Wesen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de wird im Neuen Testament<br />

durch bestimmte Begriffe veranschaulicht, z. B.: Leib, Tempel,<br />

Haushalt, Familie, Versammlung.<br />

Jesus Christus ist das Haupt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de. Die Geme<strong>in</strong>de<br />

ist se<strong>in</strong> Leib (Eph. 1, 22. 23; 5, 23). So ist Christus <strong>der</strong> Herr<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de und „<strong>in</strong> allen D<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Erste“ (Kol. 1, 18).<br />

Wenn sich die Geme<strong>in</strong>de ihrem göttlichen Haupt völlig unterordnet,<br />

kann er sie re<strong>in</strong>igen und heiligen, so daß sie „heilig und<br />

unsträflich“ se<strong>in</strong> wird (Eph. 5, 23-27). Als Haupt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de,<br />

von dem alle Weisung und Weisheit kommt, leitet Christus se<strong>in</strong><br />

Volk <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Plänen und Taten, trägt Sorge für die Zusammenarbeit<br />

aller, gibt jedem Glied Weisheit und Kraft, so daß sie<br />

zusammenwirken und wachsen können „zu <strong>der</strong> Größe, wie Gott<br />

sie will“ (Kol. 2, 19; vgl. Eph. 4, 15. 16).<br />

Jesus Christus „baut“ se<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de (Matth. 16. 18) „<strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gefügt<br />

... zu e<strong>in</strong>em heiligen Tempel“, an dem Christus<br />

<strong>der</strong> Eckste<strong>in</strong> ist und die Apostel und Propheten den Grund<br />

bilden (Eph. 2, 21; vgl. 1. Petr. 2, 6-8). Mit <strong>der</strong> Berufung <strong>der</strong><br />

Apostel durch Jesus wurde die christliche Geme<strong>in</strong>de gegründet.<br />

Sie wuchs, als <strong>der</strong> Heilige Geist durch die Predigt <strong>der</strong> Apostel<br />

und das Zeugnis <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> weitere „lebendige<br />

Ste<strong>in</strong>e“ herzubrachte (1. Kor. 3, 16, 17; 1. Petr. 2, 5), die zu<br />

e<strong>in</strong>er „Behausung Gottes im Geist“ (Eph. 2, 22) wurden, zum<br />

„geistlichen Hause“, <strong>in</strong> dem Männer und Frauen, die Jesus als<br />

ihren Herrn und Heiland angenommen haben, „geistliche Opfer“<br />

darbr<strong>in</strong>gen, „die Gott angenehm s<strong>in</strong>d“ (1. Petr. 2, 5). Bekehrte<br />

Männer und Frauen werden „Gottes Hausgenossen“ (Eph. 2,<br />

19) und s<strong>in</strong>d nicht länger „Gäste und Fremdl<strong>in</strong>ge“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gott<br />

entfremdeten Welt, son<strong>der</strong>n gehören zu denen, „was da K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

heißt im Himmel und auf Erden“ (Eph. 3, 15). „Die Gläubigen<br />

auf Erden und die nie gefallenen Wesen im Himmel bilden e<strong>in</strong>e<br />

Geme<strong>in</strong>de.“ Zu dieser großen Familie gehören die Engel, <strong>der</strong><br />

Heilige Geist, Jesus, <strong>der</strong> Vater und zweifellos auch die ungefallenen<br />

Wesen an<strong>der</strong>er Welten (Hebr. 12, 22-24).<br />

77


Grundbegriffe von A-Z<br />

Die Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Christi auf Erden s<strong>in</strong>d die „Versammlung<br />

und Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Erstgebornen, die im Himmel<br />

angeschrieben s<strong>in</strong>d“ (Hebr. 12, 23). Die wie<strong>der</strong>geborenen<br />

Glie<strong>der</strong> je<strong>der</strong> Ortsgeme<strong>in</strong>de – alle, „die den Namen unsres<br />

Herrn Jesus Christus anrufen an jedem Ort“ (1. Kor. 1, 2) – s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> weltumspannenden Geme<strong>in</strong>de; Sie erfreuen sich<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit allen, die Christus als das Haupt <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>de anerkennen (1. Joh. 1, 3).<br />

Jesus Christus ist <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, die die<br />

ganze Familie Gottes von Adam bis zum Ende <strong>der</strong> Welt und im<br />

beson<strong>der</strong>en S<strong>in</strong>n die christliche Geme<strong>in</strong>de umfaßt, die er<br />

während se<strong>in</strong>es Erdenlebens gegründet hat. Als das e<strong>in</strong>stige<br />

Volk Israel Christus ablehnte, wurde es als Nation, toten<br />

Zweigen vergleichbar, von <strong>der</strong> Wurzel Abraham abgeschnitten.<br />

Das wahre Israel aber war jener treue Überrest, <strong>der</strong> den<br />

Messias annahm. Auf diesen ursprünglichen Wurzelstock<br />

wurden die Heidenchristen aufgepfropft (Röm. 11, 5. 17. 24. 26;<br />

vgl. 9, 6). So gehören heute zum Baum sowohl die leiblichen<br />

als auch die geistigen K<strong>in</strong><strong>der</strong> Abrahams, die an Jesus Christus<br />

glauben (Gal. 3, 16. 26-29).<br />

Christus sorgte für die göttliche Führung se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de,<br />

<strong>in</strong>dem er e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>spirierten Bericht über se<strong>in</strong> Leben und<br />

se<strong>in</strong>en Willen gab, <strong>der</strong> durch die Propheten und Apostel<br />

offenbart wurde (Joh. 16, 13; 1. Joh. 1, 1-3; Hebr. 1, 1.2). Er<br />

sandte den Heiligen Geist als se<strong>in</strong>en Stellvertreter und Helfer<br />

für die Geme<strong>in</strong>de. Er setzte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong> Lehramt e<strong>in</strong><br />

und rüstete sie mit den nötigen geistlichen Gaben aus, die sich<br />

<strong>in</strong> verschiedenen Glie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de bekunden (Eph. 4, 8-<br />

16; 1. Kor. 12, 4-12, 28; Röm. 12, 4-8). Dann erteilte er <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>de den Auftrag, <strong>in</strong> alle Welt zu gehen, Christus zu<br />

verkündigen, die Menschen zu lehren, se<strong>in</strong>e Gebote zu haken,<br />

und alle, die ihn annehmen und se<strong>in</strong>em Wort gehorchen, zu<br />

Jüngern zu machen und durch die Taufe <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>der</strong> Christen aufzunehmen (Matth. 28, 18-20). Er gab <strong>der</strong> Ge-<br />

78


Grundbegriffe von A-Z<br />

me<strong>in</strong>de Vollmacht, Lehrer zu berufen (Apg. 13, 1-3), Glie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

die Geme<strong>in</strong>de aufzunehmen und Abtrünnige auszuschließen<br />

(Joh. 20, 22.23; Matth. 16, 19; 18, 15-18). Daraus wird deutlich,<br />

daß die Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>e Bru<strong>der</strong>schaft von Gläubigen ist, e<strong>in</strong>e<br />

geistliche Geme<strong>in</strong>schaft, e<strong>in</strong> herzliches Verbundense<strong>in</strong> mit<br />

allen, die Christus als ihren Herrn anerkennen, se<strong>in</strong> Kreuz auf<br />

sich genommen haben, se<strong>in</strong>em Wort gehorchen und so zu<br />

Gottes Söhnen und Töchtern geworden s<strong>in</strong>d.<br />

Gottes Geme<strong>in</strong>de ist mehr als e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>igung o<strong>der</strong> Organisation<br />

von Menschen. Sie ist e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft von<br />

Gläubigen, die von Gott aus allen Län<strong>der</strong>n und Zeiten erwählt<br />

wurde, <strong>der</strong>en Glie<strong>der</strong> im Glauben e<strong>in</strong>s s<strong>in</strong>d und durch Gottes<br />

Gnade Vergebung <strong>der</strong> Sünden empfangen haben. Durch die<br />

Kraft des <strong>in</strong>newohnenden Heiligen Geistes s<strong>in</strong>d sie neue<br />

Menschen geworden.<br />

Die Vere<strong>in</strong>igung mit dem Leib Christi geschieht zeichenhaft<br />

durch die Taufe und f<strong>in</strong>det ihren sichtbaren Ausdruck im<br />

Empfang <strong>der</strong> Gnadenmittel Gottes, im geme<strong>in</strong>samen Gottesdienst<br />

und im Wirken für Jesus. Ke<strong>in</strong> Mensch kann von sich aus<br />

entscheiden, wer zur weltweiten Geme<strong>in</strong>de Gottes gehört und<br />

wer nicht. Wesentlich für die Geme<strong>in</strong>de ist, daß Jesus Christus<br />

im Geist und Herzen <strong>der</strong>er lebt, die ihn als Heiland angenommen<br />

haben. Sie lieben ihn und sich untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und gehorchen<br />

se<strong>in</strong>em Wort, soweit es ihnen verständlich geworden ist.<br />

Geme<strong>in</strong>de existiert, wo e<strong>in</strong>e lebendige Verb<strong>in</strong>dung zwischen<br />

Jesus Christus und se<strong>in</strong>em Volk besteht, gewirkt durch die Kraft<br />

des Heiligen Geistes.<br />

Von Zeit zu Zeit hat Gott Bewegungen <strong>in</strong>s Leben gerufen,<br />

um den Menschen e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Botschaft <strong>der</strong> Warnung o<strong>der</strong><br />

Unterweisung zu übermitteln o<strong>der</strong> sie zu e<strong>in</strong>em tieferen<br />

Verständnis se<strong>in</strong>es Willens zu führen. Gottes Geist bediente<br />

sich menschlicher Werkzeuge und führte sie zusammen, um<br />

se<strong>in</strong>e Absichten mit <strong>der</strong> Welt voranzutreiben. Zu diesem Zweck,<br />

so glauben die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, hat Gott die<br />

Adventbewegung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endzeit, un-<br />

79


Grundbegriffe von A-Z<br />

mittelbar vor dem zweiten Kommen Christi, <strong>in</strong>s Leben gerufen.<br />

Sie s<strong>in</strong>d überzeugt, daß das e<strong>in</strong>e Erfüllung <strong>der</strong> Weissagung <strong>in</strong><br />

Offb. 14, 6-12 und 12, 17 ist. Geme<strong>in</strong>sam mit allen bibelgläubigen<br />

Christen halten sie fest an <strong>der</strong> grundlegenden Wahrheit<br />

des Evangeliums, glauben aber, daß sie nach Gottes Plan die<br />

Aufgabe haben, die Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Welt auf das baldige<br />

Kommen Christi und auf Gottes heiliges Gesetz zu lenken. Das<br />

s<strong>in</strong>d die zwei bedeutsamen Wahrheiten, die weitgehend<br />

mißachtet werden. Durch die Vernachlässigung des göttlichen<br />

Gesetzes wurde <strong>der</strong> Sabbat des vierten Gebotes beiseite<br />

gesetzt, <strong>der</strong> doch e<strong>in</strong> Gedächtnis <strong>der</strong> Schöpfung und e<strong>in</strong><br />

Zeichen <strong>der</strong> persönlichen Erlösung durch Christus ist. Die<br />

Erfüllung dieser Aufgabe erfor<strong>der</strong>t mehr H<strong>in</strong>gabe, als viele<br />

Christen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>n Geme<strong>in</strong>schaften aufzubr<strong>in</strong>gen bereit s<strong>in</strong>d.<br />

Dazu ist auch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Körperschaft nötig, die sich<br />

dieser Aufgabe widmet und daran arbeitet, um das <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Weissagung beschriebene Ziel zu erreichen. Die Weissagung<br />

zeigt deutlich, woran das Volk erkannt werden kann, das diese<br />

Aufgabe erfüllt und wor<strong>in</strong> <strong>der</strong> Auftrag besteht (Offb. 12, 17; 14,<br />

6-12).<br />

Nach adventistischem Verständnis ist die Geme<strong>in</strong>de sowohl<br />

sichtbar wie unsichtbar vorhanden. Sichtbar ist sie als<br />

Zusammenschluß von Menschen, die Gott berufen und<br />

beauftragt hat, se<strong>in</strong>e Absicht zu e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit auszuführen.<br />

Unsichtbar aber ist sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> großen Schar aufrichtiger<br />

und opferbereiter Männer und Frauen <strong>in</strong>-o<strong>der</strong> außerhalb von<br />

Kirchen und Geme<strong>in</strong>schaften, die Gott im Geist und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Wahrheit entsprechend ihrer Erkenntnis anbeten.<br />

Die Geme<strong>in</strong>de hat e<strong>in</strong>e doppelte Aufgabe. Der Welt gegenüber<br />

ist sie berufen zur Verkündigung des Evangeliums<br />

(Mark. 16, 15. 16), zur Bewahrung <strong>der</strong> biblischen Wahrheit (1.<br />

Tim. 6, 3; 2. Tim. 1, 13; 2. Joh. 9), zu e<strong>in</strong>em unbefleckten<br />

christlichen Wandel (1. Petr. 3, 1. 2), zur Fürbitte (1. Tim. 2, 1.<br />

2) sowie Mittler des empfangenen Segens zu se<strong>in</strong> (1. Mose 12,<br />

2; Gal. 6, 10).<br />

80


Grundbegriffe von A-Z<br />

Sich selbst gegenüber hat die Geme<strong>in</strong>de die Aufgabe, die<br />

E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Ges<strong>in</strong>nung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe zu üben (Phil. 2, 1-5), <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Mannigfaltigkeit <strong>der</strong> Gaben e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu dienen (1. Kor. 12,<br />

29.30), willig zu se<strong>in</strong> zur Unterordnung aus Liebe (Eph. 5, 21),<br />

gegenseitige Toleranz zu üben (Röm. 14, 13), <strong>in</strong> den von Gott<br />

gesetzten Grenzen zu leben (2. Kor. 6, 14), bereit zu se<strong>in</strong> zu<br />

Sündenbekenntnis und Vergebung untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> (Jak. 5, 16;<br />

Eph. 4, 32), Ermahnung (Hebr. 3, 13), Erbauung (1. Thess. 5,<br />

11) und Trost (1. Thess. 4, 18) zu gewähren, Freigebigkeit<br />

gegenüber Bedürftigen walten zu lassen (Gal. 6, 10) und<br />

Geme<strong>in</strong>dezucht zu üben (Matth. 18, 15-18; 1. Kor. 5, 13).<br />

Wenn <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> auch davon überzeugt<br />

s<strong>in</strong>d, daß die Weissagungen <strong>in</strong> Offb. 14, 6-12 und 12, 17<br />

beson<strong>der</strong>s auf ihre Geschichte und ihr Werk h<strong>in</strong>weisen,<br />

beanspruchen sie doch nicht, die alle<strong>in</strong>igen K<strong>in</strong><strong>der</strong> Gottes <strong>in</strong><br />

dieser Zeit zu se<strong>in</strong>. Wohl glauben sie, daß die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die sichtbare Organisation ist,<br />

durch die Gott se<strong>in</strong>e letzte Botschaft verkündigt, wissen aber<br />

zugleich, daß Jesus selbst gesagt hat: „Ich habe noch an<strong>der</strong>e<br />

Schafe, die s<strong>in</strong>d nicht aus diesem Stolle“ (Joh. 10, 16).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß Gott <strong>in</strong> und<br />

durch alle christlichen Konfessionen wirkt, <strong>der</strong>en verantwortliche<br />

Leiter bereit s<strong>in</strong>d, bei ihren Entscheidungen alle<strong>in</strong> göttliche<br />

Führung zu suchen. Sie s<strong>in</strong>d ferner davon überzeugt, daß ihre<br />

Botschaft, die sie <strong>der</strong> Welt zu br<strong>in</strong>gen haben, tatsächlich die<br />

Ursache für die Entstehung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> war – von Gott für diese Zeit bestimmt. Diese<br />

hohe Aufgabe macht die Adventgeme<strong>in</strong>de ganz deutlich zu<br />

Gottes sichtbarem Volk auf Erden. <strong>Adventisten</strong> wissen, daß ihre<br />

verantwortlichen Leiter und Prediger genauso wie an<strong>der</strong>e<br />

entschiedene Christen <strong>der</strong> menschlichen Begrenzung unterliegen<br />

und <strong>in</strong> ihrem Urteil irren können. Dennoch glauben sie, daß<br />

Gott sie <strong>in</strong> ihren Entscheidungen leitet und wie<strong>der</strong> zurechtbr<strong>in</strong>gt,<br />

wenn e<strong>in</strong> Irrtum <strong>in</strong> ihrem Denken o<strong>der</strong><br />

81


Grundbegriffe von A-Z<br />

Handeln weitreichende Folgen für die Geme<strong>in</strong>de haben könnte.<br />

In allen wichtigen Anliegen, die Leben und Lehre <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

betreffen, werden Entscheidungen nur<br />

auf Vollversammlungen <strong>der</strong> Generalkonferenz getroffen, zu <strong>der</strong><br />

die Delegierten von den Geme<strong>in</strong>den aus aller Welt ordnungsgemäß<br />

e<strong>in</strong>geladen werden. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

glauben, daß Gott se<strong>in</strong> Werk auf Erden auf diese Weise auch<br />

heute leitet.<br />

Schließlich s<strong>in</strong>d sie davon überzeugt, daß es Gottes Absicht<br />

ist, die Übrigen se<strong>in</strong>es Volkes zu erretten, dazu die Menge<br />

<strong>der</strong> ernsten, aufrichtigen Gläubigen aus allen Kirchen und<br />

Geme<strong>in</strong>schaften, die gemäß ihrer Erkenntnis leben. Wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

s<strong>in</strong>d sie alle Glie<strong>der</strong> jener Schar <strong>der</strong> „Übrigen“, die <strong>in</strong><br />

Offb. 12, 17 beschrieben wird. Im Geist christlicher Demut<br />

sehen es <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> als ihre große Aufgabe<br />

und e<strong>in</strong>e göttliche Gnade an, das Werk, das mit <strong>der</strong> protestantischen<br />

Reformation im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t begann, zu vollenden.<br />

Deswegen lenken sie die Aufmerksamkeit auf bestimmte<br />

wichtige Lehren <strong>der</strong> Heiligen Schrift, die die Christenheit im<br />

allgeme<strong>in</strong>en aus dem Auge verloren hat.<br />

So verkündigen sie Gottes letzte Botschaft aus Offb. 14,<br />

6-12, um alle aufgeschlossenen Menschen h<strong>in</strong>zuweisen auf die<br />

Nähe <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi <strong>in</strong> Kraft und Herrlichkeit und ihnen<br />

zu helfen, dem Herrn im Frieden zu begegnen.<br />

Siehe: Drei-Engel-Botschaften, Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Übrigen<br />

GEMEINDE DER ÜBRIGEN<br />

„Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Übrigen“ ist e<strong>in</strong> biblischer Begriff, <strong>der</strong> von den<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en S<strong>in</strong>n<br />

verwendet wird. Damit werden diejenigen bezeichnet, die Gott<br />

beauftragt hat, <strong>der</strong> Welt se<strong>in</strong>e letzte Gnadenbotschaft zu<br />

verkündigen, ehe die Gnadenzeit endet und Christus <strong>in</strong> Kraft<br />

und Herrlichkeit wie<strong>der</strong>kommt. Nach adventistischem Verständnis<br />

bilden die drei Engelrufe aus<br />

82


Grundbegriffe von A-Z<br />

Offb. 14, 6-12, verbunden mit Offb. 18, 1-4, die letzte Botschaft,<br />

die alle Menschen mahnt, angesichts <strong>der</strong> Gerichtszeit den<br />

Schöpfer anzubeten. Gleichzeitig warnt sie vor dem <strong>in</strong> Offb. 13,<br />

11-17 vorausgesagten großen Abfall <strong>der</strong> Endzeit. Überzeugt<br />

davon, daß die Zeit zur Verkündigung dieser Botschaft gekommen<br />

ist und daß Gott ihnen die Aufgabe gegeben hat, diese<br />

Botschaft zu tragen, sehen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> <strong>in</strong> dem<br />

Begriff „die Übrigen“ e<strong>in</strong>e treffende Bezeichnung, die ihrer<br />

Aufgabe als Gottes berufene Zeugen für das letzte Geschlecht<br />

dieser Erde entspricht. Gleichzeitig s<strong>in</strong>d sie davon überzeugt,<br />

daß Gott ihm treu ergebene Menschen auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>n christlichen<br />

Kirchen hat.<br />

Der Ausdruck „die Übrigen“ aus Offb. 12, 17, von dem die<br />

Wendung „Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Übrigen“ abgeleitet ist, geht zurück<br />

auf das Alte Testament. Dort werden unter den „Übrigen“ die<br />

Geschlechter jener Israeliten verstanden, die durch die<br />

Jahrhun<strong>der</strong>te Gottes erwähltes Volk blieben. Dieser treue Rest<br />

war Erbe <strong>der</strong> Verheißungen, Rechte und Verantwortungen des<br />

Bundes, <strong>der</strong> zuerst mit Abraham geschlossen und später am<br />

S<strong>in</strong>ai bestätigt wurde. Diese Israeliten, die alle Trübsal wie<br />

Abfall, Krieg, Gefangenschaft, Seuchen und Hungersnot<br />

überlebt hatten, waren aus Gnaden verschont worden, damit<br />

Gottes erwähltes Volk fortbestand (vgl. 2. Chron. 30, 6; Esra 9,<br />

14; Jes. 10, 20; Hes. 6, 8. 9; 7, 16). Es war stets e<strong>in</strong>e verhältnismäßig<br />

kle<strong>in</strong>e Schar, die Gott treu blieb und die im Bund<br />

verankerten Rechte und Pflichten erneut bejahte und Zeuge für<br />

Gott war (2. Kön. 19, 30. 31; Jes. 37, 31.32; 66, 19).<br />

Die protestantischen Kirchen <strong>der</strong> Reformation konnte man<br />

nach mehr als e<strong>in</strong>em Jahrtausend päpstlicher Herrschaft<br />

ebenso als Gottes treuen „Rest“ ansehen. Nach adventistischem<br />

Verständnis erfüllten verschiedene protestantische<br />

Gruppen die ihnen von Gott zugedachte Aufgabe als Vorläufer<br />

<strong>der</strong> Wahrheit, <strong>in</strong>dem sie Schritt um Schritt das Evangelium zu<br />

se<strong>in</strong>er ursprünglichen Re<strong>in</strong>heit zurückführten. Lei<strong>der</strong> begnügten<br />

sich diese Gruppen meist nur mit<br />

83


Grundbegriffe von A-Z<br />

e<strong>in</strong>em Teilaspekt <strong>der</strong> Wahrheit und versäumten, ihrer größeren<br />

Erkenntnis entsprechend voranzuschreiten. Immer wenn man<br />

sich weigerte, auf dem Weg <strong>der</strong> Wahrheit vorwärtszugehen,<br />

erwählte sich Gott neue Werkzeuge, die se<strong>in</strong> Wort den Menschen<br />

verkündigten.<br />

Schließlich erwählte sich Gott zur „Zeit des Endes“ – zu<br />

jener Zeit also, <strong>in</strong> <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e letzte Botschaft (Offb. 14, 6-12)<br />

verkündigt werden sollte – e<strong>in</strong>en weiteren „Rest“, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Offb.<br />

12, 17 als „die Übrigen“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er langen und würdigen Reihe von<br />

Glaubenshelden genannt wird. Dieser Überrest wurde ausersehen,<br />

Gottes letzten Ruf <strong>der</strong> Welt zu verkündigen, damit sie das<br />

Gnadengeschenk <strong>der</strong> Erlösung annimmt. Von den Anfängen an<br />

verstanden die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die drei Botschaften<br />

aus Offb. 14, 6-12 als Gottes letzte E<strong>in</strong>ladung an die<br />

Sün<strong>der</strong> und erkannten dar<strong>in</strong> den ihnen von Gott gegebenen<br />

Auftrag. In aller Demut waren sie davon überzeugt, daß die<br />

Kennzeichen <strong>der</strong> „Übrigen“ aus Offb. 12, 17 auf sie zutreffen.<br />

Sie s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Auffassung, daß ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Geme<strong>in</strong>de die<br />

Botschaft aus Offb. 14, 6-12 <strong>in</strong> vollem Umfang verbreitet,<br />

wissen aber zugleich, daß Gott darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> allen christlichen<br />

Kirchen se<strong>in</strong>e Getreuen hat, die bereit s<strong>in</strong>d, ihr Leben <strong>in</strong><br />

Übere<strong>in</strong>stimmung mit Gottes geoffenbartem Willen zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Sie werden auch als Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Übrigen“<br />

angesehen.<br />

E<strong>in</strong> Kapitel <strong>der</strong> ersten adventistischen Broschüre „E<strong>in</strong><br />

Wort an die kle<strong>in</strong>e Herde“ (A Word to the Little Flock 1847) trug<br />

die Überschrift „An die weit umher verstreuten Übrigen“. Da<br />

wurde wahrsche<strong>in</strong>lich zum erstenmal <strong>der</strong> Begriff „die Übrigen“<br />

im adventistischen S<strong>in</strong>n gebraucht. Im „Review and Herald“<br />

vom 28. Februar 1856 g<strong>in</strong>g Uriah Smith auf e<strong>in</strong>e Anfrage e<strong>in</strong>,<br />

warum sich die <strong>Siebenten</strong><strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> für „die Übrigen“<br />

hielten, wovon sie die „Übrigen“ seien und ob sie sich selber als<br />

Juden betrachteten. Smith erklärte, die Christen seien „nach <strong>der</strong><br />

Verheißung Erben“ (Gal. 3, 7. 29); dann führte er Offb. 12, 17<br />

an und bezog das Wort „die Übrigen“ über das jüdische<br />

84


Grundbegriffe von A-Z<br />

Zeitalter h<strong>in</strong>aus bis auf die christliche Zeit. Im weiteren zeigte<br />

er, daß die <strong>in</strong> Offb. 12, 17 aufgezählten Kennzeichen alle<strong>in</strong> auf<br />

die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> zutreffen; denn sie wissen sich<br />

gerufen, festzuhalten an allen Geboten und am Glauben an<br />

Jesus. Er bezog sich auch auf Joel 3, 1-5, wo von „den<br />

Entronnenen, die <strong>der</strong> Herr berufen wird“, die Rede ist, und<br />

schloß: „Wir erheben Anspruch darauf, die Übrigen zu se<strong>in</strong>,<br />

soweit wir <strong>der</strong>en Kennzeichen tragen.“<br />

Im folgenden Jahr rechtfertigte James White die Anwendung<br />

des Ausdrucks „die Übrigen“ auf die <strong>Siebenten</strong><strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong>. Dabei kam er zu <strong>der</strong> Schlußfolgerung:<br />

1. Satans Verfolgung <strong>der</strong> Übrigen ist das letzte Glied <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

prophetischen Kette von Offb. 12 (<strong>der</strong> Textzusammenhang<br />

setzt „die Übrigen“ von Offb. 12, 17 <strong>in</strong> die Zeit nach den<br />

1260 Tagen <strong>der</strong> Verse 6 und 14)<br />

2. „<strong>der</strong> Ausdruck ,die Übrigen‘ muß e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild se<strong>in</strong> für die<br />

letzten Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Jesu, die unmittelbar vor<br />

se<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>kunft leben“; und<br />

3. möchten die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> als e<strong>in</strong> Volk, das<br />

Gottes Gebote beachtet, den <strong>in</strong> Offb. 12, 17 gegebenen<br />

Kennzeichen entsprechen. (Review and Herald, 8. Januar<br />

1857)<br />

Die frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> bezeichneten<br />

sich selbst als „die Übrigen“, weil sie damals <strong>der</strong> nicht organisierte<br />

und verstreute Überrest <strong>der</strong>jenigen waren, die die<br />

Adventbotschaft angenommen hatten und immer noch überzeugt<br />

waren, daß Gott sie geführt habe und auch weiterh<strong>in</strong><br />

führen werde, wenn sie als kle<strong>in</strong>e Schar an <strong>der</strong> Adventhoffnung<br />

festhielten. Heute legen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> Nachdruck<br />

auf die biblische Bedeutung und Anwendung dieses<br />

Begriffs, <strong>der</strong> auf all jene zutrifft, die Gott <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit vor <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>kunft Christi zu se<strong>in</strong>en Zeugen erwählt. (vgl. ABC zu<br />

Offb. 12)<br />

Siehe: Drei-Engel-Botschaften, Geme<strong>in</strong>de<br />

85


Grundbegriffe von A-Z<br />

GERECHTIGKEIT DURCH DEN<br />

GLAUBEN<br />

Im adventistischen Sprachgebrauch wird mit „Gerechtigkeit<br />

durch den Glauben“ die Bekehrung durch den Glauben an<br />

Christus bezeichnet (oft „Rechtfertigung durch den Glauben“<br />

genannt), ebenso die über das ganze Leben sich erstreckende<br />

christliche Erfahrung, die gleicherweise auf dem Glauben an<br />

Christus beruht.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Überzeugung, daß<br />

die Wie<strong>der</strong>geburt – wie wichtig sie auch ist – nur <strong>der</strong> Anfang<br />

e<strong>in</strong>er lebenslangen Erfahrung des H<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wachsens <strong>in</strong> Christus<br />

ist. Darauf folgt die schrittweise Umwandlung des Lebens <strong>in</strong> das<br />

Vorbild, das uns durch das vollkommene Leben Christi gesetzt<br />

ist. Derselbe Christus, <strong>der</strong> den Menschen auf Grund des<br />

Glaubens errettet, wird ihn auch durch den Glauben zu e<strong>in</strong>er<br />

christlichen Lebensführung befähigen. Somit wirkt sich die<br />

Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus im Leben<br />

fortschreitend aus. Deutlich wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> adventistischen Lehre<br />

hervorgehoben, daß alle<strong>in</strong> Gott zu e<strong>in</strong>em christlichen Leben<br />

befähigt und daß das nie e<strong>in</strong> Mensch durch eigene Werke o<strong>der</strong><br />

gar durch die Erfüllung des göttlichen Sittengesetzes erreichen<br />

kann.<br />

Die Lehre von <strong>der</strong> Gerechtigkeit durch den Glauben gehörte<br />

von Anfang an zu den Grundlagen adventistischer<br />

Verkündigung. 1852 schrieb James White: „Wer Sabbathalter<br />

so darstellt, als verließen sie Jesus, die e<strong>in</strong>zige Quelle <strong>der</strong><br />

Gerechtigkeit, als achteten sie se<strong>in</strong> Sühneblut ger<strong>in</strong>g und<br />

suchten Rechtfertigung durch das Gesetz, <strong>der</strong> redet das<br />

entwe<strong>der</strong> aus Unwissenheit o<strong>der</strong> Bosheit“ (Review and Herald,<br />

10. Juni 1852)<br />

Über diesen e<strong>in</strong>deutigen Standpunkt <strong>der</strong> frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

f<strong>in</strong>det man kaum etwas <strong>in</strong> ihren Veröffentlichungen.<br />

Es gab ke<strong>in</strong>e Erörterung darüber. Das erklärt sich<br />

aus <strong>der</strong> Tatsache, daß man damals vor allem die die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

kennzeichnenden Lehren <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund rückte.<br />

Das Schweigen über die Gerechtigkeit durch den Glauben ist<br />

e<strong>in</strong> Zeichen dafür, welche unbe-<br />

86


Grundbegriffe von A-Z<br />

strittene Zustimmung diese christliche Lehre bei allen frühen<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> fand.<br />

Die 1874 neu herausgegebene Zeitschrift „Signs of the<br />

Times“ veröffentlichte e<strong>in</strong>e Aufstellung <strong>der</strong> wesentlichen<br />

Glaubenslehren <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft. Dar<strong>in</strong> wird erklärt, daß<br />

„Wie<strong>der</strong>geburt und Bekehrung“ das „Werk des Heiligen Geistes“<br />

s<strong>in</strong>d und auf Buße und Glauben folgen. E<strong>in</strong> noch umfassen<strong>der</strong>es<br />

Verständnis zeigt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aussage: „Wir s<strong>in</strong>d von<br />

Christus abhängig: e<strong>in</strong>mal um Rechtfertigung für die Übertretungen<br />

<strong>der</strong> Vergangenheit zu erlangen, zum an<strong>der</strong>n um <strong>der</strong><br />

Gnade willen, die es uns ermöglicht, fortan dem heiligen Gesetz<br />

<strong>in</strong> angemessener Weise zu gehorchen.“ (Ausgabe vom 4. Juni<br />

1874) Das wachsende Interesse an <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong><br />

Gerechtigkeit durch den Glauben, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitschrift „Signs<br />

of the Times“ zum Ausdruck kam, erreichte Mitte <strong>der</strong> neunziger<br />

Jahre e<strong>in</strong>en Höhepunkt. E. G. White, die ihre Bekehrung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

methodistischen Kirche erlebt hatte, legte ebenso wie ihr Mann<br />

großen Nachdruck auf die Glaubensgerechtigkeit. 1875 schrieb<br />

sie: „Christus führte hier auf Erden e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> vollkommener<br />

Gerechtigkeit, aber nicht um se<strong>in</strong>etwillen, son<strong>der</strong>n um <strong>der</strong><br />

gefallenen Menschen willen. Diese Gerechtigkeit bietet er<br />

jedem an, <strong>der</strong> ihn als Erlöser annimmt. Wenn <strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Sünden bereut, an Christus glaubt und gewillt ist, dem vollkommenen<br />

Gesetz Gottes gehorsam zu se<strong>in</strong>, wird ihm Christi<br />

Gerechtigkeit zugerechnet. Sie wird zu se<strong>in</strong>er Gerechtigkeit,<br />

und se<strong>in</strong> Name wird <strong>in</strong> das Lebensbuch des Lammes geschrieben.“<br />

Über die Bekehrung von John Wesley schrieb E. G. White<br />

1888: „Er setzte se<strong>in</strong> strenges, selbstverleugnendes Leben fort,<br />

das nun nicht mehr <strong>der</strong> Grund, son<strong>der</strong>n die Folge des Glaubens,<br />

nicht mehr die Wurzel, son<strong>der</strong>n die Frucht <strong>der</strong> Heiligung<br />

war ... Wesleys Leben war <strong>der</strong> Verkündigung jener großen<br />

Wahrheiten gewidmet, die er empfangen hatte: Gerechtigkeit<br />

durch den Glauben an das versöhnende Blut Christi und die<br />

das Leben erneuernde Kraft des Heiligen Geistes, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em neuen Le-<br />

87


Grundbegriffe von A-Z<br />

ben erweist.“ (GK 257) In diesen Sätzen kommt e<strong>in</strong> wesentliches<br />

Anliegen E. G. Whites zum Ausdruck, das sie ihr ganzes<br />

Leben lang bewegte.<br />

E<strong>in</strong>ige verantwortliche Persönlichkeiten <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft,<br />

unter ihnen E. G. White, verspürten <strong>in</strong> den achtziger<br />

Jahren die wachsende Not, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> adventistischen Verkündigung<br />

immer weniger von <strong>der</strong> Gerechtigkeit durch den<br />

Glauben zu hören war. Die ständige Betonung <strong>der</strong> adventistischen<br />

Unterscheidungslehren hatte verdrängt, was Kernstück<br />

des Evangeliums war. Auf <strong>der</strong> Generalkonferenz 1888 <strong>in</strong><br />

M<strong>in</strong>neapolis (M<strong>in</strong>nesota) wurde deshalb diese Frage als<br />

Hauptpunkt erörtert. E. J. Waggoner, Schriftleiter von „Signs of<br />

the Times“, sprach auf dieser Versammlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe<br />

biblischer Betrachtungen über Gesetz und Evangelium.<br />

Daneben g<strong>in</strong>g E. G. White <strong>in</strong> mehreren Vorträgen ausführlich<br />

auf die Bedeutung e<strong>in</strong>es klaren Verständnisses <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

durch den Glauben e<strong>in</strong>. Sie nahm Bezug auf das von<br />

Waggoner behandelte Thema über das Verhältnis von Gesetz<br />

und Evangelium: „Das Gesetz hat ke<strong>in</strong>e Kraft, den Obertreter<br />

zu retten o<strong>der</strong> zu begnadigen. Wozu ist es dann da? Es führt<br />

den reuigen Sün<strong>der</strong> zu Christus ... Das Gesetz weist auf das<br />

Heilmittel für die Sünde – auf die Buße vor Gott und den<br />

Glauben an Christus.“ (Manuskript 17, 1888)<br />

E. G. White, E. J. Waggoner und se<strong>in</strong> Nachfolger <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schriftleitung von „Signs of the Times“, A. T. Jones, gehörten zu<br />

denen, die auf <strong>der</strong> Konferenz von 1888 am deutlichsten das<br />

Bedürfnis nach e<strong>in</strong>er stärkeren Betonung <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

durch den Glauben erkannten. Es gab aber auch solche, die<br />

diese Sorge nicht teilten. Waggoner und Jones waren noch<br />

ziemlich junge Männer und wurden von e<strong>in</strong>igen älteren als<br />

Schwärmer angesehen. E<strong>in</strong>ige fürchteten, daß e<strong>in</strong>e Betonung<br />

des Glaubens die biblische Lehre von <strong>der</strong> Bedeutung des<br />

Gehorsams untergraben könnte. Mißverständnisse, Gegensätze<br />

und die Gefahr e<strong>in</strong>er Spaltung überschatteten diese<br />

Konferenz. Viele, die 1888 zunächst zurückhaltend dieser<br />

neuen Betonung des<br />

88


Grundbegriffe von A-Z<br />

Glaubens gegenüberstanden, haben jedoch später ihre<br />

Me<strong>in</strong>ung geän<strong>der</strong>t. Nur wenige wi<strong>der</strong>setzten sich ihr noch e<strong>in</strong>e<br />

Zeitlang.<br />

Nach <strong>der</strong> Konferenz reisten E. G. White, Waggoner und<br />

Jones von Massachusetts nach Kalifornien und predigten <strong>in</strong><br />

den Geme<strong>in</strong>den die Gerechtigkeit durch den Glauben. Diese<br />

Botschaft wurde gern angenommen. Wie aus e<strong>in</strong>er Untersuchung<br />

<strong>der</strong> von 1890 bis 1900 herausgegebenen adventistischen<br />

Literatur hervorgeht, gab es damals viele Veröffentlichungen<br />

über die Gerechtigkeit durch den Glauben. Dazu<br />

gehören die Bücher von E. G. White „Das Leben Jesu“, „Weg<br />

zu Christus“, „Gedanken vom Berg <strong>der</strong> Seligpreisungen“,<br />

„Christi Gleichnisse“ und „Patriarchen und Propheten“. Die<br />

starke Betonung <strong>der</strong> Gerechtigkeit durch den Glauben <strong>in</strong> diesen<br />

Büchern läßt sich zusammenfassen <strong>in</strong> dem Satz: „E<strong>in</strong>ziger<br />

Grund unserer Hoffnung ist die uns von Christus zugerechnete<br />

Gerechtigkeit, geschaffen durch se<strong>in</strong>en Geist, <strong>der</strong> <strong>in</strong> uns und<br />

durch uns wirkt.“ (WzC 69)<br />

Um die Jahrhun<strong>der</strong>twende waren die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> <strong>in</strong> starkem Maße um die Außenmission bemüht.<br />

Dadurch wurden zwangsläufig Fragen <strong>der</strong> Organisation <strong>in</strong> den<br />

Mittelpunkt gerückt. Während <strong>der</strong> ersten beiden Jahrzehnte des<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurde <strong>der</strong> Gerechtigkeit durch den Glauben<br />

weniger Bedeutung beigemessen als <strong>in</strong> den neunziger Jahren.<br />

Darüber brachten die verantwortlichen Leiter <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft<br />

wie Meade MacGuire, A. G. Daniells, C. B. Haynes und 1. H.<br />

Evans ihre Sorge zum Ausdruck. Die Folge war e<strong>in</strong>e erneute<br />

Betonung <strong>der</strong> Gerechtigkeit durch den Glauben und die<br />

Bestätigung <strong>der</strong> Grundsätze, die E. G. White und ihre Mitarbeiter<br />

1888 mit Nachdruck vertreten hatten. E<strong>in</strong> starker E<strong>in</strong>fluß<br />

g<strong>in</strong>g davon auf alle Bereiche des Werkes aus.<br />

Die Christusbezogenheit dieser Verkündigung wird deutlich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Aussage von W. W. Prescott im Jahre 1929: „Die<br />

Botschaft vom Kreuz ist die gute Nachricht, die gesegnete<br />

Wahrheit: Gott ist mit <strong>der</strong> Sünde <strong>in</strong> Christus so<br />

89


Grundbegriffe von A-Z<br />

verfahren, daß sie nicht länger e<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis zwischen Gott und<br />

uns se<strong>in</strong> muß. Was <strong>der</strong> <strong>in</strong>nigsten Geme<strong>in</strong>schaft mit Gott im<br />

Wege stand, ist beseitigt; die Gabe des ewigen Lebens liegt<br />

nun <strong>in</strong> unsrer Reichweite. Der gekreuzigte und auferstandene<br />

Christus hat für jeden Gläubigen Befreiung von aller Schuld und<br />

von <strong>der</strong> Macht <strong>der</strong> Sünde erwirkt. Aus dem Leiden auf Golgatha<br />

ist uns die Freude <strong>der</strong> Erlösung geworden. Welch e<strong>in</strong> herrliches<br />

Evangelium! Welch e<strong>in</strong> erbarmungsvoller Heiland!“<br />

Die Lehre von <strong>der</strong> Gerechtigkeit durch den Glauben wird<br />

<strong>in</strong> den vier Evangelien und <strong>in</strong> den Briefen des Apostels Paulus<br />

an die Römer und die Galater dargelegt. Die Wun<strong>der</strong> Jesu s<strong>in</strong>d<br />

Beispiele dafür, wie Menschen durch den Glauben gerettet<br />

werden können. Auch viele Gleichnisse Jesu lehren die<br />

Gerechtigkeit durch den Glauben. Das Gleichnis vom verlorenen<br />

Sohn (Luk. 15, 11-32) zeigt die notwendigen Schritte zur<br />

Erlösung. Das Gleichnis vom hochzeitlichen Kleid (Matth. 22, 1-<br />

14) geht ebenfalls auf diesen Gedanken e<strong>in</strong>. Johannes betont,<br />

daß aus dem Glauben das Leben kommt: „Noch viele an<strong>der</strong>e<br />

Zeichen tat Jesus vor den Jüngern, die nicht geschrieben s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> diesem Buch. Diese aber s<strong>in</strong>d geschrieben, daß ihr glaubet,<br />

Jesus sei <strong>der</strong> Christus, <strong>der</strong> Sohn Gottes, und daß ihr durch den<br />

Glauben das Leben habet <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Namen“ (Joh. 20, 30. 31).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> wissen, daß Rechtfertigung<br />

alle<strong>in</strong> durch den Glauben an Christus kommt. Die Lehre, daß<br />

e<strong>in</strong> Sün<strong>der</strong> vor Gott gerecht werden kann durch den Glauben<br />

an das stellvertretende Opfer Christi, ist das Herzstück des<br />

Evangeliums. Gott nimmt als se<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> an, die an Christus<br />

glauben (Joh. 1, 12. 13; 3, 3. 16). „Nicht um <strong>der</strong> Werke willen<br />

<strong>der</strong> Gerechtigkeit, die wir getan hatten, son<strong>der</strong>n nach se<strong>in</strong>er<br />

Barmherzigkeit“ (Tit. 3, 5) errettete er uns. Rechtfertigung kann<br />

nur auf Grund des Glaubens geschehen und wird niemals<br />

durch Leistung erlangt. „Aus Gnade seid ihr gerettet worden<br />

durch den Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist<br />

es, nicht aus den<br />

90


Grundbegriffe von A-Z<br />

Werken, auf daß sich nicht jemand rühme“ (Eph. 2, 8. 9).<br />

Niemand kann vor Gott durch Gesetzeswerke gerechtfertigt<br />

werden, son<strong>der</strong>n alle<strong>in</strong> durch den Glauben an die Macht Christi,<br />

die von Sünde und Tod errettet (Röm. 6, 23; Gal. 2, 16). „Der<br />

Gerechte wird aus Glauben leben“ (Gal. 3, 11). „Nun wir denn<br />

s<strong>in</strong>d gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir<br />

Frieden mit Gott durch unsren Herrn Jesus Christus“; durch den<br />

Glauben s<strong>in</strong>d wir „mit Gott versöhnt“ (Röm. 5, 1. 10). Glaube an<br />

Christus befreit den Sün<strong>der</strong> von dem Verdammungsurteil und<br />

ermöglicht ihm, gerechtfertigt vor Gott zu stehen (Röm. 7, 24-8,<br />

4).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben weiterh<strong>in</strong>, daß je<strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong> die Rechtfertigung durch den Glauben an Christus<br />

erfahren hat, beständig wachsen muß „<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gnade und<br />

Erkenntnis unsres Herrn“ (2. Petr. 3, 18). Durch die Rechtfertigung<br />

wird <strong>der</strong> Christ auf den Weg <strong>der</strong> Erlösung gestellt. Dieser<br />

Weg ist die Heiligung, die schließlich zur Vollendung <strong>in</strong> Jesus<br />

Christus führt. E<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> durch den Glauben an Christus<br />

gerechtfertigt ist, wird sich nicht dieser Welt gleichstellen,<br />

son<strong>der</strong>n durch Erneuerung se<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes verän<strong>der</strong>t werden. Er<br />

wird „prüfen, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und<br />

Wohlgefällige und Vollkommene“ und es auch tun (Röm. 12, 1.<br />

2).<br />

Paulus beschreibt se<strong>in</strong>e persönliche Erfahrung mit den<br />

Worten: „Ich ... strecke mich nach dem, das da vorne ist, und<br />

jage nach dem vorgestreckten Ziel, nach dem Kle<strong>in</strong>od <strong>der</strong><br />

himmlischen Berufung Gottes <strong>in</strong> Christus Jesus“ (Phil. 3, 13.<br />

14). Als e<strong>in</strong> seit Jahren wie<strong>der</strong>geborener Christ bekennt Paulus,<br />

daß er noch nicht am Ziel o<strong>der</strong> „schon vollkommen“ (Vers 12)<br />

ist, aber er strebt diesem Ziel zu. Diese Erfahrung bezeichnen<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> als „Heiligung“. Sie füllt das ganze<br />

Leben aus, während die Rechtfertigung nur e<strong>in</strong>en Augenblick<br />

erfor<strong>der</strong>t. E<strong>in</strong> Christ beugt sich <strong>der</strong> Zucht Gottes und damit<br />

e<strong>in</strong>em Erziehungsprozeß, durch den Gottes K<strong>in</strong><strong>der</strong> zur Reife <strong>in</strong><br />

Christus gelangen (Hebr. 12, 5. 6. 11). In jeweils e<strong>in</strong>em<br />

Augenblick kann <strong>der</strong> gläubige Sün<strong>der</strong> durch den Glauben<br />

Frieden<br />

91


Grundbegriffe von A-Z<br />

mit Gott f<strong>in</strong>den, aber es dauert e<strong>in</strong> ganzes Leben, um „<strong>in</strong> das<br />

volle Maß <strong>der</strong> Fülle Christi“ h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuwachsen (Eph. 4, 12-15.<br />

22. 24). Doch <strong>der</strong> Zustand <strong>der</strong> Rechtfertigung muß dabei<br />

gewahrt bleiben.<br />

Die Oberzeugung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> zu<br />

diesem Aspekt des Evangeliums hat Carlyle B. Haynes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Schrift über die Gerechtigkeit <strong>in</strong> Christus treffend zusammengefaßt:<br />

„Christ werden bedeutet nicht, e<strong>in</strong>e Reihe von Lehren<br />

anzunehmen, ihnen verstandesmäßig zuzustimmen o<strong>der</strong> die<br />

Wahrheit <strong>der</strong> Bibel lediglich zu respektieren. Es besteht auch<br />

nicht dar<strong>in</strong>, sich e<strong>in</strong>er Kirche anzuschließen und an den<br />

Gottesdiensten teilzunehmen. Es ist vielmehr <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er<br />

neuen persönlichen Beziehung zu Christus ... Ohne ihn gibt es<br />

ke<strong>in</strong> Evangelium. Er kam nicht, um e<strong>in</strong>e Botschaft zu verkündigen,<br />

son<strong>der</strong>n damit die Botschaft verkündigt werden kann. Er<br />

selbst war und ist diese Botschaft. Nicht se<strong>in</strong>e Lehren, son<strong>der</strong>n<br />

er selbst begründete den christlichen Glauben.“ (Righteousness<br />

<strong>in</strong> Christ, 16. 17)<br />

Siehe: Gesetz, Glaube und Werke, Heiligung, Wie<strong>der</strong>geburt<br />

GERICHT<br />

Unter „Gericht“ verstehen wir den Ablauf eschatologischer<br />

Ereignisse, durch die Gott <strong>in</strong> die menschliche Geschichte<br />

e<strong>in</strong>greift, um „zu geben e<strong>in</strong>em jeglichen, wie se<strong>in</strong>e Werke s<strong>in</strong>d“<br />

(Offb. 22, 12). Dabei wird er die Sünde und ihre Folgen aus<br />

dem Weltall tilgen und die gerechte, allumfassende, ewige<br />

Herrschaft Christi aufrichten.<br />

Nach dem Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

vollzieht sich das große Endgericht <strong>in</strong> drei Phasen:<br />

1. e<strong>in</strong>em Untersuchungsgericht, bei dem während e<strong>in</strong>er<br />

Untersuchungszeit vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi alle, die vorbereitet<br />

s<strong>in</strong>d auf das ewige Leben, von denen ausgeson<strong>der</strong>t<br />

werden, die nicht bereit s<strong>in</strong>d;<br />

2. e<strong>in</strong>er Prüfung jedes e<strong>in</strong>zelnen Unbußfertigen durch die<br />

Gerechten während <strong>der</strong> Tausend Jahre, um herauszu-<br />

92


Grundbegriffe von A-Z<br />

stellen, daß Gott <strong>in</strong> jedem Fall Gerechtigkeit geübt hat.<br />

Zugleich wird das Strafmaß für jeden e<strong>in</strong>zelnen festgesetzt;<br />

3. dem Vollzug des Gerichtsurteils am Ende <strong>der</strong> Tausend<br />

Jahre durch Feuer.<br />

In <strong>der</strong> Verkündigung <strong>der</strong> Anhänger Millers wurde nachdrücklich<br />

darauf h<strong>in</strong>gewiesen, daß Christus bei se<strong>in</strong>em<br />

Kommen das Gericht über Sün<strong>der</strong> und die Sünde vollziehen<br />

wird. Als man annahm, daß Christus 1844 wie<strong>der</strong>käme, betonte<br />

man sehr stark die Aussage aus Offb. 14, 7: „Die Stunde se<strong>in</strong>es<br />

Gerichts ist gekommen.“ Doch schon 1841 wurde die Ansicht<br />

vertreten, daß sich das Gericht <strong>in</strong> zwei Phasen vollzieht. Josiah<br />

Litch wandte sich <strong>in</strong> jenem Jahr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Veröffentlichung an die<br />

Geistlichkeit. Dar<strong>in</strong> sprach er von e<strong>in</strong>er Gerichtsverhandlung vor<br />

<strong>der</strong> Auferstehung und <strong>der</strong> nachfolgenden Vollstreckung des<br />

Urteils.<br />

Im Jahr darauf erläuterte er den Unterschied zwischen<br />

beiden so:<br />

1. Das Wort „richten“ wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Gerichtsverhandlung<br />

gebraucht, die auf Grund des Gesetzes und<br />

offenkundiger Beweise vollzogen wird. Diese Vorstellung<br />

wird von dem Geschehen bei e<strong>in</strong>em ordentlichen Gerichtsverfahren<br />

abgeleitet. In diesem S<strong>in</strong>ne wird das Wort auch <strong>in</strong><br />

Luk. 19, 22 gebraucht.<br />

2. Das Wort „richten“ bezeichnet ferner e<strong>in</strong> Strafgericht o<strong>der</strong><br />

die Vollstreckung des Urteils. So wird es beispielsweise <strong>in</strong><br />

Apg. 7, 7 angewandt: „Aber das Volk, dem sie dienen werden,<br />

will ich richten.“<br />

Dieser Ausdruck wird <strong>in</strong> beiden Fällen auf das Gericht über<br />

die Menschheit bezogen.<br />

Alle Menschen werden vor Gericht gestellt werden o<strong>der</strong> <strong>in</strong>s<br />

Gericht kommen. All ihr Tun und Verhalten wird geprüft<br />

werden. Ihr künftiges ewiges Schicksal wird entschieden an<br />

Hand <strong>der</strong> Beweise aus den Büchern im Himmel, e<strong>in</strong>schließlich<br />

des Buches des Lebens.<br />

Ke<strong>in</strong> ordentlicher Gerichtshof wird e<strong>in</strong> Urteil fällen, ehe nicht<br />

e<strong>in</strong>e rechtmäßige Verhandlung stattgefunden<br />

93


Grundbegriffe von A-Z<br />

hat; Gott noch viel weniger. Er „wird alle Werke vor Gericht<br />

br<strong>in</strong>gen, alles was verborgen ist, es sei gut o<strong>der</strong> böse“<br />

(Pred. 12, 14).<br />

Gott, <strong>der</strong> „Uralte“, wird <strong>der</strong> Gerichtsverhandlung vorsitzen.<br />

Dan. 7, 9. 10 zeigt, wie <strong>der</strong> „Uralte“ zu se<strong>in</strong>em Thron kommt,<br />

das Gericht gehalten wird und die Bücher aufgetan werden. Er<br />

ist zu unterscheiden von dem „Menschensohn“ (V. 13), <strong>der</strong> vor<br />

den gebracht wurde, „<strong>der</strong> uralt war“.<br />

Das Gerichtsurteil wird dann von dem Sohn vollstreckt<br />

(Joh. 5, 27).<br />

Über die Gerichtsphase während <strong>der</strong> Tausend Jahre<br />

schreibt E. G. White: „Mit Christus richten die Gerechten die<br />

Gottlosen, <strong>in</strong>dem <strong>der</strong>en Taten mit dem Gesetzbuch, <strong>der</strong> Bibel,<br />

verglichen und je<strong>der</strong> Fall nach den zu Lebzeiten getanen<br />

Werken entschieden wird. Dann werden die Strafen entsprechend<br />

den Werken zugemessen.“ (GK 659; vgl. 1. Kor. 6, 2. 3)<br />

Über die Vollzugsphase des Gerichts heißt es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schrift: „Es fiel Feuer vom Himmel und verzehrte sie“ (Offb. 20,<br />

9). Dazu äußert E. G. White: „Satans Strafe wird weit größer<br />

se<strong>in</strong> als die Strafe <strong>der</strong>er, die sich von ihm täuschen ließen.<br />

Nachdem alle, die er betört hat, vernichtet s<strong>in</strong>d, muß er<br />

noch leiden. In verzehrendem Feuer werden alle Heilsverächter<br />

ausgetilgt mit Wurzel und Zweigen.“ (GK 672) E<strong>in</strong>e frühe<br />

biblische Beschreibung des großen Endgerichts f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong><br />

Joel 3, 4. 5; 4, 2-16. Daniel führt den Gedanken fort, wenn er<br />

von dem spricht, „<strong>der</strong> uralt war“ und über das „kle<strong>in</strong>e Horn“ zu<br />

Gericht sitzt: „Das Gericht wurde gehalten, und die Bücher<br />

wurden aufgetan.“ Danach wird das vierte Tier „getötet ... und<br />

<strong>in</strong>s Feuer geworfen“. Der Uralte überträgt die Macht dem, <strong>der</strong><br />

aussah „wie e<strong>in</strong>es Menschen Sohn“, „das ihm alle Völker und<br />

Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten.<br />

Se<strong>in</strong>e Macht ist ewig und vergeht nicht“ (Dan. 7, 9-14. 26. 27).<br />

E<strong>in</strong>en ähnlichen Vorgang beschreibt Johannes am<br />

94


Grundbegriffe von A-Z<br />

Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre, wenn die Ungerechten aller Zeiten<br />

auferweckt und vor die Schranken des göttlichen Gerichts<br />

gestellt werden, um dort ihr Urteil zu empfangen und „<strong>in</strong> den<br />

feurigen Pfuhl“ geworfen zu werden (Offb. 20, 7-15).<br />

Der Apostel Paulus verkündigte, daß Gott e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Tag festgelegt hat, an dem er die Welt richten und an dem<br />

alle, die Lebenden wie die Toten, vor dem Richterstuhl Christi<br />

ersche<strong>in</strong>en müssen, um den Lohn für das zu empfangen, was<br />

sie während ihres Lebens getan haben (Apg. 17, 30.31; Röm.<br />

14, 10; 2. Kor. 5, 10; 2. Tim. 4, 1; vgl. 1. Petr. 4, 6). Das Gericht<br />

fällt zeitlich mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi und <strong>der</strong> Errichtung<br />

se<strong>in</strong>es Reiches zusammen (2. Tim. 4, 1; vgl. Dan. 7, 9-10. 13-<br />

14; Jud. 14. 15). Jede Tat wird im Gericht ans Licht gebracht<br />

(Pred. 12, 13. 14; Offb. 20, 12). Maßstab ist alle<strong>in</strong> Gottes<br />

Sittengesetz (Jak. 2, 10-12). Zu den himmlischen Büchern<br />

gehören das „Buch des Lebens“ und die Berichte über das<br />

Leben jedes e<strong>in</strong>zelnen (Dan. 7, 10; 12, 1; Mal. 3, 16; Offb. 20,<br />

12). Gott <strong>der</strong> Vater und Christus <strong>der</strong> Sohn halten geme<strong>in</strong>sam<br />

Gericht (Joh. 5, 26.27; Röm. 2, 16; 2. Tim. 4, 8; Jud. 14, 15).<br />

Vor <strong>der</strong> Vollstreckung des Urteils am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre<br />

werden die Ungerechten aller Zeiten zum Leben erweckt, um<br />

ihr Urteil zu vernehmen (Offb. 20, 12-15). Danach wird die Erde<br />

von Sünde und Sün<strong>der</strong>n gere<strong>in</strong>igt, um neu geschaffen und zum<br />

ewigen Heim <strong>der</strong> Gerechten zu werden (2. Petr. 3, 7-12; Off b.<br />

20, 14. 15; 21, 1-5; 22, 5).<br />

Christus sprach über das Gericht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Gleichnissen<br />

vom Fischernetz, von den Schafen und den Böcken (Matth. 13,<br />

47-50; 25, 31-46: Trennung <strong>der</strong> Bösen von den Gerechten), im<br />

Gleichnis von den anvertrauten Zentnern (Matth. 25, 14-30:<br />

Entlohnung <strong>der</strong> Knechte), im Gleichnis von <strong>der</strong> königlichen<br />

Hochzeit und dem Mann ohne hochzeitliches Kleid (Matth. 22,<br />

1-14: Prüfung <strong>der</strong> Gäste, Trennung <strong>der</strong> Gerechten von den<br />

Ungerechten, Vollstreckung des Urteils).<br />

Siehe: Tausend Jahre, Untersuchungsgericht<br />

95


Grundbegriffe von A-Z<br />

GESETZ<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> haben von jeher e<strong>in</strong>en klaren<br />

Unterschied gemacht zwischen dem Sittengesetz o<strong>der</strong> den<br />

Zehn Geboten und dem Kultgesetz, den rituellen For<strong>der</strong>ungen<br />

des Alten Bundes. Das Sittengesetz ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong> menschliche<br />

Sprache gefaßter Ausdruck des Wesens und Willens Gottes<br />

und <strong>der</strong> Grundsätze, nach denen se<strong>in</strong>e Geschöpfe leben sollen.<br />

Da das Sittengesetz von Gott stammt und dessen Wesen zum<br />

Ausdruck br<strong>in</strong>gt, Gott selbst aber unwandelbar ist, s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong><br />

diesem Gesetz nie<strong>der</strong>gelegten Grundsätze ebenfalls ewig.<br />

Sowohl das Alte wie das Neue Testament fassen die<br />

Zehn Gebote häufig <strong>in</strong> zwei großen Geboten zusammen: Liebe<br />

zu Gott (die ersten vier Gebote) und Liebe zum Nächsten (die<br />

übrigen sechs Gebote; vgl. 5., Mose 6, 5; 3. Mose 19, 18;<br />

Matth. 22, 34-40). In <strong>der</strong> Bergpredigt erläutert Jesus e<strong>in</strong>ige<br />

Gebote des Sittengesetzes und wendet sie ganz praktisch auf<br />

bestimmte Lebenslagen an.<br />

Bereits zu Anfang <strong>der</strong> Welt legte Gott diese Grundsätze <strong>in</strong><br />

Adam und Eva h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und damit zugleich den Wunsch, mit IHM<br />

<strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung zu leben. Der Schöpfer stattete den<br />

Menschen mit e<strong>in</strong>em freien Willen aus, so daß sich je<strong>der</strong><br />

entscheiden kann, entwe<strong>der</strong> durch freiwilligen Gehorsam die<br />

Herrschaft des Schöpfers anzuerkennen o<strong>der</strong> sich ihr zu<br />

wi<strong>der</strong>setzen. Gehorsam sollte dem Menschen ewiges Leben<br />

sichern, Ungehorsam aber bedeutet Verdammnis und Tod. Zu<br />

wahrer Freiheit kann nur e<strong>in</strong> Gehorsam führen, <strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />

Liebe getragen ist. Das Sittengesetz war niemals gegen den<br />

Menschen gerichtet; es gewährleistet ihm vielmehr Freiheit <strong>in</strong><br />

Christus.<br />

Das Gesetz Gottes for<strong>der</strong>t Gerechtigkeit und verurteilt die<br />

Ungerechtigkeit. Christus hat durch se<strong>in</strong> vollkommenes Leben<br />

auf Erden allen For<strong>der</strong>ungen des Gesetzes entsprochen und<br />

damit bewiesen, daß es gerecht und gut ist. Durch se<strong>in</strong>en<br />

stellvertretenden Tod am Kreuz leistete er Sühne für die<br />

Übertretung <strong>der</strong> gerechten For<strong>der</strong>ungen des Gesetzes. In<br />

se<strong>in</strong>er Gnade setzt er se<strong>in</strong>e vollkommene Ge-<br />

96


Grundbegriffe von A-Z<br />

rechtigkeit an die Stelle <strong>der</strong> menschlichen Ungerechtigkeit und<br />

befähigt uns so, sündhafte Neigungen zu überw<strong>in</strong>den und<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuwachsen <strong>in</strong> das vollkommene Mannesalter <strong>in</strong> Christus<br />

Jesus. Das alles wird durch den Glauben bewirkt und nicht<br />

durch Gesetzeswerke.<br />

Im Herzen e<strong>in</strong>es bußfertigen Menschen, dem se<strong>in</strong>e Sünden<br />

vergeben worden s<strong>in</strong>d und <strong>der</strong> durch Gottes Gnade<br />

erneuert worden ist, wird <strong>der</strong> aufrichtige, von <strong>der</strong> Liebe getriebene<br />

Wunsch wach werden, <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit allen<br />

göttlichen Geboten zu leben. Dabei weiß er, daß er niemals<br />

durch eigene Leistungen gerettet werden kann, son<strong>der</strong>n nur<br />

durch den Glauben an die unerschöpfliche Gnade Christi. „Wie?<br />

Heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei<br />

ferne! Son<strong>der</strong>n wir richten das Gesetz auf“ (Röm. 3, 31). Die<br />

Vergebung aller früheren Übertretungen des göttlichen Gesetzes<br />

ist ke<strong>in</strong> Freibrief dafür, das Gesetz mißachten zu dürfen.<br />

„Das sei ferne! Wie sollten wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sünde leben wollen, <strong>der</strong><br />

wir abgestorben s<strong>in</strong>d?“ (Röm. 6, 2)<br />

Die im Sittengesetz nie<strong>der</strong>gelegten Grundsätze s<strong>in</strong>d ewig.<br />

Wie bereits erwähnt, hat sie <strong>der</strong> Schöpfer <strong>in</strong> die Herzen unsrer<br />

ersten Eltern bei ihrer Erschaffung e<strong>in</strong>gepflanzt. Am Berg S<strong>in</strong>ai<br />

wurden sie <strong>in</strong> den Zehn Geboten kundgetan <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Form, die<br />

dem <strong>in</strong> Sünde gefallenen Menschen entsprach. Gott selbst<br />

verkündete die Gebote und schrieb sie mit eigener Hand auf<br />

zwei ste<strong>in</strong>erne Tafeln. Danach gab er Mose das Kultgesetz,<br />

dessen Bil<strong>der</strong> und Symbole auf Christus h<strong>in</strong>wiesen und dem<br />

Menschen helfen sollten, die Erlösung durch Christi Opfer zu<br />

verstehen. Die Riten und Opfer des Kultgesetzes konnten aber<br />

we<strong>der</strong> die Sünde tilgen noch das Gewissen entlasten; sie<br />

konnten nur zum Glauben an den kommenden Erlöser h<strong>in</strong>führen,<br />

<strong>in</strong> dem diese Riten und Opfer ihre Erfüllung fanden. Ohne<br />

Glauben an das von Gott vorgesehene und verheißene Opfer<br />

waren sie s<strong>in</strong>nlos (Hebr. 9, 8-15).<br />

Das Sittengesetz ist geistlich und kann nur von Menschen<br />

beachtet werden, <strong>der</strong>en Herzen vom Geist Gottes er-<br />

97


Grundbegriffe von A-Z<br />

neuert worden s<strong>in</strong>d. Niemals hat <strong>der</strong> Gesetzgeber vom<br />

Menschen e<strong>in</strong>e nur äußere Befolgung des Buchstabens des<br />

Gesetzes erwartet. Das Sittengesetz wirkt auf den <strong>in</strong>neren<br />

Menschen e<strong>in</strong>. Es macht die Sünde offenbar als e<strong>in</strong>e bewußte<br />

Übertretung des göttlichen Willens. Dadurch überführt es den<br />

Menschen, sich als Sün<strong>der</strong> zu erkennen, und bereitet ihn vor,<br />

die Gnade Gottes <strong>in</strong> Christus zu suchen und zu empfangen. Es<br />

verurteilt nicht nur die äußerliche Übertretung des Gesetzes,<br />

son<strong>der</strong>n alle Gedanken und Beweggründe, die dazu verleiten.<br />

Es führt den Gläubigen dazu, se<strong>in</strong> Leben Gott zu unterordnen,<br />

deckt die Herkunft <strong>der</strong> Sünde auf und zeigt alle Formen, <strong>in</strong><br />

denen sie sich äußert. Es weist den Sün<strong>der</strong> zu Christus, bei<br />

dem Vergebung aller Sünden ist. Alle Versuche, sich Gerechtigkeit<br />

durch pe<strong>in</strong>lich genaues Befolgen gesetzlicher Vorschriften,<br />

auch des Sittengesetzes, zu verdienen, s<strong>in</strong>d vergeblich.<br />

Christi Leben und Lehre standen <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit<br />

dem Sittengesetz. Er trat für dieses Gesetz e<strong>in</strong>, richtete es auf,<br />

bestätigte es und achtete se<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ungen durch vollkommenen<br />

Gehorsam. Wer sich entschlossen hat, Christus nachzufolgen,<br />

wird ihm auch ähnlich werden wollen. Gottes Sittengesetz<br />

wird ihm <strong>in</strong> Herz und S<strong>in</strong>n geschrieben werden. Ist jemand<br />

wirklich bekehrt und durch die Gnade errettet, so wird es ihm<br />

höchste Freude se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> Liebe das Sittengesetz zu beachten,<br />

denn dadurch erkennt er auch die Autorität des Gesetzgebers,<br />

Jesus Christus, an.<br />

Die wesentliche Aufgabe des Sittengesetzes besteht dar<strong>in</strong>,<br />

e<strong>in</strong>e klare Trennung zwischen Recht und Unrecht zu ziehen,<br />

den Menschen mit e<strong>in</strong>er Verhaltensweise bekanntzumachen,<br />

die Gottes Billigung f<strong>in</strong>det, und alles Verhalten zu verurteilen,<br />

das diesem Maßstab wi<strong>der</strong>spricht. Ferner wird es jene überführen,<br />

die schuldig geworden s<strong>in</strong>d, und den Sün<strong>der</strong> überzeugen,<br />

daß er Erlösung durch den Glauben an die Gnade Christi<br />

braucht. Niemals aber kann das Sittengesetz den Sün<strong>der</strong><br />

rechtfertigen. Es kann we<strong>der</strong> den Wunsch noch die Fähigkeit<br />

bewirken, <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

98


Grundbegriffe von A-Z<br />

mit se<strong>in</strong>en For<strong>der</strong>ungen zu leben, noch dazu beitragen, daß wir<br />

durch e<strong>in</strong> Befolgen des Gesetzes Gottes Gunst err<strong>in</strong>gen<br />

könnten. Das alles wäre Mißbrauch des Sittengesetzes und<br />

führte zwangsläufig zur sogenannten Werkgerechtigkeit.<br />

Darunter versteht man das Bemühen, Erlösung und Annahme<br />

bei Gott nicht alle<strong>in</strong> aus dem Glauben zu erlangen, son<strong>der</strong>n<br />

durch menschliche Anstrengungen, <strong>in</strong>dem man das Gesetz<br />

hält. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> betonen mit Nachdruck, daß<br />

es durch Gesetzeswerke ke<strong>in</strong>e Erlösung gibt.<br />

Das Evangelium bewirkt zwar e<strong>in</strong>e Erneuerung des Menschen,<br />

nicht aber e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung des Sittengesetzes. Der<br />

Gläubige wird alle<strong>in</strong> kraft se<strong>in</strong>er neuen Beziehungen zu<br />

Christus gewandelt. Das Evangelium spricht den Gläubigen von<br />

<strong>der</strong> Strafe des Gesetzes frei, nicht aber von <strong>der</strong> Verpflichtung,<br />

<strong>in</strong> Obere<strong>in</strong>stimmung mit ihm zu leben.<br />

Protestanten haben sich im allgeme<strong>in</strong>en zur Verb<strong>in</strong>dlichkeit<br />

des Sittengesetzes o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zehn Gebote bekannt, e<strong>in</strong>e<br />

Auffassung, die mit <strong>der</strong> Lehre <strong>der</strong> Heiligen Schrift übere<strong>in</strong>stimmt.<br />

Als aber die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> mit Nachdruck<br />

darauf h<strong>in</strong>wiesen, daß logischerweise auch das vierte Gebot,<br />

das die Feier des siebenten Wochentages, des Sabbats,<br />

verlangt, beachtet werden müsse, wurden sie von verschiedenen<br />

Seiten heftig angegriffen. Man trat ihnen mit Aussagen des<br />

Apostels Paulus wie <strong>in</strong> Kol. 2, 14-17 entgegen, die angeblich<br />

besagen, daß im christlichen Zeitalter neben allen alttestamentlichen<br />

Gesetzen auch das Sittengesetz aufgehoben sei. Die<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> wie<strong>der</strong>um machten auf den<br />

deutlichen Unterschied zwischen Sitten- und Kultgesetz<br />

aufmerksam, was <strong>der</strong>en Wesen, Aufgabe und Verb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

für das christliche Zeitalter betrifft. H. Waggoner wies z. B. <strong>in</strong><br />

dem Buch „Das Gesetz Gottes“ (The Law of God) 1854 auf<br />

folgendes h<strong>in</strong>:<br />

„In <strong>der</strong> jüdischen Heilsordnung waren zwei unterschiedliche<br />

Gesetze e<strong>in</strong>geschlossen. Das e<strong>in</strong>e beruhte auf Verpflichtungen,<br />

die sich aus <strong>der</strong> Natur des Menschen und<br />

99


Grundbegriffe von A-Z<br />

se<strong>in</strong>em Verhältnis zu Gott und dem Nächsten ergaben. Diese<br />

Verpflichtungen waren verb<strong>in</strong>dlich, schon ehe sie nie<strong>der</strong>geschrieben<br />

wurden, und werden bis zum Ende <strong>der</strong> Zeit verb<strong>in</strong>dlich<br />

bleiben für alle, die sie kennen. Das ist das Gesetz, das<br />

Gott mit eigenem F<strong>in</strong>ger auf ste<strong>in</strong>erne Tafeln schrieb und das<br />

wir unter <strong>der</strong> Bezeichnung Sittengesetz kennen. Das an<strong>der</strong>e,<br />

Kultgesetz genannt, bezog sich auf das äußere Befolgen<br />

verschiedener Vorschriften. Diese Weisungen wurden erst<br />

verpflichtend, als sie erlassen wurden, und waren auch nur für<br />

die Juden bis zum Tode Christi verb<strong>in</strong>dlich.“<br />

An an<strong>der</strong>er Stelle schrieb er von diesen beiden Gesetzen:<br />

„Durch Vergleiche erkennen wir, daß im Neuen Testament von<br />

zwei Gesetzen gesprochen wird: das e<strong>in</strong>e wird durch den<br />

Glauben an Christus nicht etwa ungültig; denn Christus kam<br />

nicht, um es aufzuheben; während er das an<strong>der</strong>e getilgt und<br />

ans Kreuz genagelt hat.“ (Anhand von Matth. 5, 17. 18 und Kol.<br />

2, 14-16 macht er diesen Unterschied deutlich.)<br />

J. N. Andrews schrieb über die beiden Gesetze: „Das Gesetz<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundeslade verlangte Sühne. Das Kultgesetz, das<br />

das levitische Priestertum und die Sündopfer anordnete, lehrte,<br />

wie Sühne geleistet werden kann ... Diese beiden Gesetze<br />

sollten nicht durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gebracht werden. Das e<strong>in</strong>e wurde<br />

verherrlicht, berühmt, bestätigt und ist heilig, gerecht und gut.<br />

Das an<strong>der</strong>e war fleischern, e<strong>in</strong> Schatten, e<strong>in</strong>e Last. Es wurde<br />

aufgehoben, nie<strong>der</strong>gerissen, abgetan, ans Kreuz genagelt,<br />

abgelöst und wegen se<strong>in</strong>er Schwäche und Wirkungslosigkeit<br />

außer Kraft gesetzt. Alle, die das Wort <strong>der</strong> Wahrheit <strong>in</strong> rechter<br />

Weise weitergeben, werden diese beiden <strong>in</strong> ihrem Wesen so<br />

unterschiedlichen Gesetze nie mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> vermengen noch<br />

von Gottes königlichem Gesetz <strong>in</strong> Worten reden, die sich nur<br />

auf das Kultgesetz beziehen.“<br />

Siehe: Gerechtigkeit durch den Glauben, Glaube und Werke,<br />

Heiligung, Rechtfertigung<br />

100


GESETZ UND GNADE<br />

Grundbegriffe von A-Z<br />

Gnade ist göttliche Gunst, die denen gewährt wird, die als<br />

schuldig und zum Tode verurteilt vor Gottes Gesetz stehen. Die<br />

Notwendigkeit göttlicher Gnade ergibt sich aus dem Unvermögen<br />

des Sün<strong>der</strong>s, den For<strong>der</strong>ungen des Gesetzes zu entsprechen;<br />

denn er hat den Tod verdient. Wäre es möglich, Gottes<br />

Gesetz zu än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> aufzuheben, dann wäre Gnade nicht<br />

nötig. Der Sün<strong>der</strong> kann die Kluft nicht überbrücken, die durch<br />

se<strong>in</strong>e Gesetzesübertretung entstanden ist. Er selbst kann sich<br />

nicht wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Gottes Gunst br<strong>in</strong>gen.<br />

Gesetz und Gnade stehen nicht im Wi<strong>der</strong>spruch zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>,<br />

schließen sich auch nicht gegenseitig aus. „Wir würden,<br />

obwohl das Gesetz nicht das Evangelium ist, ohne das Gesetz<br />

auch tatsächlich das Evangelium nicht haben.“ (K. Barth <strong>in</strong><br />

„Evangelium und Gesetz“, S. 14) Gnade bietet Bewahrung vor<br />

<strong>der</strong> Strafe des Gesetzes durch die Gerechtigkeit Christi an. Sie<br />

schützt Ansehen und Würde sowohl des Gesetzes wie auch <strong>der</strong><br />

Herrschaft Gottes. Zugleich gewährt sie das Leben denen, die<br />

das Gesetz verletzt und sich gegen die Herrschaft Gottes<br />

aufgelehnt haben. Gnade bedeutet nicht Loslösung vom<br />

Gesetz, aber sie befreit von <strong>der</strong> Sünde und Strafe des Gesetzes.<br />

Gnade schenkt Errettung nicht durch e<strong>in</strong> Aufheben <strong>der</strong><br />

For<strong>der</strong>ungen des Gesetzes, son<strong>der</strong>n durch e<strong>in</strong> Zusammenwirken<br />

mit dem Gesetz. Das Gesetz verurteilt den Übertreten<br />

Gnade tritt <strong>der</strong> Strafe entgegen und macht den Sün<strong>der</strong> frei.<br />

Gnade achtet das Gesetz, <strong>in</strong>dem sie für den Ungehorsam des<br />

Sün<strong>der</strong>s den vollkommenen Gehorsam Christi vorweist. Gnade<br />

m<strong>in</strong><strong>der</strong>t ke<strong>in</strong>eswegs die Stellung des Gesetzes. Sie bejaht und<br />

verteidigt sie vielmehr und erkennt se<strong>in</strong>e Autorität an. Gnade<br />

vergibt; aber gleichzeitig veranlaßt sie den Menschen, <strong>der</strong><br />

Vergebung empf<strong>in</strong>g, Gott <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em neuen Leben zu dienen <strong>in</strong><br />

Obere<strong>in</strong>stimmung mit se<strong>in</strong>em gerechten Willen. Gnade befreit<br />

den Sün<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Verurteilung durch das Gesetz, damit er<br />

fortan <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em neuen, heiligen Leben gehorsam ist, das<br />

Gesetz<br />

101


Grundbegriffe von A-Z<br />

achtet und ehrt. Der Nachfolger Jesu ist berufen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gnade<br />

Gottes zu „wachsen“.<br />

„Das Gesetz ist gegeben worden, daß die Gnade gesucht<br />

werde; die Gnade ist gegeben, damit das Gesetz erfüllt werde.“<br />

(August<strong>in</strong>, angeführt bei Deichsel, VI/28)<br />

Das Evangelium schafft also das Gesetz nicht ab, son<strong>der</strong>n<br />

br<strong>in</strong>gt es zur Verwirklichung im christlichen Leben, nicht<br />

als Eigenverdienst des Menschen (2. Kor. 3, 5), son<strong>der</strong>n als<br />

Frucht <strong>der</strong> Bekehrung (Joh. 14, 15). So ist <strong>der</strong> Gehorsam<br />

gegenüber dem Gesetz e<strong>in</strong> Zeichen des Glaubens jedes<br />

e<strong>in</strong>zelnen Nachfolgers Jesu (1. Joh. 2, 3. 4) sowie e<strong>in</strong> Merkmal<br />

<strong>der</strong> wahren Geme<strong>in</strong>de Christi (Offb. 14, 12). E<strong>in</strong>igen, welche die<br />

Vorstellung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> über das Verhältnis<br />

von Gesetz und Gnade mißverstanden, erwi<strong>der</strong>te James<br />

White: „Wer Sabbathalter als Menschen darstellt, die sich von<br />

Jesus, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zigen Quelle <strong>der</strong> Rechtfertigung, entfernt haben,<br />

die se<strong>in</strong> versöhnendes Blut ablehnen und Gerechtigkeit durch<br />

das Gesetz erlangen wollen, <strong>der</strong> redet entwe<strong>der</strong> aus Unwissenheit<br />

o<strong>der</strong> aus Bosheit ... Wenn jemand auch dem Buchstaben<br />

nach alle Zehn Gebote beachtet, aber nicht durch Glauben an<br />

Jesus Christus gerechtfertigt ist, hat er ke<strong>in</strong> Anrecht am Baum<br />

des Lebens. Der Aufbau des Evangeliums ist klar. Gottes<br />

Gesetz überführt den Sün<strong>der</strong> se<strong>in</strong>er Sünde und zeigt ihm, daß<br />

er unter dem Zorn Gottes steht. Es führt ihn zu Christus, bei<br />

dem Rechtfertigung für die Vergehen <strong>der</strong> Vergangenheit nur<br />

durch den Glauben an se<strong>in</strong> Blut zu f<strong>in</strong>den ist. Das Gesetz<br />

Gottes kann die Sünden <strong>der</strong> Vergangenheit nicht vergeben ;<br />

denn se<strong>in</strong> wesentliches Merkmal ist Gerechtigkeit. Deshalb<br />

muß <strong>der</strong> überführte Übertreter zu Jesus fliehen.“ (a. a. O., vom<br />

10. Juni 1852) <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß <strong>der</strong><br />

wie<strong>der</strong>geborene Christ allen For<strong>der</strong>ungen Gottes aus Liebe<br />

gehorchen wird. Deshalb haben <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

stets den Gedanken zurückgewiesen, ihr Gehorsam sei e<strong>in</strong><br />

Mittel zum Heil. Unmißverständlich versichern sie, daß dies<br />

alle<strong>in</strong> durch Gnade geschenkt wird: „Daß doch je<strong>der</strong><br />

102


Grundbegriffe von A-Z<br />

klar begreifen möge, daß es ke<strong>in</strong> Heil durch das Gesetz gibt.<br />

Das Gesetz hat ke<strong>in</strong>e erlösende Eigenschaft. Erlösung gewährt<br />

alle<strong>in</strong> das Blut Christi.“ (Signs of the Times – Zeichen <strong>der</strong> Zeit,<br />

vom 20. Dez. 1877)<br />

„Wenn du auch alle Gebote gewissenhaft und nach bestem<br />

Vermögen erfüllst, aber zu de<strong>in</strong>er Rettung nicht weiter<br />

schaust, als bis auf das Gesetz, kannst du nie und nimmer<br />

gerettet werden. Die Hoffnung auf e<strong>in</strong> ewiges Heil hänt von<br />

Christus ab.“ (a. a. O., S. 379)<br />

Siehe: Glaube und Werke, Gesetz, Rechtfertigung, Heiligung<br />

GRUNDSÄTZE GESUNDER<br />

LEBENSWEISE<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß <strong>der</strong> Christ für die<br />

Erhaltung se<strong>in</strong>er Gesundheit Gott gegenüber verantwortlich ist.<br />

Dah<strong>in</strong>ter stehen we<strong>der</strong> kultische noch gesetzliche Gründe,<br />

son<strong>der</strong>n die Erkenntnis, daß <strong>der</strong> Mensch Gott und se<strong>in</strong>em<br />

Nächsten um so wirksamer dienen kann, je gesün<strong>der</strong> er ist. Die<br />

Beachtung bestimmter Grundsätze für e<strong>in</strong>e gesunde Lebensweise<br />

geschieht also um <strong>der</strong> Gesun<strong>der</strong>haltung willen.<br />

Die Gesundheit des Menschen steht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren Beziehung<br />

zu se<strong>in</strong>em geistlichen Leben, weil mit klarem Verstand<br />

und e<strong>in</strong>em gesunden Körper <strong>der</strong> Wille Gottes besser erfaßt und<br />

befolgt werden kann.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß <strong>der</strong> Mensch<br />

durch den Sündenfall körperlich, geistig und geistlich <strong>in</strong><br />

Mitleidenschaft gezogen wurde und daß Jesus, <strong>der</strong> gekommen<br />

ist, das Verlorene zu suchen, den Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ganzheit<br />

retten will (Luk. 19, 10).<br />

Das kam auch im Dienst Christi auf Erden zum Ausdruck:<br />

Er predigte das Evangelium vom Reich (geistlicher Bereich), er<br />

heilte Geisteskranke (geistig-seelischer Bereich) und stellte die<br />

Gesundheit aller körperlich Kranken wie<strong>der</strong> her, die bei ihm<br />

Hilfe suchten (physischer Bereich). Abgesehen vom göttlichen<br />

Vorbild unseres Herrn, betonen auch an-<br />

103


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong>e Schriftstellen des Neuen Testaments, wie wichtig e<strong>in</strong><br />

gesun<strong>der</strong> Körper ist. So erklärt Paulus, daß H<strong>in</strong>gabe an Gott<br />

das ganze Leben umfaßt und uns verwehrt, nach eigenem<br />

Ermessen mit unserm Körper umzugehen. Er schrieb: „Ich<br />

ermahne euch nun, liebe Brü<strong>der</strong>, durch die Barmherzigkeit<br />

Gottes, daß ihr eure Leiber gebet zum Opfer, daß da lebendig,<br />

heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger<br />

Gottesdienst“ (Röm. 12, 1).<br />

„Vernünftiger Gottesdienst“ zeigt sich nach Vers 2 <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Erneuerung <strong>der</strong> Ges<strong>in</strong>nung und <strong>in</strong> dem Verlangen, Gottes<br />

Willen für das eigene Leben zu erkennen und zu tun.<br />

Die Verantwortung, die e<strong>in</strong> Christ für se<strong>in</strong>en Leib, se<strong>in</strong><br />

Leben und se<strong>in</strong>e Gesundheit zu tragen hat, unterstreicht Paulus<br />

mit dem H<strong>in</strong>weis, daß <strong>der</strong> Leib e<strong>in</strong> Tempel des Heiligen Geistes<br />

ist. „O<strong>der</strong> wisset ihr nicht, daß euer Leib e<strong>in</strong> Tempel des<br />

heiligen Geistes ist, <strong>der</strong> <strong>in</strong> euch ist, welchen ihr habt von Gott,<br />

und seid nicht euer eigen? Denn ihr seid teuer erkauft; darum<br />

so preiset Gott an eurem Leibe“ (1. Kor. 6, 19, 20). Weiter<br />

er<strong>in</strong>nert er daran, daß die Vorbereitung auf Christi Kommen die<br />

H<strong>in</strong>gabe des ganzen Menschen an Gott erfor<strong>der</strong>t. „Er aber, <strong>der</strong><br />

Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und euer<br />

Geist ganz samt Seele und Leib müsse bewahrt werden<br />

unversehrt, unsträflich bis auf die Ankunft unseres Herrn Jesus<br />

Christus!“ (1. Thess. 5, 23)<br />

E<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verantwortung vor Gott lebt, wird<br />

<strong>in</strong> angemessener Weise für se<strong>in</strong>en Körper und se<strong>in</strong>e Gesundheit<br />

sorgen. Wenn Gesundheit auch nicht das höchste Gut<br />

unseres Leben ist (Matth. 16, 26), so erkennt <strong>der</strong> Gläubige<br />

doch dar<strong>in</strong> Gottes gute Gabe, die es nach bestem Vermögen zu<br />

erhalten gilt.<br />

Wer sich über diese se<strong>in</strong>e Verantwortung vor Gott h<strong>in</strong>wegsetzt<br />

und wissentlich o<strong>der</strong> leichtfertig die e<strong>in</strong>fachsten<br />

Gesundheitsregeln verletzt und dadurch Krankheit und Gebrechen<br />

über sich br<strong>in</strong>gt, lebt im Wi<strong>der</strong>spruch zu Gottes Geboten.<br />

Der Raucher, <strong>der</strong> sich durch se<strong>in</strong> Rauchen<br />

104


Grundbegriffe von A-Z<br />

e<strong>in</strong>en Lungenkrebs zuzieht, <strong>der</strong> Tr<strong>in</strong>ker, <strong>der</strong> sich durch se<strong>in</strong>e<br />

Trunksucht e<strong>in</strong>e Leberzirrhose e<strong>in</strong>handelt, wer ke<strong>in</strong>e geregelten<br />

Mahlzeiten e<strong>in</strong>hält o<strong>der</strong> über das Maß h<strong>in</strong>aus schwerverdauliche<br />

Speisen zu sich nimmt und dadurch ernste Stoffwechselkrankheiten<br />

auslöst, wer übergewichtig ist und durch rastlose<br />

Arbeit ohne gesunden Bewegungsausgleich schließlich von<br />

e<strong>in</strong>em Herz<strong>in</strong>farkt überfallen wird –sie alle s<strong>in</strong>d mehr o<strong>der</strong><br />

weniger selber verantwortlich für die Leiden, die sie sich<br />

zugezogen haben. Sie haben die Folgen <strong>der</strong> Mißachtung ihres<br />

Körpers zu tragen. E<strong>in</strong>e gesunde Lebensweise hat demnach für<br />

e<strong>in</strong>en Christen ganz praktische Bedeutung und kann niemals<br />

als gesetzliche For<strong>der</strong>ung h<strong>in</strong>gestellt werden.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen es deshalb als ihre<br />

Pflicht an, den Ratschlägen <strong>der</strong> Bibel bezüglich e<strong>in</strong>er gesunden<br />

Ernährung zu folgen und die praktischen H<strong>in</strong>weise zur Erhaltung<br />

<strong>der</strong> Gesundheit zu beachten.<br />

Zu e<strong>in</strong>er verantwortlichen Lebensführung vor Gott gehört<br />

<strong>der</strong> rechte Rhythmus von Arbeit und Ruhe: „Sechs Tage sollst<br />

du arbeiten ...“ (2. Mose 20, 9). Zwar brachte die Sünde e<strong>in</strong>e<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen; dennoch hat e<strong>in</strong>e<br />

geregelte Arbeit e<strong>in</strong>en wesentlichen E<strong>in</strong>fluß auf das körperliche<br />

Wohlbef<strong>in</strong>den. Regelmäßige Ruhe ist ebenso erfor<strong>der</strong>lich<br />

(Nachtruhe, Sabbatruhe).<br />

Weil Gott möchte, daß <strong>der</strong> Mensch gesund ist (3. Joh. 2),<br />

hat er bereits bei <strong>der</strong> Schöpfung Vorkehrungen für die Ernährung<br />

des Menschen getroffen (1. Mose 1,29). Da <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> den Schöpfungsbericht als historisch echt<br />

betrachten, s<strong>in</strong>d sie überzeugt, daß die dort genannten<br />

Nahrungsmittel (Früchte, Nüsse, Gemüse) von Gott ursprünglich<br />

für den Menschen vorgesehen waren.<br />

Nach <strong>der</strong> S<strong>in</strong>tflut, die verän<strong>der</strong>te Lebensbed<strong>in</strong>gungen auf<br />

<strong>der</strong> Erde nach sich zog, gestattete Gott den Fleischgenuß (1.<br />

Mose 9, 3), doch mit gewissen E<strong>in</strong>schränkungen. So sollten<br />

zum Beispiel ke<strong>in</strong>e Kadaver gegessen werden („alles, was sich<br />

regt und lebt“, 1. Mose 9, 3). Diese Weisung fand später im<br />

Mosaischen Gesetz ihren Nie<strong>der</strong>schlag<br />

105


Grundbegriffe von A-Z<br />

(3. Mose 22, 8). Schon vor <strong>der</strong> S<strong>in</strong>tflut unterschied man „re<strong>in</strong>e“<br />

und „unre<strong>in</strong>e“ Tiere (1. Mose 7, 2). Nur re<strong>in</strong>e Tiere durften<br />

geopfert und gegessen werden. Später wurde dem Volk Israel<br />

ausdrücklich untersagt, das Fleisch unre<strong>in</strong>er Tiere zu essen (3.<br />

Mose 11; 5. Mose 14, 4-13). Zwar hatte diese Ordnung für<br />

Israel auch kultische Bedeutung, doch dah<strong>in</strong>ter stand e<strong>in</strong><br />

tieferer S<strong>in</strong>n: die unre<strong>in</strong>en Tiere entsprachen nicht <strong>der</strong> von Gott<br />

vorgesehenen Ordnung für die menschliche Ernährung. Mit<br />

dem Tode Jesu am Kreuz verlor das Kultgesetz Israels se<strong>in</strong>e<br />

Bedeutung. Wenn auch damit die göttliche Ordnung über „re<strong>in</strong>“<br />

und „unre<strong>in</strong>“ ihres kultischen Charakters entkleidet wurde, so<br />

blieb sie doch für die menschliche Ernährung weiterh<strong>in</strong><br />

bestehen. Das bestätigen nach Überzeugung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> e<strong>in</strong>e Reihe neutestamentlicher Schriftstellen,<br />

wenn man ihre Aussagen im Zusammenhang sieht. Da die<br />

ursprüngliche menschliche Ernährung nicht das Fleisch von<br />

Tieren e<strong>in</strong>schloß, wird <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

e<strong>in</strong>e fleischlose Ernährung empfohlen,<br />

ergänzt durch natürliche Nahrungsmittel tierischen Ursprungs<br />

(Milch, Eier). Das wird jedoch nicht als verb<strong>in</strong>dliche For<strong>der</strong>ung<br />

für die Mitgliedschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de angesehen.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> s<strong>in</strong>d ferner davon überzeugt,<br />

daß e<strong>in</strong>e gesunde Lebensführung die Enthaltsamkeit von<br />

Genußgiften und Narkotika e<strong>in</strong>schließt. Deshalb lehnen sie den<br />

Genuß von Alkohol, Nikot<strong>in</strong> und ähnlichen Genußgiften ab, da<br />

sie den Menschen häufig zum Sklaven se<strong>in</strong>er Süchte werden<br />

lassen, und bemühen sich, alles zu meiden, was Körper o<strong>der</strong><br />

Geist schädigt.<br />

Nach Gal. 5, 22 ist Enthaltsamkeit (griechisch egkráteia,<br />

von Luther mit Mäßigkeit o<strong>der</strong> Keuschheit übersetzt, an<strong>der</strong>e<br />

Bibelübersetzungen geben dieses Wort mit Selbstbeherrschung<br />

o<strong>der</strong> Selbstzucht wie<strong>der</strong>) e<strong>in</strong>e von neun Eigenschaften <strong>der</strong><br />

Frucht des Geistes. Auf Grund von 2. Petr. 1, 6 zählt egkráteia<br />

zu den christlichen Tugenden, <strong>in</strong> denen sich <strong>der</strong> Nachfolger<br />

Christi üben soll. Diese <strong>in</strong>nere<br />

106


Grundbegriffe von A-Z<br />

Bereitschaft zur Enthaltsamkeit ist dem Gläubigen eigen, wenn<br />

Christus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Herzen wohnt. Es ist <strong>der</strong> frei aus dem<br />

Glauben und <strong>der</strong> Liebe zu Gott stammende Verzicht auf alles,<br />

was e<strong>in</strong>em heiligen Willen und dem göttlichen Ebenbild <strong>in</strong> uns<br />

zuwi<strong>der</strong> ist.<br />

Christliche Lebenshaltung beweist sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nüchternheit<br />

(1. Thess. 5, 5. 8). Trunksucht schließt vom Reiche Gottes<br />

aus (1. Kor. 5, 11; 6, 9. 10). We<strong>in</strong> als Medikament ist davon<br />

nicht betroffen (1. Tim. 5, 23). Der H<strong>in</strong>weis, den <strong>der</strong> Apostel<br />

se<strong>in</strong>em Mitarbeiter gab, beweist <strong>in</strong>direkt, daß Timotheus ke<strong>in</strong>en<br />

Alkohol zu sich nahm. Christliche Heiligung schließt den Genuß<br />

jeglichen Giftes (Nikot<strong>in</strong>, Opium usw.) aus.<br />

Seit dem Jahr 1863 begann man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> Nachdruck auf e<strong>in</strong>e gesunde<br />

Lebensweise zu legen und die Verantwortung zu unterstreichen,<br />

die e<strong>in</strong> Christ für Körper und Gesundheit trägt. E<strong>in</strong>e<br />

Geme<strong>in</strong>de, die darauf bedacht war, die biblischen Grundsätze<br />

im täglichen Leben zu praktizieren, mußte folgerichtig auch<br />

dah<strong>in</strong> kommen, sich ernstlich mit dem physischen Aspekt des<br />

Lebens zu beschäftigen.<br />

Durch James und Ellen White wurde das Anliegen e<strong>in</strong>er<br />

gesunden Lebensweise den frühen <strong>Adventisten</strong> nahegebracht.<br />

Bereits 1848 machte Ellen G. White auf die schädliche Wirkung<br />

von Tabak, Tee und Kaffee aufmerksam.<br />

Seit 1863 sah man <strong>in</strong> den Grundsätzen gesun<strong>der</strong> Lebensweise<br />

e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Lehre, die von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> verkündigt wird. Ausführlich g<strong>in</strong>g<br />

damals E. G. White auf die Verantwortung e<strong>in</strong>es Christen zur<br />

Erhaltung se<strong>in</strong>er Gesundheit e<strong>in</strong>. „Es ist we<strong>der</strong> vernünftig noch<br />

Gott wohlgefällig, die Gesetze <strong>der</strong> Gesundheit zu mißachten<br />

und ihn dann zu bitten, für unsere Gesundheit zu sorgen und<br />

uns vor Krankheiten zu bewahren, wenn wir selber <strong>in</strong> krassem<br />

Wi<strong>der</strong>spruch dazu leben. (Handschr. 1, 1863) Mir wurde<br />

gezeigt, daß es e<strong>in</strong>e heilige Pflicht ist, auf unsere Gesundheit<br />

acht zu haben und an<strong>der</strong>e auf ihre Pflicht aufmerksam zu<br />

machen ... Wir<br />

107


Grundbegriffe von A-Z<br />

haben gegen Unmäßigkeit aller Art Stellung zu nehmen, sei es<br />

im Arbeiten, Essen, Tr<strong>in</strong>ken o<strong>der</strong> im E<strong>in</strong>nehmen von Medikamenten.<br />

Zugleich sollten wir auf Gottes großes Heilmittel<br />

h<strong>in</strong>weisen, das re<strong>in</strong>e, klare Wasser, das <strong>in</strong> gesunden und<br />

kranken Tagen angewandt werden sollte.“<br />

Gleichzeitig hob sie die Wichtigkeit re<strong>in</strong>er Luft und e<strong>in</strong>er<br />

richtigen Ernährung hervor. Sie verfaßte sechs Artikel unter<br />

dem Thema „Krankheit und ihre Ursachen“. Sie sollten Teil<br />

e<strong>in</strong>er Broschürenreihe werden unter dem Leitthema „Wie lebe<br />

ich richtig?“ (1865) Bei <strong>der</strong> Vorbereitung des Manuskriptes stieß<br />

sie auf Schriften von J. C. Jackson, R. T. Trall, Sylvester<br />

Graham und an<strong>der</strong>en, sie sich gegen die damals üblichen<br />

Ernährungsgewohnheiten, die Mode wie auch gegen die<br />

vorherrschenden mediz<strong>in</strong>ischen Praktiken wandten. Von<br />

e<strong>in</strong>igen ihrer extremen Ansichten mußte sich E. G. White<br />

entschieden distanzieren. Doch mit Überraschung stellte sie<br />

fest, daß sie <strong>in</strong> nicht wenigen Punkten mit ihnen übere<strong>in</strong>stimmte.<br />

Im Jahre 1865 wies E. G. White ferner auf die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Gesundheitsgrundsätze und <strong>der</strong>en Beziehung zu den<br />

Glaubenslehren <strong>der</strong> Bibel h<strong>in</strong>. Darüber schrieb sie: „Wir sollten<br />

uns klar darüber werden, daß wir als e<strong>in</strong> von Gott gerufenes<br />

Volk <strong>in</strong> diesem uns aufgetragenen Werk e<strong>in</strong>en entscheidenden<br />

Schritt nach vorn zu tun haben. Deshalb müssen Prediger und<br />

Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> mit vere<strong>in</strong>ten Kräften handeln ... Bis jetzt<br />

haben nur wenige begriffen, wie sehr ihre Ernährungsweise mit<br />

ihrer Gesundheit zu tun hat, mit ihrem Charakter und auch mit<br />

ihrer Brauchbarkeit <strong>in</strong> dieser Welt und nicht zuletzt mit ihrem<br />

ewigen Heil o<strong>der</strong> Unheil ...“ (Test. Bd. I 486ff)<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus legte sie den 4000 Glie<strong>der</strong>n, die damals<br />

zur Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> gehörten,<br />

ans Herz, daß es nicht ausreiche, die Grundsätze e<strong>in</strong>er<br />

gesunden Lebensweise alle<strong>in</strong> zu verkündigen o<strong>der</strong> durch das<br />

Schrifttum zu verbreiten, vielmehr müßten E<strong>in</strong>richtungen zur<br />

Behandlung von Kranken entsprechend dieser Grundsätze<br />

geschaffen werden: „Wir sollten e<strong>in</strong><br />

108


Grundbegriffe von A-Z<br />

Heim errichten, <strong>in</strong> dem Kranke auch die Möglichkeit haben zu<br />

lernen, wie sie für ihren Körper zu sorgen haben, um Krankheiten<br />

zu verhüten.“ (a. a. O., S. 499)<br />

Auf Grund dieser Anregungen wurde das erste Sanatorium<br />

<strong>in</strong> Battle Creek erbaut. E. G. White erklärte, daß e<strong>in</strong>e<br />

„solche E<strong>in</strong>richtung, wenn sie richtig geleitet wird, sowohl e<strong>in</strong>e<br />

körperliche wie auch geistliche Hilfe se<strong>in</strong> würde; denn neben<br />

den Behandlungen könnte das Verständnis <strong>der</strong> Patienten für<br />

die biblische Botschaft geweckt werden. Das würde ihnen<br />

helfen, den Willen des himmlischen Vaters besser zu verstehen<br />

und zu befolgen. Sie machte auch Vorschläge, wie e<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong>artige E<strong>in</strong>richtung armen, unbemittelten Leuten helfen<br />

könnte.“ (a. a. O., S. 494. 495)<br />

Die Grundsätze <strong>der</strong> Enthaltsamkeit wurden von Anfang<br />

an <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

unterstrichen. Im Jahre 1890 schrieb E. G. White <strong>in</strong> „Zeichen<br />

<strong>der</strong> Zeit“: „Von Unmäßigkeit kann man nicht nur beim Genuß<br />

berauschen<strong>der</strong> Getränke reden; darunter ist auch je<strong>der</strong><br />

schädliche Genuß zur Befriedigung des Appetits o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Leidenschaft zu verstehen.“<br />

In ihrem Buche „Patriarchen und Propheten“ (S. 562)<br />

nimmt sie zum gleichen Thema Stellung: „Wahre Mäßigkeit<br />

lehrt uns, Schädliches zu meiden und nur das mit Überlegung<br />

zu verwenden, was <strong>der</strong> Gesundheit för<strong>der</strong>lich ist.“<br />

Im Schrifttum <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> s<strong>in</strong>d bis<br />

zur zweiten Hälfte des Jahres 1853 ke<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>en H<strong>in</strong>weise<br />

zu f<strong>in</strong>den, die den sabbathaltenden <strong>Adventisten</strong> nahelegten,<br />

das Rauchen aufzugeben. Im „Review and Herald“ vom 13. 12.<br />

1853 schrieb James White: „Wenn sich unser Glaubensleben<br />

voll entfalten soll, erfor<strong>der</strong>t das von uns auch den E<strong>in</strong>satz aller<br />

geistigen Kräfte ... Durch Genußgifte (Tabak) werden sie jedoch<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt. Im Verhältnis zur verbrauchten Menge muß mit<br />

<strong>der</strong> Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung unserer Handlungsfähigkeit gerechnet<br />

werden. Aus dieser Sicht kann man mit Recht sagen, daß<br />

jemand, <strong>der</strong> dem Tabak verhaftet ist, niemals solch e<strong>in</strong> Christ<br />

se<strong>in</strong> kann, wie er ohne dieses Genußgift se<strong>in</strong> könnte.“<br />

109


Grundbegriffe von A-Z<br />

Mit <strong>der</strong> Zeit wurde immer stärker die Notwendigkeit unterstrichen,<br />

auf Tabak zu verzichten. So schrieb James White: „Ist es<br />

nicht beschämend, daß e<strong>in</strong>ige Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong>, die großen<br />

Eifer für Gottes Sache vorgeben, angeblich zu arm s<strong>in</strong>d, die<br />

Kosten für ihre Geme<strong>in</strong>deschrift zu bezahlen ö<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Prediger zu unterstützen? Und trotzdem haben sie Geld, um<br />

sich Tabak und Tee zu kaufen!“ (a. a. O., vom 1. Mai 1856)<br />

Anläßlich e<strong>in</strong>er größeren Versammlung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> <strong>in</strong> Morristown, Vermont, am 15. Oktober 1855,<br />

faßten die Teilnehmer folgenden Beschluß: „Es ist e<strong>in</strong>e sehr<br />

betrübliche Tatsache, daß sich Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> dem Tabakgenuß<br />

h<strong>in</strong>geben. Das wird von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft bedauert.<br />

Wenn mit diesen Glie<strong>der</strong>n gearbeitet worden ist und sie<br />

e<strong>in</strong>gehend und geduldig ermahnt worden s<strong>in</strong>d, ihr Leben aber<br />

nicht än<strong>der</strong>n wollen, wird es die Geme<strong>in</strong>de als ihre Pflicht<br />

ansehen müssen, sich von ihnen zurückzuziehen.“<br />

Das ist im wesentlichen auch heute noch die Haltung <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> zum Tabakgenuß<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong>.<br />

Der Genuß alkoholischer Getränke war unter Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong>n<br />

nie stark verbreitet. Als die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

entstand, hatten bereits die damaligen<br />

Bemühungen zur Bekämpfung des Alkoholismus fast alle<br />

religiösen Geme<strong>in</strong>schaften nachhaltig bee<strong>in</strong>flußt. Die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

g<strong>in</strong>gen jedoch noch e<strong>in</strong>en Schritt weiter<br />

und schlossen auch die Enthaltsamkeit von We<strong>in</strong> und Obstwe<strong>in</strong>en<br />

mit e<strong>in</strong>. Tee und Kaffee waren fast überall gebräuchlich. Als<br />

jedoch auf die Schädlichkeit dieser Getränke h<strong>in</strong>gewiesen<br />

wurde, wurden sie auch abgelehnt.<br />

Wie<strong>der</strong>holt g<strong>in</strong>g Ellen G. White auf die beiden „Zwill<strong>in</strong>gsübel“<br />

e<strong>in</strong>: Alkohol und Tabak. Sie zeigte, daß es für Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong><br />

nur e<strong>in</strong>en sicheren Weg gibt, nämlich „nicht zu berühren,<br />

nicht zu kosten, nicht damit umzugehen“, und daß „völlige<br />

Enthaltsamkeit die e<strong>in</strong>zige Grundlage für Gottes Volk ist“.<br />

110


Grundbegriffe von A-Z<br />

Schon lange ehe mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche Forschung<br />

ergab, daß das Rauchen ursächlich mit <strong>der</strong> Entstehung von<br />

Lungenkrebs und an<strong>der</strong>n schweren Erkrankungen zusammenhängt,<br />

wies E. G. White darauf h<strong>in</strong>, daß „<strong>der</strong> Tabak e<strong>in</strong> betrügerisches<br />

und ver<strong>der</strong>bliches Gift ersten Ranges ist, das zuerst<br />

e<strong>in</strong>en erregenden, dann aber e<strong>in</strong>en lähmenden E<strong>in</strong>fluß auf das<br />

Nervensystem des Menschen ausübt. Se<strong>in</strong>e Auswirkungen auf<br />

den Körperhaushalt s<strong>in</strong>d schwerer zu beseitigen, als die des<br />

Alkohols.“ Von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> wurde e<strong>in</strong>e gesunde Ernährung als beste Hilfe<br />

gegen die Versuchung zu Alkohol- und Tabakgenuß angesehen.<br />

„Die Grundsätze <strong>der</strong> Enthaltsamkeit dürfen nicht nur auf<br />

den Genuß alkoholischer Getränke bezogen werden. Scharf<br />

gewürzte und schwerverdauliche Speisen s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Gesundheit<br />

ebenso unzuträglich und führen <strong>in</strong> vielen Fällen zur Trunksucht<br />

... Nur wenige s<strong>in</strong>d sich darüber klar, <strong>in</strong> welchem Umfang die<br />

Nahrung mit ihrer Gesundheit, ihrem Charakter, ihrer Leistungsfähigkeit<br />

und letztlich ihrem ewigen Schicksal zu tun hat.“ (PP<br />

562)<br />

„Heiligung ist e<strong>in</strong> lebendiger und wirksamer Grundsatz,<br />

<strong>der</strong> sich im alltäglichen Leben auswirkt. Sie erfor<strong>der</strong>t, daß unsre<br />

tägliche Lebensführung wie Essen, Tr<strong>in</strong>ken und Kleiden so<br />

gestaltet wird, daß wir unsere physische, geistige und sittliche<br />

Gesundheit bewahren.“ (E. G. White <strong>in</strong> Review and Herald vom<br />

15. Jan. 1881)<br />

Mäßigkeit bedeutet für den e<strong>in</strong>zelnen, auf rechte Lebensgewohnheiten<br />

bedacht zu se<strong>in</strong>, damit Körper und Geist gesund<br />

erhalten werden.<br />

Viele <strong>der</strong> wertvollen H<strong>in</strong>weise von E. G. White wurden zusammengefaßt<br />

<strong>in</strong> dem Buch „Counsels on Diet and Foods“.<br />

Dar<strong>in</strong> heißt es unter an<strong>der</strong>em: „Wer die Gesetze e<strong>in</strong>er gesunden<br />

Lebensführung versteht und sich davon leiten läßt, wird<br />

Schwelgerei wie ängstliche Beschränkung meiden. Se<strong>in</strong>e<br />

Nahrung dient nicht <strong>der</strong> bloßen Befriedigung des Geschmacks,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem dem Aufbau se<strong>in</strong>es Körpers. Er ist bemüht,<br />

all se<strong>in</strong>e Kräfte <strong>in</strong> <strong>der</strong> besten<br />

111


Grundbegriffe von A-Z<br />

Verfassung zu erhalten, um Gott und se<strong>in</strong>en Mitmenschen<br />

dienen zu können. Er wird se<strong>in</strong>e Anschauung an<strong>der</strong>n nicht<br />

aufnötigen, aber se<strong>in</strong> Beispiel wird e<strong>in</strong> Zeugnis für diese guten<br />

Grundsätze se<strong>in</strong>.“<br />

GLAUBENSHEILUNGEN<br />

Unter Glaubensheilungen versteht man die Heilung von<br />

Krankheit auf übernatürliche Weise durch den Glauben an die<br />

göttliche Kraft.<br />

Glaubensheilungen kennt die christliche Kirche auf Grund<br />

zahlreicher Beispiele im Alten Testament (z. B. Naeman und<br />

Hiskia 2. Kön. 5, 14; 20, 5-7) und im Neuen Testament, die<br />

Heilungen durch Jesus Christus (Mark. 1, 30-34; 40-41; 2, 1-12<br />

usw., Joh. 9, 1-7) und die Apostel (Apg. 3, 1-11; 9, 32-41; 14, 8-<br />

10). Die Vollmacht zu heilen, ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Gaben des Heiligen<br />

Geistes, die <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de verliehen wurden (1. Kor. 12, 28-30;<br />

vgl. Mark. 16, 17. 18). Die Kranken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de werden<br />

ermutigt, sich an die Ältesten zu wenden, damit sie durch ihre<br />

Fürbitte Heilung erflehen (Jak. 5, 14. 15). Es gibt also Krankheitsnöte,<br />

wo <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne, auf sich alle<strong>in</strong> gestellt, nicht<br />

durchkommt, weil er für sich selbst zu schwach ist, den<br />

Wi<strong>der</strong>stand zu brechen. Es muß e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>g <strong>der</strong> Beistandshilfe<br />

gebildet werden. So wie im Alten Bund die heiligen Geräte für<br />

die Stiftshütte o<strong>der</strong> für den Salomonischen Tempel <strong>in</strong> feierlicher<br />

Weise gesalbt wurden als Ausdruck <strong>der</strong> Übergabe an Gott, so<br />

soll sich gleicherweise <strong>der</strong> Kranke durch den Vorgang <strong>der</strong><br />

Ölung mit Leib und Seele an Gott ausliefern. Solche Salbung<br />

dient <strong>der</strong> Genesung und Wie<strong>der</strong>aufrichtung des Kranken. Doch<br />

nicht immer hat es Gott für gut angesehen, die Bitte um Heilung<br />

zu erfüllen, selbst dann, wenn vom Bittenden die notwendigen<br />

Voraussetzungen dafür gegeben waren (2. Kor. 12, 7-10). Auch<br />

<strong>der</strong> glaubende Mensch hat ke<strong>in</strong> Recht darauf, Gott gegenüber<br />

Ansprüche zu erheben und For<strong>der</strong>ungen geltend zu machen;<br />

alles muß Gott und se<strong>in</strong>er Freiheit überlassen bleiben.<br />

112


Grundbegriffe von A-Z<br />

Von Anfang an haben <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> Glaubensheilungen<br />

als von Gott gewirkt anerkannt. Beson<strong>der</strong>e Fälle<br />

solcher Heilungen wurden gelegentlich im „Review and Herald“<br />

berichtet. Von Zeit zu Zeit erschienen Abhandlungen über die<br />

biblischen Grundlagen <strong>der</strong> Glaubensheilung, verbunden mit <strong>der</strong><br />

Warnung vor trügerischen Heilungen. Gerade im Blick auf das<br />

Heilungswun<strong>der</strong> gilt es, die Geister zu prüfen.<br />

In e<strong>in</strong>em Leitartikel wies G. C. Tenney darauf h<strong>in</strong>, wie<br />

wichtig es ist, zwischen echten Wun<strong>der</strong>heilungen und vorgetäuschten<br />

Heilungen zu unterscheiden.<br />

Er schrieb: „Wir s<strong>in</strong>d völlig überzeugt von <strong>der</strong> Macht und<br />

Bereitschaft Gottes, das Gebet des Glaubens um Heilung zu<br />

erhören. Wir wissen, daß er auf das Gebet h<strong>in</strong> Kranke gesund<br />

machen kann und es oft getan hat. Wir s<strong>in</strong>d jedoch verpflichtet<br />

zu erwähnen, daß wir e<strong>in</strong>er großen Zahl von Heilungen, die als<br />

Glaubensheilungen ausgegeben werden, kritisch gegenüberstehen.“<br />

(Review and Herald vom 9. April 1895)<br />

Der Verfasser ermahnt zur Vorsicht mit dem H<strong>in</strong>weis, daß<br />

Satan unter bestimmten Umständen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist, Heilungswun<strong>der</strong><br />

zu vollbr<strong>in</strong>gen. Mitunter handelt es sich bei den<br />

angeblichen Glaubensheilungen um Krankheiten, <strong>der</strong>en<br />

Ursache e<strong>in</strong> gestörter Geisteszustand war. Tenney sagte, daß<br />

es „irreführend“ sei, <strong>der</strong>artige „Heilungen“ <strong>der</strong> Kraft Gottes<br />

zuzuschreiben. Er warnte vor <strong>der</strong> Gefahr, daß Kranke dah<strong>in</strong><br />

kommen könnten, „vernünftige Maßnahmen für e<strong>in</strong>e Genesung<br />

zu mißachten“.<br />

Verschiedene Verfasser haben sich zu den Voraussetzungen<br />

für e<strong>in</strong>e Glaubensheilung geäußert. Im Jahre 1901<br />

unterstrich A. L. Smith, wie notwendig es ist, die Grundregeln<br />

e<strong>in</strong>er gesunden Lebensweise zu befolgen. Wenn e<strong>in</strong> Kranker<br />

„diese Gesetze mißachtet und dadurch se<strong>in</strong>e Gesundheit<br />

schädigt, kann er vernünftigerweise nicht erwarten, daß Gott die<br />

Folgen beseitigt, ehe er nicht selbst abstellt, was dazu führte.“<br />

E<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> es ablehnt, selbst zu se<strong>in</strong>em Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

beizutragen, und dann ver-<br />

113


Grundbegriffe von A-Z<br />

sucht, Heilung durchs Gebet zu erlangen, „unternimmt etwas<br />

Unmögliches. Das ist ke<strong>in</strong> Glaube ... Gott tut für den Menschen<br />

nur das, was er selbst nicht tun kann“. (Review and Herald vom<br />

23. Juni 1901) Ober die notwendigen Voraussetzungen, wenn<br />

um Heilung für an<strong>der</strong>e gebetet werden soll, schrieb E. Hilliard:<br />

„Göttliche Heilung wird nicht durch Menschen vermittelt, die<br />

offenkundig das Sittengesetz übertreten. Die Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>der</strong> Gesundheit kann nicht als von Gott gewirkt angesehen<br />

werden, wenn sie von Menschen vermittelt wird, die bewußt<br />

Gottes For<strong>der</strong>ungen mißachten.“ (Review and Herald vom 5.<br />

Aug. 1920)<br />

An<strong>der</strong>e Schreiber weisen darauf h<strong>in</strong>, wie wichtig es ist,<br />

ärztlichen Rat und ärztliche Hilfe zu suchen. Die Antwort auf<br />

das Gebet um Heilung kann auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em allmählichen<br />

Heilungsprozeß o<strong>der</strong> durch die Anwendung <strong>der</strong> Grundsätze<br />

gesunden Lebens und natürlicher Heilmittel, nicht zuletzt auch<br />

durch die Fähigkeit e<strong>in</strong>es tüchtigen Arztes erfolgen.<br />

In e<strong>in</strong>er umfassenden Darstellung g<strong>in</strong>g Roy F. Cottrell auf<br />

diese Fragen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Serie von Leitartikeln e<strong>in</strong>. (Review and<br />

Herald vom 12. Mai bis 9. Juni 1949) Dabei behandelte er<br />

folgende Themen:<br />

Christus, unser Vorbild<br />

Der Mensch, e<strong>in</strong> Tempel des Heiligen Geistes<br />

Die Grundlage <strong>der</strong> Gesundheit und die Notwendigkeit,<br />

unsere körperlichen Kräfte Gott zur Verfügung zu stellen<br />

Das Gebet des Glaubens<br />

Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e Erhörung des Gebets Glaube<br />

im Gegensatz zur Vermessenheit<br />

Vom S<strong>in</strong>n des Leidens<br />

Kennzeichen echter wie unechter Heilungen<br />

Cottrell berührte dabei auch das psychosomatische Verhältnis<br />

zwischen Leib und Geist des Menschen. <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß die Ermutigung zur Handlung<br />

nach Jak. 5, 14. 15 und die gegebene Ver-<br />

114


Grundbegriffe von A-Z<br />

heißung auch heute ihre Gültigkeit haben, und s<strong>in</strong>d überzeugt<br />

davon, daß echte Heilungen noch immer geschehen. Dabei<br />

s<strong>in</strong>d sie jedoch <strong>der</strong> Auffassung, daß Gott unter normalen<br />

Gegebenheiten ke<strong>in</strong>e übernatürlichen Mittel e<strong>in</strong>setzt, wenn <strong>der</strong><br />

Mensch durch Anwendung natürlicher Mittel, die ihm zur<br />

Verfügung stehen, dasselbe erreichen kann. Diese natürlichen<br />

Mittel schließen die Grundsätze gesun<strong>der</strong> Lebensweise, die<br />

Anwendung natürlicher Heilmittel und mediz<strong>in</strong>ische Maßnahmen<br />

<strong>in</strong> ihrem s<strong>in</strong>nvollen Zusammenwirken mit e<strong>in</strong>. Auch das<br />

Gebet nach Jak. 5, 14. 15 sollte die vernünftige Anwendung<br />

dieser Möglichkeiten nicht übergehen. Das ist ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong><br />

Ausdruck mangelnden Glaubens; es kann durchaus se<strong>in</strong>, daß<br />

Gott e<strong>in</strong>e Heilung auf Grund des Zusammenwirkens von<br />

menschlichem E<strong>in</strong>satz und göttlicher Kraft schenken will. Ferner<br />

muß erwähnt werden, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur die mit <strong>der</strong> Erhörung<br />

ihrer Gebete rechnen können, die bereit s<strong>in</strong>d, ihr Leben<br />

ganz mit dem Willen Gottes <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Das weit ausgebaute mediz<strong>in</strong>ische Werk <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> ganzen Welt umschließt Krankenhäuser,<br />

Sanatorien, Kl<strong>in</strong>iken, mediz<strong>in</strong>ische Schulen <strong>der</strong> Zahnheilkunde,<br />

Krankenpflege und verschiedene Zweige <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Technologie. Es ist verbunden mit e<strong>in</strong>er umfassenden<br />

Erziehung zu e<strong>in</strong>er gesunden Lebensweise. Das alles spricht<br />

dafür, welche Bedeutung die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Gesundheit im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Frohbotschaft und <strong>der</strong> christlichen Lebensführung<br />

beimißt. Auch das praktische Interesse <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> an <strong>der</strong> Gesundheit und <strong>der</strong> Heilung von Kranken<br />

kommt dar<strong>in</strong> zum Ausdruck.<br />

Sie glauben ferner, daß e<strong>in</strong> Gebet um Heilung begleitet<br />

se<strong>in</strong> soll von <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> Stellung e<strong>in</strong>es Menschen zu<br />

Gott und <strong>der</strong> H<strong>in</strong>gabe des Lebens an IHN. Solch e<strong>in</strong> Gebet<br />

erfor<strong>der</strong>t nicht nur e<strong>in</strong>en unerschütterlichen Glauben an Gottes<br />

Güte und Macht zu heilen, son<strong>der</strong>n auch die völlige Ergebung<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Willen und die Be-<br />

115


Grundbegriffe von A-Z<br />

reitschaft, das anzunehmen, was er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er unendlichen Güte<br />

und Weisheit für uns als das Beste bestimmt hat. Selbst wenn<br />

e<strong>in</strong>e körperliche Gesundung nicht e<strong>in</strong>tritt, sollte die Hoffnung<br />

ausgerichtet bleiben auf das größte Wun<strong>der</strong>: die endgültige<br />

Erneuerung des Sün<strong>der</strong>s. Auch die Heilungswun<strong>der</strong> Jesu<br />

waren nichts an<strong>der</strong>es als erste zeichenhafte H<strong>in</strong>weise auf die<br />

zukünftige Herrlichkeit, wo das Verwesliche das Unverwesliche<br />

anziehen wird.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> s<strong>in</strong>d we<strong>der</strong> davon überzeugt,<br />

daß die Behauptungen <strong>der</strong> bekanntgewordenen „Glaubensheiler“<br />

den Tatsachen entsprechen, noch daß ihre Methoden als<br />

christlich bezeichnet werden dürfen, da sie nicht <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang<br />

stehen mit den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heiligen Schrift dargelegten Grundsätzen<br />

über Glaubensheilungen. Da die Bibel viele Warnungen vor<br />

sogenannten Wun<strong>der</strong>n enthält – beson<strong>der</strong>s für die letzte Zeit –<br />

(2. Thess. 2, 9 und 10; Offb. 13, 13 und 14), s<strong>in</strong>d wir stets gut<br />

beraten, angebliche Heilungen genau nach den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heiligen<br />

Schrift dargelegten Grundsätzen zu überprüfen.<br />

GLAUBE UND WERKE<br />

Das Vertrauen des Gläubigen auf Christus und das, was er für<br />

uns getan hat, um Versöhnung mit Gott zu erwirken, wird im<br />

Neuen Testament Glauben genannt. Zum an<strong>der</strong>n wird im<br />

Neuen Testament auch von Werken gesprochen. Glaube und<br />

Werke schließen sich gegenseitig aus so wie Licht und<br />

F<strong>in</strong>sternis. Ke<strong>in</strong> Mensch kann durch Erfüllung bestimmter<br />

Vorschriften o<strong>der</strong> Werke <strong>der</strong> Barmherzigkeit etwas tun, um sich<br />

vor Gott e<strong>in</strong>en Anspruch auf Erlösung zu verdienen. Pauli Brief<br />

an die Galater ist die klassische Antwort auf die Vorstellung,<br />

daß Christen, die angeblich Erlösung durch den Glauben an<br />

Christus gefunden haben, ihren Stand vor Gott und ihre<br />

Würdigkeit für die göttliche Gnade durch eigene Leistungen<br />

verbessern könnten – beson<strong>der</strong>s durch die Erfüllung <strong>der</strong><br />

rituellen For<strong>der</strong>ungen des jüdischen Gottesdienstes. Pauli<br />

116


Grundbegriffe von A-Z<br />

entschiedene Verurteilung aller Versuche <strong>der</strong> Galater, das Heil<br />

dadurch zu erlangen, daß sie dem Glauben an Christus die<br />

Werke des jüdischen Kultgesetzes h<strong>in</strong>zufügten, kann auf alle<br />

und zu je<strong>der</strong> Zeit bezogen werden. Wer annimmt, er könnte<br />

durch die Erfüllung gesetzlicher Vorschriften – und sei es auch<br />

<strong>der</strong> des Sittengesetzes – zu se<strong>in</strong>er Erlösung selbst etwas<br />

beitragen, ist im Irrtum.<br />

In späteren Jahrhun<strong>der</strong>ten hat <strong>der</strong> Gedanke, daß äußere<br />

religiöse Leistungen und Werke <strong>der</strong> Barmherzigkeit ausreichten,<br />

die Sünden e<strong>in</strong>es Menschen zu tilgen und ihm Anspruch<br />

auf Erlösung zu sichern, das neutestamentliche Verständnis<br />

von <strong>der</strong> Gerechtigkeit alle<strong>in</strong> aus dem Glauben weith<strong>in</strong> verdunkelt.<br />

Die wichtige Wahrheit, daß e<strong>in</strong> Mensch völlig vom Glauben<br />

an Christus und dessen Gerechtigkeit abhängt, wurde erst<br />

durch die Reformation des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts wie<strong>der</strong>entdeckt<br />

und bildet heute das Kernstück des Glaubens und Lebens <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>.<br />

Als Jesus wie e<strong>in</strong> Mensch unter Menschen auf dieser Erde<br />

weilte, gab er e<strong>in</strong> Beispiel vollkommener Gerechtigkeit. Mit<br />

se<strong>in</strong>em Tod am Kreuz erfüllte er die For<strong>der</strong>ungen des Gesetzes.<br />

Nun kann <strong>der</strong> reuige Sün<strong>der</strong> durch den Glauben <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

rechtes Verhältnis zu Gott kommen. Ohne Christus, nur im<br />

Vertrauen auf se<strong>in</strong>e eigenen Werke, stünde <strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> dem<br />

Gesetz, diesem göttlichen Maßstab, hilflos gegenüber. Selbst<br />

e<strong>in</strong>e vollkommene Erfüllung <strong>der</strong> Gebote Gottes nach e<strong>in</strong>er<br />

Bekehrung könnte – wenn das überhaupt möglich wäre – ke<strong>in</strong>e<br />

Sühne für das vorangegangene Leben <strong>der</strong> Sünde bewirken.<br />

Der Sün<strong>der</strong> muß sich vielmehr se<strong>in</strong>er Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />

Macht Christi und dessen stellvertretendem Tod bewußt se<strong>in</strong>.<br />

Nur dann kann er <strong>in</strong> Obere<strong>in</strong>stimmung mit Gottes Willen leben.<br />

Christi errettende Gerechtigkeit ist vollkommen und reicht aus<br />

für alle. Der Mensch kann und braucht ihr nichts h<strong>in</strong>zuzufügen.<br />

Paulus erklärte den Galatern, daß sie auf alle Werkgerechtigkeit<br />

durch e<strong>in</strong> Befolgen des Kultgesetzes verzichten<br />

117


Grundbegriffe von A-Z<br />

müßten, wenn sie Erlösung durch den Glauben an Christus<br />

f<strong>in</strong>den wollten. Dann erst würden die guten Werke des Heiligen<br />

Geistes <strong>in</strong> ihrem Leben offenbar (Gal. 5, 22. 23; 6, 2), nicht als<br />

Mittel zur Erlösung, son<strong>der</strong>n als Folge davon. E<strong>in</strong> Glaube, so<br />

erklärt Jakobus, <strong>der</strong> nicht von solchen Werken begleitet wird, ist<br />

tot (Jak. 2, 20; 3, 13). „Gute Werke“ <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>n s<strong>in</strong>d die<br />

natürliche Folge e<strong>in</strong>er echten Erlösung (Eph. 2, 10; Hebr. 8,<br />

10). Sie s<strong>in</strong>d Werke des Glaubens, nicht des Gesetzes. Ohne<br />

sie ist <strong>der</strong> Glaube e<strong>in</strong>es Menschen vergeblich.<br />

Glaube, <strong>der</strong> durch die Liebe tätig ist, führt zu e<strong>in</strong>em Leben<br />

des Gehorsams und <strong>der</strong> Heiligung (vgl. Röm. 6, 22). Der<br />

Glaube br<strong>in</strong>gt uns nicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong> rechtes Verhältnis zu Gott,<br />

son<strong>der</strong>n läßt uns auch mit Gott zusammenwirken. Dadurch wird<br />

es möglich, <strong>in</strong> Ges<strong>in</strong>nung und Verhalten Christus ähnlich zu<br />

werden. Lebendiger Glaube wird stets von entsprechenden<br />

Werken begleitet se<strong>in</strong>. Gute Werke des Glaubens bereiten den<br />

Nachfolger Jesu darauf vor, e<strong>in</strong>st zur Geme<strong>in</strong>schaft himmlischer<br />

Wesen zu gehören. Sie zeigen, daß er sich entschlossen<br />

hat, e<strong>in</strong> Leben des Gehorsams aus Liebe zu Gott zu führen,<br />

und bekunden so, daß ihm <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vollkommenen Welt vertraut<br />

werden kann. (Review and Herald, 23. September 1915) E<strong>in</strong><br />

solches Leben beweist, daß das Bekenntnis des Glaubens an<br />

Christus nicht vergeblich ist. Das Fehlen guter Werke bei e<strong>in</strong>em<br />

vorgeblichen Christen ist e<strong>in</strong> Beweis dafür, daß er trotz se<strong>in</strong>es<br />

Bekenntnisses noch unter <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> Sünde steht. Gute<br />

Werke, die e<strong>in</strong> Ausdruck <strong>der</strong> Liebe und des Gehorsams s<strong>in</strong>d,<br />

bezeugen e<strong>in</strong>e aufrichtige und völlige H<strong>in</strong>gabe an Gott und<br />

dessen Willen. (Review and Herald, 7. Oktober 1890) Vom<br />

Heiligen Geist heißt es, daß er Gottes Sittengesetz <strong>in</strong>s Herz<br />

schreiben wird (Hebr. 8, 10). Es wird für den Christen zu e<strong>in</strong>em<br />

geistlichen Antrieb und e<strong>in</strong>em befreienden „Darf“. So kommt es<br />

durch den Glauben zu e<strong>in</strong>em echten Gehorsam (Hes. 36,<br />

26.27; Röm. 3, 31). D. Bonhoeffer sagt: „Nur <strong>der</strong> Glaubende ist<br />

gehorsam, und nur <strong>der</strong> Gehorsame glaubt.“<br />

118


Grundbegriffe von A-Z<br />

Das Evangelium errettet von Sünde und führt zur Gerechtigkeit.<br />

Wer <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit Gott und den Engeln leben möchte,<br />

wird we<strong>der</strong> die F<strong>in</strong>sternis lieben noch <strong>in</strong> Werke <strong>der</strong> Sünde<br />

e<strong>in</strong>willigen. Die guten Werke des Glaubens s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Ausdruck<br />

<strong>der</strong> Liebe und Dankbarkeit gegen Gott (Joh. 14, 15. 23).<br />

Mangelt es an guten Werken und am Sieg über die Sünde, so<br />

fehlt je<strong>der</strong> Beweis für e<strong>in</strong>en lebendigen Glauben (Matth. 7, 16-<br />

20). Wer vorgibt, e<strong>in</strong> Christ zu se<strong>in</strong>, sich aber ke<strong>in</strong>er guten<br />

Werke befleißigt, ist we<strong>der</strong> durch Christus erlöst noch mit ihm<br />

verbunden.<br />

Die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung über das Verhältnis von Glauben<br />

und Werken ist häufig nichts an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong>e Folge unterschiedlichen<br />

Verständnisses. Man macht sich nicht die Mühe,<br />

die Begriffe „Werke“ und „Gesetz“ im Zusammenhang des<br />

jeweiligen Schriftabschnittes zu sehen. Dabei werden dann die<br />

Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> S<strong>in</strong>ngebung we<strong>der</strong> klar erkannt noch<br />

berücksichtigt. Die biblischen Schreiber me<strong>in</strong>en mit „Gesetz“ im<br />

allgeme<strong>in</strong>en den offenbarten Gotteswillen, wie er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift,<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> den fünf Büchern Mose, nie<strong>der</strong>gelegt ist (Ps. 119;<br />

Luk. 24, 44). Manchmal werden aber auch (wie <strong>in</strong> Gal. 3, 2.5)<br />

die Riten und Verordnungen des jüdischen Kultgesetzes<br />

darunter verstanden (die e<strong>in</strong> wesentlicher Teil des „Gesetzes“<br />

im erstgenannten S<strong>in</strong>n waren). In ähnlicher Weise beziehen<br />

sich die Begriffe „Werke“ und „Werke des Gesetzes“, wenn sie<br />

mit dem jüdischen Kultgesetz <strong>in</strong> Zusammenhang stehen, stets<br />

auf die rituellen Vorschriften dieses „Gesetzes“ (z. B. Gal. 2, 16;<br />

3, 2). Darum ist es bei jedem Gespräch über „Glauben“,<br />

„Werke“ und „Gesetz“ erfor<strong>der</strong>lich, zuerst die Bedeutung dieser<br />

Begriffe zu klären und zu untersuchen, <strong>in</strong> welchem S<strong>in</strong>n sie von<br />

den Schreibern <strong>der</strong> Bibel gebraucht wurden. Wer diese Begriffe<br />

benutzt, sollte zuvor klären, wie er sie versteht.<br />

In <strong>der</strong> Heiligen Schrift gibt es viele Stellen, wo „das Gesetz“<br />

als „heilig, recht und gut“, als „geistlich“, „vollkommen“ und<br />

unvergänglich bezeichnet wird (Röm. 7, 12. 14; Ps. 19, 8;<br />

Matth. 5, 17. 18 u. a. m.). Wird <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung da-<br />

119


Grundbegriffe von A-Z<br />

mit von Werken gesprochen, dann verstehen <strong>Siebenten</strong><strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> darunter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel den freiwilligen Gehorsam<br />

e<strong>in</strong>es Menschen gegenüber dem Sittengesetz o<strong>der</strong> den Zehn<br />

Geboten, <strong>der</strong> das Heil durch den Glauben an Christus bereits<br />

gefunden hat.<br />

Im Galaterbrief äußert sich Paulus abwertend über das<br />

„Gesetz“. Damit me<strong>in</strong>t er e<strong>in</strong>deutig das jüdische Kultgesetz.<br />

Daraus schlußfolgern jene, die die Zehn Gebote nicht mehr für<br />

verb<strong>in</strong>dlich ansehen, daß auch <strong>der</strong> Gehorsam den Zehn<br />

Geboten gegenüber unter die „Werke des Gesetzes“ falle,<br />

denen Paulus so heftig den Kampf ansagt (Gal. 2, 16. 21; 5, 1-<br />

4). Da die Zehn Gebote eng mit dem Kultgesetz des Alten<br />

Bundes vom S<strong>in</strong>ai verknüpft waren, wird <strong>der</strong> voreilige Schluß<br />

gezogen, sie hätten mit den rituellen Vorschriften des jüdischen<br />

Glaubens am Kreuz ihr Ende gefunden (Hebr. 8, 10. 11). Man<br />

sche<strong>in</strong>t bl<strong>in</strong>d zu se<strong>in</strong> gegenüber <strong>der</strong> Tatsache, daß die sittlichen<br />

Grundsätze <strong>der</strong> Zehn Gebote von jeher unabhängig vom<br />

jüdischen Kultgesetz bestanden haben und ihm niemals<br />

untergeordnet waren. Diese Unabhängigkeit vom jüdischen<br />

o<strong>der</strong> jedem an<strong>der</strong>n Religionssystem beruht auf <strong>der</strong> Tatsache,<br />

daß <strong>in</strong> den Zehn Geboten Gottes ewiges, gerechtes Wesen und<br />

se<strong>in</strong> Wille zum Ausdruck kommen, und zwar <strong>in</strong> Begriffen, die<br />

dem Verständnis des Menschen nach dem Sündenfall angepaßt<br />

s<strong>in</strong>d. Diese Grundsätze s<strong>in</strong>d von ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>n abhängig<br />

als alle<strong>in</strong> von Gott.<br />

Im Galaterbrief wandelt sich das Verständnis des Begriffes<br />

„Gesetz“ im S<strong>in</strong>ne des jüdischen Kultgesetzes unmerklich<br />

zu e<strong>in</strong>em mehr abstrakten Verständnis, so daß mit „Gesetz“<br />

jedes Gesetz und mit „Werken des Gesetzes“ jede Gesetzlichkeit,<br />

die zum Heil führen soll, geme<strong>in</strong>t ist. Wenn „Gesetz“ im<br />

S<strong>in</strong>ne des jüdischen Kultgesetzes gebraucht wird, das am<br />

Kreuz se<strong>in</strong> Ende fand, und „Werke“ Erfüllung dieser rituellen<br />

For<strong>der</strong>ungen bedeuten, dann s<strong>in</strong>d auch <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, daß Glaube und Werke (<strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n,<br />

wie Paulus die Begriffe im Galaterbrief gebraucht) e<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

ausschließen. Das träfe<br />

120


Grundbegriffe von A-Z<br />

auch zu, wenn man den im Galaterbrief beschriebenen<br />

Grundsatz auf die Zehn Gebote anwendete und unter „Werken<br />

des Gesetzes“ die gesetzliche Erfüllung <strong>der</strong> Zehn Gebote<br />

verstünde und dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Mittel zur Seligkeit sähe. Wenn aber<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> unter „Gesetz“ die Zehn Gebote<br />

verstehen und unter „Werken“ die Befolgung ihrer sittlichen<br />

For<strong>der</strong>ungen – niemals aber e<strong>in</strong> Mittel zur Erlösung, son<strong>der</strong>n<br />

den Ausdruck des willigen Gehorsams e<strong>in</strong>es dankbaren<br />

Sohnes gegenüber dem Willen e<strong>in</strong>es wohlwollenden Vaters –,<br />

so ergänzen sich diese beiden Begriffe und wi<strong>der</strong>sprechen sich<br />

nicht. Das steht auch <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit dem, was Paulus<br />

<strong>in</strong> Gal. 5, 22.23; 6, 2 sagt.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne schrieb C. M. Snow: „So sehen wir, daß<br />

ke<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch zwischen Gesetz und Evangelium besteht.<br />

Das e<strong>in</strong>e offenbart die Sünden, das an<strong>der</strong>e das Heilmittel. Das<br />

e<strong>in</strong>e offenbart das Wesen Gottes, das an<strong>der</strong>e die e<strong>in</strong>zige<br />

Möglichkeit, ihm ähnlich zu werden. Das e<strong>in</strong>e offenbart die<br />

Grundsätze <strong>der</strong> himmlischen Herrschaft, das an<strong>der</strong>e die<br />

Vorkehrungen, die Gott getroffen hat, um den Folgen <strong>der</strong><br />

Auflehnung Satans gegen die göttliche Herrschaft zu begegnen.<br />

So s<strong>in</strong>d beide aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bezogen und werden aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

bezogen se<strong>in</strong>, bis die Sünde mit all ihren Folgen aus dem<br />

Weltall getilgt ist. Dann kommt das Evangelium zu se<strong>in</strong>em Ziel,<br />

weil die Erlösung vollendet ist; aber das Gesetz wird nie<br />

aufhören.“ (Review and Herald, 18. Oktober 1906)<br />

Siehe: Rechtfertigung, Gesetz, Gesetz und Gnade, Gerechtigkeit<br />

durch den Glauben, Heiligung<br />

GNADENZEIT<br />

Mit <strong>der</strong> Gnadenzeit gewährt Gott dem Menschen Zeit und<br />

Möglichkeit, se<strong>in</strong>e Gnade anzunehmen und sich auf das ewige<br />

Leben vorzubereiten. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> s<strong>in</strong>d <strong>der</strong><br />

Auffassung, daß die Gnadenzeit für e<strong>in</strong>en Menschen mit<br />

se<strong>in</strong>em Tode endet. Darüber h<strong>in</strong>aus glauben<br />

121


Grundbegriffe von A-Z<br />

sie, daß vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi e<strong>in</strong>e göttliche Weisung<br />

ergehen wird, die das Ende <strong>der</strong> Gnadenzeit für alle lebenden<br />

Menschen bedeutet: „Wer böse ist, <strong>der</strong> sei fernerh<strong>in</strong> böse, und<br />

wer unre<strong>in</strong> ist, <strong>der</strong> sei fernerh<strong>in</strong> unre<strong>in</strong>; aber wer fromm ist, <strong>der</strong><br />

sei fernerh<strong>in</strong> fromm, und wer heilig ist, <strong>der</strong> sei fernerh<strong>in</strong> heilig.<br />

Siehe, ich komme bald und me<strong>in</strong> Lohn mit mir, zu geben e<strong>in</strong>em<br />

jeglichen, wie se<strong>in</strong>e Werke s<strong>in</strong>d“ (Offb. 22, 11. 12).<br />

Während <strong>der</strong> Gnadenzeit versieht Christus als unser Hoherpriester<br />

se<strong>in</strong>en Dienst im himmlischen Heiligtum. Dadurch<br />

läßt er bußfertigen Sün<strong>der</strong>n die Sühne se<strong>in</strong>es stellvertretenden<br />

Opfertodes und se<strong>in</strong>er Gnade zugutekommen. Nur dadurch<br />

werden Menschen befähigt, Sünde und Welt zu überw<strong>in</strong>den.<br />

Nach Abschluß <strong>der</strong> Gnadenzeit besteht für die Unbußfertigen<br />

ke<strong>in</strong>e Möglichkeit mehr, Erlösung zu erlangen. Sie würden auch<br />

ke<strong>in</strong> Verlangen danach haben, selbst wenn sich ihnen die<br />

Gelegenheit böte.<br />

In den Jahren um 1840 lehrten die Adventgläubigen <strong>der</strong><br />

Millerbewegung, daß die Gnadenzeit für, die Welt mit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>kunft Christi endet. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> aber<br />

glauben, daß die Verkündigung <strong>der</strong> Botschaft von Christi<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Gottes letzter Aufruf an die Welt vor Abschluß <strong>der</strong><br />

Gnadenzeit ist und daß diese Botschaft alle Menschen erreichen<br />

wird. Wenn je<strong>der</strong> Bewohner <strong>der</strong> Erde Gelegenheit hatte,<br />

diese Botschaft anzunehmen o<strong>der</strong> abzulehnen, wird Jesus<br />

se<strong>in</strong>en priesterlichen Dienst beenden. Dann ist die Gnadenzeit<br />

abgeschlossen, und Christus wird <strong>in</strong> Kraft und Herrlichkeit auf<br />

die Erde zurückkehren, um jedem den Lohn nach se<strong>in</strong>en<br />

Werken zu geben und e<strong>in</strong> ewiges Reich <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

aufzurichten.<br />

In den ersten Jahren <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> beschäftigte man sich e<strong>in</strong>gehend mit <strong>der</strong> Frage,<br />

welche Ereignisse mit dem Ende <strong>der</strong> Gnadenzeit <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

stehen. Man kam zu dem Ergebnis, daß die Gnadenzeit mit<br />

dem Abschluß des Dienstes Christi im himmlischen Heiligtum,<br />

vor <strong>der</strong> Ausgießung <strong>der</strong> sieben<br />

122


Grundbegriffe von A-Z<br />

letzten Plagen (Offb. 16) endet. 1891 schrieb M. E. Kellogg:<br />

„Bald wird das Werk unseres großen Hohenpriesters im<br />

himmlischen Heiligtum vollendet se<strong>in</strong>. Damit wird die Gnadenzeit<br />

für die Menschheit aufhören und <strong>der</strong> unwi<strong>der</strong>rufliche Befehl<br />

nach Offb. 22, 11 ergehen.“ (Review and Herald, 1. Dezember<br />

1891)<br />

Zur Begründung führte R. F. Cottrell 1864 aus: „Solange<br />

die Gnadenzeit währt, s<strong>in</strong>d die Plagen noch zukünftig ...<br />

Solange Jesus vor dem Thron <strong>der</strong> Gnade bittet, ist Gnadenzeit,<br />

und <strong>der</strong> lautere Zorn kann noch nicht ausgegossen werden.<br />

Doch mit Abschluß <strong>der</strong> Verkündigung dieser letzten Botschaft<br />

(Offb. 14, 9-12) endet auch die Gnadenzeit. Dann wird <strong>der</strong><br />

angekündigte Zorn Gottes mit Sicherheit folgen.“ (a. a. O., 22.<br />

November 1864)<br />

Uriah Smith gab dazu folgende Ergänzung: „Solange<br />

Christus als Mittler zwischen Gott und Mensch dient, wird<br />

Gnade angeboten, und ohne Gnade wird ke<strong>in</strong> Gericht verhängt.<br />

Die sieben letzten Plagen aber werden ohne jede Gnade<br />

ausgegossen. Dann hat Christus se<strong>in</strong>en Dienst als Fürsprecher<br />

abgeschlossen ; die Gnadenzeit ist verstrichen.“ (a. a. O., 20.<br />

Mai 1875)<br />

Alle adventistischen Ausleger stimmen dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, daß<br />

es nach Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> sieben letzten Plagen ke<strong>in</strong>e Gnadenzeit<br />

mehr geben wird.<br />

GOTT<br />

„In <strong>der</strong> Gottheit o<strong>der</strong> Dreie<strong>in</strong>igkeit s<strong>in</strong>d vere<strong>in</strong>t: <strong>der</strong> ewige Vater,<br />

e<strong>in</strong> persönliches, geistiges Wesen, allmächtig, allgegenwärtig,<br />

allwissend und von unendlicher Weisheit und Liebe; <strong>der</strong> Herr<br />

Jesus Christus, Sohn des ewigen Vaters, durch den alle D<strong>in</strong>ge<br />

erschaffen s<strong>in</strong>d und durch den die Errettung <strong>der</strong> Erlösten<br />

vollendet werden wird; <strong>der</strong> Heilige Geist, die dritte Person <strong>der</strong><br />

Gottheit, die große erneuernde Kraft im Werk <strong>der</strong> Erlösung“, so<br />

heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er 1931 veröffentlichten Darstellung <strong>der</strong> Glaubenslehren<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>.<br />

123


Grundbegriffe von A-Z<br />

Alle christliche Gotteserkenntnis beruht auf Gottes Selbstoffenbarung.<br />

Daraus ergibt sich natürlicherweise e<strong>in</strong>e Spannung<br />

zwischen Vernunft und Offenbarung. „Gott ist Geist“ (Joh. 4,<br />

24); damit wird Gottes Überweltlichkeit im Vergleich zu allem<br />

Materiellen (1. Kön. 8, 27) betont. Er ist nicht durch Raum und<br />

Zeit gebunden, ist <strong>der</strong> Anfänger all dessen, was außer ihm ist,<br />

und beherrscht alles Geschaffene mit absoluter Vollkommenheit.<br />

„Gott ist Geist; doch ist er auch e<strong>in</strong> persönliches Wesen;<br />

denn <strong>der</strong> Mensch wurde nach se<strong>in</strong>em Bilde geschaffen. Als<br />

persönliches Wesen hat sich Gottvater <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Sohn<br />

offenbart“, mit diesen Worten faßt es E. G. White zusammen. Er<br />

ist we<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e gedankliche Konstruktion noch e<strong>in</strong> Wunschbild,<br />

das nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorstellung des Menschen bestünde, son<strong>der</strong>n<br />

lebendige Wirklichkeit.<br />

E<strong>in</strong>st stellte Hiob die Frage: „Me<strong>in</strong>st du, daß du weißt,<br />

was Gott weiß, o<strong>der</strong> kannst du alles so vollkommen treffen wie<br />

<strong>der</strong> Allmächtige?“ (Hiob 11, 7) Unser begrenztes Wissen und<br />

unsre menschliche Klugheit können die Existenz e<strong>in</strong>es unendlichen<br />

Gottes nicht fassen. Nur <strong>in</strong> dem Maße, wie er sich selbst<br />

offenbart und bekundet, können wir ihn erkennen. Wir glauben,<br />

daß uns Gott im fleischgewordenen Christus begegnet; denn<br />

„das Wort ward Fleisch“ (Joh. 1, 14), und Gott war <strong>in</strong> Christus<br />

(2. Kor. 5, 19).<br />

E<strong>in</strong> Grundzug des Wesens Gottes ist die Liebe, und zwar<br />

im tiefsten S<strong>in</strong>n des im Neuen Testament gebrauchten griechischen<br />

Wortes „agape“. Diese Liebe zeigt sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er unendlichen<br />

Fürsorge für das Wohlergehen se<strong>in</strong>er Geschöpfe. Die<br />

größte Offenbarung dieser Liebe war die Sendung des Sohnes<br />

Gottes <strong>in</strong> diese Welt (Joh. 3, 16). Gott hat sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Liebe<br />

we<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>en bestimmten Bereich beschränkt, noch macht er<br />

sich abhängig vom Verhalten se<strong>in</strong>er Geschöpfe zu ihm. Wenn<br />

Gott liebt, dann gehört das zu se<strong>in</strong>em Wesen; „denn Gott ist<br />

Liebe“ (1. Joh. 4, 8).<br />

Gott besteht aus sich selbst. Alles Leben stammt von ihm,<br />

124


Grundbegriffe von A-Z<br />

ist se<strong>in</strong>e Gabe. Ke<strong>in</strong> Geschöpf kann leben, losgelöst von ihm.<br />

„In ihm leben, weben und s<strong>in</strong>d wir“ (Apg. 17, 28). Er ist <strong>der</strong><br />

Geber aller D<strong>in</strong>ge; ihm kann nichts gegeben werden, was er<br />

nicht selbst zuvor gegeben hat.<br />

Gott ist unwandelbar. Bei ihm gibt es ke<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung.<br />

Er bleibt sich selbst treu, ist vollkommen. Er ist nicht wechselnden<br />

Stimmungen o<strong>der</strong> Verhaltensweisen unterworfen. Se<strong>in</strong>e<br />

Zuneigung und Liebe s<strong>in</strong>d unerschütterlich und gewiß. Er kann<br />

o<strong>der</strong> muß nicht überredet werden, ehe er e<strong>in</strong>greift. „Ich, <strong>der</strong><br />

Herr, wandle mich nicht“ (Mal. 3, 6).<br />

Gott ist allwissend. Se<strong>in</strong>e Kenntnis ist allumfassend und<br />

vollkommen. Se<strong>in</strong>em Wissen ist nichts h<strong>in</strong>zuzufügen, da alle<br />

Weisheit <strong>in</strong> ihm begründet ist. Er weiß, was war, was ist und<br />

was se<strong>in</strong> wird.<br />

Gott ist allgegenwärtig. „Die Augen des Herrn s<strong>in</strong>d an allen<br />

Orten, sie schauen auf Böse und Gute“ (Spr. 15, 3).<br />

Nirgends kann sich <strong>der</strong> Mensch <strong>der</strong> Gegenwart Gottes entziehen,<br />

Gott ist immer da (siehe Ps. 139).<br />

Gott ist allmächtig. „Gott alle<strong>in</strong> ist mächtig“ (Ps. 62, 12). Er<br />

ist <strong>der</strong> Herr über alles. Se<strong>in</strong>e Macht ist unendlich und von<br />

ke<strong>in</strong>em abhängig. Trotzdem hat Gott se<strong>in</strong>e Geschöpfe mit<br />

Willensfreiheit ausgestattet, damit sie über ihr Schicksal frei<br />

entscheiden können. Niemals gebraucht Gott se<strong>in</strong>e unendliche<br />

Macht, getragen von Liebe und Weisheit, um selbstsüchtige<br />

Ziele zu erreichen. Se<strong>in</strong>e Macht offenbart sich am deutlichsten,<br />

wenn sich im Leben <strong>der</strong> Menschen e<strong>in</strong> Wandel vollzieht, <strong>der</strong><br />

aus Sün<strong>der</strong>n Heilige macht.<br />

Gott ist treu. Er kann sich selbst nicht untreu werden, weil<br />

er unwandelbar ist. „So sollst du nun wissen, daß <strong>der</strong> Herr, de<strong>in</strong><br />

Gott, alle<strong>in</strong> Gott ist, <strong>der</strong> treue Gott, <strong>der</strong> den Bund und die<br />

Barmherzigkeit bis <strong>in</strong>s tausendste Glied hält denen, die ihn<br />

lieben und se<strong>in</strong>e Gebote halten“ (5. Mose 7, 9). Er kann auch<br />

nicht aufhören zu se<strong>in</strong>, was er ist. Unverbrüchlich steht er zu<br />

se<strong>in</strong>en Verheißungen (1. Thess. 5, 24; 2. Tim. 2, 13). Menschen<br />

werden untreu <strong>in</strong>folge ihrer Selbstsucht, Angst, Schwäche o<strong>der</strong><br />

Sorglosigkeit. Solche Regungen aber s<strong>in</strong>d dem Wesen Gottes<br />

fremd.<br />

125


Grundbegriffe von A-Z<br />

Gott ist heilig. Die Heiligkeit Gottes besteht nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Obere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit e<strong>in</strong>er bestimmten Norm; denn er selbst ist<br />

Maßstab. „Ihr sollt heilig se<strong>in</strong>, denn ich b<strong>in</strong> heilig“ (1. Petr. 1,<br />

16). Die Heiligkeit, die Gott von se<strong>in</strong>en Geschöpfen erwartet, ist<br />

nicht die absolute Heiligkeit <strong>der</strong> Gottheit, die alle<strong>in</strong> Gott besitzt.<br />

Es ist e<strong>in</strong>e relative Heiligkeit, die er se<strong>in</strong>en Geschöpfen<br />

verleihen möchte, damit sie auf se<strong>in</strong> ewiges Reich vorbereitet<br />

werden. Nur Gott kann absolut heilig se<strong>in</strong>; denn nur er verkörpert<br />

une<strong>in</strong>geschränkte Vollkommenheit. „Ich b<strong>in</strong> Gott und nicht<br />

e<strong>in</strong> Mensch und b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Heilige“ (Hos. 11, 9).<br />

Die Heiligkeit, die Gott von se<strong>in</strong>en Geschöpfen erwartet,<br />

wird gemessen an dem, was er ihnen offenbart hat, und an ihrer<br />

Fähigkeit, das zu erfassen, was offenbart worden ist. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus hat die göttliche Gnade Vorkehrungen getroffen, daß <strong>der</strong><br />

aufrichtige, reumütige Sün<strong>der</strong> zu Christus kommen kann, um<br />

von dessen vollkommener Heiligkeit Kraft zu empfangen, die<br />

ihn befähigt, die Unvollkommenheit se<strong>in</strong>es Charakters zu<br />

überw<strong>in</strong>den.<br />

GREUEL DER VERWÜSTUNG<br />

Die verhüllende Bezeichnung „Greuel <strong>der</strong> Verwüstung“ <strong>in</strong> Matth.<br />

24, 15 ist aus Dan. 11, 31; 12, 11 (Lutherübersetzung: „Greuelbild<br />

<strong>der</strong> Verwüstung; Zürcher Übersetzung: „Greuel <strong>der</strong><br />

Verwüstung“) übernommen. Daniel sagte e<strong>in</strong>e ungeheuerliche<br />

Entweihung des Tempels durch e<strong>in</strong>e fremde Macht voraus, die<br />

versuchen wird, die Anbetung des wahren Gottes durch e<strong>in</strong><br />

System falscher Anbetung zu ersetzen. Der griechische<br />

Ausdruck <strong>in</strong> Matth. 24, 15 (bdelygma tes eremoseos) stimmt mit<br />

<strong>der</strong> Septuag<strong>in</strong>ta-Übersetzung des hebräischen „schiqqus<br />

schomen“ <strong>in</strong> Dan. 12, 11 übere<strong>in</strong>. Das hebräische Wort<br />

„schiqqus“ (Greuel) ist e<strong>in</strong> im Alten Testament gebräuchliches<br />

Wort für Götzen, z. B. 5. Mose 29, 16; 2. Kön. 23, 24; 2. Chron.<br />

15, 8 („greuliche Götzen“); Hes. 37, 23 („Greuelbil<strong>der</strong>“). Von<br />

solchen Greuelbil<strong>der</strong>n wird <strong>in</strong> Jer. 7, 30 und Hes. 5, 11 ge-<br />

126


Grundbegriffe von A-Z<br />

sagt, daß sie den Tempel verunre<strong>in</strong>igen und entweihen. Dem<br />

hebräischen Wort „schamem“ liegt die Bedeutung zugrunde:<br />

„etwas, das Verwüstung hervorruft“. Es wird nach Jer. 12, 11<br />

angewandt für Verheerungen, die e<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>dliche Invasion<br />

anrichtet, nach Jer. 18, 16 für e<strong>in</strong>e Szene, die beim Betrachter<br />

Entsetzen auslöst. Das <strong>in</strong> Dan. 8, 13 im Hebräischen gebrauchte<br />

Wort „pescha“ („verwüsten<strong>der</strong> Frevel“) ist das entsprechende<br />

Vergleichswort für Abfall o<strong>der</strong> Aufruhr gegen Gott (vgl. Amos 2,<br />

4.6).<br />

Zur Auslegungsgeschichte<br />

Der Verfasser des ersten Makkabäerbuches sprach um 100 v.<br />

Chr. vom „Greuel <strong>der</strong> Verwüstung“, als Antiochus Epiphanes im<br />

Jahr 168 v. Chr. auf dem Brandopferaltar im Tempel zu<br />

Jerusalem e<strong>in</strong>en Götzenaltar errichten ließ (vgl. 1. Makk. 1,<br />

54.59; 6, 7). Auch Josephus bezog um 70 n. Chr. die Weissagung<br />

Daniels auf e<strong>in</strong>en Götzenaltar, <strong>der</strong> auf Gottes Altar<br />

aufgesetzt wurde. Christus wandte die Weissagung <strong>in</strong> Matth.<br />

24, 15 auf die Römer an, die 40 Jahre später (70 n. Chr.)<br />

Jerusalem eroberten, den Tempel nie<strong>der</strong>brannten und 130 n.<br />

Chr. an dessen Stelle e<strong>in</strong> Heiligtum für ihren Gott Jupiter<br />

Capitol<strong>in</strong>us errichteten. Jüdische Ausleger des Mittelalters wie<br />

Ibn Esra bezogen diese Weissagung ebenfalls auf das Werk<br />

<strong>der</strong> Römer im ersten Jahrhun<strong>der</strong>t unserer Zeitrechnung (vgl.<br />

Froom II, 210. 213). Irenäus, Origenes und an<strong>der</strong>e frühe<br />

christliche Schriftsteller deuteten sie so wie die späteren<br />

katholischen Autoren Villanova und Olivi (1248-1298) auf den<br />

künftigen Antichrist (vgl. Froom I, 247. 320. 366. 752 bis 754.<br />

773). Pseudo-Joachim bezog sie auf die Päpste se<strong>in</strong>er Zeit;<br />

Wiklif, Hus, Luther und zahlreiche protestantische Ausleger<br />

deuteten sie auf das Papsttum o<strong>der</strong> auf Lehren o<strong>der</strong> Bräuche<br />

<strong>der</strong> Papstkirche (Froom 1, 728; II, 58, 118. 272. 277. 280). In<br />

gleicher Weise wurde diese Prophezeiung von William Miller<br />

und wahrsche<strong>in</strong>lich von den meisten Predigern <strong>der</strong> Millerbewegung<br />

ausgelegt. Fast alle mo<strong>der</strong>nen protestantischen Ausleger<br />

beziehen den<br />

127


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Greuel <strong>der</strong> Verwüstung” auf den durch Antiochus Epiphanes<br />

e<strong>in</strong>geführten Götzendienst, während streng biblische Ausleger<br />

<strong>in</strong> Antiochus Epiphanes lediglich e<strong>in</strong>e Urform des künftigen<br />

„Menschen <strong>der</strong> Sünde“ (2. Thess. 2, 3) sehen.<br />

Die adventistische Auslegung<br />

Uriah Smith, e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ersten adventistischen Bibelausleger,<br />

brachte das „Greuelbild, das Verwüstung anrichtet“ von Dan. 9,<br />

27 <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit den Ereignissen um 70 n. Chr. zur Zeit<br />

des heidnischen Rom und deutete den „Greuel <strong>der</strong> Verwüstung“<br />

auf das Papsttum. Er bezog den aufkommenden „Greuel<br />

<strong>der</strong> Verwüstung“ auf die Begründung <strong>der</strong> päpstlichen Oberherrschaft<br />

nach <strong>der</strong> Auflösung des römischen Reiches. Die<br />

Auflösung des römischen Reiches hielt er mit dem Jahr 538 für<br />

abgeschlossen. Daran habe sich e<strong>in</strong>e neue weltgeschichtliche<br />

Situation angeschlossen. Sie währte 1260 Jahre (vgl. Dan.7,<br />

25; 12,7) und führte schließlich zur Gefangennahme von Papst<br />

Pius VI. 1798. Im „kle<strong>in</strong>en Horn“ von Dan. 8, 9 sah Smith die<br />

beiden Phasen Roms: e<strong>in</strong>e heidnische und e<strong>in</strong>e päpstliche.<br />

In ähnlicher Weise deuten heute adventistische Ausleger<br />

den „Greuel <strong>der</strong> Verwüstung“ auf die unbiblischen päpstlichen<br />

Lehren und Bräuche wie das Meßopfer, die Beichte, die<br />

Verehrung <strong>der</strong> Jungfrau Maria, das priesterliche Zölibat und die<br />

hierarchische Ordnung <strong>der</strong> Kirche. Das „tägliche Opfer“<br />

dagegen (Dan. 8, 11; 11, 31; 12, 11), an dessen Stelle diese<br />

unbiblischen Bräuche traten, wird von vielen auf den Dienst<br />

Christi bezogen, den er als Hoherpriester im himmlischen<br />

Heiligtum versieht. Sie sehen <strong>in</strong> dem „kle<strong>in</strong>en Horn“, <strong>in</strong> dem<br />

„verschlagenen König“ (Dan. 8, 9-14. 23), <strong>der</strong> den „verwüstenden<br />

Frevel“ begeht, und <strong>in</strong> dem „König des Nordens“ aus Dan.<br />

11 und 12, 11 <strong>der</strong> das „Greuelbild <strong>der</strong> Verwüstung“ aufrichtet,<br />

den „Menschen <strong>der</strong> Sünde“, das „Geheimnis des Frevels“ und<br />

den „Frevler“ aus 2. Thess. 2, 2-12, den „Wi<strong>der</strong>christ“ aus 1.<br />

Joh. 2, 18, das pantherähnliche Tier aus Offb. 13 und<br />

128


Grundbegriffe von A-Z<br />

„das große Babylon, die Mutter <strong>der</strong> Hurerei und aller Greuel auf<br />

Erden° aus Offb. 17. Der „Greuel”, den diese abtrünnige Macht<br />

aufrichtet, besteht demnach <strong>in</strong> unbiblischen Lehren und<br />

Bräuchen, die zu e<strong>in</strong>em Abfall von <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heiligen Schrift<br />

offenbarten Wahrheit führen (2. Thess. 2, 3.9-12) und zu<br />

„Lästerungen“ (Offb. 13, 1. 5. 6.), die durch den „We<strong>in</strong> ihrer<br />

Unzucht“ vers<strong>in</strong>nbildet werden (Offb. 17, 2). So wie die frühen<br />

protestantischen Ausleger sehen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> römischen Kirche und <strong>der</strong>en unbiblischen Lehren die<br />

geschichtliche Erfüllung dieser Weissagung.<br />

Siehe: Daniel, Auslegung des Buches<br />

HARMAGEDON<br />

„Harmagedon“ ist die griechische Wie<strong>der</strong>gabe e<strong>in</strong>es unbekannten<br />

hebräischen Ausdrucks, <strong>der</strong> vermutlich „harmegiddo“ (Berg<br />

Megiddo) hieß. Dieses Wort kommt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel nur <strong>in</strong> Offb. 16,<br />

16 vor. Es ist <strong>der</strong> hebräische Name für e<strong>in</strong>en „Ort“, an dem die<br />

„drei unre<strong>in</strong>en Geister“ (V. 13) die „Könige <strong>der</strong> ganzen Welt ...<br />

versammeln zum Streit auf jenen großen Tag Gottes“ (V. 14).<br />

Mit diesen Worten beschreibt Johannes das, was gewöhnlich<br />

„Schlacht von Harmagedon“ genannt wird.<br />

Das Versammeln <strong>der</strong> Könige zu Harmagedon ist das bedeutsamste<br />

Geschehen <strong>der</strong> sechsten Plage (V. 12-16). „Der<br />

sechste Engel goß aus se<strong>in</strong>e Schale auf den großen Wasserstrom<br />

Euphrat; und se<strong>in</strong> Wasser vertrocknete, damit bereitet<br />

würde <strong>der</strong> Weg den Königen vom Aufgang <strong>der</strong> Sonne.“ Drei<br />

„dämonische Geister“ gleich Fröschen gehen aus dem Munde<br />

des „Drachen“, des „Tieres“ und des „falschen Propheten“ h<strong>in</strong><br />

„zu den Königen <strong>der</strong> ganzen Welt, sie zu versammeln zum<br />

Streit auf jenen großen Tag Gottes, des Allmächtigen“. Die<br />

sechste Plage endet damit, daß sich die Nationen zum Kampf<br />

gerüstet haben. Der Zusammenhang liegt nahe, daß diese<br />

Schlacht beg<strong>in</strong>nt, wenn <strong>der</strong> siebente Engel se<strong>in</strong>e Zornesschale<br />

ausgießt.<br />

129


Grundbegriffe von A-Z<br />

Mit dem Ausdruck „Harmagedon“ bezeichnet man mitunter<br />

auch militärische Konflikte, an denen viele Nationen beteiligt<br />

s<strong>in</strong>d, auch wenn dabei ke<strong>in</strong>e direkte Beziehung zur biblischen<br />

Bedeutung besteht. Frühe protestantische Bibelausleger haben<br />

sich kaum mit „Harmagedon“ beschäftigt. In den ersten vier<br />

Jahrzehnten des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts aber erwachte e<strong>in</strong> stärkeres<br />

Interesse im Zusammenhang mit dem Ablauf <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Zeitperioden, auf die durch Daniel und die Offenbarung<br />

h<strong>in</strong>gewiesen wurde. Viele Ausleger erklärten, daß die <strong>in</strong> Offb.<br />

16, 12 bis 16 vorausgesagten Ereignisse denen von Dan. 11,<br />

44. 45 entsprechen, da <strong>in</strong> beiden Fällen fast unmittelbar darauf<br />

die Aufrichtung von Christi ewigem Reich folgt. Im weiteren<br />

wiesen sie darauf h<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> „König des Norden? von Dan.<br />

11, 40-45, <strong>in</strong> dem viele das Osmanische Reich (das Türkische<br />

Reich nach se<strong>in</strong>em Grün<strong>der</strong> Osman I.) sahen, das Gebiet<br />

beherrschte, <strong>in</strong> dem „<strong>der</strong> große Wasserstrom Euphrat ...<br />

vertrocknete“ (Offb. 16, 12). Ihre Auffassung, daß mit dem<br />

„großen Wasserstrom Euphrat“ <strong>der</strong> sechsten Posaune (Offb. 9,<br />

14) die Türken geme<strong>in</strong>t seien, bestärkte sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Überzeugung,<br />

daß <strong>der</strong> unter <strong>der</strong> sechsten Plage erwähnte Euphrat die<br />

gleiche Macht kennzeichne. Tatsache war, daß sich das Gebiet<br />

des Osmanischen Reiches während des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

ständig verkle<strong>in</strong>erte, gleichsam „vertrocknete“. Damit verknüpfte<br />

sich die Auffassung, daß das vorausgesagte Ereignis unmittelbar<br />

bevorstehe, und das schien diese Auslegung zu bestätigen.<br />

In Politik und Presse sprach man damals vom Türkischen Reich<br />

als vom „Kranken Mann am Bosporus“ und erwartete se<strong>in</strong><br />

unmittelbar bevorstehendes Ende. An<strong>der</strong>e Ereignisse dieser<br />

Zeit wurden als Teil des Vertrocknungs-Prozesses gedeutet,<br />

auf den Offb. 16, 12 aufmerksam macht.<br />

Geschichte <strong>der</strong> adventistischen Auslegung<br />

Die Anhänger Millers hatten über Harmagedon verschiedene<br />

Auffassungen. William Miller z. B. lehrte, daß die<br />

130


Grundbegriffe von A-Z<br />

sechste Plage <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich damals (1836) abzeichnenden<br />

Schwächung o<strong>der</strong> dem Aufhören <strong>der</strong> „türkischen Macht“<br />

bestehe, „so daß <strong>der</strong> Weg jetzt vorbereitet zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t für<br />

die Könige, um zum Streit auf jenen großen Tag zu kommen“.<br />

Josiah Litch, <strong>der</strong> die Plagen „<strong>in</strong> die Zukunft und nach <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>kunft“ verlegte (Prophetic Expositions I, 1842), glaubte,<br />

daß „<strong>der</strong> große Wasserstrom Euphrat“ buchstäblich vertrocknen<br />

werde, um den Königen des Ostens den Weg nach Jerusalem<br />

und Paläst<strong>in</strong>a frei zu machen, so wie sich e<strong>in</strong>st das Rote Meer<br />

teilte, so daß Israel h<strong>in</strong>durchziehen konnte. In den Veröffentlichungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> erschien vor 1850<br />

kaum etwas über Harmagedon. In e<strong>in</strong>em Artikel im „Review and<br />

Herald“ vertrat G. W. Holt die Ansicht, daß die Plagen „wirklich<br />

und buchstäblich“ zu verstehen seien wie die Plagen <strong>in</strong><br />

Agypten. Mit Bezug auf Offb. 16, 12 erklärte er: „Das wird<br />

zweifellos buchstäblich aufzufassen se<strong>in</strong> und erst dann richtig<br />

verstanden werden, wenn es sich erfüllt.“ (Review and Herald,<br />

23. März 1852) Es ist allerd<strong>in</strong>gs nicht klar erkennbar, ob er<br />

damit nur zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen wollte, daß die sechste Plage<br />

– so wie die an<strong>der</strong>n – buchstäblich zu verstehen sei, o<strong>der</strong> ob er<br />

mit dem Ausdruck „buchstäblich“ sagen wollte, daß die<br />

prophetischen Symbole <strong>in</strong> diesem Vers buchstäblich aufgefaßt<br />

werden müßten (daß z. B. <strong>der</strong> Euphrat wirklich vertrocknen<br />

würde, wie Litch me<strong>in</strong>te).<br />

Die erste eigentliche adventistische Auslegung von Offb.<br />

16, 12-16 erschien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Artikelserie von Uriah Smith unter<br />

dem Titel „Gedanken zur Offenbarung“ (Thoughts on the<br />

Revelation) im „Review and Herald“ vom 3. Juni 1862 bis zum<br />

3. Februar 1863. In <strong>der</strong> Ausgabe vom 2. Dezember 1862<br />

deutete Smith das symbolische Vertrocknen des Euphrat auf<br />

den „Nie<strong>der</strong>gang des türkischen Reiches“. Unter <strong>der</strong> sechsten<br />

Plage sollte nach se<strong>in</strong>en Worten diese Macht e<strong>in</strong> Ende f<strong>in</strong>den.<br />

Er sah dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> notwendiges Vorspiel für die Schlacht von<br />

Harmagedon, zumal sie bei Jerusalem ausgetragen werden<br />

sollte, und Jerusalem war<br />

131


Grundbegriffe von A-Z<br />

damals <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand <strong>der</strong> Türken. Der Zusammenbruch des<br />

türkischen Reiches würde den „Königen vom Aufgang <strong>der</strong><br />

Sonne“ – unter denen er Nationen östlich von Paläst<strong>in</strong>a<br />

verstand – den Weg bereiten, um <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Jerusalem<br />

zu kämpfen. In den drei „unre<strong>in</strong>en Geistern“, welche die<br />

Nationen zu Harmagedon versammeln, sah er „das Heidentum,<br />

den Katholizismus und den Protestantismus“. Diese großen<br />

religiösen Körperschaften würden die Völker zu e<strong>in</strong>em „ungleichen<br />

Kampf ... gegen den Herrn <strong>der</strong> Heerscharen“ vere<strong>in</strong>igen.<br />

Das Versammeln <strong>der</strong> Nationen rechnete er zur sechsten Plage,<br />

die Schlacht selbst aber, die er mit dem Gericht über Babylon<br />

nach den Versen 17-19 gleichsetzte, zur siebenten Plage.<br />

Im „Review and Herald“ vom 28. März 1871 schrieb Uriah<br />

Smith: „Alle Augen s<strong>in</strong>d nun gespannt auf die Türkei gerichtet,<br />

und die e<strong>in</strong>hellige Auffassung <strong>der</strong> Staatsmänner ist, daß <strong>der</strong><br />

Türke bald aus Europa vertrieben wird ... Die Zeit wird diese<br />

Sache bald entscheiden, vielleicht schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong> paar Monaten.“<br />

James White allerd<strong>in</strong>gs konnte diese Auffassung nie recht<br />

bejahen. Er gab zwar zu, daß man wohl <strong>in</strong> großen Zügen dieser<br />

Sache zustimmen könne und daß alle Augen auf diesen Krieg<br />

zwischen <strong>der</strong> Türkei und Rußland gerichtet seien und dar<strong>in</strong> die<br />

Erfüllung des Teils <strong>der</strong> Weissagung sehen, <strong>der</strong> unsern Glauben<br />

an den bald erschallenden lauten Ruf bestätigt und die Verkündigung<br />

unserer Botschaft beenden wird. Doch dann faßte er<br />

zusammen: „Was wird die Folge se<strong>in</strong>, wenn sich die D<strong>in</strong>ge nicht<br />

so entwickeln – wie es die noch nicht erfüllten Weissagungen<br />

eigentlich erwarten lassen? Das ist e<strong>in</strong>e bedrückende Frage.“<br />

(Review and Herald, 29. November 1877)<br />

Das Wettrüsten, das zum ersten Weltkrieg führte, lenkte<br />

die Aufmerksamkeit erneut auf Harmagedon. W. A. Spicer<br />

schrieb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel des „Review and Herald“, daß die<br />

„unre<strong>in</strong>en Geister“ aus Offb. 16, 13. 14 die Nationen zum Krieg<br />

treiben und alle Welt <strong>in</strong> Harmagedon versammeln.<br />

Doch beim Ausbruch <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>dseligkeiten 1914 mahnten<br />

132


Grundbegriffe von A-Z<br />

e<strong>in</strong>ige zur Vorsicht, <strong>in</strong> diesem Krieg nicht das biblische Harmagedon<br />

zu sehen. A. O. Tait riet: „Die schreckliche Art, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

dieser europäische Krieg ausbrach, und die Schnelligkeit, mit<br />

<strong>der</strong> er sich von Nation zu Nation ausbreitete, läßt viele Menschen<br />

fragen: Ist das <strong>der</strong> Anfang von Harmagedon? Auf diese<br />

Frage können wir mit e<strong>in</strong>em klaren Ne<strong>in</strong> antworten. Der Krieg<br />

von Harmagedon hat noch nicht begonnen; denn <strong>in</strong> <strong>der</strong> bereits<br />

angeführten Weissagung wird darauf h<strong>in</strong>gewiesen, daß sich <strong>der</strong><br />

Kampf von Harmagedon während des Ausgießens <strong>der</strong> sechsten<br />

von den sieben letzten Plagen ereignen wird; und diese<br />

Plagen haben noch nicht begonnen, wie je<strong>der</strong> weiß.“ (Signs of<br />

the Times, 18. August 1914)<br />

C. M. Snow schrieb: „Der gegenwärtige Krieg <strong>in</strong> Europa<br />

ist nicht Harmagedon, aber es ist durchaus möglich, daß er zu<br />

dieser Schlacht führen, kann.“ (Review and Herald, 17.<br />

September 1914)<br />

Neben dem Wettrüsten, das zum ersten Weltkrieg führte,<br />

traten die Nationen des Fernen Ostens mehr <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund<br />

und rückten so <strong>in</strong> das Blickfeld von Harmagedon. Das<br />

Erwachen Japans unter <strong>der</strong> Regierung se<strong>in</strong>es Kaisers Mutsuhito<br />

(1868 bis 1912), <strong>der</strong> Ch<strong>in</strong>esisch-Japanische Krieg (1894-95),<br />

<strong>der</strong> Aufstand <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a (1900) waren Ursache für die Auffassung,<br />

daß Harmagedon im wesentlichen e<strong>in</strong> Krieg zwischen<br />

den Nationen des Ostens und des Westens sei.<br />

In se<strong>in</strong>em Beitrag vom 7. August bezeichnete Porter die<br />

weltweiten Rassenprobleme als e<strong>in</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung an die<br />

Vorherrschaft <strong>der</strong> Weißen und „die Schlacht von Harmagedon<br />

als die wahrsche<strong>in</strong>liche Folge <strong>der</strong> gegenwärtigen Verhältnisse<br />

im Fernen Osten“.<br />

Zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg wurde bei<br />

<strong>der</strong> Frage nach Harmagedon die Türkei kaum noch erwähnt,<br />

um so stärker wurde <strong>der</strong> Nachdruck auf Japan und an<strong>der</strong>e<br />

fernöstliche Nationen gelegt. Andrew N. Nelson lehnte im<br />

„M<strong>in</strong>istry“ vom Juni 1946 mit aller Entschiedenheit ab, daß<br />

Japan etwas mit den „Königen vom Aufgang <strong>der</strong><br />

133


Grundbegriffe von A-Z<br />

Sonne“ zu tun habe. Die Entwicklungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt nach dem<br />

ersten Weltkrieg hatten es unwahrsche<strong>in</strong>lich gemacht, Dan. 11,<br />

45 und Offb. 16, 12 auf die Türkei zu deuten, und nach dem<br />

zweiten Weltkrieg schien es ebenso fraglich, Offb. 16, 12 auf<br />

Japan beziehen zu können. Fortan waren adventistische<br />

Ausleger bei <strong>der</strong> Erörterung dieser Weissagungen mehr und<br />

mehr geneigt, sowohl die Türkei als auch Japan auszuschließen,<br />

und kehrten zu <strong>der</strong> ursprünglichen Auffassung ihrer<br />

Grün<strong>der</strong> zurück.<br />

Heute s<strong>in</strong>d viele <strong>der</strong> Ansicht, daß die Schlacht von Harmagedon<br />

<strong>der</strong> Konflikt zwischen den Mächten des Guten und<br />

des Bösen ist, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi se<strong>in</strong>en Abschluß<br />

f<strong>in</strong>det. An<strong>der</strong>e vertreten die Me<strong>in</strong>ung, daß es e<strong>in</strong>e militärische<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung zwischen den Nationen <strong>der</strong> Erde ist, die <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi ihr Ende f<strong>in</strong>det. Im Schrifttum von E. G.<br />

White ersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> Ausdruck Harmagedon sehr selten.<br />

Siehe: Offenbarung, Auslegung des Buches<br />

HAUSHALTERSCHAFT<br />

Haushalterschaft zeigt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verantwortung und Rechenschaft<br />

e<strong>in</strong>es Geschöpfes gegenüber Gott. Dieses Verhältnis zu<br />

Gott besteht von <strong>der</strong> Geburt an bis zum Tode e<strong>in</strong>es Menschen<br />

– er mag e<strong>in</strong> treuer o<strong>der</strong> ungetreuer Haushalter se<strong>in</strong>. Haushalterschaft<br />

bedeutet Verwaltung von Gütern, die e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>n<br />

gehören. Christliche Haushalterschaft umfaßt die Verantwortung<br />

e<strong>in</strong>es Menschen für alles, was ihm von Gott anvertraut<br />

wurde. Dazu gehören Gesundheit, Zeit, Gaben, Fähigkeiten,<br />

materieller Besitz, Gelegenheiten, für andre zu wirken und auch<br />

die Erkenntnis <strong>der</strong> göttlichen Wahrheit.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen <strong>in</strong> diesem Leben e<strong>in</strong>e<br />

von Gott gegebene Möglichkeit, treue Haushalterschaft zu<br />

lernen und dadurch für die Haushalterschaft <strong>in</strong> dem zukünftigen<br />

Leben <strong>der</strong> Ewigkeit befähigt zu se<strong>in</strong>. Ursprünglich hatte Gott<br />

Adam als Haushalter <strong>in</strong> dieser Welt<br />

134


Grundbegriffe von A-Z<br />

e<strong>in</strong>gesetzt (1. Mose 1, 28), aber durch die Sünde verlor <strong>der</strong><br />

erste Mensch die ihm übertragene Herrschaft (Luk. 4, 6).<br />

Drei Gleichnisse Jesu zeigen die Verantwortung, die uns<br />

als Haushaltern auferlegt ist: das Gleichnis von dem Mann, <strong>der</strong><br />

über Land zog und se<strong>in</strong>en Knechten se<strong>in</strong> Gut anvertraute (Luk.<br />

19, 11-27), das Gleichnis von den anvertrauten Zentnern<br />

(Matth. 25, 14-30) und das Gleichnis vom ungerechten Haushalter<br />

(Luk. 16, 1-9).<br />

Diese Gleichnisse lehren uns, wie wichtig es ist, gegebene<br />

Möglichkeiten sorgfältig zu nutzen, um für die Ewigkeit<br />

vorbereitet zu se<strong>in</strong>. Alle drei Gleichnisse legen Nachdruck<br />

darauf, daß <strong>der</strong> Mensch vor Gott für se<strong>in</strong>e Haushalterschaft<br />

verantwortlich ist und ihm genaue Rechenschaft schuldet.<br />

„Unsere Zeit, ja je<strong>der</strong> Augenblick gehört Gott, und unsere<br />

heiligste Pflicht ist es, sie zu se<strong>in</strong>er Ehre anzuwenden. Von<br />

ke<strong>in</strong>er uns anvertrauten Gabe verlangt er genauere Rechenschaft<br />

als von <strong>der</strong> Zeit.“ (CG 206)<br />

Vernachlässigung o<strong>der</strong> Mißbrauch <strong>der</strong> Haushalterschaft<br />

bedeutet, daß <strong>der</strong> Mensch die Möglichkeit <strong>der</strong> Haushalterschaft<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er künftigen Welt e<strong>in</strong>büßt. „Wir sollten nie vergessen, daß<br />

wir zur Bewährung <strong>in</strong> dieser Welt s<strong>in</strong>d, um unsre Eignung für<br />

das künftige Leben zu beweisen. Niemand kann das Reich<br />

Gottes betreten, dessen Charakter durch Selbstsucht befleckt<br />

ist. Deswegen prüft uns Gott hier, <strong>in</strong>dem er uns zeitlichen Besitz<br />

überläßt, durch dessen Verwaltung wir zeigen sollen, ob uns<br />

ewige Güter anvertraut werden können.“ (CG)<br />

Im engeren S<strong>in</strong>n bedeutet das Wort Haushalterschaft die<br />

Verantwortung e<strong>in</strong>es Menschen für den Gebrauch <strong>der</strong> materiellen<br />

Güter, die ihm anvertraut worden s<strong>in</strong>d. Das zeigt sich<br />

beson<strong>der</strong>s im Geben des Zehnten und <strong>der</strong> freiwilligen Opfergaben,<br />

die e<strong>in</strong> sichtbarer Ausdruck treuer Haushalterschaft s<strong>in</strong>d.<br />

135


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>HEILIGER</strong><br />

Heilige s<strong>in</strong>d Menschen, die ausgeson<strong>der</strong>t wurden, geweiht zu<br />

heiligem Dienst. (hebr. qadosh, aram. qaddish, griech. = hagios<br />

„Heiliger“, „Abgeson<strong>der</strong>ter“, o<strong>der</strong> „Ausgeson<strong>der</strong>ter“). E<strong>in</strong><br />

Heiliger ist Gottes Eigentum, e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Gott gehört. Dazu<br />

können wir uns aber nicht selbst machen, dazu kann uns nur<br />

Gott machen. Aber wir müssen Gottes Eigentum auch wirklich<br />

se<strong>in</strong> und bleiben wollen.<br />

Im Gegensatz zu an<strong>der</strong>n semitischen Religionen hat dieser<br />

Begriff im Alten Testament den S<strong>in</strong>n, daß Heiligkeit stets <strong>in</strong><br />

Jahwe begründet ist, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Heiligkeit durch se<strong>in</strong>en Namen<br />

und se<strong>in</strong>e mächtigen Taten se<strong>in</strong>em Volke kundgetan hat (Amos<br />

4, 2; Hos. 11, 9; Jes. 5, 16). Deshalb war se<strong>in</strong> Volk e<strong>in</strong> „heiliges<br />

Volk“, erwählt und ausgeson<strong>der</strong>t und aus „Heiligen“ bestehend<br />

(2. Mose 19, 6; 5. Mose 7, 6 und 14, 2). Das wird beson<strong>der</strong>s<br />

deutlich im Buche Daniel, wo die Angehörigen des Volkes<br />

Gottes wie<strong>der</strong>holt als „Heilige“ bezeichnet werden (Kap. 7, 18.<br />

21. 22. 25. 27). Im Neuen Testament wird Jesus „<strong>der</strong> Heilige“<br />

genannt (Luk. 4, 34; Joh. 6, 69; Offb. 3, 7; vgl. Joh. 10, 36); er<br />

ist <strong>der</strong>jenige, den <strong>der</strong> Vater <strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliger Weise ausgeson<strong>der</strong>t<br />

hat. Christen s<strong>in</strong>d als die „Erwählten Gottes“ auch „heilig“ (Kol.<br />

3, 12; 1. Petr. 2, 9) und werden als „Heilige“ angesprochen<br />

(Röm. 1, 7; 1. Kor. 1, 2; 2. Kor. 1, 1 u. a.). Wo im Neuen<br />

Testament „Heilige“ als Substantiv gebraucht wird, ist es nie auf<br />

e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen bezogen, son<strong>der</strong>n stets <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mehrzahl<br />

gebraucht. Das Neue Testament kennt also nicht „den Heiligen“,<br />

son<strong>der</strong>n nur die Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Heiligen. So kann <strong>der</strong><br />

Begriff „Heilige“ auf alle Nachfolger Christi angewandt werden,<br />

weil sie wie Israel das auserwählte Volk s<strong>in</strong>d und sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Taufe Gott geweiht haben. Heilige s<strong>in</strong>d Menschen, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />

Leben etwas erstrahlt von <strong>der</strong> vollkommenen Güte und<br />

fleckenlosen Re<strong>in</strong>heit des himmlischen Vaters. Heilige s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

Wirklichkeit nicht Vollkommene, Sündlose, son<strong>der</strong>n Gläubige,<br />

die mit ganzem Ernst das auszuleben trachten, wozu sie<br />

berufen s<strong>in</strong>d, nämlich Menschen <strong>in</strong> Christus zu se<strong>in</strong>.<br />

136


Grundbegriffe von A-Z<br />

Das Wort hagios hat auch e<strong>in</strong>en starken ethischen Gehalt (1.<br />

Kor. 7, 34; Kol. 1, 22; 1. Petr. 1, 15). In eschatologischen<br />

Texten wird <strong>der</strong> Begriff zuweilen auch auf Engel bezogen (1.<br />

Thess. 3, 13; 2. Thess. 1, 10; vgl. Don. 4, 14; Sach. 14, 5).<br />

Sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung wie auch im Buche Daniel werden<br />

die Angehörigen des Volkes Gottes, die unter Verfolgung leiden<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem Bösen stehen, „Heilige“<br />

genannt (Offb. 13, 7. 10; 14, 12; 16, 6; 17, 6; 18, 24; 20, 9). In<br />

<strong>der</strong> frühen Literatur <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> wurde <strong>der</strong><br />

Begriff „Heiliger“ häufig <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>n gebraucht und auf die<br />

Obrigen (vgl. Jes. 4, 3) des Volkes Gottes bezogen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zeit <strong>der</strong> Trübsal an <strong>der</strong> biblischen Botschaft festhalten und treu<br />

ausharren bis zum Ersche<strong>in</strong>en Jesu Christi.<br />

<strong>HEILIGER</strong> GEIST<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß <strong>der</strong> Heilige Geist die<br />

dritte Person <strong>der</strong> Gottheit o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Dreie<strong>in</strong>igkeit ist. Der Heilige<br />

Geist war gegenwärtig, um Jesu Taufe zu bestätigen (Matth. 3,<br />

16. 17). Er wird neben dem Vater und dem Sohn im Aussendungsbefehl<br />

Jesu und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Taufformel genannt (Matth. 28, 19;<br />

vgl. 2. Kor. 13, 13); ebenso <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pf<strong>in</strong>gstpredigt des Petrus<br />

(Apg. 2, 33). Das Verhältnis zwischen den drei Personen <strong>der</strong><br />

Gottheit wird <strong>in</strong> den Lehren Christi am deutlichsten dargestellt<br />

(Joh. 14, 16. 26; 15, 26; 16, 13-15). Kurzgefaßt kann es auch<br />

so zum Ausdruck gebracht werden: Der Vater bereitet das Heil<br />

vor, <strong>der</strong> Sohn führt es aus, <strong>der</strong> Geist verwirklicht es <strong>in</strong> uns.<br />

Nachstehende Kennzeichen s<strong>in</strong>d H<strong>in</strong>weis und Anhaltspunkt<br />

dafür, daß <strong>der</strong> Heilige Geist als Person anzusehen ist: se<strong>in</strong><br />

umfassendes Wissen (1. Kor. 2, 11), <strong>der</strong> une<strong>in</strong>geschränkte<br />

Wille zu wirken (1. Kor. 12, 11), Verständnis und E<strong>in</strong>treten für<br />

die Heiligen (Röm. 8, 27), Liebe (Röm. 15, 30), H<strong>in</strong>führung und<br />

E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft (2. Kor. 13, 13). Der Heilige<br />

Geist kann betrübt (Eph. 4, 30), geschmäht (Hebr. 10, 29) und<br />

belogen (Apg.<br />

137


Grundbegriffe von A-Z<br />

5, 3. 4) werden. Er überzeugt den Menschen von <strong>der</strong> Abscheulichkeit<br />

<strong>der</strong> Sünde, weckt das Bedürfnis nach Gerechtigkeit und<br />

überzeugt von <strong>der</strong> Gewißheit des Gerichts (Joh. 16, 8-11). Er<br />

wirbt um Menschen und sucht sie für Christus zu gew<strong>in</strong>nen. Es<br />

ist se<strong>in</strong>e Aufgabe, „<strong>in</strong> alle Wahrheit“ zu leiten; denn er selbst ist<br />

<strong>der</strong> „Geist <strong>der</strong> Wahrheit“ (Joh. 16, 13; 14, 26). Die Heilige<br />

Schrift wurde unter se<strong>in</strong>er Leitung und E<strong>in</strong>gebung geschrieben<br />

(2. Petr. 1, 20.21). Der Heilige Geist ist nie mit sich selbst <strong>in</strong><br />

Wi<strong>der</strong>spruch, d. h. er ist immer <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit <strong>der</strong><br />

Schrift (1. Joh. 4, 1; 1. Kor. 12, 3). Daher br<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> Heilige<br />

Geist ke<strong>in</strong>e neue Lehre (Joh. 14, 26). Der Heilige Geist wirkt<br />

nicht abseits vom Wort, er wirkt durch das Wort. Deshalb sagte<br />

bereits Luther: „Rühme dich nicht viel des Geistes, wenn du<br />

nicht das offenbarte äußerliche Wort hast ... Denn <strong>der</strong> Heilige<br />

Geist hat ja se<strong>in</strong>e Weisheit, Rat und alle Geheimnisse <strong>in</strong> das<br />

Wort gefasset und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift offenbaret.“ Als Christus auf<br />

dieser Erde weilte, war se<strong>in</strong>e persönliche Gegenwart örtlich<br />

begrenzt: <strong>der</strong> Heilige Geist aber kann immer und überall<br />

gegenwärtig se<strong>in</strong>. Er ist Christi wahrer Vertreter auf Erden.<br />

Durch ihn empfängt <strong>der</strong> Gläubige die Segnungen des versöhnenden<br />

Opfers von Golgatha. Der Heilige Geist macht <strong>in</strong> uns<br />

wirksam, was Jesus für uns erwarb. Er erschließt dem empfänglichen<br />

Herzen den Mittlerdienst Christi, <strong>in</strong>dem er den<br />

Menschen erneuert, rechtfertigt, heiligt und mit dem Leben des<br />

auferstandenen Herrn verb<strong>in</strong>det. So macht er die Gläubigen<br />

bereit, auf die Wie<strong>der</strong>kunft Christi zu warten. Er ist es, <strong>der</strong> im<br />

Leben des Christen „die Frucht des Geistes“ wirkt (Gal. 5,<br />

22.23); er son<strong>der</strong>t Menschen aus, befähigt sie zum Dienst,<br />

rüstet sie aus mit <strong>der</strong> Kraft zum Zeugnis (Apg. 1, 8; 13, 2.3; 15,<br />

28) und verleiht den dafür Berufenen die Gaben des Geistes (1.<br />

Kor. 12, 7-11). Alle Gaben haben Dienstcharakter. Sie dienen<br />

nicht zur Verherrlichung des e<strong>in</strong>zelnen, son<strong>der</strong>n zum Dienst an<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de (1. Kor. 12, 7; 1. Petr. 4, 10).<br />

Schon im Apostolischen und Nicänischen Glaubensbe-<br />

138


Grundbegriffe von A-Z<br />

kenntnis wird e<strong>in</strong>deutig bezeugt, daß <strong>der</strong> Heilige Geist e<strong>in</strong> Teil<br />

<strong>der</strong> Dreie<strong>in</strong>igkeit ist. Im letzteren wird noch festgestellt, daß er<br />

vom Vater ausgegangen ist. Die arianischen Häretiker leugneten<br />

die Göttlichkeit des Geistes, Athanasius und an<strong>der</strong>e<br />

dagegen bekannten sich zu dem Glauben, daß <strong>der</strong> Geist<br />

wesensgleich ist mit dem Vater und dem Sohn. Der überwiegende<br />

Teil <strong>der</strong> Christenheit hat stets die une<strong>in</strong>geschränkte<br />

Göttlichkeit und Persönlichkeit des Heiligen Geistes bejaht.<br />

Als sich vor mehr als hun<strong>der</strong>t Jahren die Glaubenslehren<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> herausbildeten, gab es<br />

Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten bezüglich des Heiligen Geistes.<br />

Die Gläubigen jener Frühzeit waren ernste Christen, die aus<br />

verschiedenen Kirchen und Geme<strong>in</strong>schaften kamen und<br />

unterschiedliche Auffassungen vertraten. Gewisse Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten<br />

waren also zu erwarten. Offenbar glaubten<br />

damals viele, daß <strong>der</strong> Heilige Geist lediglich e<strong>in</strong>e „Kraft“ o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong> „E<strong>in</strong>fluß“, nicht aber e<strong>in</strong>e Person sei. J. H. Waggoner z. B.<br />

spricht vom Heiligen Geist als e<strong>in</strong>er „ehrfurchtgebietenden und<br />

geheimnisvollen Kraft, die vom Thron des Universums ausgeht“.<br />

Ähnlich bezeichnete Uriah Smith den Geist als e<strong>in</strong>en<br />

„geheimnisvollen E<strong>in</strong>fluß, <strong>der</strong> vom Vater und vom Sohn<br />

ausgeht, ihr Vertreter und Mittler ihrer Kraft ist“. In jener<br />

Frühzeit lag das Schwergewicht <strong>der</strong> Predigten und Veröffentlichungen<br />

auf den typischen Kennzeichen, die die Adventbotschaft<br />

von den Lehren an<strong>der</strong>er Kirchen und Geme<strong>in</strong>schaften<br />

unterschied. Die grundlegenden Lehren des christlichen<br />

Glaubens wurden als bekannt vorausgesetzt. Außerdem gab es<br />

ke<strong>in</strong> formuliertes Glaubensbekenntnis. Deshalb bestanden über<br />

e<strong>in</strong>e Reihe von Jahren h<strong>in</strong>weg unterschiedliche Ansichten über<br />

e<strong>in</strong>ige. Fragen. Zur E<strong>in</strong>heit im Glauben fand man schließlich<br />

durch geme<strong>in</strong>sames Schriftstudium und durch die vom Heiligen<br />

Geist gewirkte Gewißheit, nicht aber durch Entscheidungen <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaftsleitung. Gegen Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

bestand allgeme<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>mütigkeit darüber, daß <strong>der</strong> Heilige Geist<br />

139


Grundbegriffe von A-Z<br />

die dritte Person <strong>der</strong> Dreie<strong>in</strong>igkeit ist. E. G. White spricht<br />

wie<strong>der</strong>holt vom Heiligen Geist als <strong>der</strong> „dritten Person <strong>der</strong><br />

Gottheit“ (LJ 423) und „e<strong>in</strong>er göttlichen Person“. (Ev 617)<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß <strong>der</strong> Heilige Geist<br />

ebenso Person ist wie Vater und Sohn Personen <strong>der</strong> Gottheit<br />

s<strong>in</strong>d. Er ist Christi wahrer Vertreter auf Erden, <strong>der</strong> „an<strong>der</strong>e<br />

Tröster“ (d. h. zusätzlich zu Christus: Joh. 14, 16. 26; 15, 26;<br />

16, 7), den Christus zu senden verhieß und <strong>der</strong> zu Pf<strong>in</strong>gsten<br />

gesandt wurde, um die Erlösung durch Christus wirksam zu<br />

machen für alle, die das angebotene Heil annehmen.<br />

Der Heilige Geist ist Gegenwart Gottes. Er ist <strong>der</strong> göttliche<br />

Lehrer, Mahner und Tröster sowohl für den e<strong>in</strong>zelnen wie<br />

für die Geme<strong>in</strong>de. Er läßt uns teilhaben am Leben Christi und<br />

erfüllt mit den Gaben Christi. Der Heilige Geist lenkt und leitet,<br />

aber er ist nicht nur E<strong>in</strong>fluß, Kraft o<strong>der</strong> Energie, nicht nur<br />

Tröster, son<strong>der</strong>n auch Fürsprecher, Vertreter, Vermittler und<br />

Erquicker: Er ist mehr als e<strong>in</strong>e „geheimnisvolle E<strong>in</strong>gebung“<br />

(Uriah Smith), die vom Vater ausgeht, mehr als e<strong>in</strong> unsichtbares<br />

Lebenspr<strong>in</strong>zip; er ist e<strong>in</strong>e göttliche Person – die dritte<br />

Person <strong>der</strong> Gottheit.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus glauben <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>,<br />

daß <strong>der</strong> Heilige Geist nach Christus die größte Gabe Gottes an<br />

die Menschen ist. Mit se<strong>in</strong>em Kommen als Vertreter Christi ist<br />

Vorsorge getroffen, daß für jede Not des Gläubigen Abhilfe<br />

geschaffen werden kann. Er überführt, bekehrt, leitet, mahnt,<br />

lehrt, hat acht auf uns, bezeugt, befähigt, tröstet, hilft, erleuchtet,<br />

wandelt um, heiligt, tritt für uns e<strong>in</strong>, schenkt E<strong>in</strong>mütigkeit<br />

und Kraft. Er verleiht Gnadengaben, offenbart und bezeugt die<br />

Wahrheit, vermittelt das Leben Christi und stellt im Menschen<br />

das Ebenbild Gottes wie<strong>der</strong> her. Er erleuchtet den Verstand,<br />

för<strong>der</strong>t das geistliche Wachstum, re<strong>in</strong>igt das Denken, läutert<br />

den Charakter, gibt Lebenskraft, schärft das Gewissen und ist<br />

Antrieb zum Dienst. „Der Heilige Geist macht lebendig, was <strong>der</strong><br />

Heiland <strong>der</strong> Welt erwirkt hat. Er re<strong>in</strong>igt das Herz, und durch ihn<br />

wird <strong>der</strong> Gläubige Teilhaber <strong>der</strong><br />

140


Grundbegriffe von A-Z<br />

göttlichen Natur. Christus hat se<strong>in</strong>en Geist als e<strong>in</strong>e göttliche<br />

Kraft gegeben, um alle ererbten und anerzogenen Neigungen<br />

zum Bösen zu überw<strong>in</strong>den.“ (LJ 670; Uu 102)<br />

Siehe: Geist, Geist <strong>der</strong> Weissagung, Geistliche Gaben<br />

HEILIGTUM<br />

Das Heiligtum war im Alten Testament für die hebräische<br />

Nation Mittelpunkt <strong>der</strong> öffentlichen Anbetung. Das erste<br />

Heiligtum war die Stiftshütte, die Mose <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wüste errichten<br />

ließ. Ihr folgte <strong>der</strong> Tempel, den Salomo auf dem Berg Morija<br />

erbaute (1. Chron. 28, 10-20). Nach dem babylonischen Exil<br />

wurde <strong>der</strong> zweite Tempel errichtet. Das Heiligtum war Gottes<br />

Wohnung unter se<strong>in</strong>em Volk. Die Stiftshütte mit Tieropfern und<br />

Priesterdienst war „e<strong>in</strong> Gleichnis auf die gegenwärtige Zeit“.<br />

Das Heiligtum wies auf Christus h<strong>in</strong>, <strong>der</strong> „e<strong>in</strong>mal geopfert“<br />

wurde, „wegzunehmen vieler Sünden«, und <strong>der</strong> „e<strong>in</strong> Hoherpriester<br />

<strong>der</strong> zukünftigen Güter“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er «größeren und<br />

vollkommeneren Hütte“ wurde, „die nicht mit Händen gemacht“<br />

ist (Hebr. 9, 9. 11. 28). „Jesus Christus war das Fundament <strong>der</strong><br />

gesamten jüdischen Heilsordnung ... Die dar<strong>in</strong> enthaltenen<br />

Bil<strong>der</strong> und Symbole waren e<strong>in</strong>e gedrängte Weissagung auf das<br />

Evangelium, e<strong>in</strong>e Darstellung des christlichen Glaubens.“ (E. G.<br />

White <strong>in</strong> Review and Herald, 21. März 1893) Die Israel gegebene<br />

Gottesdienstordnung war gleichsam e<strong>in</strong> Anschauungsunterricht,<br />

durch den Gott vor alters se<strong>in</strong>em Volk den Erlösungsplan<br />

offenbarte.<br />

Die Verfasser des Neuen Testaments beschreiben das<br />

Versöhnungswerk Christi für die Sün<strong>der</strong> <strong>in</strong> Begriffen, die <strong>der</strong><br />

alttestamentlichen Symbolik entnommen s<strong>in</strong>d. Christus „ist<br />

Gottes Lamm, welches <strong>der</strong> Welt Sünde trägt“ (Joh. 1, 29). Er ist<br />

<strong>der</strong> „Apostel und Hohepriester, den wir bekennen“ (Hebr. 3, 1).<br />

Das Heiligtum auf Erden war e<strong>in</strong> „Abbild und Schatten des<br />

Himmlischen“ (Hebr. 8, 5), „e<strong>in</strong> Gegenbild des wahrhaftigen<br />

Heiligtums“, <strong>in</strong> das Christus e<strong>in</strong>gegangen ist, „um jetzt zu<br />

ersche<strong>in</strong>en vor dem Ange-<br />

141


Grundbegriffe von A-Z<br />

sicht Gottes für uns“ (Hebr. 9, 24). „Er ist auch nicht mit <strong>der</strong><br />

Böcke o<strong>der</strong> Kälber Blut, son<strong>der</strong>n durch se<strong>in</strong> eigen Blut e<strong>in</strong> für<br />

allemal <strong>in</strong> das Heilige e<strong>in</strong>gegangen und hat e<strong>in</strong>e ewige Erlösung<br />

erworben.“ (V. 12) Jedes Opfer war e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild des<br />

ewigen Opfers auf Golgatha, und je<strong>der</strong> Priester, <strong>der</strong> Opfer<br />

darbrachte, war e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf den priesterlichen Dienst<br />

Christi im Himmel. In sich selbst hatten die Opfer ke<strong>in</strong>e Kraft,<br />

„Sünden wegzunehmen“ (Hebr. 10, 11). Nur <strong>der</strong> reumütige<br />

Mensch, <strong>der</strong> im Glauben die Wirklichkeit <strong>der</strong> Versöhnung ergriff,<br />

die durch den Messias vollbracht werden mußte, fand Befreiung<br />

von se<strong>in</strong>er Schuld (vgl. Hebr. 9, 15).<br />

Der alttestamentliche Heiligtumsdienst bestand aus zwei<br />

Phasen: dem täglichen Dienst, <strong>der</strong> das ganze Jahr h<strong>in</strong>durch<br />

erfolgte, durch den reumütige Sün<strong>der</strong> von ihrer Schuld befreit<br />

wurden (<strong>in</strong>dem man sie auf das Heiligtum übertrug), und dem<br />

e<strong>in</strong>mal im Jahr stattf<strong>in</strong>denden Dienst am Versöhnungstag, wo<br />

die Versöhnung für das Heiligtum geschah. Sie war notwendig,<br />

weil im Dienst des ganzen Jahres Sünde s<strong>in</strong>nbildlich auf das<br />

Heiligtum übertragen worden war. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

sehen <strong>in</strong> diesem täglichen und jährlichen Dienst e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild auf<br />

die zwei Phasen des priesterlichen Dienstes Christi im himmlischen<br />

Heiligtum. In dem täglichen Dienst erkennen sie e<strong>in</strong>e<br />

Darstellung des Wirkens Christi für den e<strong>in</strong>zelnen Sün<strong>der</strong> von<br />

<strong>der</strong> Zeit se<strong>in</strong>er Himmelfahrt an bis h<strong>in</strong> zum wahrhaftigen<br />

Versöhnungstag. Der Dienst am Versöhnungstag weist nach<br />

ihrer Überzeugung auf e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Werk h<strong>in</strong>, das Christus<br />

gegen Ende des christlichen Zeitalters ausführt. Es ist e<strong>in</strong> Werk<br />

des Gerichts, dessen Ziel es ist, alle bekannten Sünden aus<br />

den himmlischen Büchern zu tilgen, wie auch die Namen <strong>der</strong>er<br />

aus dem Buch des Lebens, die Christus abgewiesen haben.<br />

Sie glauben, daß wir <strong>in</strong> dieser abschließenden Phase stehen<br />

und zwar seit 1844. Dieses Datum ist von <strong>der</strong> prophetischen<br />

Zeitangabe <strong>in</strong> Dan. 8, 14 abgeleitet.<br />

Der Hebräerbrief sieht <strong>in</strong> dem alttestamentlichen Heilig-<br />

142


Grundbegriffe von A-Z<br />

tumsdienst e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild des stellvertretenden Opfers Christi auf<br />

Golgatha und se<strong>in</strong>es Mittlerdienstes nach <strong>der</strong> Auferstehung.<br />

Aus diesem Grund erachten die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

die Kenntnis des alten Heiligtumsdienstes zum Verständnis des<br />

Erlösungsplanes für bedeutsam und wertvoll. E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong><br />

adventistischen Unterscheidungslehren kann nur im Zusammenhang<br />

mit dem Heiligtumsdienst und dem Dienst Christi, <strong>der</strong><br />

unser großer Hoherpriester ist (wie er im Hebräerbrief dargestellt<br />

wird), richtig verstanden werden.<br />

Geschichte <strong>der</strong> adventistischen Heiligtumslehre<br />

Viele <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> kamen aus <strong>der</strong> Miller-<br />

Bewegung. William Miller, <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> und Führer dieser<br />

Bewegung, stützte sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Verkündigung <strong>der</strong> bevorstehenden<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Jesu für die Zeit „um 1843“ hauptsächlich<br />

auf die Erklärung aus Dan. 8, 14: „Bis zweitausenddreihun<strong>der</strong>t<br />

Abende und Morgen vergangen s<strong>in</strong>d; dann wird das Heiligtum<br />

wie<strong>der</strong> geweiht werden.“ In dem hier erwähnten Heiligtum sah<br />

Miller ursprünglich die Kirche, später die Erde und die Kirche.<br />

Er schlußfolgerte, daß die Weihe bzw. Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums<br />

durch das Feuer des Jüngsten Tages <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi geschehen wird. In Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit allen maßgeblichen protestantischen Bibelauslegern<br />

übernahm er die Regel, die sich auf 4. Mose 14, 34 und Hes. 4,<br />

4-6 gründet, daß bei s<strong>in</strong>nbildlicher Prophetie e<strong>in</strong> Tag für e<strong>in</strong><br />

wirkliches Jahr steht. Und so kam er mit den 2300 Jahren,<br />

<strong>der</strong>en Beg<strong>in</strong>n er 457 v. Chr. ansetzte, etwa <strong>in</strong> das Jahr 1843 –<br />

d. h. 1843/44, von Frühl<strong>in</strong>g zu Frühl<strong>in</strong>g gerechnet. Für diese<br />

Zeit erwartete er die Wie<strong>der</strong>kunft Christi.<br />

E<strong>in</strong>e Berichtigung <strong>der</strong> Zeitberechnung Millers führte später<br />

dazu, die Wie<strong>der</strong>kunft am 22. Oktober 1844 zu erwarten<br />

(das war <strong>der</strong> zehnte Tag des siebenten jüdischen Monats, an<br />

dem <strong>der</strong> Versöhnungstag stattfand). In dieser Zeit nahm das<br />

Verständnis für die Bil<strong>der</strong> und Symbole des Heiligtums ständig<br />

zu. Die im Herbst e<strong>in</strong>es Jahres<br />

143


Grundbegriffe von A-Z<br />

stattf<strong>in</strong>denden jüdischen Feste werden gemäß diesem erweiterten<br />

Verständnis bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi ihre Erfüllung<br />

f<strong>in</strong>den. „So war das Blasen <strong>der</strong> großen Posaune zum Halljahr<br />

am zehnten Tag des siebenten Monats e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild für die<br />

Posaune Gottes, die letzte Posaune; die Freilassung aller<br />

Gefangenen, <strong>der</strong> Erlaß aller Schulden und die Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>setzung<br />

jedes e<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Besitz am selben Tag e<strong>in</strong><br />

S<strong>in</strong>nbild für die große Befreiung: die Versöhnung, die <strong>der</strong><br />

Hohepriester für alle Sünden Israels wirkte, se<strong>in</strong> Mittlerdienst im<br />

Allerheiligsten und se<strong>in</strong> Heraustreten, um die wartende<br />

Geme<strong>in</strong>de zu segnen, waren S<strong>in</strong>nbild für den Abschluß des<br />

hohenpriesterlichen Wirkens, wie es jetzt durch Christus<br />

geschieht. Sie weisen h<strong>in</strong> auf se<strong>in</strong> zweites Ersche<strong>in</strong>en, wenn er<br />

denen, die auf ihn warten, zum Heil kommen wird. Nachdrücklich<br />

wird darauf h<strong>in</strong>gewiesen, daß e<strong>in</strong> Tag, <strong>der</strong> von Gott <strong>in</strong> solch<br />

außergewöhnlicher Weise durch den Vollzug so vieler Zeremonien<br />

herausgehoben worden ist, e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild für das größte<br />

aller Ereignisse se<strong>in</strong> muß. Das wird bei <strong>der</strong> Vollendung des<br />

Erlösungsplanes se<strong>in</strong>e Bestätigung f<strong>in</strong>den.* (S. Bliss <strong>in</strong>: Advent<br />

Shield, Januar 1845)<br />

Gestützt auf 3. Mose 9, 23 – dort wird von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>setzung<br />

Aarons zum Hohenpriester berichtet – vertraten die Anhänger<br />

Millers die Auffassung, daß auch – so wie am Ende des<br />

Versöhnungstages <strong>der</strong> Hohepriester aus dem Heiligtum<br />

heraustrat und die wartende Geme<strong>in</strong>de segnete – Christus bei<br />

se<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>kunft aus dem Allerheiligsten heraustreten und<br />

se<strong>in</strong> wartendes Volk segnen werde. Demzufolge legten sie<br />

Nachdruck darauf, daß Christus aus dem Allerheiligsten, d. h.<br />

dem Himmel heraustreten werde. Aber niemand erklärte, wie<br />

das Allerheiligste – e<strong>in</strong> Teil des Heiligtums – <strong>der</strong> Himmel se<strong>in</strong><br />

konnte, das Heiligtum aber die Erde wäre, die bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

durch Feuer gere<strong>in</strong>igt wird.<br />

Litch hatte gleich nach <strong>der</strong> Enttäuschung im Frühjahr<br />

1844 Zweifel daran geäußert, daß das Heiligtum die Erde sei,<br />

aber se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>wände wurden nicht beachtet. Man hielt<br />

144


Grundbegriffe von A-Z<br />

daran fest, daß die Erde das Heiligtum sei. 1845 sah sich<br />

Crosier jedoch genötigt, sich mit dieser Frage ausführlich <strong>in</strong><br />

„The Day-Dawn“ ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen, ehe er se<strong>in</strong>e Schlußfolgerung<br />

zog: „Es gibt ke<strong>in</strong>en biblischen Beweis dafür, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zeit des Neuen Bundes etwas an<strong>der</strong>es Heiligtum genannt wird<br />

als <strong>der</strong> Ort, wo Christus im Himmel dient ... Wenn es dort ist,<br />

dann sollten wir das auch so darstellen.“ (Review and Herald, 5.<br />

Mai 1851)<br />

Der ungelöste Wi<strong>der</strong>spruch, daß e<strong>in</strong>erseits die Erde o<strong>der</strong><br />

Paläst<strong>in</strong>a das Heiligtum sei, das durch die Feuer des Jüngsten<br />

Tages gere<strong>in</strong>igt werde, und an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Himmel das<br />

Allerheiligste sei, das nicht gere<strong>in</strong>igt zu werden brauche, trat<br />

noch 1853 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel des „The Advent Herald“ zutage, <strong>der</strong><br />

im Gegensatz zu den Ausführungen von J. N. Andrews im<br />

„Review and Herald“ vom 12. Mai 1853 stand.<br />

Der erste Schritt auf das adventistische Verständnis des<br />

Heiligtums wurde am Tag nach <strong>der</strong> großen Enttäuschung<br />

gemacht. An jenem Morgen des 23. Oktober 1844 hatten sich<br />

Hiram Edson und e<strong>in</strong> Freund aus <strong>der</strong> Miller-Bewegung nach<br />

ernstem Gebet entschlossen, Adventgläubige <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachbarschaft<br />

zu besuchen und sie zu ermutigen. Als sie über Edsons<br />

Getreidefeld wan<strong>der</strong>ten, blieb Edson e<strong>in</strong> paar Schritte h<strong>in</strong>ter<br />

se<strong>in</strong>em Begleiter zurück. Plötzlich kam ihm die Überzeugung,<br />

„daß unser Hoherpriester, statt am zehnten Tag des siebenten<br />

Monats, am Ende <strong>der</strong> 2300 Tage, aus dem Allerheiligsten des<br />

himmlischen Heiligtums auf die Erde zu kommen, er an diesem<br />

Tag zum erstenmal die zweite Abteilung jenes Heiligtums betrat<br />

und daß er vor se<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>kunft zunächst se<strong>in</strong>en Dienst im<br />

Allerheiligsten zu vollbr<strong>in</strong>gen habe“. (Hiram Edson, Manuskript,<br />

Life and Experience)<br />

Edson wurde nun klar, daß das zu re<strong>in</strong>igende Heiligtum<br />

we<strong>der</strong> die Erde noch e<strong>in</strong> Teil von ihr war, son<strong>der</strong>n daß es im<br />

Himmel se<strong>in</strong> muß. Der 22. Oktober 1844 konnte demzufolge<br />

nicht das Ende, son<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong> Anfang des wahren Versöhnungstages<br />

andeuten.<br />

145


Grundbegriffe von A-Z<br />

Edson, O. R. L. Crosier und F. B. Hahn beschäftigten sich<br />

mehrere Monate gründlich mit <strong>der</strong> Heiligtumsfrage. Das<br />

Ergebnis ihres geme<strong>in</strong>samen Forschens veröffentlichte Crosier<br />

1845 <strong>in</strong> „The Day-Dawn“ (abgedruckt im Review and Herald<br />

vom 5. Mai 1851) und später erweitert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Son<strong>der</strong>ausgabe<br />

des „Day-Star“ vom 7. Februar 1846. In diesen Aufsätzen wird<br />

<strong>der</strong> unterschiedliche Gebrauch des Wortes „Heiligtum“ <strong>in</strong> den<br />

fünf Büchern Mose und <strong>in</strong> den frühen biblischen Geschichtsbüchern<br />

untersucht. Die Verfasser kamen zu dem Ergebnis, daß<br />

das Wort im eigentlichen S<strong>in</strong>n nur für die von Mose errichtete<br />

Stiftshütte und den durch Salomo erbauten Tempel benutzt<br />

wurde. Das war das Heiligtum, das s<strong>in</strong>nbildlich auf etwas<br />

Größeres h<strong>in</strong>wies. Dann g<strong>in</strong>gen sie auf das neutestamentliche<br />

Heiligtum e<strong>in</strong>, das im Hebräerbrief beschrieben wird – das<br />

wahre Heiligtum im Himmel, von dem die Stiftshütte nur e<strong>in</strong><br />

Abbild war. Da am Ende <strong>der</strong> prophetischen 2300 Tage nur das<br />

himmlische Heiligtum vorhanden war, wie Crosier richtig<br />

erkannte, mußte es folglich auch das Heiligtum se<strong>in</strong>, das<br />

gere<strong>in</strong>igt werden sollte.<br />

E. G. White bezog sich auf Crosiers Artikel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>ausgabe<br />

des „Day-Star“ und schrieb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an Eli Curtis<br />

am 21. April 1847, daß „Bru<strong>der</strong> Crosier das rechte Verständnis<br />

über die Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums“ habe, und sie empfahl<br />

nachdrücklich die Son<strong>der</strong>ausgabe des „Day-Star“.<br />

Die Weiterführung <strong>der</strong> Gedanken von Edson durch Crosier,<br />

daß im Himmel das Heiligtum sei, wurde die Grundlage für<br />

den allgeme<strong>in</strong> anerkannten Standpunkt <strong>der</strong> frühen <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. David Arnold schrieb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ausführlichen<br />

Erläuterung über die Heiligtumsfrage – es ist die erste Veröffentlichung<br />

darüber: „Was haben wir unter <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung des<br />

wahren Heiligtums zu verstehen? Die Priesterschaft, das<br />

Heiligtum und <strong>der</strong> Dienst nach dem mosaischen Gesetz waren<br />

hier auf Erden S<strong>in</strong>nbil<strong>der</strong> und Schatten auf e<strong>in</strong> Priestertum, e<strong>in</strong><br />

Heiligtum und e<strong>in</strong>en Dienst im Himmel. Doch es gab e<strong>in</strong>en<br />

wesent-<br />

146


Grundbegriffe von A-Z<br />

lichen Unterschied. Weil Menschen sterblich s<strong>in</strong>d, mußte. es<br />

auf Erden viele Priester geben; im Himmel aber ist nur e<strong>in</strong>er. Im<br />

irdischen Heiligtum mußten viele Opfer gebracht werden, das<br />

himmlische bedurfte nur e<strong>in</strong>es Opfers. Das Heiligtum auf Erden<br />

wurde nach jeweils 364 Tagen gere<strong>in</strong>igt, das himmlische am<br />

Ende <strong>der</strong> 2300 Jahre ... Oft wird <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wand erhoben, daß im<br />

Himmel nichts se<strong>in</strong> kann, was gere<strong>in</strong>igt werden muß. Aber was<br />

sagt Paulus dazu? ,Es mußten also die Abbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> himmlischen<br />

D<strong>in</strong>ge so gere<strong>in</strong>igt werden; aber sie selbst, die himmlischen<br />

D<strong>in</strong>ge, müssen bessere Opfer haben, als jene waren‘<br />

(Hebr. 9, 23). Damit erläutert Paulus, daß es notwendig war,<br />

daß das irdische Heiligtum, das nach dem Vorbild des himmlischen<br />

errichtet worden war, ebenfalls gere<strong>in</strong>igt werden mußte<br />

(weil es das Gesetz for<strong>der</strong>te). Infolgedessen war es nötig, daß<br />

das als Vorbild dienende himmlische Heiligtum mit besseren<br />

Opfern gere<strong>in</strong>igt würde.“ (The Present Truth, März 1850)<br />

Im August 1850 begann James White mit <strong>der</strong> Veröffentlichung<br />

e<strong>in</strong>er neuen Zeitschrift, die er „The Advent Review“<br />

nannte. Fünf Nummern gab er heraus, dabei druckte er <strong>in</strong> den<br />

Nummern 3 und 4 fast den ganzen Artikel von Crosier aus dem<br />

„Day-Star“ ab.<br />

Im November 1850 begann James White mit <strong>der</strong> regelmäßigen<br />

Herausgabe des „Review and Herald“. In den Artikeln<br />

dieser Zeitschrift setzte man sich fortan mit jenen <strong>Adventisten</strong><br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, die gegensätzliche Me<strong>in</strong>ungen vertraten. Den<br />

Verfassern lag vor allem daran, den Beweis zu erbr<strong>in</strong>gen, daß<br />

das <strong>in</strong> Dan. 8, 14 erwähnte Heiligtum nicht die Erde ist, son<strong>der</strong>n<br />

das Heiligtum im Himmel, das Heiligtum des Neuen Bundes.<br />

Später wurden diese Gedanken weiter entwickelt und gezeigt,<br />

daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums auch e<strong>in</strong> Gericht mit<br />

e<strong>in</strong>geschlossen ist.<br />

Siehe: Untersuchungsgericht, Zweitausenddreihun<strong>der</strong>t Tage<br />

147


Grundbegriffe von A-Z<br />

HEILIGUNG<br />

Die Heiligung ist im Gegensatz zur Rechtfertigung e<strong>in</strong> lebenslanger<br />

Prozeß <strong>der</strong> Charakterbildung, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Bekehrung<br />

beg<strong>in</strong>nt. Durch die Rechtfertigung werden wir <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Verhältnis<br />

zu Gott versetzt, durch das die Heiligung erst ermöglicht wird.<br />

Die neutestamentlichen Schreiber bezeichnen diesen Vorgang<br />

als e<strong>in</strong> „Jagen nach <strong>der</strong> Gerechtigkeit“, e<strong>in</strong> „Kämpfen des guten<br />

Kampfes des Glaubens“ (1. Tim. 6, 11. 12), als e<strong>in</strong>en Wandel <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em neuen Leben (Röm. 6, 4), als Wachstum <strong>in</strong> Christus<br />

(Eph. 4, 15) und Wachstum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gnade (2. Petr. 3, 18), als e<strong>in</strong><br />

Verwurzelt- und Gegründetse<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihm, fest im Glauben (Kol. 2,<br />

6. 7), als Verän<strong>der</strong>ung durch Erneuerung des S<strong>in</strong>nes (Röm. 12,<br />

2), e<strong>in</strong> Teilhaftigwerden <strong>der</strong> göttlichen Natur (2. Petr. 1, 4) und<br />

als geduldiges Laufen im christlichen Lebenskampf (Hebr. 12,<br />

1).<br />

Ziel dieses Vorganges ist die Wie<strong>der</strong>herstellung des Ebenbildes<br />

Gottes <strong>in</strong> Geist und Wesen des Menschen. Der<br />

wie<strong>der</strong>geborene Christ ist vor Gott vollkommen, weil er die<br />

Gerechtigkeit Christi angenommen hat (Röm. 5, 1) und die<br />

umwandelnde Gnade und Kraft Christi an se<strong>in</strong>em Geist und <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Leben wirken läßt (Röm. 12, 1; Gal. 2, 20).<br />

Aber diese Vollkommenheit ist nur e<strong>in</strong>e bed<strong>in</strong>gte Vollkommenheit,<br />

die durch das neue Verhältnis zu Christus und im<br />

Glauben an ihn erlangt wird. Absolute, sündlose Vollkommenheit<br />

– des Christen Hoffnung und höchstes Ziel – wird erst<br />

erreicht, wenn das sterbliche Wesen von <strong>der</strong> Unsterblichkeit<br />

und die Vergänglichkeit von <strong>der</strong> Unvergänglichkeit überkleidet<br />

wird (Phil. 3, 12-15; 1. Joh. 3, 2).<br />

Siehe: Gerechtigkeit durch den Glauben, Gesetz, Glaube und<br />

Werke, Rechtfertigung<br />

HÖLLE<br />

Mit „Hölle“ (griechisch „geenna“) bezeichnet die Bibel die Stätte<br />

und den Vollzug von Strafe und Vernichtung durch<br />

148


Grundbegriffe von A-Z<br />

Feuer im zweiten Tod. Davon werden die betroffen, die Gott<br />

und das Angebot des Heils <strong>in</strong> Jesus Christus abgelehnt haben.<br />

Das hebräische Wort „scheol“ und das griechische „hades“<br />

werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auch mit Hölle übersetzt. Sie bezeichnen<br />

die Welt des Todes. Das griechische „geenna“ me<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e<br />

Bestrafung durch Feuer. Das griechische Verb „tartaro“ (<strong>in</strong> die<br />

Hölle werfen) kommt nur <strong>in</strong> 2. Petr. 2, 4 vor. Das Wort „hades“<br />

dagegen ersche<strong>in</strong>t 11mal (u. a. Matth. 16, 18; 1. Kor. 15, 55).<br />

Es steht auf alten Grabste<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>asien und bezeichnet<br />

das Grab dessen, <strong>der</strong> dort beerdigt wurde.<br />

Der griechische Ausdruck „geenna“ bedeutet Ort <strong>der</strong> Bestrafung<br />

und kommt im Neuen Testament 12mal vor. Er ist<br />

abgeleitet von dem hebräischen Namen „Ge H<strong>in</strong>nom“ („Tal von<br />

H<strong>in</strong>nom“). Das war e<strong>in</strong> tiefes Tal unmittelbar an <strong>der</strong> Südseite<br />

Jerusalems (vgl. Jos. 15, 8; 2. Kön. 23, 10; Jer. 7, 31). Jeremia<br />

(7, 31. 32) weist darauf h<strong>in</strong>, daß dort dem Moloch <strong>in</strong> grausamer,<br />

heidnischer Weise K<strong>in</strong><strong>der</strong>opfer dargebracht wurden. Es wird<br />

angenommen, daß <strong>der</strong> gottlose König Ahas diesen teuflischen<br />

Kult e<strong>in</strong>geführt hat (2. Chron. 28, 3; vgl. PK 57). Manasse, <strong>der</strong><br />

Enkel von Ahas, erneuerte diesen Kult (2. Chron. 33, 1.6; vgl.<br />

Jer. 32, 35). Später ließ <strong>der</strong> fromme König Josia die Kultstätten<br />

im Tal Ben-H<strong>in</strong>nom entweihen und machte so diesem Tun e<strong>in</strong><br />

Ende (2. Kön. 23, 10). Jeremia kündigte an, daß dieses Tal<br />

wegen des abscheulichen Tuns „Würgetal“ genannt werde, weil<br />

die Fe<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Juden die fliehenden E<strong>in</strong>wohner Jerusalems dort<br />

töten und unbestattet liegen lassen würden (Jer. 7, 32; 19, 6.<br />

7).<br />

Als sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> nachexilischen Zeit die Lehre von den letzten<br />

D<strong>in</strong>gen stärker herausbildete, wurde die Vorstellung e<strong>in</strong>er<br />

feurigen Hölle, wo Sün<strong>der</strong> mit Feuer gequält werden, zu e<strong>in</strong>em<br />

Teil des jüdischen Volksglaubens. Ge H<strong>in</strong>nom wurde zuerst als<br />

E<strong>in</strong>gang zur Hölle angesehen, später als Hölle selbst bezeichnet.<br />

Die traditionelle Auffassung, die das Tal Gehenna als e<strong>in</strong>en<br />

Platz, wo Abfall verbrannt wurde, zum S<strong>in</strong>nbild für das Feuer<br />

des Jüngsten<br />

149


Grundbegriffe von A-Z<br />

Tages machte, geht wahrsche<strong>in</strong>lich auf Rabbi Kimchi zurück,<br />

e<strong>in</strong>en jüdischen Gelehrten des 12. und 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Die<br />

altjüdische Literatur weiß jedoch nichts davon. Die frühen<br />

Rabb<strong>in</strong>er weisen auf Jes. 31, 9 als Grundlage für ihre Vorstellung,<br />

daß Gehenna e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild für das Feuer des Jüngsten<br />

Tages ist.<br />

Dreimal erwähnt Jesus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bergpredigt die „geenna“<br />

(Matth. 5, 22. 29. 30). Er warnt vor dem, „<strong>der</strong> Leib und Seele<br />

ver<strong>der</strong>ben kann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hölle (geenna)“ (Matth. 10, 28), und<br />

droht den Pharisäern die Verdammnis <strong>der</strong> Hölle (geenna) an<br />

(Matth. 23, 33). Er sagt, es sei besser, als Krüppel das ewige<br />

Leben zu erlangen, denn als gesun<strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> die Hölle<br />

(geenna) geworfen zu werden (Mark. 9, 43. 45. 47).<br />

Die Bibel enthält klare Aussagen über die Natur und die<br />

Wirkung des Höllenfeuers. In Matth. 3, 12 werden die Sün<strong>der</strong><br />

verglichen mit Spreu, die „mit unauslöschlichem Feuer“<br />

verbrannt wird (vgl. Mark. 9, 43-48; Luk. 3, 9). Nach Matth. 25,<br />

41 werden die Heilsverächter zu „ewigem Feuer“ verurteilt, und<br />

<strong>in</strong> Matth. 5, 22 spricht Jesus vom Endgericht über die Unbußfertigen<br />

als e<strong>in</strong>em „höllischen Feuer“. Alle drei Textstellen<br />

beziehen sich auf das Feuer des Jüngsten Tages, das die<br />

Sün<strong>der</strong> und all ihre Werke verzehren wird. Dieses Feuer wird<br />

die Erde re<strong>in</strong>igen (2. Petr. 3, 10-12; Luk. 3, 17). Es wird<br />

angezündet, wenn alle Unbußfertigen, die nach den 1000<br />

Jahren auferstehen werden (Offb. 20, 5), unter Satans Führung<br />

das neue Jerusalem belagern (V. 9). Dieses Feuer brennt also<br />

jetzt noch nicht. Der Teufel, se<strong>in</strong>e Verbündeten und die von ihm<br />

Verführten werden dann <strong>in</strong> den „feurigen Pfuhl“ geworfen (V.<br />

10. 14. 15).<br />

Nach dem Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

ist für die Heilsverächter beim ersten Tod noch nicht das<br />

endgültige Ende gekommen. Vielmehr werden „die unwi<strong>der</strong>ruflich<br />

Unbußfertigen e<strong>in</strong>schließlich Satan, dem Urheber <strong>der</strong><br />

Sünde, durch das Feuer des Jüngsten Tages (nach den<br />

Tausend Jahren) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Zustand versetzt, als wären<br />

150


Grundbegriffe von A-Z<br />

sie nie gewesen“ (Church Manual, 1963, 32). Das ist <strong>der</strong> zweite<br />

Tod, aus dem es ke<strong>in</strong>e Auferweckung gibt. Das Wort „ewig“<br />

(griechisch „aionios“) bedeutet wörtlich „e<strong>in</strong> Zeitalter h<strong>in</strong>durch“<br />

im S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es gleichmäßigen Fortbestehens ohne jede absehbare<br />

Verän<strong>der</strong>ung. Die damit ausgesprochene Dauer hängt<br />

dabei von dem Wesen <strong>der</strong> Person o<strong>der</strong> beschriebenen Sache<br />

ab. Im Neuen Testament wird sowohl das Schicksal <strong>der</strong><br />

Gottlosen wie auch <strong>der</strong> Lohn <strong>der</strong> Gerechten mit „aionios“<br />

gekennzeichnet. Demzufolge ist <strong>der</strong> Lohn <strong>der</strong> Gerechten e<strong>in</strong><br />

Leben ohne Ende (Joh. 10, 28), während <strong>der</strong> Lohn <strong>der</strong> Unbußfertigen<br />

e<strong>in</strong> ewigwähren<strong>der</strong> Tod ist (vgl. Röm. 6, 23; Offb. 20,<br />

13 bis 15). In Joh. 3, 16 wird „ewiges Leben“ dem „Verlorenwerden“<br />

gegenübergestellt.<br />

Ähnlich ist <strong>der</strong> Ausdruck „unauslöschliches Feuer“ zu verstehen.<br />

Jeremia sagte, daß Gott <strong>in</strong> Jerusalem e<strong>in</strong> Feuer<br />

anzünden wird, das „nicht gelöscht werden kann“ (Jer. 17, 27).<br />

Diese Voraussage erfüllte sich, als Nebukadnezar die Stadt<br />

zerstörte (2. Chron. 36, 19-21). Dieses Feuer brennt heute nicht<br />

mehr. Es war „unauslöschlich“ <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n, daß die Juden es<br />

nicht löschen konnten. Es brannte, bis ihre Stadt vernichtet war,<br />

und dann g<strong>in</strong>g es aus.<br />

Das war von Anfang an die Auffassung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. James White schrieb dazu 1850: „Zu denen<br />

zu se<strong>in</strong>er L<strong>in</strong>ken wird <strong>der</strong> König sagen: ‚Gehet h<strong>in</strong> von mir, ihr<br />

Verfluchten, <strong>in</strong> das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und<br />

se<strong>in</strong>en Engeln!‘ (Matth. 25, 41) Dieses ewige Feuer ist das<br />

,Feuer vom Himmel‘ (Offb. 20, 9), das sie vernichtet. Es wird<br />

,sie anzünden, spricht <strong>der</strong> Herr Zebaoth, und er wird ihnen<br />

we<strong>der</strong> Wurzel noch Zweig lassen‘ (Mal. 3, 19). Dieses ewige<br />

Feuer, das für den Teufel und se<strong>in</strong>e Engeln bereitet ist, wird<br />

erst gelöscht, wenn das ganze Heer von Gog und Magog<br />

vernichtet ist. Es wird nicht nur die Wurzel – den Teufel –<br />

verzehren, son<strong>der</strong>n auch die Zweige, die von ihm Verführten.<br />

Nichts wird übrigbleiben. Damit ist das Universum gere<strong>in</strong>igt. Es<br />

gibt ke<strong>in</strong>en Teufel mehr, <strong>der</strong> die Erlösten o<strong>der</strong> heilige Wesen<br />

151


Grundbegriffe von A-Z<br />

an<strong>der</strong>er Welten versuchen könnte.“ (Review and Herald,<br />

September 1850)<br />

Uriah Smith, langjähriger Schriftleiter des „Review and<br />

Herald“, schrieb 1859 e<strong>in</strong>e Reihe von Abhandlungen mit <strong>der</strong><br />

Überschrift „Sterblich o<strong>der</strong> unsterblich?“ Dar<strong>in</strong> untersuchte er<br />

gründlich alle <strong>in</strong> Frage kommenden Texte. In se<strong>in</strong>em letzten<br />

Artikel kam er zu dem Schluß, daß die Lehre von <strong>der</strong> ewigen<br />

Höllenqual, wenn sich dafür ke<strong>in</strong> biblischer Beweis f<strong>in</strong>den läßt,<br />

„als höchst gefährlicher und ver<strong>der</strong>blicher Irrtum“ zurückgewiesen<br />

werden sollte.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> weisen <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

auch auf den Wi<strong>der</strong>spruch zwischen <strong>der</strong> Lehre von<br />

e<strong>in</strong>er ewigen Qual und dem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel offenbarten Wesen<br />

Gottes h<strong>in</strong>: „Völlig unvere<strong>in</strong>bar mit je<strong>der</strong> Regung von Liebe und<br />

Barmherzigkeit, ja selbst mit unserm S<strong>in</strong>n von Gerechtigkeit ist<br />

die Lehre, daß die gottlosen Toten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ewig brennenden<br />

Hölle gepe<strong>in</strong>igt werden, daß sie für die Sünden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kurzen<br />

irdischen Leben ewig leiden müssen. Wo f<strong>in</strong>den sich <strong>der</strong>artige<br />

Lehren im Worte Gottes? Werden die Erlösten im Himmel<br />

stumpf se<strong>in</strong> für alle Gefühle des Mitleids und des Erbarmens, ja<br />

selbst für die Empf<strong>in</strong>dungen allgeme<strong>in</strong>er Menschlichkeit? ... Es<br />

ist unvorstellbar, sich den Schaden auszumalen, <strong>der</strong> durch<br />

diese Irrlehre von e<strong>in</strong>er ewigen Qual verursacht wurde. Die<br />

Botschaft <strong>der</strong> Bibel von <strong>der</strong> Liebe, Güte und Barmherzigkeit<br />

Gottes ist durch den Aberglauben verf<strong>in</strong>stert und mit Schrecken<br />

umgeben worden. Satan hat das Wesen Gottes <strong>in</strong> falschen<br />

Farben darzustellen versucht. Ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, daß man Furcht<br />

und Schrecken vor dem barmherzigen Schöpfer hegt, ja ihn<br />

sogar haßt.“ (GK)<br />

Als Beweis dafür, daß die Seele unmittelbar nach dem<br />

Tod ihren Lohn empfängt, wird oft die Erzählung Jesu vom<br />

reichen Mann und armen Lazarus (Luk. 16) herangezogen.<br />

Nach adventistischer Auffassung, die auch von verschiedenen<br />

protestantischen Auslegern geteilt wird, handelt es sich dabei<br />

um e<strong>in</strong> Gleichnis, bei dem Jesus die irrige, aber unter den<br />

Pharisäern verbreitete Vorstellung vom<br />

152


Grundbegriffe von A-Z<br />

Zustand <strong>der</strong> Toten anwendet, um zu zeigen, daß die Entscheidung<br />

über das ewige Geschick des Menschen davon abhängt,<br />

wie er se<strong>in</strong> Leben auf Erden geführt hat. Die pharisäische<br />

Vorstellung von <strong>der</strong> Hölle kl<strong>in</strong>gt an <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abhandlung des<br />

Josephus über den Hades. Er beschreibt den Hades als e<strong>in</strong>en<br />

Ort, an dem die Seelen aller Menschen, <strong>der</strong> Gerechten wie <strong>der</strong><br />

Ungerechten, bewahrt bleiben, bis sie zu <strong>der</strong> von Gott festgelegten<br />

Zeit von den Toten auferweckt werden. Nach se<strong>in</strong>er<br />

Vorstellung ist <strong>der</strong> Hades e<strong>in</strong>e Stätte unterhalb <strong>der</strong> Erdoberfläche,<br />

<strong>in</strong> Dunkelheit gehüllt. Dort sei e<strong>in</strong> unauslöschbarer<br />

Feuersee, <strong>in</strong> den alle Unbußfertigen geworfen werden. Am Tor<br />

zum Hades stehe e<strong>in</strong> Erzengel mit e<strong>in</strong>er Gruppe von Wächtern.<br />

Wenn die Gerechten durch dieses Tor g<strong>in</strong>gen, würden sie von<br />

bestimmten Engeln nach rechts zu e<strong>in</strong>em lichten Ort geführt.<br />

Dort ruhen sie angeblich <strong>in</strong> Glückseligkeit und Freude, erfreuen<br />

sich am Lächeln <strong>der</strong> Väter und erwarten die Auferstehung und<br />

ewiges Leben im Himmel. Diese nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>bildung existierende<br />

Stätte wurde „Schoß Abrahams“ genannt.<br />

Sobald die Ungerechten das Tor erreichten, erklärt Josephus<br />

weiter, werden sie von Engeln nach l<strong>in</strong>ks <strong>in</strong> die<br />

unmittelbare Nähe <strong>der</strong> Hölle gezerrt. Dort müßten sie den Lärm<br />

<strong>der</strong> Hölle hören, <strong>der</strong>en heiße Dämpfe spüren und voller<br />

Entsetzen den Schrecken des Feuersees entgegensehen. Auf<br />

<strong>der</strong> gegenüberliegenden Seite könnten sie jedoch die Gerechten<br />

sehen, die sich <strong>der</strong> Glückseligkeit <strong>in</strong> „Abrahams Schoß“<br />

erfreuten. Zwischen beiden Gruppen aber sei e<strong>in</strong>e tiefe Kluft,<br />

die we<strong>der</strong> die Gerechten noch die Ungerechten überqueren<br />

könnten.<br />

Siehe: Auferstehung, Gericht, Tod<br />

HUNDERTVIERUNDVIERZIGTAUSEND<br />

Die 144 000 s<strong>in</strong>d jene <strong>in</strong> Offb. 7, 4; 14, 1 auserwählte Schar<br />

„versiegelter“ Heiliger, die sich nach den Worten <strong>der</strong> Offenbarung<br />

aus jeweils 12 000 aus den zwölf Stämmen<br />

153


Grundbegriffe von A-Z<br />

Israels zusammensetzt. „Diese s<strong>in</strong>d erkauft aus den Menschen<br />

zu Erstl<strong>in</strong>gen Gott und dem Lamm“ (Offb. 14, 4). Von <strong>der</strong><br />

Versiegelung <strong>der</strong> 144000 wird berichtet, nachdem die Ereignisse<br />

unter dem sechsten Siegel erwähnt worden s<strong>in</strong>d (Offb. 6, 12-<br />

17; vgl. 8, 1). Dazu gehören die Wie<strong>der</strong>kunft Christi und „<strong>der</strong><br />

große Tag se<strong>in</strong>es Zorns“. Johannes sah „vier Engel stehen an<br />

den vier Ecken <strong>der</strong> Erde, die hielten die vier W<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Erde,<br />

auf daß ke<strong>in</strong> W<strong>in</strong>d über die Erde bliese noch über das Meer<br />

noch über irgende<strong>in</strong>en Baum ... bis daß wir versiegeln die<br />

Knechte unsres Gottes an ihren Stirnen“ (Offb. 7, 1-3). W<strong>in</strong>d<br />

bedeutet im Zusammenhang mit dem sechsten Siegel Streit,<br />

Unruhe und Elend, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung stets mit dem großen<br />

Tag des Zornes Gottes und beson<strong>der</strong>s mit den sieben letzten<br />

Plagen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung stehen (Offb. 15, 1). Folglich f<strong>in</strong>det die<br />

erwähnte Versiegelung am Ende <strong>der</strong> gegenwärtigen Weltzeit<br />

statt, aber noch vor den letzten Ereignissen, die <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi unmittelbar vorausgehen.<br />

Nach Offb. 7, 3 werden die 144 000 an ihren Stirnen versiegelt,<br />

während Offb. 14, 1 erklärt, daß <strong>der</strong> Name des Vaters<br />

an ihrer Stirn geschrieben ist. Das ist e<strong>in</strong> Zeichen dafür, daß sie<br />

Gottes Wohlgefallen gefunden haben, er sie angenommen und<br />

zu se<strong>in</strong>em Eigentum gemacht hat. „Diese s<strong>in</strong>d’s, die sich mit<br />

Frauen nicht befleckt haben, denn sie s<strong>in</strong>d jungfräulich“ (Offb.<br />

14, 4) – sie haben die Irrlehre <strong>der</strong> „großen Babylon“, <strong>der</strong> „Mutter<br />

<strong>der</strong> Hurerei und aller Greuel auf Erden“ (Offb. 17, 5; vgl. 12, 17;<br />

14, 8. 12) nicht angenommen. „In ihrem Munde ist ke<strong>in</strong> Falsch<br />

gefunden“, d. h. sie s<strong>in</strong>d, was sie zu se<strong>in</strong> vorgeben. „Sie s<strong>in</strong>d<br />

unsträflich“ (Offb. 14, 5).<br />

Die 144 000 s<strong>in</strong>gen „e<strong>in</strong> Lied vor dem Thron“. Nur sie alle<strong>in</strong><br />

konnten das Lied lernen (Offb. 14, 3). In e<strong>in</strong>em ähnlichen<br />

Zusammenhang hört Johannes offenbar dieselbe Schar „an<br />

dem gläsernen Meer ... vor dem Thron“ (Offb. 4, 6) „das Lied<br />

des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes“<br />

s<strong>in</strong>gen (Offb. 15, 1-3). (Das Lied<br />

154


Grundbegriffe von A-Z<br />

Moses war e<strong>in</strong> Loblied für die göttliche Befreiung Israels aus<br />

<strong>der</strong> Hand <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>de, die Gottes Volk am Roten Meer vernichten<br />

wollten: 2. Mose 15, 1-19; 5. Mose 31, 30; Kap. 32, 43) Die<br />

Fe<strong>in</strong>de, über die nach Offb. 15, 2 <strong>der</strong> Sieg errungen wurde, s<strong>in</strong>d<br />

„das Tier und se<strong>in</strong> Bild“.<br />

Es ist auffallend, daß die 144 000 <strong>in</strong> Offb. 14, 1-5 unmittelbar<br />

nach dem Tier und se<strong>in</strong>em Bild und <strong>der</strong> Zahl se<strong>in</strong>es<br />

Namens erwähnt werden. Dadurch wird deutlich gemacht, daß<br />

diese Gruppe sich weigert, <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nachzukommen, das<br />

Tier und se<strong>in</strong> Bild anzubeten und das Malzeichen o<strong>der</strong> die Zahl<br />

des Tieres zu empfangen (Offb. 13, 15. 16). Dafür erhalten die<br />

144 000 das Siegel und den Namen Gottes.<br />

Die unmittelbar auf die Verse 1-5 folgenden Drei-Engel-<br />

Botschaften (Offb. 14, 6-12) rücken die Anbetung des wahren<br />

Gottes <strong>in</strong> den Mittelpunkt (V. 6. 7), die im Gegensatz zur<br />

Anbetung des Tieres und se<strong>in</strong>es Bildes steht (V. 9 bis 11) und<br />

den Abfall vom Evangelium kennzeichnet (V. 8).<br />

Daraus kann man schließen, daß die „Heiligen“, welche<br />

die drei Botschaften annehmen, die Gebote Gottes halten und<br />

den Glauben an Jesus haben, die Heiligen <strong>der</strong> Verse 1-5 s<strong>in</strong>d.<br />

Sie haben das Tier und se<strong>in</strong> Bild nicht angebetet.<br />

Die adventistischen Pioniere<br />

Nach J. N. Loughborough (Review and Herald, 14. und 21. Juni<br />

1906) begannen die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, sich mit <strong>der</strong><br />

Versiegelung und den 144 000 zu beschäftigen, als im Jahre<br />

1848 e<strong>in</strong>ige nichtsabbathaltende Adventgläubige die Revolutionen<br />

<strong>in</strong> Europa für den Auftakt des Kampfes am großen Tag<br />

Gottes hielten. In den spiritistischen Klopfzeichen zu Hydesville<br />

(New York) – ebenfalls 1848 – sahen sie den Here<strong>in</strong>bruch jener<br />

Geister, die <strong>in</strong> Offb. 16, 13. 14 angekündigt werden und die die<br />

Nationen nach Harmagedon versammeln sollen. <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> lehnten diese Deutung ab und vertraten<br />

155


Grundbegriffe von A-Z<br />

die Ansicht, daß erst die 144 000 versiegelt werden müßten:<br />

„Es muß e<strong>in</strong>e Botschaft ausgehen, die das Siegel enthält. Wir<br />

haben diese Botschaft im siebenten Kapitel <strong>der</strong> Offenbarung<br />

entdeckt. Wir haben begonnen, diese Botschaft zu verkündigen.“<br />

Der Sabbat wurde <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong> Versiegelungsbotschaft<br />

von Offb. 7 gesehen, und so glaubte man, dar<strong>in</strong> das<br />

Siegel Gottes zu erkennen.<br />

Über die Frage <strong>der</strong> 144 000 hatten James White (Review<br />

and Herald, 9. Mai 1854) und Uriah Smith (Review and Herald,<br />

3. Juli 1856) je e<strong>in</strong>en Artikel geschrieben. Smith vertrat den<br />

Standpunkt, daß die Versiegelung den sieben letzten Plagen<br />

vorausgehe, weil diese zu den „W<strong>in</strong>den“ gehören, die von den<br />

vier Engeln gehalten werden (Offb. 7, 1). In e<strong>in</strong>em Beitrag aus<br />

dem Jahre 1861 erwähnte er die 144 000 als „diejenigen, die<br />

bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi verwandelt werden (ohne den Tod<br />

zu sehen)“. (Review and Herald, 25. April 1865) Auf Grund des<br />

Textzusammenhanges setzte James White die Versiegelung <strong>in</strong><br />

die Zeit zwischen dem sechsten und dem siebenten Siegel. Auf<br />

die Behauptung, daß die 144 000 Juden seien, entgegnete er,<br />

daß dann das himmlische Jerusalem, an dessen Toren die<br />

Namen <strong>der</strong> zwölf Stämme geschrieben stehen, e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong><br />

jüdische Stadt mit jüdischen E<strong>in</strong>wohnern sei.<br />

In se<strong>in</strong>em Buch „Gedanken über die Offenbarung“<br />

(„Thoughts on the Revelation“ 1865) sieht Smith <strong>in</strong> den 144 000<br />

„die letzte Generation <strong>der</strong> Christen, die Christen unserer Tage“.<br />

Der Sabbat ist für ihn das Siegel Gottes. Die 144 000 gehören –<br />

so erklärt er – zu „den zwölf Stämmen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> Israel“ und<br />

zwar <strong>in</strong> dem neutestamentlichen S<strong>in</strong>n, daß alle, die an Christus<br />

glauben, „Abrahams K<strong>in</strong><strong>der</strong>“ (Gal. 3, 28. 29) o<strong>der</strong> das geistliche<br />

Israel (Röm. 2, 28. 29) s<strong>in</strong>d.<br />

James White gab dazu folgende Erklärung: „Wer im<br />

Glauben an die Botschaft des dritten Engels stirbt, gehört zu<br />

den 144000. Smith schrieb später: „Die Zahl 144 000 muß e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Zahl se<strong>in</strong> und setzt sich auch aus so<br />

156


Grundbegriffe von A-Z<br />

vielen Menschen zusammen. Die Zahl kann nicht größer, auch<br />

nicht e<strong>in</strong>e unbestimmte Zahl se<strong>in</strong>; denn <strong>in</strong> Offb. 7, 9 wird auf<br />

e<strong>in</strong>e weitere Schar h<strong>in</strong>gewiesen, <strong>der</strong>en Umfang nicht zu<br />

bestimmen ist und die als ,e<strong>in</strong>e große Schar‘ bezeichnet wird,<br />

,welche niemand zählen konnte‘.“ (a. a. O., 10. August 1897)<br />

Trotzdem glaubte er, daß die wirkliche Zahl um e<strong>in</strong> Vielfaches<br />

größer se<strong>in</strong> könnte: „Vielleicht bestehen die 144 000 nur<br />

aus den männlichen Erwachsenen <strong>der</strong> großen Adventbewegung,<br />

während die Frauen und K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die aus den Lebenden<br />

jener Tage gerettet werden, noch h<strong>in</strong>zugezählt werden müssen.<br />

Das liegt auf <strong>der</strong> Hand, weil auch die Hebräer so gezählt<br />

wurden, als sie aus <strong>der</strong> ägyptischen Gefangenschaft befreit<br />

wurden, – die e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild ist für die Befreiung <strong>der</strong> Übrigen des<br />

wahren Israel aus dem Ägypten dieser Welt bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

des Herrn.“<br />

Von dieser Überlegung ausgehend, me<strong>in</strong>te er, daß diese<br />

Gruppe e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Frauen aus mehr als 700 000<br />

Personen bestehen könnte. Er konnte sich jedoch nicht<br />

vorstellen, wo e<strong>in</strong>e solch große Gruppe, die dafür geeignet ist,<br />

anzutreffen wäre.. Auf die Frage, ob alle im Glauben an die<br />

Botschaft des dritten Engels Gestorbenen auferweckt würden,<br />

um zu den 144 000 zu gehören, schrieb er: „Werden mit den<br />

144 000 nur diejenigen dargestellt, die nie den Tod erlitten<br />

haben? – Ke<strong>in</strong>eswegs. Die für diese Prophetie gegebenen<br />

Voraussetzungen machen es geradezu notwendig, daß viele,<br />

die schon jetzt im Grabe ruhen, zu den 144 000 gerechnet<br />

werden müssen.“<br />

Offensichtlich g<strong>in</strong>g Smith davon aus, daß viele, die im<br />

Herrn sterben, zu jener Schar gerechnet werden müssen. Das<br />

Siegel Gottes sei <strong>der</strong> Sabbat, und wer ihn annimmt, müßte<br />

deshalb zu den 144 000 gezählt werden. Daraus schloß er:<br />

„Klar und e<strong>in</strong>deutig wird bewiesen, daß die 144 000 aus <strong>der</strong><br />

letzten Generation vor Christi Wie<strong>der</strong>kunft gesammelt werden.<br />

Sie s<strong>in</strong>d herausgerufen durch die Botschaft des dritten Engels.<br />

Selbst jene, die im Glauben an diese Botschaft sterben, s<strong>in</strong>d<br />

gesegnet, und sie<br />

157


Grundbegriffe von A-Z<br />

werden, bevor Christus ersche<strong>in</strong>t, durch e<strong>in</strong>e Auferstehung zu<br />

jener Schar h<strong>in</strong>zugefügt werden.“<br />

In den Schriften E. G. Whites über die letzten Ereignisse<br />

vor Christi Wie<strong>der</strong>kunft spielen die 144 000 e<strong>in</strong>e große Rolle.<br />

Sie s<strong>in</strong>gen „das Lied <strong>der</strong> Erfahrung“. „Sie haben die trübselige<br />

Zeit durchlebt, e<strong>in</strong>e Zeit, wie sie nie auf Erden war, seit<br />

Menschen darauf wohnen; sie haben ausgehalten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit<br />

<strong>der</strong> Trübsal.“ (GK 648) Sie haben die sieben letzten Plagen<br />

überstanden. Nach E. G. Whites frühester Beschreibung Ende<br />

1844 (EG 13. 14) s<strong>in</strong>d die 144 000 die „lebenden Heiligen“ zu<br />

<strong>der</strong> Zeit, wenn Gottes Stimme erschallen wird, die „den Tag und<br />

die Stunde des Kommens Jesu“ ankündigt.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden: Die <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß die 144 000 jene Gläubigen<br />

s<strong>in</strong>d, die unter dem Schutz Gottes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> letzten großen<br />

Ereignisse leben, die <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi unmittelbar<br />

vorausgehen. Es gibt jedoch ke<strong>in</strong>e sicheren Anhaltspunkte<br />

dafür, ob die Zahl 144 000 buchstäblich o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>nbildlich<br />

aufzufassen ist.<br />

Manche neigen zu e<strong>in</strong>er buchstäblichen Auffassung, weil<br />

E. G. White sie als „lebende Heilige“ darstellt. An<strong>der</strong>e weisen<br />

h<strong>in</strong> auf die Symbolik <strong>der</strong> Weissagungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung und<br />

folgern: Wollte man die Zahl <strong>der</strong>er, die aus jedem Stamm<br />

versiegelt werden, buchstäblich nehmen, dann müßte man die<br />

Versiegelten buchstäblich als Juden und das neue Jerusalem,<br />

an dessen Toren die Namen <strong>der</strong> Stämme ersche<strong>in</strong>en, als re<strong>in</strong><br />

jüdische Stadt mit nur Juden ansehen. Sie weisen ferner darauf<br />

h<strong>in</strong>, daß man bei genau 12 000 aus jedem Stamm auf e<strong>in</strong>e<br />

willkürliche Auswahl Gottes schließen müsse. Außerdem wird<br />

im Neuen Testament davon gesprochen, daß Heidenchristen<br />

zum wahren Israel gehören (vgl. Röm. 2, 28.29; Phil. 3, 3).<br />

Siehe: Offenbarung, Auslegung des Buches, Siegel Gottes<br />

158


Grundbegriffe von A-Z<br />

Gottes Handeln an den Israeliten gründete sich <strong>in</strong> alttestamentlicher<br />

Zeit auf den Bund, <strong>der</strong> zwischen Gott und Abraham<br />

geschlossen worden war (1. Mose 12, 1-3; 15, 18; 17, 2-<br />

7). Reichlich vier Jahrhun<strong>der</strong>te später gelobte das Volk Israel<br />

am S<strong>in</strong>ai Gott die Treue, erkannte ihn als se<strong>in</strong>en Herrscher an<br />

und ließ sich leiten von se<strong>in</strong>er Macht (2. Mose 19, 5-8; 24, 3-8;<br />

5. Mose 7, 6-14). Dieser Bund blieb <strong>in</strong> Kraft, bis die Führer <strong>der</strong><br />

Nation Jesus ausdrücklich als Messias ablehnten und vor<br />

Pilatus ihre Treue zu „ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>n König, denn dem Kaiser“<br />

(Joh. 19, 15), erklärten (Matth. 21, 43-45; 23, 36-38).<br />

Im Bundesverhältnis verpflichtete sich das Volk Israel,<br />

Gott zu gehorchen (2. Mose 19, 1-8; 24, 3-8). Er wie<strong>der</strong>um<br />

versprach, ihnen das Land Paläst<strong>in</strong>a als Erbteil zu geben (1.<br />

Mose 15, 18; 5. Mose 1, 7. 8) und sie mit e<strong>in</strong>zigartigen leiblichen,<br />

geistigen und materiellen Segnungen auszustatten.<br />

Dadurch sollten sie zur bedeutendsten Nation auf dem Erdkreis<br />

werden. Zu den Segnungen dieses Bundes gehörten Gesundheit,<br />

Kraft und Schutz gegenüber Gebrechen und Krankheit (2.<br />

Mose 15, 26; 5. Mose 7, 12-15), geistiger Scharfs<strong>in</strong>n und e<strong>in</strong><br />

gesundes Urteilsvermögen (5. Mose 4, 6), außerdem Geschicklichkeit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bodenbearbeitung, durch die <strong>in</strong> ihrem Land die<br />

Fruchtbarkeit und Schönheit Edens allmählich wie<strong>der</strong>hergestellt<br />

werden sollte. Auch ihre Viehherden sollten <strong>in</strong> außergewöhnlichem<br />

Maße gedeihen (5. Mose 7, 13; 28, 3-5. 8-12; Jes. 51, 3;<br />

Mal. 3, 10. 11). Als Folge ihres Gehorsams Gott gegenüber<br />

sollte sich Israel e<strong>in</strong>es unvergleichlichen Wohlstandes erfreuen,<br />

höher als <strong>der</strong> aller an<strong>der</strong>en Völker (5. Mose 8, 18; 28, 11-13),<br />

und so zur bedeutendsten Nation <strong>der</strong> Erde werden (5. Mose 4,<br />

6-8; 7, 14; 28, 1. 2. 10. 13; Jer. 33, 9; Mal. 3, 12). All diese<br />

Segensverheißungen sollten e<strong>in</strong>treffen, wenn Israel bereit wäre,<br />

mit Gott zusammenzuwirken und se<strong>in</strong>en Willen zu erfüllen. Zu<br />

diesem aufrichtigen Bemühen sollten die reichen Segnungen<br />

des Himmels h<strong>in</strong>zukommen (5. Mose 4, 9; 28, 1. 13. 14; 30,<br />

159


Grundbegriffe von A-Z<br />

9. 10). Israel sollte auf diese Weise <strong>der</strong> Welt e<strong>in</strong> lebendiges<br />

Beispiel und e<strong>in</strong> Zeuge dafür se<strong>in</strong>, wie überlegen die Verehrung<br />

und Anbetung des wahren Gottes ist (5. Mose 4, 6-9; 7, 12-15;<br />

28, 1-13; Jes. 49, 3.6; 61, 9; 62, 1.2). E<strong>in</strong> Volk nach dem<br />

an<strong>der</strong>en sollte sich dann mit Israel vere<strong>in</strong>en, um Gott zu dienen<br />

(Jes. 2, 2.3; 11, 10; 14, 1; 19, 18-22; 45, 14; 55, 6. 7; 60, 1-12;<br />

Jer. 3, 17; 16, 19; 33, 9; Sach. 2, 15; 8, 20-23).<br />

Als Folge se<strong>in</strong>es Abfalls verlor Israel den Besitz des Landes<br />

Kanaan, das nur auf Grund des Bundes mit Gott se<strong>in</strong><br />

Eigentum gewesen war. 70 Jahre mußte es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefangenschaft<br />

<strong>in</strong> Babylon zubr<strong>in</strong>gen (2. Chron. 36, 14-17; Jes. 5, 7-17;<br />

Jer. 25, 5-7; 29, 18. 19; 32, 21-23; Hes. 7, 2-9; 12, 3-28; 20, 28.<br />

35-38; 21, 30-37; 36, 17-23; Micha 2, 10; vgl. Hos. 9, 3. 15).<br />

Dort hatte es unter Wi<strong>der</strong>wärtigkeiten zu lernen, was es <strong>in</strong><br />

Zeiten des Wohlergehens zu lernen versäumt hatte (Jer. 25, 5-<br />

7; 46, 28; Hes. 20, 35-38).<br />

Nach <strong>der</strong> Gefangenschaft erneuerte Gott se<strong>in</strong>en Bund mit<br />

Israel, führte es <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Land zurück und versprach, daß sich die<br />

Verheißungen des Bundes dennoch erfüllen sollten, wenn das<br />

Volk ihm die Treue hielte (Jer. 31, 3-38; 33, 3-26; Hes. 36, 8-<br />

11,21-38; 43, 10. 11; Micha 4, 8-12; Sach. 1, 17; 2, 12; 6, 15;<br />

10, 6).<br />

Es ist zu beachten, daß alle diese alttestamentlichen Verheißungen<br />

<strong>in</strong> die Zukunft gerichtet waren und auf e<strong>in</strong>e Zeit<br />

h<strong>in</strong>wiesen, da die Juden wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> die Rechte des Bundesvolkes<br />

e<strong>in</strong>gesetzt und aus <strong>der</strong> Babylonischen Gefangenschaft<br />

zurückkehren würden (Jes. 14, 1-7; 27, 12. 13; Jer. 16, 14-16;<br />

23, 3-8; 29, 10-14; 30, 3-11; 32, 37 bis 44; Hes. 34, 11-16; 37;<br />

Amos 9; Micha 2, 12. 13).<br />

E<strong>in</strong>e Bewährungszeit von 490 Jahren wurde anberaumt,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Israel nachweisen sollte, daß es als ganze Nation dem<br />

Maßstab Gottes entspricht (Dan. 9, 24-27; vgl. Jer. 12, 14-17).<br />

Dieser Zeitabschnitt sollte mit dem Kommen des Messias und<br />

<strong>der</strong> Aufrichtung se<strong>in</strong>es Königtums den Höhepunkt erreichen.<br />

Zur vorgesehenen Zeit kam <strong>der</strong> Messias, aber „die Se<strong>in</strong>en<br />

160


Grundbegriffe von A-Z<br />

nahmen ihn nicht auf“ (Joh. 1, 11). Drei Tage vor <strong>der</strong> Kreuzigung<br />

verkündete Christus das göttliche Urteil über die jüdische<br />

Nation: „Das Reich Gottes wird von euch genommen und e<strong>in</strong>em<br />

Volke gegeben werden, das se<strong>in</strong>e Früchte br<strong>in</strong>gt“ (Matth. 21,<br />

43), und „euer Haus soll euch wüst gelassen werden“ (Matth.<br />

23, 38). Die Babylonische Gefangenschaft hatte noch nicht das<br />

absolute Ende <strong>der</strong> Stellung Israels als Bundesvolk gebracht<br />

(Jer. 4, 27; 5, 18; 46, 28); als aber die Juden den Messias<br />

ablehnten, gab es ke<strong>in</strong>e weitere Zusage e<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>setzung;<br />

die Verwerfung war endgültig und unwi<strong>der</strong>ruflich.<br />

Mit dieser Verwerfung Israels als Bundesvolk g<strong>in</strong>gen die<br />

Rechte, Verheißungen und Segnungen aus dem Bundesverhältnis<br />

auf die christliche Geme<strong>in</strong>de über als Gottes erwählte<br />

Vertreter auf Erden (Matth. 28, 19.20; 2. Kor. 5, 18-20; Apg. 10,<br />

35. 36 ; Gal. 3, 9. 27-29 ; 1. Petr. 2, 9-10; Röm. 9, 24-26. 30.<br />

31; 10, 12. 13). Wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e kann fortan auch <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne<br />

Jude Erlösung f<strong>in</strong>den, aber nur, wenn er an Christus glaubt,<br />

nicht aber als fleischlicher Nachkomme Abrahams (Röm. 9, 6;<br />

11, 1.2. 11. 15. 22-26). Die Verfasser des Neuen Testaments<br />

beziehen – <strong>in</strong> Anbetracht <strong>der</strong> geschichtlichen Situation –<br />

alttestamentliche Verheißungen, die ursprünglich an Israel als<br />

Nation gerichtet waren, häufig auf die christliche Geme<strong>in</strong>de<br />

(Apg. 2, 17-21; 15, 15-17; Röm. 9, 25-29; 1. Kor. 9, 9. 10; Gal.<br />

3, 11. 16; 4, 22-31; Hebr. 4, 1-10; 8, 8-12; 1. Petr. 2, 9. 10).<br />

Viele alttestamentliche Prophezeiungen aber, z. B. die von<br />

Israels weltweiter Sendung und <strong>der</strong> Sammlung <strong>der</strong> Heiden,<br />

auch jene, die e<strong>in</strong> ewiges Verbleiben <strong>in</strong> Kanaan voraussagten,<br />

wurden nicht und können nun auch nie an Israel als Nation<br />

erfüllt werden. Die Auffassung, daß die Verheißungen des<br />

Bundes sich an Israel als Nation erfüllen müssen, gründet sich<br />

auf e<strong>in</strong> falsches Verständnis vom Wesen bed<strong>in</strong>gter Prophezeiungen.<br />

Seitdem die Juden ihren beson<strong>der</strong>en Status als Volk<br />

des Bundes verwirkt haben, gibt es ke<strong>in</strong>en stichhaltigen<br />

Schriftbeweis dafür, daß die gegenwärtige Rückkehr <strong>der</strong> Juden<br />

nach<br />

161


Grundbegriffe von A-Z<br />

Paläst<strong>in</strong>a und <strong>der</strong> Staat Israel mit den alttestamentlichen<br />

Bundesverheißungen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht werden können.<br />

Viele alttestamentliche Verheißungen, die sich nicht an<br />

Israel als Volk erfüllt hatten, werden sich nach <strong>der</strong> Übertragung<br />

des Bundes auf die Geme<strong>in</strong>de auch nie mehr erfüllen, weil sie<br />

e<strong>in</strong>deutig an die Bed<strong>in</strong>gung geknüpft waren, daß Israel festhält<br />

am Status des Bundesvolkes. An<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um sollten sich <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Hauptsache an <strong>der</strong> christlichen Geme<strong>in</strong>de als dem geistigen<br />

Israel erfüllen, aber nicht notwendigerweise <strong>in</strong> allen<br />

E<strong>in</strong>zelheiten. Das ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß sich<br />

viele E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong> Prophezeiungen auf Israel als e<strong>in</strong><br />

wirkliches Volk im Lande Paläst<strong>in</strong>a bezogen, die christliche<br />

Geme<strong>in</strong>de dagegen e<strong>in</strong>e geistige „Nation“ darstellt, die über die<br />

ganze Welt verstreut ist. Aus diesem Grunde können solche<br />

E<strong>in</strong>zelaussagen nicht auf die Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit<br />

angewendet werden, zum<strong>in</strong>dest nicht im buchstäblichen S<strong>in</strong>n.<br />

Nur wenn alttestamentliche Prophezeiungen über Israel<br />

als Nation später von <strong>in</strong>spirierten Schreibern auf die neue<br />

geschichtliche Situation <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de als Gottes erwähltem<br />

Werkzeug angewendet wurden, können wir die Rechtmäßigkeit<br />

dieser Übertragung bejahen. E<strong>in</strong>zelheiten, die zur Voraussetzung<br />

hatten, daß die Juden weiterh<strong>in</strong> Gottes auserwähltes Volk<br />

im Land Paläst<strong>in</strong>a blieben, s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>fällig geworden. E<strong>in</strong>zelne<br />

Schriftstellen aus ihrem wörtlichen und historischen Zusammenhang<br />

im Alten Testament herauszulösen und willkürlich auf<br />

unsre Tage zu übertragen, vere<strong>in</strong>bart sich nicht mit e<strong>in</strong>er<br />

exakten Schriftauslegung.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden:<br />

1. Die alttestamentlichen Prophezeiungen auf Israel geben<br />

e<strong>in</strong>e Erklärung <strong>der</strong> Absicht Gottes h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Juden als<br />

Volk des Bundes.<br />

2. Diese Prophezeiungen waren abhängig von dem Zusammenwirken<br />

<strong>der</strong> Juden mit Gott.<br />

162


Grundbegriffe von A-Z<br />

3. Durch die Ablehnung Jesu als Messias löste sich die<br />

jüdische Nation aus dem Bund und verwirkte damit die<br />

Son<strong>der</strong>stellung, zu <strong>der</strong> es durch den Bund mit Gott berufen<br />

war.<br />

4. Die Verheißungen und Zusagen des Bundes wurden auf die<br />

christliche Geme<strong>in</strong>de als dem Volk des Neuen Bundes übertragen<br />

und sollten sich <strong>in</strong> dem Maße erfüllen, wie es auf<br />

Grund <strong>der</strong> neuen geschichtlichen Situation möglich war.<br />

5. E<strong>in</strong>zelheiten, die unter <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gung standen, daß Israel<br />

als Nation weiterh<strong>in</strong> das Volk des Bundes blieb, das <strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a<br />

wohnt, s<strong>in</strong>d durch Nichterfüllung h<strong>in</strong>fällig geworden.<br />

6. Alttestamentliche Vorhersagen können nur dann auf die<br />

Geme<strong>in</strong>de angewendet werden, wenn später <strong>in</strong>spirierte<br />

Schreiber die Berechtigung dazu gesehen und gegeben<br />

haben.<br />

Wie es zur Auffassung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> kam<br />

William Miller und se<strong>in</strong>e Anhänger wi<strong>der</strong>setzten sich entschieden<br />

<strong>der</strong> damals verbreiteten Ansicht, daß die biblischen<br />

Prophezeiungen e<strong>in</strong>e „Rückkehr <strong>der</strong> Juden nach Paläst<strong>in</strong>a<br />

entwe<strong>der</strong> vor o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Jesu ankündigten und<br />

sie dann für tausend Jahre dieses Land besitzen würden“.<br />

(Josiah Litch, Mai 1844)<br />

Die Anhänger Millers waren davon überzeugt, daß die<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Jesu vor <strong>der</strong> Tür stehe, die Gnadenzeit e<strong>in</strong> Ende<br />

f<strong>in</strong>den und Christus die Erde durch Feuer re<strong>in</strong>igen und se<strong>in</strong><br />

ewiges Reich aufrichten werde. Denen, die diesen Standpunkt<br />

als bloße Vermutung abtun wollten, entgegnete William Miller:<br />

„Es gibt we<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Schriftwort noch e<strong>in</strong>e Verheißung o<strong>der</strong><br />

Prophezeiung von Gott“, die es erlauben, auf e<strong>in</strong>e künftige<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung Israels zu schließen.<br />

Die frühen Bibelausleger unter den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> unterschieden sich von den Anhängern Millers<br />

163


Grundbegriffe von A-Z<br />

nur dadurch, daß sie die Erneuerung <strong>der</strong> Erde nicht beim<br />

zweiten Kommen Jesu, son<strong>der</strong>n am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre<br />

erwarteten. Aber geme<strong>in</strong>sam mit ihnen hielten sie daran fest,<br />

daß mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Jesu und <strong>der</strong> ersten Auferstehung die<br />

Gnadenzeit beendet se<strong>in</strong> wird. Die verherrlichten Heiligen, die<br />

dann mit Christus regieren werden, setzen sich aus Heiden und<br />

Juden zusammen; deshalb gibt es ke<strong>in</strong>en Grund zu <strong>der</strong><br />

Annahme, daß e<strong>in</strong> wie<strong>der</strong>hergestelltes jüdisches Reich nach<br />

Jesu Wie<strong>der</strong>kunft existieren wird.<br />

Die erste größere Abhandlung über die Israel-Frage erschien<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Aufsätzen von J. H. Waggoner im Jahre 1856.<br />

Die Begründung für die Auffassung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> läßt sich <strong>in</strong> fünf Punkten zusammenfassen:<br />

1. Die alttestamentlichen Prophezeiungen offenbaren Gottes<br />

Absicht mit dem fleischlichen Israel. Die Erfüllung dieser<br />

Weissagungen war abhängig vom Zusammenwirken Israels<br />

mit dem göttlichen Plan. Waggoner erklärte 1859, daß alle<br />

göttlichen Gnadenabsichten für uns Menschen von Bed<strong>in</strong>gungen<br />

abhängen, ebenso wie die Segensverheißungen für<br />

Israel bed<strong>in</strong>gte Verheißungen s<strong>in</strong>d. Indem Israel diese Bed<strong>in</strong>gungen<br />

nicht erfüllte, verscherzte es Gottes Verheißungen.<br />

Der Alte Bund war am S<strong>in</strong>ai geschlossen worden und h<strong>in</strong>g<br />

nach 2. Mose 19, 5 von Bed<strong>in</strong>gungen ab. Der Herr hatte<br />

gesagt: „Werdet ihr nun me<strong>in</strong>er Stimme gehorchen und<br />

me<strong>in</strong>en Bund halten, so sollt ihr me<strong>in</strong> Eigentum se<strong>in</strong> vor<br />

allen Völkern.“ (J. H. Waggoner, Review and Herald 1857)<br />

Dazu erklärte E. G. White <strong>in</strong> „Christi Gleichnisse“: „Durch<br />

die jüdische Nation wollte Gott se<strong>in</strong>en Segen allen Völkern<br />

zuteil werden lassen.“ „Die herrlichen Verheißungen für<br />

Israel konnten nur verwirklicht werden, wenn es den Geboten<br />

Gottes gehorsam war.“<br />

„Diese Verheißungen waren an ihren Gehorsam gebunden.“<br />

(PK 704)<br />

164


Grundbegriffe von A-Z<br />

2. Die Verheißungen für das fleischliche Israel gründeten sich<br />

auf das alttestamentliche Bundesverhältnis. Da Israel nicht<br />

willig war, den göttlichen For<strong>der</strong>ungen nachzukommen,<br />

konnte es auch nicht mit <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> Verheißungen<br />

rechnen.<br />

„Lehrt denn die Schrift, daß die leibliche Nachkommenschaft<br />

Jakobs beson<strong>der</strong>e Vorrechte o<strong>der</strong> Segnungen im<br />

Neuen Bund haben wird? Das trifft doch ke<strong>in</strong>eswegs zu! Wir<br />

stützen uns alle<strong>in</strong> auf Gottes Wort ... Die Reichsverheißungen<br />

s<strong>in</strong>d unter dem Alten Bunde verscherzt worden ... Israel<br />

hätte mit e<strong>in</strong>er Erfüllung nur rechnen können, wenn es die<br />

Voraussetzungen e<strong>in</strong>gehalten hätte ... So aber konnten sie<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft nicht empfangen, was sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

aufgegeben hatten.“ (J. H. Waggoner a. a. O., 87. 101)<br />

Am S<strong>in</strong>ai „g<strong>in</strong>g Israel e<strong>in</strong>en feierlichen Bund mit Gott e<strong>in</strong><br />

und gelobte, ihn als Herrn und König anzunehmen und sich<br />

se<strong>in</strong>er Autorität zu unterordnen.“ (PP 309) „Gott hatte sie<br />

von <strong>der</strong> Welt abgeson<strong>der</strong>t, um ihnen e<strong>in</strong> heiliges Gut anzuvertrauen.<br />

Er machte sie zu Hütern se<strong>in</strong>es Gesetzes und<br />

wollte durch sie die Gotteserkenntnis unter den Menschen<br />

bewahren. Auf diese Weise sollte das Licht des Himmels<br />

e<strong>in</strong>er dunklen Welt sche<strong>in</strong>en und se<strong>in</strong>e Stimme unter allen<br />

Völkern hörbar werden, damit sie sich vom Götzendienst<br />

abwendeten und dem lebendigen Gott dienten.“ (PP 314)<br />

So sollten sie „unter se<strong>in</strong>er weisen, heiligen Führung e<strong>in</strong><br />

Beispiel se<strong>in</strong> für die Erhabenheit <strong>der</strong> Anbetung Gottes über<br />

jeden Götzendienst.“ (PP 314)<br />

„Alle, die sich vom Götzendienst abkehrten und h<strong>in</strong> zu dem<br />

lebendigen Gott wandten, sollten sich mit se<strong>in</strong>em erwählten<br />

Volk vere<strong>in</strong>en. Mit dem Wachstum Israels sollten sich die<br />

Grenzen des Landes weiten, bis ihr Reich die ganze Welt<br />

erfüllte.“ (CG 290) „Hätte Israel Gott die Treue gehalten,<br />

dann wäre Jerusalem die von Gott Erwählte geblieben.“ (GK<br />

19) „Christus hätte das schwere Schicksal <strong>der</strong> jüdischen<br />

Nation abgewandt,<br />

165


Grundbegriffe von A-Z<br />

wenn sie ihn aufgenommen hätte ... Aber sie wi<strong>der</strong>setzten<br />

sich dem Licht des Himmels, deshalb umgab sie fortan<br />

tiefste F<strong>in</strong>sternis. Das angekündigte Schicksal brach über<br />

die jüdische Nation here<strong>in</strong>.“ (PK 712)<br />

„Mit dem Tode Christi am Kreuz auf Golgatha hörte Israel<br />

auf, e<strong>in</strong>e von Gott bevorrechtete und gesegnete Nation zu<br />

se<strong>in</strong>.“ (GK 21)<br />

3. Die Verheißungen <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung Israels waren<br />

entwe<strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Rückkehr aus <strong>der</strong> Babylonischen Gefangenschaft<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung damit gegeben worden. Sie<br />

bezogen sich auf die folgende Zeit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung.<br />

„Es gibt we<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Schriftwort noch e<strong>in</strong>e Verheißung o<strong>der</strong><br />

Prophezeiung von Gott, die nicht vor <strong>der</strong> Rückkehr aus<br />

Babylon gegeben wurde.“ (William Maler) „Wenn Israel Gott<br />

treu gewesen wäre, hätte er se<strong>in</strong> Ziel erreichen und sie<br />

ehren und erhöhen können.“ (DA 28)<br />

„Die Gefangenschaft wäre gar nicht nötig gewesen.“ (PK<br />

564) Die Bundesverheißungen hätten sich „<strong>in</strong> großem Maße<br />

<strong>in</strong> den Jahrhun<strong>der</strong>ten nach <strong>der</strong> Rückkehr aus dem Land <strong>der</strong><br />

Gefangenschaft erfüllen können“. (PK 703)<br />

4. Juden können das ewige Heil nur auf dem gleichen Wege<br />

erlangen wie die Angehörigen an<strong>der</strong>er Völker. Die alttestamentlichen<br />

Verheißungen, die sich an den Juden noch nicht<br />

erfüllt haben, gelten grundsätzlich <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, den geistlichen<br />

Nachkommen Abrahams aus allen Nationen, soweit<br />

sie auf die neue geschichtliche Situation anwendbar s<strong>in</strong>d.<br />

„Es gibt aber auch alttestamentliche Verheißungen, die<br />

nicht auf den Alten Bund bezogen werden können, son<strong>der</strong>n<br />

e<strong>in</strong>em herrlicheren Stadium als dem gegenwärtigen gelten,<br />

wenn es we<strong>der</strong> Tod noch Sterblichkeit geben wird.“ (F. M.<br />

Bragg, Review and Herald, 13. November 1856)<br />

Obwohl das Volk Israel „Gottes Gnade verachtet und se<strong>in</strong>en<br />

Segen als auserwähltes Volk verwirkt hatte,<br />

166


Grundbegriffe von A-Z<br />

verwarf Gott die Israeliten nicht. Die herrlichen Pläne, die er<br />

durch das Volk Israel vollbr<strong>in</strong>gen wollte, werden erfüllt. Alle,<br />

die durch Christus Abrahams K<strong>in</strong><strong>der</strong> im Glauben geworden<br />

s<strong>in</strong>d, werden Erben <strong>der</strong> Bundesverheißungen se<strong>in</strong>.“ (PP<br />

476) „Was Gott für die Welt durch Israel, das auserwählte<br />

Volk, zu tun sich vorgenommen hatte, wird er schließlich<br />

durch se<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de auf Erden vollführen.“ (PK 713)<br />

5. E<strong>in</strong>e vertretbare Anwendung <strong>der</strong> alttestamentlichen<br />

Verheißungen auf die neutestamentliche Situation <strong>der</strong><br />

christlichen Geme<strong>in</strong>de ist nur möglich, wenn die neutestamentlichen<br />

Schreiber dafür die Grundlage bieten. „Alle unsre<br />

Ansichten über die Verheißungen und Prophezeiungen<br />

des Alten Testaments müssen den Auslegungen im Neuen<br />

Testament entsprechen.“ (J. H. Waggoner, Das Reich Gottes,<br />

97)<br />

LAUTER RUF<br />

Unter dem „lauten Ruf“ wird die Verkündigung <strong>der</strong> Botschaft<br />

von Offb. 18, 1-4 verstanden, dargestellt durch e<strong>in</strong>en Engel, <strong>der</strong><br />

hernie<strong>der</strong>fuhr „vom Himmel, <strong>der</strong> hatte große Macht, und die<br />

Erde ward erleuchtet von se<strong>in</strong>em Glanz“. Durch diesen<br />

Ausdruck soll deutlich werden, daß dieser Engel „mit großer<br />

Stimme“ schrie. Die von ihm verkündigte Botschaft ist Gottes<br />

letzter Mahnruf an diejenigen se<strong>in</strong>es Volkes, die noch im<br />

s<strong>in</strong>nbildlichen Babylon s<strong>in</strong>d. Sie werden aufgefor<strong>der</strong>t: „Gehet<br />

aus von ihr, daß ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünden, auf daß<br />

ihr nicht empfanget etwas von ihren Plagen.“ Diese Botschaft<br />

ergeht offenbar vor Abschluß <strong>der</strong> Gnadenzeit, da für die<br />

Menschen immer noch die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Rettung besteht,<br />

vorausgesetzt, daß sie aus Babylon fliehen. Es ist also die<br />

letzte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift erwähnte Mahnung Gottes an Menschen.<br />

Ihre Verkündigung geht den göttlichen Strafgerichten unmittelbar<br />

voraus, durch die die Reiche dieser Welt vom Reich Christi<br />

abgelöst werden.<br />

167


Grundbegriffe von A-Z<br />

Nach dem Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

steht die Botschaft des Engels von Offb. 18 <strong>in</strong> engem Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> des dritten Engels <strong>in</strong> Offb. 14, 9-11; denn<br />

dessen Botschaft ist gleichfalls Gottes letzter Ruf an die<br />

Menschen und geht ebenso dem Kommen Christi und dem<br />

Endgericht Gottes auf dieser Erde unmittelbar voraus. Auch<br />

dieser Engel rief „mit großer Stimme“. Deshalb wird <strong>in</strong> beiden<br />

oft nur e<strong>in</strong>e Botschaft gesehen, und man spricht von ihr als<br />

„dem lauten Ruf des dritten Engels“. Der erste Engel von Offb.<br />

14 kündigt die Stunde des Gerichts an, <strong>der</strong> zweite den geistlichen<br />

Fall des s<strong>in</strong>nbildlichen Babylon, und <strong>der</strong> dritte warnt vor<br />

den Irrlehren Babylons.<br />

„Dieser Engel kommt gerade zur rechten Zeit, um <strong>in</strong> die<br />

Verkündigung <strong>der</strong> dritten Engelsbotschaft e<strong>in</strong>zustimmen, die zu<br />

e<strong>in</strong>em lauten Ruf anwächst.“ (EG 270) „Diese Ankündigungen<br />

(Offb. 18, 1-4) bilden mit <strong>der</strong> dritten Engelsbotschaft die letzte<br />

Warnung an die Bewohner <strong>der</strong> Erde.“ (GK 605) James White<br />

schrieb darüber im „Review and Herald“ vom 15. Januar 1880:<br />

„Diese Botschaft vom Himmel enthält die letzte Warnung an<br />

e<strong>in</strong>e verdorbene und abgefallene Christenheit. Sie wird mit<br />

solcher Macht verkündigt, daß die ganze Erde von ihrer<br />

Herrlichkeit erleuchtet wird.“ im „Review and Herald“ vom 11.<br />

Juni 1861 hatte er erklärt: „Durch diese dritte Botschaft soll die<br />

Welt reif zur Ernte werden.“<br />

Um ke<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>seitigen wörtlichen Verständnis dieser<br />

s<strong>in</strong>nbildlichen Weissagung das Wort zu reden, schrieb Uriah<br />

Smith: „Der Engel ist ke<strong>in</strong> wirklicher Engel, und wir brauchen<br />

nicht anzunehmen, daß wir e<strong>in</strong>e wirkliche Stimme hören<br />

werden, die das Land durchdr<strong>in</strong>gt und diesen Warnruf weitergibt.<br />

Es wird e<strong>in</strong>fach die göttliche Wahrheit se<strong>in</strong>, die <strong>in</strong> alle Welt<br />

geht.“ (Review and Herald, 31. Januar 1878)<br />

Auf dieses künftige Geschehen geht E. G. White näher<br />

e<strong>in</strong>: „Diener Gottes ... werden von Ort zu Ort eilen, um die<br />

göttliche Botschaft zu verkündigen. Tausende werden<br />

168


Grundbegriffe von A-Z<br />

die Warnung über die ganze Erde verbreiten. Erstaunliche<br />

Taten werden gewirkt, Kranke geheilt, Zeichen und Wun<strong>der</strong><br />

werden den Gläubigen folgen ... Auf diese Weise werden die<br />

Bewohner <strong>der</strong> Erde vor die Entscheidung gestellt.“ (GK 612.<br />

613)<br />

Aus den abgefallenen Kirchen – dem s<strong>in</strong>nbildlichen Babylon<br />

– werden Menschen ausgehen und sich mit den Übrigen<br />

Gottes vere<strong>in</strong>en. (vgl. EG 253. 254) Alle, die „noch nicht die drei<br />

Botschaften gehört o<strong>der</strong> verworfen hatten, gehorchten dem Ruf<br />

und verließen die gefallenen Kirchen“. (EG 271)<br />

Über jene Zeit <strong>der</strong> Entscheidung, die ihren Höhepunkt <strong>in</strong><br />

dem „lauten Ruf“ f<strong>in</strong>det, schrieb E. G. White: „E<strong>in</strong>em furchtbaren<br />

Ausgang eilt die Welt entgegen. Die im Kampf gegen die<br />

Gebote Gottes verbündeten Mächte <strong>der</strong> Erde werden verfügen,<br />

daß ,die Kle<strong>in</strong>en und Großen, die Reichen und Armen, die<br />

Freien und Knechte‘ sich durch die Feier des falschen Sabbats<br />

nach den Gebräuchen <strong>der</strong> Kirche richten müssen. Alle, die sich<br />

weigern, diesen Gebräuchen nachzukommen, werden gesetzlich<br />

bestraft werden, und schließlich wird man sogar erklären,<br />

daß sie des Todes schuldig s<strong>in</strong>d. An<strong>der</strong>erseits wird Gehorsam<br />

gefor<strong>der</strong>t dem Gesetz Gottes gegenüber, das den Ruhetag des<br />

Herrn zur Pflicht macht. Alle Obertreter des Gesetzes müssen<br />

mit Gottes Zorn rechnen. Wem bewußt geworden ist, wie <strong>der</strong><br />

Kampf ausgeht, wer Gottes Gesetz mit Füßen tritt, um e<strong>in</strong>er<br />

menschlichen Verordnung zu gehorchen, <strong>der</strong> nimmt das<br />

Malzeichen des Tieres an; e<strong>in</strong> Zeichen <strong>der</strong> Ergebenheit<br />

gegenüber <strong>der</strong> Macht, <strong>der</strong> er an Gottes Statt gehorchen will.“<br />

(GK 605; vgl. Offb. 13, 13-17)<br />

„Wenn dieser letzte laute Schall <strong>der</strong> Evangeliumsposaune<br />

ertönt“, schrieb M. E. Cornell <strong>in</strong> „Review and Herald“ vom 10.<br />

Oktober 1854, „dann wird die Gnadenzeit enden und e<strong>in</strong><br />

unumstößlicher Befehl ergehen (siehe Offb. 22, 11) ... Unwi<strong>der</strong>ruflich<br />

wird dann das Schicksal jedes Menschen besiegelt se<strong>in</strong>.“<br />

Die Gnadenzeit endet, und die sieben letzten Plagen brechen<br />

here<strong>in</strong>.<br />

169


Grundbegriffe von A-Z<br />

Siehe: Drei-Engel-Botschaften, Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Übrigen,<br />

Gnadenzeit, Offenbarung, Auslegung des Buches<br />

MALZEICHEN DES TIERES<br />

Unter dem Begriff „Malzeichen des Tieres“ ist e<strong>in</strong> erkennbares<br />

„Zeichen“ zu verstehen, das Ausdruck <strong>der</strong> Unterwerfung unter<br />

die <strong>in</strong> Offb. 13 genannte Macht ist. Dabei handelt es sich um<br />

das <strong>in</strong> diesem Kapitel erwähnte s<strong>in</strong>nbildliche erste o<strong>der</strong><br />

pantherähnliche Tier, das als. Macht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endzeit wie<strong>der</strong><br />

erstarkt und sich anschickt, se<strong>in</strong>e Herrschaft über die ganze<br />

Welt auszudehnen. Wie <strong>der</strong> größte Teil <strong>der</strong> Offenbarung, so ist<br />

auch das 13. Kapitel im wesentlichen s<strong>in</strong>nbildlich zu verstehen.<br />

In <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>sprache dieses Kapitels stellt das erste Tier e<strong>in</strong><br />

menschliches Religionssystem dar, das sich mit den übernatürlichen<br />

Kräften des Bösen verbunden hat und sich Gott dadurch<br />

wi<strong>der</strong>setzt, daß es auf Erden gegen alle kämpft, die sich<br />

entschlossen haben, IHM die Treue zu halten (V. 1. 2. 7). Das<br />

zweite o<strong>der</strong> lammähnliche Tier weist auf e<strong>in</strong>e Macht h<strong>in</strong>, durch<br />

welche die Herrschaft des ersten Tieres weltweit ausgebreitet<br />

wird (V. 12). Um die Unterwerfung zu erzw<strong>in</strong>gen, for<strong>der</strong>t es, daß<br />

je<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Zeichen <strong>der</strong> Ergebenheit an se<strong>in</strong>er Stirn (geistige<br />

Zustimmung) o<strong>der</strong> an se<strong>in</strong>er Hand (äußere Anpassung) trage.<br />

Wer dazu nicht bereit ist, muß mit harten wirtschaftlichen<br />

Maßnahmen und sogar mit <strong>der</strong> Todesstrafe rechnen (V. 15-17).<br />

Das „Malzeichen des Tieres“ steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung im<br />

Gegensatz zum „Siegel Gottes“ (Kap. 7, 2-4).<br />

E<strong>in</strong>zelnen Auslegern <strong>der</strong> Offenbarung vor dem 14. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

genügte es, das „Malzeichen des Tieres“ e<strong>in</strong>fach als<br />

e<strong>in</strong> Zeichen des kommenden Antichrist zu deuten. Reformatorische<br />

und protestantische Ausleger vom 14. Jahrhun<strong>der</strong>t an<br />

sahen dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Zeichen <strong>der</strong> Unterwerfung unter das Papsttum.<br />

Walter Brute, e<strong>in</strong> Anhänger Wiklifs und Ausleger des prophetischen<br />

Wortes, bezog es auf den nahezu unauslöschlichen<br />

E<strong>in</strong>druck, den die Sakra-<br />

170


Grundbegriffe von A-Z<br />

mente <strong>der</strong> katholischen Kirche bei denen h<strong>in</strong>terlassen, die sie<br />

empfangen. (Froom II, 86) John Purvey, Wiklifs Nachfolger,<br />

deutete das Zeichen an <strong>der</strong> Hand auf die Erfüllung <strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />

Kirche vorgeschriebenen Werke und das Zeichen an <strong>der</strong> Stirn<br />

auf das öffentliche Bekenntnis zu päpstlichen Lehren. Ausleger<br />

<strong>der</strong> Reformationszeit sahen <strong>in</strong> dem „Malzeichen des Tieres“ die<br />

Unterwerfung unter die Beschlüsse, Erlässe und Überlieferungen<br />

Roms o<strong>der</strong> unter die Macht des Papstes, den Bann zu<br />

verhängen. Ausleger <strong>der</strong> Neuen Welt nahmen e<strong>in</strong>e ähnliche<br />

Stellung e<strong>in</strong>. (Vgl. Froom II, 99. 300. 306. 342. 367. 461. 462.<br />

616. 617. 678; III, 40. 96. 353; IV, 95. 247)<br />

Von Anfang an haben <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> das<br />

„Malzeichen des Tieres“ mit <strong>der</strong> von Rom e<strong>in</strong>gesetzten<br />

Verfälschung des biblischen Sabbats <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht,<br />

dessen Beachtung durch Gesetz erzwungen werden wird als<br />

e<strong>in</strong> Zeichen <strong>der</strong> Unterwerfung unter die päpstliche Herrschaft.<br />

Hatte nicht <strong>der</strong> Erzbischof Fossa von Reggio auf dem Konzil<br />

von Trient 1562 folgendes erklärt: „Gerade die Autorität <strong>der</strong><br />

Kirche wird von <strong>der</strong> Heiligen Schrift am meisten verherrlicht;<br />

denn während sie auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite dieselbe empfiehlt, sie als<br />

göttlich erklärt ... haben an<strong>der</strong>erseits die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift enthaltenen<br />

gesetzlichen Vorschriften des Herrn durch dieselbe<br />

Autorität aufgehört Der Sabbat, <strong>der</strong> berühmteste Tag im<br />

Gesetz, g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> den Herrentag über ... Dieses und ähnliches<br />

haben nicht auf die Predigt Christi h<strong>in</strong> aufgehört (denn er sagt,<br />

er sei nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, son<strong>der</strong>n zu<br />

erfüllen), son<strong>der</strong>n auf die Autorität <strong>der</strong> Kirche h<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d sie<br />

verän<strong>der</strong>t worden.“ (Mansi, Hist. Conciliorum XXXIII, col. 520-<br />

533)<br />

In <strong>der</strong> zweiten Auflage se<strong>in</strong>er Broschüre „Der <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-Sabbat, e<strong>in</strong> beständiges Zeichen“ (The Seventh-Day-<br />

Sabbath, a Perpetual Sign, Januar 1847) stellte Joseph Bates<br />

die Frage: „Ist es nicht klar, daß <strong>der</strong> erste Tag <strong>der</strong> Woche statt<br />

des Sabbats o<strong>der</strong> heiligen Tages (von dem er an an<strong>der</strong>er Stelle<br />

<strong>in</strong> dieser Broschüre als e<strong>in</strong>em<br />

171


Grundbegriffe von A-Z<br />

„immerwährenden Bund” <strong>der</strong> Treue gegenüber dem wahren<br />

Gott spricht) das Malzeichen des Tieres ist?“ E. G. White sieht<br />

im Empfang des Malzeichens des Tieres das Aufgeben des<br />

„göttlichen Sabbats“, um den Sabbat „des Papstes“ zu halten.<br />

(A. Word to the Little Flock, 19) Ähnlich schrieb James White:<br />

„Die Feier des ersten Tages als e<strong>in</strong>es Tages heiliger Ruhe statt<br />

des siebenten ist e<strong>in</strong> Malzeichen des Tieres. Zweifellos ist es<br />

das Zeichen, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> ernsten Botschaft des dritten Engels<br />

erwähnt wird.“ (Present Truth, April 1850)<br />

1851 bezeichnete R. F. Cottrell das Malzeichen des Tieres<br />

als „den falschen Sabbat Roms“. (Review and Herald, 7.<br />

Oktober 1851) J. N. Andrews sprach von diesem Zeichen als<br />

e<strong>in</strong>er „E<strong>in</strong>richtung des Papsttums, die vom Protestantismus<br />

erzwungen wird“. Wahrsche<strong>in</strong>lich die erste ausführliche<br />

Darstellung über das Malzeichen des Tieres aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel von J.<br />

N. Loughborough aus dem Jahr 1854: „Der Sabbat ist e<strong>in</strong><br />

Zeichen zwischen Gott und se<strong>in</strong>em Volk (vgl. 2. Mose 31, 13-<br />

18). Er ist das Siegel für die Echtheit des Gesetzes. Wie das<br />

Siegel e<strong>in</strong>es irdischen Machthabers e<strong>in</strong> Zeichen war zwischen<br />

ihm und se<strong>in</strong>en Untertanen, so ist <strong>der</strong> Sabbat e<strong>in</strong> Erkennungszeichen<br />

zwischen dem Herrn und se<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Wer das<br />

vierte aus den Zehn Geboten wegnimmt, entfernt damit das<br />

Siegel des lebendigen Gottes und verliert das Wissen über den<br />

Gesetzgeber. Darauf richtete das Papsttum se<strong>in</strong>e Angriffe und<br />

entfernte das Siegel des lebendigen Gottes. Die Zehn Gebote,<br />

wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche gelehrt werden, enthalten das Sabbatgebot<br />

nicht mehr ... Anstelle von Gottes Siegel wurde <strong>der</strong> Sonntag<br />

e<strong>in</strong>geführt. Er ist niemals e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf den lebendigen Gott,<br />

son<strong>der</strong>n stützt sich auf die Autorität des Papsttums. Er ist das<br />

,Malzeichen des Tieres‘. Das zweihörnige Tier (Offb. 13, 11)<br />

,macht, daß sie allesamt ... sich e<strong>in</strong> Malzeichen geben an ihre<br />

rechte Hand o<strong>der</strong> an ihre Stirn‘. Wir nehmen nicht an, daß es<br />

sich dabei um e<strong>in</strong> sichtbares Zeichen auf <strong>der</strong> Stirn<br />

172


Grundbegriffe von A-Z<br />

handelt, son<strong>der</strong>n sehen dar<strong>in</strong>, wie schon gesagt, den Sonntag.<br />

Die Stirn ist <strong>der</strong> Sitz <strong>der</strong> Gedanken. Da fällt die Entscheidung,<br />

ob jemand diese E<strong>in</strong>richtung des Menschen befolgen will o<strong>der</strong><br />

nicht. Außerdem wird dieses Zeichen an <strong>der</strong> rechten Hand<br />

empfangen.“ (Review and Herald, 28. März 1854)<br />

Loughborough war sich nicht sicher, was unter dem Empfang<br />

dieses Zeichens an <strong>der</strong> rechten Hand verstanden werden<br />

könnte. Er dachte an das Erheben <strong>der</strong> rechten Hand, um durch<br />

e<strong>in</strong>en Eid die Feier des Sonntags zu geloben und so den<br />

wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen von Offb. 13, 16. 17 zu<br />

entgehen. Es war ihm jedoch klar, daß es sich dabei um e<strong>in</strong><br />

„noch zukünftiges Ereignis“ handelt.<br />

Uriah Smith schrieb <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Kommentar „Gedanken<br />

über die Offenbarung“ (Thoughts on the Revelation 1865):<br />

„Unter dem Empfang des Malzeichens des Tieres an <strong>der</strong> Stirn<br />

verstehen wir die verstandesmäßige Bejahung <strong>der</strong> Autorität des<br />

ersten Tieres und unter <strong>der</strong> Annahme an <strong>der</strong> Hand e<strong>in</strong>e Geste<br />

<strong>der</strong> Zugehörigkeit durch e<strong>in</strong>e äußerliche Handlung. Dieses<br />

Malzeichen ist nicht das Zeichen des zweihörnigen Tieres noch<br />

des Bildes des Tieres, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> Zeichen des päpstlichen<br />

Tieres ... Unter dem Malzeichen des Tieres wird daher e<strong>in</strong><br />

falscher Sabbat verstanden, <strong>der</strong> im Gegensatz zum Sabbat des<br />

Herrn steht, <strong>der</strong>, wie bereits <strong>in</strong> Kap. 7, 1-3 gezeigt wurde, das<br />

Siegel des lebendigen Gottes ist.“<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> bestreiten nachdrücklich,<br />

daß schon heute jemand das Malzeichen des Tieres trägt. So<br />

hob James White 1852 deutlich hervor: Wir lehren nicht, „daß<br />

diejenigen, die den ersten Tag als Sabbat feiern, und alle, die<br />

glauben, daß <strong>der</strong> Sabbat abgeschafft sei, das Malzeichen des<br />

Tieres haben“. (Review and Herald, 2. März 1852) Weiter<br />

erklärt er, daß erst, wenn die Sabbatbotschaft umfassend<br />

verkündigt worden ist und die Feier des ersten Wochentages<br />

durch Gesetz erzwungen wird, diese Trennungsl<strong>in</strong>ie zwischen<br />

den Gläubigen und den Ungetreuen gezogen werden kann.<br />

173


Grundbegriffe von A-Z<br />

Ähnliche Gedanken schrieb Uriah Smith zwei Jahrzehnte<br />

später nie<strong>der</strong>: „Wir me<strong>in</strong>en, daß die Feier des Sonntags erst<br />

dann zum Malzeichen des Tieres wird, wenn sie im Gegensatz<br />

zum Sabbat des Herrn erzwungen wird.“ (Review and Herald,<br />

28. Juli 1874)<br />

E. G. White unterstrich das im Jahre 1888: „Wenn die<br />

Sonntagsfeier durch Gesetze e<strong>in</strong>geführt und die Welt über die<br />

Verpflichtungen gegen den wahren Sabbat umfassend unterrichtet<br />

se<strong>in</strong> wird, dann werden alle, die Gottes Gebot übertreten,<br />

um e<strong>in</strong>er Verordnung nachzukommen, h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e höhere<br />

Autorität als die Roms steht, dadurch das Papsttum mehr ehren<br />

als Gott ... Dann werden jene, die <strong>in</strong> ihrer Übertretung beharren,<br />

das Malzeichen des Tieres empfangen.“ (GK 449. 450)<br />

1899 erklärte sie: „Noch niemand hat bis jetzt das Malzeichen<br />

des Tieres empfangen. Die Zeit <strong>der</strong> Prüfung ist noch nicht<br />

gekommen. Es gibt wahre Christen <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Kirche, auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

katholischen. Niemand wird verdammt, ehe er nicht zur<br />

Erkenntnis gekommen ist und die Verb<strong>in</strong>dlichkeit des vierten<br />

Gebotes e<strong>in</strong>gesehen hat.“<br />

Siehe: Offenbarung, Auslegung des Buches, Siegel Gottes<br />

MENSCH, SEIN WESEN<br />

Der Mensch ist das die Schöpfung krönende Werk. <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben an die Schöpfung und können<br />

deshalb nicht <strong>der</strong> Auffassung zustimmen, daß sich <strong>der</strong> Mensch<br />

stufenweise aus nie<strong>der</strong>en Lebensformen entwickelt hat.<br />

Als <strong>der</strong> Mensch aus <strong>der</strong> Hand Gottes hervorg<strong>in</strong>g, hatte er<br />

die Möglichkeit des ewigen Lebens und e<strong>in</strong>er ständigen<br />

Entfaltung. Es entsprach se<strong>in</strong>er natürlichen Anlage, mit dem<br />

Willen des Schöpfers und dessen Absichten <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

zu leben. Doch <strong>der</strong> Mensch fiel aus se<strong>in</strong>em Stand, wurde<br />

sündig und sterblich. Fortan standen se<strong>in</strong>e Neigungen im<br />

Gegensatz zu Gottes Willen. Da kam Jesus Christus, um<br />

wie<strong>der</strong>herzustellen, was als Folge <strong>der</strong> Sünde<br />

174


Grundbegriffe von A-Z<br />

verlorengegangen war (Luk. 19, 10). Während se<strong>in</strong>es Erdenlebens<br />

schuf er die Voraussetzungen für die Erneuerung des<br />

Menschen. Bei se<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>kunft wird Christus allen, die sich<br />

durch ihn haben umwandeln lassen, die Gabe <strong>der</strong> Unsterblichkeit<br />

und das Gnadengeschenk des ewigen Lebens <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Gegenwart Gottes verleihen.<br />

George Storrs, e<strong>in</strong> bekannter Prediger <strong>der</strong> Millerbewegung,<br />

vertrat die Lehre von <strong>der</strong> Sterblichkeit des Menschen,<br />

wenn sich auch die Mehrheit <strong>der</strong> Milleranhänger (vor 1844)<br />

dieser Auffassung nicht anschloß. Bereits <strong>in</strong> ihren Anfängen<br />

übernahmen die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die Anschauung,<br />

daß dem Menschen mit se<strong>in</strong>er Erschaffung die Möglichkeit zu<br />

ewigem Leben gegeben war, daß er aber durch die Sünde<br />

sterblich wurde.<br />

In <strong>der</strong> Ausgabe des „Review and Herald“ vom 26. September<br />

1854 ist e<strong>in</strong> Brief von John By<strong>in</strong>gton, dem späteren<br />

ersten Präsidenten <strong>der</strong> Generalkonferenz, abgedruckt. Er<br />

enthält e<strong>in</strong>e gute Darstellung <strong>der</strong> adventistischen Auffassung<br />

über die Natur und Bestimmung des Menschen: „Gottes<br />

Heiligkeit und Wohlwollen s<strong>in</strong>d unermeßlich. In se<strong>in</strong>er Güte<br />

schuf er e<strong>in</strong> Wesen, das Teilhaber se<strong>in</strong>er Segensgaben se<strong>in</strong><br />

konnte. Gottes Güte fand ihren Ausdruck dar<strong>in</strong>, daß er den<br />

Menschen nach se<strong>in</strong>em Bilde erschuf und ihn befähigte, den<br />

Schöpfer zu erkennen und mit ihm Geme<strong>in</strong>schaft zu pflegen.<br />

Der Mensch ist als Geschöpf e<strong>in</strong> abhängiges Wesen.<br />

Deshalb ist es wohlbegründet, daß er unter <strong>der</strong> Herrschaft<br />

se<strong>in</strong>es Schöpfers bleibt. Gott gab ihm e<strong>in</strong> Gesetz, das se<strong>in</strong>en<br />

Willen für den Menschen enthält. Wird e<strong>in</strong> Gesetz e<strong>in</strong>em mit<br />

Freiheit und Vernunft begabten Wesen gegeben, so ist damit<br />

die Möglichkeit zum Gehorsam wie zum Ungehorsam e<strong>in</strong>geschlossen.<br />

Der Mensch muß die Möglichkeit haben, sich<br />

bewähren zu können. Das wie<strong>der</strong>um erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>en Tag <strong>der</strong><br />

Rechenschaft o<strong>der</strong> des Gerichts.“<br />

By<strong>in</strong>gton deutet die Aussage „zum Bilde Gottes erschaffen“<br />

so, daß <strong>der</strong> Mensch damit die Fähigkeit erlangte,<br />

175


Grundbegriffe von A-Z<br />

Gott „zu erkennen und mit ihm Geme<strong>in</strong>schaft zu haben“. Der<br />

Mensch erhielt e<strong>in</strong>en freien Willen „sowohl zum Gehorsam wie<br />

zum Ungehorsam“. Der Brief schließt mit e<strong>in</strong>er Beschreibung<br />

des künftigen gesegneten Lebens <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit Gott,<br />

auf das sich <strong>der</strong> Mensch freuen soll: „Der Böse und all se<strong>in</strong>e<br />

Werke werden ausgetilgt werden. Dann ist <strong>der</strong> Fluch von <strong>der</strong><br />

Erde genommen. Gott hat e<strong>in</strong> gere<strong>in</strong>igtes Universum mit e<strong>in</strong>em<br />

Geschlecht vernunftbegabter Wesen, die ihn auf ewig preisen<br />

und verherrlichen werden.“<br />

Nach dem Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

haben alle Menschen nach Adam e<strong>in</strong>e sündige Natur, ohne<br />

zwangsläufig dem Hang zur Sünde ausgeliefert zu se<strong>in</strong>. Die<br />

Auffassung, daß <strong>der</strong> Mensch die Schuld für Adams Übertretung<br />

erbte, wird im adventistischen Schrifttum entwe<strong>der</strong> abgelehnt<br />

o<strong>der</strong> gar nicht behandelt.<br />

Auch die Me<strong>in</strong>ung, daß <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung von<br />

sterblichem Körper und unsterblicher Seele sei, halten <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

für e<strong>in</strong>e Spekulation, die heidnischer<br />

Philosophie entsprungen ist und im Wi<strong>der</strong>spruch zur Lehre <strong>der</strong><br />

Bibel steht. R. F. Cottrell schrieb im „Review and Herald“ vom<br />

22. November 1853: „Die Römer kannten die Lehre vom<br />

Fegefeuer und von <strong>der</strong> Unsterblichkeit <strong>der</strong> Seele, ehe sie etwas<br />

vom Christentum hörten. Wer das bezweifelt, braucht nur bei<br />

Vergil und an<strong>der</strong>en antiken Autoren nachzulesen ... Wir wissen,<br />

daß die heidnischen Philosophen schon seit alter Zeit die<br />

Unsterblichkeit <strong>der</strong> Seele lehrten. Ich kann es nicht mit Sicherheit<br />

sagen; wahrsche<strong>in</strong>lich wurde sie aber schon zur Zeit<br />

Salomos gelehrt.“<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> lehnen es ab, im Menschen<br />

lediglich e<strong>in</strong> biologisches Lebewesen zu sehen, weil das nach<br />

ihrer Me<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>e Herabsetzung <strong>der</strong> Würde des Menschen ist,<br />

<strong>der</strong> doch „zum Bilde Gottes“ erschaffen wurde. Sie glauben<br />

nicht, daß sich <strong>der</strong> Mensch nur durch e<strong>in</strong>en höher organisierten<br />

Körper vom Tier unterscheidet. Nach Aussage <strong>der</strong> Heiligen<br />

Schrift ist <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>e<br />

176


Grundbegriffe von A-Z<br />

E<strong>in</strong>heit, die sich auf drei Se<strong>in</strong>sebenen bewegt (1. Thess. 5, 23).<br />

Was muß unter Geist, Seele und Leib verstanden werden?<br />

„Se<strong>in</strong>e Psyche umfaßt die Gesamtheit <strong>der</strong> Funktionen<br />

se<strong>in</strong>es <strong>in</strong>neren Lebens (Fühlen, Wollen, Wahrnehmen, Denken).<br />

Sie ist ganz und gar physiologisch mit dem Leib verwachsen<br />

und hat /außer ihm ke<strong>in</strong>en Bestand. Daß <strong>der</strong> Mensch Geist<br />

hat, deutet aber darauf h<strong>in</strong>, daß er mit se<strong>in</strong>em Se<strong>in</strong> noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e Dimension gehört. Geist ist nicht Intellekt, auch nicht<br />

Vernunft – dafür hat das Neue Testament e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Bezeichnung,<br />

nämlich das griechische Wort „nous“ –, Intellekt und<br />

Vernunft s<strong>in</strong>d Funktionen <strong>der</strong> Seele. Geist dagegen bedeutet<br />

die Personenhaftigkeit des Menschen im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Verantwortlichkeit<br />

vor Gott, se<strong>in</strong> Du-se<strong>in</strong> vor Gott.“ (Biblisch-Theologisches<br />

Wörterbuch zur Lutherbibel, S. 169) Ke<strong>in</strong>e Schriftstelle aber<br />

besagt, daß <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>e ihm eigene Unsterblichkeit hat.<br />

In den philosophischen Diskussionen über Geist/Leib<br />

bzw. Materie/Geist g<strong>in</strong>g man <strong>in</strong> alter Zeit davon aus, daß <strong>der</strong><br />

Leib bzw. die Materie böse, <strong>der</strong> Geist aber gut sei. Diese<br />

Auffassung ist dem biblischen Denken fremd. Nach <strong>der</strong> Bibel ist<br />

Gott <strong>der</strong> Schöpfer aller D<strong>in</strong>ge. Alles, was er schuf, nennt er<br />

„gut“ (vgl. 1. Mose 1, 10. 12. 18. 21. 25.31). Das Gute kann<br />

jedoch mißbraucht werden, weil <strong>der</strong> Mensch, dem die Herrschaft<br />

über die Schöpfung übertragen wurde, auch die Freiheit<br />

<strong>der</strong> Entscheidung hat. Da <strong>der</strong> Mensch das Böse wählte,<br />

gerieten se<strong>in</strong> physisches Leben wie se<strong>in</strong>e geistigen Fähigkeiten<br />

unter die Herrschaft <strong>der</strong> Sünde:<br />

Siehe:Geist, Schöpfung, Seele<br />

MICHAEL DER ERZENGEL<br />

„Michael, <strong>der</strong> Erzengel“ ist Name und Titel e<strong>in</strong>es himmlischen<br />

Wesens. In Judas 9 wird von ihm berichtet, daß er mit dem<br />

Teufel über den Leichnam Moses stritt. Michael wird auch <strong>in</strong><br />

Dan. 10, 13. 21; 12, 1 erwähnt, und zwar als<br />

177


Grundbegriffe von A-Z<br />

Name e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> „Engelfürsten“ <strong>der</strong> Juden, <strong>der</strong> Gabriel am Hofe<br />

Persiens zur Seite gestanden hat. Er alle<strong>in</strong> teilte mit Gabriel das<br />

Wissen über künftiges Geschehen und sollte am Ende <strong>der</strong><br />

Zeiten Daniels Volk von se<strong>in</strong>en Fe<strong>in</strong>den erretten.<br />

Aus dem Textzusammenhang geht hervor, daß Michael<br />

e<strong>in</strong> himmlisches Wesen ist. Nach Offb. 12, 7 standen die<br />

Engelheere <strong>in</strong> dem großen Kampf im Himmel, <strong>der</strong> zur Ausstoßung<br />

Luzifers und se<strong>in</strong>er Engel führte, unter dem Befehl<br />

Michaels. Se<strong>in</strong> Name wird stets im Zusammenhang mit dem<br />

Kampf gegen Satan erwähnt. Clemens von Alexandria,<br />

Origenes und Didymus me<strong>in</strong>en, daß Judas 9 Bezug nimmt auf<br />

e<strong>in</strong>e Anführung aus <strong>der</strong> pseudoepigraphischen Schrift (d. h.<br />

e<strong>in</strong>e dem Verfasser fälschlich zugeschriebenen Schrift)<br />

„Himmelfahrt des Mose“. In den noch erhaltenen Teilen dieser<br />

Schrift ist jedoch e<strong>in</strong>e solche Aussage nicht zu f<strong>in</strong>den.<br />

Die Anhänger Millers und auch an<strong>der</strong>e sahen <strong>in</strong> dem Erzengel<br />

Michael Jesus Christus. In e<strong>in</strong>er Auslegung zu Dan. 12, 1<br />

schrieb William Miller 1840: „Michael muß <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

Christus bedeuten. Er ist <strong>der</strong> große Fürst, <strong>der</strong> Fürst<br />

aller Fürsten.“ Von an<strong>der</strong>n Auslegern werden drei wesentliche<br />

Gründe dafür angeführt, daß Michael nur e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Name für<br />

Christus ist:<br />

1. Die Aussage <strong>in</strong> Judas 9;<br />

2. die Stimme Christi ist nach 1. Thess. 4,16 die Stimme des<br />

Erzengels;<br />

3. Michael wird e<strong>in</strong> Fürst genannt (Dan. 12, 1), und das trifft<br />

offensichtlich auf Christus zu (Jes. 9, 5-6; Hes. 37,25; Dan.<br />

8, 25; 9, 25; Apg. 5, 30-31).<br />

Viele <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> haben von jeher <strong>in</strong><br />

dem Fürsten Michael Christus gesehen. Auf Grund dieser und<br />

an<strong>der</strong>er Schriftstellen kamen sie zu <strong>der</strong> Oberzeugung, daß<br />

Michael ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er als Christus ist, <strong>der</strong> als „Erzengel“ nicht<br />

nur höchster Engel unter se<strong>in</strong>esgleichen ist, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

Herrscher aller himmlischen Heerscharen. Er ist ihnen unendlich<br />

überlegen. Nach 1. Thess. 4, 16 wird die Stimme<br />

178


Grundbegriffe von A-Z<br />

des Erzengels erschallen, wenn Christus hernie<strong>der</strong>kommt, um<br />

die verstorbenen Gerechten aufzuerwecken. Nach Joh. 5, 25-<br />

29 ist es aber die Stimme Christi, des Sohnes Gottes, die die<br />

Toten ruft.<br />

Der Name Michael bedeutet soviel wie: „Wer ist wie<br />

Gott?“ Satan hatte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Aufruhr die Göttlichkeit und die<br />

Hoheitsrechte Christi angegriffen. Angesichts dieser beiden<br />

Tatsachen ist <strong>der</strong> Name Michael, <strong>der</strong> stets im Zusammenhang<br />

mit dem Kampf gegen Satan erwähnt wird, beson<strong>der</strong>s zutreffend.<br />

OFFENBARUNG, AUSLEGUNG DES<br />

BUCHES<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> vertreten im Gegensatz zu<br />

an<strong>der</strong>en Kirchen e<strong>in</strong>e heilsgeschichtliche o<strong>der</strong> historische<br />

Auslegung <strong>der</strong> Offenbarung. Nach ihrer Auffassung reichen die<br />

Prophezeiungen samt ihren Erfüllungen durch das ganze<br />

christliche Zeitalter bis h<strong>in</strong> zum Ende <strong>der</strong> Zeiten. Der Inhalt <strong>der</strong><br />

Offenbarung kann wie folgt geglie<strong>der</strong>t werden:<br />

1. E<strong>in</strong>führung (Kap. 1);<br />

2. die sieben Geme<strong>in</strong>den (Kap. 2,3);<br />

3. die sieben Siegel (Kap. 4-8, 1);<br />

4. die sieben Posaunen (Kap. 8, 2 – Kap. 11);<br />

5. <strong>der</strong> endzeitliche Kampf zwischen gut und böse (Kap. 12-<br />

20);<br />

6. die neue Erde (Kap. 21-22, 5);<br />

7. Schlußwort (Kap. 22, 6-21).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen <strong>in</strong> diesen Weissagungen<br />

e<strong>in</strong>e „Offenbarung Jesu Christi“ (Kap. 1, 1) und legen sie <strong>in</strong><br />

heilsgeschichtlichem S<strong>in</strong>n aus. Sie s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Oberzeugung, daß<br />

sich Jesus Christus <strong>in</strong> den geschichtlichen Ereignissen des<br />

christlichen Zeitalters offenbart hat und dabei das Ziel verfolgt,<br />

e<strong>in</strong> Reich <strong>der</strong> Gerechtigkeit aufzurichten. In den drei prophetischen<br />

Abrissen über die Geme<strong>in</strong>den, die Siegel und Posaunen<br />

sehen sie sieben Geschichtsab-<br />

179


Grundbegriffe von A-Z<br />

schnitte. Dabei entsprechen die Geme<strong>in</strong>den und Siegel<br />

annähernd e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>; sie reichen von <strong>der</strong> apostolischen Zeit bis<br />

zur Wie<strong>der</strong>kunft Christi. Die sieben Posaunen umfassen e<strong>in</strong>e<br />

etwas kürzere Periode.<br />

Die Weissagungen über die sieben Geme<strong>in</strong>den bezogen<br />

sich zuerst auf wirklich bestehende christliche Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> römischen Prov<strong>in</strong>z Asien. Darüber h<strong>in</strong>aus veranschaulichen<br />

diese sieben Geme<strong>in</strong>den sieben aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>folgende Perioden<br />

<strong>der</strong> Kirchengeschichte. Die Botschaft an die Geme<strong>in</strong>de<br />

Ephesus bezieht sich auf das apostolische Zeitalter, die an<br />

Smyrna auf die Zeit <strong>der</strong> Verfolgung <strong>der</strong> Christen durch die<br />

Römer bis h<strong>in</strong> zu Kaiser Konstant<strong>in</strong>, die an Pergamus auf den<br />

großen Abfall, <strong>der</strong> im Papsttum se<strong>in</strong>en Höhepunkt erreichte, die<br />

an Thyatira auf die Zeit <strong>der</strong> päpstlichen Vorherrschaft von<br />

Kaiser Just<strong>in</strong>ian bis zur Reformation, die an Sardes auf die<br />

Kirchen <strong>der</strong> Reformation und die Folgezeit, die an Philadelphia<br />

auf die Erweckungs- und Adventbewegung des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

und die an Laodicea auf die christliche Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong><br />

Gegenwart Deshalb schreiben <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> <strong>der</strong><br />

Botschaft an die Geme<strong>in</strong>de Laodicea (Kap. 3, 14-22) beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung zu. In <strong>der</strong> Deutung <strong>der</strong> Weissagungen über die<br />

sieben Siegel und die sieben Posaunen folgen sie im großen<br />

und ganzen <strong>der</strong> Interpretation früherer Ausleger. Das 4. Kapitel<br />

bildet den Rahmen für die Weissagungen <strong>der</strong> sieben Siegel, die<br />

mit Kapitel 5 e<strong>in</strong>geleitet werden. Im ersten Siegel (Kap. 6, 1. 2)<br />

sieht man e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis auf das apostolische Zeitalter, im<br />

zweiten (V. 3. 4) auf die Christenverfolgung durch die Römer,<br />

im dritten (V. 5,6) auf die Zeit des Abfalls, die ihren Abschluß <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Herausbildung des Papsttums fand, im vierten (V. 7. 8) auf<br />

das Mittelalter als <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> päpstlichen Vorherrschaft, im<br />

fünften (V. 9-11) auf die protestantische Reformation, im<br />

sechsten (V. 12-17) auf die Neuzeit und im siebenten (Kap. 8,<br />

1) auf Christi Wie<strong>der</strong>kunft. Das zwischen dem sechsten und<br />

siebenten Siegel e<strong>in</strong>geschobene 7. Kapitel beschreibt die<br />

Versiegelung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Übrigen,<br />

180


Grundbegriffe von A-Z<br />

um sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> großen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung zwischen gut und<br />

böse unantastbar zu machen.<br />

Die ersten vier Posaunen (Kap. 8, 7-13) werden ausgelegt<br />

als Gottes Gerichte über das Weströmische Reich, und<br />

zwar auf die Invasion <strong>der</strong> Westgoten, <strong>der</strong> Vandalen, <strong>der</strong><br />

Hunnen und <strong>der</strong> Heruler. Die fünfte Posaune (Kap. 9, 1-12) wird<br />

auf den E<strong>in</strong>bruch <strong>der</strong> Sarazenen <strong>in</strong> das Oströmische Reich und<br />

die sechste Posaune (V. 13-21) auf die Invasion <strong>der</strong> Osmanischen<br />

Türken bezogen. Ähnlich wie Kapitel 7 zwischen das<br />

sechste und siebente Siegel, so werden Kap. 10 und 11, 1-14<br />

zwischen die sechste und siebente Posaune e<strong>in</strong>geschoben.<br />

Wie beim 7. Kapitel sieht man auch hier vor allem e<strong>in</strong>en<br />

H<strong>in</strong>weis auf die Neuzeit. Der „starke Engel“, <strong>der</strong> „<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand<br />

e<strong>in</strong> Büchle<strong>in</strong>“ hält (Kap. 10, 1. 2), wird auf die Entsiegelung <strong>der</strong><br />

Weissagungen Daniels während <strong>der</strong> großen Adventbewegung<br />

im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t gedeutet, und Kap. 10, 11-11, 2 auf die<br />

Betonung des himmlischen Heiligtums durch die <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. In den „zwei Zeugen“ von Kapitel 11, 3-12<br />

wird auf das Alte und das Neue Testament h<strong>in</strong>gewiesen und<br />

damit auf den Kampf gegen die Bibel, zuerst durch das<br />

Papsttum bis h<strong>in</strong> zur Zeit <strong>der</strong> Französischen Revolution. Wie<br />

das siebente Siegel weist auch die siebente Posaune (Kap. 11,<br />

15-19) h<strong>in</strong> auf die Wie<strong>der</strong>kunft Christi.<br />

Die Kapitel 12 bis 20 stellen e<strong>in</strong>e zusammenhängende<br />

Weissagung dar und beschreiben den Gang <strong>der</strong> Ereignisse<br />

während <strong>der</strong> großen eschatologischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

zwischen gut und böse.<br />

Das 12. Kapitel ist e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>leitung zu dieser ausführlichen<br />

prophetischen Beschreibung und zeigt den Versuch Satans,<br />

Christus zu vernichten, und se<strong>in</strong>e Fe<strong>in</strong>dschaft gegen die<br />

frühchristliche Kirche (V. 1-5). Er verfolgt Gottes Volk 1260<br />

Jahre lang (1260 prophetische Tage o<strong>der</strong> dreie<strong>in</strong>halb Zeiten<br />

o<strong>der</strong> 42 Monate; siehe Verse 6. 14; Kap. 11, 2; 13, 5) während<br />

<strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> päpstlichen Vorherrschaft. Offb. 12, 7-12 schil<strong>der</strong>t<br />

Christi Sieg über Luzifer (den Drachen) im<br />

181


Grundbegriffe von A-Z<br />

Himmel. Daran schließt sich e<strong>in</strong>e Warnung vor <strong>der</strong> großen<br />

eschatologischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung an (V. 17), die <strong>in</strong> den<br />

Kapiteln 13 bis 20 ausführlich dargestellt wird. So gibt das 12.<br />

Kapitel den historischen Rahmen für die letzte große Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung,<br />

<strong>in</strong> dem sich über die Jahrhun<strong>der</strong>te erstreckenden<br />

Kampf zwischen Christus und Satan.<br />

Das wie e<strong>in</strong> Panther aussehende Tier von Kapitel 13, 1-<br />

10. 18 wird auf das Papsttum gedeutet, beson<strong>der</strong>s auf die Zeit<br />

nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung von e<strong>in</strong>er „tödlichen Wunde“ 1798.<br />

Im lammartigen Tier (V. 11-17) werden so wie im „falschen<br />

Propheten“ (Kap. 19, 20) die Vere<strong>in</strong>igten Staaten gesehen,<br />

wobei <strong>der</strong> Nachdruck auf e<strong>in</strong>em noch zukünftigen abgefallenen<br />

Protestantismus liegt, <strong>der</strong> durch das „Bild des Tieres“ (V. 15)<br />

veranschaulicht wird. Unter den <strong>in</strong> Kap. 14, 1-5 beschriebenen<br />

144 000 versteht man diejenigen, die über das „Tier“ und se<strong>in</strong><br />

„Bild“ von Kap. 13 den Sieg erlangen.<br />

Die Drei-Engel-Botschaften von Kap. 14, 6-12 werden als<br />

die Adventbewegung des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts gedeutet. Diese<br />

Botschaften aller Welt zu verkündigen, betrachten <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> als ihren Auftrag. Die Verse 14 bis 20<br />

beschreiben das Kommen Christi mit den Wolken des Himmels<br />

und die Ernte <strong>der</strong> Welt.<br />

Die Kap. 15-19 beleuchten die Ereignisse, die auf den<br />

Abschluß <strong>der</strong> Gnadenzeit folgen und h<strong>in</strong>führen zum zweiten<br />

Kommen Christi, durch das se<strong>in</strong> Volk befreit wird von den<br />

Fe<strong>in</strong>den, die es vernichten wollen. Kap. 15 ist <strong>der</strong> Auftakt zu<br />

den sieben letzten Plagen von Kap. 16. Sie s<strong>in</strong>d Gottes<br />

Heimsuchungen über e<strong>in</strong>e verstockte, unbußfertige Welt. Mit<br />

<strong>der</strong> siebenten Plage (V. 17-21) greift Gott selber e<strong>in</strong> und<br />

zerschlägt das s<strong>in</strong>nbildliche Babylon <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er dreifachen<br />

Gestalt. (V. 13. 14)<br />

Kap. 17 ist als nähere Beschreibung e<strong>in</strong>er großen religiös-politischen<br />

Verschwörung zu verstehen. Die Hure Babylon<br />

stellt e<strong>in</strong>e abgefallene Religion dar; das siebenköpfige und<br />

zehnhörnige Tier, auf dem sie sitzt, verkörpern politische<br />

Mächte auf Erden, die sich ebenfalls dem Ziel ver-<br />

182


Grundbegriffe von A-Z<br />

schreiben, Gottes Volk zu vernichten. Wenn die Könige auf<br />

Erden den Kampf mit Christus, „dem Lamm“, aufnehmen, wird<br />

das Lamm sie überw<strong>in</strong>den (V. 14), und sie ihrerseits werden<br />

Babylon zerstören (V. 12-17).<br />

Kap. 18 ist e<strong>in</strong>e bildhafte Beschreibung von Gottes Endgericht<br />

über „Babylon, die große“ (V. 2). Die Verse 1-4 enthalten<br />

Gottes letzten Ruf an se<strong>in</strong> Volk (<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong><br />

Botschaft <strong>der</strong> drei Engel von Kap. 14, 6-11), aus Babylon<br />

auszugehen, damit es nicht mit schuldig wird an ihren Sünden<br />

und nicht teilhaben muß an ihrer Strafe.<br />

Kap. 19, 1-6 beschreibt den mächtigen Jubelgesang, mit<br />

dem Gott für se<strong>in</strong>en Sieg über „Babylon, die große“ gepriesen<br />

wird. Die Verse 7-9 laden die Überw<strong>in</strong><strong>der</strong> auf Erden e<strong>in</strong>, an dem<br />

großen Abendmahl im Himmel teilzunehmen, das den Beg<strong>in</strong>n<br />

<strong>der</strong> ewigen Herrschaft Christi <strong>in</strong> Gerechtigkeit kennzeichnet. In<br />

anschaulichen Worten wird <strong>in</strong> den Versen 11-21 Christi Sieg<br />

über alle irdischen Mächte bei se<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>kunft geschil<strong>der</strong>t.<br />

Kap. 20 führt die Ereignisse weiter bis zu den Tausend<br />

Jahren, wenn die Erde verwüstet liegt und die Erlösten mit<br />

Christus im Himmel s<strong>in</strong>d. Nach den Tausend Jahren kommen<br />

Christus, die Erlösten und das neue Jerusalem herab auf die<br />

Erde. Die Heilsverächter (Gog und Magog genannt) werden<br />

auferweckt. Sie greifen die Stadt an. Schließlich aber sitzt<br />

Christus als Richter über die Unbußfertigen aller Zeiten zu<br />

Gericht und loscht sie aus. Kap. 21, 1. bis 22, 5 beschreibt die<br />

neue Erde als die ewige Heimat <strong>der</strong> Erlösten.<br />

Im Schlußabschnitt wird <strong>der</strong> Leser auf den Ernst <strong>der</strong><br />

Weissagung h<strong>in</strong>gewiesen: „... denn die Zeit ist nahe“ (Kap. 22,<br />

10). In V. 20 f<strong>in</strong>det die Sehnsucht <strong>der</strong> gläubigen Geme<strong>in</strong>de<br />

ergreifenden Ausdruck: „Es spricht, <strong>der</strong> solches bezeugt: Ja, ich<br />

komme bald. Amen, ja komm, Herr Jesus!“ Da Gottes Plan mit<br />

<strong>der</strong> Menschheit noch nicht zum Abschluß gekommen ist, läßt<br />

die heilsgeschichtliche Deutung des prophetischen Wortes <strong>der</strong><br />

Offenbarung Raum für wachsende Erkenntnis.<br />

183


Grundbegriffe von A-Z<br />

Siehe: Harmagedon, Hun<strong>der</strong>tvierundvierzigtausend, Lauter Ruf,<br />

Malzeichen des Tieres, Siegel Gottes, Tausend Jahre, Zahl des<br />

Tieres<br />

ÖKUMENE<br />

I. Begriff<br />

Ökumene bedeutet im allgeme<strong>in</strong>en „die ganze Christenheit“; im<br />

beson<strong>der</strong>en wird dieser Begriff auf den Ökumenischen Rat <strong>der</strong><br />

Kirchen und alle se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtungen und Tätigkeiten bezogen.<br />

Unter Ökumenismus h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d alle Bestrebungen zur<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> christlichen E<strong>in</strong>heit zu verstehen, auch unabhängig<br />

vom Okumenischen Rat (daher gibt es z. B. e<strong>in</strong>en<br />

katholischen Ökumenismus). Das Fremdwort Ökumene“<br />

stammt von griechisch oikoumene, die bewohnte Erde, die<br />

ganze Welt o<strong>der</strong> auch das Römische Reich. Im Neuen Testament<br />

wird oikoumene 15mal gebraucht (z. B. Matth. 24, 14;<br />

Luk. 2, 1; Offb. 16, 14). Im außerbiblischen, heidnisch-antiken<br />

Schrifttum wird z. B. Nero als „Heiland und Wohltäter <strong>der</strong><br />

oikoumene“ gefeiert. Die großen, das ganze Reich umfassenden<br />

Kirchenversammlungen des 4. und 5. Jahrhun<strong>der</strong>ts (z. B.<br />

Nicäa 325, Chalcedon 451) werden Ökumenische Konzile<br />

genannt. Seit dem 6. Jahrhun<strong>der</strong>t gibt es den Ökumenischen<br />

Patriarchen von Konstant<strong>in</strong>opel. Nach dem Zusammenbruch<br />

<strong>der</strong> römischen Reichskirche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Völkerwan<strong>der</strong>ung tritt <strong>der</strong><br />

Begriff Ökumene <strong>in</strong> <strong>der</strong> europäischen Christenheit <strong>in</strong> den<br />

H<strong>in</strong>tergrund. Erst die Reformation verwendet ihn wie<strong>der</strong>, und<br />

zwar im S<strong>in</strong>ne von „die ganze Christenheit“. So nennt Nikolaus<br />

Selnedcer 1575 die grundlegenden altkirchlichen Glaubensbekenntnisse<br />

„ökumenisch“. Zu e<strong>in</strong>em Zentralbegriff des kirchlichen<br />

und des Geisteslebens schlechth<strong>in</strong> wird Ökumene im<br />

19./20. Jahrhun<strong>der</strong>t im Zusammenhang mit <strong>der</strong>. Entstehung<br />

und Ausbreitung <strong>der</strong> ökumenischen Bewegung.<br />

184


Grundbegriffe von A-Z<br />

II. Die ökumenische Bewegung<br />

Mit dem Übergang <strong>der</strong> kapitalistischen Gesellschaft <strong>in</strong> die<br />

imperialistische Phase nahmen die Kontakte zwischen den<br />

Kont<strong>in</strong>enten zu. Das ermöglichte auch e<strong>in</strong> Zusammenschließen<br />

<strong>der</strong> Kirchen (seit 1867 Lambeth-Konferenzen <strong>der</strong> anglikanischen<br />

Bischöfe, 1875 Gründung des Reformierten Weltbundes)<br />

und im beson<strong>der</strong>en, daß <strong>der</strong> Christenheit e<strong>in</strong>erseits die<br />

konfessionellen Unterschiede schärfer bewußt werden,<br />

an<strong>der</strong>erseits aber die Frage nach <strong>der</strong>en S<strong>in</strong>n gestellt wird und<br />

das Gefühl <strong>der</strong> Zusammengehörigkeit wächst.<br />

Mit dem 19. Jahrhun<strong>der</strong>t beg<strong>in</strong>nt das Missionszeitalter:<br />

Viele christliche Kirchen, die bis dah<strong>in</strong> vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> getrennt<br />

lebten, begegnen sich auf dem Missionsfeld. Die Frage wird<br />

laut, ob die Spaltungen des Christentums die Mission nicht<br />

hemmen. So ist es nicht erstaunlich, daß im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

gerade aus Missionskreisen starke ökumenische Antriebe<br />

kommen.<br />

1. Entstehung und Ausbreitung<br />

1846 gründeten <strong>in</strong> London 800 Christen aus 52 evangelischen<br />

Kirchen und Geme<strong>in</strong>schaften die Evangelische Allianz. Sie<br />

wollte und will we<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Son<strong>der</strong>kirche noch e<strong>in</strong> Kirchenbund<br />

se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e übernationale, freiwillige Verb<strong>in</strong>dung<br />

e<strong>in</strong>zelner evangelischer Christen zur Pflege des Bru<strong>der</strong>gedankens.<br />

Die Evangelische Allianz besteht heute <strong>in</strong> zwei Zusammenschlüssen,<br />

<strong>der</strong> britisch-amerikanischen, fundamentalistisch<br />

geprägten World Evangelical Fellowship, und <strong>der</strong> europäischen<br />

Evangelischen Allianz. Die Allianz, obwohl Pionier <strong>der</strong> ökumenischen<br />

Bewegung, ist <strong>in</strong> unserem Jahrhun<strong>der</strong>t von <strong>der</strong><br />

Ökumene stark überflügelt worden.<br />

Die theologische Basis <strong>der</strong> Evangelischen Allianz lädt<br />

entschiedene bibelgläubige Christen e<strong>in</strong> und stellt im ganzen<br />

e<strong>in</strong>e glückliche Verb<strong>in</strong>dung reformatorischer und pietistischer<br />

Anliegen dar. Auffallend ist, daß die Lehre von <strong>der</strong> Unsterblichkeit<br />

<strong>der</strong> Seele vertreten wird. Zwar fehlt <strong>in</strong><br />

185


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong> 1970 verabschiedeten neuen Fassung <strong>der</strong> theologischen<br />

Basis die entsprechende Wendung, doch sche<strong>in</strong>t die Allianz <strong>in</strong><br />

ihrer Mehrheit an <strong>der</strong> Seelenlehre festzuhalten. (s. F. Laubach,<br />

Aufbruch <strong>der</strong> Evangelikalen, S. 46 ff) 0. Eggenberger weist auf<br />

den „E<strong>in</strong>satz für die Sonntagsheiligung“ h<strong>in</strong>. („Religion <strong>in</strong><br />

Geschichte und Gegenwart“, 1/1957, Sp. 244) Das Verhältnis<br />

zur Ökumene ist nicht e<strong>in</strong>deutig: Es reicht von Zustimmung bis<br />

zur Ablehnung.<br />

Als starke ökumenische Triebkräfte erwiesen, sich die aus<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Allianz hervorgegangenen Organisationen<br />

(vor allem <strong>der</strong> Weltbund <strong>der</strong> Christlichen Vere<strong>in</strong>e Junger<br />

Männer 1855, <strong>der</strong> Studentenmissionsbund. 1886 und <strong>der</strong><br />

Christliche Studentenweltbund 1895) sowie die <strong>in</strong>ternationalen<br />

Missionskonferenzen (die bedeutendste Ed<strong>in</strong>burgh 1910), aus<br />

denen <strong>der</strong> Internationale Missionsrat hervorg<strong>in</strong>g. Bereits <strong>in</strong> den<br />

fünfziger Jahren des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts sprach Henri Dunant, <strong>der</strong><br />

Grün<strong>der</strong> des Roten Kreuzes, von <strong>der</strong> ökumenischen Bes<strong>in</strong>nung<br />

im Christlichen Vere<strong>in</strong> Junger Männer.<br />

Unter dem starken E<strong>in</strong>druck <strong>der</strong> Ed<strong>in</strong>burgher Konferenz<br />

plante <strong>der</strong> anglikanische Missionsbischof Charles Brent als<br />

ersten Schritt zur „Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Kirchen“ e<strong>in</strong>e<br />

Konferenz über Fragen des Glaubens und <strong>der</strong> Kirchenverfassung.<br />

Wegen des 1. Weltkrieges konnte er se<strong>in</strong> Vorhaben erst<br />

1927 verwirklichen. Die erste „Weltkirchenkonferenz für<br />

Glauben und Kirchenverfassung“ (Faith and Or<strong>der</strong>) richtete von<br />

Lausanne aus den Ruf an die Christenheit: „Gott will die<br />

E<strong>in</strong>heit!“<br />

Gleichlaufend zu diesen Bemühungen versuchte <strong>der</strong> lutherische<br />

schwedische Erzbischof Nathan Sö<strong>der</strong>blom <strong>in</strong><br />

praktischer H<strong>in</strong>sicht auf <strong>der</strong> Ebene christlicher Lebensführung<br />

die Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung voranzutreiben. 1919 bereits, auf e<strong>in</strong>er<br />

Tagung des unmittelbar vor Kriegsausbruch gegründeten<br />

„Weltbundes für Freundschaftsarbeit <strong>der</strong> Kirchen“ (ihm g<strong>in</strong>g es<br />

um Versöhnung und Verständnis unter den Völkern) wurde<br />

unter dem E<strong>in</strong>druck <strong>der</strong> Pläne Sö<strong>der</strong>bloms e<strong>in</strong>e Bewegung für<br />

„Praktisches Christentum“ <strong>in</strong>s Leben<br />

186


Grundbegriffe von A-Z<br />

gerufen. 1925 fand <strong>in</strong> Stockholm die erste „Weltkirchenkonferenz<br />

für Praktisches Christentum“ (Life and Work) statt. Die<br />

Notlage <strong>der</strong> Welt sei so brennend, hieß es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Verlautbarung,<br />

daß man nicht erst bis zur E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lehre warten<br />

könne. Beide Konferenzen führten zu Fortsetzungsausschüssen,<br />

Studientagungen, neuen Weltkirchenkonferenzen für<br />

„Glauben und Kirchenverfassung“ und „Praktisches Christentum“.<br />

Mehr und mehr rückten beide Zweige zusammen, hatten<br />

sie doch die gleiche grundlegende Zielsetzung und weitgehend<br />

denselben Teilnehmerkreis. 1937 wurde <strong>in</strong> Ed<strong>in</strong>burgh (Faith<br />

and Or<strong>der</strong>) und Oxford (Life and Work) beschlossen, die Arbeit<br />

zu vere<strong>in</strong>en und die Bildung e<strong>in</strong>es „Ökumenischen Rates <strong>der</strong><br />

christlichen Kirchen“ vorzubereiten. Auch diesmal blockierten<br />

politische Entwicklungen die Verwirklichung, obwohl schon<br />

während des 2. Weltkrieges e<strong>in</strong> „Vorläufiger Ausschuß des<br />

Ökumenischen Rates“ an Kriegsgefangenen und Flüchtl<strong>in</strong>gen<br />

segensreich wirkte.<br />

Auf <strong>der</strong> Weltkirchenkonferenz <strong>in</strong> Amsterdam 1948 gründeten<br />

147 Kirchen aus 44 Nationen den Ökumenischen Rat <strong>der</strong><br />

Kirchen (World Council of Churches; auf das eigentlich<br />

beabsichtigte „ecumenical“ statt „world“ wurde verzichtet, weil<br />

council im Englischen Rat und Konzil bedeutet und das<br />

Mißverständnis e<strong>in</strong>es „ökumenischen Konzils“ vermieden<br />

werden sollte).<br />

Weitere Vollversammlungen des Ökumenischen Rates<br />

fanden statt <strong>in</strong> Evanston/USA 1954, Neu-Delhi 1961 und<br />

Uppsala 1968. 1974 gehörten zur Ökumene 271 Kirchen:<br />

hauptsächlich die traditionellen evangelischen und die orthodoxen,<br />

neuerd<strong>in</strong>gs auch Pf<strong>in</strong>gstkirchen. Das Sekretariat des<br />

Ökumenischen Rates hat se<strong>in</strong>en Sitz <strong>in</strong> Genf.<br />

2. Zielsetzung des Ökumenischen Rates<br />

Zwei offizielle Dokumente umreißen das Wesen <strong>der</strong> Ökumene:<br />

die „theologische Basis“ und die „Toronto-Erklärung“. Ursprünglich<br />

verstand sich <strong>der</strong> Ökumenische Rat als e<strong>in</strong>e „Geme<strong>in</strong>schaft<br />

von Kirchen, die unseren Herrn Jesus<br />

187


Grundbegriffe von A-Z<br />

Christus als Gott und Heiland anerkennen“. Diese Basis wurde<br />

auf Wunsch <strong>der</strong> russisch-orthodoxen Kirchen 1961 erweitert<br />

und lautet nun: „Der Ökumenische Rat <strong>der</strong> Kirchen ist e<strong>in</strong>e<br />

Geme<strong>in</strong>schaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus<br />

gemäß <strong>der</strong> Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und<br />

darum geme<strong>in</strong>sam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen s<strong>in</strong>d,<br />

zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen<br />

Geistes.“ Aus <strong>der</strong> Erklärung des Zentralausschusses des<br />

Ökumenischen Rates über „Die Kirche, die Kirchen und <strong>der</strong><br />

Ökumenische Rat“, Toronto 1950, seien folgende Kernsätze<br />

zitiert: „Der Ökumenische Rat <strong>der</strong> Kirchen ist ke<strong>in</strong>e ,Überkirche‘<br />

und darf niemals e<strong>in</strong>e werden ... Die Mitgliedskirchen erkennen<br />

an, daß die Mitgliedschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche Christi umfassen<strong>der</strong> ist<br />

als die Mitgliedschaft <strong>in</strong> ihrer eigenen Kirche ... Trotzdem folgt<br />

aus <strong>der</strong> Mitgliedschaft nicht, daß jede Kirche die an<strong>der</strong>en<br />

Mitgliedskirchen als Kirchen im wahren und vollen S<strong>in</strong>ne des<br />

Wortes ansehen muß ... Aus <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Mitgliedschaft<br />

im Ökumenischen Rat ergibt sich ..., daß die Mitgliedskirchen ...<br />

sich solcher Handlungen enthalten, die zu ihren brü<strong>der</strong>lichen<br />

Beziehungen im Wi<strong>der</strong>spruch stehen würden ...“ Wesentlich ist<br />

ferner, daß <strong>der</strong> Okumenische Rat ke<strong>in</strong>e Weisungsbefugnisse<br />

für die Mitgliedskirchen hat. Ergebnisse se<strong>in</strong>er Beratungen<br />

müssen, wenn sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kirche verb<strong>in</strong>dlich gelten sollen, von<br />

dieser noch e<strong>in</strong>mal übernommen werden. Obwohl dies selten<br />

geschieht, haben ökumenische Richtl<strong>in</strong>ien als solche schon<br />

starkes Gewicht, und sie werden meist auch ohne ausdrückliche<br />

Beschlüsse akzeptiert. Kurz: Der Ökumenische Rat ist e<strong>in</strong>e<br />

Geme<strong>in</strong>schaft selbständiger Kirchen, die mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> die<br />

christliche E<strong>in</strong>heit herstellen o<strong>der</strong> doch sichtbar machen wollen.<br />

III. Katholizismus und Ökumene<br />

Die römisch-katholische Kirche stand <strong>der</strong> Ökumene lange Zeit<br />

schroff ablehnend gegenüber. Papst Pius Xl. verbot <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Enzyklika „Mortalium animos“ 1928 die Teilnahme an<br />

188


Grundbegriffe von A-Z<br />

ökumenischen Tagungen und bezeichnete die Rückkehr <strong>der</strong><br />

Getrennten als e<strong>in</strong>zigen Weg zur Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung. Noch<br />

1954 hatte Pius XII. katholischen Beobachtern verboten, auch<br />

nur das Stadtgebiet von Evanston zu betreten. Mit dem<br />

Amtsantritt Johannes XXIII. 1958 erfolgte die aufsehenerregende<br />

Wende, begann <strong>der</strong> „ökumenische Aufbruch“ <strong>der</strong> katholischen<br />

Kirche. Zwar ist sie nicht Mitglied des Ökumenischen<br />

Rates geworden, und nach Erklärungen Papst Pauls Vl. und<br />

hoher Würdenträger ist auf absehbare Zeit mit e<strong>in</strong>er Mitgliedschaft<br />

nicht zu rechnen, doch das Klima hat sich grundlegend<br />

gewandelt. Aus Irrlehrern und Ketzern s<strong>in</strong>d „getrennte Brü<strong>der</strong>“,<br />

aus <strong>der</strong> Konfrontation (Gegnerschaft) ist e<strong>in</strong>e Kooperation<br />

(Zusammenarbeit) geworden.<br />

Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung s<strong>in</strong>d die Ständige Arbeitsgruppe<br />

katholischer und „ökumenischer“ Theologen, die<br />

Mitarbeit vieler Katholiken <strong>in</strong> ökumenischen Gremien (vorerst<br />

seltene), ökumenische Gottesdienste (von Katholiken und<br />

Orthodoxen: mit Eucharistie, von Katholiken und Protestanten:<br />

nur als Wortgottesdienste), Besuche des Papstes und von<br />

Führern <strong>der</strong> Ökumene <strong>in</strong> Genf und Rom.<br />

Wie <strong>der</strong> ökumenische Aufbruch <strong>der</strong> katholischen Kirche<br />

zu bewerten ist, erhellen die offiziellen Dokumente, vor allem<br />

die Kirchenkonstitution und das Ökumenismusdekret des II.<br />

Vatikanischen Konzils 1962 bis 1965. Sie bilden die theologische<br />

Grundlage des katholischen Ökumenismus: Die im<br />

sogenannten apostolischen Glaubensbekenntnis genannte<br />

Kirche „hat ihre konkrete Existenzform <strong>in</strong> <strong>der</strong> katholischen<br />

Kirche“ (alle Zitate aus den beiden genannten Dokumenten),<br />

aber „außerhalb ihres Gefüges“ seien „vielfältige Elemente <strong>der</strong><br />

Heiligung und <strong>der</strong> Wahrheit zu f<strong>in</strong>den“ – die allerd<strong>in</strong>gs „auf die<br />

katholische E<strong>in</strong>heit h<strong>in</strong>drängen“. Nur römische Katholiken seien<br />

„Vollmitglie<strong>der</strong>“ <strong>der</strong> Kirche, aber mit allen getauften Christen<br />

„weiß sich die Kirche aus mehrfachem Grunde verbunden“.<br />

Solche Gründe seien die <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Kirchen enthaltenen<br />

„Elemente <strong>der</strong> Heiligung und <strong>der</strong> Wahrheit“, z. B. die Hochschätzung<br />

189


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong> Bibel, das Vorhandense<strong>in</strong> auch an<strong>der</strong>er Sakramente als <strong>der</strong><br />

Taufe, das Bischofsamt, die Marienverehrung usw. Nach dem<br />

Maß des Vorhandense<strong>in</strong>s solcher Elemente richte sich das Maß<br />

an Verbundenheit. Während Orthodoxie und anglikanische<br />

Kirche als „Kirche“ gelten, s<strong>in</strong>d die an<strong>der</strong>en nur „kirchliche<br />

Geme<strong>in</strong>schaften“. Die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche sei<br />

zwar für alle, die die Erkenntnis besitzen, heilsnotwendig, doch<br />

gebrauche <strong>der</strong> Geist Christi „die getrennten Kirchen und<br />

Geme<strong>in</strong>schaften ... als Mittel des Heiles“. Der Anspruch,<br />

außerhalb <strong>der</strong> katholischen Kirche sei ke<strong>in</strong> Heil, ist e<strong>in</strong>geschränkt,<br />

wenngleich die E<strong>in</strong>schränkung selbst wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

mehrfacher Weise abgeschwächt wird – an<strong>der</strong>e Kirchen hätten<br />

nicht die „Fülle <strong>der</strong> Heilsmittel“; ohneh<strong>in</strong> leite sich <strong>der</strong>en<br />

Wirksamkeit von <strong>der</strong> <strong>der</strong> katholischen Kirche „anvertrauten<br />

Fülle <strong>der</strong> Gnade und Wahrheit“ her; jene bei den an<strong>der</strong>en<br />

Kirchen vorhandenen „Elemente“ seien sogar Ausdruck <strong>der</strong><br />

Sehnsucht nach <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit unter dem Papst; und schließlich<br />

müßten alle Kirchen und Geme<strong>in</strong>schaften <strong>der</strong> römischkatholischen<br />

Kirche „völlig e<strong>in</strong>geglie<strong>der</strong>t werden“. Die katholische<br />

Kirche anerkennt zwar, daß auch sie sich an<strong>der</strong>n und<br />

erneuern müsse; davon werden aber das Papsttum und alle<br />

Dogmen unbed<strong>in</strong>gt ausgenommen. Worauf es ankomme, sei<br />

e<strong>in</strong>e bessere Darstellung des katholischen Glaubens, „auf e<strong>in</strong>e<br />

Weise und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sprache, die auch von den getrennten<br />

Brü<strong>der</strong>n wirklich verstanden werden kann. Dabei dürfe die<br />

Lehre nicht angetastet werden.<br />

IV. Ökumene und Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong><br />

Die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> gehört – wie<br />

die konservativ-evangelikalen, (von <strong>der</strong> Erweckung des 18./19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts geprägten und an <strong>der</strong> Bibel als Gottes Wort<br />

festhaltenden) Kirchen im allgeme<strong>in</strong>en – dem Ökumenischen<br />

Rat nicht an. Zwar hält auch sie die endlosen Spaltungen <strong>der</strong><br />

Christenheit für e<strong>in</strong>e Tragödie und stimmt darum dem Ziel <strong>der</strong><br />

Ökumene, <strong>der</strong> christlichen E<strong>in</strong>-<br />

190


Grundbegriffe von A-Z<br />

heit, von Herzen zu, sie betrachtet aber <strong>der</strong>en Weg mit Fragen<br />

und Sorgen. Die Ökumene weist mit Recht h<strong>in</strong> auf das hohepriesterliche<br />

Gebet Jesu <strong>in</strong> Joh. 17, vor allem auf V. 21a: „... auf<br />

daß sie alle e<strong>in</strong>s seien“. Jesus verb<strong>in</strong>det aber die E<strong>in</strong>heit mit <strong>der</strong><br />

Heiligung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrheit (V. 17), mit dem E<strong>in</strong>swerden mit Ihm<br />

(V. 21b). Die Bitte um die E<strong>in</strong>heit V. 21a kann nur richtig<br />

verstanden werden im Textzusammenhang <strong>der</strong> Verse 17 bis<br />

21. E<strong>in</strong>heit und Heiligung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrheit, E<strong>in</strong>heit untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

und E<strong>in</strong>heit mit dem Herrn bed<strong>in</strong>gen sich gegenseitig. Die<br />

vertikale E<strong>in</strong>heit darf von <strong>der</strong> horizontalen nicht getrennt<br />

werden. Dieser Gefahr aber sche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> Ökumenische Rat<br />

zuzusteuern.<br />

Dazu kommt e<strong>in</strong> zweites: Ökumenische Theologen neigen<br />

dazu, <strong>in</strong> den vielen Kirchen und Konfessionen lediglich<br />

verschiedene Wirkungen e<strong>in</strong> und desselben Lichtes zu sehen –<br />

vergleichbar den Sonnenstrahlen, die auf verschiedenfarbige<br />

Glasscheiben fallen. Jede Farbe absorbiert e<strong>in</strong>en Teil des<br />

Lichtes, leitet es bruchstückhaft weiter. Die vollkommene<br />

Lichtfülle wäre erreicht, wenn alle Scheiben <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Fenster<br />

e<strong>in</strong>gefügt werden. Tatsächlich kann das ökumenische E<strong>in</strong>heitsmodell<br />

mit <strong>der</strong> Formel wie<strong>der</strong>gegeben werden: E<strong>in</strong>heit<br />

durch Addition. Dabei wird jedoch übersehen, daß – um bei<br />

unserem Bild zu bleiben – zwei Sche<strong>in</strong>werfer tätig s<strong>in</strong>d: Auch<br />

<strong>der</strong> Böse, <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>sacher, wirkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirchengeschichte. Das<br />

prophetische Wort <strong>der</strong> Bibel warnt vor e<strong>in</strong>er christlich maskierten<br />

antichristlichen Weltmachtkirche (2. Kor. 11, 13 f.; 2. Thess.<br />

2, 3 f.; Offb. 2, 18 ff; 13, 1 ff; 17, 1 ff). Trennung kann um des<br />

Evangeliums willen nötig se<strong>in</strong>, o<strong>der</strong> äußere Trennung folgt aus<br />

<strong>der</strong> vorangegangenen <strong>in</strong>neren, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Wahrheit. Die<br />

Ökumene müßte die Realität des Abfalls und gerade dessen<br />

eschatologischen (endgeschichtlichen) Gesichtspunkt stärker<br />

bedenken. Die theologische Basis von 1961 ist zu schmal<br />

(we<strong>der</strong> auf die Zehn Gebote noch auf die Advent- und Reichshoffnung<br />

ist h<strong>in</strong>gewiesen) und zudem von <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

Theologie, e<strong>in</strong>er Theologie <strong>der</strong> Interpretation<br />

191


Grundbegriffe von A-Z<br />

(e<strong>in</strong>es neuen Bibelverständnisses) ausgehöhlt. Darum kann die<br />

Basis ihrer Filterfunktion nicht genügen. Das ökumenische<br />

E<strong>in</strong>heitsmodell entspricht kaum <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift so scharf<br />

gezeichneten Wirklichkeit von Welt und Kirche. Die pr<strong>in</strong>zipielle<br />

adventistische Kritik beruht auf drei konkreten Beobachtungen.<br />

Die Mitgliedschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ökumene be<strong>in</strong>haltet faktisch den<br />

Verkündigungs- und Missionsverzicht gegenüber den Mitgliedskirchen,<br />

ja die Zustimmung zum – wie<strong>der</strong>um faktischen –<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Gebietsaufteilung. Von e<strong>in</strong>er Mitgliedskirche des<br />

Ökumenischen Rates wird stillschweigend erwartet, daß sie<br />

sich je<strong>der</strong> evangelistischen und missionarischen Arbeit an<br />

Glie<strong>der</strong>n an<strong>der</strong>er Mitgliedskirchen enthält. Daniel T. Niles,<br />

engagierter ökumenischer Theologe, schreibt: „Während des<br />

vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts hat die missionarische Bewegung als<br />

bestes Arbeitsübere<strong>in</strong>kommen zur Oberw<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />

Existenz getrennter Kirchen gegebenen Nachteile den Grundsatz<br />

<strong>der</strong> Gebietsaufteilung angenommen.“ Niles hält zwar<br />

dieses Pr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart für fragwürdig und möchte es<br />

eher durch „Vere<strong>in</strong>barungen über Zusammenarbeit“ ersetzt<br />

sehen, schlägt aber vor, „zur Vermeidung von Rivalitäten das<br />

Gebietspr<strong>in</strong>zip vorläufig“ beizubehalten. (Feuer auf Erden,<br />

Stuttgart 1962, s. 196) Peter Me<strong>in</strong>hold bestätigt, das neue<br />

Verhältnis zwischen den evangelischen Kirchen und <strong>der</strong><br />

Orthodoxie sei wesentlich darauf zurückzuführen, „daß die<br />

römisch-katholische Kirche ebenso wie die protestantische<br />

Kirche ihre Missionsarbeit <strong>in</strong> den Gebieten <strong>der</strong> orthodoxen<br />

Christenheit aufgegeben hat. Die orthodoxen Kirchen haben<br />

diese ,Proselytenmacherei‘ stets auf das schärfste verurteilt und<br />

ihr Aufhören als die Vorbed<strong>in</strong>gung für jedes ökumenische<br />

Gespräch bezeichnet ... E<strong>in</strong>e Voraussetzung für e<strong>in</strong>e gedeihliche<br />

Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten besteht allerd<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Orthodoxie, daß jede Art von Mission<br />

protestantischer Missionsgesellschaften ... <strong>in</strong> orthodoxen<br />

Gebieten aufhören müsse.“ (Ök. Kirchenkunde, Stuttgart 1962,<br />

S. 184, 187)<br />

192


Grundbegriffe von A-Z<br />

Die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> kann<br />

unter Proselytismus nur e<strong>in</strong>e pervertierte, entartete Mission<br />

verstehen, die Anwendung von psychischem o<strong>der</strong> materiellem<br />

Druck.<br />

Wir erkennen dankbar an, daß die Ökumene die Konfessionen<br />

zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>geführt und <strong>in</strong>s Gespräch mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

gebracht hat. Doch ökumenische Diskussion ist ke<strong>in</strong> Ersatz für<br />

Mission (zumal im Blick auf Volkskirchen). E<strong>in</strong>mal fehlt <strong>der</strong><br />

Diskussion <strong>der</strong> letzte Ernst (<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verkündigung eigen), zum<br />

an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d mit dem <strong>in</strong>nerchristlichen Missionsverzicht<br />

verbunden erschwerte, die Entscheidungsfreiheit des e<strong>in</strong>zelnen<br />

e<strong>in</strong>engende Übertrittsbed<strong>in</strong>gungen; schließlich reduziert die<br />

bloße Diskussion <strong>in</strong> ökumenischen Gremien die Breite <strong>der</strong><br />

Verkündigung. Fritz Laubach berichtet aus den USA: „Soweit<br />

Evangelikale <strong>in</strong>nerhalb des National Council of Churches<br />

mitwirken, beklagen sie sich, ,daß sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em konzilianten<br />

Ökumenismus gefangen seien und sich wie ausmanövriert<br />

vorkämen‘.“ (Aufbruch <strong>der</strong> Evangelikalen, Wuppertal 1972, S.<br />

67) E<strong>in</strong> gesamtchristliches geistliches Wachstum o<strong>der</strong>, biblisch<br />

gesprochen: die Heiligung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrheit, das E<strong>in</strong>swerden mit<br />

Jesus Christus – <strong>in</strong> Wechselbeziehung zum horizontalen<br />

E<strong>in</strong>heitsbemühen – setzt voraus une<strong>in</strong>geschränkte Verkündigungs-<br />

und Missionsfreiheit aller Kirchen, une<strong>in</strong>geschränkte<br />

Konversionsfreiheit (das Recht, die Konfession selbst zu<br />

wählen) jedes E<strong>in</strong>zelchristen. Jede Kirche sollte diesen<br />

Anspruch erheben dürfen und ihn je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en zubilligen.<br />

„Man darf <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ökumene die Tatsache nicht übersehen, daß<br />

e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> vitalsten und am meisten dynamischen Elemente<br />

kirchlicher Geschichte eher aus unbequemem Dissentertum<br />

hervorgegangen s<strong>in</strong>d als aus bequemer Zustimmung und<br />

Wahrung des status quo.“ (B. B. Beach, Ök. Rundschau“ 1974,<br />

S. 205 ff) (Anmerkung: engl. „dissenters“ = An<strong>der</strong>sdenkende)<br />

Die Ökumene wird von e<strong>in</strong>er vielfältigen, ja zwiespältigen<br />

Motivation gespeist. Am bedenklichsten ersche<strong>in</strong>t uns das<br />

Frontdenken, die Absicht, gegenüber <strong>der</strong> Woge des Un-<br />

193


Grundbegriffe von A-Z<br />

glaubens e<strong>in</strong>e Art christlicher o<strong>der</strong> schon <strong>in</strong>terreligiöser Front<br />

aufzubauen. Christliche E<strong>in</strong>heit darf nicht Angste<strong>in</strong>heit o<strong>der</strong><br />

Selbstbehauptung se<strong>in</strong>. So entschieden das Motiv, e<strong>in</strong>e<br />

christliche E<strong>in</strong>heitsfront gegen den Atheismus zu schaffen, auch<br />

zurückgewiesen werden muß, so darf an<strong>der</strong>erseits die Lauterkeit<br />

des Wollens vieler ökumenischer Persönlichkeiten nicht<br />

bezweifelt werden.<br />

Die Ökumene wird <strong>in</strong> zunehmendem Maße von <strong>der</strong> neurationalistischen<br />

Theologie gespeist. Offiziell gibt es ke<strong>in</strong>e<br />

„Theologie des Ökumenischen Rates“. Doch die <strong>in</strong> den<br />

ökumenischen Stäben, Instituten und Ausschüssen wirkenden<br />

Theologen br<strong>in</strong>gen mehr o<strong>der</strong> weniger stark die <strong>in</strong> ihren Kirchen<br />

herrschenden theologischen Positionen <strong>in</strong> ihre Arbeit und damit<br />

<strong>in</strong> die Verlautbarungen des Rates e<strong>in</strong>.<br />

Kennzeichnend ist die Säkularisierung so zentraler Begriffe<br />

wie Heil (als soziales Wohlergehen) und Hoffnung (nämlich<br />

auf die fortschreitende Humanisierung <strong>der</strong> Welt) und daraus<br />

resultierend von Mission und Evangelisation (als Dialog und<br />

soziale o<strong>der</strong> politische Aktion). So verstehen Vertreter e<strong>in</strong>es<br />

ausgesprochenen „Säkularökumenismus“ die Ökumene als<br />

Modell e<strong>in</strong>es künftigen Weltstaates, e<strong>in</strong>er Menschengeme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>in</strong> Frieden und Sicherheit und als Ergebnis menschlichen<br />

Bemühens. Die theologische Entwicklung <strong>der</strong> Ökumene läßt e<strong>in</strong><br />

Zurück h<strong>in</strong>ter die Reformation befürchten und die Frage<br />

dr<strong>in</strong>glich ersche<strong>in</strong>en, wie die Ökumene dem weltweiten<br />

Synkretismus (Religionsvermischung) begegnen will.<br />

Von <strong>der</strong> biblischen Prophetie her halten es die <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> und nichtadventistische Evangelikale für<br />

möglich, daß <strong>der</strong> Ökumene die Überw<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Trennungen<br />

im Protestantismus und die Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung mit Rom gel<strong>in</strong>gt,<br />

daß schließlich e<strong>in</strong>e Welte<strong>in</strong>heitskirche o<strong>der</strong> ihr ähnliche<br />

Körperschaft, gestützt auf politische Macht, sich gegen alle<br />

„Außenseiter“ und „Störenfriede“ wenden wird.<br />

Die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> steht<br />

194


Grundbegriffe von A-Z<br />

zwar außerhalb des Ökumenischen Rates, aber nicht abseits.<br />

Sie hält e<strong>in</strong> gettoartiges Sichabkapseln nicht nur für unmöglich,<br />

son<strong>der</strong>n auch für unverantwortlich. Die Vielschichtigkeit <strong>der</strong><br />

Ökumene, die Vielfalt und Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> <strong>in</strong> ihr<br />

wirkenden Kräfte verbietet es, sie zu ignorieren, erlaubt aber<br />

genausowenig e<strong>in</strong> Mitgehen. Der Mitchrist braucht uns, und wir<br />

brauchen ihn; wir wollen uns nicht von ihm fort, son<strong>der</strong>n zu ihm<br />

h<strong>in</strong> bewegen. Grundsätzlich gilt: Die <strong>in</strong> Christus vorgegebene,<br />

doch unsichtbare ökumenische Geme<strong>in</strong>de aller Christen wird <strong>in</strong><br />

dem Maße sichtbar werden, äußere Gestalt gew<strong>in</strong>nen, wie wir<br />

alle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erkenntnis des eigentlichen Wesens <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

Jesu Christi und <strong>der</strong> ihr aufgetragenen biblischen Wahrheit<br />

wachsen. Es geht nicht um E<strong>in</strong>heit schlechth<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n um<br />

e<strong>in</strong>e echte, geistgewirkte E<strong>in</strong>heit –um e<strong>in</strong>en auf Gottes Wort<br />

gegründeten Ökumenismus. Die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> kann sich von ihrem Auftrag, <strong>der</strong> ganzen Welt<br />

– e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> ganzen Christenheit – Gottes letzte<br />

Botschaft (Offb. 14, 6-12) zuzurufen, nicht selbst befreien; sie<br />

sucht den schmalen Weg zwischen unfruchtbarer Isolierung auf<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en und <strong>der</strong> Mitgliedschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ökumene mit daraus<br />

resultieren<strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung jenes Verkündigungsauftrages<br />

und ihres Selbstverständnisses auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Auf<br />

diesem Wege eröffnen sich viele, noch nicht ausgeschöpfte<br />

Möglichkeiten des Gedankenaustausches und <strong>der</strong> Zusammenarbeit.<br />

PRÄDESTINATION<br />

Nach biblischem Verständnis ist Prädest<strong>in</strong>ation (Vorausbestimmung)<br />

die vor Grundlegung <strong>der</strong> Welt (Eph. 1, 4) von Gott<br />

getroffene Vorkehrung zur Erlösung des Menschen und <strong>der</strong><br />

göttliche Wunsch, daß alle Menschen gerettet werden. Nach<br />

verbreiteter calv<strong>in</strong>istischer Auffassung jedoch bedeutet<br />

Prädest<strong>in</strong>ation die Überzeugung, daß bestimmte Menschen<br />

durch e<strong>in</strong>en verme<strong>in</strong>tlichen Beschluß<br />

195


Grundbegriffe von A-Z<br />

von seiten Gottes zum Heil, alle an<strong>der</strong>n aber zur ewigen<br />

Verdammnis bestimmt s<strong>in</strong>d. Die calv<strong>in</strong>istische Theologie spricht<br />

im ersten Fall von Erwählung und im zweiten Fall von Verwerfung.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> aber bekennen sich zur<br />

Prädest<strong>in</strong>ation im biblischen S<strong>in</strong>n und lehnen die calv<strong>in</strong>istische<br />

Interpretation von e<strong>in</strong>er doppelten Vorherbestimmung ab.<br />

Nach allgeme<strong>in</strong>em Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> hat Gott e<strong>in</strong> umfassendes Vorherwissen aller<br />

Ereignisse – <strong>der</strong> Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Weil<br />

er den Fall Satans und den unsrer ersten Eltern voraussah,<br />

legte er e<strong>in</strong>en Plan zur Erlösung. Danach sollte Christus<br />

stellvertretend für die schuldige Menschheit e<strong>in</strong>treten (Joh. 3,<br />

16; 1. Petr. 1, 19. 20) und se<strong>in</strong>e Gnade allen Menschen als<br />

Geschenk anbieten (Tit. 2, 11; 2. Tim. 1, 9). Gott will, daß alle<br />

Menschen diese angebotene Gnade und die Gabe des ewigen<br />

Lebens annehmen (1. Tim. 2, 3. 4; 2. Petr. 3, 9; Hes. 33, 11).<br />

Infolge des Sündenfalles haben alle Menschen seit Adam<br />

e<strong>in</strong>e sündige Natur, die sowohl die Neigung zur Sünde wie alle<br />

Folgen <strong>der</strong> Sünde mit e<strong>in</strong>schließt. Durch die Sünde kam <strong>der</strong><br />

Tod <strong>in</strong> die Welt (Röm. 5, 12), Christus jedoch starb, damit wir<br />

das Leben haben (Joh. 3, 16; Röm. 5, 18). Am Kreuz erwirkte<br />

er das Heil für alle Menschen als e<strong>in</strong>e freie Gabe. Heute lädt er<br />

noch e<strong>in</strong>, diese Gabe anzunehmen, und gibt sie jedem, <strong>der</strong> sie<br />

annehmen will (Joh. 1, 12; Eph. 2, 8; Offb. 22, 17).<br />

Des Menschen freier Wille ist e<strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong> Faktor<br />

für se<strong>in</strong> persönliches Schicksal. Gott stellt dem Menschen die<br />

Folgen von Gehorsam und Ungehorsam deutlich vor Augen<br />

und for<strong>der</strong>t den Sün<strong>der</strong> auf, Gehorsam zu üben und damit das<br />

Leben zu wählen (5. Mose 30, 19; Jos. 24, 15; Jes. 1, 16. 20;<br />

Offb. 22, 17). Es besteht aber auch für e<strong>in</strong>en Gläubigen, <strong>der</strong> die<br />

Gnade bereits empfangen hat, die Gefahr, wie<strong>der</strong> abzufallen<br />

und verlorenzugehen (Gal. 5, 4; Hebr. 6, 4-6; 10, 29).<br />

Gott kann die Entscheidung e<strong>in</strong>es jeden voraussehen,<br />

196


Grundbegriffe von A-Z<br />

aber se<strong>in</strong> Vorherwissen legt nicht fest, wie unsere Entscheidung<br />

ausfällt. Der wesentliche Irrtum <strong>der</strong> calv<strong>in</strong>istischen Theologie<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Prädest<strong>in</strong>ation besteht dar<strong>in</strong>, daß sie die klaren<br />

Zusicherungen <strong>der</strong> Heiligen Schrift über die Bedeutung <strong>der</strong><br />

menschlichen Entscheidung für das Heil jedes e<strong>in</strong>zelnen außer<br />

acht läßt. Nach <strong>der</strong> Bibel besteht die Prädest<strong>in</strong>ation <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>deutigen Absicht Gottes, alle zu retten, die sich für den<br />

Glauben an Christus entscheiden (Joh. 1, 12; Eph. 1, 4-10).<br />

In <strong>der</strong> frühchristlichen Zeit vertraten die Lehre vom freien<br />

Willen Tatian (um 160), Irenäus (130 bis 200) und Tertullian<br />

(160-220). Origenes (158-254) war e<strong>in</strong> heftiger Gegner <strong>der</strong><br />

absoluten Prädest<strong>in</strong>ation. Der Kirchenvater August<strong>in</strong> lehrte <strong>der</strong><br />

Sache nach e<strong>in</strong>e doppelte Prädest<strong>in</strong>ation, zum Heil und zur<br />

Verdammnis. Während Calv<strong>in</strong> ihm dar<strong>in</strong> folgte, betonte Luther<br />

lediglich die „e<strong>in</strong>fache“ Prädest<strong>in</strong>ation: <strong>der</strong> Glaube sei alle<strong>in</strong><br />

Gottes Werk. Die logische Folgerung, daß Gott dann auch für<br />

den Unglauben verantwortlich sei, lehnte er als vermessen ab.<br />

Wer verlorengeht, sei selbst daran schuld. Der logische<br />

Wi<strong>der</strong>spruch zeige, daß wir <strong>in</strong> die Geheimnisse <strong>der</strong> Majestät<br />

Gottes nicht e<strong>in</strong>zudr<strong>in</strong>gen vermögen. Arm<strong>in</strong>ius (1560-1609)<br />

verwarf die calv<strong>in</strong>istische Auffassung und unterstrich die<br />

Wichtigkeit <strong>der</strong> freien, persönlichen Glaubensentscheidung.<br />

Die Auffassung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> über die<br />

Prädest<strong>in</strong>ation entspricht <strong>in</strong> ihrer Betonung <strong>der</strong> Verantwortlichkeit<br />

des Menschen weitgehend <strong>der</strong> arm<strong>in</strong>ianischen, <strong>in</strong> ihrer<br />

Überzeugung, daß <strong>der</strong> Glaube Gabe Christi sei, <strong>der</strong> lutherischen<br />

Tradition.<br />

Dieses Verständnis wurde <strong>in</strong> treffen<strong>der</strong> Weise von Uriah<br />

Smith dargestellt. Er bemerkt dazu folgendes: „Es ist wahr, daß<br />

die Bibel die Prädest<strong>in</strong>ation lehrt, aber wir glauben nicht, daß<br />

sie es <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n tut, wie die heutige Theologie diesen Begriff<br />

versteht. So wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift dargestellt wird, ist diese<br />

Lehre voll Trost und Erquickung; losgelöst davon aber bewirkt<br />

sie geistliche Lähmung und Verzweiflung. Nach <strong>der</strong> Schrift ist<br />

diese Lehre e<strong>in</strong>e Zusicherung des<br />

197


Grundbegriffe von A-Z<br />

Heils, solange wir <strong>in</strong> fester Verb<strong>in</strong>dung mit Gott bleiben. Die<br />

Theologie aber me<strong>in</strong>t damit e<strong>in</strong> Verhältnis, das unabhängig von<br />

unserm eigenen Willen ist, und e<strong>in</strong> schicksalhaftes Festgelegtse<strong>in</strong><br />

auf e<strong>in</strong> Leben, das wir nicht verlieren, o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Tod, den<br />

wir nicht verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n können.“ (Review and Herald, 22. April<br />

1884)<br />

Zehn Jahre früher hatte Smith geschrieben: „Wenn e<strong>in</strong><br />

Mensch an den Herrn glaubt und an ihm festhält, ist er erwählt.<br />

Immer hat er die Freiheit, zu glauben o<strong>der</strong> nicht zu glauben; er<br />

kann auch den Glauben aufgeben, wenn er will. Solange er<br />

nicht glaubt, ist er nicht erwählt, wenn er aufhört zu glauben,<br />

endet auch se<strong>in</strong>e Erwählung.“ (a. a. O., 24. Februar 1874)<br />

1893 schrieb Smith: „Die Bibel lehrt die Prädest<strong>in</strong>ation,<br />

aber diese Prädest<strong>in</strong>ation gilt nur denen, die <strong>in</strong> Christus s<strong>in</strong>d.<br />

Wer <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit Christus ist und <strong>in</strong> ihm bis zum Ende<br />

bleibt, wird gerettet werden. Er kann unmöglich verlorengehen.<br />

Ke<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zelnen jedoch ist vorausbestimmt, <strong>in</strong> Christus zu<br />

se<strong>in</strong>. Das hängt von <strong>der</strong> Wahl und Entscheidung des e<strong>in</strong>zelnen<br />

ab.“ (a. a. O., 10. Januar 1893)<br />

In e<strong>in</strong>er Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung darüber schrieb M. E. Cornell:<br />

„Wir glauben, Gott hat von Anfang an festgelegt, daß alle,<br />

die ihm gehorchen wollen, gerettet, und alle, die ihm nicht<br />

gehorchen wollen, verlorengehen werden. Die Entscheidung<br />

darüber steht dem Menschen frei ... Gott hat nur vorausbestimmt<br />

und festgelegt, daß alle, die se<strong>in</strong>en Willen tun, gerettet<br />

werden und die an<strong>der</strong>n verlorengehen. In Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

damit wird <strong>der</strong> Mensch aufgefor<strong>der</strong>t, se<strong>in</strong>e Erwählung festzumachen<br />

(2. Petrus 1, 10). Wenn also jemand verlorengeht,<br />

dann geschieht das nicht, weil e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er es so festgelegt und<br />

gewollt hat; denn Gott will, daß alle Menschen gerettet werden.“<br />

(a. a. O., 27. November 1879)<br />

198


Grundbegriffe von A-Z<br />

PRIESTERTUM ALLER GLÄUBIGEN<br />

Unter Priestertum aller Gläubigen ist die Auffassung zu<br />

verstehen, daß sich je<strong>der</strong> Mensch unmittelbar an Gott wenden<br />

kann und dazu ke<strong>in</strong>en vermittelnden Priesterdienst e<strong>in</strong>es<br />

Menschen braucht. Diese Überzeugung bildet e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Grundlehren<br />

<strong>der</strong> protestantischen Reformation und ist die logische<br />

Folgerung aus <strong>der</strong> Gewißheit, alle<strong>in</strong> aus dem Glauben gerettet<br />

zu werden.<br />

Das katholische Sakrament <strong>der</strong> Priesterweihe zieht e<strong>in</strong>e<br />

scharfe Trennungsl<strong>in</strong>ie zwischen dem Stand <strong>der</strong> Laien und <strong>der</strong><br />

Geistlichkeit. Die protestantische Ablehnung des alle<strong>in</strong>igen<br />

Priestertums <strong>der</strong> Geistlichkeit ergab sich zum Teil aus <strong>der</strong><br />

Abweisung <strong>der</strong> Messe, für <strong>der</strong>en Vollzug die Anwesenheit e<strong>in</strong>es<br />

Priesters als unerläßlich gehalten wird. In <strong>der</strong> Regel nehmen<br />

Protestanten davon Abstand, den, <strong>der</strong> das Abendmahl spendet,<br />

als Priester zu bezeichnen.<br />

Die katholische Kirche lehrt, daß e<strong>in</strong> Mensch alle<strong>in</strong> durch<br />

die Kirche Zugang zur göttlichen Gnade hat. Im Gegensatz<br />

dazu glauben die Protestanten, daß dem reuigen Sün<strong>der</strong> die<br />

errettende Gnade durch se<strong>in</strong> eigenes unmittelbares und<br />

persönliches Verhältnis zu Gott und nicht durch die Kirche zuteil<br />

wird. Nach protestantischem Verständnis verkündigt die Kirche<br />

Gottes Gnade und lädt den Sün<strong>der</strong> e<strong>in</strong>, sie anzunehmen. Nach<br />

katholischer Auffassung aber gewährt Gott se<strong>in</strong>e Gnade<br />

ausschließlich durch die Priester <strong>der</strong> Kirche.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> teilen mit den Protestanten<br />

die Auffassung vom Priestertum aller Gläubigen. Während<br />

Luther z. B. den Nachdruck auf das allgeme<strong>in</strong>e Priestertum aller<br />

Menschen legte, betonen <strong>Adventisten</strong> darüber h<strong>in</strong>aus das<br />

Priestertum Christi, zu dem je<strong>der</strong> unmittelbaren Zugang hat.<br />

199


Grundbegriffe von A-Z<br />

RECHTFERTIGUNG<br />

Unter Rechtfertigung ist <strong>der</strong> göttliche Akt <strong>der</strong> Los- und Freisprechung<br />

des reuigen Sün<strong>der</strong>s von se<strong>in</strong>er Sündenschuld und<br />

se<strong>in</strong>e Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>setzung <strong>in</strong> den Stand <strong>der</strong> göttlichen Gnade<br />

geme<strong>in</strong>t. Im Neuen Testament ersche<strong>in</strong>t das Hauptwort<br />

„Rechtfertigung“ (griechisch dikaiosis) <strong>in</strong> Röm. 4, 25 und Röm.<br />

5, 16. 18. Dort wird gesagt, daß die Rechtfertigung durch Christi<br />

stellvertretenden Tod am Kreuz und durch se<strong>in</strong>e Auferstehung<br />

möglich geworden ist. Rechtfertigung schließt auf seiten Gottes<br />

Gnade und auf seiten des Menschen Glauben e<strong>in</strong>. Das Verb<br />

„dikaioo“ bedeutet: rechtfertigen, lossprechen, abrechnen. Es<br />

ersche<strong>in</strong>t im Neuen Testament etwa 40mal, überwiegend <strong>in</strong> den<br />

Briefen des Paulus. Daraus geht hervor, daß die Lehre von <strong>der</strong><br />

Rechtfertigung e<strong>in</strong> Thema ist, mit dem sich Paulus gründlich<br />

befaßt hat. Unser Verhältnis zu Gott <strong>in</strong> diesem Leben und<br />

unsere Hoffnung auf e<strong>in</strong> ewiges Leben hängen von unserer<br />

Rechtfertigung ab.<br />

Im Neuen Testament bedeutet „rechtfertigen“: e<strong>in</strong>en Menschen<br />

für recht o<strong>der</strong> gerecht erklären. In Luk. 7, 29 heißt es:<br />

„Die Zöllner gaben Gott recht“, und <strong>in</strong> Röm. 3, 4 zitiert Paulus:<br />

„Auf daß du gerecht erfunden werdest <strong>in</strong> de<strong>in</strong>en Worten.“ Das<br />

Wort bedeutet ferner: jemanden von e<strong>in</strong>er gegen ihn vorgebrachten<br />

Beschuldigung freisprechen. In diesem S<strong>in</strong>n wird es<br />

von Paulus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Predigt <strong>in</strong> Antiochien (Pisidien) gebraucht:<br />

„Von dem allem, wovon ihr durch das Gesetz des Mose nicht<br />

konntet freigesprochen werden, ist <strong>der</strong> gerechtfertigt, <strong>der</strong> an ihn<br />

(Christus) glaubt“ (Apg. 13, 38.39). Gott rechtfertigt die Sün<strong>der</strong>,<br />

weil er sich <strong>in</strong> Liebe zu ihnen herabneigt und e<strong>in</strong>e gnädige<br />

Absicht mit ihnen verfolgt.<br />

In <strong>der</strong> Rechtfertigung empfängt <strong>der</strong> Mensch nicht aus eigenem<br />

Rechtsanspruch die sittliche Qualität des Gerechtse<strong>in</strong>s<br />

noch wird ihm diese Qualität übertragen. Er wird aber bewahrt<br />

vor dem Todesurteil, das <strong>in</strong>folge se<strong>in</strong>er Übertretung des<br />

Sittengesetzes über ihn verhängt ist. Er wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Stand<br />

versetzt, <strong>der</strong> rechtsgültig ist und ihn<br />

200


Grundbegriffe von A-Z<br />

so bewertet, als hätte er das Gesetz nie mißachtet. Dieser<br />

Stand wird ihm alle<strong>in</strong> durch se<strong>in</strong> neues Verhältnis zu Jesus<br />

Christus zuteil.<br />

Aufrecht erhalten wird er nur, wenn <strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft<br />

mit Christus bleibt. Doch Rechtfertigung umfaßt<br />

noch mehr als nur Begnadigung. Sie gewährt dem Sün<strong>der</strong><br />

Anspruch auf all die Gaben und Segnungen, die eigentlich nur<br />

e<strong>in</strong>em Gerechten zukommen.<br />

Die Juden zur Zeit des Apostels Paulus faßten die Gerechtigkeit<br />

im objektiven S<strong>in</strong>n auf, als e<strong>in</strong>e gesetzliche und<br />

pe<strong>in</strong>lich genaue Beachtung <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen des mosaischen<br />

Gesetzes. Paulus sah die Sache im subjektiven S<strong>in</strong>n als <strong>in</strong>nere<br />

E<strong>in</strong>stellung des Herzens und <strong>der</strong> Ges<strong>in</strong>nung, die zu rechtem<br />

Tun <strong>in</strong> Obere<strong>in</strong>stimmung mit „dem Gesetz“ führt, so wie es<br />

Jesus Christus durch se<strong>in</strong> Leben auf Erden dargestellt und<br />

verherrlicht hat. Wer Jesus Christus als se<strong>in</strong>en Heiland<br />

annimmt, wird von Gott angenommen und lebt nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

neuen Stand, dem <strong>der</strong> Gerechtigkeit Anfänglich ist diese<br />

Gerechtigkeit mehr ideell als wirklich. Sie besteht noch nicht <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> vollkommenen Erfüllung des göttlichen Willens, aber dem<br />

Gerechtfertigten wird von Gott zuerkannt, daß er von ihm<br />

angenommen ist.<br />

Von Anfang bis Ende hängt diese neue Rechtsstellung<br />

vom Glauben ab. E<strong>in</strong> re<strong>in</strong> verstandesmäßiger Glaube reicht<br />

dafür nicht aus; den haben auch die Teufel und zittern (Jak. 2,<br />

19). Auch e<strong>in</strong> bloßes Vertrauen mag oft nicht mehr se<strong>in</strong> als<br />

passive Abhängigkeit von e<strong>in</strong>er höheren Macht. Hier aber geht<br />

es um e<strong>in</strong> rückhaltloses lebendiges Ergreifen e<strong>in</strong>es persönlichen<br />

Heilandes und um e<strong>in</strong> <strong>in</strong>niges Verhältnis zu ihm. Häufig<br />

beschreibt <strong>der</strong> Apostel das Verhältnis des Gerechtfertigten zu<br />

Gott durch Christus mit dem Ausdruck „<strong>in</strong> Christus se<strong>in</strong>“, das<br />

e<strong>in</strong>e tiefe Lebensgeme<strong>in</strong>schaft mit Christus bedeutet (Röm. 8,<br />

1). Darum s<strong>in</strong>d die Gläubigen durch ihren Glauben K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

Gottes (Gal. 3, 26). Sie leben buchstäblich. „<strong>in</strong> Christus“ und<br />

lassen sich leiten von se<strong>in</strong>em Willen. Rechtfertigung wird<br />

niemals<br />

201


Grundbegriffe von A-Z<br />

durch eigene Leistung erlangt – gleichgültig, ob es sich dabei<br />

um Werke handelt, die das mosaische Gesetz o<strong>der</strong> die<br />

kirchliche Gesetzgebung vorschreibt o<strong>der</strong> die sich e<strong>in</strong>er selbst<br />

aufgeladen hat. „Wir wissen, daß <strong>der</strong> Mensch durch des<br />

Gesetzes Werke nicht gerecht wird, son<strong>der</strong>n durch den<br />

Glauben an Christus Jesus“ (Gal. 2, 16; vgl. 3, 11). Rechtfertigung<br />

ist also ke<strong>in</strong> objektives Verhältnis zum gesetzlichen<br />

System e<strong>in</strong>er Sittenlehre <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung, dadurch göttliche<br />

Billigung und Belohnung zu erlangen (vgl. Röm. 4, 6-8; 5, 17-<br />

19). Der Gerechtfertigte wird bei Christi Wie<strong>der</strong>kunft für alle Zeit<br />

bewahrt bleiben vor dem Zorn Gottes (Röm. 5, 9. 10). Gott<br />

rechnet uns den vollkommenen Gehorsam zugute, den unser<br />

Herr während se<strong>in</strong>es Erdenlebens an den Tag legte.<br />

Rechtfertigung schließt die Gabe des Friedens mit Gott<br />

e<strong>in</strong> (Röm. 5, 1). Sie schafft die Voraussetzung für Heiligung und<br />

Verherrlichung und ist lediglich das Mittel, zu e<strong>in</strong>em Ziel zu<br />

gelangen, niemals aber Selbstzweck. Paulus gebraucht<br />

manchmal das Wort „versöhnt“, um e<strong>in</strong>e Erfahrung zu beschreiben,<br />

die <strong>der</strong> Rechtfertigung des Menschen ähnlich ist.<br />

Wenn Gott nicht selbst etwas unternommen hätte, um unsern<br />

Stand zu än<strong>der</strong>n, wäre er gezwungen gewesen, uns als Fe<strong>in</strong>de<br />

zu behandeln.<br />

Das Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> über<br />

die Rechtfertigung brachte James White im „Review and<br />

Herald“ vom 6. Juli 1869 so zum Ausdruck: „Wie kann e<strong>in</strong><br />

Mensch gerecht werden vor Gott? O<strong>der</strong>, um genauer zu fragen:<br />

Wie kann e<strong>in</strong> Sün<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Augen Gottes gerecht dastehen?<br />

Darauf gibt es nur e<strong>in</strong>e Antwort. Gott alle<strong>in</strong> kann Menschen<br />

durch den Glauben ohne Werke rechtfertigen. Wie aber wird e<strong>in</strong><br />

Mensch, <strong>der</strong> so gerechtfertigt worden ist, se<strong>in</strong>e Rechtfertigung<br />

vor Gott aufrechterhalten? Durch e<strong>in</strong>en Glauben, <strong>der</strong> gute<br />

Werke hervorbr<strong>in</strong>gt. Rechtfertigung wird demzufolge, wie<br />

Jakobus betont, durch Glauben und Werke bestätigt.“<br />

Als dieser adventistische Standpunkt hier und da mißverstanden<br />

wurde, antwortete Uriah Smith: „Wer behauptet<br />

202


Grundbegriffe von A-Z<br />

denn, daß wir durch die Werke des Gesetzes gerechtfertigt<br />

werden wollen? Wir bestimmt nicht. Wir stützen uns alle<strong>in</strong> auf<br />

die Rechtfertigung durch den Glauben, und das war von jeher<br />

so ... Me<strong>in</strong>st du nun, die Freiheit zu haben, <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>e Sünde<br />

e<strong>in</strong>willigen zu dürfen, die durch die Zehn Gebote untersagt ist?<br />

Das glaubst du vermutlich genausowenig wie wir. Me<strong>in</strong>st du, du<br />

könntest durch den Glauben gerechtfertigt werden, während du<br />

dich bewußt <strong>der</strong> Sünde h<strong>in</strong>gibst? Gewiß nicht, und wir auch<br />

nicht. Dar- um geht es doch <strong>in</strong> Wirklichkeit bei dieser Frage;<br />

und da s<strong>in</strong>d wir e<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung.“ (Review and Herald, 18. April<br />

1871)<br />

Über die Beziehung von Rechtfertigung und Gehorsam<br />

zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> schrieb D. M. Canright: „Das Evangelium wurde<br />

nicht gegeben, um das Gesetz abzulösen, son<strong>der</strong>n um<br />

Menschen von ihren Sünden, von <strong>der</strong> Übertretung des Gesetzes<br />

zu retten. Daher sollten <strong>der</strong> Glaube an Christus und <strong>der</strong><br />

Gehorsam den Geboten Gottes gegenüber zusammengehören<br />

... Um es deutlich zu machen: Ke<strong>in</strong>esfalls suchen wir durch das<br />

Gesetz gerechtfertigt zu werden, son<strong>der</strong>n durch den Glauben,<br />

so wie es bei Abraham war (Röm. 4, 1-4); und doch halten wir<br />

wie Abraham, <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Gläubigen, das Gesetz.“ (Review<br />

and Herald, 17. März 1874)<br />

E. G. White stellt die Rechtfertigung folgen<strong>der</strong>maßen dar:<br />

„Wenn wir uns ihm (Christus) völlig übergeben, wenn wir ihn als<br />

unsern Heiland annehmen, dann werden wir, mag unser Leben<br />

auch noch so sündig gewesen se<strong>in</strong>, um se<strong>in</strong>etwillen gerecht<br />

geachtet. Christi Wesen tritt an die Stelle unsrer Wesensart;<br />

und wir s<strong>in</strong>d von Gott angenommen, so als ob wir nie gesündigt<br />

hätten.“ (WzC 68) „Die Gerechtigkeit, die uns gerecht spricht,<br />

wird uns zugerechnet, die Gerechtigkeit dagegen, die uns<br />

heiligt, wird uns verliehen. Die e<strong>in</strong>e schenkt uns Anspruch auf<br />

den Himmel, die an<strong>der</strong>e macht uns tauglich für ihn.“ „Wenn <strong>der</strong><br />

Sün<strong>der</strong> glaubt, daß Christus se<strong>in</strong> persönlicher Heiland ist, dann<br />

vergibt ihm Gott entsprechend se<strong>in</strong>er Verheißung alle<br />

203


Grundbegriffe von A-Z<br />

Sünde und rechtfertigt ihn. Der bußfertige Mensch erkennt, daß<br />

er gerechtfertigt wurde, weil Christus, se<strong>in</strong> Stellvertreter und<br />

Bürge, für ihn starb und ihm zur Versöhnung und Gerechtigkeit<br />

geworden ist.“ (SM I, 367)<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß die Rechtfertigung<br />

alle<strong>in</strong> durch den Glauben geschieht. Sie s<strong>in</strong>d aber auch<br />

überzeugt, daß e<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> durch den Glauben gerechtfertigt<br />

worden ist, danach verlangt, die Vollkommenheit Christi, wie<br />

sie im göttlichen Sittengesetz zum Ausdruck kommt, zum<br />

Vorbild se<strong>in</strong>er Lebensführung zu machen. Das sieht er jedoch<br />

nicht als e<strong>in</strong> Mittel zur Rechtfertigung an, son<strong>der</strong>n es ist für ihn<br />

die Folge davon und entspr<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> Dankbarkeit für Gottes<br />

unendliche Gabe <strong>der</strong> Liebe (Joh. 15, 10).<br />

Siehe: Bekehrung, Gerechtigkeit durch den Glauben, Gericht,<br />

Gesetz, Glaube und Werke, Versöhnung, Wie<strong>der</strong>geburt<br />

REICH GOTTES<br />

In <strong>der</strong> Bibel bedeutet „Reich Gottes“ vor allem die königliche<br />

Herrschaft. Gottes, die nach Aussage des Neuen Testaments<br />

durch Jesus Christus ausgeübt wird. Das Reich Gottes war<br />

auch Hauptthema <strong>der</strong> Verkündigung Jesu, wie sie <strong>in</strong> den<br />

synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) dargestellt<br />

wird. Die ersten Predigten Jesu (Matth. 4, 17; Luk. 4, 43), die<br />

Bergpredigt (Matth. 5-7), se<strong>in</strong>e frühen Gleichnisse (Matth. 13)<br />

und se<strong>in</strong>e Worte beim Abendmahl (Luk. 22, 29. 30) weisen h<strong>in</strong><br />

auf das Reich Gottes.<br />

Im Alten Testament f<strong>in</strong>det sich dieser Begriff nicht, obgleich<br />

„Reich“ <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Gott fast immer auf dessen<br />

Vollmacht und königliche Herrschaft deutet (Ps. 22, 29; 45, 7;<br />

103, 19; 145, 11-13; Dan. 4, 31; 6, 27). Der Ausdruck „Reich<br />

Gottes“ ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> den Evangelien 15mal bei Markus, 33mal<br />

bei Lukas, zweimal bei Johannes und fünfmal bei Matthäus.<br />

Die Wendung „Himmelreich“ kommt 29mal bei Matthäus<br />

204


Grundbegriffe von A-Z<br />

und e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Lesarten zu Joh. 3, 5 vor. Beide Begriffe<br />

s<strong>in</strong>d gleichbedeutend. Bei Matthäus spiegelt sich die jüdische<br />

Gepflogenheit wi<strong>der</strong>, den heiligen Gottesnamen mit „Himmel“<br />

zu umschreiben, um e<strong>in</strong>en unnötigen Gebrauch zu vermeiden.<br />

Auswechselbar werden beide Begriffe <strong>in</strong> Matth. 19, 23. 24<br />

verwendet. „Reich Gottes“ kommt ferner siebenmal <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Apostelgeschichte, neunmal <strong>in</strong> den Briefen des Apostels Paulus<br />

und e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung vor. Zusätzlich ersche<strong>in</strong>en <strong>in</strong><br />

den synoptischen Evangelien Ausdrücke wie „de<strong>in</strong> Reich“, „se<strong>in</strong><br />

Reich“, „das Reich“, „me<strong>in</strong>es Vaters Reich“ und „ihres Vaters<br />

Reich“. Das Reich Gottes ist zugleich das Reich Christi (Matth.<br />

13, 41; 16, 28; Luk. 22, 30; Joh. 18, 36; Kol. 1, 13; 2. Petr. 1,<br />

11; Offb. 11, 15; 12, 10).<br />

Die Grundbedeutung des hebräischen und griechischen<br />

Wortes für „Reich“ (malkuth bzw. basileia) bezieht sich vor<br />

allem auf die königliche Vollmacht o<strong>der</strong> Herrschaft und weniger<br />

auf den Bereich, <strong>in</strong> dem diese Herrschaft ausgeübt wird. Diese<br />

Grundbedeutung kommt z. B. <strong>in</strong> Jesu Gleichnis von dem<br />

Edelmann zum Ausdruck, <strong>der</strong> „ferne <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Land“ zog, „daß er<br />

das Königtum erlangte“, d. h. königliche Vollmacht und Herrschaft<br />

(Luk. 19, 11. 12). Reich Gottes ist daher Gottes Königtum,<br />

Hoheit, Herrschaft, Vollmacht. Wenn daher jemand nach<br />

dem Reich Gottes trachtet (Matth. 6, 33) o<strong>der</strong> es empfängt<br />

(Mark. 10, 15), dann bedeutet das Gottes Herrschaft über dem<br />

Leben des Menschen. Gottes Reich ist überall dort, wo man ihn<br />

als König und Herrn anerkennt.<br />

In gewissem S<strong>in</strong>n ist Gott immer und überall König (Ps.<br />

47, 3; 103, 19; 145, 13; Dan. 4, 29). Doch se<strong>in</strong>e Herrschaft ist<br />

noch nicht geschichtliche Wirklichkeit geworden. Die Welt steht<br />

<strong>in</strong> Auflehnung gegen Gott; Satan hat die Herrschaft über sie<br />

wi<strong>der</strong>rechtlich an sich gerissen. Gott hat ihm jedoch se<strong>in</strong>e<br />

Herrschaft niemals abgetreten.<br />

Jesus Christus trat <strong>in</strong> die menschliche Geschichte e<strong>in</strong>, um<br />

Gottes Herrschaft auf Erden wie<strong>der</strong>herzustellen (Dan. 2, 44; 7,<br />

14; 1. Kor. 15, 24. 25). Diese Bekundung se<strong>in</strong>er<br />

205


Grundbegriffe von A-Z<br />

Kraft und Herrschaft ist das, was wir als „Reich Gottes“<br />

bezeichnen. Gott selbst griff e<strong>in</strong>, um Satan zu besiegen und im<br />

Menschen die Bereitschaft zu freiwilliger Unterordnung unter<br />

Gottes Herrschaft erneut zu wecken. Jesus kam auf unsre Welt<br />

als <strong>der</strong>, durch den Menschen aus <strong>der</strong> Knechtschaft Satans<br />

befreit und Bürger e<strong>in</strong>es himmlischen Reiches werden können<br />

(Phil. 3, 20. 21).<br />

Das Reich Gottes hat zwei Phasen: „das Reich <strong>der</strong> Gnade“<br />

und „das Reich <strong>der</strong> Herrlichkeit“. Wenn auch diese beiden<br />

Ausdrücke so <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel nicht vorkommen, wird doch vom<br />

„Thron <strong>der</strong> Gnade“ (Hebr. 4, 16) und vom „Thron <strong>der</strong> Herrlichkeit“<br />

(Matth. 25, 31. 32) gesprochen. Throne s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel<br />

S<strong>in</strong>nbil<strong>der</strong> für Reiche. Der Thron <strong>der</strong> Gnade deutet auf die<br />

Existenz e<strong>in</strong>es Reiches <strong>der</strong> Gnade, und <strong>der</strong> Thron <strong>der</strong> Herrlichkeit<br />

weist h<strong>in</strong> auf das künftige Reich <strong>der</strong> Herrlichkeit.<br />

Das Reich <strong>der</strong> Gnade ist jene Phase, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es um die Errettung<br />

des Menschen geht. Das zeigte sich <strong>in</strong> den Tagen Jesu<br />

(Mark. 1, 15; Luk. 16, 16; 17, 20.21; Matth. 21, 31; Kol. 1, 13.<br />

14) und fand <strong>in</strong> ihm als dem Messias se<strong>in</strong>en Ausdruck. Wer<br />

Jesus als se<strong>in</strong>en Herrn anerkennt, gelangt <strong>in</strong> diesen Bereich<br />

<strong>der</strong> Gnade. Das ist jenes große geistliche Reich <strong>der</strong> Gnade und<br />

Gerechtigkeit Gottes. Grundzüge dieses Reiches s<strong>in</strong>d nicht<br />

Macht und Gewalt, son<strong>der</strong>n Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und<br />

Liebe. Jesu Wirken auf dieser Erde diente dazu, den Menschen<br />

se<strong>in</strong> Reich zu br<strong>in</strong>gen (Luk. 11, 20). Durch se<strong>in</strong>en Tod hat<br />

Christus diese Phase des Reiches Gottes befestigt. Wo Satan<br />

se<strong>in</strong>en Thron aufgerichtet hatte, erhob sich nun das Kreuz<br />

Christi. Buße, Glaube, Wie<strong>der</strong>geburt (Matth. 18, 3; Joh. 3, 5)<br />

und die freiwillige Unterordnung unter die Herrschaft Christi s<strong>in</strong>d<br />

Voraussetzungen, um <strong>in</strong> das Reich <strong>der</strong> göttlichen Gnade<br />

e<strong>in</strong>gehen zu können. Es wird errichtet dadurch, daß „Christi<br />

Wesen durch das Werk des Heiligen Geistes <strong>in</strong> den Menschen<br />

e<strong>in</strong>gepflanzt“ wird. (DA 509) Die sittlichen Grundsätze für die<br />

Bürger des Reiches Gottes werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bergpredigt dargelegt.<br />

Wer <strong>in</strong> dieses Reich<br />

206


Grundbegriffe von A-Z<br />

e<strong>in</strong>gehen will, muß es zum höchsten Ziel se<strong>in</strong>er Liebe und<br />

H<strong>in</strong>gabe machen (Matth. 6, 33).<br />

Das Reich Gottes ist also <strong>der</strong> beg<strong>in</strong>nende neue Weltlauf<br />

mitten <strong>in</strong> diesem alten Zeitenlauf. Reich Gottes ist gegenwärtig<br />

wie auch zukünftig. Gottes Wille und Herrschaft werden <strong>in</strong><br />

diesem Weltzeitalter niemals völlig verwirklicht werden, son<strong>der</strong>n<br />

erst dann, wenn unser Herr noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> die menschliche<br />

Geschichte e<strong>in</strong>greift. Dann wird er se<strong>in</strong>e weltumspannende<br />

Herrschaft geltend machen und aller Auflehnung gegen ihn e<strong>in</strong><br />

Ende setzen (Matth. 13, 41-43). „Wenn aber des Menschen<br />

Sohn kommen wird <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Herrlichkeit und alle Engel mit ihm,<br />

dann wird er sitzen auf dem Thron se<strong>in</strong>er Herrlichkeit“ (Matth.<br />

25, 31). So wie es e<strong>in</strong>en ersten und e<strong>in</strong>en zweiten Advent<br />

Christi gibt, so wird es auch zu e<strong>in</strong>er zweiten Offenbarung<br />

se<strong>in</strong>es Reiches kommen. Als Jesus se<strong>in</strong>e Jünger beten lehrte:<br />

„De<strong>in</strong> Reich komme!“ (Matth. 6, 10), bezog sich das auf diese<br />

zweite Phase des Gottesreiches. Dieses Reich wird bei <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>kunft Jesu und mit <strong>der</strong> Auferstehung <strong>der</strong> Gerechten<br />

aufgerichtet. Da es e<strong>in</strong> herrliches, unzerstörbares und ewiges<br />

Reich ist, kann es <strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em gegenwärtigen<br />

Zustand nicht betreten. „Das sage ich aber, liebe Brü<strong>der</strong>, daß<br />

Fleisch und Blut nicht können das Reich Gottes ererben; auch<br />

wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit“ (1. Kor.<br />

15, 50). Deshalb werden die Lebenden und Auferweckten<br />

verwandelt werden von Verweslichkeit und Sterblichkeit zur<br />

Unverweslichkeit und Unsterblichkeit. Zu all denen, die diese<br />

Erfahrung machen dürfen, wird <strong>der</strong> König <strong>der</strong> Herrlichkeit<br />

sagen: „Kommt her, ihr Gesegneten me<strong>in</strong>es Vaters, ererbet das<br />

Reich, das euch bereitet ist von Anbeg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Welt“ (Matth. 25,<br />

34).<br />

SABBAT<br />

Kennzeichnend für den Glauben und das Leben <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> ist die Beachtung des siebenten Wochentages<br />

als Sabbat im Gegensatz zu <strong>der</strong> fast <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

207


Grundbegriffe von A-Z<br />

ganzen Welt üblichen Sonntagsfeier <strong>der</strong> Christenheit. Die<br />

Heiligung des Sabbats umfaßt die Zeit vom Sonnenuntergang<br />

am Freitag bis zum Sonnenuntergang am Sonnabend. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

begründen ihre Haltung wie folgt: Auf<br />

ausdrückliche Weisung <strong>der</strong> Heiligen Schrift wurde <strong>der</strong> siebente<br />

Tag <strong>der</strong> Woche als Ruhetag ausgeson<strong>der</strong>t. Die beson<strong>der</strong>e<br />

Würdigung, die Gott diesem Tag gab, ist an ke<strong>in</strong>er Stelle <strong>der</strong><br />

Bibel wi<strong>der</strong>rufen worden. In den Schriften des Neuen Testaments<br />

f<strong>in</strong>det sich auch ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis dafür, daß die Heiligkeit<br />

des Sabbats auf den Sonntag übertragen o<strong>der</strong> die Heiligkeit<br />

des Sonntags bestätigt worden wäre. Nirgends wird den<br />

neutestamentlichen Christen geboten, den ersten Tag <strong>der</strong><br />

Woche als Sabbat heiligzuhalten.<br />

Grundlage für die Heiligung des Sabbats durch die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

ist das vierte Gebot des göttlichen<br />

Sittengesetzes, das nach adventistischer Auffassung für die<br />

Menschen aller Zeiten verb<strong>in</strong>dlich ist. Da die neun an<strong>der</strong>en<br />

Gebote unbestritten sittlichen Charakter tragen, muß daraus<br />

geschlossen werden, daß <strong>der</strong> Urheber <strong>der</strong> Zehn Gebote auch<br />

dem Sabbat e<strong>in</strong>e sittliche Qualität gab. Dieses Gebot ist also<br />

ebenso bedeutsam und allgeme<strong>in</strong> verb<strong>in</strong>dlich wie die an<strong>der</strong>n<br />

neun. Rituelle Gepflogenheiten h<strong>in</strong>gegen, wie etwa die Beschneidung,<br />

wurden nicht <strong>in</strong> die Zehn Gebote aufgenommen.<br />

Das beweist, daß <strong>der</strong> Sabbat ke<strong>in</strong>en rituellen Charakter trägt,<br />

son<strong>der</strong>n daß se<strong>in</strong>e Beachtung zu den sittlichen Pflichten gehört.<br />

Als wichtigsten Grund für die Heiligung des <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-Sabbats nennt <strong>der</strong> Wortlaut des vierten Gebotes die<br />

Schöpfung <strong>der</strong> Welt: „Denn <strong>in</strong> sechs Tagen hat <strong>der</strong> Herr<br />

Himmel und Erde gemacht ... und ruhte am siebenten Tage.<br />

Darum segnete <strong>der</strong> Herr den Sabbattag und heiligte ihn.“<br />

Deshalb wird <strong>der</strong> Mensch aufgefor<strong>der</strong>t: „Gedenke des Sabbattages,<br />

daß du ihn heiligest“ (2. Mose 20, 8-11).<br />

Das Sabbatgebot ist also unlösbar verknüpft mit <strong>der</strong> Erschaffung<br />

<strong>der</strong> Welt. Die E<strong>in</strong>setzung des Sabbats und das<br />

208


Grundbegriffe von A-Z<br />

Gebot, ihn zu heiligen, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e unmittelbare Folge <strong>der</strong><br />

Schöpfungstat Gottes. Da die ganze Menschheit ihr Dase<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schöpfungstat Gottes verdankt, wird sie aufgefor<strong>der</strong>t, diesen<br />

Tag als e<strong>in</strong> Gedächtnis <strong>der</strong> Schöpferkraft Gottes zu begehen.<br />

So hat <strong>der</strong> Sabbat im räumlichen wie im zeitlichen Bereich<br />

weltumspannende Geltung. Er bleibt bestehen, solange<br />

die Werke bestehen, an die er er<strong>in</strong>nert, und ist verb<strong>in</strong>dlich für<br />

alle, die von Gott erschaffen s<strong>in</strong>d. Das Sabbatgebot gehört<br />

se<strong>in</strong>em Wesen nach zu den unwandelbaren sittlichen B<strong>in</strong>dungen<br />

zwischen dem Menschen und se<strong>in</strong>em Schöpfer, nicht aber<br />

zu den sich wandelnden rituellen Formen, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong><br />

Schöpfer angebetet wird.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus entspricht <strong>der</strong> Sabbat e<strong>in</strong>em grundlegenden<br />

menschlichen Bedürfnis. „Der Sabbat ist um des Menschen<br />

willen gemacht, und nicht <strong>der</strong> Mensch um des Sabbats willen“<br />

(Mark. 2, 27). Nach 1. Mose 2, 1-3 wurde <strong>der</strong> Sabbat am letzten<br />

Tag <strong>der</strong> Schöpfungswoche e<strong>in</strong>gesetzt, als Gott „ruhte ... von<br />

allen se<strong>in</strong>en Werken ... Und Gott segnete den siebenten Tag<br />

und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen se<strong>in</strong>en Werken,<br />

die Gott geschaffen und gemacht hatte.“ Das heißt: Der Sabbat<br />

wurde für den Menschen gemacht und als Höhepunkt <strong>der</strong><br />

Schöpfungstat zum heiligen Tag bestimmt.<br />

Seither ist <strong>der</strong> siebente Tag <strong>der</strong> Sabbat des Herrn. In <strong>der</strong><br />

Regel erkennen Christen die Notwendigkeit e<strong>in</strong>es Ruhetages<br />

an. Der Schöpfer, <strong>der</strong> zugleich Urheber <strong>der</strong> Zehn Gebote ist<br />

und den Menschen auffor<strong>der</strong>te, den Sabbat heilig zu halten, hat<br />

ausdrücklich den siebenten Tag <strong>der</strong> Woche dazu bestimmt. So<br />

ist die Sabbatfeier unwi<strong>der</strong>ruflich mit dem siebenten Tag <strong>der</strong><br />

Woche verknüpft.<br />

Auch für die Sabbatheiligung trifft zu, was über die Verb<strong>in</strong>dung<br />

von Adam und Eva als Mann und Frau gesagt wird:<br />

„Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll <strong>der</strong> Mensch nicht<br />

scheiden“ (Matth. 19, 6).<br />

Mit <strong>der</strong> Feststellung: „Der Sabbat ist um des Menschen<br />

willen gemacht, und nicht <strong>der</strong> Mensch um des Sabbats wil-<br />

209


Grundbegriffe von A-Z<br />

len“ bezeugt Jesus, daß die Hauptsorge des Schöpfers bei <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>setzung des siebenten Tages als Ruhetag dem Menschen<br />

galt. Der Mensch braucht, was <strong>der</strong> Sabbat bietet:<br />

1. e<strong>in</strong>e regelmäßige Loslösung von <strong>der</strong> sonst ununterbrochenen<br />

Alltagsarbeit und<br />

2. e<strong>in</strong>e Möglichkeit, se<strong>in</strong>er Anlage als vernunftbegabtem,<br />

sittlichem Wesen entsprechen zu können.<br />

Christus lehrte, daß sich <strong>der</strong> Mensch nicht wie e<strong>in</strong> Sklave<br />

an den Sabbat gekettet betrachten soll und dadurch geh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />

wird, das zu erkennen, was dieser Tag ihm Gutes zu geben<br />

vermag. Vielmehr sollte er im Sabbat die gnädige Fürsorge des<br />

Schöpfers sehen, die Menschen davor bewahrt, den Sorgen für<br />

das leibliche Leben zu verfallen und so auf e<strong>in</strong>e Stufe tierischer<br />

Existenz abzus<strong>in</strong>ken. Natürlich hat <strong>der</strong> Mensch gewisse<br />

physische Grundbedürfnisse, aber darüber h<strong>in</strong>aus ist er e<strong>in</strong><br />

vernunftbegabtes, sittlich denkendes, verantwortliches Wesen,<br />

das nach Gottes Ebenbild erschaffen wurde. Nach Gottes<br />

Absicht liegt die hauptsächliche Bedeutung des Sabbats dar<strong>in</strong>,<br />

daß <strong>der</strong> Mensch die Möglichkeit erhält, diese Seite se<strong>in</strong>es<br />

Wesens zu entfalten, und zwar <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit dem, zu<br />

dessen Bild er erschaffen wurde. Das sollte nicht losgelöst von<br />

den sechs Arbeitstagen geschehen. Damit aber die Pflichten<br />

des Alltags nicht die geistlichen Bedürfnisse unterdrücken,<br />

son<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Schöpfer den siebenten Tag ab. Da soll sich <strong>der</strong><br />

Mensch von se<strong>in</strong>en täglichen Aufgaben lösen. Indem ihm<br />

untersagt war, den üblichen Beschäftigungen des Werktags<br />

nachzugehen, sollte er vor e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>seitigen materiellen<br />

Wertung des Lebens bewahrt bleiben. Das kommt auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bedeutung des hebräischen Wortes „Sabbat“ zum Ausdruck:<br />

Aufhören, Ruhen. Der Sabbat sollte also ausschließlich dazu<br />

dienen, Vernunft und Sittlichkeit des Menschen zu heben und<br />

zwar durch die Geme<strong>in</strong>schaft mit Gott.<br />

Von diesem Standpunkt aus s<strong>in</strong>d die alten rabb<strong>in</strong>ischen<br />

Sabbatbeschränkungen nicht nur belanglos, son<strong>der</strong>n tat-<br />

210


Grundbegriffe von A-Z<br />

sächlich schädlich (vgl. Mark. 2, 24; Luk. 6, 9; Joh. 5, 10. 16.<br />

17; 9, 6. 14), durchkreuzten sie doch sogar das Ziel, das <strong>der</strong><br />

Schöpfer mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>setzung des Sabbats verfolgte. Statt die<br />

Möglichkeit für die Geme<strong>in</strong>schaft des Menschen mit se<strong>in</strong>em<br />

Schöpfer zu eröffnen, verkehrten sie das Sabbatgebot <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

gesetzliche For<strong>der</strong>ung und machten se<strong>in</strong>e Beachtung zur Last.<br />

So errichteten sie e<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis, das schließlich Ursache für e<strong>in</strong><br />

falsches Gottesbild wurde. Dasselbe geschieht noch immer, wo<br />

das Sabbatgebot nur negativ verstanden wird, als ob es im<br />

wesentlichen aus e<strong>in</strong>em Verbot gewisser Tätigkeiten bestünde.<br />

Nur wenn <strong>der</strong> Sabbat richtig erkannt wird als Gelegenheit<br />

für den Menschen, <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit se<strong>in</strong>em Schöpfer zu<br />

stehen, wird se<strong>in</strong>em wahren S<strong>in</strong>n entsprochen. Was das vierte<br />

Gebot mit gutem Grund untersagt, dient ke<strong>in</strong>em Selbstzweck,<br />

son<strong>der</strong>n ist notwendige Voraussetzung dafür, daß die Segnungen<br />

verwirklicht werden, die <strong>der</strong> allwissende Schöpfer auf den<br />

Sabbat legte. Auf diese eigentliche Bedeutung des Sabbats<br />

lenkt Christus die Aufmerksamkeit se<strong>in</strong>er Nachfolger, wenn er<br />

betont: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht, und<br />

nicht <strong>der</strong> Mensch um des Sabbats willen.“ Gott bestimmte den<br />

siebenten Tag <strong>der</strong> Woche dazu, daß <strong>der</strong> Mensch mit se<strong>in</strong>em<br />

Schöpfer <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise Geme<strong>in</strong>schaft pflegen soll.<br />

Es ist menschliche Vermessenheit, über den von Gott bestimmten<br />

Tag h<strong>in</strong>wegzugehen und an se<strong>in</strong>e Stelle e<strong>in</strong>en Tag<br />

eigener Wahl zu setzen: den ersten Tag <strong>der</strong> Woche. Damit<br />

erhebt sich <strong>der</strong> Mensch über Gott.<br />

In <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung um die Feier des siebenten<br />

o<strong>der</strong> ersten Wochentags geht es letztlich um die Anerkennung<br />

des göttlichen Anspruchs auf die Treue des Menschen im<br />

Gegensatz zu <strong>der</strong> menschlichen Neigung, den eigenen Willen<br />

an die Stelle von Gottes Willen zu setzen – wie es Luzifer im<br />

Himmel tat. Im Grunde genommen geht es beim Sabbat um die<br />

gleiche Frage wie <strong>in</strong> dem jahrtausendealten Kampf zwischen<br />

gut und böse, zwischen Christus und Satan. Sabbatheiligung,<br />

die im Geist und <strong>in</strong><br />

211


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong> Wahrheit geschieht, ist also e<strong>in</strong> beständiges Zeichen <strong>der</strong><br />

Treue gegen den Schöpfer.<br />

I. Biblische Theologie des Sabbats<br />

1. Allgeme<strong>in</strong>e Überlegungen<br />

Die Heiligkeit des Sabbats ist <strong>in</strong> dem göttlichen Segen begründet<br />

(1. Mose 2, 3) und hat ihre Bedeutung alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit dem Menschen. Alle an<strong>der</strong>en Geschöpfe kennen ke<strong>in</strong>en<br />

Sabbat, auch die Tiere nicht; ausgenommen Haus- und<br />

Lasttiere, die <strong>der</strong> Mensch gebraucht (2. Mose 20, 10). Alle<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Mensch kann den Sabbat bewußt erleben. Deshalb ist die<br />

Begegnung mit se<strong>in</strong>em Schöpfer im Rahmen <strong>der</strong> von Gott<br />

gesegneten Zeit entscheidend für ihn. Der Sabbat kann auf<br />

ke<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>n Tag übertragen werden ; denn ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er ist<br />

<strong>der</strong> „siebente Tag“. Drei Faktoren bestimmen also das Wesen<br />

des Sabbats: Gott, Mensch und Zeit.<br />

2. Der Sabbat als Bundeszeichen<br />

Gott nannte Israel gegenüber den Sabbat „e<strong>in</strong> Zeichen zwischen<br />

mir und euch ... damit ihr erkennt, daß ich <strong>der</strong> Herr b<strong>in</strong>,<br />

<strong>der</strong> euch heiligt“ (2. Mose 31, 13; vgl. Hes. 20, 12.20). Gottes<br />

Bund mit Israel war e<strong>in</strong> „ewiger Bund“ (2. Mose 31, 16).<br />

Deutlich geht aus dem Wortlaut <strong>der</strong> Zehn Gebote hervor, wie er<br />

im 5. Buch Mose überliefert wird, daß <strong>der</strong> Sabbat <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit dem Bund steht, den Gott mit Israel schloß; denn <strong>der</strong><br />

Sabbat wird dort mit <strong>der</strong> Befreiung Israels aus Ägypten<br />

begründet (Kap. 5, 15). Dadurch sollte dem Volk verständlich<br />

werden, daß auch die Knechte und Tiere am Sabbat von <strong>der</strong><br />

Arbeit frei se<strong>in</strong> sollen. „Du sollst daran denken, daß auch du<br />

Knecht <strong>in</strong> Ägyptenland warst.“ Von größerer Bedeutung ist<br />

jedoch, daß <strong>der</strong> Sabbat als e<strong>in</strong>e Er<strong>in</strong>nerung an Israels Befreiung<br />

aus <strong>der</strong> Sklaverei zugleich auf die Erlösung h<strong>in</strong>weist, die im<br />

Bund verheißen ist. So wie sich <strong>der</strong> Bund auf die Liebe Gottes<br />

zu se<strong>in</strong>em Volk gründet (5. Mose 7, 7. 8), ist <strong>der</strong> Sabbat <strong>in</strong><br />

diesem Bund e<strong>in</strong> Zeichen <strong>der</strong> göttlichen Liebe.<br />

212


Grundbegriffe von A-Z<br />

Die Zehn Gebote im 2. Buch Mose begründen den Sabbat<br />

nicht mit <strong>der</strong> Befreiung aus Ägypten, son<strong>der</strong>n mit <strong>der</strong><br />

Schöpfung (Kap. 20, 11; vgl. 31, 17). Das stimmt mit dem<br />

Bericht <strong>in</strong> 1. Mose 1, 1-2, 3 übere<strong>in</strong>, <strong>der</strong> den Sabbat als Ziel<br />

und Vollendung <strong>der</strong> Schöpfung zeigt. Da die Schöpfungstat als<br />

E<strong>in</strong>leitung und Voraussetzung für den Bund <strong>der</strong> Erlösung<br />

erwähnt wird und auch nur im Licht des Bundes voll verstanden<br />

werden kann, darf man wohl sagen, daß <strong>der</strong> Sabbat als<br />

Gedächtnis <strong>der</strong> Schöpfung se<strong>in</strong>e volle Bedeutung nur im Bund<br />

f<strong>in</strong>det.<br />

In theologischer Sicht ist die Verb<strong>in</strong>dung von Sabbat und<br />

Schöpfung beson<strong>der</strong>s bedeutungsvoll. Entsprechend <strong>der</strong><br />

Grundbedeutung des hebräischen Wortes „schabbat“ (aufhören)<br />

hat Gott am siebenten Schöpfungstag mit se<strong>in</strong>em Werk <strong>der</strong><br />

ersten sechs Tage aufgehört, ohne dabei auf e<strong>in</strong>e Ruhe <strong>in</strong>folge<br />

von Ermüdung angewiesen zu se<strong>in</strong> (Jes. 40, 28). Daß Gott<br />

<strong>in</strong>nehalten konnte, ist e<strong>in</strong> Zeichen se<strong>in</strong>er Freiheit. Er ist eben<br />

ke<strong>in</strong>e bl<strong>in</strong>de, ununterbrochen wirkende Naturkraft, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong><br />

Gott, <strong>der</strong> <strong>in</strong> souveräner Freiheit als Schöpfer wirkt und damit<br />

aufhört, wann er will. Gottes Ruhen weist darauf h<strong>in</strong>, daß se<strong>in</strong><br />

Schöpfungswerk vollendet und er mit dem Erschaffenen<br />

zufrieden war. Das geht aus den Worten hervor: „Es war sehr<br />

gut“ (1. Mose 1, 31).<br />

Sowohl die Schöpfung wie auch die Befreiung aus Ägypten<br />

machen deutlich, daß <strong>der</strong> Sabbat e<strong>in</strong> Zeichen <strong>der</strong> göttlichen<br />

Liebe ist. In Gottes souveräner Entscheidung, mit dem Schöpfungswerk<br />

aufzuhören, wird auch deutlich, daß er sich selbst<br />

b<strong>in</strong>det, und diese B<strong>in</strong>dung kommt im Bundesschluß zum<br />

Ausdruck (vgl. 1. Mose 9, 11). Der Sabbat ist demnach das Ziel<br />

<strong>der</strong> Schöpfung wie auch jener Tat, die den Bund ermöglichte.<br />

Gleichzeitig gab Gott durch se<strong>in</strong> Verhalten am siebenten<br />

Tag das Vorbild für die Sabbatfeier des Menschen. Gott lädt<br />

den Menschen e<strong>in</strong>, Geme<strong>in</strong>schaft mit ihm zu haben. Der<br />

Mensch kann zwar nicht teilhaben an dem Werk <strong>der</strong> ursprünglichen<br />

Schöpfung, aber an <strong>der</strong> göttlichen Ruhe.<br />

213


Grundbegriffe von A-Z<br />

So verknüpft <strong>der</strong> Sabbat die Freiheit Gottes mit <strong>der</strong> Freiheit,<br />

die er dem Menschen gewährt und ist <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong><br />

B<strong>in</strong>deglied zwischen dem Schöpfungsbericht von 1. Mose 1 bis<br />

2, 3 und dem Geschehen <strong>der</strong> Erlösung. Gleichzeitig erkennt <strong>der</strong><br />

Mensch damit an, daß Gott <strong>der</strong> Schöpfer, er selbst aber e<strong>in</strong><br />

Geschöpf ist. Diese E<strong>in</strong>sicht ist Grundlage für die Anbetung<br />

Gottes. Die Heiligung des siebenten Tages durch Gott (1. Mose<br />

2, 3) zeigt, daß mit dem Sabbat e<strong>in</strong>e Zeit abgeson<strong>der</strong>t wurde, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> sich die Beziehung zwischen Gott und Mensch entfalten<br />

kann. Die Tatsache, daß Gott den Sabbat „segnete“ (V. 3),<br />

macht wie<strong>der</strong>um deutlich, daß <strong>der</strong> Sabbat auch für den<br />

Menschen e<strong>in</strong> Segen ist.<br />

3. Der Sabbat und das Gesetz<br />

Es ist von wesentlicher Bedeutung, daß <strong>der</strong> Sabbat im Gesetz<br />

Gottes als das vierte <strong>der</strong> Zehn Gebote enthalten ist (2. Mose<br />

20, 8-11 ; 5. Mose 5, 12-15). Gottes Gesetz ist e<strong>in</strong> Ausdruck<br />

se<strong>in</strong>es Wesens, und alle<strong>in</strong> das Sabbatgebot legt Nachdruck auf<br />

die Autorität Gottes als Gesetzgeber. Das spricht für die<br />

Unauflösbarkeit des Sabbats. Er steht mitten im göttlichen<br />

Gesetz und ist e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Offenbarung <strong>der</strong> Liebe Gottes.<br />

Das Sabbatgebot ist, wie bereits erwähnt, das e<strong>in</strong>zige <strong>der</strong> Zehn<br />

Gebote, das Gottes Gesetz mit dem Bund <strong>der</strong> Erlösung<br />

verknüpft.<br />

4. Der Sabbat im Neuen Testament<br />

Die zentrale Stellung des Sabbats sowohl für den Bund wie für<br />

das ewige Gesetz Gottes ist die Grundlage se<strong>in</strong>er Bedeutung<br />

für den Christen. Was für den Bund gilt, trifft auch auf den<br />

Sabbat zu. Das Kreuz Christi, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Heilsgeschichte<br />

steht, bestätigt die Hoffnung, auf die beide – Sabbat<br />

und Bund – h<strong>in</strong>weisen und gibt ihnen e<strong>in</strong>en noch tieferen S<strong>in</strong>n<br />

(Jer. 31, 31-34; Hebr. 8, 8-12).<br />

Der Sabbat wird e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild <strong>der</strong> Ruhe, zu <strong>der</strong> <strong>der</strong> Christ<br />

durch den Glauben kommt: „So ist also noch e<strong>in</strong>e Ruhe<br />

vorhanden dem Volke Gottes ... Wir, die wir glauben, ge-<br />

214


Grundbegriffe von A-Z<br />

hen e<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Ruhe“ (Hebr. 4, 9. 3). „Denn wenn Josua sie hätte<br />

zur Ruhe gebracht, würde Gott nicht hernach von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>n<br />

Tage geredet haben“ (V. 8). Der H<strong>in</strong>weis auf den „an<strong>der</strong>n Tag“<br />

schafft den Zusammenhang zum „Neuen Bund“. Der „Neue<br />

Bund“ ist ke<strong>in</strong>e christliche Erf<strong>in</strong>dung, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> ewige Bund<br />

<strong>der</strong> Erlösung <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em vollen Umfang. So ist <strong>der</strong> hier erwähnte<br />

„an<strong>der</strong>e Tag“ <strong>der</strong> ewige Sabbat, wo man aufgehört hat, aus<br />

eigenen Anstrengungen Erlösung schaffen zu wollen. Er wird<br />

vielmehr aus tiefer christlicher E<strong>in</strong>sicht verstanden und gehalten.<br />

Es ist die Geborgenheit <strong>in</strong> Jesus Christus, die sich aus <strong>der</strong><br />

Erfüllung <strong>der</strong> auf ihn gegründeten Bundesverheißung ergibt.<br />

Der Sabbat ist nun nicht nur e<strong>in</strong>e Er<strong>in</strong>nerung an die Schöpfung,<br />

son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf die Neuschöpfung durch<br />

Christus. Wie <strong>der</strong> vorchristliche Sabbat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Beziehung<br />

zum Bund zwischen <strong>der</strong> Schöpfung und dem Kreuz stand, so<br />

steht <strong>der</strong> christliche Sabbat <strong>in</strong>nerhalb desselben ewigen<br />

Bundes zwischen Kreuz und Wie<strong>der</strong>kunft.<br />

Das bedeutet aber auch, daß <strong>der</strong> Sabbat nach christlicher<br />

Sicht frei ist von aller Gesetzlichkeit. Se<strong>in</strong>e Beachtung kann<br />

ebensowenig wie das Halten <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Zehn Gebote dazu<br />

dienen, die Erlösung zu err<strong>in</strong>gen. Die Sabbatfeier entspr<strong>in</strong>gt<br />

vielmehr <strong>der</strong> Freude und Dankbarkeit für die Gabe des Glaubens<br />

und des Lebens. E<strong>in</strong> Christ vermag nur als Folge se<strong>in</strong>er<br />

Erlösung den Sabbat recht zu halten. Christliche Sabbatheiligung<br />

ist also Freude und Dankbarkeit über den E<strong>in</strong>gang zur<br />

Ruhe <strong>in</strong> Jesus Christus, se<strong>in</strong>em Herrn.<br />

5. Der Sabbat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Prophetie<br />

Für <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> ist auf Grund ihres Verständnisses<br />

<strong>der</strong> biblischen Prophetie, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Bücher Daniel<br />

und Offenbarung, die Sabbatheiligung e<strong>in</strong>e wichtige Frage<br />

unserer Zeit.<br />

In <strong>der</strong> Beschreibung des Kampfes, den das „kle<strong>in</strong>e Horn“<br />

gegen „die Heiligen des Höchsten“ führt, wird erwähnt: Es (das<br />

kle<strong>in</strong>e Horn) „wird sich unterstehen, Festzeiten und<br />

215


Grundbegriffe von A-Z<br />

Gesetz zu än<strong>der</strong>n“ (Dan. 7, 25). Nach adventistischer Auffassung,<br />

wonach das „kle<strong>in</strong>e Horn“ das Papsttum bedeutet, weist<br />

diese Stelle auf die päpstlichen Bestrebungen h<strong>in</strong>, die Heiligung<br />

des Sabbats durch die des Sonntags zu ersetzen.<br />

Auch die Weissagungen <strong>in</strong> Offb. 12-14 werden so verstanden,<br />

daß <strong>der</strong> Sabbat e<strong>in</strong>e entscheidende Bedeutung haben<br />

wird. Der Drache – e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild für die gegen die Geme<strong>in</strong>de<br />

aufgebotenen teuflischen Mächte – streitet gegen die, „die da<br />

Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu“ (Offb. 12,<br />

17). In dieser Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung wird die Treue gegenüber<br />

dem Sabbatgebot entscheidend se<strong>in</strong>. Das zeigt sich im Wirken<br />

des panthergleichen Tieres (Offb. 13, 1-10) und des zweihörnigen<br />

Tieres (V. 11-17), die das Papsttum und die Vere<strong>in</strong>igten<br />

Staaten vers<strong>in</strong>nbilden. Dem panthergleichen Tier, dem Papsttum,<br />

gibt <strong>der</strong> Drache „se<strong>in</strong>e Kraft und se<strong>in</strong>en Thron und große<br />

Macht“ (V. 2). Das zweihörnige Tier, die Vere<strong>in</strong>igten Staaten,<br />

„übt alle Macht des ersten Tieres“ (V. 12), „sagt denen, die auf<br />

Erden wohnen, daß sie e<strong>in</strong> Bild machen sollen dem Tier“ (V.<br />

14), und ihm wird e<strong>in</strong>geräumt, „daß alle, welche nicht des<br />

Tieres Bild anbeten, getötet würden“ (V. 15). Es macht, daß sie<br />

allesamt ... sich e<strong>in</strong> Malzeichen geben an ihre rechte Hand o<strong>der</strong><br />

an ihre Stirn ... nämlich den Namen des Tieres o<strong>der</strong> die Zahl<br />

se<strong>in</strong>es Namens“ (V. 16. 17). Diese prophetische Aussage<br />

verstehen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n, daß<br />

letztlich die Vere<strong>in</strong>igten Staaten die Sache des Papstes<br />

verfechten und päpstliche Ziele durchsetzen helfen. E<strong>in</strong><br />

entscheiden<strong>der</strong> Punkt wird dabei die Heiligung des Sonntags<br />

statt des Sabbats se<strong>in</strong>. Wer sich nicht anpaßt, wird schließlich<br />

mit dem Tode bedroht<br />

In Verb<strong>in</strong>dung mit diesem eschatologischen Kampf wird<br />

die Sonntagsheiligung am Ende das entscheidende Zeichen<br />

se<strong>in</strong>, das hier als „Malzeichen des Tieres“ bezeichnet wird.<br />

Satan stellt den Sonntag als Zeichen se<strong>in</strong>er Autorität heraus,<br />

während <strong>der</strong> Sabbat e<strong>in</strong> Ausdruck <strong>der</strong> Treue zu Gott ist. Durch<br />

diese Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung wird die<br />

216


Grundbegriffe von A-Z<br />

Christenheit <strong>in</strong> zwei Gruppen geteilt werden. Das wird kennzeichnend<br />

se<strong>in</strong> für die letzte Trübsalszeit des Volkes Gottes.<br />

Um das gleiche Anliegen geht es auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Botschaft<br />

des dritten Engels (Offb. 14), <strong>in</strong> <strong>der</strong> alle, „die da halten die<br />

Gebote Gottes und den Glauben an Jesus“ (V. 12), zur<br />

Standhaftigkeit aufgerufen werden. Die <strong>in</strong> Offb. 13, 12-17<br />

beschriebene Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung wird <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong><br />

Entstehung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

verstanden, da sie die Verb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>der</strong> Gebote Gottes<br />

e<strong>in</strong>schließlich des Sabbatgebots verkündigt. Grundlage dafür ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong> Glaube an Jesus; denn er ist Voraussetzung für<br />

das Beachten <strong>der</strong> Gebote.<br />

III. Die biblische Geschichte des Sabbats<br />

1. Altes Testament<br />

Auf den ersten Blättern <strong>der</strong> Bibel wird berichtet, daß mit <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>setzung des „siebenten Tages“ als Sabbat die Schöpfungswoche<br />

vollendet wurde (1. Mose 2, 1.2). Das Wort „Sabbat“<br />

allerd<strong>in</strong>gs ersche<strong>in</strong>t dann erstmals im Bericht über die Speisung<br />

Israels mit Manna, die kurz nach dem Auszug aus Ägypten und<br />

vor Erreichen des S<strong>in</strong>ai erfolgte (2. Mose 16, 22.23). Das vierte<br />

<strong>der</strong> Zehn Gebote bestätigt die Heiligung des Sabbats (2. Mose<br />

20, 8-11; 5. Mose 5, 14. 15). Weiter wird <strong>der</strong> Sabbat im<br />

„Bundesbuch“ (2. Mose 20-23) genannt (2. Mose 23, 12);<br />

ebenso im sogenannten „Kultgesetz“ (vgl. 2. Mose 34, 21). Von<br />

allen Zehn Geboten wird das Sabbatgebot <strong>in</strong> den fünf Büchern<br />

Mose am häufigsten genannt (2. Mose 16, 23; 20, 8-11; 23, 12;<br />

31, 12-17; 34, 21; 35, 1-3; 3. Mose 19, 3; 23, 1-3; 26, 2; 5.<br />

Mose 5, 14. 15).<br />

In den Berichten über die Königszeit wird <strong>der</strong> Sabbat zwar<br />

nur wenige Male erwähnt, doch dabei werden verschiedene<br />

Seiten se<strong>in</strong>er Heiligung deutlich gemacht. Als z. B. <strong>der</strong> Sohn<br />

<strong>der</strong> Sunamit<strong>in</strong> krank war und sie von ihrem Mann e<strong>in</strong>en Knecht<br />

und e<strong>in</strong>e Esel<strong>in</strong> erbat, um Elisa besuchen zu können, erwi<strong>der</strong>te<br />

er überrascht: „Warum willst<br />

217


Grundbegriffe von A-Z<br />

du zu ihm? Ist doch heute we<strong>der</strong> Neumond noch Sabbat“ (2.<br />

Kön. 4, 23). Aus diesen Worten geht hervor, daß man meist am<br />

Sabbat Propheten besuchte.<br />

Ebenfalls am Sabbat fand die Ablösung <strong>der</strong> königlichen<br />

Wache <strong>in</strong> Jerusalem statt (2. Kön. 11, 5-7), und diesen Umstand<br />

benutzte <strong>der</strong> Hohepriester Jojada zu e<strong>in</strong>em Staatsstreich<br />

gegen Athalja. An diesem Tage stand ihm die doppelte Zahl<br />

Soldaten zur Verfügung, ohne daß das Aufsehen erregt hätte.<br />

Zur Zeit des Ahas gab es „die bedeckte Sabbathalle, die am<br />

Tempel gebaut war“ (2. Kön. 16, 18). Was darunter zu verstehen<br />

ist und warum sie „dem König von Assyrien zuliebe“<br />

geän<strong>der</strong>t wurde, ist unklar.<br />

Zu jener Zeit klagten die Propheten über e<strong>in</strong>e gesetzliche<br />

und oberflächliche Sabbatfeier. Jesaja rief aus: „Neumonde und<br />

Sabbate, wenn ihr zusammenkommt, Frevel und Festversammlung<br />

mag ich nicht!“ (Jes. 1, 13) Hosea prophezeite: „Ich will e<strong>in</strong><br />

Ende machen mit allen ihren Freuden, Festen, Neumonden,<br />

Sabbaten und allen ihren Feiertagen“ (Hos. 2, 13). Amos<br />

verspottet se<strong>in</strong>e Zeitgenossen mit beißenden Worten: „Wann<br />

will denn <strong>der</strong> Neumond e<strong>in</strong> Ende haben, daß wir Getreide<br />

verkaufen, und <strong>der</strong> Sabbat, daß wir Korn feilhalten können und<br />

das Maß verr<strong>in</strong>gern und den Preis steigern und die Waage<br />

fälschen ...?“ (Amos 8, 5) Daraus ist zu entnehmen, daß die<br />

Geschäfte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel am Sabbat geschlossen waren. Jeremia<br />

unterstreicht, wie wichtig die Sabbatheiligung ist, wenn Jerusalem<br />

verschont bleiben soll. Dabei läßt er durchblicken, daß<br />

frühere Generationen <strong>in</strong> Israel den Sabbat nicht gehalten haben<br />

(Jer. 17, 21-27).<br />

Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß <strong>der</strong> babylonische König<br />

Nebukadnezar die Juden mit Vorliebe am Sabbat angriff.<br />

Vielleicht leisteten sie an diesem Tag ke<strong>in</strong>en Wi<strong>der</strong>stand. Das<br />

Problem <strong>der</strong> Verteidigung am Sabbat kam später während <strong>der</strong><br />

Zeit <strong>der</strong> Makkabäerkämpfe wie<strong>der</strong> auf.<br />

Hesekiel weist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Babylonischen Gefangenschaft<br />

wie<strong>der</strong>holt darauf h<strong>in</strong>, daß die Vernachlässigung des<br />

Sabbats e<strong>in</strong> Zeichen für den Abfall Israels ist, (Hes.<br />

218


Grundbegriffe von A-Z<br />

22, 8.26; 23, 38; vgl. 20, 12-24). Zur selben Zeit skizziert er <strong>in</strong><br />

prophetischen Worten e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige Wie<strong>der</strong>herstellung des<br />

Tempels und schaut vorwärts auf e<strong>in</strong>e Zeit vollkommener<br />

Sabbatheiligung (Hes. 44, 24; 45, 17; 46, 1-12).<br />

Jeremia wie auch Hesekiel hoben während <strong>der</strong> Babylonischen<br />

Gefangenschaft den Sabbat als e<strong>in</strong> wesentliches<br />

Kennzeichen <strong>der</strong> Treue Israels gegenüber dem Bund Jah-wes<br />

hervor. Dar<strong>in</strong> spiegelt sich das Bemühen um e<strong>in</strong>e strenge<br />

Sabbatheiligung, wie es sich dann unter Nehemia nach<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Nation zeigt.<br />

In dem <strong>in</strong> Neh. 9 überlieferten Bußgebet des Volkes zur<br />

Zeit Esras wird <strong>der</strong> Sabbat ausdrücklich erwähnt: „... und hast<br />

de<strong>in</strong>en heiligen Sabbat ihnen kundgetan und Gebote, Satzungen<br />

und Gesetz ihnen geboten durch de<strong>in</strong>en Knecht Mose“ (V.<br />

14). Der schriftlich abgefaßte Bund, den Nehemia und die<br />

Führer <strong>der</strong> Juden öffentlich besiegelten, enthält auch das<br />

Versprechen, am Sabbat nichts von den heidnischen Landesbewohnern<br />

zu kaufen (Neh. 10, 32). Nehemia berichtet, wie er<br />

dieses Versprechen verwirklichte:<br />

„Zur selben Zeit sah ich <strong>in</strong> Juda, daß man am Sabbat die<br />

Kelter trat und Getreide herbeibrachte und auf Esel lud und<br />

auch We<strong>in</strong>, Trauben, Feigen und allerlei Last nach Jerusalem<br />

brachte am Sabbattage. Und ich verwarnte sie an dem Tage,<br />

als sie die Nahrung verkauften.“ Nehemia machte den „Vornehmen<br />

von Juda“ heftige Vorwürfe: „Taten das nicht auch eure<br />

Väter, und unser Gott brachte all das Unheil über uns und über<br />

diese Stadt? Und ihr br<strong>in</strong>gt noch mehr Zorn über Israel dadurch,<br />

daß ihr den Sabbat entheiligt!“ (Neh. 13, 15-18) Darum ordnete<br />

er an, die Tore Jerusalems bei Sabbatanfang zu schließen und<br />

erst wie<strong>der</strong> nach Sabbatschluß zu öffnen. Außerdem stellte er<br />

Wachen an den Toren auf, damit diese Anordnungen befolgt<br />

wurden (V. 19-22).<br />

Der 92. Psalm, dessen Verfasser nicht bekannt ist, trägt<br />

die Überschrift „E<strong>in</strong> Psalmlied für den Sabbattag“. In die-<br />

219


Grundbegriffe von A-Z<br />

sem Lob- und Danklied wird Gottes unwandelbare Liebe und<br />

Treue gepriesen. Es schil<strong>der</strong>t die Freude <strong>der</strong> Juden am Sabbat<br />

und zeigt, daß rechte Sabbatheiligung e<strong>in</strong> Anlaß zu Dank und<br />

Freude war. Die Bedeutung des Sabbats kam auch im Tempeldienst<br />

durch beson<strong>der</strong>e Opfer und Riten zum Ausdruck. Außer<br />

dem täglichen Brandopfer wurden zwei Schafe und Speis- und<br />

Trankopfer dargebracht (4. Mose 28, 9. 10). Am Sabbat wurden<br />

ferner die Schaubrote ersetzt (3. Mose 24, 8).<br />

2. Zwischen dem Alten und Neuen Testament<br />

Bestrebungen zu e<strong>in</strong>er ernsteren Sabbatheiligung zeigten sich<br />

schon während <strong>der</strong> Babylonischen Gefangenschaft, bildeten<br />

sich danach fort (Hesekiel, Esra, Nehemia), nahmen strenge<br />

Formen an <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit zwischen dem Alten und Neuen Testament<br />

und fanden ihre e<strong>in</strong>zigartige Formulierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mischna<br />

(3. Jahrhun<strong>der</strong>t n. Chr.). Diese Entwicklung ist bedeutsam für<br />

das Verständnis des Sabbats im Neuen Testament und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

frühen Kirche. Die Frage <strong>der</strong> Verteidigung am Sabbat wurde<br />

während <strong>der</strong> Makkabäerkämpfe (168-142 v. Chr.) aktuell. Zu<br />

Beg<strong>in</strong>n des Krieges flüchtete e<strong>in</strong>e Anzahl <strong>der</strong> aufständischen<br />

Juden mit ihren Familien <strong>in</strong> die judäische Wüste und verbarg<br />

sich <strong>in</strong> Höhlen. Die Syrer setzten ihnen nach und griffen sie am<br />

Sabbat an. Die Juden leisteten ke<strong>in</strong>en Wi<strong>der</strong>stand und wurden<br />

nie<strong>der</strong>gemetzelt. Diese Erfahrung veranlaßte Mattathias, den<br />

Anführer des Aufstandes, und se<strong>in</strong>e Mitarbeiter, fortan am<br />

Sabbat zu kämpfen, aber nur wenn sie angegriffen wurden (vgl.<br />

1. Makk. 2, 32-41). Das Problem tauchte erneut auf, als <strong>der</strong><br />

römische Feldherr Pompejus 63 v. Chr. auf Jerusalem marschierte.<br />

Die Römer wußten, daß die Juden am Sabbat nicht<br />

kämpfen, es sei denn zur Selbstverteidigung. So hoben sie an<br />

diesem Tag Erdwälle gegen die Stadtmauer aus, aber die<br />

Juden unternahmen nichts dagegen. Nach dreimonatiger<br />

Belagerung eroberte Pompejus die Stadt an e<strong>in</strong>em Sabbat. Seit<br />

<strong>der</strong> Zeit Julius Cäsars räumten die Römer den<br />

220


Grundbegriffe von A-Z<br />

Juden wie<strong>der</strong>holt das Recht e<strong>in</strong> und bestätigten ihnen, daß sie<br />

ihren Gesetzen folgen durften. Dazu gehörte vor allem die<br />

Befreiung vom Militärdienst und von Gerichtsprozessen am<br />

Sabbat.<br />

Am strengsten wurde <strong>der</strong> Sabbat zu jener Zeit wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

von den Essenern gehalten. Das war e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zurückgezogenheit lebende jüdische Sekte. Von den Essenern<br />

schreibt Josephus: „Pe<strong>in</strong>licher als alle übrigen Juden vermeiden<br />

sie es, am Sabbat sich mit Arbeit zu befassen, und demzufolge<br />

bereiten sie nicht nur tags zuvor ihre Speisen, um am Sabbat<br />

ke<strong>in</strong> Feuer anzünden zu müssen, son<strong>der</strong>n wagen am Ruhetag<br />

nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Gefäß von <strong>der</strong> Stelle zu rücken o<strong>der</strong> ihre<br />

Notdurft zu verrichten.“ (Jüdischer Krieg II, 8. 9)<br />

E<strong>in</strong>e noch genauere Sabbatheiligung for<strong>der</strong>t die „Damaskusschrift“<br />

(e<strong>in</strong> titelloses Werk, das 1896/97 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Esra-<br />

Synagoge <strong>der</strong> jüdischen Karäersekte <strong>in</strong> Alt-Kairo entdeckt und<br />

1910 veröffentlicht wurde). Falls diese Schrift nicht essenischen<br />

Ursprungs ist, steht sie doch mit dem Gedankengut dieser<br />

jüdischen Sekte <strong>in</strong> engem Zusammenhang. Danach ist am<br />

Sabbat verboten: e<strong>in</strong> törichtes o<strong>der</strong> unnützes Wort zu sprechen,<br />

jemandem etwas zu leihen, Gericht zu halten, zukünftige Arbeit<br />

zu planen o<strong>der</strong> vorzubereiten, mehr als tausend Ellen aus <strong>der</strong><br />

Stadt h<strong>in</strong>auszugehen, nicht Bereitgestelltes zu essen, beschmutzte<br />

Kleidung zu tragen, nach eigenem Belieben zu<br />

fasten. Auch für die Tiere gab es beson<strong>der</strong>e Vorschriften: sie<br />

durften nicht weiter als zweitausend Ellen zur Weide gebracht,<br />

we<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Hand geschlagen noch aus dem Haus geführt<br />

werden. „Niemand darf e<strong>in</strong>em Vieh am Sabbattag Geburtshilfe<br />

leisten. Wenn es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Brunnen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Grube fällt, darf<br />

man es am Sabbattag nicht herausziehen.“ Hier wird die<br />

extreme Haltung dieser Sekte deutlich, die selbst im Gegensatz<br />

zu <strong>der</strong> <strong>der</strong> Pharisäer stand.<br />

Die pharisäischen Auslegungen, die es gestatteten, manches<br />

Gesetz <strong>in</strong> vernünftiger Weise zu halten, blieben unbeachtet.<br />

Niemand durfte e<strong>in</strong>en Gegenstand aus se<strong>in</strong>em<br />

221


Grundbegriffe von A-Z<br />

Haus h<strong>in</strong>austragen o<strong>der</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen. Die Verrichtungen im<br />

Haus waren auf das M<strong>in</strong>destmaß beschränkt: e<strong>in</strong> zugeklebtes<br />

Gefäß durfte nicht geöffnet, e<strong>in</strong> Säugl<strong>in</strong>g nicht aufgenommen<br />

und getragen werden. Ke<strong>in</strong> Knecht o<strong>der</strong> Tagelöhner durfte zur<br />

Arbeit getrieben, ke<strong>in</strong> Heide geschickt werden, um eigene<br />

Geschäfts<strong>in</strong>teressen am Sabbat wahrzunehmen. Das wohl<br />

schärfste Gebot lautet: „Wenn e<strong>in</strong> lebendiger Mensch <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Wasserloch o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en (an<strong>der</strong>en <strong>der</strong>artigen) Ort fällt, dann darf<br />

ihn ke<strong>in</strong>er mit Leiter, Strick und Werkzeugen herausziehen.“<br />

Viele dieser Vorschriften wurden von den Juden gehalten,<br />

e<strong>in</strong>ige aber g<strong>in</strong>gen über die übliche Sabbatheiligung h<strong>in</strong>aus.<br />

(Siehe Dam. X, 14-XII, 18, übersetzt <strong>in</strong> J. Leipoldt/W. Grundmann:<br />

Umwelt des Urchristentums II, Berl<strong>in</strong> 1970)<br />

Die Mischna faßt <strong>in</strong> ihrem Traktat über den Sabbat die<br />

verbotenen Arbeiten am Sabbat wie folgt zusammen: „Die<br />

verbotenen Hauptarbeiten s<strong>in</strong>d vierzig weniger e<strong>in</strong>s: Wer sät<br />

und pflügt und erntet und Garben b<strong>in</strong>det; wer drischt und worfelt<br />

und ausliest; wer mahlt und siebt und sp<strong>in</strong>nt; wer webt und zwei<br />

Fäden (auf dem Webstuhl) aufzieht und zwei Fäden flickt und<br />

zwei Fäden trennt; wer e<strong>in</strong>en Knoten knüpft und auflöst und<br />

zwei Stiche näht und aufreißt, um zwei Stiche zu nähen; wer<br />

e<strong>in</strong>e Gazelle jagt, sie schlachtet und das Fell abzieht; wer sie<br />

e<strong>in</strong>salzt und ihr Fell zurichtet und es abschabt und es zerschneidet;<br />

wer zwei Buchstaben schreibt und wie<strong>der</strong> auslöscht,<br />

um zwei Buchstaben zu schreiben; wer baut und e<strong>in</strong>reißt; wer<br />

(Feuer) auslöscht und anzündet; wer mit dem Hammer schlägt;<br />

wer aus e<strong>in</strong>em Bereich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en trägt. Das s<strong>in</strong>d die<br />

Hauptarbeiten, vierzig weniger e<strong>in</strong>s.“ (Traktat Sabbat VII, 2,<br />

übersetzt <strong>in</strong> Eduard Lohse: Umwelt des Neuen Testaments.<br />

Gött<strong>in</strong>gen 1971, S. 128)<br />

Obwohl diese Vorschriften ihre endgültige Gestalt erst im<br />

dritten nachchristlichen Jahrhun<strong>der</strong>t gefunden haben, wird auf<br />

nicht wenige von ihnen <strong>in</strong> neutestamentlichen Geschehnissen<br />

Bezug genommen. Es sche<strong>in</strong>t so, als habe man sich bei <strong>der</strong><br />

Klage gegen die Jünger, sie hätten den Sab-<br />

222


Grundbegriffe von A-Z<br />

bat übertreten, weil sie Ähren abgerissen, sie zwischen den<br />

Händen zerrieben und die Körner gegessen hatten (Matth. 12,<br />

1-8; Mark. 2, 23-28; Luk. 6, 1-5), auf zwei verbotene Hauptarbeiten<br />

– das Ernten und das Worfeln – berufen. Als e<strong>in</strong><br />

Synagogenvorsteher Jesus Vorhaltungen machte, weil er e<strong>in</strong>e<br />

zusammengekrümmte Frau am Sabbat geheilt hatte, erwi<strong>der</strong>te<br />

ihm <strong>der</strong> Herr scharf: „Ihr Heuchler! Löst nicht e<strong>in</strong> jeglicher unter<br />

euch se<strong>in</strong>en Ochsen o<strong>der</strong> Esel von <strong>der</strong> Krippe am Sabbat und<br />

führt ihn zur Tränke?“ (Luk. 13, 15) Ähnliche H<strong>in</strong>weise geben<br />

jene Stellen des Sabbat-Traktats <strong>der</strong> Mischna, <strong>in</strong> denen gesagt<br />

wird, unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen Tiere am Sabbat h<strong>in</strong>ausgeführt<br />

werden dürfen.<br />

Als man den geheilten Lahmen, <strong>der</strong> am Sabbat se<strong>in</strong> Bett<br />

trug (Joh. 5, 5-10), scharf tadelte, begründete man das damit,<br />

daß er e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> 39 verbotenen Arbeiten getan habe, nämlich<br />

„e<strong>in</strong>en Gegenstand von e<strong>in</strong>em Ort zum an<strong>der</strong>n“ getragen.<br />

Wenn Jesus e<strong>in</strong>mal darauf h<strong>in</strong>wies, daß doch die Beschneidung<br />

am Sabbat erlaubt sei (Joh. 7, 22), dann steht das<br />

<strong>in</strong> Beziehung mit jener allgeme<strong>in</strong>en Verfügung, wonach alles,<br />

was zur Beschneidung nötig war, am Sabbat getan werden<br />

durfte. In e<strong>in</strong>igen Fällen, die <strong>in</strong> den Evangelien erwähnt werden,<br />

sche<strong>in</strong>t die jüdische Haltung noch strenger gewesen zu se<strong>in</strong>,<br />

als sie z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mischna zum Ausdruck kommt, die doch<br />

gewisse Heilbehandlungen am Sabbat gestattete. Die Kritik an<br />

den Heilungen, die Jesus am Sabbat vornahm (z. B. Matth. 12,<br />

9-13; Luk. 14, 1-6; Joh. 5, 1-16), läßt sich dadurch erklären, daß<br />

es sich dabei offenkundig um die Heilung chronischer Fälle<br />

gehandelt hat. Darüber h<strong>in</strong>aus fällt auf, daß die Frauen nach<br />

Anbruch des Sabbats den Leichnam Jesu nicht e<strong>in</strong>balsamierten.<br />

Das weist auf e<strong>in</strong>e strengere Sabbatheiligung h<strong>in</strong>, als sie<br />

von <strong>der</strong> Mischna gefor<strong>der</strong>t wurde; denn dort heißt es: „Alles,<br />

was für den Toten erfor<strong>der</strong>lich ist, darf (am Sabbat) getan<br />

werden. Er darf mit Öl gesalbt und gewaschen werden.“<br />

(Traktat Sabbat 23, 5)<br />

223


Grundbegriffe von A-Z<br />

3. Neues Testament<br />

a) Jesus und <strong>der</strong> Sabbat. Die Evangelien enthalten vier<br />

Aussagen Jesu über den Sabbat: Mark 2, 27.28 (= Matth. 12, 8;<br />

Luk. 6, 5); Mark. 3, 4 (= Matth. 12, 12; Luk. 6, 9); Matth. 12,<br />

11.12; Luk. 14, 5. Die Erklärung Jesu <strong>in</strong> Mark. 2, 27. 28: „Der<br />

Sabbat ist um des Menschen willen gemacht, und nicht <strong>der</strong><br />

Mensch um des Sabbats willen. So ist des Menschen Sohn e<strong>in</strong><br />

Herr auch über den Sabbat“ ist Jesu Erwi<strong>der</strong>ung auf die Klage<br />

<strong>der</strong> Pharisäer, daß se<strong>in</strong>e Jünger den Sabbat übertreten hätten,<br />

weil sie Ähren abgerissen und Körner ausgerieben hatten.<br />

We<strong>der</strong> mit diesen Worten noch mit dem H<strong>in</strong>weis auf Davids<br />

Beispiel, <strong>der</strong> die Schaubrote aß, behauptete Jesus, daß se<strong>in</strong>e<br />

Jünger den Sabbat, soweit es die jüdische Auffassung betraf,<br />

nicht übertreten hätten. Nach dem Matthäus-Evangelium erklärt<br />

er sie vielmehr für unschuldig, da <strong>der</strong> Sabbat doch dem Wohl<br />

des Menschen dienen soll. Darüber kann sich ke<strong>in</strong>e Sabbatvorschrift<br />

h<strong>in</strong>wegsetzen.<br />

E<strong>in</strong> rabb<strong>in</strong>isches Wort, aus dem zweiten christlichen<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t überliefert, lautet: „Der Sabbat ist dir gegeben. Du<br />

bist nicht dem Sabbat übergeben.“ Dieses Wort bezieht sich<br />

jedoch nur auf Situationen unmittelbarer Lebensgefahr,<br />

während Jesus das gesamte menschliche Wohlbef<strong>in</strong>den im<br />

Auge hat. (vgl. Strack/Billerbeck, Kommentar zum Neuen<br />

Testament II, 15)<br />

Bei je<strong>der</strong> Krankenheilung Jesu am Sabbat liegt <strong>der</strong> gleiche<br />

Gedanke zugrunde: „Soll man am Sabbat Gutes tun o<strong>der</strong><br />

Böses tun, Leben erhalten o<strong>der</strong> töten?“ (Mark. 3, 4) Da aus<br />

dem Textzusammenhang hervorgeht, daß die Heilungen Jesu<br />

am Sabbat sämtlich an chronisch Kranken geschahen, bei<br />

denen ke<strong>in</strong>e unmittelbare Lebensgefahr bestand (Mark. 3, 1-5;<br />

Luk. 13, 10-17; 14, 1-6; Joh. 5, 1-15; 9, 1-17), wird deutlich, daß<br />

es Jesus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Handeln um mehr g<strong>in</strong>g als nur um körperliche<br />

Heilung.<br />

Die Begegnung mit IHM war letztlich e<strong>in</strong>e Angelegenheit<br />

von Leben o<strong>der</strong> Tod. Durfte nach jüdischer Auffassung <strong>der</strong><br />

Sabbat „übertreten“ werden, wenn es galt, Leben zu ret-<br />

224


Grundbegriffe von A-Z<br />

ten, dann war jede Begegnung mit Jesus, jede Heilung – ob es<br />

sich um e<strong>in</strong> chronisches Leiden handelte o<strong>der</strong> nicht – e<strong>in</strong>e<br />

Frage des Lebens, die von ke<strong>in</strong>er Sabbatvorschrift aufgehoben<br />

werden konnte. Deshalb antwortete Jesus, als man ihn wegen<br />

<strong>der</strong> Heilung des seit 38 Jahren gelähmten Mannes hart angriff:<br />

„Me<strong>in</strong> Vater wirket bis auf diesen Tag, und ich wirke auch“ (Joh.<br />

5, 17).<br />

Wenn man die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen Jesu mit den Pharisäern<br />

über den Sabbat im Zusammenhang betrachtet, dann<br />

sche<strong>in</strong>t es, daß sie e<strong>in</strong> Versuch waren, <strong>in</strong> die Sabbatvorschriften<br />

die Sorge für den Menschen <strong>in</strong> stärkerem Maße h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zulegen<br />

und e<strong>in</strong> tieferes Verständnis für das Grundanliegen des<br />

Sabbats zu vermitteln. Mit se<strong>in</strong>er Gewohnheit, am Sabbat die<br />

Synagoge zu besuchen (Mark. 1, 21; 6, 2; Luk. 4, 16.31; 13, 10)<br />

und an den Gottesdiensten teilzunehmen, bewies Jesus se<strong>in</strong>e<br />

positive Haltung gegenüber dieser E<strong>in</strong>richtung als e<strong>in</strong>er Zeit <strong>der</strong><br />

Anbetung.<br />

b) Paulus und <strong>der</strong> Sabbat. Paulus bezieht sich nur <strong>in</strong> Kol. 2, 16.<br />

17 unmittelbar auf den Sabbat: „So lasset nun niemand euch<br />

e<strong>in</strong> Gewissen machen über Speise o<strong>der</strong> über Trank o<strong>der</strong> über<br />

bestimmte Feiertage o<strong>der</strong> Neumonde o<strong>der</strong> Sabbate. Das alles<br />

ist nur <strong>der</strong> Schatten von dem, was zukünftig se<strong>in</strong> soll; aber<br />

leibhaftig ist es <strong>in</strong> Christus.“<br />

Das Wort „Sabbat“ bezeichnet aber nicht nur den wöchentlich<br />

wie<strong>der</strong>kehrenden Ruhetag, son<strong>der</strong>n auch die sieben<br />

Festsabbate im israelitischen Festjahr (3. Mose 23, 24.32). Von<br />

diesen ist <strong>der</strong> wöchentliche Sabbat deutlich zu unterscheiden<br />

(3. Mose 23, 1-3. 37. 38). „Das Hauptwort Schabbat bezeichnet<br />

den Ruhe- und Feiertag, den Sabbat, wird aber nicht nur für<br />

den siebenten Tag <strong>der</strong> Woche, son<strong>der</strong>n auch für Festtage mit<br />

Arbeitsruhe gebraucht, die nicht mit <strong>der</strong> Woche zusammenhängen,<br />

z. B. für den Versöhnungstag (3. Mose 16, 31; 23, 32; vgl.<br />

auch V. 24). E<strong>in</strong>en solchen Tag nennt man im Unterschied zum<br />

Wochensabbat auch Festsabbat.“ (Lexikon zur Bibel, herausgeg.<br />

von Fritz Rien-<br />

225


Grundbegriffe von A-Z<br />

ecker, Sp. 1166) Es trifft zu, daß die Juden bei <strong>der</strong> Feier des<br />

wöchentlichen Sabbats gewisse kultische For<strong>der</strong>ungen<br />

beachteten, die ihnen vorgeschrieben waren (4. Mose 28, 9.<br />

19). Später wurde e<strong>in</strong>e lange Liste rabb<strong>in</strong>ischer Verbote<br />

h<strong>in</strong>zugefügt. Wenn man also davon ausgeht, daß Paulus hier<br />

vom wöchentlichen Sabbat spricht, dann bezieht er sich auf die<br />

rituelle Heiligung dieses Tages, die e<strong>in</strong> wesentlicher Bestandteil<br />

<strong>der</strong> erstrebten Werkgerechtigkeit im rabb<strong>in</strong>ischen Judentum<br />

war. Doch bereits <strong>in</strong> alttestamentlicher Zeit war solche Sabbatheiligung<br />

e<strong>in</strong> Greuel vor Gott (Jes. 1, 11-15). Der Sabbat ist<br />

älter als alle zeremoniellen Verordnungen und trägt se<strong>in</strong>em<br />

Wesen nach sittlichen Charakter. Wenn er auch später mit dem<br />

Ritualsystem verquickt wurde, konnte ihm dadurch se<strong>in</strong>e<br />

bestehende sittliche Qualität nicht genommen werden. Als<br />

daher die rituellen Verordnungen über den Sabbat aus alttestamentlicher<br />

Zeit mit dem Kreuz Christi h<strong>in</strong>fällig wurden, blieben<br />

se<strong>in</strong>e grundlegende sittliche Bedeutung und die Verpflichtung,<br />

ihn zu beachten, dennoch bestehen.<br />

Da jedoch im Zusammenhang von Kol. 2, 16. 17 von rituellen<br />

D<strong>in</strong>gen die Rede ist, verstehen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> die Stelle so, daß sich die hier erwähnten Sabbate<br />

auf Kultsabbate des jüdischen Festjahres beziehen, die nur e<strong>in</strong><br />

Schatten o<strong>der</strong> Vorbild auf die künftige Erfüllung <strong>in</strong> Christus<br />

waren. Obwohl durch die Wortfolge <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck entstehen<br />

könnte, <strong>der</strong> Sabbat stünde mit den kultischen Feiertagen auf<br />

e<strong>in</strong>er Stufe, kann doch e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige sprachliche Form<br />

ke<strong>in</strong>esfalls die sonst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel bezeugte Tatsache aufwiegen,<br />

daß zu den Vorbil<strong>der</strong>n und Symbolen, die auf Christus h<strong>in</strong>weisen,<br />

<strong>der</strong> Sabbat <strong>der</strong> Zehn Gebote nicht gehört.<br />

In enger Beziehung zu Kol. 2, 16 steht Gal. 4, 10. 11: „Ihr<br />

haltet Tage und Monate und Feste und Jahre. Ich fürchte für<br />

euch, daß ich vielleicht umsonst an euch gearbeitet habe.“<br />

Der Textzusammenhang deutet an, daß sich die Galater<br />

<strong>der</strong> Knechtschaft „<strong>der</strong> Elemente <strong>der</strong> Welt“ (V. 3; Zürcher<br />

226


Grundbegriffe von A-Z<br />

Bibel: „den Naturmächten <strong>der</strong> Welt“; Die Gute Nachricht:<br />

„Herrschaft <strong>der</strong> kosmischen Mächte“) unterworfen hatten. In<br />

ähnlicher Weise spricht Kol. 2, 18 davon, daß die Kolosser<br />

Engel verehrten. Manche Gelehrte verb<strong>in</strong>den diese häretischen<br />

Anschauungen mit denen gewisser jüdischer Sekten, wie etwa<br />

<strong>der</strong> von Qumran, nicht aber mit dem allgeme<strong>in</strong>en zeitgenössischen<br />

Judentum.<br />

An bestimmten Stellen <strong>der</strong> Schriften von Qumran wird viel<br />

von Engeln gesprochen, beson<strong>der</strong>s von gefallenen Engeln, die<br />

angeblich die heidnische Welt beherrschen. Außerdem wurden<br />

sowohl die guten wie die bösen Engel mit Sternen o<strong>der</strong><br />

Planeten identifiziert. Es gibt ausreichend Beweise dafür, daß<br />

im ersten nachchristlichen Jahrhun<strong>der</strong>t die Verehrung <strong>der</strong><br />

Planeten unter den Juden weit verbreitet war. W. Rordorf hat<br />

überzeugend nachgewiesen, daß vom ersten vorchristlichen<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t an <strong>der</strong> Saturn als e<strong>in</strong> unglückbr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Planet<br />

angesehen und von vielen Juden mit <strong>der</strong> Sabbatfeier <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung gebracht wurde. (Der Sonntag, Zürich 1962, S. 28-<br />

37) All das legt den Schluß nahe, daß die Aussagen des Paulus<br />

über das Halten von bestimmten Tagen im Zusammenhang mit<br />

e<strong>in</strong>er judaisierenden Gesetzlichkeit standen, die von e<strong>in</strong>er<br />

irrigen Verehrung von Engeln und Himmelskörpern überlagert<br />

war.<br />

Auf se<strong>in</strong>en Missionsreisen besuchte Paulus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

die jüdischen Synagogen (Apg. 13, 14; 14, 1; 16, 13; 17, 1. 2.<br />

10. 17; 18, 4. 19; 19, 8). Wo immer er e<strong>in</strong>e jüdische Geme<strong>in</strong>de<br />

o<strong>der</strong> Synagoge fand, g<strong>in</strong>g er zuerst am Sabbat dorth<strong>in</strong> und<br />

predigte Christus. Nur wenn die Juden ihn nicht mehr dulden<br />

wollten, suchte er e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Verkündigungsstätte (Apg. 18, 6.<br />

7; 19, 8. 9). Rabb<strong>in</strong>er, die zu Gottesdiensten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Synagoge<br />

zu Gast waren, wurden oft e<strong>in</strong>geladen, an Schriftlesung und<br />

Predigt teilzunehmen. So ergab sich für Paulus – wie das auch<br />

schon bei Jesus <strong>der</strong> Fall war (Luk. 4, 16f.) – e<strong>in</strong>e günstige<br />

Gelegenheit (Apg. 13, 14-41), Sabbatgottesdienste für gläubig<br />

gewordene Heiden durchzuführen. Der Apostel sche<strong>in</strong>t<br />

227


Grundbegriffe von A-Z<br />

dem Beispiel Jesu gefolgt zu se<strong>in</strong>. Lukas macht das durch den<br />

fast gleichen Wortlaut von Luk. 4, 16 und Apg. 17, 2 deutlich.<br />

Wie Jesus durch se<strong>in</strong>e Gepflogenheit und se<strong>in</strong> Handeln den<br />

Gottesdienst am Sabbat bejahte, so tat es auch Paulus.<br />

c) Der Tag des Herrn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung. Johannes schreibt<br />

von se<strong>in</strong>er ersten Vision: „Der Geist kam über mich an des<br />

Herrn Tag“ (Offb. 1, 10). <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen<br />

dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis auf den Sabbat, weil er <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Tag ist,<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heiligen Schrift mit dem Herrn <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

gebracht wird (Jes. 58, 13; Mark. 2, 28). Die frühesten Zeugnisse<br />

dafür, daß <strong>der</strong> Sonntag als „Tag des Herrn“ bezeichnet wird,<br />

tauchen erst Ende des zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts auf.<br />

III. Der Sabbat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirchengeschichte<br />

Die meisten heutigen Christen gehen davon aus, daß schon zur<br />

Zeit <strong>der</strong> Apostel, wenn nicht gar seit <strong>der</strong> Auferstehung Christi,<br />

<strong>der</strong> Sonntag an die Stelle des Sabbats getreten sei. Die Texte<br />

des Neuen Testaments, die vom ersten Tag <strong>der</strong> Woche<br />

sprechen, rechtfertigen diese Annahme nicht. Die aufkommende<br />

Sonntagsfeier, die an die Auferstehung Jesu er<strong>in</strong>nern sollte,<br />

hob zunächst nicht die bestehende Heiligung des Sabbats auf.<br />

Für die frühen Christen war es e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit, den<br />

Sabbat zu heiligen. E<strong>in</strong>ige Christen nahmen später auch den<br />

Sonntag an und feierten beide Tage. Die gleichzeitige Beachtung<br />

bei<strong>der</strong> Tage wird noch Jahrhun<strong>der</strong>te nach dem Aufkommen<br />

<strong>der</strong> Sonntagsfeier bezeugt.<br />

Obwohl <strong>der</strong> Sonntag m<strong>in</strong>destens seit Ende des zweiten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts, vielleicht schon früher, e<strong>in</strong> herausragen<strong>der</strong><br />

religiöser Feiertag war, wurde er doch anfangs nicht als<br />

„Sabbat“ begangen. Sonntägliche Gottesdienste wurden zu<br />

Ehren des Beg<strong>in</strong>ns <strong>der</strong> Erschaffung <strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong> Auferstehung<br />

Christi und <strong>der</strong> am „achten Tag“ vollzogenen „Beschneidung“<br />

des Christen von <strong>der</strong> Sünde gehalten, nicht aber <strong>in</strong> Befolgung<br />

des vierten Gebots.<br />

228


Grundbegriffe von A-Z<br />

Die Lehren des Neuen Testaments gerieten <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen<br />

Kirche rasch <strong>in</strong> Verfall. Die Gerechtigkeit aus dem Glauben<br />

wurde im zweiten Jahrhun<strong>der</strong>t durch Gesetzlichkeit verdrängt,<br />

die Lehre von <strong>der</strong> Natur des Menschen, <strong>der</strong> Natur Christi und<br />

<strong>der</strong> Autorität <strong>der</strong> Schrift beängstigend verfälscht. Ähnliches<br />

geschah mit dem Sabbat, <strong>der</strong> an Gottes Schöpfung und<br />

Erlösung er<strong>in</strong>nern sollte. Paulus schrieb: „Es regt sich bereits<br />

das Geheimnis des Frevels (wörtlich: Gesetzlosigkeit)“ (2.<br />

Thess. 2, 7). Das Zeugnis <strong>der</strong> frühchristlichen Schriftsteller<br />

bestätigt se<strong>in</strong>e Aussage.<br />

Belege über die Feier des Sabbats o<strong>der</strong> Sonntags s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

den frühchristlichen Quellen sehr knapp und versprengt, so daß<br />

jede Interpretation dieser Unterlagen bruchstückhaft bleiben<br />

muß. Ke<strong>in</strong>e Aussage schließt aber die Möglichkeit aus, daß<br />

große Gruppen nichtjüdischer Christen während des zweiten<br />

und dritten Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit dem Gebot<br />

und dem Evangelium den Sabbat gehalten haben. Das<br />

vorhandene Quellenmaterial kann das we<strong>der</strong> bestätigen noch<br />

bestreiten.<br />

Christen, die im zweiten. Jahrhun<strong>der</strong>t den Sabbat nicht<br />

hielten, wandten sich gegen e<strong>in</strong>e Sabbatfeier. Häretische<br />

Christen, die sich etwa um 140 zur Gnosis bekannten, sahen im<br />

Sabbat e<strong>in</strong> Gedächtnis an den Gott des Alten Testaments, den<br />

manche Gnostiker für e<strong>in</strong>en bösen Gott hielten.<br />

Es gab <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche auch Leute, die den Sabbat verachteten.<br />

Just<strong>in</strong> Martyr (um 150 <strong>in</strong> Rom) erklärte, daß er nur den<br />

Juden wegen ihrer offenkundigen Herzenshärtigkeit gegeben<br />

worden sei. Irenäus (um 185) bestritt die Verb<strong>in</strong>dlichkeit des<br />

Sabbatgebots für Christen, so wie es auch für Abraham und die<br />

an<strong>der</strong>n Patriarchen vor Mose unnötig gewesen sei.<br />

Tertullian stimmte zu Beg<strong>in</strong>n des dritten Jahrhun<strong>der</strong>ts den<br />

Auffassungen Just<strong>in</strong>s und des lrenäus zu. In Syrien wurde nach<br />

<strong>der</strong> „Didescalia Apostolorum“ (Mitte des dritten Jahrhun<strong>der</strong>ts)<br />

den zum christlichen Glauben bekehrten Juden befohlen, den<br />

Sabbat aufzugeben, da er zur mo-<br />

229


Grundbegriffe von A-Z<br />

saischen Gesetzgebung gehöre, die durch Christus abgeschafft<br />

worden sei.<br />

Just<strong>in</strong> Martyr, <strong>der</strong> als erster die wöchentliche Sonntagsfeier<br />

erwähnt, spricht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em „Gespräch mit dem Juden<br />

Tryphon“ (Kap. 42) verächtlich über die Judenchristen und<br />

<strong>der</strong>en Bekehrte aus dem Heidentum, die den Sabbat halten. Im<br />

folgenden Jahrhun<strong>der</strong>t ist bei Tertullian von Leuten die Rede,<br />

die dem Sabbat die gleiche Verehrung erweisen wie dem<br />

Sonntag, <strong>in</strong>dem sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche an diesen Tagen beim Gebet<br />

stehen statt knien.<br />

Die sogenannten „Apostolischen Constitutionen“ im vierten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t lehrten, daß <strong>der</strong> Sabbat gehalten werden soll,<br />

weil er e<strong>in</strong> Gedächtnis <strong>der</strong> Schöpfung sei, und daß die Sklaven<br />

nur fünf Tage <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche arbeiten sollten, damit sie am<br />

Sabbat wie am Sonntag Zeit zum Kirchenbesuch hätten. Als <strong>der</strong><br />

zum Christentum bekehrte Kaiser Konstant<strong>in</strong> im Jahr 321 den<br />

Sonntag zu e<strong>in</strong>em gesetzlichen Tag <strong>der</strong> Ruhe erhob, gab das<br />

dem Sonntag den Vorrang, die Sabbatfeier aber wurde damit<br />

nicht untersagt. Das erste Verbot <strong>der</strong> Sabbatruhe wurde von<br />

<strong>der</strong> Kirche selbst erlassen. Das Konzil von Laodicea (etwa<br />

zwischen 343 und 381) befahl den Christen, am „Tag des<br />

Herrn“ nach Möglichkeit zu ruhen, und verbot gleichzeitig das<br />

Ruhen am Sabbat. Weiter wurde verlangt, das Evangelium<br />

während <strong>der</strong> Fastenzeit sowohl am Sabbat wie am „Tag des<br />

Herrn“ zu lesen. Nur diese beiden Tage seien als wöchentliche<br />

Festtage anzusehen. Der Kirchenvater Gregor von Nyssa (4.<br />

Jahrh.) stellte folgende Frage: „Mit was für Augen willst du den<br />

Herrentag anschauen, <strong>der</strong> du den Sabbat nicht <strong>in</strong> Ehren hältst?<br />

O<strong>der</strong> weißt du nicht, daß diese beiden Schwestern s<strong>in</strong>d?“ Die<br />

gleichzeitige Feier von Sabbat und Sonntag wird <strong>in</strong> jener Zeit<br />

für Ägypten und Kle<strong>in</strong>asien bezeugt. Es ist bemerkenswert, daß<br />

die Äthiopische Kirche neben dem Sonntag den Sabbat als<br />

e<strong>in</strong>en Tag völliger Ruhe hielt.<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n des fünften Jahrhun<strong>der</strong>ts predigte August<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Nordafrika sowohl am Sabbat wie am Sonntag. Mitte des<br />

230


Grundbegriffe von A-Z<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts war die Gepflogenheit, an beiden Tagen Gottesdienste<br />

abzuhalten, so weit verbreitet, daß Sokrates von<br />

Konstant<strong>in</strong>opel feststellte, das sei damals „<strong>in</strong> fast allen Kirchen<br />

überall auf <strong>der</strong> Welt“ geschehen, bis auf gewisse alte Traditionen<br />

<strong>in</strong> Alexandrien und Rom. Es ist bemerkenswert, daß<br />

Sokrates die Ausnahmen Rom und Alexandrien erwähnt. Die<br />

Gegnerschaft gegen den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Sabbat war <strong>in</strong> diesen<br />

frühen Jahrhun<strong>der</strong>ten e<strong>in</strong> Kennzeichen <strong>der</strong> römischen Kirche.<br />

Das wird nicht nur daran deutlich, daß man aufhörte, an diesem<br />

Tag Gottesdienst zu halten, son<strong>der</strong>n den Sabbat auch zu e<strong>in</strong>em<br />

Fastentag abwertete. Um 600 bezeichnete Papst Gregor I. alle,<br />

die <strong>in</strong> Rom lehrten, man dürfe am Sabbat ke<strong>in</strong>e Arbeit verrichten,<br />

als Prediger des Antichrist.<br />

H<strong>in</strong>weise auf die Sabbatfeier f<strong>in</strong>den sich später auf den<br />

britischen Inseln zur Zeit Columbans (521-597), weiterh<strong>in</strong> vom<br />

achten bis zwölften Jahrhun<strong>der</strong>t bei gewissen Gruppen <strong>in</strong><br />

Kle<strong>in</strong>asien, denen man vorwarf, we<strong>der</strong> Christen noch Juden zu<br />

se<strong>in</strong>, da sie zwar den Sabbat feierten, nicht aber die Beschneidung<br />

hätten. Im zwölften Jahrhun<strong>der</strong>t haben die Passagier,<br />

e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> zahlreichen Sekten Europas, den Sabbat gehalten. Im<br />

fünfzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t gab es Sabbathalter <strong>in</strong> Norwegen und<br />

im folgenden Jahrhun<strong>der</strong>t ebenso <strong>in</strong> Schweden und F<strong>in</strong>nland.<br />

Auch unter den Waldensern gab es solche, die den Sabbat<br />

hielten.<br />

Während <strong>der</strong> Reformation wurde auch die Sabbatfrage<br />

erörtert. Im Gespräch mit Luther wies Eck auf die Umwandlung<br />

des Sabbats <strong>in</strong> den Sonntag h<strong>in</strong> und sah dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Zeichen <strong>der</strong><br />

Autorität <strong>der</strong> Kirche. Luthers früher Mitarbeiter Karlstadt äußerte<br />

Zweifel über die Berechtigung <strong>der</strong> Sonntagsfeier. Doch die<br />

Reformatoren hielten am Sonntag als kirchlichem Feiertag fest.<br />

Die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten <strong>in</strong> England, die die Sabbatfeier<br />

und die Erwachsenentaufe vertraten, kamen wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

Ende des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts auf. Sie wurden von den<br />

Protestanten hart verfolgt. Die erste Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-Baptisten <strong>in</strong> Amerika wurde 1671 gegrün-<br />

231


Grundbegriffe von A-Z<br />

det. E<strong>in</strong>ige Wie<strong>der</strong>täufer, die von den Reformatoren geächtet<br />

worden waren, sahen den Sonntag als e<strong>in</strong>e. Erf<strong>in</strong>dung des<br />

Papstes an und bezeichneten die Verdrängung des Sabbats als<br />

Werk des Teufels. Auch <strong>in</strong> Ungarn und Siebenbürgen gab es<br />

Sabbathalter. 1635 wurden sie gezwungen, sich den großen<br />

Kirchen anzuschließen, o<strong>der</strong> sie verloren Leben und Eigentum.<br />

In Skand<strong>in</strong>avien erklär ten Gerichte die Sabbathalter als Juden<br />

und Heiden für vogelfrei. Die Subotniki <strong>in</strong> Rußland, die im 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t nach Tausenden zählten, hielten den Sabbat seit<br />

dem 15. Jahrhun<strong>der</strong>t. Sie erlitten <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Hälfte des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts harte Verfolgungen, viele von ihnen wurden nach<br />

Sibirien verbannt. Graf Nikolaus von Z<strong>in</strong>zendorf, <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Brü<strong>der</strong>geme<strong>in</strong>de, hielt beide Tage. Er ruhte am Sabbat und<br />

predigte am Sonntag. Spangenberg, se<strong>in</strong> Nachfolger, berichtet,<br />

daß <strong>der</strong> Graf bei se<strong>in</strong>em Besuch <strong>in</strong> Amerika (Pennsylvanien)<br />

mit <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Mährischen Brü<strong>der</strong> <strong>in</strong> Bethlehem<br />

beschloß, den siebenten Tag als Tag <strong>der</strong> Ruhe zu begehen.<br />

Aber schon vorher gab es <strong>in</strong> Pennsylvanien Deutsche, die den<br />

Sabbat hielten.<br />

IV. Der Sabbat und die <strong>Adventisten</strong><br />

1. Bis zur Klärung <strong>der</strong> Zeit des Sabbatanfangs 1855<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Adventbewegung <strong>in</strong> den Jahren um 1840 wurde<br />

auch die Frage nach <strong>der</strong> „Verb<strong>in</strong>dlichkeit des siebenten Tages<br />

als Sabbat <strong>der</strong> Christen“ erörtert, z. B. von Christian Begg aus<br />

Glasgow (Schottland), <strong>der</strong> Artikel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeitschrift <strong>der</strong><br />

Millerbewegung schrieb. Er wurde später <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

Baptist. Die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten, die sich 1802 <strong>in</strong><br />

Amerika mit 1130 Glie<strong>der</strong>n organisiert hatten, begannen mit <strong>der</strong><br />

Herausgabe e<strong>in</strong>er Zeitschrift (Sabbath Recor<strong>der</strong>), die im W<strong>in</strong>ter<br />

1844/45 zu e<strong>in</strong>er Erneuerung <strong>der</strong> Sabbatfeier aufrief und von<br />

vielen <strong>Adventisten</strong> gelesen wurde. Es gab <strong>in</strong> <strong>der</strong> Millerbewegung<br />

schon vor <strong>der</strong> „Enttäuschung“ vom 22. Oktober 1844<br />

e<strong>in</strong>zelne, die darüber nachdachten, ob nicht <strong>der</strong> siebente Tag<br />

heilig zu halten sei.<br />

232


Grundbegriffe von A-Z<br />

Im allgeme<strong>in</strong>en nimmt man an, daß Adventgläubige zuerst<br />

<strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton (New Hampshire) den Sabbat gehalten<br />

haben. Die meisten Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> dortigen „Christian Brethren<br />

Church“ (e<strong>in</strong>e auf deutsche E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er zurückgehende<br />

pietistisch-täuferische Geme<strong>in</strong>schaft) waren von Malers<br />

Botschaft erfaßt worden. Unter ihnen verteilte Kachel Oakes<br />

(später verehelichte Preston) Schrifttum <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

Baptisten, so daß die Aufmerksamkeit dieser Gläubigen auf den<br />

Sabbat gelenkt wurde. Fre<strong>der</strong>ick Wheeler, e<strong>in</strong> methodistischer<br />

Prediger, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Adventbewegung angeschlossen hatte<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> „Christian Brethren Church“ <strong>in</strong><br />

Wash<strong>in</strong>gton predigte, begann nach eigenen Angaben im März<br />

1844 den Sabbat zu halten. Ihm schlossen sich die Familie<br />

Farnsworth und e<strong>in</strong>ige an<strong>der</strong>e Gläubige an, so daß sich Ende<br />

1844 die erste Gruppe sabbathalten<strong>der</strong> <strong>Adventisten</strong> bildete. Sie<br />

übernahmen den Sabbat entsprechend dem Verständnis <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten. 1850 nahmen sie Verb<strong>in</strong>dung mit<br />

jener Gruppe um J. Bates und James und E. G. White auf, die<br />

den Sabbat <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong> Botschaft des dritten Engels<br />

aus Offb. 14 lehrte und die <strong>der</strong> Kern für die spätere Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> wurde. Erst 1862 wurde<br />

die Gruppe <strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton (New Hampshire) e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>..<br />

T. M. Preble, e<strong>in</strong> bekannter Prediger <strong>der</strong> Millerbewegung,<br />

wohnte nicht weit von Wash<strong>in</strong>gton (New Hampshire) entfernt.<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lich hörte er vom Sabbat durch e<strong>in</strong> Glied <strong>der</strong><br />

„Christian Brethren Church“ <strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton. Jedenfalls begann<br />

er im August 1844 den Sabbat zu halten. E<strong>in</strong> von ihm veröffentlichter<br />

Aufsatz <strong>in</strong> „Hope of Israel“, <strong>der</strong> später als Broschüre<br />

erschien, machte viele <strong>Adventisten</strong> mit dem biblischen Sabbat<br />

bekannt. Dieser Artikel überzeugte Joseph Bates davon, daß es<br />

nie e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung dieses Tages gegeben hat. Beson<strong>der</strong>s<br />

bee<strong>in</strong>druckte ihn Prebles Feststellung: „So erkennen wir die<br />

Erfüllung von Dan. 7, 25 dar<strong>in</strong>, daß das ,kle<strong>in</strong>e Horn‘ Zeit und<br />

Gesetz<br />

233


Grundbegriffe von A-Z<br />

än<strong>der</strong>t“, ebenso die Erklärung: „Alle, die den ersten Tag <strong>der</strong><br />

Woche als Sabbat feiern, halten den Sonntag des Papstes und<br />

übertreten den Sabbat Gottes.“<br />

Als Bates hörte, daß es <strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton (New Hampshire)<br />

Sabbathalter gab, reiste er 200 Kilometer und traf Fre<strong>der</strong>ick<br />

Wheeler und die Familie Farnsworth. Im Mai 1846 veröffentlichte<br />

Bates e<strong>in</strong>e Broschüre (The Open<strong>in</strong>g Heavens), <strong>in</strong> <strong>der</strong> er<br />

se<strong>in</strong>e tiefe Oberzeugung zum Ausdruck brachte, daß die<br />

Sabbatheiligung biblische Weisung ist. Noch e<strong>in</strong>drucksvoller<br />

war die von ihm im August 1846 geschriebene Broschüre: „Der<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Sabbat, e<strong>in</strong> für alle Zeiten gültiges Zeichen“.<br />

Sie erwies sich als wirksames Mittel bei <strong>der</strong> Verbreitung <strong>der</strong><br />

Botschaft über den biblischen Sabbat. Durch Bates erfuhren<br />

auch O. R. L. Crosier und Hiram Edson vom Sabbat. Crosier<br />

hielt ihn aber nur kurze Zeit. Ellen Harmon (White) hörte<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich erstmals vom Sabbat, als sie mit ihrer Schwester<br />

und James White 1846 Joseph Bates <strong>in</strong> New Bedford<br />

(Massachusetts) besuchte. Aber sie stimmte <strong>der</strong> Auffassung<br />

von Bates über den Sabbat zunächst nicht zu.<br />

James White und Ellen Harmon heirateten im August<br />

1846, <strong>in</strong> demselben Monat, <strong>in</strong> dem die zweite Sabbat-<br />

Broschüre von Bates erschien. Die Whites erhielten e<strong>in</strong><br />

Exemplar davon. Die biblische Beweisführung überzeugte sie.<br />

„Im Herbst 1846“, schrieb E. G. White später, „begannen wir<br />

den biblischen Sabbat zu halten, zu verkündigen und öffentlich<br />

zu vertreten.“ Damals gab es im Bundesstaat Ma<strong>in</strong>e etwa 25<br />

<strong>Adventisten</strong>, die den Sabbat hielten, und ungefähr dieselbe<br />

Anzahl an an<strong>der</strong>en Orten Neu-Englands.<br />

Es ist beachtenswert, daß E. G. White den Sabbat hielt,<br />

ehe sie e<strong>in</strong>e Vision darüber hatte: „Ich war von <strong>der</strong> Wahrheit <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Sabbatfrage überzeugt, bevor ich darüber etwas <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Vision gesehen hatte. Erst Monate später, nachdem ich<br />

angefangen hatte, den Sabbat zu halten, wurde mir se<strong>in</strong>e<br />

Bedeutung und Stellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> dritten Engelsbotschaft gezeigt.“<br />

234


Grundbegriffe von A-Z<br />

Diese Vision über die Bedeutung des Sabbats hatte E. G.<br />

White am ersten Sabbat im April 1847. Sie teilte Joseph Bates<br />

ihre Erfahrung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief mit, den dieser kurze Zeit später<br />

drucken ließ. So kamen die ersten <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

durch ernstes Bibelstudium und Gebet zur Erkenntnis des<br />

Sabbats. E<strong>in</strong>e spätere Vision stärkte sie lediglich <strong>in</strong> ihrer<br />

Überzeugung. Obwohl nicht organisiert, begannen die sabbathaltenden<br />

<strong>Adventisten</strong> 1848 e<strong>in</strong>e Reihe kle<strong>in</strong>er örtlicher<br />

Versammlungen abzuhalten. Später wurden sie „Sabbatkonferenzen“<br />

genannt, weil sich die Teilnehmer als „Freunde des<br />

Sabbats“ „aus Interesse an <strong>der</strong> dritten Engelsbotschaft“ trafen.<br />

Die erste fand <strong>in</strong> Rocky Hill (Connecticut) am 20. April statt,<br />

weitere im Staat New York und an an<strong>der</strong>n Orten <strong>der</strong> Neu-<br />

England-Staaten. Verschiedene Lehrfragen wurden behandelt,<br />

ebenso die Sabbatfrage. Auf diesen Konferenzen wurde die<br />

Erkenntnis über den Zusammenhang von Sabbat und dritter<br />

Engelsbotschaft (Offb. 14, 9-12) zu e<strong>in</strong>em wesentlichen Teil <strong>der</strong><br />

Adventbotschaft.<br />

Ungeklärt aber war noch die Frage, zu welcher Tageszeit<br />

die Sabbatfeier beg<strong>in</strong>nen und wann sie enden sollte. Joseph<br />

Bates war <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, <strong>der</strong> Sabbat beg<strong>in</strong>ne am Freitagabend<br />

um sechs Uhr. (Review and Herald, 21. April 1851) Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten<br />

darüber bestanden noch Jahre fort. James<br />

White schrieb jedoch 1855: „Wir waren nie ganz befriedigt von<br />

den Gründen, die für sechs Uhr abends angeführt wurden ...<br />

Die Sache ließ uns nicht zur Ruhe kommen, aber wir haben nie<br />

Zeit gefunden, sie e<strong>in</strong>gehend zu erforschen.“ (Review and<br />

Herald, 4. Dezember 1855)<br />

Schließlich wurde J. N. Andrews um e<strong>in</strong>e gründliche Untersuchung<br />

gebeten. Se<strong>in</strong> Artikel, <strong>in</strong> dem er nachwies, daß auf<br />

Grund des Alten wie des Neuen Testaments „Abend“ Sonnenuntergang<br />

bedeute (Review and Herald, 4. Dezember 1855),<br />

wurde Ende 1855 auf e<strong>in</strong>er Konferenz verlesen. Die meisten<br />

übernahmen se<strong>in</strong>e Auffassung. Joseph Bates und E. G. White<br />

blieben jedoch zunächst bei ihrem<br />

235


Grundbegriffe von A-Z<br />

Standpunkt, daß <strong>der</strong> Sabbat Freitagabend sechs Uhr beg<strong>in</strong>ne.<br />

Gegen Ende dieser Konferenz wurde E. G. White <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Vision gezeigt, daß <strong>der</strong> Sabbat von Sonnenuntergang bis<br />

Sonnenuntergang gehalten werden soll. James White schrieb<br />

darüber 1868: „Das klärte die Sache mit Bru<strong>der</strong> Bates und<br />

an<strong>der</strong>n, und seither herrscht allgeme<strong>in</strong>e Übere<strong>in</strong>stimmung <strong>in</strong><br />

dieser Frage.“ (Review and Herald, 25. Februar 1868)<br />

2. Sabbat und Prophetie<br />

Als die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die biblische Lehre vom<br />

Sabbat von den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten übernahmen,<br />

stimmten sie auch <strong>der</strong>en Auslegung über die Verän<strong>der</strong>ung des<br />

Sabbats zum Sonntag zu. Schon im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t hatten<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten <strong>in</strong> Europa die Verän<strong>der</strong>ung des<br />

Sabbats mit <strong>der</strong> Weissagung vom „kle<strong>in</strong>en Horn“ <strong>in</strong> Dan. 7, mit<br />

dem symbolischen Babylon (Offb. 17) und e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> Tiere <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Offenbarung <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht. (vgl. Froom IV, 919.<br />

908-916) 1847 veröffentlichten die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten <strong>in</strong><br />

Amerika George Carlows Schrift „Die verteidigte Wahrheit“<br />

(Truth Defended 1724) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Neuauflage. Dar<strong>in</strong> wird <strong>der</strong><br />

Sabbat auch aus geschichtlichen Gründen verteidigt. 1852<br />

folgte e<strong>in</strong> Sammelband von 17 kle<strong>in</strong>en Broschüren über den<br />

Sabbat, die <strong>in</strong> den Jahren um 1840 und früher meist e<strong>in</strong>zeln<br />

erschienen waren.<br />

Der erste <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Adventist, <strong>der</strong> über die Geschichte<br />

<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung des Sabbats schrieb, war Joseph<br />

Bates. In se<strong>in</strong>er Broschüre „Der <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Sabbat, e<strong>in</strong> für<br />

alle Zeiten gültiges Zeichen“, 1846 (The Seventh-Day-Sabbath<br />

a Perpetual Sign) br<strong>in</strong>gt er zum Ausdruck, daß er Preble für<br />

bestimmte Informationen Dank schulde, beson<strong>der</strong>s für den<br />

H<strong>in</strong>weis, daß die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung über Sabbat und<br />

Sonntag bis zur Zeit von Papst Gregor I. (590-604) h<strong>in</strong> und her<br />

g<strong>in</strong>g und daß <strong>in</strong> Dan. 7 diese Entwicklung vorausgesagt sei.<br />

Das hatte Preble von den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten übernommen.<br />

James White g<strong>in</strong>g<br />

236


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>in</strong> elf Nummern <strong>der</strong> „Present Truth“ (1849-1850 hauptsächlich<br />

auf die Sabbatfrage e<strong>in</strong>. In diesen Abhandlungen führte White<br />

längere Auszüge aus den von den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten<br />

herausgegebenen Broschüren über den Sabbat an.<br />

Bei <strong>der</strong> Auslegung <strong>der</strong> Weissagungen g<strong>in</strong>gen die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

bald über die Deutungen Bates <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

ersten Auflage se<strong>in</strong>er Broschüre „Der <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Sabbat“<br />

(The Seventh-Day-Sabbath 1846) h<strong>in</strong>aus. Bates bezog nicht<br />

nur Dan. 7, 25 auf die Verän<strong>der</strong>ung des Sabbats. Er erwähnte<br />

auch die Drei-Engel-Botschaften aus Offb. 14 und betonte <strong>in</strong><br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> Botschaft des dritten Engels das Halten<br />

<strong>der</strong> Gebote und den Glauben an Jesus, wobei er beson<strong>der</strong>s auf<br />

das Sabbatgebot e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g.<br />

In <strong>der</strong> zweiten Auflage (1847) erläuterte er, daß alle, die<br />

sich durch die Botschaft des dritten Engels herausrufen ließen,<br />

zu dem Volk gehörten, das aus den Kirchen Baby-Ions ausgegangen<br />

ist und die Gebote e<strong>in</strong>schließlich des vierten hält. Sie<br />

haben sich „<strong>in</strong> den vergangenen zwei Jahren <strong>in</strong> Gruppen<br />

geschart auf Grund <strong>der</strong> Gebote Gottes und des Glaubens o<strong>der</strong><br />

Zeugnisses Jesu“, e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e verfolgte Schar, die im Gegensatz<br />

zum falschen Sabbat, „e<strong>in</strong>em Malzeichen des Tieres“, den<br />

wahren Sabbat beachtet. Ebenso brachte James White 1847<br />

den Sabbat mit <strong>der</strong> Botschaft des dritten Engels aus Offb. 14 <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung.<br />

Bates schrieb 1849, daß während e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> „Sabbatkonferenzen“<br />

im November 1848 zu Dorchester (Massachusetts)<br />

jene Gruppe, die sich mit <strong>der</strong> Versiegelung nach Offb. 7 befaßt<br />

hatte, durch das Zeugnis von E. G. White zu <strong>der</strong> Überzeugung<br />

kam, daß im „Siegel des lebendigen Gottes“ (Offb. 7, 2) <strong>der</strong><br />

Sabbat mit e<strong>in</strong>geschlossen ist.<br />

Bates legte erneut Nachdruck auf das Bibelstudium und<br />

wies auf Grund von Offb. 13, 16 auf jene „ungöttliche Macht“<br />

h<strong>in</strong>, „aus <strong>der</strong> Gottes Volk herausgerufen worden ist“. Diese<br />

Macht werde „e<strong>in</strong> Gesetz erlassen mit dem aus-<br />

237


Grundbegriffe von A-Z<br />

drücklichen Ziel, daß sich alle vor ihr beugen und des Papstes<br />

Sabbat halten“, o<strong>der</strong> es werde ihnen verboten, zu kaufen o<strong>der</strong><br />

zu verkaufen. (A Seal of the Liv<strong>in</strong>g God)<br />

3. Der Sabbat <strong>in</strong> den ersten Veröffentlichungen <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

Nachdem die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> im Juli 1849 ihr<br />

Verlagswerk aufgenommen hatten, erschienen <strong>in</strong> den Zeitschriften<br />

zahlreiche Artikel über den Sabbat. Gegen Ende desselben<br />

Jahres wurde die erste Broschüre (The Weekly Sabbath)<br />

angezeigt, e<strong>in</strong> 24seitiger Neudruck des Artikels von James<br />

White über den Sabbat. Das sollte <strong>der</strong> Anfang e<strong>in</strong>er ganzen<br />

Reihe werden. Auch später wurden Artikel, die <strong>in</strong> adventistischen<br />

Zeitschriften erschienen waren, als Broschüren herausgebracht.<br />

Die ersten Artikel über den Sabbat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitschrift <strong>der</strong><br />

frühen <strong>Adventisten</strong> „Present Truth“ (1849) und <strong>in</strong> dem ab 1850<br />

herausgegebenen „Review and Herald“ hatten e<strong>in</strong>en beachtlichen<br />

Umfang. So setzte sich James White <strong>in</strong> „Present Truth“<br />

vom Juli 1849 mit jenen Aussagen des Apostels Paulus<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, die häufig als Beweis dafür herangezogen<br />

wurden, daß <strong>der</strong> Sabbat nicht mehr zu halten sei, „die jedoch<br />

nicht das me<strong>in</strong>en, was man ihnen unterstellt, und die nicht den<br />

ger<strong>in</strong>gsten Beweis für die Abschaffung des wöchentlichen<br />

Sabbats liefern“. Indem er auf Gal. 5, 4 e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g, fragte er, ob die<br />

Gegner des Sabbats wirklich glauben, was sie auf Grund dieses<br />

Textes behaupten, daß man durch das Halten des vierten<br />

Gebotes „aus <strong>der</strong> Gnade“ fällt, und ob wir „aus <strong>der</strong> Gnade“<br />

fallen, wenn wir die an<strong>der</strong>n neun Gebote halten. In <strong>der</strong> nächsten<br />

Nummer g<strong>in</strong>g es ihm darum zu zeigen, „daß h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Beachtung des heiligen Sabbats <strong>in</strong> beiden Testamenten <strong>der</strong><br />

Heiligen Schrift völlige Übere<strong>in</strong>stimmung besteht“, und führte<br />

Luk. 23, 54-56 als Beweis für die neutestamentliche Sabbatheiligung<br />

an. „Jesus streifte die Überlieferungen ab, mit denen<br />

verblendete Juden den Sabbat umgeben hatten, und ließ ihn –<br />

von allem Beiwerk befreit – auf<br />

238


Grundbegriffe von A-Z<br />

dem ewigen Grund des vierten Gebotes bestehen.“ (Present<br />

Truth, August 1849)<br />

In <strong>der</strong> dritten Nummer von „Present Truth“ befaßte sich<br />

James White mit dem Sabbat im Neuen Testament. Matth. 24,<br />

20 zog er als Beweis dafür heran, daß <strong>der</strong> Sabbat auch noch<br />

drei Jahrzehnte nach <strong>der</strong> Kreuzigung Jesu se<strong>in</strong>e Gültigkeit<br />

hatte. Ober den Apostel Paulus schrieb er <strong>in</strong> diesem Zusammenhang:<br />

„Die den Sabbat ablehnen, machen aus Paulus e<strong>in</strong>en <strong>der</strong><br />

wi<strong>der</strong>spruchsvollsten Männer unter den Verkündigern des<br />

Evangeliums; denn sie sagen, er habe die Galater, die Römer<br />

und die Kolosser gelehrt, daß <strong>der</strong> Sabbat abgeschafft sei; zur<br />

gleichen Zeit aber predigte er Juden und Heiden nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Synagoge, son<strong>der</strong>n auch an<strong>der</strong>norts jeden Sabbat! Die Juden<br />

erhoben gegen Paulus nie die Anklage, daß er vom Buchstaben<br />

des Sabbatgebotes abgewichen sei. Das ist e<strong>in</strong> starker<br />

Beweis dafür, daß er ihn gewissenhaft hielt. Wir alle wissen,<br />

wenn <strong>der</strong> Apostel die Abschaffung des Sabbats gelehrt hätte,<br />

dann hätten ihn die Juden <strong>der</strong> Sabbatübertretung angeklagt;<br />

denn sie waren darauf aus, Anschuldigungen gegen ihn zu<br />

erheben.“ (a. a. O., August 1849)<br />

Auf die Frage, warum im Neuen Testament verhältnismäßig<br />

wenig von <strong>der</strong> Sabbatfeier geschrieben wird, antwortete<br />

James White: „Es bestand ke<strong>in</strong>e Notwendigkeit, Nachdruck auf<br />

das Sabbatgebot zu legen, weil es <strong>in</strong> den Tagen <strong>der</strong> Apostel<br />

nicht <strong>in</strong> dem Maße übertreten wurde wie die an<strong>der</strong>en neun. Der<br />

e<strong>in</strong>zige natürliche Grund, warum die Apostel nicht die Sünde<br />

<strong>der</strong> Sabbatübertretung anprangerten, war <strong>der</strong>, daß diese Sünde<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen Kirche nicht bestand.“<br />

James White rechtfertigte die Betonung, die <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> auf den Sabbat legen, und wies h<strong>in</strong> auf Jes.<br />

58, 12. 13, wo e<strong>in</strong>e Wie<strong>der</strong>herstellung des Sabbats „am Ende<br />

<strong>der</strong> Zeit“ vorausgesagt wird: „Wir sehen, daß das wichtige Werk<br />

des Zumauerns <strong>der</strong> Lücken im Gesetz Gottes durch das Lehren<br />

und Halten des so lange Zeit<br />

239


Grundbegriffe von A-Z<br />

nie<strong>der</strong>getretenen Sabbats genau hierher gehört, ehe die vier<br />

Engel die vier W<strong>in</strong>de loslassen. Das Israel Gottes soll das<br />

ganze Gesetz halten und mit dem Siegel des Iebendigen<br />

Gottes versiegelt werden. Dadurch wird es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, im<br />

Streit am Tage des Herrn zu bestehen. Wir haben über das<br />

Sabbatgebot mehr zu sagen als über die an<strong>der</strong>n neun, weil<br />

dieses e<strong>in</strong>e Gebot so nie<strong>der</strong>getreten wurde.“ (a. a. O., September<br />

1849)<br />

Auf die Frage: „Glauben Sie, daß man durch Sabbathalten<br />

selig werden kann?“ gab James White folgende Erklärung:<br />

„Wir glauben nicht, daß man durch den Sabbat selig wird,<br />

ebensowenig wie durch die an<strong>der</strong>n neun Gebote. Die Erlösung<br />

geschieht durch Jesus Christus, unsern Herrn. Ich möchte aber<br />

dem Leser e<strong>in</strong>e Frage stellen: Glauben Sie, daß wir durch<br />

Jesus erlöst werden, wenn wir alle o<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong>es von den neun<br />

Geboten mißachten? Sie antworten: Ne<strong>in</strong>. Ebensowenig kann<br />

man die Erlösung durch Jesus erlangen, wenn man die klare<br />

Erkenntnis über den heiligen Sabbat verwirft.“ (The Advent<br />

Review, September 1850)<br />

Bezüglich <strong>der</strong> geschichtlichen Tatsachen über die Verän<strong>der</strong>ung<br />

des Sabbats <strong>in</strong> <strong>der</strong> christlichen Frühzeit und die Feier<br />

von Sabbat und Sonntag <strong>in</strong> späteren Zeiten stützten sich die<br />

<strong>Adventisten</strong> noch e<strong>in</strong>e Zeitlang auf Veröffentlichungen <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten. Die 1851 von James White veröffentlichte<br />

Schrift „Der biblische Sabbat“ war <strong>der</strong> Neudruck e<strong>in</strong>er<br />

Veröffentlichung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten. In se<strong>in</strong>en<br />

beiden Abhandlungen „E<strong>in</strong>e Wi<strong>der</strong>legung <strong>der</strong> Gründe für das<br />

Sonntaghalten“ (1853) und „Der erste Wochentag, nicht <strong>der</strong><br />

Sabbat“ (1854) zitierte J. N. Andrews ausgiebig aus e<strong>in</strong>em<br />

Werk <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten mit dem Titel „Geschichte<br />

des Sabbats“. 1859 brachte Andrews die erste selbständige<br />

adventistische Studie über dieses Problem heraus, e<strong>in</strong>e<br />

96seitige Broschüre mit dem Titel „Geschichte des Sabbats und<br />

des ersten Tages <strong>der</strong> Woche“ (History of the Sabbath and First<br />

Day of the Week). 1862 folgte die erste Auflage e<strong>in</strong>es 340<br />

240


Grundbegriffe von A-Z<br />

Seiten starken Buches mit demselben Titel. E<strong>in</strong>e erweiterte und<br />

leicht revidierte zweite Auflage erschien 1873 und e<strong>in</strong>e dritte,<br />

fast unverän<strong>der</strong>te, 1887 nach Andrews‘ Tod. Andrews übernahm<br />

im wesentlichen das Konzept <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

Baptisten, aber er überprüfte die Quellen und führte Stellungnahmen<br />

sonntaghalten<strong>der</strong> Autoren an.<br />

1891 übersetzte L. R. Conradi das Buch von Andrews<br />

über die Geschichte des Sabbats <strong>in</strong>s Deutsche und glich es e<strong>in</strong><br />

wenig den deutschen Gegebenheiten an. 1912 brachte er es<br />

als Mitverfasser <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gründlich überarbeiteten und erweiterten<br />

vierten Auflage heraus. Während Andrews <strong>in</strong> <strong>der</strong> Judenfe<strong>in</strong>dschaft<br />

die Hauptursache für die weitverbreitete Ablehnung<br />

des Sabbats unter den frühen Christen sah, fügte Conradi<br />

(wahrsche<strong>in</strong>lich bee<strong>in</strong>flußt von Adolf von Harnack) den Gnostizismus<br />

als zweite Hauptursache h<strong>in</strong>zu. Wenn auch das Werk<br />

von Andrews und Conradi schon lange vergriffen ist, war es<br />

doch richtungweisend für alle folgenden adventistischen<br />

Veröffentlichungen über diese Frage.<br />

V. Wie <strong>Adventisten</strong> den Sabbat halten<br />

In <strong>der</strong> Art und Weise <strong>der</strong> Sabbatheiligung berufen sich die<br />

<strong>Adventisten</strong> auf die Heilige Schrift. Gott ruhte am siebenten Tag<br />

(1. Mose 2, 2. 3) und gebot im vierten Gebot se<strong>in</strong>em Volk<br />

ebenso Ruhe (2. Mose 20, 8-11). Jesaja, <strong>der</strong> im e<strong>in</strong>zelnen auf<br />

die Ruhe e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g, rief das Volk auf, sich am Sabbat <strong>der</strong> eigenen<br />

Geschäfte und leeren Geschwätze zu enthalten, damit dieser<br />

Tag e<strong>in</strong>e „Lust“ und Gott heilig sei (Jes. 58, 12. 13). Christus<br />

betonte stets die geistliche E<strong>in</strong>stellung, die Voraussetzung für<br />

wahres Sabbathalten ist, und erklärte, daß es dem Gesetz<br />

entspricht, am Sabbat Gutes zu tun und zu heilen (Matth. 12, 8-<br />

14; vgl. Mark. 2, 23-28).<br />

Die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> legen Nachdruck auf die<br />

positive Seite <strong>der</strong> Sabbatheiligung. Sie begehen diesen Tag im<br />

Geist <strong>der</strong> Anbetung und Herzensh<strong>in</strong>gabe und nicht <strong>in</strong> gesetzlicher<br />

Weise, um Gottes Gunst zu erwerben. Der<br />

241


Grundbegriffe von A-Z<br />

Sabbat beg<strong>in</strong>nt für sie mit Sonnenuntergang am Freitag und<br />

endet mit Sonnenuntergang am Sonnabend. Sie glauben, daß<br />

je<strong>der</strong> Augenblick des Sabbats geheiligte Zeit ist, und s<strong>in</strong>d<br />

bemüht, alles fernzuhalten, was ihm wi<strong>der</strong>spricht. Dabei ist für<br />

sie <strong>der</strong> Freitag <strong>der</strong> „Rüsttag“ auf den Sabbat (vgl. Mark. 15, 42).<br />

„Der Sabbat ist nicht als e<strong>in</strong>e Zeit <strong>der</strong> Untätigkeit zu verstehen.<br />

Das Gebot untersagt alle weltliche Arbeit am Ruhetag<br />

des Herrn. Die Alltagsarbeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts<br />

soll aufhören. Was an diesem Tag an weltlichem Vergnügen<br />

o<strong>der</strong> um des Verdienens willen geschieht, entspricht nicht<br />

dem Gebot Gottes. Wie Gott se<strong>in</strong> Schöpfungswerk beendete,<br />

am Sabbat ruhte und diesen Tag segnete, so soll <strong>der</strong> Mensch<br />

se<strong>in</strong>e Alltagsarbeit e<strong>in</strong>stellen und die heiligen Stunden zu<br />

erholsamer Ruhe und Andacht verwenden und als e<strong>in</strong>e<br />

Gelegenheit ansehen, Gutes zu tun.“ (DA 207)<br />

SATAN<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen <strong>in</strong> Satan e<strong>in</strong> persönliches<br />

Wesen, e<strong>in</strong>en gefallenen Engel, <strong>der</strong> Luzifer (Lichtträger)<br />

genannt wurde (vgl. Jes. 14, 12-14) und die hohe Stellung<br />

e<strong>in</strong>es „schirmenden Cherub“ (Hes. 28, 14) <strong>in</strong>nehatte. Der Stolz<br />

auf se<strong>in</strong>e Weisheit und Schönheit, die ihm von Gott verliehen<br />

worden waren, ließ ihn zu Fall kommen (Hes. 28, 12. 17). Er<br />

verführte e<strong>in</strong> Drittel <strong>der</strong> Engel (Offb. 12, 4) und wurde mit ihnen<br />

aus dem Himmel verstoßen (Offb. 12, 8. 9; vgl. 2. Petr. 2, 4;<br />

Jud. 6).<br />

Indem er die Schlange als Werkzeug <strong>der</strong> Versuchung benutzte,<br />

betrat er den Garten Eden, verführte den Menschen zur<br />

Sünde (1. Mose 3, 1-6) und brachte damit Sünde und Tod über<br />

alle Menschen (Röm. 5, 12; vgl. 3, 23). Seit dieser Zeit besteht<br />

se<strong>in</strong> Werk dar<strong>in</strong>, Menschen zu verblenden, <strong>in</strong> Sünde zu<br />

verstricken, zu täuschen und zu verführen (2. Kor. 11, 3. 14; 2.<br />

Tim. 2, 26; 1. Petr. 5, 8; Offb. 12, 9).<br />

242


Grundbegriffe von A-Z<br />

Satan wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel unter verschiedenen Namen erwähnt<br />

Offb. 12, 9 spricht von ihm als „dem großen Drachen, <strong>der</strong> alten<br />

Schlange“. Beelzebub (Matth. 12, 24), Belial (2. Kor. 6, 15),<br />

Versucher (Matth. 4, 3), Wi<strong>der</strong>sacher (1. Petr. 5, 8), Fürst <strong>der</strong><br />

Welt (Joh. 14, 30) s<strong>in</strong>d weitere Bezeichnungen. Er ist <strong>der</strong><br />

Anführer <strong>der</strong> gefallenen Engelwelt (Off b. 12, 4. 7; 2. Petr. 2, 4).<br />

Nach Offb. 20 wird Satan während <strong>der</strong> Tausend Jahre<br />

nach Christi Wie<strong>der</strong>kunft auf <strong>der</strong> entvölkerten Erde „gebunden“<br />

se<strong>in</strong>. Danach wird er „aus se<strong>in</strong>em Gefängnis“ los, wenn die<br />

gottlosen Toten zum Leben zurückgerufen werden. Er wird sie<br />

so wie <strong>in</strong> früherer Zeit verführen, zu e<strong>in</strong>em letzten Angriff auf<br />

Gottes Herrschaft verleiten und mit ihnen die heilige Stadt<br />

angreifen, die nach den Tausend Jahren vom Himmel herabkommen<br />

wird. Dann wird Feuer vom Himmel fallen und Satan<br />

mit all se<strong>in</strong>en Anhängern vernichten. „Auf die Frage, warum<br />

Gott den Teufel wirken läßt und nicht gleich vernichtet hat, ist<br />

zu antworten: Gott hat das Böse nicht gewollt und ist auch nicht<br />

verantwortlich dafür (Matth. 13, 37.39). Er läßt aber das Böse<br />

ausreifen, damit – nach dem Gleichnis vom Unkraut unter dem<br />

Weizen – nicht auch das Gute mit ausgerauft werde (Matth. 13,<br />

29). Gott läßt Satan gewähren, damit offenbar werde, daß se<strong>in</strong><br />

Verdammungsurteil über ihn gerecht ist (vgl. 1. Mose 3, 15. 16).<br />

Die abgrundtiefe Bosheit Satans muß vor dem ganzen Weltall<br />

enthüllt werden, um dadurch e<strong>in</strong> Exempel für alle Zeiten zu<br />

statuieren ... Durch das Kreuz Christi ist Satan geschlagen und<br />

entlarvt (Offb. 12, 12).“ (PP 42)<br />

Die Engel, die sich Satans Führung unterordneten und<br />

aus dem Himmel verstoßen wurden, führen seither die Befehle<br />

des großen Betrügers aus. Ständig suchen sie Leid und Tod<br />

über die Menschen zu br<strong>in</strong>gen. Diese Engel haben die Fähigkeit,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gestalt Verstorbener zu ersche<strong>in</strong>en. So verführen<br />

sie Verwandte und Freunde <strong>der</strong> Verstorbenen <strong>in</strong> den Irrtum,<br />

daß die Toten gar nicht wirklich tot s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n auf e<strong>in</strong>er<br />

höheren Dase<strong>in</strong>sstufe stehen.<br />

243


Grundbegriffe von A-Z<br />

Diese Fähigkeit Satans und se<strong>in</strong>er Engel, Tote zu verkör- pern,<br />

verbunden mit dem unbiblischen Glauben an e<strong>in</strong>e natürliche<br />

Unsterblichkeit <strong>der</strong> Seele, ermöglichte das Aufkommen des<br />

Spiritismus.<br />

In <strong>der</strong> frühen adventistischen Literatur ist von Satan kaum<br />

die Rede. Im „Review and Herald“ vom 16. Oktober 1855<br />

erwähnt James White lediglich, daß Satan e<strong>in</strong> wirkliches,<br />

persönliches Wesen ist. Sechs Jahre später schrieb Uriah<br />

Smith e<strong>in</strong>en ausführlichen Artikel über Satan als e<strong>in</strong> persönliches<br />

Wesen. (a. a. O., September 1861). Dar<strong>in</strong> sprach er auch<br />

davon, daß böse Engel die Ahnungslosen zur Sünde zu<br />

verführen suchen, die Engel Gottes aber ihnen wi<strong>der</strong>stehen.<br />

Siehe: Bösen, Ursprung des, Michael, <strong>der</strong> Erzengel, Spiritismus,<br />

Tausend Jahre, Wun<strong>der</strong><br />

SCHÖPFUNG<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß das gesamte Weltall<br />

durch das schöpferische Handeln Gottes <strong>in</strong>s Dase<strong>in</strong> gerufen<br />

wurde (Jes. 40, 26; Ps. 19, 2; 33, 6). Der biblische Schöpfungsbericht<br />

ist für sie ke<strong>in</strong> Mythos, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Offenbarung. Sie<br />

s<strong>in</strong>d jedoch <strong>der</strong> Auffassung, daß es bei dem Bericht <strong>in</strong> 1. Mose<br />

1 und 2 zuerst um diese Erde und das Leben auf ihr geht. Sie<br />

sehen im Schöpfungsakt e<strong>in</strong> unmittelbares übernatürliches<br />

Ereignis, das auf das göttliche Wort h<strong>in</strong> geschah, an dem Gott<br />

<strong>der</strong> Vater und Gott <strong>der</strong> Sohn als Ausführende gleicherweise<br />

Anteil hatten (1. Mose 1, 26; Kol. 1, 16. 17). Ebenso wird <strong>der</strong><br />

Heilige Geist <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem Schöpfungsbericht erwähnt<br />

(1. Mose 1, 2).<br />

Von Anfang an haben <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die<br />

Ansicht vertreten, daß die Welt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitspanne e<strong>in</strong>er Woche<br />

erschaffen wurde, und haben mit dieser ihrer Oberzeugung die<br />

Lehre vom Sabbat unterstützt. Der Sabbat war für sie untrennbar<br />

mit <strong>der</strong> Schöpfung verbunden als ne<strong>in</strong> Schutz vor Atheismus<br />

und Götzendienst“ und als „wö-<br />

244


Grundbegriffe von A-Z<br />

chentliches Gedächtnis an den lebendigen Gott“, <strong>der</strong> alle D<strong>in</strong>ge<br />

<strong>in</strong> sechs Tagen erschuf. (Review and Herald, 18.. April 1854)<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> haben sich von jeher zur<br />

Schöpfung ex nihilo (aus dem Nichts) bekannt. Gott war also<br />

nicht auf vorhandene Materie angewiesen, als er die Erde <strong>in</strong>s<br />

Dase<strong>in</strong> rief. Sie g<strong>in</strong>gen allgeme<strong>in</strong> davon aus, daß er am ersten<br />

Tag die Materie unserer Erde schuf und unmittelbar darauf das<br />

Werk <strong>der</strong> sechs Schöpfungstage fortführte. Es gab jedoch von<br />

Anfang an auch <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, die <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung<br />

waren, man könne den Schöpfungsbericht auch so verstehen,<br />

daß <strong>der</strong> Erdball bereits vor <strong>der</strong> Sechs-Tage-Schöpfung durch<br />

Gott geworden war. So heißt es z. B. im „Review and Herald“<br />

vom 3. Juli 1860: „Nichts <strong>in</strong> dem geoffenbarten Wort verbietet<br />

uns zu glauben, daß die Materie <strong>der</strong> Erde bestand, lange bevor<br />

sie ihre heutige Gestalt erhielt.“<br />

An<strong>der</strong>erseits erklärte N. Andrews 1861: „Am ersten Tag<br />

<strong>der</strong> Woche schuf Gott Himmel und Erde. Die so <strong>in</strong>s Leben<br />

gerufene Erde war wüst und leer.“ (a. a. O., 3. Dezember 1861)<br />

E<strong>in</strong> paar Jahre später schrieb D. T. Bordeau: „Die Bibel sagt,<br />

daß Gott Himmel und Erde und alles, was darauf ist, <strong>in</strong> sechs<br />

Tagen erschuf. Es war also am Beg<strong>in</strong>n des ersten Tages, als<br />

Gott Himmel und Erde <strong>in</strong>s Dase<strong>in</strong> rief so, wie es 1. Mose 1, 1<br />

sagt.“ (a. a. O., 5. Februar 1867)<br />

E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Auffassung wurde von J. P. Hen<strong>der</strong>son vertreten,<br />

<strong>der</strong> 1887 schrieb: „Die Erschaffung <strong>der</strong> Materie von<br />

Himmel und Erde kann lange Zeit vor dem Sechs-Tage-Werk,<br />

das die Erde zum Wohnort des Menschen gestaltete, geschehen<br />

se<strong>in</strong>. Ke<strong>in</strong>er Stelle <strong>der</strong> Bibel wird dadurch Gewalt angetan.“<br />

(a. a. O., 5. Juli 1887) Sieben Jahre später legte J. G. Matteson,<br />

<strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Adventgeme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Skand<strong>in</strong>avien, folgende<br />

Auffassung dar: „Gott schuf Himmel und Erde und alles, was<br />

darauf ist, <strong>in</strong> sechs Tagen (2. Mose 20, 11). Er schuf Himmel<br />

und Erde zu Anfang (Joh. 1, 1). Das Sonnensystem, zu dem wir<br />

gehören, und <strong>der</strong> Himmelskörper, auf dem wir leben, wurden<br />

demzufolge<br />

245


Grundbegriffe von A-Z<br />

am ersten Tag <strong>in</strong>s Dase<strong>in</strong> gerufen. Zuvor war nichts <strong>in</strong> diesem<br />

Teil des Universums. Aber <strong>der</strong> Herr sprach, und es geschah; er<br />

gebot, und es stand da (Ps. 33, 9).“ (a. a. O., 20. November<br />

1894)<br />

Wenn auch die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> objektive<br />

Tatsachen nicht bestreiten, so lehnen sie doch Schlußfolgerungen<br />

ab, die Forschungsergebnisse so <strong>in</strong>terpretieren, als ob die<br />

Tage <strong>der</strong> Schöpfungswoche lange geologische Zeitabschnitte<br />

gewesen seien. Sie weisen darauf h<strong>in</strong>, daß die 7-Tage-<br />

Schöpfungswoche durch die Gesetzgebung am S<strong>in</strong>ai bestätigt<br />

wurde (2. Mose 20, 8-11) und daß es ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e befriedigende<br />

Erklärung für den Ursprung <strong>der</strong> Woche gibt. Nach adventistischem<br />

Verständnis können die offenkundige Zweckmäßigkeit,<br />

planvolle Vielfalt und Ordnung <strong>der</strong> Natur als H<strong>in</strong>weise auf das<br />

Wirken e<strong>in</strong>es Schöpfers gelten, <strong>der</strong> über unendliche Weisheit<br />

und unbeschränkte Macht verfügt.<br />

Die biblische Lehre von e<strong>in</strong>er göttlichen Schöpfung ist für<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> e<strong>in</strong>e unverzichtbare Grundlage<br />

aller christlichen und biblischen Theologie. Diese Tatsache wird<br />

vom ersten bis zum letzten Blatt <strong>der</strong> Bibel unterstrichen. Gott<br />

unterscheidet sich als <strong>der</strong> Schöpfer grundlegend von allen<br />

falschen Göttern (1. Chron. 16, 24-27; Ps. 96, 5.6). Der<br />

Schöpfergott ist zugleich <strong>der</strong> Gott des Sittengesetzes, <strong>in</strong> dessen<br />

Mitte das Sabbatgebot steht. Und dieser göttliche Ruhetag ist<br />

e<strong>in</strong> Zeichen und Gedächtnis <strong>der</strong> Schöpferkraft Gottes (2. Mose<br />

20, 8-11; 31, 13-17; Hes. 20, 20).<br />

Der Gott <strong>der</strong> Schöpfung ist aber auch <strong>der</strong> Gott <strong>der</strong> Erlösung<br />

und des Gerichts (Ps. 89, 11-15; 146, 5-9; Offb. 14, 7).<br />

Der die Macht hatte, die Erde zu erschaffen, hat auch die Macht<br />

zu erlösen, zu erneuern, Himmel und Erde neu zu schaffen und<br />

dem Menschen e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Herz zu geben (Ps. 51, 12; Jes. 44,<br />

21-28; 65, 17-25). Von Christus heißt es: „Er ist vor allem, und<br />

es besteht alles <strong>in</strong> ihm“ (Kol. 1, 17). Er „trägt alle D<strong>in</strong>ge mit<br />

se<strong>in</strong>em kräftigen Wort“ (Hebr. 1, 3). Er war bei Gott. Er wurde<br />

Mensch und lebte<br />

246


Grundbegriffe von A-Z<br />

unter uns <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vollmacht, zu erlösen (Joh. 1, 1-14). Das<br />

bedeutsame Ereignis <strong>der</strong> Schöpfung gehört daher wesentlich<br />

zu den Grundlagen christlichen Glaubens.<br />

SEELE<br />

Die hebräischen und griechischen Begriffe, die <strong>in</strong> den verschiedenen<br />

Bibelübersetzungen mit „Seele“ wie<strong>der</strong>gegeben s<strong>in</strong>d,<br />

weisen <strong>in</strong> ihrer Bedeutung e<strong>in</strong>ige fe<strong>in</strong>e Unterschiede auf.<br />

Erstmals wird das hebräische Wort „nephesch“ <strong>in</strong> 1. Mose 2, 7<br />

erwähnt: „Da machte Gott <strong>der</strong> Herr den Menschen aus Erde<br />

vom Acker und blies ihm den Odem (neshamah) des Lebens <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>e Nase. Und so ward <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong> lebendiges Wesen<br />

(nephesch).“ Das hebräische Wort „nephesch“ wird meist mit<br />

„Seele“ übersetzt ebenso wie das griechische Wort „psyche“.<br />

Da <strong>der</strong> Atem <strong>der</strong> offenkundigste Beweis für das Leben ist,<br />

bezeichnet „nephesch“ im eigentlichen S<strong>in</strong>n den Menschen als<br />

e<strong>in</strong> lebendiges Wesen, als e<strong>in</strong>e Person.<br />

Oft bedeutet „nephesch“ „Leben“ (1. Sam. 20, 1; 22, 23;<br />

1. Kön. 3, 11). Häufig wird das Wort anstelle e<strong>in</strong>es persönlichen<br />

Fürwortes gebraucht und bedeutet dann „ich“, „du“, „er“ usw. (1.<br />

Kön. 20, 32 „mich“; Jer. 17, 21 „euch“). „Nephesch“ wird auch<br />

auf Tiere bezogen (1. Mose 1, 20. 21. 24).<br />

Das griechische Wort „psyche“ im Neuen Testament hat<br />

e<strong>in</strong>e ähnliche Bedeutung. Zunächst wird darunter <strong>der</strong> lebende<br />

Mensch schlechth<strong>in</strong> verstanden. „Die nun se<strong>in</strong> Wort annahmen,<br />

ließen sich taufen; und wurden h<strong>in</strong>zugetan an dem Tage bei<br />

dreitausend Seelen“ (Apg. 2, 41). An mehreren Stellen muß<br />

psyche mit „Leben“ übersetzt werden, so <strong>in</strong> Mark. 10, 45: „Des<br />

Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse,<br />

son<strong>der</strong>n daß er diene und gebe se<strong>in</strong> Leben (psyche) zu e<strong>in</strong>er<br />

Erlösung für viele“; <strong>in</strong> Joh. 10, 11: „Der gute Hirte läßt se<strong>in</strong><br />

Leben (psyche) für die Schafe“ und <strong>in</strong> Matth. 10, 28. Verschiedentlich<br />

ist auch das Innenleben o<strong>der</strong> Gemüt geme<strong>in</strong>t: „Me<strong>in</strong>e<br />

Seele<br />

247


Grundbegriffe von A-Z<br />

ist betrübt bis an den Tod“ (Matth. 26, 38); <strong>in</strong> 1. Thess. 5, 23 ist<br />

die Gefühlswelt, <strong>der</strong> seelische Bereich des Menschen, geme<strong>in</strong>t<br />

im Gegegensatz zum Geist, <strong>der</strong> Verstandeswelt.<br />

We<strong>der</strong> „nephesch“ noch „psyche“ schließen <strong>in</strong> ihrer Bedeutung<br />

e<strong>in</strong> unsterbliches Wesen e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Teil des<br />

Menschen, <strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>er unabhängigen, bewußten Existenz,<br />

losgelöst vom Körper, fähig wäre. Beim Tod hört <strong>der</strong> Mensch<br />

auf, e<strong>in</strong> „lebendiges Wesen“ zu se<strong>in</strong>. Se<strong>in</strong> „Geist“ (hebr. ruach)<br />

kehrt zu Gott zurück, <strong>der</strong> ihn gegeben hat (Pred. 12, 7). „Dann<br />

s<strong>in</strong>d verloren alle se<strong>in</strong>e Pläne“ (Ps. 146, 4). Bewußte Existenz<br />

endet mit dem Tod, denn „die Lebenden wissen, daß sie<br />

sterben werden, die Toten aber wissen nichts“ (Pred. 9, 5).<br />

Die Auffassung, daß beim Tod des Menschen e<strong>in</strong>e unsterbliche<br />

Seele als e<strong>in</strong> mit Vernunft und Gefühl ausgestattetes<br />

geistiges Wesen losgelöst vom Körper weiterexistiert, drang <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Zeit zwischen dem Alten und dem Neuen Testament von<br />

<strong>der</strong> griechischen Philosophie her <strong>in</strong> das jüdische Denken e<strong>in</strong>.<br />

Christliche Theologen übernahmen diese Vorstellung <strong>in</strong> den<br />

ersten drei christlichen Jahrhun<strong>der</strong>ten, vor allem von Plato.<br />

Nach dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot (Geschichte<br />

des persischen Krieges II, 123) haben die Griechen<br />

diese Gedanken von den Agyptern entlehnt. Die heidnische<br />

Auffassung von <strong>der</strong> Seele verdrängte schließlich die ursprüngliche<br />

biblische Bedeutung von „nephesch“ und „psyche“ so<br />

vollkommen, daß diese Begriffe mit e<strong>in</strong>em Bedeutungsgehalt<br />

durchdrungen wurden, <strong>der</strong> dem völlig fremd war, was die<br />

biblischen Schreiber darlegten. Diese weit verbreitete irrige<br />

Auffassung bildet die Grundlage für verschiedene unbiblische<br />

Lehren, wie etwa die Me<strong>in</strong>ung, daß e<strong>in</strong> Mensch bei se<strong>in</strong>em Tod<br />

<strong>in</strong> den Himmel, <strong>in</strong>s Fegefeuer o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ewig brennende<br />

Hölle kommt. Die Heilige Schrift lehrt, daß Gott „alle<strong>in</strong> Unsterblichkeit<br />

hat“ (1. Tim. 6, 16), <strong>der</strong> Mensch aber Unsterblichkeit nur<br />

durch Christus erlangen kann (Joh. 3, 16; 2. Tim. 1, 10). Diese<br />

Gabe kann er nur<br />

248


Grundbegriffe von A-Z<br />

empfangen, wenn er Christus annimmt (1. Joh. 5, 10-12). Und<br />

diese Unsterblichkeit wird den Erlösten bei <strong>der</strong> Auferstehung<br />

und Wie<strong>der</strong>kunft Christi verliehen (Röm. 2, 5-7; 1. Kor. 15, 20-<br />

26. 51-54). Christus sagt: „Ich will wie<strong>der</strong>kommen und euch zu<br />

mir nehmen, damit ihr seid, wo ich b<strong>in</strong>“ (Joh. 14, 3).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> haben von Anfang an die<br />

heidnische Auffassung von e<strong>in</strong>er natürlichen Unsterblichkeit <strong>der</strong><br />

Seele abgelehnt und damit auch alle Lehren, die von dieser<br />

Auffassung abgeleitet s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> auf ihr beruhen.<br />

Siehe: Geist, Mensch, se<strong>in</strong> Wesen<br />

SICHTUNG, ZEIT DER<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> verstehen unter „Zeit <strong>der</strong> Sichtung“<br />

e<strong>in</strong>en Zeitabschnitt, <strong>der</strong> dem zweiten Kommen Christi vorausgeht<br />

und <strong>in</strong> dem viele Glie<strong>der</strong> <strong>in</strong>folge ihrer Gleichgültigkeit durch<br />

Satans Täuschungen o<strong>der</strong> durch den Druck <strong>der</strong> Umstände die<br />

Geme<strong>in</strong>de verlassen werden. Der Ausdruck ist offenbar von<br />

Hebr. 12, 26. 27 abgeleitet, wo unter an<strong>der</strong>em gesagt wird: „...<br />

damit alle<strong>in</strong> das Unbewegliche bleibe“ (vgl. „als wenn man<br />

e<strong>in</strong>en Ölbaum schüttelte“ Jes. 17, 6; „gleichwie e<strong>in</strong> Feigenbaum<br />

se<strong>in</strong>e Feigen abwirft, wenn er von großem W<strong>in</strong>d bewegt wird“<br />

Offb. 6, 13). Diese Zeit wird als Sichtungs- o<strong>der</strong> Prüfungszeit<br />

bezeichnet.<br />

E. G. White spricht von <strong>der</strong> Sichtungszeit als e<strong>in</strong>er „Zeit,<br />

da alles bewegt werden wird, was beweglich, nicht fest<br />

gegründet ist“. Davon werden auch jene betroffen, die Gottes<br />

Wahrheit wohl kennen, ihr aber nicht gehorchen. Diese<br />

Sichtung wird „durch die klare Botschaft des treuen Zeugen an<br />

die Geme<strong>in</strong>de zu Laodicea ausgelöst werden. Das bleibt nicht<br />

ohne Wirkung bei denen, die diese Warnung annehmen. Sie<br />

werden das Banner hochhalten und Gottes Botschaft weitergeben.<br />

E<strong>in</strong>ige werden sich gegen dieses offene Zeugnis sträuben.<br />

Sie werden sich dagegen-<br />

249


Grundbegriffe von A-Z<br />

stellen, und das führt zu e<strong>in</strong>er Sichtung unter Gottes Volk.“<br />

(Erfahrungen u. Gesichte 270)<br />

Solches „Sichten“ hat es seit den frühen Tagen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> gegeben, aber<br />

es wird härter werden, je näher wir dem Ende kommen. Im<br />

Jahre 1850 schrieb E. G. White: „Das starke Sichten hat schon<br />

begonnen und wird weitergehen. Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> nicht bereit ist, fest<br />

und unerschütterlich zur Wahrheit zu stehen und Opfer für Gott<br />

und se<strong>in</strong>e Sache zu br<strong>in</strong>gen, wird abfallen.“ Unter denen, die <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Sichtung abfallen, werden sowohl verantwortliche Männer<br />

(Personen) <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft wie auch Glie<strong>der</strong> se<strong>in</strong>. „Viele, die<br />

wie Sterne <strong>in</strong> ihrem Glanz bewun<strong>der</strong>t wurden, werden dann <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Dunkelheit verlöschen.“<br />

SIEGEL GOTTES<br />

Der Begriff „Siegel Gottes“ ist e<strong>in</strong>e verkürzte Form und geht auf<br />

Offb. 7, 2 zurück, wo vom „Siegel des lebendigen Gottes“<br />

gesprochen wird. Johannes sah <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vision dieses Siegel an<br />

<strong>der</strong> Stirn von 144000, die „Knechte unsres Gottes“ genannt<br />

werden. Er sah „vier Engel stehen an den vier Ecken <strong>der</strong> Erde,<br />

die hielten die vier W<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Erde, auf daß ke<strong>in</strong> W<strong>in</strong>d über die<br />

Erde bliese noch über das Meer noch über irgende<strong>in</strong>en Baum<br />

... Ich sah e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>n Engel aufsteigen vom Aufgang <strong>der</strong><br />

Sonne, <strong>der</strong> hatte das Siegel des lebendigen Gottes und rief mit<br />

großer Stimme zu den vier Engeln ...: Tut nicht Schaden <strong>der</strong><br />

Erde noch dem Meer noch den Bäumen, bis daß wir versiegeln<br />

die Knechte unsres Gottes an ihren Stirnen“ (Offb. 7, 1-3). Nach<br />

Offb. 14, 1-5 haben die 144 000 den Namen des Vaters<br />

„geschrieben an ihrer Stirn“. Offenbar enthält das Siegel den<br />

Namen Gottes. Von den Versiegelten heißt es: Sie „s<strong>in</strong>d erkauft<br />

zu Erstl<strong>in</strong>gen Gott und dem Lamm“ (V. 4). Nach Kap. 7, 15 und<br />

14, 3.4 stehen die 144 000 „vor dem Thron Gottes“, also <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er unmittelbaren Gegenwart. Sie „dienen ihm Tag und<br />

Nacht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Tempel“<br />

250


Grundbegriffe von A-Z<br />

und „folgen dem Lamme nach, wo es h<strong>in</strong>geht“. Die 144 000<br />

bleiben Gott treu während <strong>der</strong> „großen Trübsal und haben ihre<br />

Klei<strong>der</strong> gewaschen und haben ihre Klei<strong>der</strong> hell gemacht im Blut<br />

des Lammes“ (Kap. 7, 14). „Sie sangen e<strong>in</strong> neues Lied vor dem<br />

Thron“ (Kap. 14, 3). Dieses Lied kann nur lernen, wer die<br />

„große Trübsal“ überstanden hat. Nachdem sie durch diese<br />

Erfahrung gegangen s<strong>in</strong>d, wird von ihnen gesagt: „Sie s<strong>in</strong>d<br />

unsträflich“ (V. 5).<br />

Die Vision des Johannes von <strong>der</strong> Versiegelung (Offb. 7,<br />

1-12) ist nach dem sechsten Siegel e<strong>in</strong>geschoben, das die<br />

Ereignisse umfaßt, die mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi ihren<br />

Höhepunkt erreichen (Kap. 6, 13-16). Daraus geht hervor, daß<br />

die Versiegelung kurz vor Christi Kommen stattf<strong>in</strong>det und daß<br />

die „große Trübsal“, durch welche die 144 000 müssen, durch<br />

das „Wehen <strong>der</strong> vier W<strong>in</strong>de“ von Kap. 7, 1-3 ausgelöst wird. Die<br />

Erwähnung <strong>der</strong> 144 000 <strong>in</strong> Kap. 14, 1-5 unmittelbar nach <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

Kap. 13, 13-17 beschriebenen Krise, wo jedem mit <strong>der</strong> Todesstrafe<br />

gedroht wird, <strong>der</strong> sich weigert, das „Bild des Tieres“<br />

anzubeten und se<strong>in</strong> „Malzeichen“ an <strong>der</strong> Stirn zu empfangen,<br />

gibt zu verstehen, daß sich das „Wehen <strong>der</strong> vier W<strong>in</strong>de“ (Kap.<br />

7, 1-3), die „große Trübsal“ (V. 14) und die Krise von Kap. 13,<br />

13-17 auf e<strong>in</strong> und dieselbe Erfahrung beziehen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die 144<br />

000 selbst angesichts des Todes Gott treu bleiben. Sie<br />

empfangen das Siegel vor <strong>der</strong> Krise als Zeichen <strong>der</strong> göttlichen<br />

Zustimmung. Durch die Versiegelung werden sie zum Eigentum<br />

Gottes erklärt. Gott vertraut ihnen, und sie vertrauen Gott.<br />

Unangetastet gehen sie durch die Gerichte Gottes <strong>der</strong> Endzeit<br />

h<strong>in</strong>durch.<br />

Davon ausgehend, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel die Worte „Zeichen“<br />

und „Siegel“ gleichbedeutend s<strong>in</strong>d, wiesen die frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

darauf h<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> Sabbat e<strong>in</strong> „Zeichen“<br />

zwischen Gott und se<strong>in</strong>em Volk genannt wird (2. Mose 31, 13-<br />

18; Hes. 20, 12.20) und daß das Sabbatgebot die drei wesentlichen<br />

Bestandteile e<strong>in</strong>es offiziellen Siegels enthält: den Namen,<br />

den Titel und die Angabe des Herrschaftsbereichs dessen, <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> dem Siegel dargestellt<br />

251


Grundbegriffe von A-Z<br />

wird. Das vierte Gebot spricht vom „Herrn, de<strong>in</strong>em Gott“ (Name)<br />

als dem Schöpfer (Titel), <strong>der</strong> „Himmel und Erde“ (Herrschaftsbereich)<br />

gemacht hat. Die Schlußfolgerung <strong>der</strong> adventistischen<br />

Pioniere lautete: Die Annahme <strong>der</strong> biblischen Wahrheit über<br />

den Sabbat bedeutet das Siegel Gottes, und die Annahme des<br />

falschen Tages ist das „Malzeichen“ <strong>der</strong> Herrschaft des Tieres.<br />

E. G. White setzte das Siegel Gottes im November 1848<br />

mit dem Sabbat gleich, und Joseph Bates schrieb darüber 1849<br />

die Schrift: „E<strong>in</strong> Siegel des lebendigen Gottes“. In <strong>der</strong> September-Ausgabe<br />

von „Present Truth“ des Jahres 1849 führte James<br />

White Hes. 13, 5 als e<strong>in</strong>en Beweis dafür an, daß das „Zumauern<br />

<strong>der</strong> Lücken“ durch die Sabbatheiligung (Jes. 58, 12. 13)<br />

dem „Kampf am Tage des Herrn“ unmittelbar vorausgehe: „Wir<br />

erkennen, daß das bedeutsame Werk des Zumauerns <strong>der</strong><br />

Lücken im Gesetz Gottes durch das Lehren und Halten des<br />

Sabbats, <strong>der</strong> so lange Zeit mit Füßen getreten wurde, genau<br />

hierher gehört – ehe also die vier Engel die vier W<strong>in</strong>de loslassen,<br />

damit das Israel Gottes alle Zehn Gebote halte und mit<br />

dem Siegel des lebendigen Gottes versiegelt werde, ,damit es<br />

fest steht im Kampf am Tage des Herrn‘.“ Weiter führte er aus,<br />

daß das „Zumauern <strong>der</strong> Lücken am Gesetz Gottes und die<br />

Versiegelung zusammengehören und kurz vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

des Herrn e<strong>in</strong> und dasselbe Werk s<strong>in</strong>d“. 1850 schrieb James<br />

White: „Gott hat von jeher e<strong>in</strong>e Wahrheit gehabt, durch die er<br />

se<strong>in</strong> Volk prüfen und versiegeln wollte ... Aber die letzte<br />

versiegelnde Wahrheit ist das unverän<strong>der</strong>liche Gesetz Gottes,<br />

<strong>in</strong> dem <strong>der</strong> Sabbat das krönende Zeugnis ist ... Der Sabbat ist<br />

das Siegel, und <strong>der</strong> Heilige Geist ist <strong>der</strong> Versiegler.“ (Advent<br />

Review, September 1850)<br />

Im „Review and Herald“ vom 24. Juni 1852 sprach Benjam<strong>in</strong><br />

Clark von <strong>der</strong> gegenwärtigen „Versiegelungszeit“ und<br />

erwähnte, daß Gottes Volk „für immer versiegelt werden sollte<br />

mit <strong>der</strong> Liebe zur Wahrheit“. In drei ausführlichen Artikeln im<br />

„Review and Herald“ vorn 2., 16. und 30. Sep-<br />

252


Grundbegriffe von A-Z<br />

tember 1852 brachte Hiram Edson das Siegel mit dem vierten<br />

Gebot <strong>in</strong> Zusammenhang und erklärte, daß das Gesetz <strong>in</strong> den<br />

Herzen des Volkes Gottes (Jes. 8, 16) versiegelt werden wird.<br />

„Dann ist <strong>der</strong> Sabbat das Zeichen o<strong>der</strong> Siegel des lebendigen<br />

Gottes.“ Als Beweis führte er an, daß das vierte Gebot alle<br />

wesentlichen Teile e<strong>in</strong>es königlichen Siegels enthalte. Auch er<br />

sah das Siegel Gottes im Gegensatz zum Malzeichen des<br />

Tieres und wies darauf h<strong>in</strong>, daß das Papsttum das Gesetz<br />

Gottes geän<strong>der</strong>t habe als Zeichen se<strong>in</strong>er Autorität, die selbst<br />

von Protestanten anerkannt wird.<br />

F. Cottrell schrieb im „Review and Herald“ vom 18. September<br />

1855: „Die letzte Botschaft vor <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Trübsal ist<br />

die Botschaft <strong>der</strong> Versiegelung.“ Uriah Smith setzte den<br />

versiegelnden Engel aus Offb. 7 mit dem dritten Engel von Offb.<br />

14 gleich und verlegte das Versiegelungswerk <strong>in</strong> „unsere<br />

eigenen Tage“. (Review and Herald, 24. April und 1. Mai 1856)<br />

Auch er bestätigt, daß das Sabbatgebot das Siegel Gottes<br />

enthält, da es die wesentlichen Unterschiede zwischen dem<br />

wahren Gott und den falschen Göttern hervorhebt. Er spricht<br />

vom Heiligen Geist als „dem Versiegler“ und br<strong>in</strong>gt die Versiegelung<br />

von Offb. 7 <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem <strong>in</strong> Hes. 9 beschriebenen<br />

Anbr<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>es Zeichens. Cottrell (Review and Herald,<br />

28. Juli 1859) geht auf die Bedeutungsgleichheit von „Zeichen“<br />

und „Siegel“ e<strong>in</strong> und spricht von dem Versiegelungswerk als<br />

dem letzten Werk, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gnadenzeit für Gottes Volk<br />

geschieht. Der geän<strong>der</strong>te Sabbat, so sagte er, wird zum<br />

Malzeichen des Tieres.<br />

E. G. White schrieb ausführlich über das Siegel Gottes<br />

und se<strong>in</strong>e Bedeutung für die Geme<strong>in</strong>de von heute. (siehe ABC<br />

7, 968-970) In ihrem Buch „Erfahrungen und Gesichte“, e<strong>in</strong>em<br />

ihrer frühesten Werke, nimmt sie häufig auf die Versiegelung<br />

Bezug. (26 ff., 32ff., 38, 48f., 58, 62, 80. 272)<br />

Auch heute noch sehen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Versiegelung e<strong>in</strong> bedeutsames Geschehen, legen jedoch<br />

253


Grundbegriffe von A-Z<br />

Nachdruck darauf, daß mit dem Siegel Gottes die Tatsache<br />

bestätigt wird, daß sich se<strong>in</strong> göttliches Wesen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

auf Erden wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />

Siehe: Offenbarung, Auslegung des Buches, Malzeichen des<br />

Tieres<br />

SONNTAG<br />

Der Sonntag ist <strong>der</strong> erste Tag <strong>der</strong> Woche und deckt sich mit<br />

dem Tag, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> astrologischen o<strong>der</strong> Planetenwoche <strong>der</strong><br />

Sonne geweiht war. Diese Wochene<strong>in</strong>teilung war im römischen<br />

Weltreich allgeme<strong>in</strong> verbreitet. Sie entstand aus <strong>der</strong> hellenistisch<br />

astrologischen Gepflogenheit, jeden Tag e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> sieben<br />

Planetengötter zuzuordnen. Als Planeten galten die fünf mit<br />

bloßem Auge sichtbaren, ferner Sonne und Mond. Man stellte<br />

die Regel auf, jeden Tag nach „se<strong>in</strong>em“ Gott zu benennen.<br />

Dieser Brauch geht auf die griechisch-babylonische Astrologie<br />

zurück, die sich nach <strong>der</strong> Eroberung des Ostens durch<br />

Alexan<strong>der</strong> den Großen entwickelt hat. Im Altertum ist unter dem<br />

Namen „Astrologie“ zusammengefaßt, was wir heute als<br />

„Astrologie“ und „Astronomie“ scharf gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgrenzen.<br />

„Der Römer hatte Festtage genug, die über das Jahr verteilt<br />

waren; aber die gleichmäßige Zählung <strong>der</strong> sieben Tage, die<br />

52mal im Jahre wie<strong>der</strong>kehrten, kannte er nicht. Das g<strong>in</strong>g von<br />

den Juden aus; sie können sich dessen rühmen, daß sie zuerst<br />

die Zeit <strong>in</strong> Wochen teilten, mit dem Rasttag des Sabbats. Aber<br />

die Juden wußten dabei nichts von Planeten. Als die Juden sich<br />

<strong>in</strong> die Welt verstreuten, hat <strong>der</strong> griechische Orient ihnen dies<br />

abgelernt und die Sache alsbald mit den Planeten komb<strong>in</strong>iert.“<br />

(Th. Birt, Das Römische Reich, Berl<strong>in</strong> 1941, S. 319) Die Tage<br />

wurden den Planeten <strong>in</strong> folgen<strong>der</strong> Reihe zugeschrieben:<br />

1. Saturn,<br />

2. Sonne,<br />

3. Mond,<br />

254


Grundbegriffe von A-Z<br />

4. Mars,<br />

5. Merkur,<br />

6. Jupiter,<br />

7. Venus.<br />

Nach Dio Cassius war spätestens seit <strong>der</strong> Zeit Herodes‘<br />

des Großen (38-4 v. Chr.) bekannt, daß die Juden ruhten „an<br />

dem Tag, <strong>der</strong> schon damals ,Tag des Saturn‘ genannt wurde“.<br />

Somit war <strong>der</strong> biblische „erste Tag <strong>der</strong> Woche“ <strong>der</strong> Tag, den die<br />

Heiden „Tag <strong>der</strong> Sonne“ nannten.<br />

E<strong>in</strong>ige Forscher vermuten, daß die Anbetung <strong>der</strong> Sonne<br />

<strong>in</strong> weiten Bereichen <strong>der</strong> heidnisch-antiken Religiosität die<br />

christliche Bevorzugung des Sonntags während <strong>der</strong> ersten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>te nach Christus mit verursacht hat.<br />

I, Der „erste Tag <strong>der</strong> Woche“ im Neuen Testament<br />

Nie hat Jesus den ersten Tag <strong>der</strong> Woche beson<strong>der</strong>s erwähnt.<br />

We<strong>der</strong> er noch die neutestamentlichen Schreiber haben auf ihn<br />

als e<strong>in</strong>en Tag h<strong>in</strong>gewiesen, den Christen zu heiligen hätten.<br />

Das Wort „Sonntag“ kommt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel nicht vor; doch die<br />

Wendung „erster Tag <strong>der</strong> Woche“ ersche<strong>in</strong>t achtmal im Neuen<br />

Testament (Matth. 28, 1; Mark. 16, 2.9; Luk. 24, 1; Joh. 20, 1.<br />

19; Apg. 20, 7; 1. Kor. 16, 2).<br />

1. Die Auferstehung Jesu<br />

Jesus wurde am sechsten Tag <strong>der</strong> Woche gekreuzigt und<br />

begraben. Es war „Rüsttag“, „das ist <strong>der</strong> Tag vor dem Sabbat“<br />

(Mark. 15, 42). Jesu Nachfolger, die se<strong>in</strong>em Begräbnis beiwohnten,<br />

„beschauten das Grab und wie se<strong>in</strong> Leib gelegt ward“.<br />

Dann kehrten sie um und bereiteten Spezereien und Salben.<br />

Und den Sabbat über ruhten sie nach dem Gebot (Luk. 23,<br />

55.56). „Und da <strong>der</strong> Sabbat vergangen war, kauften Maria<br />

Magdalena und Maria, des Jakobus Mutter, und Salome<br />

Spezereien, auf daß sie kämen und salbten ihn. Und sie kamen<br />

zum Grab am ersten Tag <strong>der</strong> Woche sehr früh, als die Sonne<br />

aufg<strong>in</strong>g“ (Mark. 16, 1-2).<br />

255


Grundbegriffe von A-Z<br />

2. Die Begegnung mit den Jüngern<br />

Als Maria Magdalena und die an<strong>der</strong>n Frauen den Aposteln<br />

erzählten, Christus sei auferstanden, „erschienen ihnen diese<br />

Worte, als wären’s Märchen, und glaubten ihnen nicht“ (Luk. 24,<br />

8-11; Mark. 16, 10-11). Zwei Jünger trafen Jesus auf dem<br />

Wege nach Emmaus. Als sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht jenes ersten Tages<br />

<strong>der</strong> Woche nach Jerusalem zurückkehrten, stießen auch sie auf<br />

Unglauben (Mark. 16, 12-13; Luk. 24, 33-35). „Am Abend aber<br />

desselben ersten Tages <strong>der</strong> Woche, da die Jünger versammelt<br />

und die Türen verschlossen waren, aus Furcht vor den Juden,<br />

da kam Jesus und trat mitten e<strong>in</strong>“ (Joh. 20, 19). Deutlich geht<br />

hervor, daß die Jünger aus Furcht vor den Juden, aber nicht um<br />

e<strong>in</strong>er religiösen Zusammenkunft willen bee<strong>in</strong>an<strong>der</strong> waren. Die<br />

Türen waren verriegelt. Wahrsche<strong>in</strong>lich war es nach Sonnenuntergang,<br />

als nach jüdischer Rechnung <strong>der</strong> erste Tag <strong>der</strong> Woche<br />

vorüber war und <strong>der</strong> zweite Tag <strong>der</strong> Woche bereits begonnen<br />

hatte (Luk. 24, 33-35; Mark. 1, 32). Jesus erschien den Elfen,<br />

als sie bei Tisch saßen (Mark. 16, 14), genauer: als sie ihr<br />

Abendessen e<strong>in</strong>nahmen. Statt sich zu freuen, als sie Ihn sahen,<br />

erschraken sie und me<strong>in</strong>ten, sie hätten e<strong>in</strong>en Geist gesehen<br />

(Luk. 24, 36-37). Nur mit Mühe konnte Jesus sie überzeugen,<br />

daß er wirklich <strong>der</strong> Auferstandene war. Es war also ke<strong>in</strong>e<br />

religiöse Zusammenkunft, wie so oft behauptet wird.<br />

„Und über acht Tage waren abermals se<strong>in</strong>e Jünger dr<strong>in</strong>nen<br />

und Thomas mit ihnen. Kommt Jesus, da die Türen<br />

verschlossen waren und tritt mitten e<strong>in</strong>“ (Joh. 20, 24-26). Bei<br />

dieser Begegnung erkannte Thomas <strong>in</strong> ihm den auferstandenen<br />

Herrn. An dem Abend nach <strong>der</strong> Auferstehung war Thomas nicht<br />

bei den Jüngern gewesen, e<strong>in</strong>e ganze Woche lang hatte er<br />

Zweifel gehegt.<br />

Diese zweite Ersche<strong>in</strong>ung geschah „nach acht Tagen“,<br />

nach allgeme<strong>in</strong> üblicher Zählung, bei <strong>der</strong> <strong>der</strong> Ausgangstag<br />

mitgerechnet wird, „e<strong>in</strong>e Woche später“. Vielleicht wird damit<br />

angedeutet, daß auch dies an e<strong>in</strong>em Sonntagabend geschah,<br />

als nach jüdischer Zählung bereits <strong>der</strong> zweite Tag<br />

256


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong> Woche begonnen hatte. Daß die Türen wie<strong>der</strong> verschlossen<br />

waren, macht e<strong>in</strong>e öffentliche Versammlung unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

Pf<strong>in</strong>gsten und die Ausgießung des Heiligen Geistes auf<br />

die Gläubigen zu Jerusalem fiel sehr wahrsche<strong>in</strong>lich auf e<strong>in</strong>en<br />

Sonntag. Der Wochentag wird nicht erwähnt. In e<strong>in</strong>em Jahr, <strong>in</strong><br />

dem das Passafest auf e<strong>in</strong>en Freitag traf, fiel Pf<strong>in</strong>gsten<br />

zwangsläufig auf e<strong>in</strong>en Sonntag. Christus wurde am 14. Nisan,<br />

an e<strong>in</strong>em sechsten Tag <strong>der</strong> Woche, dem Freitag, gekreuzigt.<br />

Der 15. Nisan als Festsabbat war zugleich e<strong>in</strong> Wochensabbat<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> „Sabbat des Herrn“ und <strong>der</strong> 16. Nisan <strong>der</strong> Tag, an dem<br />

das Schw<strong>in</strong>gopfer (3. Mose 23, 11) dargebracht wurde, also e<strong>in</strong><br />

erster Tag <strong>der</strong> Woche. Der 50. Tag nach diesem Schw<strong>in</strong>gopfer,<br />

wobei <strong>der</strong> 16. Nisan mitgezählt wurde, war dann Pf<strong>in</strong>gsten, das<br />

Erntefest <strong>in</strong> Israel.<br />

Die Bibel erwähnt aber nirgends, daß dem Wochentag, an<br />

dem <strong>der</strong> Heilige Geist ausgegossen wurde, fortan e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung zukommen sollte. Wäre das beabsichtigt<br />

gewesen, so könnten wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel e<strong>in</strong>en diesbezüglichen<br />

H<strong>in</strong>weis erwarten. Wir f<strong>in</strong>den aber ke<strong>in</strong>en.<br />

3. E<strong>in</strong> wöchentliches Opfer für die Bedürftigen<br />

Gegen Ende se<strong>in</strong>er dritten Missionsreise schrieb Paulus e<strong>in</strong>en<br />

Brief an die Geme<strong>in</strong>de zu Kor<strong>in</strong>th. Dar<strong>in</strong> for<strong>der</strong>te er zu e<strong>in</strong>er<br />

beson<strong>der</strong>en Sammlung auf, die <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Bedürftigen<br />

<strong>in</strong> Judäa dienen sollte (Apg. 11, 27-30). Er bat darum, daß<br />

je<strong>der</strong> Gläubige an jedem ersten Tag <strong>der</strong> Woche e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Betrag dafür beiseite legen möge, „auf daß nicht, wenn ich<br />

komme, dann erst die Sammlung geschieht“ (1. Kor. 16, 2). Es<br />

wird dabei nichts von e<strong>in</strong>em Gottesdienst am ersten Tage <strong>der</strong><br />

Woche erwähnt. Paulus for<strong>der</strong>te lediglich auf, daß „je<strong>der</strong> bei<br />

sich selbst zurücklege und sammle, was ihn gut dünkt“.<br />

257


Grundbegriffe von A-Z<br />

4. Die Zusammenkunft <strong>in</strong> Troas<br />

Wenige Monate später hielt sich Paulus auf se<strong>in</strong>er Reise nach<br />

Jerusalem sieben Tage <strong>in</strong> Troas auf. „Am ersten Tage <strong>der</strong><br />

Woche aber, da wir versammelt waren, das Brot zu brechen,<br />

predigte ihnen Paulus und wollte des an<strong>der</strong>n Tages weiterreisen,<br />

und zog die Rede h<strong>in</strong> bis Mitternacht. Und es waren viele<br />

Lampen <strong>in</strong> dem Obergemach, wo wir versammelt waren“ (Apg.<br />

20, 7-8).<br />

E<strong>in</strong> junger Mann mit Namen Eutychus war gegen Mitternacht<br />

im Fenster des dritten Stodcwerkes e<strong>in</strong>geschlafen, „weil<br />

Paulus so lange redete“. Er fiel h<strong>in</strong>unter und wurde tot aufgehoben.<br />

Paulus unterbrach die Versammlung, um den jungen<br />

Mann wie<strong>der</strong> zum Leben zu erwecken (V. 9, 10). Als Paulus<br />

das Brot gebrochen, gegessen und noch bis zum Tagesanbruch<br />

gesprochen hatte, machte er sich auf den Weg nach<br />

Jerusalem (Apg. 20. 13-16).<br />

Es muß darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden, daß <strong>in</strong> biblischer Zeit<br />

die Juden die 24 Stunden des astronomischen Tages von<br />

Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang rechneten. Nach<br />

biblischer Zählung begann <strong>der</strong> erste Tag <strong>der</strong> Woche mit<br />

Sonnenuntergang Samstag abend und endete bei Sonnenuntergang<br />

Sonntag abend. Wenn die Versammlung nach Sonnenuntergang<br />

begonnen hatte, muß sie also zwischen Sonnenuntergang<br />

Samstag abend und Sonnenaufgang Sonntag<br />

morgen stattgefunden haben. Wenn Paulus bis Mitternacht am<br />

Samstag predigte, dann das Brot mit den Gläubigen brach und<br />

mit ihnen bis Tagesanbruch Sonntag morgen sprach, um beim<br />

Morgengrauen zu Fuß nach Assos, 30 km entfernt, aufzubrechen,<br />

muß er die meiste Zeit des Sonntags zu Fuß unterwegs<br />

gewesen se<strong>in</strong>. Offensichtlich hat Paulus <strong>in</strong> diesem Fall den<br />

Sonntag nicht als Tag <strong>der</strong> Ruhe gehalten. Die Abschiedsversammlung<br />

<strong>in</strong> Troas fand also noch am Abend statt, weil Paulus<br />

vorhatte, am folgenden Tag <strong>in</strong> Assos an Bord e<strong>in</strong>es Schiffes zu<br />

gehen.<br />

E<strong>in</strong>ige bestehen auf <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, das Brotbrechen <strong>in</strong><br />

Troas (Apg. 20, 11) sei e<strong>in</strong> Abendmahlsgottesdienst gewe-<br />

258


Grundbegriffe von A-Z<br />

sen, und die Feier des Abendmahls zwischen Sonnenuntergang<br />

Samstag abend und Sonnenaufgang Sonntag morgen<br />

begründe die Anerkennung des Sonntags als des christlichen<br />

Sabbats. Zum ersten müßte hierzu bemerkt werden, daß we<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Herr noch die Apostel beson<strong>der</strong>e H<strong>in</strong>weise gegeben haben,<br />

wann und wie oft diese Handlung durchgeführt werden soll.<br />

Zum an<strong>der</strong>n wird das Brotbrechen bei dieser die Nacht h<strong>in</strong>durch<br />

währenden Zusammenkunft wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Mahlzeit gewesen se<strong>in</strong>. Selbst wenn es e<strong>in</strong> Abendmahlsgottesdienst<br />

gewesen se<strong>in</strong> sollte, kann daraus ke<strong>in</strong> Beweis für e<strong>in</strong>e<br />

beson<strong>der</strong>e Ehrung des ersten Tages <strong>der</strong> Woche abgeleitet<br />

werden; denn <strong>der</strong> gleiche Ausdruck wird <strong>in</strong> Apg. 2, 46 gebraucht.<br />

Dort wird gesagt, daß die Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> urchristlichen<br />

Geme<strong>in</strong>de das Brot täglich geme<strong>in</strong>sam brachen. Wenn<br />

schließlich das Abendmahl an e<strong>in</strong>em bestimmten Wochentag<br />

gefeiert werden und dieser Tag dadurch ausgezeichnet werden<br />

sollte, dann dürfte nicht unbeachtet bleiben, daß unser Herr das<br />

Abendmahl an e<strong>in</strong>em Donnerstagabend e<strong>in</strong>gesetzt hat.<br />

5. E<strong>in</strong>schätzung neutestamentlicher H<strong>in</strong>weise<br />

E<strong>in</strong>e unvore<strong>in</strong>genommene Prüfung dieser acht Beispiele, <strong>in</strong><br />

denen die Wendung „erster Tag <strong>der</strong> Woche“ <strong>in</strong> den Schriften<br />

des Neuen Testaments vorkommt, zeigt, daß we<strong>der</strong> Christus<br />

noch se<strong>in</strong>e Apostel e<strong>in</strong> Gebot erließen, jenen Tag heilig zu<br />

halten. Niemals haben sie gelehrt, den Sonn- tag zu feiern,<br />

we<strong>der</strong> als christlichen Sabbat noch als des Herrn Tag. Nicht e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>ziges Mal nehmen sie Bezug darauf, daß dieser Tag<br />

geheiligt o<strong>der</strong> gesegnet und daß Alltagsarbeit an diesem Tage<br />

Sünde sei. Es gibt ke<strong>in</strong> Beispiel dafür, daß <strong>der</strong> Sonntag <strong>in</strong><br />

neutestamentlicher Zeit zur Er<strong>in</strong>nerung an die Auferstehung<br />

o<strong>der</strong> aus e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>n Grunde gehalten worden wäre. Das<br />

Neue Testament erwähnt auch nichts davon, daß das vierte<br />

Gebot des De- kalogs durch den Herrn o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Apostel vom<br />

siebenten auf den ersten Tag <strong>der</strong> Woche übergegangen sei.<br />

259


Grundbegriffe von A-Z<br />

Weil später <strong>der</strong> Sonntag „des Herrn Tag“ genannt wurde, haben<br />

e<strong>in</strong>ige daraus geschlußfolgert, Offb. 1, 10 beziehe sich auf den<br />

Sonntag. Aus dem Textzusammenhang geht jedoch nicht<br />

e<strong>in</strong>deutig hervor, welchen Tag Johannes mit „des Herrn Tag“<br />

me<strong>in</strong>t. Nach Aussage des vierten Gebotes ist <strong>der</strong> siebente Tag<br />

„<strong>der</strong> Sabbat des Herrn“ (2. Mose 20, 10), und nach Jesu Worten<br />

„ist des Menschensohn e<strong>in</strong> Herr auch über den Sabbattag“<br />

(Mark. 2, 28).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> s<strong>in</strong>d daher <strong>der</strong> Überzeugung,<br />

daß Johannes <strong>in</strong> Offb. 1, 10 vom siebenten Tag <strong>der</strong><br />

Woche spricht. Der Apostel Johannes weist darauf h<strong>in</strong>, daß ihm<br />

se<strong>in</strong> erstes Gesicht gegeben wurde, als er im Geist an „des<br />

Herrn Tag“ war (Offb. 1, 10). Daß dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf den<br />

Sabbat enthalten ist, kann wie folgt begründet werden: a) Diese<br />

Wendung kommt nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Mal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift vor. Der<br />

Sabbat ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Tag, auf den diese Bezeichnung<br />

angewandt wird (Jes. 58, 13; Mark. 2, 28). b) Zum an<strong>der</strong>en ist<br />

<strong>der</strong> früheste unmißverständliche H<strong>in</strong>weis auf den Sonntag als<br />

„des Herrn Tag« nicht vor dem späten zweiten Jahrhun<strong>der</strong>t zu<br />

f<strong>in</strong>den (im apokryphen „Evangelium nach Petrus“ 9. 12).<br />

II. Die Kirchenväter und <strong>der</strong> Sonntag<br />

1. Sche<strong>in</strong>beweise und unsichere H<strong>in</strong>weise<br />

a) Der „Brief an die Magnesier“ wird lgnatius zugeschrieben. Er<br />

war im frühen zweiten Jahrhun<strong>der</strong>t Bischof von Antiochien. Der<br />

griechische Text <strong>der</strong> wahrsche<strong>in</strong>lich echten Form dieses Briefes<br />

enthält die Wendung „kata kyriakén zóén zóntes“, „lebend<br />

gemäß dem Leben des Herrn“. Der noch vorhandene late<strong>in</strong>ische<br />

Text, e<strong>in</strong>e Übersetzung aus dem 13. Jahrhun<strong>der</strong>t, hat hier<br />

ke<strong>in</strong> Wort für „Leben“ (im Griechischen „zóén“). Da aber die<br />

Lesart „lebend gemäß des Herrn“ ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n ergibt, haben<br />

e<strong>in</strong>ige Übersetzer das Wort „Tag“ e<strong>in</strong>gefügt. Sie deuteten es als<br />

zu <strong>der</strong> Wendung „des Herrn“ (im Griech. e<strong>in</strong> Adjektiv) gehörend.<br />

So ergibt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Übersetzung die Lesart „lebend gemäß<br />

(o<strong>der</strong>: <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heilighaltung) des Tages des Herrn“.<br />

260


Grundbegriffe von A-Z<br />

An<strong>der</strong>e Gelehrte jedoch übersetzten: „... lebend e<strong>in</strong> Leben<br />

gemäß des Herrn (Tag)“. Sie nehmen dabei an, daß e<strong>in</strong><br />

späterer Gebrauch von „kyriaké“ als Hauptwort mit <strong>der</strong> Bedeutung<br />

„des Herrn Tag“ bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit des Ignatius gültig<br />

gewesen sei. An<strong>der</strong>e halten die gesamte Wendung für unecht.<br />

Wie dem auch sei: als Beweis hat diese Wendung ke<strong>in</strong>en Wert,<br />

bietet sie doch so viele Möglichkeiten an, daß nicht klar zu<br />

erkennen ist, was Ignatius ursprünglich geme<strong>in</strong>t hat.<br />

b) E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er H<strong>in</strong>weis, <strong>der</strong> oft für den Sonntag angeführt<br />

wird, ist e<strong>in</strong> Brief des Pl<strong>in</strong>ius, Statthalter von Bithynien und<br />

Pontus, geschrieben 112 n. Chr. Dar<strong>in</strong> erwähnt Pl<strong>in</strong>ius, daß die<br />

Christen „an e<strong>in</strong>em bestimmten Tage, vor Aufgang <strong>der</strong> Sonne,<br />

zusammengekommen wären, Christum als e<strong>in</strong>en Gott zu<br />

ehren“. Der Tag selbst wird dabei nicht e<strong>in</strong>deutig angegeben.<br />

Der H<strong>in</strong>weis könnte sich ebenso auf den Sabbat beziehen.<br />

c) Im sogenannten „Brief des Barnabas“ (Kap. 15), <strong>der</strong><br />

wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> das frühe o<strong>der</strong> mittlere zweite Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

gehört, wird auf den Tag <strong>der</strong> Auferstehung Christi Bezug<br />

genommen. Es heißt dort: „Deswegen begehen wir den achten<br />

Tag mit Freuden.“ („Die apostolischen Väter“ Loeb. ed., Bd. 1,<br />

S. 397)<br />

d) Dionysius, e<strong>in</strong> Bischof von Kor<strong>in</strong>th, schrieb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

se<strong>in</strong>er Briefe an den Bischof zu Rom etwa 170 n. Chr.: „Heute<br />

haben wir des Herrn heiligen Tag verbracht, an welchem wir<br />

Euren Brief gelesen haben“ (angeführt <strong>in</strong> Eusebius, Kirchengeschichte,<br />

IV/23). Der Textzusammenhang macht auch hier nicht<br />

ersichtlich, welcher Tag mit dem Ausdruck „des Herrn heiliger<br />

Tag“ geme<strong>in</strong>t ist.<br />

e) Die Didache o<strong>der</strong> Zwölfapostellehre ist e<strong>in</strong>e Abhandlung,<br />

die wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> die gleiche Zeit gehört. Dar<strong>in</strong> wird<br />

vorgeschrieben, etwas zu tun »gemäß des Herrn von dem<br />

Herrn“ (katá kyriakén de kyrion). Das ergibt ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n.<br />

Offensichtlich ist <strong>der</strong> griechische Text unvollständig. Obersetzer<br />

haben meist diese Wendung mit „des Herrn Tag von dem<br />

Herrn“ wie<strong>der</strong>gegeben, wobei sie das Wort<br />

261


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Tag” <strong>in</strong> die Obersetzung e<strong>in</strong>gefügt haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Annahme, daß<br />

es auf den Sonntag h<strong>in</strong>weist. Doch das s<strong>in</strong>d re<strong>in</strong>e Vermutungen.<br />

2. Just<strong>in</strong>s Sonntagsgottesdienste<br />

Das erste klar verbürgte, nicht <strong>in</strong>terpolierte (e<strong>in</strong>geschobene)<br />

Zeugnis für regelmäßige Sonntagsheiligung unter den Christen<br />

<strong>der</strong> Frühzeit f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Ersten Apologie“ Verteidigungsschrift)<br />

von Just<strong>in</strong> dem Märtyrer <strong>in</strong> Kapitel 67: „An dem Tage,<br />

Sonntag genannt, versammeln sich alle, die <strong>in</strong> Städten o<strong>der</strong> auf<br />

dem Lande wohnen, an e<strong>in</strong>em Ort, und die Er<strong>in</strong>nerungen <strong>der</strong><br />

Apostel o<strong>der</strong> die Schriften <strong>der</strong> Propheten werden gelesen ... Am<br />

Tag <strong>der</strong> Sonne aber halten wir alle geme<strong>in</strong>sam die Zusammenkunft,<br />

weil er <strong>der</strong> erste Tag ist.“ Es wird allgeme<strong>in</strong> angenommen,<br />

daß diese „Apologie“ 155 n. Chr. <strong>in</strong> Rom geschrieben<br />

worden ist. Aus an<strong>der</strong>n Schriften des Just<strong>in</strong> und Eusebis‘ kann<br />

man jedoch entnehmen, daß Just<strong>in</strong> den Sonntag bereits<br />

geheiligt haben mag, als er <strong>in</strong> Ephesus lebte, also ehe er nach<br />

Rom kam. Wenn das zutrifft, muß es schon um 135 o<strong>der</strong> noch<br />

früher gewesen se<strong>in</strong>.<br />

Somit gibt es bis etwa zur Mitte des zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

ke<strong>in</strong>e sichere Quelle dafür, daß <strong>der</strong> Sonntag <strong>der</strong> wöchentlich<br />

wie<strong>der</strong>kehrende heilige Tag sei. Nach Just<strong>in</strong>s „Apologie“ aber<br />

f<strong>in</strong>den wir e<strong>in</strong>e Reihe von Sonntagsh<strong>in</strong>weisen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur<br />

<strong>der</strong> Kirchenväter. Wenn auch die Spuren <strong>der</strong> Sonntagsfeier weit<br />

zurückverfolgt werden können, beschränkte sie sich doch fast<br />

ausschließlich auf e<strong>in</strong>e Teilnahme an Versammlungen und<br />

schloß ke<strong>in</strong>e Arbeitsruhe e<strong>in</strong>.<br />

„Bis tief <strong>in</strong>s 2. Jahrhun<strong>der</strong>t h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> haben wir <strong>in</strong> den Quellen<br />

nicht die leiseste Andeutung dafür, daß <strong>der</strong> Sonntag von<br />

den Christen <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Weise mit Arbeitsruhe ausgezeichnet<br />

worden wäre“, sagt W. Rordorf <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Studie „Der<br />

Sonntag“. (S. 155)<br />

262


Grundbegriffe von A-Z<br />

3. „Des Herrn Tag“, <strong>der</strong> Sonntag?<br />

Das Fragment e<strong>in</strong>es unechten „Evangelium des Petrus“,<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich aus <strong>der</strong> Zeit um 155(?)-180, nimmt zweimal auf<br />

den Tag <strong>der</strong> Auferstehung Christi als „des Herrn Tag“ Bezug.<br />

(Abschnitte 9 und 12)<br />

Clemens von Alexandria (um 200) ergeht sich im 5. Buch<br />

<strong>der</strong> „Teppiche“ <strong>in</strong> Zahlentüfteleien und macht dar<strong>in</strong> geltend, <strong>der</strong><br />

heidnische griechische Philosoph Plato habe im 10. Buch<br />

se<strong>in</strong>es Werkes „Die Republik“ von „des Herrn Tag“ geweissagt.<br />

In Wirklichkeit spricht Plato hier von den Seelen <strong>der</strong> Toten, die<br />

an „dem achten (Tage)“, nachdem „sieben Tage für jede<br />

Gruppe auf <strong>der</strong> Wiese vergangen waren“, zu ihrer Reise durch<br />

die Planetenhimmel zu dem Ort aufbrachen, an dem sie die<br />

Lebensform für ihre nächste Re<strong>in</strong>karnation (Rückkehr <strong>in</strong>s<br />

Fleisch) wählen werden. An an<strong>der</strong>er Stelle sagt Clemens, daß<br />

<strong>der</strong> Christ „des Herrn Tag“ hält, wenn er e<strong>in</strong>e schlechte Neigung<br />

aufgibt und die Haltung des Gnostikers annimmt.<br />

Die apokryphen „Taten Pauli“ (180-200) erwähnen, daß<br />

Paulus am Sabbat betete, als des „Herrn Tag“ herankam. Die<br />

apokryphen „Taten Petri“, geschrieben um 200, sprechen<br />

davon, daß Petrus se<strong>in</strong>e Predigtversammlungen an „des Herrn<br />

Tag“, dem Tag nach dem Sabbat, gehalten habe.<br />

Der Ausdruck „des Herrn Tag“ sche<strong>in</strong>t gegen Ende des<br />

zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts – wenn auch nicht durchweg – <strong>in</strong><br />

Gebrauch gewesen zu se<strong>in</strong>. Die Forschung wertet diese<br />

H<strong>in</strong>weise auf den Sonntag als „des Herrn Tag“ im allgeme<strong>in</strong>en<br />

als echt. Trifft das zu, so s<strong>in</strong>d sie die frühesten unbestreitbaren<br />

Aussagen christlicher Autoren.<br />

4. Ostern und Sonntag<br />

Im frühen zweiten Jahrhun<strong>der</strong>t gedachten viele Christen <strong>der</strong><br />

Leiden und des Todes Christi <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>en Gottesdiensten,<br />

vor allem durch das Abendmahl am Passatag. Das war <strong>der</strong> 14.<br />

Tag des ersten Mondmonats nach dem allgeme<strong>in</strong> gebräuchlichen<br />

jüdischen Kalen<strong>der</strong>, auf welchen<br />

263


Grundbegriffe von A-Z<br />

Wochentag <strong>der</strong> Passatag auch fallen mochte. E<strong>in</strong>e solche Feier<br />

war von <strong>der</strong> Bibel we<strong>der</strong> geboten noch untersagt Vielleicht<br />

schon zur Zeit des Sixtus (Bischof <strong>in</strong> Rom um 115 bis 125),<br />

spätestens aber zur Zeit des Anicetus (etwa 155 bis 156)<br />

for<strong>der</strong>te die Kirche zu Rom, daß die jährliche Frühl<strong>in</strong>gsfeier <strong>der</strong><br />

Auferstehung Christi auf e<strong>in</strong>en Sonntag ge- legte werde. Dieser<br />

Brauch wurde allgeme<strong>in</strong> angenommen, nur nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

römischen Prov<strong>in</strong>z Asia. Victor (um 189 bis 198), Bischof von<br />

Rom gegen Ende des zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts, exkommunizierte<br />

die „Quartadezimaner“, Christen <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>asien, weil sie am 14.<br />

Nisan festhielten.. Es besteht ke<strong>in</strong> Zweifel, daß Rom sehr früh<br />

Nachdruck auf den Sonntag zu legen suchte.<br />

5. Die Qumran-Theorie<br />

A. Jaubert und J. van Goudoever haben versucht, die christliche<br />

Sonntagsheiligung vom Brauch e<strong>in</strong>er jüdischen Sekte des<br />

Altertums abzuleiten, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> alten Qumranliteratur<br />

wi<strong>der</strong>spiegeln soll. Im „Buch <strong>der</strong> Jubiläen“ ist e<strong>in</strong> religiöser<br />

Kalen<strong>der</strong> enthalten, <strong>in</strong> dem alle religiösen Hauptfeste dem<br />

Mittwoch, Freitag und Sonntag zugeordnet s<strong>in</strong>d. Offensichtlich<br />

waren diese drei Tage für die Leute von Qumran von beson<strong>der</strong>er<br />

Bedeutung. Aber es gibt ke<strong>in</strong>en Beweis dafür, daß <strong>der</strong><br />

Sonntag irgende<strong>in</strong>en Vorzug vor dem Mittwoch o<strong>der</strong> Freitag<br />

gehabt hat. Dennoch mag es möglich se<strong>in</strong>, daß die Begünstigung,<br />

die die Qumransekte dem Sonntag entgegenbrachte, <strong>in</strong><br />

gewisser Weise mittelbar zur späteren christlichen Sonntagsheiligung<br />

beigetragen hat.<br />

6. Der Sonntag im Heidentum<br />

Für den ersten Tag <strong>der</strong> Woche gebraucht Just<strong>in</strong> die Wendung<br />

„Tag <strong>der</strong> Sonne“. Das war <strong>der</strong> heidnische Name für den ersten<br />

Wochentag <strong>der</strong> Bibel. Die Bezeichnung „Tag <strong>der</strong> Sonne“ war im<br />

römischen Kalen<strong>der</strong> noch nicht e<strong>in</strong>geführt, aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Astrologie<br />

war er schon zwei Jahrhun<strong>der</strong>te lang o<strong>der</strong> noch länger <strong>in</strong><br />

Gebrauch.<br />

264


Grundbegriffe von A-Z<br />

Als die römischen Legionen vom ersten Jahrhun<strong>der</strong>t v.<br />

Chr. an ihre Eroberungen bis tief nach Vor<strong>der</strong>asien ausdehnten,<br />

breitete sich <strong>der</strong> persische Mithrasdienst unter Soldaten<br />

und Händlern rasch aus. Die Anbetung des Mithras als „Sol<br />

Invictus“ („Unbesiegbare Sonne“) setzte sich durch, und zwar<br />

westwärts bis zu <strong>der</strong> atlantischen Küste, <strong>der</strong> iberischen<br />

Halb<strong>in</strong>sel (Spanien, Portugal) und den britischen Inseln. Der<br />

Mithrasdienst wurde im ganzen römischen Weltreich bekannt.<br />

Um die Mitte des zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts war er <strong>der</strong> bedeutendste<br />

Gegenspieler des Christentums geworden. So wie die<br />

Heiden den Sonntag als den <strong>der</strong> „Unbesiegbaren Sonne“<br />

geweihten Wochentag verehrten, so neigten viele Christen<br />

dazu, diesen Tag als Gedächtnis an Christi Auferstehung von<br />

den Toten zu ehren. Die Schriften <strong>der</strong> Kirchenväter offenbaren<br />

<strong>in</strong> reichem Maße e<strong>in</strong>e wachsende Vermischung heidnischer<br />

Philosophie und heidnischen Brauchtums mit Lehren und<br />

gottesdienstlichen Handlungen des Christentums. E<strong>in</strong>e<br />

gnostisch geprägte christliche Philosophie und die Allegorisierung<br />

<strong>der</strong> Bibel erleichterten die Verschmelzung von Heidentum<br />

und Christentum. Dieser Synkretismus (Religionsvermischung)<br />

trat .so deutlich hervor, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit Tertullians (180 bis 220)<br />

gebildete Heiden die sonntaghaltenden Christen als Sonnenanbeter<br />

ansahen und sie deshalb für „Perser“ o<strong>der</strong> Mithrasanbeter<br />

hielten. (Tertullian, „Apologie«, Kap. 16; „Ad Nationes“, Buch 1,<br />

Kap. 13)<br />

Der Kaiser Mark Aurel (270-275) erhob die Sonnenanbetung<br />

zum offiziellen Kaiserkult. Er ließ e<strong>in</strong>en neuen Tempel<br />

erbauen, <strong>in</strong> dem die Statuen des babylonischen Gottes Bel und<br />

des Sonnengottes Helios aufgestellt wurden.<br />

„Sol lnvictus“ (Unbesiegbare Sonne) wurde als „Sol Dom<strong>in</strong>us<br />

Imperii Romani“ („Sonne, Herr des römischen Weltreiches“)<br />

oberste Gottheit. Das blieb so, bis Kaiser Konstant<strong>in</strong> I.<br />

(306-337) das Christentum zur bevorzugten Religion erhob. Als<br />

Verehrer <strong>der</strong> „Unbesiegbaren Sonne“ erzogen, blieb Konstant<strong>in</strong><br />

„Pontifex Maximus“ (höchster<br />

265


Grundbegriffe von A-Z<br />

Priester) des staatlichen Heidentums bis zu se<strong>in</strong>em Tode. E<strong>in</strong><br />

Bild <strong>der</strong> „Sol Invictus“ wurde auf Münzen geprägt, die während<br />

se<strong>in</strong>er Regierung herausgegeben wurden. Ihre Inschriften<br />

erklärten, daß die „Unbesiegbare Sonne“ se<strong>in</strong> ständiger<br />

Beschützer und Begleiter sei. Selbst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Sonntagsgesetz,<br />

durch das Konstant<strong>in</strong> die Arbeitsruhe am ersten Wochentag zu<br />

erzw<strong>in</strong>gen suchte, bezog sich <strong>der</strong> Kaiser nur auf „den verehrungswürdigen<br />

Tag <strong>der</strong> Sonne“ und „den Tag <strong>der</strong> Sonne, für ...<br />

Verehrung bekannt“. (Erlasse vom März und Juli 321; siehe<br />

auch Robert Leo Odom, „Sunday <strong>in</strong> Roman Paganism“, Der<br />

Sonntag im römischen Heidentum).<br />

7. Begründungen <strong>der</strong> Sonntagsfeier<br />

Das vierte Gebot selbst sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> den ersten Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />

niemals h<strong>in</strong>sichtlich des Sonntags angeführt worden zu se<strong>in</strong>,<br />

man bezog sich vielmehr auf die Auferstehung. Der Gedanke<br />

<strong>der</strong> Ruhe war damit nicht verbunden. E<strong>in</strong>en vere<strong>in</strong>zelt dastehenden<br />

Rat gab Tertullian (3. Jahrhun<strong>der</strong>t), <strong>der</strong> empfahl, an<br />

diesem Tag nicht zu arbeiten. An<strong>der</strong>erseits sahen Christen im<br />

Sonntag bis zum Ende des dritten Jahrhun<strong>der</strong>ts nur e<strong>in</strong>en Tag<br />

<strong>der</strong> Freude, an dem Fasten ke<strong>in</strong>en Raum hatte. Anbeter zogen<br />

es vor, im Gebet zu stehen, als daß sie nie<strong>der</strong>knieten; Predigtgottesdienste<br />

und Abendmahlsfeiern fanden statt.<br />

Im vierten Jahrhun<strong>der</strong>t trat als Folge <strong>der</strong> angeblichen Bekehrung<br />

Konstant<strong>in</strong>s e<strong>in</strong> Wechsel bezüglich <strong>der</strong> Haltung zum<br />

Sonntag e<strong>in</strong>. Konstant<strong>in</strong>s Sonntagserlaß vom März 321 ist das<br />

erste überlieferte staatliche Sonntagsgesetz. Es untersagte <strong>in</strong><br />

Hauptstädten und Städten Sonntagsarbeit, davon war jedoch<br />

die Landarbeit ausgenommen. Etwas später im gleichen<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> erste Erlaß des Konzils zu Laodicea<br />

die Christen auf, am Sonntag wenn möglich zu ruhen. Gegen<br />

Ende des Jahrhun<strong>der</strong>ts unterwies <strong>der</strong> angesehene Johann<br />

Chrysostomus se<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de, nach dem Kirchengottesdienst<br />

nach Hause zu gehen und über die Predigt nachzudenken, ehe<br />

sie wie<strong>der</strong><br />

266


Grundbegriffe von A-Z<br />

die Alltagspflichten aufnehmen sollten. („Homilien zu Matthäus“,<br />

Nr. 5, Abschn. 1) Doch sche<strong>in</strong>t es ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Verpflichtung<br />

gewesen zu se<strong>in</strong>, sich <strong>der</strong> Arbeit zu enthalten. Hieronymus,<br />

e<strong>in</strong> Zeitgenosse des Chrysostomus, sprach gelegentlich<br />

von Frauen, die den Gottesdienst besuchten und danach zu<br />

ihrer Näharbeit zurückkehrten.<br />

Die Gesetzessammlung des Theodosius (Mitte des 5.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts) zeigt an, daß sich zu jener Zeit <strong>der</strong> Sonntag im<br />

westlichen römischen Weltreich durchgesetzt hatte. Als das<br />

Weltreich zerfiel, hielten die fremden Eroberer, meist Arianer,<br />

ebenfalls den Sonntag. Der erste „christliche“ fränkische<br />

Herrscher, Chlodwig (481-511), hielt den Sonntag nach se<strong>in</strong>er<br />

Oberzeugung auf Grund e<strong>in</strong>es göttlichen Gebotes. Bis 538<br />

hatte sich die öffentliche Me<strong>in</strong>ung wenigstens <strong>in</strong> Frankreich so<br />

zugunsten des Sonntags entwickelt, daß nun sogar den<br />

Bauern, die <strong>in</strong> Konstant<strong>in</strong>s Sonntagsgesetz ausgenommen<br />

waren, durch e<strong>in</strong>en Beschluß <strong>der</strong> dritten Synode zu Orleans<br />

verboten wurde, am Sonntag zu arbeiten. Papst Gregor <strong>der</strong><br />

Große (590-604) erwähnt, daß e<strong>in</strong>ige auf überstrenger Sonntagsheiligung<br />

bestanden. Er betrachtete das Sabbatgebot im<br />

wesentlichen als geistig, urteilte jedoch, <strong>der</strong> Sonntag soll durch<br />

Arbeitsruhe geheiligt werden. („Briefe“ XIII, 1)<br />

Nach den noch erhaltenen Quellen zu urteilen, begann<br />

die Sonntagsheiligung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte des zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

und breitete sich nach und nach aus. Zunächst war er <strong>der</strong> Tag<br />

für gelegentliche Gottesdienste und e<strong>in</strong>e Feier zum Gedächtnis<br />

<strong>der</strong> Auferstehung Christi. Er ersetzte aber nicht den Sabbat.<br />

Vom sechsten Jahrhun<strong>der</strong>t an wurde er e<strong>in</strong> Tag erzwungener<br />

Arbeitsruhe, an dem <strong>der</strong> Gottesdienstbesuch verb<strong>in</strong>dlich war.<br />

Im achten Jahrhun<strong>der</strong>t erklärte Karl <strong>der</strong> Große die Sonntagsruhe<br />

als vom Gesetz Gottes vorgeschrieben, obwohl das nicht die<br />

offizielle katholische Lehre. war.<br />

Der <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Sabbat wurde <strong>in</strong> vielen Län<strong>der</strong>n von<br />

vielen Christen neben dem Sonntag gehalten. Jahrhun<strong>der</strong>telang<br />

wurde er <strong>in</strong> den orthodoxen Kirchen des Ostens<br />

267


Grundbegriffe von A-Z<br />

als Tag <strong>der</strong> Anbetung geheiligt, auch <strong>in</strong> Äthiopien und an-<br />

<strong>der</strong>swo.<br />

Die katholische Kirche erzwang den Sonntag, aber nie als<br />

den Sabbat. Sie lehrte, daß sich Sonntagsheiligung unter dem<br />

„neuen Gesetz“ nicht auf e<strong>in</strong>e biblische Vorschrift gründe,<br />

son<strong>der</strong>n auf e<strong>in</strong>e Entscheidung <strong>der</strong> Kirche.<br />

III. Der Sonntag und <strong>der</strong> Protestantismus<br />

1. Die Reformationszeit und die Zeit danach<br />

Die Reformatoren des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts folgten dem katholischen<br />

Brauch <strong>der</strong> Sonntagsheiligung, obwohl sie den Anspruch<br />

erhoben, die Bibel als alle<strong>in</strong>ige Richtschnur für Lehre und<br />

Leben anzuerkennen. Zwar gaben viele von ihnen zu, daß die<br />

Sonntagsheiligung nur e<strong>in</strong>e kirchliche, aber nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel<br />

verankerte E<strong>in</strong>richtung ist; dennoch schien sie ihnen so tief im<br />

religiösen Brauchtum und bürgerlichen Gesetz verwurzelt, daß<br />

sie lieber nicht daran rührten, als den Versuch e<strong>in</strong>er Rückkehr<br />

zur Sabbatheiligung zu wagen.<br />

Die Reformatoren hielten Sonntagsheiligung zwar nicht<br />

für „juris div<strong>in</strong>i“ (dem göttlichen Gesetz entsprechend), ober für<br />

„quasi juris div<strong>in</strong>i“ (etwa göttlichem Gesetz entsprechend). Doch<br />

wiesen sie die katholische Behauptung zurück, daß die<br />

Sonntagsheiligung auf <strong>der</strong> Autorität <strong>der</strong> Kirche beruhe. („Augsburger<br />

Konfession“ von 1536 Teil 2, Artikel 7, „Über kirchliche<br />

Macht“) Von Andreas Karlstadt wissen wir, daß er ke<strong>in</strong>en<br />

entschiedenen Standpunkt e<strong>in</strong>nahm. „Bezüglich des Sonntags<br />

ist bekannt, daß ihn Menschen e<strong>in</strong>gesetzt haben.“ Trotzdem<br />

konnte er sich nicht zum Sabbat durchr<strong>in</strong>gen.<br />

Der katholische Theologe Johann Eck verhöhnte die Protestanten<br />

mit dem römischen Anspruch, „die Kirche hat den<br />

Sabbat <strong>in</strong> des Herrn (Tag) durch ihre eigene Autorität geän<strong>der</strong>t,<br />

wofür es ke<strong>in</strong> Schriftzeugnis gibt“. (Eck, „Anchiridion“, Handbuch<br />

1533, Folio 4v, 5r)<br />

Auf dem Konzil zu Trient (1545-1563) wurde die Feier des<br />

„Tages des Herrn“ als göttliches Gebot bezeichnet, die<br />

268


Grundbegriffe von A-Z<br />

Zeit <strong>der</strong> Heiligung aber lasse e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung zu, so me<strong>in</strong>te<br />

man. Das Konzil hielt an dem klassischen Argument fest, <strong>der</strong><br />

erste Tag <strong>der</strong> Woche sei e<strong>in</strong> Gedächtnis <strong>der</strong> Auferstehung<br />

unseres Herrn. Die Verpflichtung, jeden Sonntag Messe zu<br />

hören, ist e<strong>in</strong>s <strong>der</strong> „Gebote <strong>der</strong> Kirche“.<br />

2. Das Sabbatgebot als Begründung für den Sonntag<br />

Die Auffassung, <strong>der</strong> Sonntag sei <strong>der</strong> verpflanzte Sabbat des<br />

vierten Gebotes, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Neuzeit von den Puritanern des 16.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts wie<strong>der</strong>aufgenommen worden. Die englischen<br />

Puritaner und die schottischen Calv<strong>in</strong>isten hielten den „Sabbat“<br />

(Sonntag) mit übertriebener Strenge. Die puritanische Westm<strong>in</strong>ster-Konfession<br />

von 1647 entschied, <strong>der</strong> Sonntag sei <strong>der</strong><br />

„christliche Sabbat“. (Kap. 21; jetzt 23) E<strong>in</strong>e Folge davon ist <strong>in</strong><br />

englisch sprechenden Län<strong>der</strong>n die immer noch bestehende<br />

Unklarheit zwischen den Begriffen Sabbat und Sonntag.<br />

IV. Die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> und <strong>der</strong> Sonntag<br />

In <strong>der</strong> Verteidigung des <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Sabbats haben die<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> von Anfang an auch <strong>der</strong> Geschichte<br />

des Sonntags beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit gewidmet. Sie<br />

wiesen h<strong>in</strong> auf den Umstand, daß <strong>der</strong> Sonntag zur Zeit <strong>der</strong><br />

Abfassung des Neuen Testaments nicht geheiligt wurde und<br />

daß sich <strong>der</strong> Wechsel vom Sabbat zum Sonntag allmählich <strong>in</strong><br />

den frühchristlichen Jahrhun<strong>der</strong>ten als Teil des Katholisierungsprozesses<br />

vollzog. In den frühen Veröffentlichungen<br />

untersuchten die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> gründlich die<br />

wenigen neutestamentlichen H<strong>in</strong>weise auf den ersten Tag <strong>der</strong><br />

Woche. Sie erkannten, daß diese Aussagen we<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Abkehr<br />

vom Sabbat noch e<strong>in</strong>e christliche Sonntagsfeier bezeugen. (z.<br />

B. <strong>in</strong> „Present Truth“ vom August 1849) So kamen sie zu <strong>der</strong><br />

Auffassung, daß hauptsächlich das Papsttum den Sonntagsgottesdienst<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche vorangetrieben hat. (a. a. O., Juli 1849)<br />

„Present Truth“ und frühe Ausgaben von „Review and He-<br />

269


Grundbegriffe von A-Z<br />

rald“ verwendeten <strong>in</strong> beträchtlichem Umfang Schriften über den<br />

Sabbat, die von <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten herausgegeben<br />

worden waren.<br />

Sie g<strong>in</strong>gen aber weiter als die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten<br />

und verbanden den Gedanken des Sonntags als e<strong>in</strong>es falschen<br />

Sabbats mit <strong>der</strong> Botschaft des dritten Engels (Offb. 14, 6-12).<br />

Sie erwarteten also für die Zukunft, daß <strong>der</strong> Sonntag durch<br />

Gesetz erzwungen und <strong>der</strong> Gehorsam gegenüber dem<br />

Sabbatgebot zum Prüfste<strong>in</strong> <strong>der</strong> Treue unmittelbar vor dem<br />

zweiten Advent werde.<br />

Siehe: Malzeichen des Tieres, Sabbat<br />

SPÄTREGEN<br />

Unter „Spätregen“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> ursprünglichen Bedeutung versteht<br />

man die <strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a üblichen Regenfälle des Frühl<strong>in</strong>gs, die die<br />

feuchte Jahreszeit abschließen und das W<strong>in</strong>tergetreide zur<br />

Reife br<strong>in</strong>gen (5. Mose 11, 14). Im Gegensatz dazu steht <strong>der</strong><br />

Frühregen, <strong>der</strong> im Herbst fällt (Joel 2, 23; Jer. 5, 24; Jak. 5, 7)<br />

und die Saat noch vor E<strong>in</strong>bruch des W<strong>in</strong>ters aufgehen läßt. Im<br />

geistlichen S<strong>in</strong>n ist <strong>der</strong> Spätregen e<strong>in</strong> Symbol für e<strong>in</strong> außerordentliches<br />

Wirken des Heiligen Geistes an Gottes Volk, um es<br />

vorzubereiten auf die Ernte <strong>der</strong> Welt am Ende <strong>der</strong> Zeiten (vgl.<br />

Hos. 6, 3).<br />

Im Zusammenhang mit dem Auftrag zur Evangeliumsverkündigung,<br />

den Christus se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de auf Erden gegeben<br />

hat (Matth. 28, 19. 20; Apg. 1. 8), stellt nach adventistischem<br />

Verständnis das Pf<strong>in</strong>gstereignis (Apg. 2) den „Frühregen“ dar,<br />

während im „Spätregen“ die göttlichen Gnadenwirkungen zu<br />

sehen s<strong>in</strong>d, durch die das Bemühen geheiligter Christen unter<br />

<strong>der</strong> Führung des Heiligen Geistes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endzeit gestützt se<strong>in</strong><br />

wird. Der „Frühregen“ ist also S<strong>in</strong>nbild für die Aussaat des<br />

Evangeliums und <strong>der</strong> „Spätregen“ für die Erntezeit beim<br />

Abschluß des Werkes Gottes.<br />

„Die Ausgießung des Geistes <strong>in</strong> den Tagen <strong>der</strong> Apostel<br />

270


Grundbegriffe von A-Z<br />

war das E<strong>in</strong>setzen des Frühregens ... Aber für die Zeit kurz vor<br />

dem Abschluß <strong>der</strong> Welternte ist e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Fülle geistlicher<br />

Gnade verheißen, die die Geme<strong>in</strong>de auf das Kommen des<br />

Menschensohnes vorbereiten soll.“ (WA 43) „Die Ausgießung<br />

des Heiligen Geistes zu Pf<strong>in</strong>gsten war <strong>der</strong> Frühregen; <strong>der</strong><br />

Spätregen wird jedoch noch reichlicher fallen.“ (CG 88)<br />

Ober das Verhältnis von „Frühregen“ und „Spätregen“<br />

schrieb E. G. White: „Wie <strong>der</strong> ,Frühregen‘ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgießung<br />

des Heiligen Geistes zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Apostelzeit fiel, damit <strong>der</strong><br />

wertvolle Samen aufgehen konnte, so wird <strong>der</strong> ,Spätregen`<br />

gegen Ende <strong>der</strong> Zeit wirksam werden, damit die Ernte reife ...<br />

Das große Werk <strong>der</strong> Evangeliumsverkündigung wird mit ke<strong>in</strong>er<br />

ger<strong>in</strong>geren Offenbarung <strong>der</strong> Macht Gottes schließen, als sie bei<br />

Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong>selben wahrgenommen wurde. Die Weissagungen,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgießung des Frühregens am Anfang <strong>der</strong> frühchristlichen<br />

Zeit ihre Erfüllung fanden, werden sich am Ende <strong>der</strong><br />

christlichen Geschichte im Spätregen noch e<strong>in</strong>mal erfüllen. Es<br />

ist die Zeit <strong>der</strong> Erquickung, <strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Apostel Petrus<br />

entgegensah.“ (GK 612)<br />

Mit „Frühregen“ wird auch e<strong>in</strong>e vorbereitende persönliche<br />

Erfahrung bezeichnet, die Voraussetzung für den Empfang des<br />

„Spätregens“ ist. Als Frucht dieser persönlichen Erfahrung des<br />

„Frühregens“ wird das Herz „frei von je<strong>der</strong> sündhaften Befleckung<br />

und gere<strong>in</strong>igt, um vom Heiligen Geist erfüllt zu werden“.<br />

Der „Spätregen“ wie<strong>der</strong>um befähigt die Geme<strong>in</strong>de, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit<br />

des „lauten Rufs“ (Offb. 18, 1-4) Zeugnis zu geben und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zeit <strong>der</strong> „großen Trübsal“ (Matth. 24, 21) standhaft zu bleiben:<br />

„Das Reifen des Getreides (als Folge des Spätregens) ist e<strong>in</strong><br />

Bild dafür, wie Gottes Gnade das Werk im Menschen zum<br />

Abschluß br<strong>in</strong>gt. Durch die Kraft des Heiligen Geistes soll das<br />

Ebenbild Gottes im Menschen wie<strong>der</strong>hergestellt werden. Wir<br />

sollen völlig <strong>in</strong> das Bild Christi verwandelt werden. Der Spätregen,<br />

das Reifwerden <strong>der</strong> Welternte, weist h<strong>in</strong> auf die geistlichen<br />

Gnadenwirkungen, durch die die<br />

271


Grundbegriffe von A-Z<br />

Geme<strong>in</strong>de auf das Kommen des Sohnes Gottes vorbereitet<br />

wird. Aber wenn ke<strong>in</strong> Frühregen gefallen ist, kann es auch ke<strong>in</strong><br />

Leben geben, wird <strong>der</strong> Halm nicht aufsprießen. Wenn <strong>der</strong><br />

Frühregen nicht gefallen ist, kann <strong>der</strong> Spätregen die Saat nicht<br />

zur Vollendung br<strong>in</strong>gen.“<br />

Der Spätregen belebt und stärkt Gottes Volk, damit es die<br />

Zeit <strong>der</strong> Trübsal überstehen kann, und bereitet es auf die<br />

Verwandlung vor. (Sch I, 118) Im „Review and Herald“ vom 14.<br />

April 1868 schrieb R. F. Cottrell: „Der Spätregen kommt, die<br />

Erquickung vom Angesicht des Herrn. Empfangen werden ihn<br />

alle, die durch die dritte Engelsbotschaft bereits zur Geme<strong>in</strong>de<br />

gehören und darauf vorbereitet s<strong>in</strong>d, ebenso alle Aufrichtigen,<br />

die noch draußen stehen, aber unter se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>fluß bald<br />

dazugehören werden.“<br />

Siehe: Heiliger Geist<br />

SPIRITISMUS<br />

Unter Spiritismus versteht man den Glauben an angebliche<br />

Geister <strong>der</strong> Toten, mit denen man Verb<strong>in</strong>dung aufnehmen und<br />

so Offenbarungen aus dem Jenseits erhalten könne.<br />

Das Aufkommen des mo<strong>der</strong>nen Spiritismus mit se<strong>in</strong>er<br />

weltweiten Verbreitung fällt <strong>in</strong> die Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Im Hause des Farmers Fox <strong>in</strong> Hydesville, New York, beobachtete<br />

man im Jahre 1848, daß durch geheimnisvolle, deutlich<br />

wahrnehmbare Klopftöne unsichtbare, ansche<strong>in</strong>end vernunftbegabte<br />

Wesen Antwort gaben auf Fragen, die an sie gerichtet<br />

wurden. Von dort breitete sich <strong>der</strong> Spiritismus rasch aus und<br />

fand <strong>in</strong>nerhalb von wenigen Jahrzehnten Millionen von Anhängern,<br />

die sich im geheimen o<strong>der</strong> öffentlich dazu bekannten.<br />

Die Wurzeln des Spiritismus reichen zurück bis <strong>in</strong> die ältesten<br />

Tage <strong>der</strong> Menschheit. Bei allen heidnischen Völkern <strong>der</strong><br />

Antike (Babylonier, Ägypter, Perser und Griechen) f<strong>in</strong>den sich<br />

Spuren davon. Israel aber sollte laut Gottes Geheiß <strong>der</strong>artige<br />

Praktiken als „Greuel“ ansehen (5. Mose<br />

272


Grundbegriffe von A-Z<br />

18, 9-13). Entschieden verbot Gott alle Versuche, durch<br />

Mittelspersonen (Medien) mit Toten angeblich <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu<br />

treten: „Ihr sollt euch nicht wenden zu den Geisterbeschwörern<br />

und Zeichendeutern und sollt sie nicht befragen, daß ihr nicht<br />

an ihnen unre<strong>in</strong> werdet“ (3. Mose 19, 31). Auch Jeremia warnte<br />

vor den Täuschungen <strong>der</strong> „Zauberer“ und „Zeichendeuter“ (Jer.<br />

27, 9-10). Geisterbeschwörer sollten geste<strong>in</strong>igt werden (3.<br />

Mose 20, 27).<br />

Nach biblischem Zeugnis ist e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung mit Toten<br />

unmöglich, weil die „Toten nichts wissen“ (Pred. 9, 5). Alle ihre<br />

geistigen Fähigkeiten s<strong>in</strong>d mit dem Tode erloschen (V. 6).<br />

Infolgedessen s<strong>in</strong>d vorgetäuschte Verb<strong>in</strong>dungen mit Toten<br />

e<strong>in</strong> arglistiger Betrug (Jer. 27, 9-10).<br />

Gott lehnt Übermittlung von Botschaften durch Tote ab<br />

(Luk. 16, 29-31); alle<strong>in</strong> er soll <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wort um die Zukunft<br />

gefragt werden (Jes. 8, 19.20).<br />

Paulus macht auf das trügerische Wirken satanischer<br />

Kräfte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Jesu aufmerksam (1. Tim.<br />

4, 1; 2. Thess. 2, 9. 10). Auch die Offenbarung weist darauf h<strong>in</strong>,<br />

wobei sie beson<strong>der</strong>s auf das Wirken von Wun<strong>der</strong>n aufmerksam<br />

macht (Offb. 13, 13-14; 16, 13-14).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen deshalb im Auftreten<br />

des mo<strong>der</strong>nen Spiritismus e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> großen Verführungen <strong>der</strong><br />

Endzeit. Sie s<strong>in</strong>d überzeugt, daß die e<strong>in</strong>deutigen Aussagen <strong>der</strong><br />

Heiligen Schrift über den Zustand des Menschen im Tode (Hiob<br />

7, 9. 10; Pred. 9, 5. 6; Hiob 14, 10-12) e<strong>in</strong> wirksamer Schutz vor<br />

diesem satanischen Betrug s<strong>in</strong>d.<br />

Bereits <strong>in</strong> den frühen Schriften <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> (1849) wird auf „Rochester-Klopfen“ o<strong>der</strong> „Geisterbekundungen“<br />

h<strong>in</strong>gewiesen als e<strong>in</strong> Wirken <strong>der</strong> Macht Satans.<br />

Im „Review and Herald“ vom 28. Oktober 1852 wurde e<strong>in</strong><br />

Brief von E. R. Seaman von Rochester, New York, abgedruckt.<br />

Seaman warnte davor, „Schutzgeister“ zu befragen, die sich als<br />

Geister abgeschiedener Freunde ausgäben.<br />

273


Grundbegriffe von A-Z<br />

Nach se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung komme dieser Angelegenheit größere<br />

Bedeutung zu, „als e<strong>in</strong>ige vermuten mögen“.<br />

E<strong>in</strong>ige Monate später erklärte David Arnold, e<strong>in</strong> Prediger<br />

<strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Aufsatz: „Satan wirkt<br />

mit se<strong>in</strong>en Legionen gefallener Engel o<strong>der</strong> Geister <strong>der</strong> Teufel<br />

durch ... sogenannte Geisterbekundungen, um ,die ganze Welt<br />

zu täuschen‘ und, wenn möglich, sogar die Erwählten.“ (Review<br />

and Herald vom 21. Juli 1853)<br />

In <strong>der</strong> Ausgabe vom 4. August 1853 des „Review and Herald“<br />

schrieb James White, er glaube, „die Zeit ist nun gekommen,<br />

daß e<strong>in</strong> Teil des ‚Review‘ sich mit <strong>der</strong> Auslegung jener<br />

Prophezeiungen befassen sollte, die sich auf diese (spiritistischen)<br />

Bekundungen beziehen“. In e<strong>in</strong>er Reihe von Aufsätzen,<br />

die während <strong>der</strong> Monate August und September 1853 erschienen,<br />

wurden <strong>der</strong>artige „Geisterbekundungen“ als e<strong>in</strong>es <strong>der</strong><br />

Zeichen genannt, die auf Christi baldige Wie<strong>der</strong>kunft h<strong>in</strong>deuten.<br />

James White hob hervor, daß e<strong>in</strong> Prediger, <strong>der</strong> da glaube, <strong>der</strong><br />

Mensch sei von Natur aus unsterblich, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e schwierige Lage<br />

gerät, wenn er den Anspruch jener Geister ablehnen will, die<br />

behaupten, daß sie die Geister <strong>der</strong> verstorbenen Angehörigen<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

R. F. Cottrell, früher Prediger <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

Baptisten, wurde 1851 <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Adventist. Im August<br />

1853 schrieb er: „E<strong>in</strong>es <strong>der</strong> wichtigsten Anliegen jener Geister<br />

ist es, jene zu überzeugen, die daran zweifeln, daß die Seele<br />

unsterblich ist ... Durch das Zeugnis <strong>der</strong> Bibel wurden <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> letzten 10 Jahre Tausende von Christen vom Gegenteil<br />

überzeugt, nämlich davon, daß <strong>der</strong> Mensch im Tode ohne<br />

jegliches Bewußtse<strong>in</strong> ist.“ (22. Nov. 1853)<br />

Vom 6. Mai 1852 bis 30. Oktober 1855 wurde das Geme<strong>in</strong>deblatt<br />

„Review and Herald“ <strong>in</strong> Rochester, New York,<br />

veröffentlicht. Es ist wahrsche<strong>in</strong>lich, daß die geographische<br />

Nachbarschaft mit <strong>der</strong> Stadt, die man als Geburtsstätte des<br />

mo<strong>der</strong>nen Spiritismus ansehen kann, e<strong>in</strong> wesentlicher<br />

274


Grundbegriffe von A-Z<br />

Grund dafür war, daß <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> mit allem<br />

Nachdruck den Zustand des Menschen im Tode darstellten und<br />

die aufkommenden Lehren des Spiritismus entschieden<br />

ablehnten.<br />

In dem Buch „Patriarchen und Propheten“, herausgegeben<br />

1890, g<strong>in</strong>g E. G. White auf 1. Sam. 28.3-19 e<strong>in</strong>, wo<br />

angeblich durch Vermittlung <strong>der</strong> Frau zu Endor <strong>der</strong> verstorbene<br />

Samuel dem unglücklichen König Saul erschien:<br />

„Diese übernatürliche Ersche<strong>in</strong>ung brachte e<strong>in</strong>zig Satan<br />

hervor. Er konnte ebenso Samuels Gestalt annehmen wie die<br />

e<strong>in</strong>es Lichtengels, als er Christus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wüste versuchte ...<br />

Saul hatte sich Satan ganz und gar ausgeliefert, <strong>der</strong> nun die<br />

Gelegenheit ausnutzte, den unglücklichen König völlig zugrunde<br />

zu richten.“ (S. 679/680)<br />

Bereits Luther hatte gesagt: „Es ist des Teufels Gespenst<br />

gewesen“, und Calv<strong>in</strong> hatte erklärt: „Es war nicht <strong>der</strong> wahre<br />

Samuel, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> Geist.“<br />

Siehe: Tod, Unsterblichkeit<br />

SONDE<br />

„Sünde“ ist die Tat, die Gesamthaltung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zustand <strong>der</strong><br />

Auflehnung gegen Gott des mit e<strong>in</strong>em freien Willen ausgestatteten<br />

Menschen und besteht immer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Trennung von Gott. Die<br />

biblischen Ausdrücke kennzeichnen die Sünde als Zielverfehlung,<br />

Versagen, Fehler (hebr. chattath, griech. hamartia), als<br />

Aufruhr o<strong>der</strong> vorsätzliche Untreue (hebr. pescha; vgl. griech.<br />

anomia = Gesetzlosigkeit und asebeia = Gottlosigkeit), als Übel<br />

(hebr. ra, griech. kakos), als Bosheit o<strong>der</strong> Ungerechtigkeit<br />

(hebr. awen, griech. adikia), als Schuld (hebr. awon) und als<br />

Übertretung (griech. parabisis).<br />

Die Sünde nahm ihren Ursprung im Weltall vor <strong>der</strong> Erschaffung<br />

des Menschen, als e<strong>in</strong> Engelwesen, Luzifer genannt,<br />

sich gegen Gott empörte und zum Wi<strong>der</strong>sacher (Satan) wurde<br />

(vgl. Hes. 28, 12-17; Jes. 14, 12-14). Nach <strong>der</strong> Erschaffung des<br />

Menschen verführte Satan durch die<br />

275


Grundbegriffe von A-Z<br />

Schlange Eva und Adam zur Auflehnung gegen e<strong>in</strong> klares<br />

göttliches Gebot, das Ausdruck <strong>der</strong> Autorität des Schöpfers<br />

war. Obwohl das Wort „Sünde“ im Bericht des Sündenfalls nicht<br />

vorkommt, wird <strong>der</strong> Sache nach dort (1. Mose 3) sehr anschaulich<br />

gelehrt, was das Böse bedeutet.<br />

Die e<strong>in</strong>zigartige Selbstoffenbarung Gottes im Leben, Tod<br />

und <strong>der</strong> Auferstehung Christi ist die göttliche Antwort auf das<br />

weltumspannende wie auch persönliche Problem <strong>der</strong> Sünde.<br />

Durch die Annahme des Opfers Christi am Kreuz bekennt sich<br />

<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>er Sündhaftigkeit und erkennt gleichzeitig<br />

Gottes Gerechtigkeit <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Urteil über die Sünde. Fortan ist<br />

er entschlossen, e<strong>in</strong> Leben des Gehorsams gegenüber Gottes<br />

Willen zu führen. Der Erlösungsplan offenbart vor dem Universum<br />

e<strong>in</strong> für allemal die Gerechtigkeit Gottes <strong>in</strong> <strong>der</strong> völligen<br />

Verurteilung <strong>der</strong> Sünde und zugleich se<strong>in</strong>e Gnade, die dem<br />

Menschen, ungeachtet se<strong>in</strong>er Sünde, ewiges Leben schenkt,<br />

sofern er Buße tut und bereit ist, den von Gott vorgesehenen<br />

Weg zu gehen.<br />

Nach <strong>der</strong> traditionellen kirchlichen Theologie ist „Erbsünde“<br />

die von e<strong>in</strong>er Generation zur nächsten übertragene<br />

persönliche sittliche Schuld Adams. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> können dem nicht zustimmen und s<strong>in</strong>d nicht <strong>der</strong><br />

Ansicht, daß den Nachkommen Adams wegen dessen Sünde<br />

e<strong>in</strong>e persönliche sittliche Schuld anhaftet. Sie betonen vielmehr,<br />

daß sich aus <strong>der</strong> Sünde Adams e<strong>in</strong> Zustand <strong>der</strong> Entfremdung<br />

von Gott ergab und daß je<strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> dieser Entfremdung<br />

geboren wird. Sie schließt die dem Menschen <strong>in</strong>newohnende<br />

Neigung zur Sünde e<strong>in</strong>. Die Gedanken des sündigen<br />

Menschen kreisen nur um sich selbst. Durch die Bekehrung<br />

aber bekommt das Leben e<strong>in</strong>en neuen Mittelpunkt und <strong>in</strong><br />

Christus e<strong>in</strong> neues Ziel. Die adventistische Literatur geht vor<br />

allem von <strong>der</strong> praktischen Seite her auf das Problem <strong>der</strong> Sünde<br />

e<strong>in</strong>. In theologischer Sicht gilt das Hauptaugenmerk dem<br />

Verhältnis <strong>der</strong> Sünde zum Sittengesetz Gottes; denn „die<br />

Sünde ist Übertretung des Gesetzes“ (1. Joh. 3, 4). In diesem<br />

S<strong>in</strong>n schrieb J. N.<br />

276


Grundbegriffe von A-Z<br />

Andrews: Sünde „ist offene Empörung gegen den Allmächtigen.<br />

Sie ist Hochverrat an Gottes Herrschaft und liegt jedem Kampf<br />

zwischen Recht und Unrecht zugrunde.“ (Review and Herald,<br />

23. Februar 1869)<br />

Auf den Ursprung <strong>der</strong> Sünde und Gottes Verhalten dazu<br />

geht E. G. White <strong>in</strong> dem Buch „Patriarchen und Propheten“<br />

unter <strong>der</strong> Überschrift „Warum ließ Gott die Sünde zu?“ und im<br />

„Großen Kampf“, dem Kapitel „Der Ursprung des Bösen“ e<strong>in</strong>.<br />

Sie schreibt: „Die Sünde hat ihren Ursprung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Selbstsucht<br />

... Gott sah ihr Aufkommen voraus und traf Vorkehrungen, um<br />

dieser schrecklichen Not zu begegnen.“ „Die Sünde entstand <strong>in</strong><br />

dem, <strong>der</strong> nach Christus höchste Ehren von Gott empfangen<br />

hatte ... Immer stärker wuchs <strong>in</strong> Luzifer das Verlangen nach<br />

Selbsterhöhung.“ (PP 11. 12) „Es ist unmöglich, den Ursprung<br />

<strong>der</strong> Sünde so zu erklären, daß e<strong>in</strong>e Begründung für ihr Dase<strong>in</strong><br />

gegeben werden könnte ... Die Heilige Schrift lehrt deutlich, daß<br />

Gott <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>sicht für das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Sünde verantwortlich<br />

war und daß we<strong>der</strong> e<strong>in</strong> willkürliches Entziehen <strong>der</strong> göttlichen<br />

Gnade noch irgendwelche Mängel <strong>in</strong> <strong>der</strong> göttlichen<br />

Regierung Anlaß für das Aufkommen <strong>der</strong> Sünde gaben. Die<br />

Sünde ist e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gl<strong>in</strong>g. Für ihr Aufkommen können wir ke<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>leuchtende Erklärung geben.“ (GK 495, 496)<br />

E. G. White nennt folgende Gründe, weshalb die Sünde<br />

ihren Lauf nehmen konnte: „Vor den Bewohnern des Universums<br />

war es notwendig, darauf h<strong>in</strong>zuweisen, daß Gottes<br />

Herrschaft gerecht und se<strong>in</strong> Gesetz vollkommen ist ... Satan<br />

mußte durch se<strong>in</strong> eigenes Werk verdammt werden ... Das<br />

gesamte Weltall sollte den Betrüger ohne Maske sehen. Die<br />

Bewohner des Himmels und <strong>der</strong> Welten waren nicht darauf<br />

vorbereitet, das Wesen und die Folgen <strong>der</strong> Sünde zu begreifen.<br />

Sie hätten deshalb <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vernichtung Satans auch ke<strong>in</strong>e<br />

göttliche Gerechtigkeit erkennen können. Um des ganzen<br />

Weltalls willen mußte er zunächst se<strong>in</strong>e Gedanken voll entwickeln<br />

können, damit se<strong>in</strong>e Anklagen gegen die Herrschaft<br />

Gottes vor allen Geschöpfen<br />

277


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>in</strong> ihrem wahren Licht erkannt würden. Dadurch sollten Gottes<br />

Gerechtigkeit und Gnade sowie die Unverän<strong>der</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es<br />

Gesetzes für immer über allem Zweifel erhaben bleiben. Satans<br />

Aufruhr sollte also dem Weltall für alle Zeit e<strong>in</strong>e Lehre se<strong>in</strong><br />

bezüglich <strong>der</strong> Sünde mit ihren schrecklichen Folgen ... So sollte<br />

die Geschichte dieser verhängnisvollen Empörung zu e<strong>in</strong>em<br />

ewigen Schutz für alle heiligen Wesen werden, um sie vor dem<br />

Betrug <strong>der</strong> Sünde, vor dem Unrecht und <strong>der</strong> darauf folgenden<br />

Strafe zu bewahren.“ (PP 18. 19)<br />

Siehe: Satan, Sündenfall<br />

SONDENFALL<br />

Als Sündenfall bezeichnet man das Geschehen, durch das <strong>der</strong><br />

Mensch – geschaffen zum Ebenbild Gottes – se<strong>in</strong>en sündlosen<br />

Zustand verlor, die Todesstrafe auf sich lud und durch die<br />

Sünde das Ver<strong>der</strong>ben <strong>in</strong> die Welt brachte. Davon berichtet 1.<br />

Mose 3. Wann das geschah, wird nicht erwähnt. Aus dem<br />

Schweigen <strong>der</strong> Heiligen Schrift kann jedoch gefolgert werden,<br />

daß es nicht lange nach <strong>der</strong> Erschaffung des Menschen war.<br />

Adam und Eva, die Stammeltern des Menschengeschlechts,<br />

hatten von <strong>der</strong> verbotenen Frucht im Garten Eden genommen<br />

und sich damit gegen die göttliche Autorität aufgelehnt. Die<br />

Folge davon war e<strong>in</strong> sittlicher Verfall, aus dem sie sich selbst<br />

nicht befreien konnten.<br />

Nach dem Bericht <strong>in</strong> 1. Mose 2 und 3 pflanzte Gott „e<strong>in</strong>en<br />

Garten <strong>in</strong> Eden gegen Osten h<strong>in</strong> und setzte den Menschen<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, den er gemacht hatte“. Alles, was im Garten war, stand<br />

Adam und Eva zur Verfügung, nur <strong>der</strong> „Baum <strong>der</strong> Erkenntnis<br />

des Guten und Bösen“ war davon ausgenommen. Gott hatte<br />

geboten: „Von dem Baum <strong>der</strong> Erkenntnis des Guten und Bösen<br />

sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm issest,<br />

mußt du des Todes sterben.“ So sollten sich <strong>der</strong> Gehorsam und<br />

die Treue des Menschen zu Gott beweisen. Als sich Eva e<strong>in</strong>es<br />

Tages alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

278


Grundbegriffe von A-Z<br />

Nähe des Baumes befand, hörte sie e<strong>in</strong>e Schlange sprechen:<br />

„Ja, sollte Gott gesagt haben: ihr sollt nicht essen von allen<br />

Bäumen im Garten?“ Es war Satan, <strong>der</strong> durch die Schlange<br />

Evas Aufmerksamkeit auf sich zog, so daß sie sich mit ihm <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Gespräch e<strong>in</strong>ließ. Schließlich ließ sich Eva von <strong>der</strong> Schlange<br />

überlisten durch die Aussicht, daß sie durch den Genuß <strong>der</strong><br />

Frucht zu e<strong>in</strong>er höheren Erkenntnis gelangen würde. Sie gab<br />

<strong>der</strong> Versuchung nach und aß. Indem sie sich täuschen ließ,<br />

wurde Eva e<strong>in</strong> Werkzeug des Versuchers. Sie bot Adam die<br />

Frucht an, und er aß. So wurde auch Adam zu Fall gebracht (1.<br />

Tim. 2, 14). Unmittelbar darauf wurden Adam und Eva von<br />

Furcht erfüllt, und sie versteckten sich vor dem Angesicht<br />

Gottes. Als Gott sie wegen ihres Tuns zur Rechenschaft zog,<br />

gestand Adam zwar se<strong>in</strong>e Schuld, beschuldigte aber gleichzeitig<br />

Eva, ihn verführt zu haben. Eva wie<strong>der</strong>um beschuldigte die<br />

Schlange. Gott verfluchte die Schlange, h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> sich Satan<br />

verbarg, und sagte: „Ich will Fe<strong>in</strong>dschaft setzen zwischen dir<br />

und dem Weibe und zwischen de<strong>in</strong>em Nachkommen und ihrem<br />

Nachkommen; <strong>der</strong> soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn<br />

<strong>in</strong> die Ferse stechen.“ Diese Worte hat man als e<strong>in</strong>e erste<br />

Botschaft <strong>der</strong> Hoffnung an das ungehorsame Paar verstanden,<br />

als e<strong>in</strong>e Verheißung, daß die Sünde zuletzt durch Gottes<br />

E<strong>in</strong>greifen ausgetilgt wird. Gott erklärte Adam und Eva, daß ihr<br />

ganzes Leben voll Mühsal se<strong>in</strong> werde und sie schließlich<br />

sterben müßten. Dann verwies Gott das sündige Paar aus dem<br />

Garten Eden, damit sie nicht vom Baum des Lebens äßen und<br />

ihre Sünde ewiglich bliebe. Der Zutritt zum Garten wurde durch<br />

Engel mit flammendem Schwert verwehrt.<br />

Durch Ungehorsam gegen Gott fiel <strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> Sünde<br />

und Schuld. Das brachte Unordnung und Verfall, nicht nur über<br />

ihn selbst und se<strong>in</strong>e Nachkommen, son<strong>der</strong>n auch für Pflanzen<br />

und Tiere. Der Sündenfall wird außer <strong>in</strong> 1. Mose 3 im Alten<br />

Testament nicht wie<strong>der</strong> erwähnt. Im Neuen Testament wird<br />

jedoch <strong>in</strong> Joh. 8, 44; Röm. 5, 12-19; 1. Kor. 15, 22; 2. Kor. 11,<br />

3; 1. Tim. 2, 14 darauf e<strong>in</strong>gegangen. Er<br />

279


Grundbegriffe von A-Z<br />

ist das verhängnisvollste Ereignis <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong><br />

Menschheit. Ohne Sündenfall bestünde nicht die Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> Erlösung. Die menschliche Erfahrung bestätigt, daß <strong>der</strong><br />

Mensch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Denken und Handeln durch die Sünde<br />

unvorstellbaren Schaden erlitten hat und unfähig ist, se<strong>in</strong><br />

Wesen zu än<strong>der</strong>n. Die Erneuerung kann alle<strong>in</strong> durch Jesus<br />

Christus geschehen (Jer. 13, 23; 17, 9; Apg. 4, 12). Zusammenfassend<br />

kann dazu gesagt werden: Entwe<strong>der</strong> war <strong>der</strong> Sündenfall<br />

von e<strong>in</strong>em ursprünglich re<strong>in</strong>en Zustand e<strong>in</strong>e geschichtliche<br />

Tatsache, o<strong>der</strong> die Menschheitsgeschichte muß e<strong>in</strong>e sittliche<br />

Aufwärtsentwicklung se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>es schließt das an<strong>der</strong>e aus.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erzählung vom<br />

Sündenfall des Menschen e<strong>in</strong>en wahrheitsgetreuen Bericht.<br />

Das war auch die Überzeugung <strong>der</strong>er, die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte des<br />

vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>der</strong> Bewegung Millers angeschlossen<br />

hatten und später die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> bildeten. E. G. White erläutert e<strong>in</strong>gehend den<br />

Bericht vom Sündenfall, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel nur <strong>in</strong> groben Umrissen<br />

gegeben wird. Sie erklärt, daß Adam und Eva unterrichtet<br />

waren vom Aufruhr Luzifers im Himmel und von se<strong>in</strong>em<br />

Vorhaben, sie zur Übertretung zu verleiten. „Gott hätte Satan<br />

nicht gestattet, das erste Paar ständig <strong>der</strong> Versuchung auszusetzen.<br />

Nur am Baum <strong>der</strong> Erkenntnis des Guten und Bösen<br />

konnten Adam und Eva versucht werden.“ Weiter schrieb sie:<br />

„Um se<strong>in</strong> Werk unbemerkt tun zu können, wählte Satan als<br />

Medium die Schlange.“ Satan hatte Eva gesagt, daß sie durch<br />

den Genuß <strong>der</strong> Frucht „wie Gott“ würden. Das Nehmen und<br />

Essen <strong>der</strong> verbotenen Frucht war mehr als nur Ungehorsam: es<br />

offenbarte „Mißtrauen gegen Gottes Güte, Unglauben gegen<br />

se<strong>in</strong> Wort und Ablehnung se<strong>in</strong>er Autorität“. Die Folgen davon<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schöpfung und beim Menschen zu erkennen:<br />

„Die gesamte Natur ist <strong>in</strong> Unordnung geraten. Die Erde<br />

konnte nicht das werden, was Gott ursprünglich für sie vorgesehen<br />

hatte ... Der Fluch Gottes lastet auf <strong>der</strong> ge-<br />

280


Grundbegriffe von A-Z<br />

samten Schöpfung. Jedes Jahr wirkt er sich mehr aus.“ (E. G.<br />

White <strong>in</strong> ABC 1, 1085)<br />

Ober die Folgen <strong>der</strong> Übertretung Adams für ihn und se<strong>in</strong>e<br />

Nachkommen schrieb E. G. White: „Ihnen (Adam und Eva)<br />

wurde gesagt, ihr Wesen sei durch die Sünde so ver<strong>der</strong>bt, daß<br />

sich ihre Wi<strong>der</strong>standskraft gegen den Bösen verr<strong>in</strong>gert habe<br />

und sie ihm damit den Weg geöffnet hätten, auf dem er leichten<br />

Zugang zu ihnen f<strong>in</strong>den könnte.“ (PP 61)<br />

Siehe: Bösen, Ursprung des, Satan<br />

TÄGLICHE (OPFER), DAS<br />

„Tamid“ ist e<strong>in</strong> hebräischer Ausdruck, <strong>der</strong> im Alten Testament<br />

103mal vorkommt, darunter fünfmal im Buche Daniel. Tamid<br />

„bedeutet ‚beständig, immerwährend‘ und wird auf verschiedenes<br />

angewandt, wie dauernde Beschäftigung (Hes. 39, 14),<br />

ständiger Aufenthalt (2. Sam. 9, 7-13), immerwährende<br />

Traurigkeit (Ps. 38, 7), stete Hoffnung (Ps. 71, 14). Häufig<br />

wurde es <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem Ritual des Heiligtums angewandt,<br />

um verschiedene Merkmale se<strong>in</strong>es beständigen<br />

Dienstes zu kennzeichnen wie das beständige Brot, das auf<br />

dem Schaubrottisch lag (4. Mose 4, 7), die Lampe, die unaufhörlich<br />

brennen sollte (2. Mose 27, 20). Das Wort selbst<br />

bedeutet ursprünglich nicht täglich, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>fach immerwährend<br />

o<strong>der</strong> regelmäßig. Die Vorstellung des Täglichen wurde<br />

offenkundig nicht vom Sprachlichen her abgeleitet, son<strong>der</strong>n von<br />

dem, was damit verbunden war. (ABC IV, 847)<br />

In Daniel 8, 11 „trägt tamid den bestimmten Artikel ohne<br />

e<strong>in</strong> Substantiv. Es kann entwe<strong>der</strong> Beständigkeit heißen o<strong>der</strong><br />

muß mit e<strong>in</strong>em Hauptwort versehen werden. Wenn es im<br />

Talmud so unabhängig wie hier auftaucht, bezeichnet es<br />

durchweg das tägliche Opfer.“ (ABC IV, 842) „Da ,tamid‘ aber <strong>in</strong><br />

Daniel 8, 11. 12 e<strong>in</strong> Schlüsselwort ist, ist e<strong>in</strong> richtiges Verständnis<br />

für die Auslegung dieses prophetischen Abschnittes<br />

unerläßlich.“ (ABC X, 319/20)<br />

281


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Herausgefor<strong>der</strong>t wurde Gott dadurch, daß ihm geraubt<br />

wurde, was Ihm zustand, die tägliche Darbr<strong>in</strong>gung des tamid,<br />

das regelmäßige Opfer e<strong>in</strong>es Lammes am Morgen und am<br />

Abend nach <strong>der</strong> Vorschrift <strong>der</strong> Tora (2. Mose 29, 38 ff; 4. Mose<br />

28, 3) ... Die zu Boden geschleu<strong>der</strong>te Wahrheit ist <strong>der</strong> geoffenbarte<br />

Wille Gottes, wie er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Gesetz erschlossen ist.”<br />

(Porteous im ATD zu Dan. 8, 11.12; S. 103/104). Kliefoth<br />

argumentiert ähnlich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Daniel-Auslegung: „Das Beständige<br />

im Cultus ist schickliche Bezeichnung für das Ganze<br />

desselben. Wenn das Stete im Cultus, das nie aufhören soll<br />

und darf, unterbrochen und beseitigt wird, ist er selbst gestört<br />

und ganz vernichtet.“ (S. 235) „Die Zeiten des Tamidopfers<br />

waren zugleich die Hauptgebetszeiten.“ (Förster, Ntl. Zeitgeschichte<br />

I 142)<br />

Lange vor dem Aufkommen <strong>der</strong> Adventbewegung unter<br />

Miller hatte man sich mit <strong>der</strong> Deutung des Begriffs „tamid“ <strong>in</strong><br />

den Visionen Daniels beschäftigt. Man sah dar<strong>in</strong> den jüdischen<br />

Opferkult, und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wegnahme des „tamid“ me<strong>in</strong>te man das<br />

Aufhören des Opferkultes durch Antiochus Epiphanes (2.<br />

vorchristliches Jahrhun<strong>der</strong>t) o<strong>der</strong> 70 n. Chr. durch die Römer zu<br />

erkennen o<strong>der</strong> deutete es auf e<strong>in</strong>en endzeitlichen Antichrist.<br />

Entsprechend diesem buchstäblichen Verständnis deutete man<br />

die 2300 „Abende und Morgen“ (Dan. 8, 14) als 2300 (o<strong>der</strong><br />

1150) buchstäbliche Tage, ebenso wie die 1290 Tage (Dan. 12,<br />

11). Neben <strong>der</strong> buchstäblichen Deutung gab es nicht wenige<br />

Ausleger, die e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nbildliche Deutung vertraten.<br />

Sie sahen den Vorgang vorwiegend <strong>in</strong> <strong>der</strong> christlichen Ära<br />

und deuteten das „Tägliche“ als S<strong>in</strong>nbild des wahren Gottesdienstes<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en Lehre, die entwe<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>t o<strong>der</strong><br />

weggenommen wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche durch das Papsttum o<strong>der</strong><br />

durch den Islam. „Offensichtlich ist, daß das heidnische Rom<br />

hauptsächlich das irdische Heiligtum, den jüdischen Tempel,<br />

zerstörte, während das päpstliche Rom sich am himmlischen<br />

Heiligtum vergriff, ... <strong>in</strong>dem es Neuerungen e<strong>in</strong>führte, wie e<strong>in</strong>e<br />

Priesterhierarchie, das Meß-<br />

282


Grundbegriffe von A-Z<br />

opfer, die Beichte und die Marienverehrung.“ (Questions an<br />

doctr<strong>in</strong>e, S. 256)<br />

In <strong>der</strong> Kommentarreihe „Die Botschaft des Alten Testaments“<br />

(H. Frey) übersetzt W. Keßler Dan. 8, 11. 12 so: „... und<br />

e<strong>in</strong> Dienst wird e<strong>in</strong>gerichtet, <strong>der</strong> dem täglichen Dienst wi<strong>der</strong>spricht<br />

<strong>in</strong> frevelhafter Weise.“ (S. 115. 116)<br />

L. R. Conradi beschäftigte sich e<strong>in</strong>gehend mit e<strong>in</strong>er Auslegung<br />

des Buches Daniel. Um 1900 wandte er sich an E. G.<br />

White und bat um Klärung dieser Frage, falls sie dazu <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage sei. Doch bereits zuvor hatte E. G. White geäußert, „daß<br />

sie darüber ke<strong>in</strong>e klare Erkenntnis habe und daß unsere Brü<strong>der</strong><br />

die Sache selbst studieren sollten“. (W. C. White <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief<br />

an J. E. White vom 1. 6. 1910) In e<strong>in</strong>em Brief vom 17. 4. 1906<br />

zog Conradi folgende vier Schlußfolgerungen als Ergebnis<br />

se<strong>in</strong>er Studien:<br />

1. Der Ausdruck „Heiligtum“ bezieht sich auf das Heiligtum<br />

Gottes, wie es auf Erden bestand als e<strong>in</strong> Symbol und jetzt<br />

Wirklichkeit im Himmel ist.<br />

2. Das „Tägliche“ o<strong>der</strong> „Beständige“ stellt den wahren Heiligtumsdienst<br />

dar.<br />

3. Das Wegnehmen des „Täglichen“ erfüllte sich, <strong>in</strong>dem die<br />

Papstkirche den wahren Heiligtumsdienst durch Menschendienst<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Messe verdrängte und damit an die Stelle des<br />

rechten Hohenpriesters den Papst setzte.<br />

4. Die Weissagung über die Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums erhielt<br />

Daniel zu e<strong>in</strong>er Zeit, als <strong>der</strong> Tempel von Jerusalem <strong>in</strong><br />

Trümmern lag. Das sollte ihm die Gewißheit geben, daß<br />

nicht nur <strong>der</strong> Schattendienst im irdischen Heiligtum wie<strong>der</strong>hergestellt<br />

wird, son<strong>der</strong>n daß es auch e<strong>in</strong>en wahren Dienst<br />

im Himmel bis zum Ende <strong>der</strong> Zeit geben wird.“<br />

Conradi wies ferner darauf h<strong>in</strong>, daß er mit Erstaunen festgestellt<br />

habe, daß bereits e<strong>in</strong>ige Ausleger <strong>der</strong> Reformationszeit<br />

die „götzendienerische Messe“ als den <strong>in</strong> Dan. 8 vorhergesagten<br />

„Greuel“ erkannten. So verknüpfte er se<strong>in</strong>e „neue“ Sicht mit<br />

e<strong>in</strong>er Auslegung, die älter war als die „alte“ von Miller.<br />

283


Grundbegriffe von A-Z<br />

Es gab noch e<strong>in</strong>e Zeitlang umfangreiche Erörterungen<br />

über diese Frage, doch schließlich folgte man dem Rat von E.<br />

0. White, den sie 1910 gegeben hatte. Sie wies darauf h<strong>in</strong>, daß<br />

diese Frage von untergeordneter Bedeutung sei und sagte:<br />

„Wenn es auch zur Zeit Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten darüber<br />

gibt, so laßt diesen Punkt nicht zu e<strong>in</strong>er Hauptsache werden.“<br />

(SM 1, 164 ff)<br />

TAUFE<br />

Die Taufe (von griech. baptizo = untertauchen) ist jene Handlung,<br />

durch die jemand – sei es durch Untertauchen o<strong>der</strong> durch<br />

Besprengen – <strong>in</strong> die christliche Geme<strong>in</strong>de aufgenommen wird.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> vertreten die Auffassung, daß die<br />

Taufe e<strong>in</strong>e göttliche Weisung für die christliche Geme<strong>in</strong>de ist.<br />

Sie wird durch Untertauchen vollzogen, weil das „e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild<br />

für den Tod, das Begräbnis und die Auferstehung Christi“ ist.<br />

„Durch den Vollzug <strong>der</strong> Taufe bekennen wir öffentlich unsern<br />

Glauben an Gottes errettende Gnade und bekunden, daß wir<br />

<strong>der</strong> Sünde entsagen wollen. Die Taufe durch Untertauchen ist<br />

Voraussetzung für die Aufnahme <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>de.“ (Geme<strong>in</strong>dehandbuch<br />

39) Die Taufe hat s<strong>in</strong>nbildlichen Charakter.<br />

Wasser und Untertauchen (das Begrabenwerden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Taufe)<br />

s<strong>in</strong>d Zeichen für das Handeln Gottes am Menschen. Dieses<br />

Handeln geschieht nicht magisch-naturhaft, son<strong>der</strong>n ist die<br />

Antwort Gottes auf die Bitte des Menschen um Erlösung (1.<br />

Petrus 3, 21). Es werden also <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

nur Menschen getauft, die das Alter<br />

erreicht haben, wo sie selbst Verantwortung tragen können. Die<br />

Taufe „wird gewöhnlich von e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>gesegneten Prediger<br />

vollzogen; <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Abwesenheit kann auch <strong>der</strong> örtliche<br />

e<strong>in</strong>gesegnete Geme<strong>in</strong>deälteste diesen Dienst ausführen“,<br />

jedoch nur mit Zustimmung des Vere<strong>in</strong>igungsvorstehers und<br />

wenn <strong>der</strong> Täufl<strong>in</strong>g Glied <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de des taufenden Ältesten<br />

werden soll. (Manual for M<strong>in</strong>isters 1954, p. 84) Wer Glied <strong>der</strong><br />

Ge-<br />

284


Grundbegriffe von A-Z<br />

me<strong>in</strong>de werden will, aber bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft<br />

durch Untertauchen gemäß dem Befehl Jesu „auf<br />

den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen<br />

Geistes“ (Matth. 28, 19) getauft worden ist, wird ohne nochmalige<br />

Taufhandlung aufgenommen; es sei denn, <strong>der</strong> ausgesprochene<br />

Wunsch nach e<strong>in</strong>er Taufe besteht. Das Geme<strong>in</strong>dehandbuch<br />

empfiehlt: „Wenn Glie<strong>der</strong> abgefallen s<strong>in</strong>d und so gelebt<br />

haben, daß <strong>der</strong> Glaube und die Grundsätze <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

öffentlich verletzt worden s<strong>in</strong>d, sollten sie, falls sie sich wie<strong>der</strong><br />

bekehren und um erneute Aufnahme <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>de nachsuchen,<br />

wie zu Beg<strong>in</strong>n durch Taufe aufgenommen werden.“ (a. a.<br />

O., 52)<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Auffassung, daß die<br />

Taufbewerber im christlichen Glauben gründlich unterwiesen<br />

werden sollten, damit sie diesen Schritt aus persönlicher<br />

Überzeugung und freiem Willen tun können. Zu diesem Zweck<br />

wird e<strong>in</strong> Taufunterricht abgehalten, <strong>in</strong> dem die Grundsätze<br />

christlichen Glaubens und Lebens vermittelt werden. Unmittelbar<br />

vor <strong>der</strong> Taufe werden die Bewerber gebeten, vor <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>de zu bekennen, daß sie den Lehren <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

zustimmen und sich entschlossen haben, ihr Leben <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit den Grundsätzen des biblischen Glaubens zu<br />

führen.<br />

Ursprung und Entwicklung <strong>der</strong> adventistischen Auffassung über<br />

die Taufe<br />

Die Tauffrage wurde schon sehr bald von den <strong>Siebenten</strong><strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> erörtert. 1857 erklärte J. H. Waggoner, daß jemand<br />

getauft werden kann, wenn er <strong>der</strong> Sünde abgestorben ist und<br />

das rechte Verständnis für Gottes Willen gewonnen hat. Bei <strong>der</strong><br />

Taufe „zieht er Christus an ... und übernimmt se<strong>in</strong>en Namen“.<br />

Aber man kann ke<strong>in</strong>en neuen Wandel mit Gott führen, solange<br />

man weiterh<strong>in</strong> das Gesetz übertritt, ungeachtet dessen, ob die<br />

Sünde wissentlich o<strong>der</strong> aus Unkenntnis getan wird. (Review<br />

and Herald, 2. und 9. April 1857) J. H. Waggoner und J. N.<br />

Andrews g<strong>in</strong>gen 1878 und 1880 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Artikelserie auf die<br />

285


Grundbegriffe von A-Z<br />

theologische Bedeutung <strong>der</strong> Taufe e<strong>in</strong>. Der Nachdruck lag<br />

dabei auf dem Verhältnis von Taufe und Gesetz: Die Taufe ist<br />

das äußere Zeichen dafür, daß <strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> mit Christus<br />

gestorben, d. h. mit ihm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Sühnetod vere<strong>in</strong>t ist. »Denn<br />

was er gestorben ist, das ist er <strong>der</strong> Sünde gestorben.“ Alle<br />

Sünden <strong>der</strong> Vergangenheit s<strong>in</strong>d ihm vergeben. Danach steht er<br />

auf zu e<strong>in</strong>em neuen Leben des Gehorsams gegenüber dem<br />

Willen Gottes, und „was er lebt, das lebt er Gott“ (Röm. 6, 10).<br />

In e<strong>in</strong>er späteren Artikelserie über die Taufe wird die Bedeutung<br />

des Glaubens und das Wirken des Heiligen Geistes<br />

betont, wobei die Taufe als S<strong>in</strong>nbild <strong>der</strong> Auferstehung dargestellt<br />

wird. O. Davis schrieb 1893, daß uns Gott mit <strong>der</strong> Taufe<br />

auferweckt, „wie er Jesus zu e<strong>in</strong>er neuen Kreatur auferweckt<br />

hat, wenn wir an das Wirken Gottes glauben ... Wir werden als<br />

neue Geschöpfe angenommen, die aus dem Geist geboren<br />

s<strong>in</strong>d.“ E. G. White beschrieb die Taufe 1903 als e<strong>in</strong> Treuegelübde<br />

des Täufl<strong>in</strong>gs (Ev 307), <strong>der</strong> „e<strong>in</strong>e feste Zusage vom ...<br />

Vater, Sohn und Heiligen Geist“ empfangen hat. (ABC VI 1074)<br />

„Wenn wir unserm Taufgelübde treu s<strong>in</strong>d, steht uns die Tür zur<br />

Geme<strong>in</strong>schaft mit dem Himmel offen – e<strong>in</strong>e Tür, die we<strong>der</strong><br />

durch Menschen noch durch e<strong>in</strong> satanisches Werkzeug<br />

geschlossen werden kann.“ (a. a. O., 1075) 1958 schrieb C. B.<br />

Haynes: „Wenn <strong>der</strong> Gläubige ... bei se<strong>in</strong>er Taufe aus dem<br />

Wasser steigt, bekundet er, daß se<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Hoffnung auf e<strong>in</strong><br />

Leben, das ihm den Sieg über se<strong>in</strong>e sündige Natur br<strong>in</strong>gt, <strong>der</strong><br />

auferstandene Herr ist und daß nur <strong>der</strong> Herr zu e<strong>in</strong>em neuen<br />

geistlichen Leben führen kann.“ (These Times, September<br />

1958)<br />

Der geschichtliche H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Taufe<br />

Den alttestamentlichen H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Taufe bilden die<br />

zeremoniellen Waschungen, die im alten hebräischen Ritus<br />

angeordnet waren. Dazu gehörte auch das Besprengen und<br />

Baden des ganzen Körpers (3. Mose 14, 8.9; 16, 4; vgl. Sach.<br />

13, 1). Es sei an Davids Bitte er<strong>in</strong>nert:<br />

286


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Entsündige mich mit Ysop, daß ich re<strong>in</strong> werde; wasche mich,<br />

daß ich schneeweiß werde” (Ps. 51, 9). Bei den alttestamentlichen<br />

Re<strong>in</strong>igungen wurde Ysop <strong>in</strong> Wasser getaucht und das<br />

Volk damit besprengt (3. Mose 14, 6.7; 4. Mose 19, 17-19).<br />

Drei Verfahrensweisen im Spätjudentum werfen Licht auf<br />

den geschichtlichen H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Taufe:<br />

1. Nach dem Talmud (Traktat Miqvaot) mußten die Waschungen,<br />

die durch das Ritual des Heiligtums vorgeschrieben<br />

waren, durch völliges Untertauchen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mit Wasser<br />

gefüllten Becken ausgeführt werden.<br />

2. Aus dem Talmud (Jebamot 46a-b) geht hervor, daß<br />

m<strong>in</strong>destens seit Ende des ersten christlichen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

für den Übertritt e<strong>in</strong>es Proselyten zum Judentum neben<br />

Beschneidung und Opfer die Taufe gefor<strong>der</strong>t wurde. Während<br />

manche bezweifeln, daß diese Praxis schon zur Zeit<br />

Johannes‘ und Jesu bestand, geben die Gelehrten heute im<br />

allgeme<strong>in</strong>en zu, daß von dieser Tatsache ausgegangen<br />

werden kann.<br />

3. Josephus erwähnt die täglichen rituellen Waschungen <strong>der</strong><br />

Essener. (Jüdischer Krieg, II, 19, 5. 10) Auch <strong>in</strong> den Handschriften<br />

von Qumran f<strong>in</strong>den sich wie<strong>der</strong>holt H<strong>in</strong>weise auf<br />

bestimmte rituelle Waschungen. Außerdem s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Reihe<br />

von Zisternen im Kloster von Qumran entdeckt worden, von<br />

denen sich wenigstens e<strong>in</strong>e gut für Taufen eignete.<br />

Es kann e<strong>in</strong>e gewisse Entwicklung <strong>der</strong> jüdischen zur johanneischen<br />

und schließlich zur christlichen Taufe wahrgenommen<br />

werden. Bei <strong>der</strong> jüdischen Taufe g<strong>in</strong>g es vorwiegend<br />

um e<strong>in</strong>e Re<strong>in</strong>igung von ritueller Verunre<strong>in</strong>igung. Spätestens seit<br />

Qumran wird die Taufe aber auch mit e<strong>in</strong>em rechtschaffenen<br />

Leben und dem Empfang „e<strong>in</strong>es heiligen Geistes“ von Gott <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung gebracht.<br />

Johannes <strong>der</strong> Täufer legte größeren Wert auf die Reue.<br />

Gleichzeitig richtete er den Blick vorwärts auf den, „<strong>der</strong> mit dem<br />

heiligen Geist tauft“ (Joh. 1, 33). Der Hauptton liegt also bei<br />

Johannes schon mehr auf <strong>der</strong> geistlichen Re<strong>in</strong>i-<br />

287


Grundbegriffe von A-Z<br />

gung und sittlichen Rechtschaffenheit, während bei den<br />

Qumran-Leuten <strong>der</strong> Ritus und die Re<strong>in</strong>igung des „Fleisches“ im<br />

Vor<strong>der</strong>grund standen. Bemerkenswert ist ferner, daß die Taufe<br />

des Johannes allen angeboten wurde, die bereuten, während<br />

die rituellen Vorschriften von Qumran alle an<strong>der</strong>n ausschlossen<br />

und nur auf die Mitglie<strong>der</strong> dieser Geme<strong>in</strong>schaft beschränkt<br />

waren.<br />

Im Gegensatz zur Johannestaufe wird die christliche Taufe<br />

„im Namen Jesu“ vollzogen. Zu ihr gehört <strong>der</strong> Empfang des<br />

Heiligen Geistes (vgl. Apg. 19, 1-6). Im Gegensatz zur Auffassung<br />

<strong>der</strong> Qumran-Leute ist <strong>der</strong> Heilige Geist im Neuen Testament<br />

göttlicher Natur und nicht nur „e<strong>in</strong> heiliger Geist“, den Gott<br />

dem Menschen gewährt. Darüber h<strong>in</strong>aus steht die christliche<br />

Taufe <strong>in</strong> engem Zusammenhang mit Tod, Begräbnis und<br />

Auferstehung Christi (Röm. 6, 1-11).<br />

Die Säugl<strong>in</strong>gstaufe<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> lehnen die K<strong>in</strong><strong>der</strong>- bzw. Säugl<strong>in</strong>gstaufe<br />

ab, weil es dafür ke<strong>in</strong>e biblische Begründung gibt. Sie<br />

stützen sich darauf, daß e<strong>in</strong>e bewußte Glaubensentscheidung<br />

des Täufl<strong>in</strong>gs Voraussetzung für die Taufe ist. Da aber e<strong>in</strong><br />

Säugl<strong>in</strong>g noch nicht glauben kann, ist dessen Taufe bedeutungslos.<br />

Es fehlen im Neuen Testament jegliche H<strong>in</strong>weise auf<br />

vollzogene Säugl<strong>in</strong>gs- o<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>taufen. In jedem Fall muß <strong>der</strong><br />

Taufe <strong>der</strong> Glaube des Täufl<strong>in</strong>gs vorausgehen (Mark. 16, 16;<br />

Apg. 8, 36. 37), <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e Belehrung im Worte Gottes<br />

voraussetzt (Apg. 2, 41; 16, 32. 33).<br />

Die ersten H<strong>in</strong>weise auf die K<strong>in</strong><strong>der</strong>- bzw. Säugl<strong>in</strong>gstaufe<br />

stammen aus <strong>der</strong> zweiten Hälfte des zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts. Es<br />

ist jedoch nicht erwiesen, ob sie im Osten o<strong>der</strong> im Westen des<br />

römischen Reiches aufkam. Das früheste Zeugnis stammt aus<br />

dem Westen. Dabei werden auch die beiden Hauptfaktoren<br />

erwähnt, die zur Entstehung <strong>der</strong> Säugl<strong>in</strong>gstaufe beitrugen: die<br />

Gleichsetzung <strong>der</strong> Taufe mit e<strong>in</strong>er „geistlichen Beschneidung“<br />

(Just<strong>in</strong> Martyr, Dialog<br />

288


Grundbegriffe von A-Z<br />

mit dem Juden Tryphon, Kap. 43) und <strong>der</strong> Glaube, daß die<br />

Taufe die Erbsünde tilge.<br />

Auf die Säugl<strong>in</strong>gstaufe bezieht sich wahrsche<strong>in</strong>lich auch<br />

Irenäus. (Gegen die Häresien II, 22. 4) Zu Beg<strong>in</strong>n des dritten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts wird sie von Tertullian erwähnt, <strong>der</strong> sie aber<br />

entschieden ablehnte. (Über die Taufe, 18) Im Osten wurde die<br />

Säugl<strong>in</strong>gstaufe bereits vor dem Aufkommen <strong>der</strong> Lehre von <strong>der</strong><br />

Erbsünde geübt. Daraus kann geschlossen werden, daß die<br />

Lehre von <strong>der</strong> Erbsünde zur Erklärung und Rechtfertigung <strong>der</strong><br />

Säugl<strong>in</strong>gstaufe mit herangezogen wurde. So verteidigte<br />

Origenes (gest. 254) die Säugl<strong>in</strong>gstaufe als e<strong>in</strong>e apostolische<br />

Tradition und berief sich dabei auf die Lehre von <strong>der</strong> Erbsünde,<br />

die er nachdrücklich vertrat. (Kommentar zum Römerbrief V, 9)<br />

Die Lehre von <strong>der</strong> Erbsünde faßte jedoch im Osten nie so tief<br />

Wurzeln wie im Westen.<br />

Die Art und Weise <strong>der</strong> Taufe<br />

Von Anfang an haben <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die Taufe<br />

durch Untertauchen vollzogen. Wenn auch nicht mit letzter<br />

Sicherheit aus dem griechischen Wort „baptizo“ auf die Art und<br />

Weise <strong>der</strong> Taufe geschlossen werden kann, so sche<strong>in</strong>t es doch<br />

erwiesen, daß sich dieses Wort <strong>in</strong> <strong>der</strong> antiken Literatur bis<br />

m<strong>in</strong>destens 100 n. Chr. nie von se<strong>in</strong>er Grundbedeutung<br />

„untertauchen“ entfernt hat. Dennoch kann nicht <strong>der</strong> une<strong>in</strong>geschränkte<br />

Beweis erbracht werden, daß das Wort „baptizo“<br />

niemals e<strong>in</strong>en durch Besprengen vollzogenen Ritus me<strong>in</strong>te;<br />

denn dieses Wort wurde sehr unterschiedlich gebraucht. Die<br />

stichhaltigste Begründung für die Taufe durch Untertauchen ist<br />

theologischer Art. Nach Paulus ist die Taufe e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild für<br />

Tod, Begräbnis und Auferstehung Christi. Nur das Untertauchen<br />

vermittelt das Bild e<strong>in</strong>es Begräbnisses. Jede an<strong>der</strong>e<br />

Durchführung dieser Handlung entspräche nicht mehr dem<br />

tiefen biblischen S<strong>in</strong>n. Die Besprengung ist eher e<strong>in</strong> Bild für e<strong>in</strong><br />

magisches Wirken durch Akt und Formel.<br />

289


Grundbegriffe von A-Z<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Taufe<br />

In Übere<strong>in</strong>stimmung mit ihrem protestantischen Erbe haben die<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> von Anfang an jede Auffassung<br />

abgelehnt, wonach die Taufe alle<strong>in</strong> durch ihren Vollzug wirke<br />

(ex opere operato), d. h. Gnade verleihe und Heil vermittle. Der<br />

geschichtliche Ursprung e<strong>in</strong>er solchen Taufauffassung – die<br />

Vorstellung, daß rituelles Waschen von übernatürlicher Kraft<br />

begleitet sei – liegt weit zurück und könnte Teil e<strong>in</strong>es christlichen<br />

Erbes aus dem Judentum se<strong>in</strong>. Das sche<strong>in</strong>t aus dem „Hirt<br />

des Hermas“ (Buch 3, Similtitude 9, 16) hervorzugehen.<br />

Tertullian ist <strong>der</strong> erste, <strong>der</strong> die Taufe als Sakrament (sacramentum)<br />

bezeichnet. Das ist an sich noch ke<strong>in</strong> Beweis dafür, daß er<br />

die Taufe als Sakrament im S<strong>in</strong>ne des ex opere operato<br />

verstand. Er br<strong>in</strong>gt sogar se<strong>in</strong> Mißfallen über den Glauben jener<br />

zum Ausdruck, die von <strong>der</strong> Taufe e<strong>in</strong>e magische Re<strong>in</strong>igung von<br />

ihren Sünden erwarten, ohne die Sünde zu bereuen. Das zeigt<br />

aber auch, <strong>in</strong> welchem Ausmaß man bereits zu Anfang des<br />

dritten Jahrhun<strong>der</strong>ts die Taufe als magisch verstand. (Über die<br />

Reue, 6) In e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>n Schrift des Tertullian kl<strong>in</strong>gt <strong>der</strong><br />

Gedanke an, daß das Taufwasser e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Kraft<br />

enthalte, nachdem Gott über ihm angerufen worden sei. (Über<br />

die Taufe, 4) Der donatistische Streit im vierten Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

wurde zugunsten des magisch-sakramentalen Taufverständnisses<br />

entschieden. E<strong>in</strong> eifriger Verfechter <strong>der</strong> Erbsündenlehre<br />

war August<strong>in</strong>.<br />

Siehe: Bekehrung<br />

TAUSEND JAHRE<br />

Der Zeitraum von Tausend Jahren wird <strong>in</strong> Offenbarung 20<br />

mehrfach erwähnt und liegt zwischen <strong>der</strong> ersten und zweiten<br />

Auferstehung. Während dieser Zeit ist Satan gebunden; wer<br />

aber bei <strong>der</strong> ersten Auferstehung zum Leben erweckt wurde,<br />

wird mit Christus regieren.<br />

Die Tausend Jahre werden oft Millenium genannt (von<br />

290


Grundbegriffe von A-Z<br />

late<strong>in</strong>isch mille = tausend und annus = Jahr), <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur<br />

auch fälschlicherweise als „Tausendjähriges Reich“ bezeichnet.<br />

Die Auffassung <strong>der</strong> Anhänger Millers<br />

Die Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, die aus <strong>der</strong><br />

Millerbewegung hervorgegangen waren, übernahmen <strong>der</strong>en<br />

Auslegung, daß die Zeitspanne <strong>der</strong> Tausend Jahre den Anfang<br />

<strong>der</strong> ewigen Herrschaft <strong>der</strong> Erlösten darstelle und erst nach<br />

Abschluß <strong>der</strong> Gnadenzeit beg<strong>in</strong>ne. Die Auffassung <strong>der</strong> Millerbewegung<br />

unterschied sich deutlich von <strong>der</strong> damals allgeme<strong>in</strong><br />

vertretenen Auffassung über e<strong>in</strong> Tausendjähriges Reich.<br />

Sowohl die damaligen Prächiliasten (griech. chilioi = tausend),<br />

die die Lehre vertraten, Christi Wie<strong>der</strong>kunft werde vor dem<br />

Anbruch e<strong>in</strong>es Tausendjährigen Reiches geschehen (tat. prae =<br />

vor) wie auch die Postchiliasten (lat. post = nach), die Christi<br />

Wie<strong>der</strong>kunft am Ende, d. h. nach e<strong>in</strong>em Tausendjährigen Reich<br />

erwarteten, verstanden die Tausend Jahre „zeitlich“, <strong>in</strong>nergeschichtlich.<br />

Sie lehrten, daß <strong>in</strong> dieser Periode Sterbliche leben,<br />

die nicht wie<strong>der</strong>geboren s<strong>in</strong>d, und daß es noch Geburt und Tod,<br />

Sünde und Reue gäbe. Beide Gruppen bezogen die Israel<br />

betreffenden alttestamentlichen Herrschaftsverheißungen auf<br />

die Tausend Jahre. Die Postchiliasten wandten diese Weissagungen<br />

im geistlichen S<strong>in</strong>n an und hofften auf e<strong>in</strong> Zeitalter<br />

schrittweiser Vervollkommnung, auf die Verbesserung <strong>der</strong><br />

sozialen Verhältnisse und den Sieg des Christentums <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Welt, die dem gegenwärtigen Zustand entspricht. Die damaligen<br />

Prächiliasten nahmen diese Weissagungen wörtlich und<br />

erwarteten mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Jesu nicht nur den Anbruch<br />

e<strong>in</strong>er Herrschaft <strong>der</strong> auferweckten Heiligen, son<strong>der</strong>n daß auch<br />

Sterbliche auf Erden lebten. Dieses irdische Reich stellten sie<br />

als die Herrschaft Christi mit „eisernem Stab“ dar. Die Juden<br />

sollten von Jerusalem aus, wo <strong>der</strong> Tempel und <strong>der</strong> Opferdienst<br />

wie<strong>der</strong>hergestellt seien, die Nationen regieren und belehren bis<br />

zur letzten Empörung und Vernich-<br />

291


Grundbegriffe von A-Z<br />

tung <strong>der</strong> aufrührerischen Völker am Ende jenes Tausendjährigen<br />

Reiches.<br />

Die Anhänger Millers lehnten die Auffassung dieser beiden<br />

Gruppen entschieden ab: „Das e<strong>in</strong>zige Tausendjährige<br />

Reich, von dem Gottes Wort redet, s<strong>in</strong>d die Tausend Jahre<br />

zwischen <strong>der</strong> ersten und zweiten Auferstehung, wie es im 20.<br />

Kapitel <strong>der</strong> Offenbarung dargestellt wird.“ (The Western<br />

Midnight, 10. Februar 1844)<br />

Die Auffassung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> entspricht<br />

im wesentlichen jener, die von den Anhängern Millers<br />

vertreten wurde, doch mit e<strong>in</strong>em wichtigen Unterschied. Sie<br />

lehren, daß die Erlösten während <strong>der</strong> Tausend Jahre im<br />

Himmel s<strong>in</strong>d und daß die Erneuerung <strong>der</strong> Erde am Ende dieser<br />

Zeit erfolgt, während die Anhänger Millers die Me<strong>in</strong>ung<br />

vertraten, daß die Heiligen während dieser Zeit auf e<strong>in</strong>er<br />

erneuerten Erde regieren.<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> adventistischen Auffassung<br />

Die Klärung des adventistischen Verständnisses begann 1845.<br />

James White wies später darauf h<strong>in</strong>, daß er bereits 1845<br />

gelehrt habe, das Reich Gottes werde erst am Ende <strong>der</strong><br />

Tausend Jahre auf <strong>der</strong> Erde errichtet werden. Auch E. R.<br />

P<strong>in</strong>ney (e<strong>in</strong> Prediger <strong>der</strong> Millerbewegung) habe diese Ansicht<br />

bereits 1844 vertreten.<br />

Es ist nicht bekannt, wieviele diese Auffassung 1845 teilten.<br />

Aber e<strong>in</strong> ehemaliger Anhänger Millers schrieb im „The Day-<br />

Star“ vom 22. November 1845, daß es „e<strong>in</strong>ige“ <strong>Adventisten</strong><br />

gäbe, „die zu dem Schluß gekommen s<strong>in</strong>d, daß es den neuen<br />

Himmel und die neue Erde erst nach <strong>der</strong> zweiten Auferstehung<br />

o<strong>der</strong> am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre geben werde“. Diese<br />

Auffassung hätten sie angenommen, um <strong>der</strong> abwegigen<br />

Vorstellung vorzubeugen, daß die ungerechten Toten auf e<strong>in</strong>er<br />

gere<strong>in</strong>igten und erneuerten Erde auferstehen werden, auf <strong>der</strong><br />

Christus und die Heiligen bereits Tausend Jahre geherrscht<br />

haben.<br />

Wie unklar aber damals noch das Verständnis <strong>der</strong> Tausend<br />

Jahre war, wird deutlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel von O. R. L.<br />

292


Grundbegriffe von A-Z<br />

Crosier im „The Day-Star“ vom 7. Februar 1846 unter <strong>der</strong><br />

Oberschrift „Das Gesetz Moses“. Dar<strong>in</strong> wird die Lehre über das<br />

Heiligtum erklärt und <strong>der</strong> Versöhnungstag im Wesen mit e<strong>in</strong>em<br />

Zeitraum gleichgesetzt, <strong>der</strong> die Tausend Jahre e<strong>in</strong>schließt.<br />

Am 7. April 1847 schrieb E. G. White e<strong>in</strong>en Brief an Bates,<br />

den später James White <strong>in</strong> „E<strong>in</strong> Wort an die kle<strong>in</strong>e Herde“<br />

veröffentlichte und <strong>in</strong> dem sie voraussetzte, daß die Erde nach<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft unbewohnt sei. Zwar sprach sie nicht ausdrücklich<br />

von den Tausend Jahren, wies jedoch auf das<br />

„Halsjahr“ h<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>e Zeit, „da das Land ruhen sollte“, und<br />

erwähnte dabei, daß <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>kommende Christus die<br />

Auferweckten und die lebendigen Heiligen mit <strong>in</strong> den Himmel<br />

nehmen werde.<br />

Zwei Wochen später schrieb sie an Eli Curtis, sie stimme<br />

zwar mit se<strong>in</strong>er Darlegung nicht übere<strong>in</strong>, sei aber mit ihm e<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung, daß <strong>der</strong> neue Himmel und die neue Erde erst nach<br />

<strong>der</strong> Vernichtung <strong>der</strong> Ungerechten am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre<br />

ersche<strong>in</strong>en würde. Satan werde e<strong>in</strong>e Zeit los werden (Offb. 20,<br />

7), wenn die ungerechten Toten auferweckt s<strong>in</strong>d. Diese fänden<br />

dann bei ihrem Angriff auf die Heilige Stadt durch Feuer ihr<br />

Ende, so daß ihnen we<strong>der</strong> „Wurzel noch Zweig“ blieben.<br />

Danach kämen <strong>der</strong> neue Himmel und die neue Erde, das Heim<br />

<strong>der</strong> Gerechten.<br />

In <strong>der</strong> frühen adventistischen Zeitschrift „The Present<br />

Truth“ (1849-1850) werden die Tausend Jahre zum ersten Mal<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel von E. G. White im April 1850 erwähnt. Dar<strong>in</strong><br />

spricht sie von den auferstandenen Heiligen im Himmel<br />

während <strong>der</strong> Tausend Jahre, von <strong>der</strong> Heiligen Stadt, die<br />

danach auf die Erde herabkommt, von den auferstandenen<br />

Gottlosen, die diese Stadt angreifen und vernichten wollen, und<br />

von <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung und. Erneuerung <strong>der</strong> Erde; „denn die Füße<br />

<strong>der</strong> Gottlosen werden nie mehr die erneuerte Erde entweihen“.<br />

In e<strong>in</strong>em Artikel vom September 1850 schrieb James<br />

White <strong>in</strong> „The Advent Review“ von den Tausend Jahren als dem<br />

wahrhaftigen Halljahr und e<strong>in</strong>er Ruhezeit für die Erde. Er<br />

293


Grundbegriffe von A-Z<br />

erklärte weiter, daß die Erde nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

unbewohnt se<strong>in</strong> werde, wobei alle Ungerechten den Tod<br />

fänden, während die Heiligen tausend Jahre lang über die Welt<br />

und die gefallenen Engel Gericht hielten.<br />

In <strong>der</strong> letzten Nummer von „The Present Truth“ im November<br />

1850 erwähnt E. G. White, daß die Heiligen auf Grund<br />

<strong>der</strong> im Himmel vorliegenden Berichte das Strafmaß für die<br />

Ungerechten mitbestimmen werden und betont, daß die<br />

Vernichtung <strong>der</strong> Gottlosen am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre die<br />

Ausführung des göttlichen Gerichtsurteils sei.<br />

Zusammenfassung des adventistischen Verständnisses<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sehen die Tausend Jahre unter<br />

drei Gesichtspunkten:<br />

1. Ereignisse zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Tausend Jahre: Dieser Zeitraum<br />

beg<strong>in</strong>nt mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi. Das geht aus dem textlichen<br />

Zusammenhang von Offb. 20 klar hervor. Unmittelbar<br />

bevor die Ereignisse <strong>der</strong> Tausend Jahre erwähnt werden,<br />

wird auf Jesus h<strong>in</strong>gewiesen, <strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>em „weißen Pferd“<br />

vom Himmel herabkommt, von himmlischen Heerscharen<br />

begleitet. Er „schlägt“ die Völker <strong>der</strong> Erde und läßt e<strong>in</strong> mit<br />

Toten übersätes Schlachtfeld zurück (Offb. 19, 11-21).<br />

Dann wird e<strong>in</strong>e Auferstehung erwähnt, die als die erste<br />

bezeichnet wird. Die an ihr teilhaben, leben und regieren mit<br />

Christus (Offb. 20, 4-6). Auch Paulus verb<strong>in</strong>det die Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi mit <strong>der</strong> Auferstehung <strong>der</strong> gerechten Toten und<br />

fügt h<strong>in</strong>zu, daß gleichzeitig die lebenden Gerechten mit<br />

Unsterblichkeit überkleidet werden. Beide Gruppen werden<br />

dann geme<strong>in</strong>sam dem Herrn entgegengerückt (1. Thess. 4,<br />

16. 17; 1. Kor. 15, 51-54). Nach Joh. 14, 1-3 holt Christus<br />

die Heiligen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>es Vaters Haus, das er im Himmel bereitet<br />

hat. Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Tausend Jahre wird Satan gebunden.<br />

Er wird als Drache dargestellt, <strong>der</strong> <strong>in</strong> den „Abgrund“ geworfen<br />

wird, „daß er nicht mehr verführen sollte die Völker, bis<br />

daß vollendet würden die tausend Jahre“<br />

294


Grundbegriffe von A-Z<br />

(Offb. 20, 3). Diese prophetischen S<strong>in</strong>nbil<strong>der</strong> f<strong>in</strong>den nach<br />

dem Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> ihre Erfüllung<br />

dar<strong>in</strong>, daß Satan nun an die durch die Gerichte Gottes<br />

(Offb. 16, 17-21) zerstörte Erde gebunden ist und se<strong>in</strong>em<br />

Wirken Grenzen gesetzt s<strong>in</strong>d, weil die Erde <strong>in</strong>folge <strong>der</strong><br />

Entrückung <strong>der</strong> Erlösten zum Himmel und <strong>der</strong> Vernichtung<br />

<strong>der</strong> Gottlosen entvölkert ist.<br />

2. Ereignisse während <strong>der</strong> Tausend Jahre: Auf <strong>der</strong> Erde lebt<br />

während dieser Zeit ke<strong>in</strong> menschliches Wesen. Sie ist verwüstet<br />

und zerstört durch das Gericht Gottes bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi. Die Erlösten leben und regieren mit Christus<br />

tausend Jahre (Offb. 20, 4). Christus hat sie zu sich <strong>in</strong><br />

den Himmel genommen (Joh. 14, 3; Hebr. 11, 16). Sie sitzen<br />

auf Thronen, „und ihnen ward gegeben das Gericht“<br />

(Offb. 20, 4). Das alles steht nach adventistischer Auffassung<br />

<strong>in</strong> Zusammenhang mit dem Gericht, von dem Paulus<br />

schreibt: „Wisset ihr nicht, daß die Heiligen die Welt richten<br />

werden? ... Wisset ihr nicht, daß wir über Engel richten<br />

werden?“ (1. Kor. 6, 2. 3) Geme<strong>in</strong>sam mit Christus prüfen<br />

die Erlösten das Leben e<strong>in</strong>es jeden Heilsverächters, und<br />

zuletzt wird ihre Strafe festgelegt.<br />

3. Ereignisse am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre: Am Ende dieser<br />

Zeitspanne werden die ungerechten Toten „wie<strong>der</strong> lebendig“<br />

(Offb. 20, 5). Dadurch wird Satan aus se<strong>in</strong>er Gefangenschaft<br />

gelöst. Nun hat er noch e<strong>in</strong>mal Gelegenheit, Menschen<br />

mit List zu verführen (V. 8). Er verleitet die große<br />

Schar <strong>der</strong> Ungerechten zum Angriff auf die Heilige Stadt (V.<br />

9), die <strong>in</strong>zwischen auf die Erde herabgekommen ist, obwohl<br />

dieses Hernie<strong>der</strong>kommen erst <strong>in</strong> Offb. 21, 2 erwähnt wird.<br />

Die Ungerechten werden gegen die Heilige Stadt vorrücken.<br />

Dabei wird Feuer vom Himmel fallen und sie verzehren. Das<br />

ist <strong>der</strong> „zweite Tod“ (Offb. 20, 14). Durch das Feuer von <strong>der</strong><br />

Sünde gere<strong>in</strong>igt, geht aus <strong>der</strong> alten e<strong>in</strong>e neue Erde hervor<br />

(2. Petr. 3, 12; Offb. 21, 1. 2).<br />

Siehe: Satan, Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

295


Grundbegriffe von A-Z<br />

TOD<br />

Mit „Tod“ bezeichnen wir das Aufhören des Lebens und den<br />

Zustand danach.<br />

Die Heilige Schrift spricht<br />

1. vom ersten Tod, dem geme<strong>in</strong>samen Schicksal aller<br />

Menschen als natürlicher Folge <strong>der</strong> Sünde Adams (Röm. 5,<br />

12; 1. Kor. 15, 22; Hebr. 9, 27);<br />

2. vom „zweiten Tod“, dem „Lohn“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Strafe für die<br />

Sünde am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre (Röm. 6, 23; Offb. 2,<br />

11; 20, 14; 21, 8);<br />

3. vom geistlichen Tod „<strong>in</strong> Übertretungen und Sünden“, dem<br />

Zustand jener, die Christus noch nicht angenommen haben<br />

o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> von ihm abgefallen s<strong>in</strong>d (Röm. 8, 6; Eph. 2, 1.<br />

5. 6; Kol. 2, 13; 1. Tim. 5, 6);<br />

4. vom Tod bzw. Abgestorbense<strong>in</strong> gegenüber <strong>der</strong> Sünde,<br />

e<strong>in</strong>em Vorgang, <strong>der</strong> die Wie<strong>der</strong>geburt begleitet (Röm. 6, 2-<br />

11; Gal. 2, 20; Kol. 2, 13; 1. Petr. 2, 24; 1. Joh. 3,14).<br />

Dieser Artikel befaßt sich mit den beiden ersten Bedeutungen<br />

des Begriffes „Tod“.<br />

Nach dem Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

ist <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>e untrennbare E<strong>in</strong>heit von Leib, Seele und<br />

Geist, die vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abhängig s<strong>in</strong>d. Nach <strong>der</strong> Auflösung<br />

dieser Ganzheit im „ersten“ Tod gibt es ke<strong>in</strong> Weiterexistieren<br />

des Menschen <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form. Gott sagte zu Adam: „Du<br />

bist Erde und sollst zu Erde werden.“ Der Zustand des Menschen<br />

im Tod ist e<strong>in</strong> Zustand <strong>der</strong> Unbewußtheit. „Die Toten<br />

aber wissen nichts ... Ihr Lieben und ihr Hassen und ihr Eifern<br />

ist längst dah<strong>in</strong>; sie haben ke<strong>in</strong> Teil mehr auf <strong>der</strong> Welt an allem,<br />

was unter <strong>der</strong> Sonne geschieht ... Bei den Toten gibt es we<strong>der</strong><br />

Tun noch Denken, we<strong>der</strong> Erkenntnis noch Weisheit“ (Pred. 9,<br />

5.6. 10).<br />

Durch den „zweiten Tod“ wird <strong>der</strong> Unbußfertige auf Grund<br />

des göttlichen Urteils am Ende <strong>der</strong> Tausend Jahre für immer<br />

ausgelöscht. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß <strong>der</strong><br />

Mensch e<strong>in</strong> von Natur aus sterbliches Wesen ist und daß<br />

Unsterblichkeit alle<strong>in</strong> durch die Erlösung <strong>in</strong> Chri-<br />

296


Grundbegriffe von A-Z<br />

stus erlangt werden kann. Sie wird den Gläubigen aller Zeiten<br />

bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi verliehen (1. Kor. 15, 22. 23. 51-54).<br />

Herkunft und Entwicklung <strong>der</strong> adventistischen Auffassung<br />

In <strong>der</strong> Millerbewegung waren viele <strong>der</strong> Ansicht, daß <strong>der</strong> Mensch<br />

nach se<strong>in</strong>em Sterben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bewußten Zustand fortbestehe<br />

und daß die Gottlosen ewige Strafe zu erleiden haben. Durch<br />

den E<strong>in</strong>fluß von George Storrs jedoch, e<strong>in</strong>em methodistischen<br />

Geistlichen, nahmen etliche die Lehre vom Zustand <strong>der</strong><br />

Unbewußtheit im Tode an. Storrs hatte sie von Henry Grew<br />

übernommen. Dieser, e<strong>in</strong> tiefgläubiger und gründlicher Forscher<br />

<strong>der</strong> Bibel, hatte 1835 e<strong>in</strong>e Broschüre mit dem Titel „Der<br />

Zwischenzustand“ (The Intermediate State) veröffentlicht. Dar<strong>in</strong><br />

führte er aus, daß <strong>der</strong> „ganze Mensch“ <strong>der</strong> Macht des Todes<br />

unterworfen ist und daß sich „alle Hoffnung auf e<strong>in</strong>e zukünftige<br />

Existenz auf die herrliche Lehre von <strong>der</strong> Auferstehung aus dem<br />

Grabe gründet“. Zwei Jahre danach (1837) las Storrs die<br />

Broschüre von Grew. Zunächst stand er dessen Darlegungen<br />

skeptisch gegenüber. Als aufrichtiger, sorgfältiger Bibelleser<br />

aber beschäftigte er sich im Zusammenhang mit dieser Frage<br />

weiter mit <strong>der</strong> Heiligen Schrift und nahm nach drei Jahren<br />

schließlich Grews Auffassung an. Bald danach trat er aus <strong>der</strong><br />

methodistischen Kirche aus. Nach weiterem gründlichem<br />

Studium gab Storrs 1841 e<strong>in</strong> Buch über se<strong>in</strong>e neue Erkenntnis<br />

heraus, das <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten Staaten weite Verbreitung fand.<br />

Durch den E<strong>in</strong>fluß von Charles Fitch, e<strong>in</strong>em führenden Mann<br />

<strong>der</strong> Millerbewegung, wurde Storrs 1842 von <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>kunft Christi überzeugt und selbst e<strong>in</strong>e leitende Persönlichkeit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Millerbewegung. Viele Anhänger dieser Bewegung<br />

übernahmen se<strong>in</strong>e Auffassung vom unbewußten Zustand<br />

im Tod und von <strong>der</strong> endgültigen Austilgung <strong>der</strong> Unbußfertigen.<br />

Anfang 1844 bekannte sich auch Charles Fitch zu den Darlegungen<br />

von Storrs, mit ihm e<strong>in</strong>e ganze Anzahl von Predigern.<br />

Von e<strong>in</strong>igen Ausnahmen abgesehen, wi-<br />

297


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong>setzten sich jedoch die Leiter <strong>der</strong> Millerbewegung, auch<br />

William Miller selbst, heftig <strong>der</strong> Auffassung Storrs‘. Trotz des<br />

Wi<strong>der</strong>standes von verschiedenen Seiten drang Storrs‘ Ansicht<br />

durch. Unter denen, die sie annahmen, war auch Ellen G.<br />

Harmon, die spätere Ellen G. White. In dem Buch „Life Sketches“<br />

(1880) berichtete sie darüber: „E<strong>in</strong>es Tages hörte ich, wie<br />

sich me<strong>in</strong>e Mutter mit e<strong>in</strong>er Schwester über e<strong>in</strong> Gespräch<br />

unterhielt, an dem sie kürzlich teilgenommen hatten und bei<br />

dem behauptet wurde, daß die Seele ke<strong>in</strong>e natürliche Unsterblichkeit<br />

habe. Sie wie<strong>der</strong>holte auch e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Bibelstellen, die<br />

<strong>der</strong> Prediger angeführt hatte ... Monate später erfuhr ich mehr<br />

über diese Lehre, aber während dieser Zeit habe ich viel über<br />

diese Frage nachgedacht. Als ich dann darüber predigen hörte,<br />

glaubte ich, daß es die Wahrheit ist.“<br />

Etwa zur selben Zeit wie Ellen Harmon nahmen auch James<br />

White und Joseph Bates, Prediger <strong>der</strong> Millerbewegung und<br />

später verantwortliche Leiter <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, die Lehre vom unbewußten Zustand<br />

während des Todes und von <strong>der</strong> Vernichtung <strong>der</strong> Unbußfertigen<br />

an.<br />

Die erste e<strong>in</strong>deutige Stellungnahme über den unbewußten<br />

Zustand des Menschen im Tode sche<strong>in</strong>t R. F. Cottrell, e<strong>in</strong><br />

früher Leiter <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, im „Review and<br />

Herald“ vom 22. November 1857 gegeben zu haben. Dar<strong>in</strong><br />

erklärte er unter an<strong>der</strong>em: „,Die Toten aber wissen nichts‘<br />

(Pred. 9, 5), und sie werden auch nichts wissen, bis sie von den<br />

Toten auferstehen. Das aber wird erst geschehen, wenn<br />

Christus <strong>in</strong> den Wolken des Himmels mit großer Macht und<br />

Herrlichkeit ersche<strong>in</strong>t.“<br />

E<strong>in</strong>e ausführliche Abhandlung über den adventistischen<br />

Standpunkt h<strong>in</strong>sichtlich des Endes <strong>der</strong> Gottlosen hat James<br />

White wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Artikelserie veröffentlicht, die im<br />

„Review and Herald“ vom 24. Oktober 1854 begann und die<br />

Oberschrift trug „Die Vernichtung <strong>der</strong> Unbußfertigen“. Dar<strong>in</strong><br />

bemühte er sich, „das Wesen <strong>der</strong> Hölle auf Grund <strong>der</strong> Bibel zu<br />

zeigen“ und „aus <strong>der</strong> Bibel nach-<br />

298


Grundbegriffe von A-Z<br />

zuweisen, was das endgültige Schicksal <strong>der</strong> Gottlosen se<strong>in</strong><br />

wird“. In „Signs of the Times“ vom 4. Juni 1874 erschien e<strong>in</strong><br />

Artikel über die Glaubensgrundsätze <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong>. Dar<strong>in</strong> heißt es unter an<strong>der</strong>em: „... die Unbußfertigen<br />

werden e<strong>in</strong>es Tages se<strong>in</strong>, als wären sie nie gewesen.“<br />

Das erste adventistische Buch über die Frage nach dem<br />

ersten und dem zweiten Tod wurde 1854 von D. P. Hall<br />

geschrieben, e<strong>in</strong>em adventistischen Prediger, <strong>der</strong> sich später<br />

von den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> trennte. Der Titel lautete:<br />

„Der Mensch ist nicht unsterblich – <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Schild gegen die<br />

Verführungen des mo<strong>der</strong>nen Spiritismus“. Im „Review and<br />

Herald“ vom 4. September 1855 begann e<strong>in</strong>e Serie von J. N.<br />

Loughborough unter <strong>der</strong> Oberschrift: „Ist die Seele unsterblich?<br />

E<strong>in</strong>e Prüfung des Zeugnisses <strong>der</strong> Heiligen Schrift über den<br />

gegenwärtigen Zustand des Menschen und se<strong>in</strong>e zukünftige<br />

Belohnung o<strong>der</strong> Bestrafung“. Um 1855 war es die feste<br />

Überzeugung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, daß <strong>der</strong><br />

Mensch im Todeszustand ohne Bewußtse<strong>in</strong> ist.<br />

Die Grundlage <strong>der</strong> adventistischen Auffassung<br />

Die Heilige Schrift bezeugt e<strong>in</strong>hellig, daß alle Geschöpfe durch<br />

Gottes Kraft existieren (Apg. 17, 25. 28; Kol. 1, 16. 17). Sie<br />

leben, weil Gott es will; Gott schuf den Menschen mit e<strong>in</strong>em<br />

freien Willen. So konnte er sich auch entscheiden, Gott<br />

ungehorsam zu se<strong>in</strong>, mußte dann aber die daraus erwachsenden<br />

Folgen tragen: den Tod (1. Mose 2, 16. 17).<br />

Adam und Eva entschieden sich für den Ungehorsam. Sie<br />

wären ausgetilgt worden, wenn sich Gottes Sohn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Gnade nicht angeboten hätte, für e<strong>in</strong>e Versöhnung zu sorgen<br />

(Gal. 1, 4; Tit. 2, 14; vgl. 1. Mose 3, 15; Joh. 3, 16). Aber das<br />

Leben, das Adam und Eva samt ihren Nachkommen verblieb,<br />

war fortan begrenzt und auf Bewährung gegeben. Nunmehr<br />

galt, daß dem „Menschen gesetzt ist ... e<strong>in</strong>mal zu sterben“<br />

(Hebr. 9, 27; vgl. Röm. 5, 12).<br />

299


Grundbegriffe von A-Z<br />

Dieser Tod jedoch, <strong>der</strong> das Schicksal aller Menschen ist,<br />

bedeutet noch ke<strong>in</strong> endgültiges Ausgetilgtse<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n ist e<strong>in</strong><br />

unbewußter Zustand bis zur Auferstehung. Die Heilige Schrift<br />

betont wie<strong>der</strong>holt und ausdrücklich, daß dieser Zwischenzustand<br />

e<strong>in</strong>e Zeitspanne <strong>der</strong> Unbewußtheit ist.<br />

Zum Beweis für diese Anschauung werden von den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

folgende Bibelstellen herangezogen:<br />

„Im Tode gedenkt man de<strong>in</strong>er nicht; wer wird dir bei den Toten<br />

danken?“ (Ps. 6, 6) „Die Toten loben dich nicht, und <strong>der</strong> Tod<br />

rühmt dich nicht, und die <strong>in</strong> die Grube fahren, warten nicht auf<br />

de<strong>in</strong>e Treue“ (Jes. 38, 18; vgl. Ps. 88, 11-13). „Verlasset euch<br />

nicht auf Fürsten; sie s<strong>in</strong>d Menschen, die können ja nicht<br />

helfen. Denn des Menschen Geist muß davon, und er muß<br />

wie<strong>der</strong> zu Erde werden; dann s<strong>in</strong>d verloren alle se<strong>in</strong>e Pläne“<br />

(Ps. 146, 3. 4). „Die Toten werden dich, Herr, nicht loben,<br />

ke<strong>in</strong>er, <strong>der</strong> h<strong>in</strong>unterfährt <strong>in</strong> die Stille“ (Ps. 115, 17). Ist e<strong>in</strong><br />

Mensch gestorben, „s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu Ehren, das weiß er<br />

nicht, o<strong>der</strong> ob sie verachtet s<strong>in</strong>d, das wird er nicht gewahr“<br />

(Hiob 14, 21). „Die Lebenden wissen, daß sie sterben werden,<br />

die Toten aber wissen nichts“ (Pred. 9, 5). „Bei den Toten, zu<br />

denen du fährst, gibt es we<strong>der</strong> Tun noch Denken, we<strong>der</strong><br />

Erkenntnis noch Weisheit“ (Pred. 9, 10).<br />

Sie berufen sich weiterh<strong>in</strong> auf Schriftstellen, die vom Tod<br />

als e<strong>in</strong>em „Schlaf“ sprechen, weil <strong>in</strong> diesem Ausdruck e<strong>in</strong><br />

H<strong>in</strong>weis darauf zu erkennen ist, daß die Toten ohne Bewußtse<strong>in</strong><br />

s<strong>in</strong>d: „Nun werde ich mich <strong>in</strong> die Erde legen (d. h. ich<br />

werde sterben), und wenn du mich suchst, werde ich nicht mehr<br />

se<strong>in</strong>“ (Hiob 7, 21). „Stirbt aber e<strong>in</strong> Mann, so ist er dah<strong>in</strong>; kommt<br />

e<strong>in</strong> Mensch um – wo ist er? Wie Wasser ausläuft aus dem See,<br />

und wie e<strong>in</strong> Strom versiegt und vertrocknet, so ist e<strong>in</strong> Mensch,<br />

wenn er sich nie<strong>der</strong>legt, er wird nicht wie<strong>der</strong> aufstehen; er wird<br />

nicht aufwachen, solange <strong>der</strong> Himmel bleibt, noch von se<strong>in</strong>em<br />

Schlaf erweckt werden“ (Hiob 14, 10-12).<br />

„Lazarus, unser Freund, schläft ... Jesus aber sprach von<br />

se<strong>in</strong>em Tode“ (Joh, 11, 11. 13). „Und ste<strong>in</strong>igten Stepha-<br />

300


Grundbegriffe von A-Z<br />

nus ... Und ... er ... entschlief“ (Apg. 7, 58. 59). „Ist Christus<br />

aber nicht auferstanden, ... so s<strong>in</strong>d auch die, die <strong>in</strong> Christus<br />

entschlafen s<strong>in</strong>d, verloren“ (1. Kor. 15, 16. 17).<br />

Siehe: Auferstehung, Hölle, Spiritismus, Unsterblichkeit<br />

UNSTERBLICHKEIT<br />

Mit Unsterblichkeit wird <strong>der</strong> Zustand o<strong>der</strong> die Eigenschaft<br />

bezeichnet, dem Tode nicht unterworfen zu se<strong>in</strong>. Unsterblichkeit<br />

bedeutet somit unverlierbarer Besitz des Lebens. Im<br />

griechischen Neuen Testament werden dafür die Wörter<br />

athanasia Unsterblichkeit und aphtarsia = Unvergänglichkeit<br />

verwandt. E<strong>in</strong> entsprechendes Wort für „Unsterblichkeit“ gibt es<br />

im hebräischen Alten Testament nicht.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> glauben, daß <strong>der</strong> Mensch<br />

sterblich ist; das heißt <strong>der</strong> ganze Mensch – Geist, Seele und<br />

Leib – ist dem Tode unterworfen. Ist <strong>der</strong> Tod e<strong>in</strong>getreten, dann<br />

hört das Bewußtse<strong>in</strong> des Menschen auf (Pred. 9, 5. 10).<br />

Wenn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel von Unsterblichkeit gesprochen wird,<br />

geschieht das stets <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Gott o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Auferstehung.<br />

Gott alle<strong>in</strong> hat Unsterblichkeit (1. Tim. 6, 15. 16), nur Er<br />

wird als unvergänglich bezeichnet (Röm. 1, 23; 1. Tim. 1, 17).<br />

E<strong>in</strong>st wird Gott den Gläubigen Unsterblichkeit verleihen zur<br />

„Zeit <strong>der</strong> letzten Posaune“ (1. Kor. 15, 52-54); sie wird dann von<br />

ihnen angezogen wie e<strong>in</strong> Kleid. Damit wird deutlich, daß <strong>der</strong><br />

Mensch von Natur aus ke<strong>in</strong>e Unsterblichkeit hatte.<br />

Unsterblichkeit als „ewiges Leben“ ist e<strong>in</strong>e „Gabe Gottes“<br />

(Röm. 6, 23). An ke<strong>in</strong>er Stelle <strong>der</strong> Heiligen Schrift wird Unsterblichkeit<br />

als e<strong>in</strong>e Eigenschaft o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Zustand dargestellt, die<br />

dem Menschen, se<strong>in</strong>er „Seele“ o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>em „Geist“, angeboren<br />

wäre. Die gewöhnlich mit „Seele“ und „Geist“ übersetzten<br />

hebräischen Wörter nephesch und ruach und die griechischen<br />

Wörter psyche und pneuma kommen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel <strong>in</strong>sgesamt<br />

mehr als 1600mal vor, nie-<br />

301


Grundbegriffe von A-Z<br />

mals aber <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit den Worten „unsterblich“ o<strong>der</strong><br />

„Unsterblichkeit“.<br />

Da Gott nicht den Tod des Sün<strong>der</strong>s will (Hes. 18, 23), bietet<br />

er uns durch Jesus Christus Erlösung vom Tod und die<br />

Möglichkeit des ewigen Lebens an (2. Tim. 1, 10). Die künftige<br />

Unsterblichkeit ist also an die Bed<strong>in</strong>gung des Glaubens und<br />

Gehorsams geknüpft (Hes. 18, 31.32; Joh. 5, 24; Joh. 8, 51);<br />

verwirklicht wird sie aber erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auferstehung bei Jesu<br />

Wie<strong>der</strong>kunft.<br />

Die Lehre, daß Unsterblichkeit von <strong>der</strong> Annahme des<br />

Heils durch den Glauben an Christus abhängt, nennt man<br />

„bed<strong>in</strong>gte Unsterblichkeit“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> theologischen Fachsprache<br />

teilweise auch als „Konditionalismus“ bezeichnet. An dieser<br />

Überzeugung hoben Christen aller Jahrhun<strong>der</strong>te festgehalten.<br />

Theophilus von Alexandrien (um 400) sagte das <strong>in</strong> folgenden<br />

Worten: „Gott schuf den Menschen we<strong>der</strong> sterblich<br />

noch unsterblich, son<strong>der</strong>n fähig für beides, damit er, wenn er<br />

sich zu dem neigte, was zur Unsterblichkeit führt, durch<br />

Beobachtung <strong>der</strong> Gebote Gottes, als Lohn die Unsterblichkeit<br />

von ihm empf<strong>in</strong>ge, wenn er sich aber, Gott ungehorsam, zu<br />

dem abwende, was zum Tode führt, selbst <strong>der</strong> Urheber se<strong>in</strong>es<br />

Todes würde. Denn Gott hat den Menschen frei und zur<br />

Selbstbestimmung geschaffen.“ (Anlolykos, II, 27)<br />

Die Vorstellung, daß <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>e unsterbliche Seele<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en unsterblichen Geist habe, f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> fast allen<br />

heidnischen Religionen. Die alten Ägypter glaubten bei ihrem<br />

Totenkult an e<strong>in</strong>e unsterbliche Seele. Sie balsamierten die<br />

Leiber <strong>der</strong> Verstorbenen e<strong>in</strong>, damit die Seele nach ihrer<br />

Wan<strong>der</strong>schaft wie<strong>der</strong> ihren Leib vorfände. Der griechische<br />

Philosoph Plato (427-347 v. Chr.) führte die Lehre von <strong>der</strong><br />

Unsterblichkeit <strong>in</strong> die Philosophie e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> halbes Jahrtausend<br />

später ließ <strong>der</strong> Kirchenvater Origenes (185-254) den Unsterblichkeitsgedanken<br />

aus <strong>der</strong> griechischen Philosophie <strong>in</strong> die<br />

Lehre <strong>der</strong> Kirche e<strong>in</strong>fließen. In <strong>der</strong> katholischen Kirche verschmolz<br />

<strong>der</strong> platonische Un-<br />

302


Grundbegriffe von A-Z<br />

sterblichkeitsglaube mit dem christlichen Auferstehungsglauben<br />

und wurde auf dem 5. Laterankonzil 1515 zum kirchlichen<br />

Dogma erhoben. Der Glaube an die Unsterblichkeit <strong>der</strong> Seele<br />

ist heute verbreitete Ansicht und vorherrschende Auffassung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Christenheit.<br />

Die Mehrzahl <strong>der</strong> Anhänger Millers hielt an <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />

Auffassung fest, <strong>der</strong> Mensch habe von Natur aus e<strong>in</strong>e<br />

unsterbliche Seele. Doch durch den E<strong>in</strong>fluß von George Storrs,<br />

e<strong>in</strong>em Prediger <strong>der</strong> Millerbewegung, wandte sich e<strong>in</strong>e bedeutende<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit zum „Konditionalismus“ und bekannte sich<br />

damit zu dem Glauben, daß <strong>der</strong> Mensch zwischen Tod und<br />

Auferstehung ohne jegliches Bewußtse<strong>in</strong> ist. Diese Überzeugung<br />

wurde e<strong>in</strong> hervorstechendes Merkmal <strong>der</strong> adventistischen<br />

Geme<strong>in</strong>den nach 1844. Viele kamen zu <strong>der</strong> Erkenntnis, daß die<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Jesu, e<strong>in</strong>e Auferstehung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Endgericht nicht<br />

notwendig wären, wenn <strong>der</strong> Mensch se<strong>in</strong>en Lohn bereits bei<br />

se<strong>in</strong>em Tode empf<strong>in</strong>ge.<br />

Siehe: Auferstehung, Mensch, se<strong>in</strong> Wesen, Spiritismus, Tod<br />

UNTERSUCHUNGSGERICHT<br />

„Untersuchungsgericht“ ist e<strong>in</strong> von den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> geprägter Begriff und bezeichnet den Abschnitt <strong>der</strong><br />

Heilsgeschichte, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> unsichtbaren Welt <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi mit dem großen Endgericht vorausgeht (vgl. Dan. 7, 9.<br />

10. 13. 14). Er wird Untersuchungsgericht genannt, weil<br />

während dieser Phase die Lebensberichte all <strong>der</strong>er untersucht<br />

werden, die jemals bekannt haben, daß sie die Erlösung durch<br />

Christus angenommen haben, und <strong>der</strong>en Namen daher im<br />

„Buch des Lammes“ geschrieben stehen. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> gehen von <strong>der</strong> Tatsache aus, daß Christus bei<br />

se<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>kunft den Lohn gibt „e<strong>in</strong>em jeglichen, wie se<strong>in</strong>e<br />

Werke s<strong>in</strong>d“ (Offb. 22, 12; vgl. Röm. 2, 5-11). Deshalb muß die<br />

Prüfung <strong>der</strong> Lebensberichte e<strong>in</strong>es jeden Menschen stattgefunden<br />

haben, ehe Jesus auf diese Erde kommt und se<strong>in</strong>e Aus-<br />

303


Grundbegriffe von A-Z<br />

erwählten sammelt. Die göttliche Botschaft: „Fürchtet Gott und<br />

gebet ihm die Ehre; denn die Stunde se<strong>in</strong>es Gerichts ist<br />

gekommen!“ wird deutlich als <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi vorausgehend<br />

dargestellt (Offb. 14, 7; vgl. V. 14). Wenn Paulus sagt,<br />

daß „die Heiligen die Welt richten werden“ (1. Kor. 6, 2; vgl.<br />

Matth. 19, 28), so muß man daraus folgern, daß das Gericht<br />

über die Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> „Heiligen“ und das Gericht über die<br />

„Welt“ nicht e<strong>in</strong> und <strong>der</strong>selbe Akt se<strong>in</strong> kann. Wie die Auferweckung<br />

<strong>der</strong>er, die des Christus s<strong>in</strong>d, <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Totenerweckung<br />

vorausgeht, so ist auch das Gericht über die Glaubenden<br />

dem Gericht über die „Völker“ (Heiden) zeitlich vorgeordnet.<br />

Am Ende des Untersuchungsgerichts werden die Sünden<br />

<strong>der</strong>er, die bis zuletzt im Glauben ausgeharrt haben, aus den<br />

Berichtsbüchern „getilgt“ und die Namen aller an<strong>der</strong>n aus dem<br />

Lebensbuch gelöscht (2. Mose 32, 32. 33; Offb. 3, 5; 20, 12.<br />

15).<br />

Das Untersuchungsgericht wäre um Gottes Willen nicht<br />

notwendig; denn Gott ist alles bekannt von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />

Es ist vielmehr e<strong>in</strong>e Demonstration vor dem All, daß Gott<br />

e<strong>in</strong> Gott <strong>der</strong> Barmherzigkeit, aber auch e<strong>in</strong> Gott <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

ist (Offb. 16, 5). Die Schreiber <strong>der</strong> Bibel sprechen von<br />

„Büchern“, <strong>in</strong> denen Gott Berichte über jeden Menschen<br />

festhält, über die guten und bösen Taten entsprechend <strong>der</strong><br />

Erkenntnis des e<strong>in</strong>zelnen und se<strong>in</strong>er freiwilligen H<strong>in</strong>wendung zu<br />

Gottes Gnade und se<strong>in</strong>em offenbarten Willen (2. Mose 32, 32;<br />

Mark. 16,16; Phil. 4, 3; Jak. 4, 17; Offb. 20, 12. 13; 22, 11. 12).<br />

Die Lehre vom Untersuchungsgericht ist e<strong>in</strong> bedeutsamer<br />

Teil <strong>der</strong> Heiligtumslehre und bezieht sich auf die Erfüllung des<br />

s<strong>in</strong>nbildlichen Dienstes, <strong>der</strong> <strong>in</strong> alttestamentlicher Zeit am<br />

Versöhnungstag geschah. Am Ende dieses Tages fand die<br />

endgültige Tilgung aller Sünden statt, die bekannt, vergeben<br />

und während des abgelaufenen Jahres symbolisch auf das<br />

Heiligtum übertragen worden waren. Heiligtum und Volk wurden<br />

so von Sünden „gere<strong>in</strong>igt“ (vgl. 3. Mose 16).<br />

304


Grundbegriffe von A-Z<br />

Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesem Werk <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung <strong>in</strong>begriffen war, wurde<br />

frei von <strong>der</strong> weiteren Verantwortung für se<strong>in</strong>e bisher begangenen<br />

Sünden. Damit war se<strong>in</strong>e Zugehörigkeit zum Bundesvolk<br />

Gottes erneut bestätigt. Wer aber für e<strong>in</strong> Verbleiben im<br />

Bundesverhältnis nicht länger tragbar war, wurde aus Israel<br />

ausgeschlossen. So wurde am alttestamentlichen Versöhnungstag<br />

je<strong>der</strong> Israelit gründlich geprüft. Darum trug dieser Tag<br />

auch Gerichtscharakter.<br />

Am Versöhnungstag im Himmel f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Untersuchung<br />

aller Gläubigen statt. Diejenigen, die bis zum Ende treu<br />

geblieben waren, brauchen nicht aus dem Buch des Lebens<br />

gestrichen zu werden (Offb. 3, 5) und s<strong>in</strong>d somit Anwärter auf<br />

die erste Auferstehung.<br />

Dieses Verständnis vom Untersuchungsgericht wi<strong>der</strong>spricht<br />

nicht <strong>der</strong> Glaubensgerechtigkeit. Subjektiv kann je<strong>der</strong><br />

Mensch im Augenblick se<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>wendung zu Christus durch<br />

den Glauben se<strong>in</strong>er Sündenvergebung gewiß se<strong>in</strong>. Objektiv<br />

erfolgt Vergebung durch die priesterliche Vermittlung Christi vor<br />

dem Vater und Tilgung durch die hohepriesterliche Re<strong>in</strong>igung<br />

zum prophetisch festgesetzten Zeitpunkt (von 1844 bis zum<br />

Ende <strong>der</strong> Gnadenzeit).<br />

Als E<strong>in</strong>wand gegen e<strong>in</strong> Untersuchungsgericht wird oft die<br />

Frage erhoben: Bedarf vergebene Sünde noch e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en<br />

Tilgung? Bereits im Judentum wurde dazu folgen<strong>der</strong>maßen<br />

Stellung genommen. Auf Grund des Schuldbekenntnisses und<br />

<strong>der</strong> S<strong>in</strong>nesän<strong>der</strong>ung ist Gott zur Versöhnung und zur Abwehr<br />

<strong>der</strong> Strafe bereit. Die Sünde selbst wird aber durch das<br />

Vergeben noch nicht aufgehoben. So unterschied das rabb<strong>in</strong>ische<br />

Judentum zwischen e<strong>in</strong>er Sündenvergebung <strong>in</strong> dieser<br />

Welt auf Grund von Buße und Sühneopfer und e<strong>in</strong>er Sündenvergebung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> zukünftigen Welt auf Grund <strong>der</strong> Sühnung<br />

durch das Feuer <strong>der</strong> Gehenna o<strong>der</strong> auf Grund göttlicher Gnade.<br />

So „hat“ auch <strong>der</strong> Gläubige schon hier das „ewige Leben“<br />

(Joh. 5, 24), aber „empfängt“ es doch erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> „zukünftigen<br />

Welt“ (Mark. 10, 30). Das Gericht aber, dem <strong>der</strong> Gläubige<br />

entgeht, ist die Verdammung (Joh. 5, 19.20). So<br />

305


Grundbegriffe von A-Z<br />

„s<strong>in</strong>d” wir schon im Reich Gottes (Kol. 1, 13) und werden es<br />

doch erst „ererben“ (Matth. 25, 34).<br />

Dieser Unterschied zwischen Vergeben und Austilgen <strong>der</strong><br />

Sünde wird deutlich durch das Gleichnis Jesu vom Schalksknecht<br />

(Matth. 18, 23-35). Die zunächst gewährte Vergebung<br />

wurde wie<strong>der</strong> zurückgezogen, weil sich <strong>der</strong> betreffende ihrer<br />

nicht würdig erwiesen hatte. Diesen Gedanken vertieft Jesus<br />

am Ende dieses Gleichnisses mit den Worten: „So wird euch<br />

me<strong>in</strong> himmlischer Vater auch tun“ (vgl. Hes. 18, 20-24; 33, 13).<br />

Wer bis ans Ende Jesus nachfolgt, darf schon zu Lebzeiten<br />

die Gewißheit haben, daß er auf Grund <strong>der</strong> Verdienste<br />

Christi im Untersuchungsgericht bestehen wird (Röm. 8, 1).<br />

Wie entstand diese Auffassung <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong>?<br />

William Miller begründete se<strong>in</strong>e Botschaft für das Jahr<br />

1843/1844 im wesentlichen mit dem Text aus Dan. 8, 14: „Bis<br />

zweitausenddreihun<strong>der</strong>t Abende und Morgen vergangen s<strong>in</strong>d;<br />

dann wird das Heiligtum wie<strong>der</strong> geweiht werden“ und nahm an,<br />

daß diese Zeitperiode <strong>in</strong> jenem Jahr ihren Abschluß f<strong>in</strong>den<br />

sollte. Er war überzeugt, daß die Weihe bzw. Re<strong>in</strong>igung des<br />

Heiligtums mit e<strong>in</strong>em Gericht verbunden sei und daß das Werk<br />

<strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung dieser Erde durch das Feuer des Jüngsten<br />

Tages bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi vollzogen wird. Diejenigen,<br />

die nach <strong>der</strong> Enttäuschung von 1844 Millers Auslegung von<br />

Dan. 8, 14 e<strong>in</strong>er Prüfung unterzogen, gewannen die Überzeugung,<br />

daß Millers Zeitrechnung richtig war, kamen aber zu <strong>der</strong><br />

Schlußfolgerung, daß jenes Heiligtum im Himmel ist, nämlich<br />

das Heiligtum, das im Hebräerbrief erwähnt wird und <strong>in</strong> dem<br />

Christus jetzt als unser großer Hoherpriester se<strong>in</strong>en Dienst tut.<br />

Das irdische Heiligtum mit se<strong>in</strong>em Dienst war nur e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild<br />

auf das himmlische (Hebr. 8, 2.5; 9,6 bis 9.23; vgl. 2. Mose 25,<br />

8.9). Es wurde jeweils am Versöhnungstag gere<strong>in</strong>igt. Doch weil<br />

dieses Heiligtum nur bis<br />

306


Grundbegriffe von A-Z<br />

zum Jahr 70 n. Chr. bestand, kamen die frühen <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> zu <strong>der</strong> Ansicht, daß sich die Re<strong>in</strong>igung des<br />

Heiligtums, wie sie <strong>in</strong> Dan. 8, 14 vorausgesagt wird, nicht auf<br />

den alttestamentlichen Versöhnungstag beziehen kann und<br />

deshalb im himmlischen Heiligtum stattf<strong>in</strong>den muß. Das<br />

Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> von e<strong>in</strong>er<br />

Re<strong>in</strong>igung des himmlischen Heiligtums als e<strong>in</strong>es gegenbildlichen<br />

wahrhaftigen Versöhnungstages und e<strong>in</strong>es Untersuchungsgerichts<br />

gründet sich auf die offenbare Ähnlichkeit, die<br />

nach dem Hebräerbrief zwischen dem irdischen und dem<br />

himmlischen Heiligtum besteht.<br />

Die Ansicht, daß das Heiligtum, das 1844 gere<strong>in</strong>igt werden<br />

sollte, im Himmel sei, wurde zum ersten Mal von R. L.<br />

Crosier schriftlich nie<strong>der</strong>gelegt und im „Day-Dawn“, später <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er ausführlichen Darstellung im „Day-Star“ vom 7. Februar<br />

1846 veröffentlicht. Crosier brachte das Austilgen <strong>der</strong> Sünde mit<br />

<strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums von den Sünden des Volkes am<br />

alttestamentlichen Versöhnungstag <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung: „Wenn man<br />

sich nur e<strong>in</strong> wenig mit dem Gesetz beschäftigt, wird klar, daß<br />

die Sünden vom Volk auf die Priester und vom Priester auf den<br />

Bock übertragen wurden. Erstens wurden sie auf das Opfertier<br />

übertragen; zweitens trug sie <strong>der</strong> Priester mit dem Blut des<br />

Tieres zum Heiligtum. Drittens wurden sie auf den Bock für<br />

Asasel übertragen. Schließlich trug sie <strong>der</strong> Bock aus dem Lager<br />

Israels h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> die Wüste. Das war die vom Gesetz vorgeschriebene<br />

Ordnung. Wenn sie erfüllt war, fielen die Sünden<br />

wie<strong>der</strong> auf ihren Urheber zurück. Die Gottlosen aber haben ihre<br />

eigenen Sünden selbst zu tragen. Zuletzt wird das Haupt des<br />

Urhebers aller Sünde von dem Samen des Weibes zertreten<br />

werden“ (vgl. 1. Mose 3, 15). (Day-Star vom 7. Februar 1846)<br />

Zu <strong>der</strong> Zeit, da Crosier se<strong>in</strong>e Auffassung über das himmlische<br />

Heiligtum zum ersten Mal schriftlich nie<strong>der</strong>legte, schrieb<br />

William Miller <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief (vom 20. März 1845), daß er die<br />

Gerichtsbotschaft von Offb. 14 auf den abschließenden Dienst<br />

Christi im himmlischen Heiligtum beziehe.<br />

307


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Ich hege nicht den ger<strong>in</strong>gsten Zweifel, daß die prophetische<br />

Zeitspanne 1844 ihr Ende gefunden hat. Warum ist aber mit<br />

allem Nachdruck betont worden, daß <strong>der</strong> Abschluß dieser<br />

Zeitspanne das Ende anzeigt? Ich antworte darauf: Das erste,<br />

was wir beachten müssen, ist das Wort: Die Stunde se<strong>in</strong>es<br />

Gerichts ist gekommen! Ich frage: Gibt es irgende<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift, daß diese Stunde noch nicht gekommen ist? Gibt<br />

es an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>e Andeutung, die uns <strong>in</strong> unserer gegenwärtigen<br />

Situation zeigt, daß Gott als <strong>der</strong> oberste Richter heute<br />

noch nicht die Fälle aller Gerechten entscheidet, damit Christus<br />

– re<strong>in</strong> menschlich gesprochen – weiß, wen er bei se<strong>in</strong>em<br />

Kommen zu sich nehmen kann? ... Nach <strong>der</strong> Beschreibung, die<br />

Johannes <strong>in</strong> Offb. 19, 1. 11 von diesem Ereignis gibt, ist zu<br />

erkennen, daß diese Gerichtsszene im Himmel beg<strong>in</strong>nt. Das<br />

erste, was Sterbliche auf Erden sehen werden, wird jener Bote<br />

Gottes <strong>in</strong> Offb. 20, 1 se<strong>in</strong>, um das im Himmel nie<strong>der</strong>gelegte<br />

Gerichtsurteil Gottes zu vollstrecken und alle Anordnungen und<br />

Verheißungen zu erfüllen, die im Himmel von dem gegeben<br />

wurden, <strong>der</strong> auf dem weißen Thron sitzt.“<br />

Forscht man <strong>in</strong> den Schriften jener Adventgläubigen, die<br />

sich später zur Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

vere<strong>in</strong>ten, so stellt man fest, daß sie William Millers Ansicht,<br />

das Gericht von Offb. 14, 6. 7 mit <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung des <strong>in</strong> Dan. 8,<br />

14 erwähnten Heiligtums zu verb<strong>in</strong>den, zunächst nicht aufgegriffen<br />

haben.<br />

In se<strong>in</strong>er ersten Stellungnahme zur Enttäuschung vom<br />

Oktober 1844 sprach Hiram Edson davon, daß Christus nach<br />

dem Ende <strong>der</strong> 2300 Tage und vor se<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>kunft im<br />

himmlischen Heiligtum „e<strong>in</strong> Werk zu vollenden“ habe. Er gab<br />

jedoch ke<strong>in</strong>e nähere Erläuterung dazu. Auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er erweiterten<br />

Abhandlung über das Heiligtum im Jahr 1846 sah Crosier<br />

ke<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums<br />

und dem Gericht. Er erwähnte lediglich das „Brustschild des<br />

Gerichts“, das <strong>der</strong> Hohepriester auf se<strong>in</strong>em Herzen trug, wenn<br />

er am „Ver-<br />

308


Grundbegriffe von A-Z<br />

söhnungstag <strong>in</strong> das Allerheiligste g<strong>in</strong>g.“ (Day-Star, 7. Februar<br />

1846; vgl. 2. Mose 28, 30)<br />

Es kann se<strong>in</strong>, daß Crosier diese Gedanken von Enoch<br />

Jacobs übernommen hat. Dieser hatte im November 1844<br />

erklärt, die Namen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> Israel auf dem „Brustschild des<br />

Gerichts“ verkörperten das Volk, dessen Sünden getilgt s<strong>in</strong>d,<br />

ehe Christus persönlich wie<strong>der</strong>kommt. Dabei hatte er auf die<br />

Möglichkeit h<strong>in</strong>gewiesen, daß an dem Versöhnungstag im<br />

Himmel Jesus mit dem Gericht begonnen habe und sich nun<br />

anschickt, das Urteil selbst zu vollstrecken. (Western Midnight<br />

Cry vom 29. November 1844)<br />

Es ist auch nicht klar, ob Jacobs se<strong>in</strong>e Auffassung von<br />

<strong>der</strong> endgültigen Fortnahme <strong>der</strong> Sünde aus e<strong>in</strong>em Brief William<br />

Millers entlehnte (datiert vom 22. November). Dar<strong>in</strong> hatte dieser<br />

auf e<strong>in</strong>e Anfrage h<strong>in</strong> mitgeteilt, daß Christus als Richter<br />

kommen wird, unsere Sünden h<strong>in</strong>wegzunehmen. „Daß unsere<br />

Sünden erst getilgt werden können, wenn Christus wie<strong>der</strong>kommt,<br />

um se<strong>in</strong> Volk zu richten, ergibt sich deutlich aus ...<br />

Röm. 14, 10; 2. Kor. 5, 10; Röm. 2, 6.“ (a. a. O., 21. Dezember<br />

1844)<br />

Es ist auch nicht möglich, e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen<br />

<strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong> ersten <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

und e<strong>in</strong>em früheren H<strong>in</strong>weis von Josiah Litch zu erkennen<br />

(Prophetic Expositions, 1842), <strong>in</strong> dem von e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>leitenden<br />

Gerichtsphase – <strong>der</strong> Untersuchung und Prüfung jedes Menschen<br />

– gesprochen wird, die <strong>der</strong> Auferstehung und Vollstreckung<br />

des Urteils bei Jesu Wie<strong>der</strong>kunft vorausgeht.<br />

Als die Gruppe <strong>der</strong> frühen <strong>Adventisten</strong> um 1849 ihr eigenes<br />

Gepräge gefunden hatte, schrieb E. G. White: „Ich sah, daß<br />

Jesus das Allerheiligste nicht eher verlassen wird, ehe nicht<br />

je<strong>der</strong> Fall, entwe<strong>der</strong> zum Heil o<strong>der</strong> zur Verdammnis, entschieden<br />

ist.“ (Present Truth, August 1849) Sie bezeichnete das<br />

jedoch nicht als Gericht.<br />

Im selben Jahr nahmen David Arnold und Joseph Bates<br />

(Review and Herald, Dezember 1850) den Gedanken vom<br />

309


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Brustschild des Gerichts“ auf und entwickelten ihn weiter. Sie<br />

setzten die Ankunft des Bräutigams zur Hochzeit (vgl. Matth.<br />

25, 1-13) gleich mit dem E<strong>in</strong>tritt des Hohenpriesters <strong>in</strong> das<br />

Allerheiligste am Versöhnungstag, <strong>der</strong> dann die Sünden jener<br />

austilgte, <strong>der</strong>en Namen auf dem Brustschild verzeichnet s<strong>in</strong>d<br />

(im Gegenbild: das Israel Gottes). Aber ke<strong>in</strong>er von ihnen wies<br />

auf das Gericht h<strong>in</strong>. Auch James White g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Artikel<br />

über die Lehre vom Heiligtum <strong>in</strong> „Present Truth“ vom Mai 1850<br />

nicht auf das Brustschild des Gerichts e<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>er späteren<br />

Abhandlung (Review and Herald, Januar 1851) erwähnte er nur<br />

die Beseitigung <strong>der</strong> Sünden, dadurch daß sie auf den Bock für<br />

Asasel übertragen wurden. 1853 schrieb J. N. Andrews e<strong>in</strong>e<br />

Artikelserie über das Heiligtum. Als er auf die Re<strong>in</strong>igung am<br />

Versöhnungstag zu sprechen kam, erwähnte er nur das Tilgen<br />

<strong>der</strong> Sünden und <strong>der</strong>en Übertragung auf den Bock für Asasel.<br />

(Review and Herald vom 3. Februar 1853)<br />

1854 brachte jedoch J. N. Loughborough, so wie William<br />

Miller bereits 1845, die Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums als e<strong>in</strong>es<br />

Werks des Gerichts mit <strong>der</strong> Botschaft des ersten Engels von<br />

Offb. 14 <strong>in</strong> Zusammenhang. Im folgenden Jahr baute Uriah<br />

Smith den Gedanken vom Gericht weiter aus und stellte e<strong>in</strong>en<br />

Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums und<br />

<strong>der</strong> Gerichtsbotschaft her: „Das Werk <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung des<br />

irdischen Heiligtums war e<strong>in</strong> Werk des Gerichts. Der Hohepriester<br />

g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> das Allerheiligste, trug das Brustschild des Gerichts,<br />

auf dem die Namen <strong>der</strong> zwölf Söhne Israels standen, um das<br />

Heiligtum und die versammelte Geme<strong>in</strong>de zu versöhnen (3.<br />

Mose 16, 33). Das ist e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>nbild für e<strong>in</strong>e wichtige Tatsache.<br />

Im großen Erlösungsplan soll für die Menschen e<strong>in</strong>e Zeit <strong>der</strong><br />

Entscheidung kommen, e<strong>in</strong> Werk <strong>der</strong> Versöhnung, nach dessen<br />

Abschluß Gottes Volk, das wahre Israel, von allen Sünden<br />

gere<strong>in</strong>igt se<strong>in</strong> wird ... Wir lesen <strong>in</strong> Dan. 7, 10, daß ,das Gericht<br />

gehalten‘ und ,die Bücher aufgetan‘ wurden. Wie<strong>der</strong>um heißt es<br />

<strong>in</strong> Offb. 20, 12: ,Bücher wurden aufgetan ... Die Toten wurden<br />

gerichtet nach dem, was geschrieben<br />

310


Grundbegriffe von A-Z<br />

steht <strong>in</strong> den Büchern, nach ihren Werken.‘ Daraus ersehen wir,<br />

daß über die Taten aller Menschen Bericht geführt wird, damit<br />

sie diesem Bericht entsprechend ihren Lohn empfangen, wie<br />

sie es verdient haben. In diesem S<strong>in</strong>ne gibt es also ke<strong>in</strong> Gericht<br />

ohne diese Berichtsbücher. Wir lesen jedoch (1. Petr. 4, 17),<br />

daß es e<strong>in</strong>en Zeitpunkt gibt, an dem das Gericht am Hause<br />

Gottes beg<strong>in</strong>nen muß ... Wenn aber, wie Petrus sagt, das<br />

Gericht zuerst an uns beg<strong>in</strong>nt, was will’s dann für e<strong>in</strong> Ende<br />

werden mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen?<br />

Es muß also e<strong>in</strong> Gericht <strong>der</strong>selben Art se<strong>in</strong> und kann<br />

sich nur auf den abschließenden Dienst im himmlischen<br />

Heiligtum beziehen. Daher muß diese Prüfung das Leben jedes<br />

e<strong>in</strong>zelnen e<strong>in</strong>schließen. Wir folgern daraus, daß das Leben <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> Gottes – nicht nur <strong>der</strong> heute lebenden, son<strong>der</strong>n aller, die<br />

je gelebt haben und <strong>der</strong>en Namen im Lebensbuch des Lammes<br />

geschrieben stehen – während dieses Zeitraumes vor dem<br />

großen Gerichtshof e<strong>in</strong>er letzten Prüfung unterzogen wird.<br />

Daraus ersehen wir, daß das Werk, wie es im Alten Testament<br />

vollzogen wurde, weit übertroffen wird durch das gegenbildliche<br />

wahrhaftige Geschehen ...<br />

Der erste Engel verkündigte: ,Fürchtet Gott und gebet ihm<br />

die Ehre; denn die Stunde se<strong>in</strong>es Gerichts ist gekommen!‘ War<br />

diese Zeit am Ende <strong>der</strong> 2300 Jahre gekommen? Wir glauben,<br />

daß dieses Werk damals angefangen hat und daß damit das<br />

Gericht am Hause Gottes begann. Die Zeit ist gekommen, daß<br />

Daniel und alle Gerechten durch das E<strong>in</strong>treten ihres Fürsprechers<br />

zu ihrem Erbteil auferstehen werden‘.“ (Review and<br />

Herald, 2. Oktober 1855)<br />

Schließlich rundete James White 1857 diese Lehre ab,<br />

<strong>in</strong>dem er den Begriff „Untersuchungsgericht“ prägte. Er bezog<br />

sich auf 1. Petr. 4, 17. 18 und führte dann aus: „Dieses Wort<br />

müssen wir als e<strong>in</strong> prophetisches Wort ansehen. Aus den<br />

Versen 5-7. 12. 13 ist ersichtlich, daß sich dieses Wort auf die<br />

letzte Zeitspanne <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Christi bezieht.<br />

Beim Gericht über das Menschengeschlecht s<strong>in</strong>d zwei<br />

große Klassen erkennbar, die Gerechten und die Sün-<br />

311


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong> ... Beide werden gerichtet, ehe sie von den Toten auferstehen.<br />

Das Untersuchungsgericht über das Haus Gottes o<strong>der</strong> die<br />

Geme<strong>in</strong>de Gottes wird vor <strong>der</strong> ersten Auferstehung stattf<strong>in</strong>den.<br />

Das Gericht über die Bösen geschieht wahrend <strong>der</strong> Tausend<br />

Jahre; erst am Ende dieses Zeitraumes werden sie auferstehen.<br />

Von den Gerechten wird gesagt: „Selig ist <strong>der</strong> und heilig,<br />

<strong>der</strong> teilhat an <strong>der</strong> ersten Auferstehung.“ Daher muß das ewige<br />

Schicksal jedes e<strong>in</strong>zelnen entschieden se<strong>in</strong>, bevor Jesus<br />

kommt, um sie von den Toten aufzuerwecken.<br />

„Etlicher Menschen Sünden (<strong>der</strong> Gerechten) s<strong>in</strong>d offenbar<br />

und gehen ihnen <strong>in</strong>s Gericht voran, bei etlichen (den Bösen)<br />

werden sie hernach offenbar“ (1. Tim. 5, 24). Das heißt: E<strong>in</strong>ige<br />

Menschen legen ihre Sünden offen dar o<strong>der</strong> bekennen sie. Sie<br />

kommen <strong>in</strong>s Gericht, solange Jesus ihre Sünden austilgen<br />

kann, so daß ihrer nie mehr gedacht werde. Dagegen werden<br />

die Sünden, die nicht bekannt und bereut wurden, bleiben und<br />

während des großen Gerichtstages <strong>der</strong> Tausend Jahre gegen<br />

den Sün<strong>der</strong> zeugen.<br />

„Das Untersuchungsgericht an den Heiligen, den toten<br />

wie auch den lebenden, f<strong>in</strong>det vor Christi Wie<strong>der</strong>kunft statt. Das<br />

geht aus dem Zeugnis des Petrus klar hervor: ,Sie werden<br />

Rechenschaft geben dem, <strong>der</strong> bereit ist, zu richten die Lebendigen<br />

und die Toten‘ (1. Petr. 4, 5-7). Daraus ergibt sich, daß<br />

die Heiligen gerichtet werden, während die e<strong>in</strong>en noch am<br />

Leben, die an<strong>der</strong>en aber tot s<strong>in</strong>d. Die Tatsache, daß alle, die an<br />

<strong>der</strong> ersten Auferstehung teilhaben, selig und heilig s<strong>in</strong>d, zeigt,<br />

daß die Entscheidung über alle Heiligen vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi gefallen ist.“ (Review and Herald, 29. Januar 1857)<br />

Zusammenfassung <strong>der</strong> adventistischen Auffassung<br />

E<strong>in</strong>e umfassende Darstellung des Untersuchungsgerichts <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

adventistischen Literatur f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> dem Buch „Der große<br />

Kampf“ von E. G. White. Dem Kapitel „Das Untersuchungsgericht“<br />

s<strong>in</strong>d die folgenden zusammenfassenden Sätze entnommen:<br />

312


Grundbegriffe von A-Z<br />

„Das Untersuchungsgericht mit <strong>der</strong> Austilgung <strong>der</strong> Sünden<br />

muß vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft des Herrn vollendet werden.” (S.<br />

484)<br />

„Er (Christus) kommt vor den ,Alten‘ im Himmel ... am Ende<br />

<strong>der</strong> zweitausenddreihun<strong>der</strong>t Tage, im Jahre 1844 ... Unser<br />

Hoherpriester betritt das Allerheiligste und ersche<strong>in</strong>t dort vor<br />

Gott, um für den Menschen den letzten entscheidenden Dienst<br />

zu tun, nämlich das Untersuchungsgericht auszuführen.“ (S.<br />

479. 480) „Jesus wird als Verteidiger <strong>der</strong> Gläubigen auftreten<br />

und vor Gott für sie Fürbitte e<strong>in</strong>legen.“ (S. 482) „Die Fürsprache<br />

Christi im Heiligtum droben für den Menschen ist e<strong>in</strong> ebenso<br />

wesentlicher Teil des Heilsplanes wie se<strong>in</strong> Tod am Kreuz.“ (S.<br />

488) „So werden auch an dem großen Tag <strong>der</strong> Endversöhnung<br />

und des Untersuchungsgerichts nur die Fälle des bekennenden<br />

Volkes Gottes <strong>in</strong> Betracht gezogen.“ (S. 480) „Unser Fürsprecher<br />

beg<strong>in</strong>nt mit denen, die zuerst auf Erden lebten, prüft dann<br />

die nachfolgenden Geschlechter und schließt mit den Lebenden.“<br />

(S. 482) „Je<strong>der</strong> Mensch mit all se<strong>in</strong>en Taten wird e<strong>in</strong>er<br />

Untersuchung von Gott unterzogen, und es wird festgehalten,<br />

ob er treu o<strong>der</strong> untreu gewesen ist.“ (S. 481) „Auf Grund <strong>der</strong><br />

Bücher des Himmels, <strong>in</strong> denen die Namen und Taten <strong>der</strong><br />

Menschen verzeichnet stehen, werden die Entscheidungen des<br />

Gerichts getroffen.“ (S. 480) „Das Gesetz Gottes ist das<br />

Richtmaß, nach dem das Leben des Menschen im Gericht<br />

gemessen wird.“ (S. 481) „Bei den Namen aller, die ihre<br />

Sünden wahrhaft bereut und durch den Glauben das Blut<br />

Christi als ihr versöhnendes Opfer <strong>in</strong> Anspruch genommen<br />

haben, steht <strong>in</strong> den Himmelsbüchern verzeichnet, daß ihnen<br />

Vergebung gewährt wurde. Da sie Teilhaber <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

Christi geworden s<strong>in</strong>d und ihr Leben <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit<br />

Gottes Willen gestanden hat, werden ihre Sünden ausgetilgt<br />

und sie selbst des ewigen Lebens für würdig angesehen.“ (S.<br />

483) „Wenn sich irgende<strong>in</strong>e Sünde <strong>in</strong> den Büchern f<strong>in</strong>det, die<br />

nicht bereut und vergeben ist, so wird <strong>der</strong> Name dieses<br />

Menschen aus dem Buch des Lebens ausge-<br />

313


Grundbegriffe von A-Z<br />

löscht und ebenso se<strong>in</strong>e guten Taten aus dem Gedächtnis<br />

Gottes.“ (S. 482) „Geht dann das Untersuchungsgericht zu<br />

Ende, so wird das Schicksal aller Menschen zum Leben o<strong>der</strong><br />

zum Tode entschieden se<strong>in</strong>.“ (S. 490) „Wenn das Untersuchungsgericht<br />

beendet ist, wird Christus kommen und se<strong>in</strong><br />

Lohn mit ihm, e<strong>in</strong>em jeglichen zu geben, wie se<strong>in</strong>e Werke se<strong>in</strong><br />

werden.“ (S. 485)<br />

Siehe: Daniel, Auslegung des Buches, Gericht, Heiligtum<br />

VERSOHNUNG<br />

Das Verb, das dem hebräischen Wort für „Versöhnung“ zu<br />

Grunde liegt, heißt „kaphar“ und bedeutet eigentlich bedecken.<br />

In theologischer Sicht verstehen wir unter Versöhnung den<br />

Vorgang, bei dem e<strong>in</strong> Sün<strong>der</strong> Frieden mit Gott erlangt. Solches<br />

Versöhnen ist ausschließlich Gottes Werk, durch das er den<br />

Menschen wie<strong>der</strong> zu sich br<strong>in</strong>gt. Christi stellvertretendes Opfer<br />

am Kreuz ist die entscheidende Tat <strong>in</strong> diesem Geschehen.<br />

Nichts an<strong>der</strong>es reicht aus, um unsere Schuld zu sühnen. Die<br />

am Kreuz erfolgte Versöhnung war vollkommen und vollständig.<br />

Sie geschah „e<strong>in</strong> für allemal“ und braucht nie wie<strong>der</strong>holt zu<br />

werden. Nachdem Christus am Kreuz die Versöhnung erwirkt<br />

hatte, fuhr er als unser großer Hoherpriester auf zum Himmel,<br />

um als Fürsprecher für uns e<strong>in</strong>zutreten und uns die Segnungen<br />

<strong>der</strong> am Kreuz vollbrachten Versöhnung zu vermitteln (Hebr. 7,<br />

27; 9, 12. 26; 10, 10). Seit se<strong>in</strong>er Himmelfahrt dient Christus als<br />

unser Hoherpriester, und diese Fürsprache ist Versöhnung im<br />

weiteren S<strong>in</strong>n (Hebr. 7, 25; 8, 1.2; 9, 11. 12; 10, 12-14. 21. 22).<br />

Deshalb lädt er uns e<strong>in</strong>, „h<strong>in</strong>zuzutreten mit Freudigkeit zu dem<br />

Thron <strong>der</strong> Gnade, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und<br />

Gnade f<strong>in</strong>den auf die Zeit, wenn uns Hilfe not se<strong>in</strong> wird“ (Hebr.<br />

4, 16).<br />

E<strong>in</strong>ige frühe Adventgläubige g<strong>in</strong>gen bei <strong>der</strong> Erklärung des<br />

Begriffs „Versöhnung“ vom alttestamentlichen Heiligtumsdienst<br />

aus, <strong>in</strong> dem Priester ihren Dienst versahen als<br />

314


Grundbegriffe von A-Z<br />

e<strong>in</strong> „Abbild und Schatten des Himmlischen“ (Hebr. 8, 5). Dabei<br />

betonten sie den hohenpriesterlichen Dienst im Versöhnungswerk<br />

Christi so stark, daß <strong>der</strong> Ansche<strong>in</strong> erweckt wurde, als<br />

lehnten sie Jesu Opfer am Kreuz als Versöhnung im eigentlichen<br />

S<strong>in</strong>ne ab. William Miller schrieb beispielsweise 1844, daß<br />

Christi vergossenes Blut auf Golgatha für e<strong>in</strong>e sündige Welt das<br />

„Sühneopfer für Gott“ gewesen sei, daß die Versöhnung aber<br />

„durch se<strong>in</strong> Leben und se<strong>in</strong>e Vermittlung im Himmel“ erfolge<br />

(Hebr. 7, 25), so daß „dank se<strong>in</strong>er Fürbitte wir durch se<strong>in</strong> Leben<br />

gerettet werden können“ (Röm. 5, 10; 1. Joh. 5, 11).<br />

Das Mißverständnis, das sich daraus ergab, bestand dar<strong>in</strong>,<br />

daß Miller und e<strong>in</strong>ige frühe <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

leugneten, daß am Kreuz die Versöhnung erfolgt sei. Dabei<br />

handelte es sich aber mehr um e<strong>in</strong>e Sache <strong>der</strong> Begriffsbestimmung.<br />

Ke<strong>in</strong>er von denen, die diese Ansicht vertraten, bestritt<br />

die E<strong>in</strong>maligkeit und Wirksamkeit des Opfers Christi am Kreuz,<br />

noch glaubte er, daß Christus im Himmel e<strong>in</strong> zweites Opfer<br />

gebracht hätte. Sie gebrauchten lediglich den Begriff „Versöhnung“<br />

mehr im alttestamentlichen S<strong>in</strong>n als <strong>in</strong> <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong><br />

bekannten theologischen Bedeutung. Sie wiesen darauf h<strong>in</strong>,<br />

daß im alttestamentlichen Heiligtumsdienst die Versöhnung des<br />

Sün<strong>der</strong>s nicht durch die Tötung des Opfertieres erfolgte,<br />

son<strong>der</strong>n durch den priesterlichen Dienst im Heiligtum nach <strong>der</strong><br />

Darbr<strong>in</strong>gung des Opfers: „... und <strong>der</strong> reuige Sün<strong>der</strong> soll se<strong>in</strong>e<br />

Hand auf den Kopf des Sündopfers legen und es schlachten an<br />

<strong>der</strong> Stätte des Brandopfers. Und <strong>der</strong> Priester soll mit se<strong>in</strong>em<br />

F<strong>in</strong>ger etwas von dem Blut nehmen ... und soll es (das Fett) <strong>in</strong><br />

Rauch aufgehen lassen auf dem Altar zum lieblichen Geruch für<br />

den Herrn. So soll <strong>der</strong> Priester die Sühnung für ihn vollziehen,<br />

und ihm wird vergeben“ (3. Mose 4, 29-31).<br />

So vertraten jene frühen <strong>Adventisten</strong> die Auffassung, daß<br />

nicht Christi Opfer auf Golgatha, son<strong>der</strong>n se<strong>in</strong> Versöhnungsdienst<br />

im himmlischen Heiligtum nach se<strong>in</strong>er Himmelfahrt dem<br />

Versöhnungsdienst des Priesters im irdischen<br />

315


Grundbegriffe von A-Z<br />

Heiligtum entspreche, den er versah, nachdem das Opfer<br />

dargebracht worden war (Hebr. 9, 11-15.23-26; 10, 11 bis 14;<br />

vgl. 3. Mose 4, 27-31). Wenn daher Miller und an<strong>der</strong>e frühe<br />

<strong>Adventisten</strong> davon sprachen, daß die Versöhnung nicht am<br />

Kreuz erwirkt worden sei, son<strong>der</strong>n durch Christus nach se<strong>in</strong>er<br />

Himmelfahrt, dann hatten sie genau genommen recht, soweit es<br />

den Gebrauch des Ausdrucks „Versöhnung“ nach dem Kultgesetz<br />

betraf.<br />

Der heute übliche theologische Gebrauch des Wortes<br />

„Versöhnung“ schließt allerd<strong>in</strong>gs den biblischen Bezug auf den<br />

priesterlichen Dienst im Darbr<strong>in</strong>gen des Blutes des getöteten<br />

Opfertieres nicht e<strong>in</strong>. Das ist <strong>der</strong> Grund, warum die adventistische<br />

Auffassung von <strong>der</strong> Versöhnung manchmal mißverstanden<br />

o<strong>der</strong> falsch dargestellt wurde.<br />

Die Beziehung zwischen Christi Opfer am Kreuz und se<strong>in</strong>em<br />

priesterlichen Dienst im Himmel seit se<strong>in</strong>er Himmelfahrt<br />

erklärt E. G. White wie folgt: „Die Fürsprache Christi im<br />

Heiligtum droben für den Menschen ist e<strong>in</strong> ebenso wesentlicher<br />

Teil des Heilsplanes wie se<strong>in</strong> Tod am Kreuz. Mit se<strong>in</strong>em Tode<br />

begann er das Werk, das zu vollenden er nach se<strong>in</strong>er Auferstehung<br />

gen Himmel fuhr.“ (GK 488) „Das große Opfer war<br />

gebracht und angenommen worden, und <strong>der</strong> Heilige Geist, <strong>der</strong><br />

Pf<strong>in</strong>gsten hernie<strong>der</strong>kam, richtete die Gedanken <strong>der</strong> Jünger von<br />

dem irdischen auf das himmlische Heiligtum, woh<strong>in</strong> Jesus durch<br />

se<strong>in</strong> eigenes Blut e<strong>in</strong>getreten war, um se<strong>in</strong>en Jüngern die<br />

Segnungen se<strong>in</strong>er Versöhnung zu verleihen.“<br />

Damit soll ke<strong>in</strong>eswegs die am Kreuz erfolgte Versöhnung<br />

herabgesetzt werden. E. G. White schreibt weiter: „Christi Opfer<br />

als Versöhnung für die Sünde ist die entscheidende Wahrheit,<br />

um die sich alle an<strong>der</strong>en Glaubenslehren ordnen müssen.“<br />

(ABC V, 1137) „Das Kreuz muß die zentrale Stellung e<strong>in</strong>nehmen,<br />

weil es das Mittel zur Versöhnung des Menschen ist und<br />

auf die gesamte göttliche Herrschaft e<strong>in</strong>wirkt.“<br />

Wenn <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> von Christi Versöhnungswerk<br />

im himmlischen Heiligtum sprechen, verstehen<br />

316


Grundbegriffe von A-Z<br />

sie darunter, daß die auf Golgatha für alle Menschen vollbrachte<br />

Versöhnung für den e<strong>in</strong>zelnen Gläubigen entsprechend<br />

se<strong>in</strong>em Verlangen wirksam wird.<br />

Im Alten Testament beschloß <strong>der</strong> feierliche Versöhnungstag<br />

den Kreis <strong>der</strong> jährlichen Kultfeste (3. Mose 16). Das an<br />

diesem Tag vollzogene Versöhnungswerk brachte das zum<br />

Abschluß, was <strong>der</strong> Priester für e<strong>in</strong>en reuigen Sün<strong>der</strong> tun<br />

konnte, und re<strong>in</strong>igte Heiligtum und Volk. Auf Grund <strong>der</strong><br />

Ähnlichkeit zwischen irdischem und himmlischem Heiligtum, auf<br />

die <strong>der</strong> <strong>in</strong>spirierte Schreiber des Hebräerbriefes h<strong>in</strong>weist, ist<br />

nach adventistischem Verständnis die Schlußphase von Christi<br />

himmlischem Dienst das Gegenstück zu dem irdischen<br />

Versöhnungstag. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> sprechen von<br />

dieser Schlußphase des Versöhnungsdienstes Christi als dem<br />

„großen gegenbildlichen Versöhnungstag“ o<strong>der</strong> dem „Untersuchungsgericht“.<br />

Die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er Versöhnung zwischen Gott und<br />

dem Menschen ergibt sich aus <strong>der</strong> Tatsache, daß durch Adam<br />

„die Sünde <strong>in</strong> die Welt gekommen ist und <strong>der</strong> Tod durch die<br />

Sünde, so ist <strong>der</strong> Tod zu allen Menschen durchgedrungen“<br />

(Röm. 5, 12; vgl. 3, 23). Nicht Gott mußte versöhnt werden,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Mensch. Ungehorsam trennte ihn von se<strong>in</strong>em<br />

Schöpfer, und das mit Füßen getretene Gesetz for<strong>der</strong>te den<br />

Tod des Übertreters. Gottes Gerechtigkeit verlangte, daß alle<br />

Sünde ausgetilgt werde. Da aber <strong>der</strong> Mensch von e<strong>in</strong>em<br />

liebenden Schöpfer abstammt, hat die allmächtige Liebe e<strong>in</strong>en<br />

Ausweg gefunden für alle, die <strong>in</strong> Satans Falle geraten waren<br />

und gesündigt hatten.<br />

Das Sittengesetz kann nicht verän<strong>der</strong>t werden, da es die<br />

Eigenschaften Gottes wi<strong>der</strong>spiegelt. E<strong>in</strong> Sün<strong>der</strong> kann von sich<br />

aus nichts dazu beitragen, vor Gott angenehm zu se<strong>in</strong> o<strong>der</strong><br />

Versöhnung zu erlangen. Deshalb hat Gott Vorkehrungen<br />

getroffen, um den Sün<strong>der</strong> zu erlösen. Se<strong>in</strong> Plan dazu wurde<br />

gefaßt, „ehe <strong>der</strong> Welt Grund gelegt ward“ (1. Petr. 1, 20), und<br />

Adam offenbart, bevor er aus dem Garten Eden vertrieben<br />

wurde (1. Mose 3, 15). Dieser Plan for<strong>der</strong>te von Gottes Sohn,<br />

daß er se<strong>in</strong>e göttliche Macht<br />

317


Grundbegriffe von A-Z<br />

ablegte, Mensch wurde, gleich e<strong>in</strong>em Menschen den Versuchungen<br />

ausgesetzt war – doch ohne zu sündigen –, um dann<br />

stellvertretend für die Menschen zu sterben. Wie <strong>der</strong> ärgste<br />

Sün<strong>der</strong> sollte er behandelt werden. Er mußte deshalb die<br />

Trennung von <strong>der</strong> Liebe und Gegenwart des Vaters ertragen<br />

und für alle Sün<strong>der</strong> leiden. So zahlte er den Preis <strong>der</strong> Sünde<br />

und bietet nun den Menschen se<strong>in</strong>e Gerechtigkeit an.<br />

Joh. 3, 16 faßt den Erlösungsplan zusammen: „Also hat<br />

Gott die Welt geliebt, daß er se<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gebornen Sohn gab, auf<br />

daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, son<strong>der</strong>n<br />

das ewige Leben haben.“ Gottes Liebe gilt allen Menschen,<br />

aber sie muß im Glauben und aus freier Entscheidung angenommen<br />

werden. Sie ist für alle Menschen da, aber nicht alle<br />

nehmen sie an. Es kann ke<strong>in</strong>e Versöhnung geben für jene, die<br />

„e<strong>in</strong> solches Heil nicht achten“ und nicht „aus Glauben leben“<br />

(Hebr. 2, 3; Röm. 1, 17). E<strong>in</strong>e vollkommene Versöhnung<br />

gewährt nicht nur Vergebung vergangener Sünden, son<strong>der</strong>n<br />

gibt dem Menschen auch die Kraft, die Versuchungen zu<br />

überw<strong>in</strong>den (2. Petr. 1, 3). Deshalb lebte Christus unter den<br />

Menschen. Durch den Heiligen Geist und se<strong>in</strong> Vorbild bietet er<br />

die Kraft für e<strong>in</strong> sündloses Leben an.<br />

Siehe: Heiligtum, Untersuchungsgericht<br />

WIEDERGEBURT<br />

Jesus gebrauchte das Bild <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>- bzw. Neugeburt. um<br />

Nikodemus zu erklären, was Bekehrung ist (Joh. 3, 1-8). Sie ist<br />

„e<strong>in</strong>e völlige Umwandlung des Lebens durch die schöpferische<br />

Kraft Gottes im Glauben an den Herrn Jesus Christus“. (Church<br />

Manual, 1963)<br />

Das göttliche Geschenk <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt kann jedoch<br />

nur ergreifen, wer se<strong>in</strong>e völlige Verlorenheit e<strong>in</strong>sieht. Wie<strong>der</strong>geburt<br />

und Bekehrung gehören unlöslich zusammen, nicht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em zeitlichen Nache<strong>in</strong>an<strong>der</strong> o<strong>der</strong> daß e<strong>in</strong>es Bed<strong>in</strong>gung für<br />

das an<strong>der</strong>e wäre, vielmehr vollzieht sich die Wie-<br />

318


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong>geburt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bekehrung. Mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt wird <strong>der</strong><br />

Mensch <strong>in</strong> die Gottesk<strong>in</strong>dschaft aufgenommen. Wie<strong>der</strong>geburt<br />

ist also <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es neuen Lebens.<br />

Der „Advent Review“ veröffentlichte im September 1850<br />

e<strong>in</strong>en Artikel von O. R. L. Crosier über die Wichtigkeit von<br />

Reue, Bekehrung und Taufe im Zusammenhang mit Christi<br />

Werk im Heiligtum. Die frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, die<br />

größtenteils aus evangelischen Geme<strong>in</strong>schaften kamen,<br />

setzten die Erfahrung <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt als etwas Selbstverständliches<br />

voraus. Dar<strong>in</strong> waren sie e<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung. Sie sahen<br />

es nicht als notwendig an, sich bei dem aufzuhalten, was zum<br />

christlichen Glaubensgut gehört. Im Laufe <strong>der</strong> Zeit aber g<strong>in</strong>g<br />

man auch auf die Lehren näher e<strong>in</strong>, zu denen sich an<strong>der</strong>e<br />

Kirchen bekannten.<br />

So schrieb W. W. Prescott 1895, daß <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>e<br />

völlige Neuwerdung erfahren muß, wenn er <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit<br />

Gott kommen will. Er unterstrich die Bedeutung des menschlichen<br />

Geistes <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er leitenden Funktion für das Leben und<br />

wies darauf h<strong>in</strong>, daß Christse<strong>in</strong> lediglich e<strong>in</strong> Lippenbekenntnis<br />

bleibt und nicht lebendige Erfahrung wird, solange die Ges<strong>in</strong>nung<br />

unverän<strong>der</strong>t ist. Zusammenfassend sagte er: Wie<strong>der</strong>geburt<br />

„bedeutet die Bereitschaft, all das aufzugeben, was dem<br />

fleischlichen Wesen entspr<strong>in</strong>gt o<strong>der</strong> mit ihm <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

steht, und sich bittend an Gott zu wenden um des willen, was er<br />

für uns <strong>in</strong> Jesus Christus getan hat.“<br />

1892 veröffentlichte E. G. White das Buch „Der Weg zu<br />

Christus“. Dort wird auf die verschiedenen Schritte bei <strong>der</strong><br />

Bekehrung h<strong>in</strong>gewiesen und gezeigt, wor<strong>in</strong> das Wesen <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>geburt besteht.<br />

Das adventistische Verständnis <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt wird im<br />

„ABC“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erklärung zu 2. Kor. 5, 17 folgen<strong>der</strong>maßen<br />

zusammengefaßt: „Wer sich von <strong>der</strong> Liebe Christi treiben läßt<br />

und nicht länger für sich, son<strong>der</strong>n für Gott lebt, wenn er se<strong>in</strong>e<br />

Mitmenschen nicht mehr nach ihrer äußeren Ersche<strong>in</strong>ung,<br />

son<strong>der</strong>n so beurteilt, wie er nun Christus nach dem Geist und<br />

nicht nach dem Fleisch kennt – ist e<strong>in</strong><br />

319


Grundbegriffe von A-Z<br />

neues Geschöpf geworden. E<strong>in</strong>en verlorenen Sün<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

,neue Kreatur‘ umzuwandeln, erfor<strong>der</strong>t dieselbe Schöpferkraft,<br />

die am Anfang das Leben hervorbrachte ... Das ist e<strong>in</strong> nicht zu<br />

erklären<strong>der</strong> Vorgang, <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong> menschlichen Erfahrung<br />

völlig fremd.<br />

Dieser neue Mensch ist nicht das Ergebnis sittlichen Tugendstrebens,<br />

das – wie man häufig me<strong>in</strong>t – angeboren ist und<br />

nur entfaltet werden muß. Es gibt Tausende von sittlich<br />

denkenden Menschen, die ke<strong>in</strong>erlei Wert darauf legen, als<br />

Christen angesehen zu werden und die auch ke<strong>in</strong>e ,neue<br />

Kreatur‘ s<strong>in</strong>d. Das neue Wesen ist we<strong>der</strong> das bloße Ergebnis<br />

e<strong>in</strong>es Verlangens o<strong>der</strong> gar e<strong>in</strong>es Vorsatzes, das Rechte zu tun<br />

... noch die verstandesmäßige Zustimmung zu gewissen Lehren<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ausdruck gewisser Me<strong>in</strong>ungen und Gefühle, ja selbst<br />

nicht das Leid über die Sünde. In <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt ist vielmehr<br />

übernatürliche Kraft im Menschen wirksam geworden. Sie führt<br />

dazu, <strong>der</strong> Sünde abzusterben und von neuem geboren zu<br />

werden. Auf diese Weise werden wir neu geschaffen zum Bilde<br />

Jesu Christi, werden angenommen als Söhne und Töchter<br />

Gottes und auf e<strong>in</strong>en neuen Weg gestellt ... So werden wir zu<br />

Teilhabern <strong>der</strong> göttlichen Natur, und das ewige Leben wird uns<br />

verliehen ... Der Gläubige wird jedoch nicht als e<strong>in</strong> reifer Christ<br />

geboren. Anfangs hat er die geistliche Unerfahrenheit und<br />

Unreife e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des. Als K<strong>in</strong>d Gottes aber wird ihm die Gnade<br />

gewährt, <strong>in</strong> das volle Mannesalter Christi h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuwachsen.“<br />

Siehe: Bekehrung<br />

WIEDERKUNFT CHRISTI<br />

Unter <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Jesu verstehen wir die Rückkehr des<br />

Sohnes Gottes auf die Erde als König aller Könige und Herr<br />

aller Herren. Die Erwartung dieser Wie<strong>der</strong>kunft gehört zu den<br />

grundlegenden Lehren des Neuen Testaments. Jesus selbst<br />

versprach: „Ich will wie<strong>der</strong>kommen“ (Joh. 14, 3).<br />

320


Grundbegriffe von A-Z<br />

Im Neuen Testament wird Wie<strong>der</strong>kunft gewöhnlich mit<br />

dem griechischen Wort „parusia“ bezeichnet. Das bedeutet<br />

soviel wie „Gegenwart“ (wörtlich „anwesend se<strong>in</strong>“) und im<br />

weiteren S<strong>in</strong>n „Kommen“ und „Ankunft“, die sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Ersche<strong>in</strong>en verwirklichen. Das Wort „parusia“ ersche<strong>in</strong>t 24mal<br />

im Neuen Testament. In Phil. 2,12 vergleicht Paulus se<strong>in</strong>e<br />

Gegenwart (parusia) unter den Philippern mit se<strong>in</strong>er Abwesenheit<br />

(apusia) von ihnen (vgl. 2. Kor. 10, 10). Häufiger jedoch<br />

erfor<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Zusammenhang, „parusia“ mit „Ankunft“ o<strong>der</strong><br />

„Kommen“ zu übersetzen. So bedeutete zum Beispiel die<br />

Ankunft (parusia) von Stephanas, Fortunatus und Achaikus aus<br />

Kor<strong>in</strong>th für Paulus Freude und erquickte se<strong>in</strong>en Geist (1. Kor.<br />

16, 17. 18). Die Ankunft (parusia) von Titus mit guten Nachrichten<br />

aus Kor<strong>in</strong>th tröstete Paulus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Sorge um die dortige<br />

Geme<strong>in</strong>de (2. Kor. 7, 6). Als Gefangener <strong>in</strong> Rom hoffte Paulus<br />

auf Freilassung und auf e<strong>in</strong> erneutes Kommen (parusia) zu den<br />

Philippern (Phil. 1, 26). Hellenistische Autoren, angefangen von<br />

<strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Ptolemäer, und auch griechische Papyri gebrauchten<br />

das Wort „parusia“ für den offiziellen Besuch e<strong>in</strong>es Königs,<br />

e<strong>in</strong>es Herrschers o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er mit Vollmacht ausgestatteten<br />

Person. Deshalb wurde dieses Wort von den neutestamentlichen<br />

Schreibern gewählt, um die messianische Ankunft Christi<br />

<strong>in</strong> Herrlichkeit zum Gericht am Ende <strong>der</strong> Zeiten auszudrücken<br />

(Matth. 24, 3. 27. 37. 39; 1. Kor. 15, 23; 1. Thess. 2, 19; 3, 13;<br />

4, 15; 5, 23; 2. Thess. 2, 1.8; 2. Petr. 1, 16; 3, 4. 12; 1. Joh. 2,<br />

28; Jak. 5, 7.8). In <strong>der</strong> hellenistischen Bedeutung des Wortes<br />

„parusia“ wird zugleich auf die Herrlichkeit des Herrn bei se<strong>in</strong>er<br />

Wie<strong>der</strong>kunft h<strong>in</strong>gewiesen. E<strong>in</strong> weiteres Wort für Wie<strong>der</strong>kunft ist<br />

„apokalypsis“. Es bedeutet Offenbarung, Enthüllung (1. Kor. 1,<br />

7; 2. Thess. 1, 7; 1. Petr. 1, 7. 13). Bei se<strong>in</strong>em ersten Kommen<br />

war Christi Herrlichkeit verborgen und se<strong>in</strong>e Göttlichkeit <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Menschse<strong>in</strong> verhüllt. Bei se<strong>in</strong>em zweiten Kommen<br />

jedoch werden se<strong>in</strong>e Herrlichkeit und Hoheit für alle Menschen<br />

sichtbar se<strong>in</strong> (Matth. 24, 30).<br />

Wie<strong>der</strong>kunft wird auch mit dem Wort „epiphaneia“ (Be-<br />

321


Grundbegriffe von A-Z<br />

kundung, Ersche<strong>in</strong>ung) bezeichnet (2. Tim. 4, 1.8; Tit. 2, 13). Im<br />

hellenistischen Griechisch war das <strong>der</strong> Ausdruck für die<br />

sichtbare Bekundung e<strong>in</strong>er Gottheit. An e<strong>in</strong>er Stelle im Neuen<br />

Testament (2. Tim. 1, 10) bezieht sich das Wort auf das erste<br />

Kommen Christi als e<strong>in</strong>er Bekundung <strong>der</strong> göttlichen Gnade.<br />

Sonst wird damit immer <strong>der</strong> letzte große E<strong>in</strong>griff Gottes <strong>in</strong> die<br />

Geschichte <strong>der</strong> Menschheit bezeichnet.<br />

Wenn auch das Hauptwort „eleusis“ (das Kommen) nicht<br />

für die Wie<strong>der</strong>kunft Jesu gebraucht wird, so doch das damit <strong>in</strong><br />

Zusammenhang stehende Verb „erchomai“ (kommen) (Matth.<br />

16, 27. 28; Mark. 13, 26; 14, 62; Luk. 9, 26; Joh. 14, 3; 1. Kor.<br />

4, 5; 11, 26; Offb. 1, 7; 3, 11; 22, 7.20). Auch das Verb „phaneroo“<br />

(sichtbar machen, bekunden) wird auf se<strong>in</strong> Kommen<br />

bezogen (Kol. 3, 4; 1. Petr. 5, 4; 1. Joh. 2, 28; 3, 2).<br />

Schließlich wird häufig gesprochen von „dem Tag“ (Röm.<br />

13, 12; Hebr. 10, 25) o<strong>der</strong> von „jenem Tag“ (Matth. 7, 22; 24,<br />

36; Luk. 10, 12; 21, 34; 1. Thess. 5, 4; 2. Thess. 1, 10; 2. Tim.<br />

1, 12. 18; 4, 8). Deutlicher s<strong>in</strong>d Ausdrücke wie «<strong>der</strong> Tag Gottes“<br />

(2. Petr. 3, 12), „<strong>der</strong> Tag des Herrn“ (1. Thess. 5, 2; 2. Petr. 3,<br />

10), „<strong>der</strong> Tag Jesu Christi“ (Phil. 1, 6), „<strong>der</strong> Tag unsres Herrn<br />

Jesus Christus“ (1. Kor. 1, 8), „<strong>der</strong> Jüngste Tag“ (Joh. 6, 39. 40.<br />

44. 54), „<strong>der</strong> große Tag“ (Judas 6, Offb. 6, 17), „<strong>der</strong> Tag des<br />

Gerichts“ (2. Petr. 2, 9), „<strong>der</strong> Tag des Zorns“ (Röm. 2, 5) und<br />

„<strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> Erlösung“ (Eph. 4, 30).<br />

Wie <strong>in</strong> ihrem Namen zum Ausdruck kommt, legen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

Nachdruck auf den zweiten Advent, die<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Christi. Sie glauben nicht nur, daß Christus<br />

wie<strong>der</strong>kommt, son<strong>der</strong>n daß das bald geschehen wird, wenn sie<br />

auch für dieses Ereignis ke<strong>in</strong>en bestimmten Zeitpunkt festlegen.<br />

Sie führen ihren Ursprung auf die überkonfessionelle Adventbewegung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts zurück, zu<br />

<strong>der</strong> sich Gläubige aller führenden protestantischen Kirchen und<br />

Geme<strong>in</strong>schaften vere<strong>in</strong>ten im Glauben an die nahe Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi. Diese<br />

322


Grundbegriffe von A-Z<br />

lebendige Naherwartung löste <strong>in</strong> verschiedenen Teilen <strong>der</strong> Welt<br />

e<strong>in</strong>e religiöse Erweckung aus. Die Väter <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> hatten zu jener Gruppe gehört, die <strong>in</strong> Amerika<br />

aufkam und als Millerbewegung bekannt wurde. Sie lehrten,<br />

daß die Wie<strong>der</strong>kunft Jesu die gegenwärtige Welt beenden und<br />

das Schicksal e<strong>in</strong>es jeden Menschen besiegeln würde. Wie die<br />

Anhänger Millers halten die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> an <strong>der</strong><br />

neutestamentlichen Lehre fest, daß die Wie<strong>der</strong>kunft e<strong>in</strong><br />

buchstäbliches, sichtbares Geschehen ist (Apg. 1, 9-11),<br />

verbunden mit <strong>der</strong> ersten Auferstehung und den nachfolgenden<br />

Tausend Jahren.<br />

Das zweite Kommen Christi darf nicht verwechselt werden<br />

mit se<strong>in</strong>er geistigen Gegenwart unter den Gläubigen seit<br />

se<strong>in</strong>er Auferstehung (Matth. 28, 20; Joh. 14, 18). Die Wie<strong>der</strong>kunft<br />

muß auch klar unterschieden werden von <strong>der</strong> Ausgießung<br />

des Heiligen Geistes als Christi Stellvertreter zu Pf<strong>in</strong>gsten (Apg.<br />

1, 9-11) o<strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>er späteren Zeit. Auch mit dem Tod darf sie<br />

nicht verwechselt werden (Joh. 21, 22). James White schrieb:<br />

Christus wird kommen „als <strong>der</strong> Lebensspen<strong>der</strong> und beste<br />

Freund des Gläubigen. Der Tod als des Menschen letzter Fe<strong>in</strong>d<br />

raubt das Leben.“ (Review and Herald, 24. Dezember 1872) Die<br />

Wie<strong>der</strong>kunft ist e<strong>in</strong> persönliches Ersche<strong>in</strong>en Jesu, das sich<br />

ebenso sichtbar erfüllen wird wie se<strong>in</strong>e Himmelfahrt: „Dieser<br />

Jesus ... wird so kommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren<br />

sehen“ (Apg. 1, 11), „er selbst, <strong>der</strong> Herr“ (1. Thess. 4, 16).<br />

Dieses Schlußereignis <strong>der</strong> menschlichen Geschichte betrifft<br />

alle – Gläubige wie Ungläubige (Matth. 24, 27. 30; Luk. 17,<br />

24; 1. Joh. 3, 2; Offb. 1.7). Es wird begleitet se<strong>in</strong> vom Schall <strong>der</strong><br />

Posaune (Matth. 24, 31; 1. Kor. 15, 51.52; 1. Thess. 4, 16). Die<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Jesu vollzieht sich also nicht im verborgenen. Das<br />

Neue Testament teilt dieses Geschehen auch nicht <strong>in</strong> zwei<br />

Ereignisse auf, von denen das e<strong>in</strong>e heimlich und das an<strong>der</strong>e<br />

vor aller Welt sichtbar se<strong>in</strong> wird, das e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong> sogenanntes<br />

Entrücktwerden <strong>der</strong> Heiligen und das an<strong>der</strong>e die Offenbarung<br />

Christi. Die<br />

323


Grundbegriffe von A-Z<br />

wichtigste Schriftstelle über die Verwandlung <strong>der</strong> Heiligen (1.<br />

Thess. 4, 15-17) macht darauf aufmerksam, daß Christi<br />

Kommen begleitet se<strong>in</strong> wird von „befehlendem Wort, mit <strong>der</strong><br />

Stimme des Erzengels und mit <strong>der</strong> Posaune Gottes“. Jesus<br />

selbst weist darauf h<strong>in</strong>, daß se<strong>in</strong> Kommen mit den Wolken des<br />

Himmels vor und nicht nach dem Sammeln <strong>der</strong> Auserwählten<br />

stattf<strong>in</strong>den wird. Diese Ereignisse folgen unmittelbar aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

und gehören zu se<strong>in</strong>er herrlichen Ersche<strong>in</strong>ung (Matth. 24,<br />

30. 31; Mark. 13, 26. 27). Christus kommt „mit den Wolken“<br />

(Mark. 14, 62; Offb. 1, 7), „<strong>in</strong> den Wolken“ (Matth. 24, 30; 26,<br />

64; Mark. 13, 26) o<strong>der</strong> „<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wolke“ (Luk. 21, 27; vgl. Apg. 1,<br />

9-11). Scharen von Engeln begleiten ihn (Matth. 24, 31; Mark.<br />

8, 38; 13, 27; Offb. 9, 14-16). Die Wie<strong>der</strong>kunft erfolgt „<strong>in</strong><br />

Herrlichkeit“ (Matth. 16, 27; 24, 30; 25, 31; Mark. 10, 37; 13, 26;<br />

Luk. 9, 26; 21, 27; 1. Petr. 4, 13; 5, 1). Sie wird verglichen mit<br />

e<strong>in</strong>em großen Blitz, <strong>der</strong> den ganzen Himmel erleuchtet (Matth.<br />

24, 27; Luk. 17, 24).<br />

Nach dem Zeugnis des Neuen Testaments wird die Wie<br />

<strong>der</strong>kunft Christi von <strong>der</strong> Auferstehung <strong>der</strong> Gerechten begleitet<br />

(Luk. 14, 14; Joh. 5, 28.29; 6, 40. 44; 11, 24; Apg. 24, 14. 15; 1.<br />

Kor. 15, 22. 23; 1. Thess. 4, 15-18). Mit dieser Auferstehung zu<br />

Leben und Unsterblichkeit (Luk. 20, 35. 36; 1. Kor. 15, 52. 53)<br />

beg<strong>in</strong>nen die <strong>in</strong> Offb. 20 erwähnten Tausend Jahre.<br />

Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi beendet die gegenwärtige Weltzeit;<br />

sie wird deshalb auch das „Ende <strong>der</strong> Welt" genannt (Matth.<br />

13, 39. 40. 49; 24, 3; 28, 20). Was hier mit „Ende <strong>der</strong> Welt“<br />

bezeichnet wird, könnte besser mit „Vollendung <strong>der</strong> Weltzeit“<br />

wie<strong>der</strong>gegeben werden. Nach neutestamentlicher Auffassung<br />

besteht die Weltzeit aus e<strong>in</strong>er Folge von Äonen (Aon ist die<br />

Bezeichnung für e<strong>in</strong> bestimmtes heilsgeschichtliches Zeitalter).<br />

Die Ewigkeit rückwärts im S<strong>in</strong>ne von Anfangslosigkeit wird<br />

umschrieben als „von Weltzeiten her“ (Eph. 3, 9; Kol. 1, 26; 1.<br />

Kor. 2, 7), die künftige Ewigkeit als „<strong>in</strong> die Weltalter h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>“ (von<br />

Luther mit „ewiglich“ o<strong>der</strong> „<strong>in</strong> Ewigkeit“ übersetzt: Luk. 1, 33;<br />

Röm.<br />

324


Grundbegriffe von A-Z<br />

1, 25; 2. Kor. 11, 31; Jud. 25) o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>fach als „<strong>in</strong> den kommenden<br />

Zeiten“ (Eph. 2, 7). Das menschliche Dase<strong>in</strong> wird <strong>in</strong> zwei<br />

Phasen dargestellt: <strong>in</strong> <strong>der</strong> gegenwärtigen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> zukünftigen<br />

Weltzeit (Matth. 12, 32; Eph. 1, 21). Die gegenwärtige ist e<strong>in</strong>e<br />

„arge Welt“ (Gal. 1, 4; vgl. Luk. 20, 34, 35), <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Menschen<br />

sterben müssen. Sie währt bis zur Wie<strong>der</strong>kunft Jesu und zum<br />

Gericht, dann beg<strong>in</strong>nt die „zukünftige Weltzeit“. Die Erde selbst<br />

bleibt bestehen, wird aber erneuert werden, so daß alle Spuren<br />

<strong>der</strong> Sünde und des Todes getilgt s<strong>in</strong>d.<br />

Vor Christi Wie<strong>der</strong>kunft wird das ewige Schicksal e<strong>in</strong>es<br />

jeden Menschen entschieden se<strong>in</strong> (Offb. 22, 11. 12). Während<br />

des „Tages des Herrn“ – er beg<strong>in</strong>nt mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft und<br />

endet nach Ablauf <strong>der</strong> Tausend Jahre – wird an allen Ungläubigen<br />

das Gericht vollzogen (Matth. 7, 21-23; 13, 30. 36. 43; 16,<br />

27; 25, 31-46; Apg. 17, 31; Röm. 2, 5. 16; 14, 10; 1. Kor. 3, 12-<br />

15; 2. Kor. 5, 9-11; 1. Kor. 4, 5; 2. Tim. 4, 1; Jud. 15: Offb. 1, 7).<br />

Gottes Auserwählte werden auf <strong>der</strong> Erde gesammelt, um dem<br />

Herrn entgegen-gerückt zu werden (Matth. 24, 31; Mark. 13, 27;<br />

1. Thess. 4, 16. 17). Sie empfangen Unsterblichkeit, werden<br />

verklärt und <strong>in</strong> das Reich <strong>der</strong> Herrlichkeit e<strong>in</strong>gehen, das dann<br />

aufgerichtet wird (1. Kor. 15, 51-55; Matth. 25, 31). Jesu<br />

herzliches Verlangen, daß se<strong>in</strong>e Nachfolger bei ihm seien (Joh.<br />

17, 24), und die Verheißung, daß er wie<strong>der</strong>kommen werde, um<br />

sie zu sich zu holen (Joh. 14, 3), werden dann erfüllt se<strong>in</strong>.<br />

Obwohl niemand den genauen Zeitpunkt <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi weiß, spricht doch die Bibel von Vorboten und Zeichen,<br />

die dessen Nähe anzeigen. E<strong>in</strong> wichtiger H<strong>in</strong>weis auf die nahe<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Jesu besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tatsache, daß die L<strong>in</strong>ien <strong>der</strong><br />

großen Prophezeiungen <strong>der</strong> Bücher Daniel und Offenbarung <strong>in</strong><br />

unserer Zeit ihrer Erfüllung entgegengehen.<br />

In se<strong>in</strong>er Rede auf dem Ölberg (Matth. 24; Mark. 13; Luk.<br />

21, 5 ff) nannte Jesus selbst e<strong>in</strong>e Reihe von Zeichen, an denen<br />

se<strong>in</strong>e Nachfolger erkennen können, wann se<strong>in</strong><br />

325


Grundbegriffe von A-Z<br />

Kommen „nahe vor <strong>der</strong> Tür“ (Matth. 24, 33) ist. In dieser Rede<br />

beantwortete er die Fragen se<strong>in</strong>er Jünger nach <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />

Zerstörung Jerusalems, <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft und nach den Zeichen<br />

für das Ende <strong>der</strong> Welt. Jesus erwähnt diese großen Ereignisse<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Rede und nennt Zeichen für beide. Damit gab er e<strong>in</strong>en<br />

Abriß <strong>der</strong> Ereignisse von se<strong>in</strong>er Zeit an bis h<strong>in</strong> zum Ende <strong>der</strong><br />

menschlichen Geschichte. Am Himmel und auf Erden würden<br />

Zeichen geschehen (Matth. 24, 29.30; Luk. 21, 25-27); beson<strong>der</strong>s<br />

zu beachten sei dabei die Predigt des Evangeliums <strong>in</strong> aller<br />

Welt (Matth. 24, 14; vgl. Offb. 14, 6-14).<br />

Der Apostel Paulus sagte das Auftreten des Antichrist,<br />

des „Menschen <strong>der</strong> Sünde“, vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft (parusia)<br />

voraus (2. Thess. 2, 1-9). Er beschrieb auch die herrschenden<br />

sozialen und religiösen Verhältnisse „<strong>in</strong> den letzten Tagen“ (2.<br />

Tim. 3, 1-5). Der Jakobusbrief weist h<strong>in</strong> auf Spannungen<br />

zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten (Jak. 5, 1-5). Petrus<br />

spricht von Zweiflern, welche „die Verheißung se<strong>in</strong>es Kommens“<br />

ablehnen und damit kennzeichnend für die letzten Tage<br />

s<strong>in</strong>d (2. Petr. 3, 1-6). Der Apostel weist die Weltanschauung <strong>der</strong><br />

Spötter zurück, die da me<strong>in</strong>en, daß alles so bleibe, wie es von<br />

Anfang an gewesen ist. Er macht aufmerksam auf die gewaltigen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen, die durch die Schöpfung und die S<strong>in</strong>tflut<br />

ausgelöst wurden. Für den sche<strong>in</strong>baren Verzug des Gerichtstages<br />

nennt er zwei Gründe:<br />

1. Zeit bedeutet für den ewigen Gott nicht dasselbe wie für uns<br />

(V. 8).<br />

2. Gott hat Geduld und zögert das Gericht h<strong>in</strong>aus, um<br />

Gelegenheit zur Buße zu geben (V. 9). Daß <strong>der</strong> Tag aber<br />

kommt, ist gewiß (V. 10).<br />

Die Offenbarung, das letzte Buch <strong>der</strong> Bibel, spricht ausführlich<br />

von <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Jesu und schließt mit <strong>der</strong> Verheißung:<br />

„Ja, ich komme bald.“ Und die Gläubigen aller Zeiten<br />

antworten mit dem Gebet: „Amen, ja komm, Herr Jesus“ (Offb.<br />

22, 20).<br />

Siehe: Auferstehung, Gnadenzeit, Reich Gottes<br />

326


WUNDER<br />

Grundbegriffe von A-Z<br />

Unter Wun<strong>der</strong>n versteht man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel Geschehnisse, die<br />

durch bekannte Naturgesetze nicht erklärt werden können. Der<br />

Gläubige sieht sie aber auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung von Umständen<br />

o<strong>der</strong> des menschlichen Verhaltens und se<strong>in</strong>er Entscheidungen,<br />

gewirkt durch Gottes Vorsehung, damit das Gute geför<strong>der</strong>t und<br />

dem Bösen E<strong>in</strong>halt geboten wird. E<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong> ist demnach e<strong>in</strong><br />

Ereignis, das den Betrachter mit Überraschung und Staunen<br />

erfüllt, se<strong>in</strong> Wissen, Verstehen und se<strong>in</strong>e Erfahrung übersteigt<br />

und wofür es im begrenzten Raum menschlichen Urteilsvermögens<br />

ke<strong>in</strong>e angemessene Erklärung gibt.<br />

Wun<strong>der</strong> können göttlichen wie auch satanischen Ursprungs<br />

se<strong>in</strong> (Apg. 19, 11. 12; 2. Thess. 2, 9 usw.). Im letzteren<br />

Fall können sie echt, aber auch bloße Täuschung se<strong>in</strong>. Sie<br />

lassen sich nach ihrer Art o<strong>der</strong> ihrem Zweck e<strong>in</strong>ordnen.<br />

Göttliche Wun<strong>der</strong> haben entwe<strong>der</strong> Bedeutung für die ganze<br />

Erde (z. B. die Schöpfung, die Jungfrauengeburt, die Auferstehung,<br />

das zweite Kommen unseres Herrn) o<strong>der</strong> nur für den<br />

e<strong>in</strong>zelnen (z. B. Heilungen und Befreiung aus Gefahr); sie<br />

können auch <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des göttlichen Heilsplanes für die<br />

ganze Welt dienen (z. B. das wie<strong>der</strong>holte E<strong>in</strong>greifen Gottes<br />

zugunsten des Volkes Israel). E<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong> kann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur<br />

des Ereignisses selbst bestehen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er günstigen<br />

Koord<strong>in</strong>ierung des zeitlichen E<strong>in</strong>treffens bestimmter Geschehnisse<br />

im H<strong>in</strong>blick auf an<strong>der</strong>e Ereignisse o<strong>der</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Auswirkung.<br />

Immer aber ist die Kraft, wahrhaft Wun<strong>der</strong> zu wirken, e<strong>in</strong>e<br />

Gabe des Heiligen Geistes (1. Kor. 12, 4. 10. 28). E<strong>in</strong> Mensch<br />

kann sie sich nicht selbst anmaßen o<strong>der</strong> aneignen. Jesus<br />

versprach se<strong>in</strong>en Jüngern, sie würden „größere Wun<strong>der</strong><br />

vollbr<strong>in</strong>gen, als sie ihn hatten tun sehen“ (Joh. 14, 12), nicht<br />

größer nach Kraft und Wert, son<strong>der</strong>n nach Ausdehnung und<br />

Zahl.<br />

Je nach dem Zweck o<strong>der</strong> dem Ergebnis wird e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sprache des Neuen Testaments durch folgende griechische<br />

Worte näher bestimmt:<br />

327


Grundbegriffe von A-Z<br />

1. dynamis, außergewöhnliche Kraft;<br />

2. semeion, „e<strong>in</strong> Zeichen“ (Luk. 23, 8; Joh. 2, 11 usw.).<br />

Mit diesen griechischen Begriffen ist oft das Wort téras<br />

„Wun<strong>der</strong>“ verbunden (Matth. 24, 24; Apg. 2, 22 usw.). E<strong>in</strong> und<br />

dasselbe Wun<strong>der</strong> kann durch se<strong>in</strong>e Wirkung auf die Augenzeugen<br />

e<strong>in</strong>e gewaltige Tat se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Bekundung <strong>der</strong> göttlichen<br />

Macht o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Zeichen <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, daß es dazu bestimmt<br />

war, dem menschlichen Geist die Wahrheit tief e<strong>in</strong>zuprägen.<br />

Die Wun<strong>der</strong> unsers Herrn setzten Kräfte <strong>in</strong> Bewegung, die<br />

dem Menschen völlig unbekannt waren, und führten zu<br />

Ergebnissen, die durch menschliches Wissen nicht erklärt<br />

werden können. Von den 35 berichteten Wun<strong>der</strong>n Jesu waren<br />

23 Heilungswun<strong>der</strong>, durch drei Wun<strong>der</strong> wurden Tote auferweckt,<br />

drei Wun<strong>der</strong> verschafften Nahrung und Getränke, zwei<br />

Wun<strong>der</strong> waren große Fischfänge, die restlichen vier Wun<strong>der</strong><br />

waren die Stillung e<strong>in</strong>es Sturmes, das Gehen auf dem Wasser,<br />

die Verfluchung e<strong>in</strong>es Feigenbaumes und das Beschaffen von<br />

Steuergeld. Diese Wun<strong>der</strong> wirkten <strong>in</strong> das praktische Leben<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und dienten dem Menschen, <strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong>en Mangel<br />

behoben und ihn dazu führten, das Heil <strong>in</strong> Christus zu f<strong>in</strong>den.<br />

Niemals setzte Jesus se<strong>in</strong>e göttliche Kraft e<strong>in</strong>, um bloße<br />

Neugier zu befriedigen, se<strong>in</strong>e Fähigkeiten hervortreten zu<br />

lassen o<strong>der</strong> eigenen Bedürfnissen abzuhelfen. Verschiedentlich<br />

lehnte er es sogar ab, Wun<strong>der</strong> zu tun, weil beim Menschen<br />

nicht die notwendigen Voraussetzungen gegeben waren und<br />

sie nicht se<strong>in</strong>er Heilsabsicht gedient hätten (Matth. 12, 38-39;<br />

vgl. Luk. 23, 8-9; Joh. 6, 30). Von denen, an welchen die<br />

Wun<strong>der</strong> geschahen, for<strong>der</strong>te Jesus Glauben (Matth. 17, 20;<br />

Mark. 9, 23.24; Joh. 4, 48.49), die Bereitschaft, ihr Leben nach<br />

den Grundsätzen des Reiches Gottes zu führen (Joh. 5, 14),<br />

und die Freudigkeit, an<strong>der</strong>n von Gottes Macht und Liebe zu<br />

erzählen (Mark. 5, 19).<br />

Jesu Wun<strong>der</strong> veranschaulichten stets auch e<strong>in</strong>e geistliche<br />

Wahrheit. Der von <strong>der</strong> Lähmung geheilte Mann wurde zuerst<br />

von <strong>der</strong> Sünde geheilt (Mark. 2, 5-11). Der Bl<strong>in</strong>de,<br />

328


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong> beim Teich Siloah Heilung fand, erfreute sich <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

des natürlichen wie auch des geistlichen Sehvermögens<br />

(Joh. 9, 5-7. 35-38). Das Brot, das Jesus an die 5000<br />

austeilte, sollte ihre Gedanken auf das wahre Brot des Lebens<br />

h<strong>in</strong>lenken, das vom Himmel hernie<strong>der</strong>gekommen war (Joh. 6,<br />

26-35). Immer wie<strong>der</strong> wies Jesus auf se<strong>in</strong>e mächtigen Werke<br />

als Beweis se<strong>in</strong>er göttlichen Vollmacht, se<strong>in</strong>es Messiastums<br />

und se<strong>in</strong>er Botschaft (Matth. 11, 20-23; Joh. 5, 36; 10, 25. 32.<br />

37. 38; 14, 10-11). Gleichzeitig versicherte er se<strong>in</strong>e Mitmenschen<br />

<strong>der</strong> Liebe, Zuneigung und Fürsorge des himmlischen<br />

Vaters, <strong>der</strong> ihre leiblichen und geistlichen Bedürfnisse gleicherweise<br />

befriedigen will. So erkannten se<strong>in</strong>e Zeitgenossen, wie<br />

göttliche Kraft <strong>in</strong> ihm und durch ihn wirkte (Luk. 9, 43; 24, 19;<br />

Joh. 3, 2; 6, 14; 9, 16. 33).<br />

Jesus wirkte nie e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, wenn nicht wirklich Not gel<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />

werden mußte. Er bediente sich auch nicht des Wun<strong>der</strong>s,<br />

wenn das Ziel auf natürlichem Wege erreicht werden<br />

konnte. Gott wird niemals se<strong>in</strong>e Wun<strong>der</strong>macht e<strong>in</strong>setzen, wo<br />

Menschen durch ihren Verstand und ihre Fähigkeiten, mit<br />

denen sie Gott ausgerüstet hat, das erreichen können, was<br />

nottut. Er wird auch niemals durch Wun<strong>der</strong> das selbstsüchtige<br />

Verlangen von Menschen befriedigen. Gott erwartet vielmehr,<br />

daß <strong>der</strong> betreffende Mensch se<strong>in</strong>en Mangel fühlt und weiß, daß<br />

nur Gott ihm helfen kann. Er muß fest davon überzeugt se<strong>in</strong>,<br />

daß Gott die Not wenden kann und will, wenn es <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang mit<br />

se<strong>in</strong>em Willen steht. Der Mensch muß auch bereit se<strong>in</strong>, alles<br />

anzunehmen, was Gott <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Weisheit als das Beste für ihn<br />

ansieht. Gott erwartet, daß <strong>der</strong> Mensch mit ihm zusammenarbeitet<br />

und se<strong>in</strong> Leben fortan <strong>in</strong> Obere<strong>in</strong>stimmung mit den<br />

Grundsätzen des Reiches Gottes führt, um dann auch Zeugnis<br />

abzulegen von <strong>der</strong> Liebe und Kraft Gottes.<br />

Wun<strong>der</strong>, beson<strong>der</strong>s die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift berichteten, s<strong>in</strong>d<br />

Gegenstand vieler Erörterungen zwischen Naturwissenschaft<br />

und Theologie geworden. Grundlage für die Naturwissenschaft<br />

ist das mehr o<strong>der</strong> weniger regelmäßige, geordnete<br />

329


Grundbegriffe von A-Z<br />

Geschehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur. Vorgänge dieser Art können beobachtet<br />

und erklärt werden, aber Wun<strong>der</strong> als e<strong>in</strong>malige Ereignisse<br />

trotzen e<strong>in</strong>er systematischen Zerglie<strong>der</strong>ung durch naturwissenschaftliche<br />

Methoden. Die Schöpfung, die S<strong>in</strong>tflut, die Menschwerdung<br />

und Auferstehung Christi s<strong>in</strong>d durch die Naturwissenschaft<br />

nicht zu erklären. Infolgedessen werden sie von denen<br />

abgelehnt, die die Welt von re<strong>in</strong> naturwissenschaftlichem<br />

Gesichtspunkt aus beurteilen.<br />

Da es offenkundig auch vorgetäuschte Wun<strong>der</strong> gibt, wäre<br />

es töricht, alles, was sich als Wun<strong>der</strong> ausgibt, ohne kritische<br />

Untersuchung als solches anzuerkennen o<strong>der</strong> alle Wun<strong>der</strong> „a<br />

priori“ (von vornhere<strong>in</strong>) als unmöglich abzulehnen. E<strong>in</strong> Christ<br />

wird Wun<strong>der</strong> so wie alle an<strong>der</strong>n unbekannten Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

an Hand entsprechen<strong>der</strong> sachlicher Merkmale prüfen und<br />

daraus die notwendigen Schlußfolgerungen ziehen.<br />

Wenn es sich also um das Wun<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er göttlichen Heilung<br />

handelt, sollte e<strong>in</strong> maßgebliches mediz<strong>in</strong>isches Gutachten<br />

vorliegen, das bestätigt, daß e<strong>in</strong> gewisser krankhafter Zustand<br />

vor E<strong>in</strong>tritt des Wun<strong>der</strong>s wirklich vorlag, daß er nun nicht mehr<br />

nachweisbar ist, <strong>der</strong> Wechsel ke<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>n bekannten Ursache<br />

zugeschrieben werden kann und die Heilung nicht menschlichem<br />

Wissen und Geschick zuzurechnen ist. Da bei vielen<br />

mo<strong>der</strong>nen sogenannten Glaubensheiligungen diese Angaben<br />

fehlen und zum an<strong>der</strong>n auch die Grundsätze und Verfahren<br />

jener Glaubensheiler so deutlich von den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift berichteten<br />

Wun<strong>der</strong>heilungen abweichen, können <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> nicht die Echtheit dieser vorgeblichen Wun<strong>der</strong><br />

anerkennen.<br />

Stimmen Leben und Lehre e<strong>in</strong>es menschlichen Werkzeugs<br />

mit dem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schrift dargelegten Willen Gottes nicht<br />

übere<strong>in</strong> und geschah die Heilung auf sensationelle Weise, dann<br />

kann e<strong>in</strong> Christ durchaus annehmen, daß – wenn wirklich e<strong>in</strong>e<br />

übernatürliche Kraft wirkte – sie nicht von Gott kam. An<strong>der</strong>erseits<br />

gibt es verhältnismäßig wenige<br />

330


Grundbegriffe von A-Z<br />

Beispiele, bei denen alle Merkmale e<strong>in</strong>es wahren Wun<strong>der</strong>s<br />

gegeben s<strong>in</strong>d und das Geschehene auch durch verb<strong>in</strong>dliche<br />

Zeugen bestätigt werden kann.<br />

Es sche<strong>in</strong>t, daß die Bibel mehr Wun<strong>der</strong> berichtet, als heute<br />

geschehen. Das hängt zweifellos mit <strong>der</strong> Tatsache zusammen,<br />

daß <strong>in</strong> biblischer Zeit e<strong>in</strong>e größere Notwendigkeit dafür<br />

bestand. Heute befähigt die mediz<strong>in</strong>ische Wissenschaft den<br />

Arzt, <strong>in</strong> zahlreichen Fällen zu helfen, wo es zur Zeit Jesu ke<strong>in</strong>e<br />

Heilmittel gab. In <strong>der</strong> Regel wirkt Gott ke<strong>in</strong>e Wun<strong>der</strong>, wenn<br />

durch natürliche Mittel geholfen werden kann.<br />

Zur Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong> schrieb J. P. Hen<strong>der</strong>son<br />

im „Review and Herald“ vom 5. Juli 1887: „E<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong> ist die<br />

Anwendung e<strong>in</strong>er höheren Kraft, um die Wirkung e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen<br />

Kraft aufzuheben ... Der Schöpfer <strong>der</strong> Welt hat zweifellos die<br />

Kraft, alles Geschaffene <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gewalt zu haben ... Wollten<br />

wir e<strong>in</strong>e größere Kraft, als wir sie haben, bezweifeln, so hieße<br />

das, den Gott des Weltalls mit unseren Fähigkeiten messen zu<br />

wollen.“<br />

Dr. David Paulson vergleicht die außergewöhnliche Wirkung<br />

göttlicher Kraft, wie sie sich im Wun<strong>der</strong> bekundet, mit <strong>der</strong><br />

gleichen Kraft, die sich Tag für Tag <strong>in</strong> unserer Weit bezeugt,<br />

und sagt dann: „Manchmal erklärt man e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong> als e<strong>in</strong><br />

Geschehen, das nicht <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit Naturgesetzen<br />

steht. Aber e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Erklärung ist eher e<strong>in</strong> Ergebnis <strong>der</strong><br />

Unwissenheit als des Wissens ... Wenn wir etwas erleben, was<br />

wir nicht erklären können, nennen wir es Wun<strong>der</strong>, während wir<br />

die Wun<strong>der</strong>, die wir täglich sehen, nur als alltägliche Ereignisse<br />

betrachten. Aber ist das e<strong>in</strong>e nicht ebenso e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong> wie das<br />

an<strong>der</strong>e?“ (a. a. O., 9. April 1901)<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> die Wirklichkeit <strong>der</strong> entsprechend bezeugten<br />

Wun<strong>der</strong> anerkennen. Sie wissen, daß <strong>der</strong> Schöpfer nicht<br />

notwendigerweise an das gebunden ist, was Menschen als<br />

Naturgesetze ansehen, denn das würde e<strong>in</strong>e Beschränkung<br />

se<strong>in</strong>er Allmacht se<strong>in</strong>, wenn nicht gar se<strong>in</strong><br />

331


Grundbegriffe von A-Z<br />

Dase<strong>in</strong> leugnen. Das grundlegende Problem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong><br />

Wun<strong>der</strong> liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorstellung des Menschen von Gott. Wer an<br />

e<strong>in</strong>en allmächtigen persönlichen Gott glaubt, <strong>der</strong> als Schöpfer<br />

wirkte und alles Geschaffene Galle D<strong>in</strong>ge“) erhält, <strong>der</strong> allwissend,<br />

aber auch gut ist, für den wird es ke<strong>in</strong> Problem se<strong>in</strong> zu<br />

glauben, daß Gott die Kräfte <strong>der</strong> Natur, wenn er es für notwendig<br />

erachtet, auch so e<strong>in</strong>setzen kann, daß erreicht wird, was er<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er unbegrenzten Weisheit für das Beste hält.<br />

ZAHL DES TIERES<br />

Als „Zahl des Tieres“ ersche<strong>in</strong>t die geheimnisvolle Zahl 666<br />

o<strong>der</strong> – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen wenigen alten Handschriften – 616 (Offb. 13,<br />

18). Sie wird auch als „e<strong>in</strong>es Menschen Zahl“ und „Zahl se<strong>in</strong>es<br />

Namens“ bezeichnet (Offb. 13, 17. 18; 15, 2). Der Leser, <strong>der</strong><br />

„Verstand hat“, wird e<strong>in</strong>geladen, die „Zahl des Tieres“ zu<br />

„überlegen“ (wirklich „berechnen“), und von den Erlösten wird<br />

gesagt, daß sie „den Sieg behalten über das Tier und se<strong>in</strong> Bild<br />

und über die Zahl se<strong>in</strong>es Namens“.<br />

Adventistische Stellungnahmen<br />

1836 deutete William Miller das erste Tier <strong>in</strong> Offb. 13 als das<br />

heidnische und das zweite Tier als das päpstliche Rom. In <strong>der</strong><br />

„Zahl des Tieres“ sah er e<strong>in</strong>en Zeitraum von 666 Jahren;<br />

während dieser Zeit herrschte das heidnische Rom über das<br />

Volk Gottes, worunter er Juden und Christen verstand. Diese<br />

666 Jahre begannen mit e<strong>in</strong>em mutmaßlichen Pakt <strong>der</strong> Juden<br />

mit Rom im Jahre 158 v. Chr. (vgl. 1. Makk. 8, 23 ff.) und<br />

währten bis 508 n. Chr., als nach Millers (unbewiesener)<br />

Annahme mit <strong>der</strong> Bekehrung des letzten <strong>der</strong> zehn Königreiche<br />

auf dem Gebiet des früheren römischen Reiches „das Heidentum<br />

aufhörte“.<br />

Diese Auffassung sche<strong>in</strong>t jedoch die prophetische Auslegung<br />

<strong>der</strong> sabbathaltenden <strong>Adventisten</strong> kaum bee<strong>in</strong>flußt zu<br />

haben, da diese schon sehr früh die „Zahl des Tieres“<br />

332


Grundbegriffe von A-Z<br />

nicht auf das erste, son<strong>der</strong>n auf das zweite zweihörnige Tier <strong>in</strong><br />

Offb. 13 bezogen. Zu diesem Schluß kam James White 1847<br />

und schrieb über das zweite Tier: „Diese letzte Macht, welche<br />

die Heiligen unterdrückt, wird uns <strong>in</strong> Offb. 13, 11-18 vor Augen<br />

geführt. Ihre Zahl ist 666.“ Die gleiche Me<strong>in</strong>ung teilte Bates, <strong>der</strong><br />

ebenso das zweite Tier <strong>in</strong> Offb. 13 mit <strong>der</strong> Zahl 666 <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

brachte. Denselben Zusammenhang sah 1850<br />

George W. Holt, <strong>der</strong> dieses Tier auch als „protestantisch und<br />

republikanisch“ deutete. (Present Truth, März 1850)<br />

1850 brachte Otis Nichols e<strong>in</strong>e prophetische Karte heraus,<br />

auf <strong>der</strong> die zwei Hörner des zweiten Tieres als „papistisch<br />

und protestantisch“ bezeichnet wurden und „dessen Name die<br />

Zahl 666 enthält“. (Froom IV, 1074) Vor Verbreitung dieser<br />

Karte wurde offensichtlich die berichtigte Bezeichnung „Republikanismus<br />

und Protestantismus“ über diese beiden Hörner<br />

geklebt. Das Ziel dieser Auslegung versuchte J. N. Andrews im<br />

darauffolgenden Jahr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel im „Review and Herald“<br />

deutlich zu machen. Die beiden Hörner des Tieres setzte er mit<br />

<strong>der</strong> „republikanischen bürgerlichen Gewalt“ und <strong>der</strong> „protestantischen<br />

kirchlichen Macht“ gleich und deutete das Tier selbst<br />

auf die Vere<strong>in</strong>igten Staaten. Er wandte die Zahl 666 auf dieses<br />

Tier an und me<strong>in</strong>te: „Die protestantische Kirche als ganzes<br />

kann als E<strong>in</strong>heit aufgefaßt werden; aber wie nahe die Zahl <strong>der</strong><br />

verschiedenen Sekten an 666 herankommt, mag <strong>in</strong>teressant<br />

se<strong>in</strong> zu ermitteln.“ (Review and Herald, 19. Mai 1851)<br />

Im Gegensatz dazu vertrat J. M. Stephenson 1853 die<br />

Auffassung, daß sich die Zahl 666 auf das erste Tier beziehe.<br />

Auf Grund von Offb. 15, 2 gehörten Zahl, Zeichen und Bild zu<br />

demselben Tier. Er lehnte es ab, die Zahl mit Hilfe <strong>der</strong> aus dem<br />

Altertum stammenden Methode zu deuten, nach <strong>der</strong> Zahlenwerte<br />

mit Buchstaben gleichzusetzen s<strong>in</strong>d, weil es die Zahl e<strong>in</strong>es<br />

bestimmten Menschen sei. Bei <strong>der</strong>artigem Rechnen könnte die<br />

Zahl auf verschiedene Menschen zutreffen. Sie bezog sich aber<br />

nach se<strong>in</strong>er Ansicht<br />

333


Grundbegriffe von A-Z<br />

auf den „Menschen <strong>der</strong> Sünde“, den er mit <strong>der</strong> „päpstlichen<br />

antichristlichen Kirche“ gleichsetzte. Er schrieb: „Wir können die<br />

Herkunft je<strong>der</strong> protestantischen Kirche auf die Mutter <strong>der</strong><br />

Hurerei (Offb. 17, 5) zurückführen ... Die Spaltungen des<br />

Protestantismus haben sich laut <strong>der</strong> „Encyclopedia of Religious<br />

Knowledge“ so lange fortgesetzt, bis sie heute etwa 666<br />

erreicht haben.“ (Review and Herald, 29. November 1853)<br />

1855 schrieb Andrews erneut über die Zahl 666. Er bezog<br />

sie noch immer auf das zweite Tier. Dieses Tier, so argumentierte<br />

er, seien die Vere<strong>in</strong>igten Staaten. Das „Bild des Tieres“<br />

(Offb. 13, 15) deutete er auf «abgefallene religiöse Körperschaften“:<br />

„Es sche<strong>in</strong>t, daß das Bild dadurch aufgerichtet wird,<br />

daß es von verschiedenen Gruppen bestätigt wird, die diese<br />

gotteslästerlichen Ansprüche des Tieres anerkennen ... In<br />

diesem S<strong>in</strong>n verstehen wir die Zahl des Tieres.“ (Review and<br />

Herald, 3. April 1855)<br />

1866 jedoch schlug Uriah Smith e<strong>in</strong>e völlig neue Auslegung<br />

vor. Wie Stephenson bezog er die Zahl 666 auf das erste<br />

Tier, <strong>in</strong> dem er e<strong>in</strong> Symbol des Papsttums sah. Der „Name“, für<br />

den die Zahl stehe, sei <strong>der</strong> late<strong>in</strong>ische Titel „Vicarius Filii Dei“<br />

(Stellvertreter des Sohnes Gottes), dessen Zahlenwert 666 sei.<br />

Wenn diese Bezeichnung auch nicht zum offiziellen Papsttitel<br />

gehört, entspricht sie doch den üblichen Papstbezeichnungen.<br />

Sie kommt zum erstenmal <strong>in</strong> <strong>der</strong> gefälschten Konstant<strong>in</strong>ischen<br />

Schenkung vor (e<strong>in</strong>er Urkunde aus dem Jahr 760). Schon<br />

Andreas Helwig (1572-1643) sah <strong>in</strong> diesem Titel den „Namen“,<br />

auf den die „Zahl des Tieres“ geheimnisvoll h<strong>in</strong>deutet. Smith<br />

schrieb: „Der Name, <strong>der</strong> bisher am überzeugendsten als die<br />

Zahl des Tieres enthaltend vorgeschlagen wurde, ist <strong>der</strong><br />

gotteslästerliche Titel, den <strong>der</strong> Papst auf sich anwendet.<br />

(Review and Herald, 20. November 1866)<br />

In dem Neudruck se<strong>in</strong>es Buches. „Die drei Engel <strong>der</strong> Offenbarung“<br />

1877 bekannte sich auch Andrews zu dieser<br />

Auffassung. Smith hielt fest an se<strong>in</strong>er Auslegung <strong>in</strong> den<br />

verschiedenen Auflagen se<strong>in</strong>es Buches „Gedanken über<br />

334


Grundbegriffe von A-Z<br />

Daniel und die Offenbarung“ (Thoughts an Daniel and the<br />

Revelation). Durch dieses Buch fand se<strong>in</strong>e Auffassung unter<br />

den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> weite Verbreitung. Es gibt<br />

jedoch ke<strong>in</strong>en Beweis dafür, daß die Worte des Titels „Vicarius<br />

Filii Dei“ je <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Papstkrone standen. (vgl. C. C. V<strong>in</strong>eyard,<br />

„The Papal Tiara“, unveröffentlichte Magisterarbeit des S. D. A.<br />

Theological Sem<strong>in</strong>ary 1951) Obwohl E. G. White an ke<strong>in</strong>er<br />

Stelle über die Auslegung <strong>der</strong> Zahl 666 geschrieben hat, lehrte<br />

sie e<strong>in</strong>deutig, daß sich diese Zahl auf das erste Tier <strong>in</strong> Offb. 13<br />

bezieht, welches das Papsttum vers<strong>in</strong>nbildet. (GK 445, 446)<br />

Neues Testament und frühe Kirche<br />

Das Zusammenstellen bestimmter Buchstaben entsprechend<br />

ihrem Zahlenwert zu e<strong>in</strong>em Namen o<strong>der</strong> Wort, wie es am<br />

Beispiel von „Vicarius Filii Dei“ veranschaulicht wurde, ist e<strong>in</strong><br />

alter Brauch, den man Gematrie nennt. Er war sowohl im<br />

Late<strong>in</strong>ischen wie auch im Griechischen und Hebräischen<br />

möglich, da <strong>in</strong> diesen Sprachen die Buchstaben e<strong>in</strong>en Zahlenwert<br />

besitzen. Beim Griechischen und Hebräischen haben die<br />

Buchstaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Reihenfolge des Alphabets e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Zahlenwert, angefangen von den E<strong>in</strong>ern über die Zehner zu<br />

den Hun<strong>der</strong>tern. Auf diese Weise konnte je<strong>der</strong> Name durch<br />

e<strong>in</strong>e Zahl wie<strong>der</strong>gegeben werden. Dafür bieten antike Schriftstücke<br />

und Inschriften zahlreiche Beweise. In Pompeji fand man<br />

aus <strong>der</strong> Zeit vor 79 n. Chr. zwei Beispiele. In dem e<strong>in</strong>en Fall<br />

sagte e<strong>in</strong> Mann von se<strong>in</strong>er Geliebten: „Die Zahl ihres ehrenwerten<br />

Namens ist 45.“ In e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>n Fall erklärte <strong>der</strong> Schreiber:<br />

„Ich liebe die, <strong>der</strong>en Zahl 545 ist.“ E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvolles Beispiel<br />

für Gematrie <strong>in</strong> <strong>der</strong> rabb<strong>in</strong>ischen Literatur f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> dem<br />

Midrasch zu 3. Mose 16. 3 ff.: „E<strong>in</strong> Sonnenjahr hat 365 Tage.<br />

Der Zahlenwert des Wortes hassatan (<strong>der</strong> Satan) ist 364. Das<br />

ist e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis darauf, daß <strong>der</strong> Satan an allen Tagen des<br />

Jahres außer am Versöhnungstag se<strong>in</strong>e Anklagen vorbr<strong>in</strong>gt.“<br />

Der aus <strong>der</strong> ersten Hälfte des zweiten christlichen Jahrhun-<br />

335


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong>ts stammende Barnabasbrief br<strong>in</strong>gt die Zahl <strong>der</strong> 318<br />

Knechte Abrahams (1. Mose 14, 14) <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem<br />

Kreuz Christi. Diese Beispiele zeigen, daß die Gematrie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Alten Welt sehr verbreitet war.<br />

Schon sehr früh sche<strong>in</strong>en die Christen die „Zahl des Tieres“<br />

im S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Gematrie verstanden zu haben. Der früheste<br />

Beweis stammt von Irenäus von Lyon (um 180), <strong>der</strong> sich mit<br />

diesem Gegenstand ausführlich beschäftigte und verschiedene<br />

Bedeutungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zahl 666 sah. Irenäus kam zu dem Schluß,<br />

daß <strong>der</strong> S<strong>in</strong>n dieser Zahl nicht mehr mit Sicherheit festgestellt<br />

werden könne, obwohl er überzeugt war, daß sie sich auf den<br />

Antichrist bezieht. Bibelausleger im Altertum und Mittelalter<br />

haben verschiedene Begriffe und Wendungen vorgeschlagen,<br />

die aber ke<strong>in</strong>eswegs mehr Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für sich haben,<br />

wenngleich sie zu ihrer Zeit sehr aktuell waren.<br />

Bereits zur Zeit des Irenäus, noch ehe e<strong>in</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

nach <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schrift <strong>der</strong> Offenbarung vergangen war, wurde<br />

die Frage erörtert, ob die Zahl 666 o<strong>der</strong> 616 heiße. Irenäus<br />

sagte, die Zahl 666 fände sich „<strong>in</strong> den zuverlässigsten und<br />

ältesten Handschriften“ und sei von denen bestätigt worden, die<br />

Johannes noch persönlich gekannt hätten. Die Zahl 616 f<strong>in</strong>det<br />

sich zum Beispiel <strong>in</strong> dem Codex Ephraemi (C) aus dem fünften<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t. Zugunsten <strong>der</strong> Echtheit <strong>der</strong> Zahl 666 kann gesagt<br />

werden, daß die ältesten Handschriften und die überwiegende<br />

Mehrheit aller Textgruppen diese Zahl enthalten.<br />

Siehe: Offenbarung, Auslegung des Buches<br />

ZEHNTER<br />

Unter dem Zehnten verstehen wir e<strong>in</strong> Zehntel des E<strong>in</strong>kommens,<br />

das von Gott gefor<strong>der</strong>t wird als e<strong>in</strong> Zeichen dafür, daß wir ihn<br />

als Eigentümer aller D<strong>in</strong>ge anerkennen. Der Zehnte ist für den<br />

Gläubigen e<strong>in</strong> Mittel, sich <strong>in</strong> treuer Haushalterschaft zu üben.<br />

„Gedenke an den Herrn, de<strong>in</strong>en Gott; denn er ist’s, <strong>der</strong> dir<br />

Kräfte gibt, Reichtum zu<br />

336


Grundbegriffe von A-Z<br />

gew<strong>in</strong>nen“ (5. Mose 8, 18). „Ehre den Herrn mit de<strong>in</strong>em Gut und<br />

mit den Erstl<strong>in</strong>gen all de<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>kommens“ (Spr. 3, 9). „Alle<br />

Zehnten ... gehören dem Herrn“ (3. Mose 27, 30).<br />

Von den Israeliten <strong>in</strong> biblischer Zeit wurde für die Unterstützung<br />

des Werkes Gottes mehr an Gaben erwartet als nur<br />

e<strong>in</strong> Zehntel ihres E<strong>in</strong>kommens, wenn auch genaue E<strong>in</strong>zelheiten<br />

darüber nicht bekannt s<strong>in</strong>d. Der <strong>in</strong> 3. Mose 27, 30 erwähnte<br />

Zehnte wurde manchmal „erster Zehnter“ genannt. Se<strong>in</strong>e<br />

Verwendung für die Priesterschaft und das Heiligtum wird <strong>in</strong> 4.<br />

Mose 18, 21 erläutert. E<strong>in</strong> zweiter Zehnter (vgl. 5. Mose 12, 17.<br />

18; 14, 22-27) war bestimmt, um die zahlreichen Feste des<br />

Volkes zu bestreiten, durch die das religiöse Leben und die<br />

nationale E<strong>in</strong>heit gefestigt werden sollten. In jedem dritten Jahr<br />

wurde dieser Zehnte zugunsten von Fremdl<strong>in</strong>gen, Waisen,<br />

Witwen und <strong>der</strong> am Ort wohnenden Leviten e<strong>in</strong>behalten (5.<br />

Mose 14, 28.29). Wie <strong>in</strong> alter Zeit <strong>der</strong> Zehnte zum Unterhalt <strong>der</strong><br />

Priesterschaft und des Heiligtums bestimmt war, so wird heute<br />

<strong>der</strong> Zehnte unter den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> zum<br />

Unterhalt <strong>der</strong> Prediger verwendet, damit sie ihre Aufgaben <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Evangeliumsverkündigung erfüllen können (4. Mose 18, 21;<br />

1. Kor. 9, 14; 1. Tim. 5, 18). Die Entrichtung des Zehnten wird <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Bibel erstmals von Abraham erwähnt (1. Mose 14, 17-20;<br />

Hebr. 7, 1.2). Von Jakob wird berichtet, daß er e<strong>in</strong> Gelübde<br />

ablegte, den Zehnten zu geben (1. Mose 28, 20-22). Als die<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> im Jahr 1879 die Zehntenordnung<br />

übernahmen, g<strong>in</strong>gen sie von <strong>der</strong> Überzeugung aus, daß <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

3. Mose 27, 30 und Mal. 3, 8-10 nie<strong>der</strong>gelegte alttestamentliche<br />

Grundsatz nach dem Wort unseres Herrn auch auf Christen zu<br />

übertragen ist: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr<br />

Heuchler, die ihr verzehntet M<strong>in</strong>ze, Dill und Kümmel und lasset<br />

dah<strong>in</strong>ten das Wichtigste im Gesetz, nämlich das Recht, die<br />

Barmherzigkeit und den Glauben! Dies sollte man tun und jenes<br />

nicht lassen“ (Matth. 23, 23).<br />

Der Zehnte wird vom E<strong>in</strong>kommen o<strong>der</strong> – wie die Bibel<br />

sagt<br />

337


Grundbegriffe von A-Z<br />

– vom „Ertrag“ berechnet. E<strong>in</strong> Beschäftigter entrichtet den<br />

Zehnten vom vollen Lohn o<strong>der</strong> Gehalt. Ist jemand selbstständig<br />

o<strong>der</strong> hat er e<strong>in</strong> Geschäft, dann wird <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>n verzehntet –<br />

jener Betrag also, <strong>der</strong> nach Abzug <strong>der</strong> Unkosten, die zur<br />

Erlangung des Gew<strong>in</strong>ns notwendig waren, übrigbleibt. Die<br />

Anerkennung des Zehnten als biblische Verpflichtung ist e<strong>in</strong>e<br />

Voraussetzung für die Aufnahme <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong><br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. Wenn e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>deglied aufhört,<br />

den Zehnten zu geben, wird es vom Prediger o<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deältesten<br />

ermutigt, dieser Verpflichtung wie<strong>der</strong> treu nachzukommen.<br />

Wird auch weiterh<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Zehnter entrichtet, so wird das<br />

nicht als e<strong>in</strong> Grund zum Ausschluß angesehen. Das Glied kann<br />

aber, wenn es weiterh<strong>in</strong> säumig bleibt, nicht mit Verantwortung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de betraut werden.<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> werden aufgerufen, neben<br />

dem Zehnten noch weitere freiwillige Gaben zu geben, die <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> weltweiten Evangeliumsverkündigung dienen,<br />

<strong>der</strong> Begleichung von Ausgaben <strong>der</strong> örtlichen Geme<strong>in</strong>de, <strong>der</strong><br />

Fürsorge für Bedürftige und <strong>der</strong> Unterstützung an<strong>der</strong>er Zweige<br />

des Werkes Gottes.<br />

Als sich zwischen 1850 und 1860 die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> zum ersten Mal mit <strong>der</strong> Zehntenordnung befaßten,<br />

war es ihr Hauptziel, die Arbeit <strong>der</strong> Prediger zu unterstützen.<br />

Die zur Verfügung stehenden Mittel wurden zunächst auch für<br />

an<strong>der</strong>e Zwecke verwandt, bis man schließlich (1876-1879) im<br />

Zehnten nicht nur e<strong>in</strong>e Bezeichnung für angemessene freiwillige<br />

Opfergaben sah, son<strong>der</strong>n ihn wirklich als zehnten Teil des<br />

E<strong>in</strong>kommens verstand.<br />

1863 wurde von <strong>der</strong> Generalkonferenz e<strong>in</strong> Verfassungsmodell<br />

für die Vere<strong>in</strong>igungen ausgearbeitet. Inzwischen war es<br />

fester Brauch geworden, den größten Teil <strong>der</strong> vorhandenen<br />

Mittel zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Evangeliumsverkündigung e<strong>in</strong>zusetzen,<br />

und so erhielten die Vere<strong>in</strong>igungen e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle<br />

Grundlage. Die Generalkonferenz wurde anfangs durch<br />

gelegentliche Zuwendungen von den Vere<strong>in</strong>igungen f<strong>in</strong>anziert.<br />

1878 wurde den Vere<strong>in</strong>igungen<br />

338


Grundbegriffe von A-Z<br />

vom Ausschuß <strong>der</strong> Generalkonferenz empfohlen, e<strong>in</strong> Zehntel<br />

ihrer E<strong>in</strong>nahmen an die Generalkonferenz abzuführen. Als 1901<br />

die Verbände organisiert wurden (<strong>in</strong> denen jeweils mehrere<br />

Vere<strong>in</strong>igungen zusammengefaßt s<strong>in</strong>d), entrichteten die<br />

Vere<strong>in</strong>igungen e<strong>in</strong> Zehntel ihrer E<strong>in</strong>nahmen an den Verband<br />

und <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong> Zehntel an die Generalkonferenz.<br />

In den Richtl<strong>in</strong>ien <strong>der</strong> Generalkonferenz heißt es: „Der<br />

Zehnte soll heilig gehalten werden für das Werk des Predigtamtes<br />

und <strong>der</strong> Bibelunterweisung, e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Aufrechterhaltung<br />

<strong>der</strong> Verwaltungsarbeit <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fürsorge für<br />

die Geme<strong>in</strong>den und <strong>der</strong> notwendigen Erfor<strong>der</strong>nisse für die<br />

Evangeliumsverkündigung. Der Zehnte soll nicht für an<strong>der</strong>e<br />

Belange, wie etwa die Abtragung von Schulden für Kapellen<br />

o<strong>der</strong> Anstalten o<strong>der</strong> für Bauvorhaben verwandt werden.“<br />

(Work<strong>in</strong>g Policy, 1964)<br />

Seit über e<strong>in</strong>em Jahrhun<strong>der</strong>t bildet <strong>der</strong> Zehnte die Grundlage<br />

<strong>der</strong> adventistischen Opferwilligkeit. Man schätzt, daß mehr<br />

als zwei Drittel aller Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> ihrer Haushalterschaft<br />

vor Gott treu ihren Zehnten entrichten und darüber h<strong>in</strong>aus<br />

freiwillige Gaben opfern. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> stehen im<br />

Vergleich zu an<strong>der</strong>en Kirchen <strong>in</strong> ihrer freiwilligen Opferbereitschaft<br />

– gemessen an <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> pro Kopf aufgebrachten<br />

f<strong>in</strong>anziellen Beiträge – an <strong>der</strong> Spitze. Im Jahr 1972 betrug das<br />

Gesamtaufkommen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft an Zehnten und Gaben<br />

umgerechnet etwa 500 Millionen Mark. Das ermöglichte <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaft, die Mittel entsprechend den Erfor<strong>der</strong>nissen<br />

e<strong>in</strong>zusetzen und die Evangeliumsverkündigung weiter voranzutreiben.<br />

ZWEITAUSENDDREIHUNDERT TAGE<br />

Der Ausdruck „2300 Tage“ o<strong>der</strong> wörtlich „2300 Abende und<br />

Morgen“ ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> Dan. 8, 14. Entsprechend <strong>der</strong> biblischen<br />

Regel, bei prophetischer Auslegung e<strong>in</strong>en Tag gleich e<strong>in</strong>em<br />

Jahr zu setzen (vgl. 4. Mose 14, 34; Hes. 4,<br />

339


Grundbegriffe von A-Z<br />

4-6), s<strong>in</strong>d das 2300 wirkliche Jahre. Sie stellen e<strong>in</strong>en Zeitraum<br />

dar, an dessen Ende laut Dan. 8, 8-14 das Heiligtum geweiht<br />

bzw. gere<strong>in</strong>igt werden soll. <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> gehen<br />

davon aus, daß die 70 Wochen (490 wirkliche Jahre) von Dan.<br />

9, 24-27 e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> 2300 Jahre, also von ihnen abgeschnitten<br />

s<strong>in</strong>d und daß beide prophetischen Zeitketten mit dem Zeitpunkt<br />

beg<strong>in</strong>nen, „als das Wort erg<strong>in</strong>g, Jerusalem werde wie<strong>der</strong><br />

aufgebaut“ (V. 25). Drei solcher Befehle wurden erlassen, die<br />

von den persischen Königen Kores, Darius bzw. Arthahsastha<br />

stammen (Esra 6, 14). Da den ersten beiden Befehlen nur e<strong>in</strong><br />

teilweiser Erfolg beschieden war – das geht schon aus <strong>der</strong><br />

Tatsache hervor, daß e<strong>in</strong> zweiter und später e<strong>in</strong> dritter Befehl<br />

notwendig waren –, muß es <strong>der</strong> dritte, von Arthahsastha<br />

stammende Erlaß aus se<strong>in</strong>em siebenten Regierungsjahr (Esra<br />

7, 7; 6, 14) se<strong>in</strong>, auf den sich Dan. 9, 25 bezieht. Setzt man<br />

dafür das Jahr 457 v. Chr. an, dann reichen die 2300 Jahre bis<br />

<strong>in</strong> das Jahr 1844. Viele Bibelausleger, e<strong>in</strong>schließlich William<br />

Miller und späterer <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>, haben <strong>in</strong><br />

diesem Zeitpunkt die Erfüllung von Dan. 8, 14 gesehen.<br />

Geschichte <strong>der</strong> Auslegung<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> haben die Auffassung, daß die <strong>in</strong><br />

Dan. 8, 14 erwähnten 2300 Tage als ebensoviele Jahre<br />

anzusehen s<strong>in</strong>d, unmittelbar von <strong>der</strong> Millerbewegung und<br />

<strong>in</strong>direkt von früheren Auslegern des prophetischen Wortes<br />

übernommen, die das biblische Pr<strong>in</strong>zip anwandten, e<strong>in</strong>en Tag<br />

für e<strong>in</strong> Jahr zu setzen. An<strong>der</strong>e Ausleger haben diese Zeitspanne<br />

als buchstäbliche „2300 Abende und Morgen“ <strong>der</strong> Entweihung<br />

e<strong>in</strong>es wirklichen jüdischen Tempels aufgefaßt, sei es<br />

durch Antiochus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit o<strong>der</strong> durch die Person<br />

e<strong>in</strong>es Antichrist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft.<br />

Viele Ausleger des prophetischen Wortes <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Län<strong>der</strong>n hatten schon vor William Miller die 2300 Tage als<br />

Jahre verstanden, die mit den 70 Wochen e<strong>in</strong>en ge-<br />

340


Grundbegriffe von A-Z<br />

me<strong>in</strong>samen Beg<strong>in</strong>n haben. Nicht wenige von ihnen kamen<br />

dabei <strong>der</strong> Zeitberechnung Millers sehr nahe.<br />

Schon 1768 schrieb <strong>der</strong> reformierte Pfarrer Johann Petri<br />

aus <strong>der</strong> Nähe von Frankfurt/Ma<strong>in</strong>, daß die 2300 Tage o<strong>der</strong><br />

Jahre und die 70 Wochen (490 Jahre) e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen<br />

Beg<strong>in</strong>n hätten. Er zählte die 2300 Jahre von 453 v. Chr. bis<br />

1847 n. Chr. Die Kreuzigung setzte er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 70.<br />

Woche an und die Wie<strong>der</strong>kunft – mit <strong>der</strong> die Tausend Jahre<br />

e<strong>in</strong>geleitet werden – am Ende <strong>der</strong> 2300 Tage. E<strong>in</strong> halbes<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t später und noch darüber h<strong>in</strong>aus haben viele<br />

Ausleger diesen Zeitraum <strong>in</strong> ähnlicher Weise bestimmt;<br />

entwe<strong>der</strong> von 457 v. Chr. bis 1843 o<strong>der</strong> 1844 o<strong>der</strong> 453 v. Chr.<br />

bis 1847; e<strong>in</strong>ige g<strong>in</strong>gen von noch an<strong>der</strong>n Ansatzpunkten aus<br />

und kamen <strong>in</strong> die Jahre 1866 o<strong>der</strong> 1867.<br />

L. E. Froom zählt im vierten Band se<strong>in</strong>es Werkes „The<br />

Prophetic Faith of Our Fathers“ für den Zeitraum von 1810 bis<br />

1844 etwa 35 Ausleger auf (die meisten aus England, aber<br />

auch e<strong>in</strong>ige aus Schottland, Irland, Deutschland und den<br />

Vere<strong>in</strong>igten Staaten), nach <strong>der</strong>en Berechnung die 2300 Tage<br />

1843 o<strong>der</strong> 1844 endeten; 25 kamen auf das Jahr 1847 (<strong>in</strong><br />

England, Deutschland, Indien, Kanada, den Vere<strong>in</strong>igten<br />

Staaten und Mexiko). Nicht alle von ihnen nahmen für die 70<br />

Wochen und die 2300 Tage e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Ausgangspunkt<br />

an. E<strong>in</strong>e Anzahl von denen, die die 2300 Jahre <strong>in</strong> den<br />

Jahren um 1840 enden ließen, waren <strong>der</strong> Auffassung, daß<br />

an<strong>der</strong>e Zeitperioden, wie die <strong>der</strong> 1290 und 1335 Jahre (Dan.<br />

12, 11. 12), über die 2300 Jahre h<strong>in</strong>ausgehen, und kamen <strong>in</strong><br />

die Jahre 1877 und 1922. Die überwiegende Mehrheit g<strong>in</strong>g<br />

jedoch davon aus, daß die 2300 Jahre um 1840 enden würden.<br />

Die meisten Ausleger kamen zu diesem Ergebnis auf Grund <strong>der</strong><br />

Überzeugung, daß die 70 Wochen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit Christi ihr Ende<br />

fanden.<br />

William Miller erwartete die Wie<strong>der</strong>kunft Christi im Jahr<br />

1843. Darauf kam er durch die Errechnung <strong>der</strong> 2300 Jahre. Er<br />

g<strong>in</strong>g dabei von <strong>der</strong> ihm zweifelsfrei ersche<strong>in</strong>enden An-<br />

341


Grundbegriffe von A-Z<br />

nahme aus, daß im Jahre 33 n. Chr. die 70 Wochen, <strong>in</strong> denen<br />

er die ersten 490 Jahre des Zeitraums von 2300 Jahren sah,<br />

endeten. (Das Kreuzigungsdatum 33 n. Chr. entnahm er <strong>der</strong><br />

englischen K<strong>in</strong>g-James Bibel.) Er folgerte, daß die verbleibende<br />

Zeitspanne von 1810 Jahren (2300 - 490 = 1810) über dieses<br />

Datum h<strong>in</strong>ausreichen müsse, das hieße also: 33 n. Chr. + 1810<br />

Jahre = 1843. Ähnlich rechnete er den Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 70 Wochen<br />

von 33 n. Chr. aus rückwärts und kam auf das Ausgangsjahr<br />

457 v. Chr. (490 - 33 = 457). Ferner fand er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erläuterung<br />

zu Esra 7 die Jahreszahl 457 v. Chr. angegeben, als das Jahr,<br />

<strong>in</strong> dem Esra auf Grund des Befehls aus dem siebenten Jahr<br />

des Arthahsastha nach Jerusalem zurückkehrte, um das<br />

jüdische Staatswesen unter jüdischem Gesetz wie<strong>der</strong> aufzurichten.<br />

Diesen Befehl setzte er gleich mit dem Befehl, daß<br />

Jerusalem wie<strong>der</strong> aufgebaut werden solle (Dan. 9, 25), von<br />

dem aus die 70 Wochen zu zählen seien. Nach se<strong>in</strong>em<br />

Verständnis ergaben die 457 Jahre vor Christus und die 1843<br />

Jahre nach Christus die Zeitspanne von 2300 Jahren.<br />

Millers Berechnung (457 + 1843 = 2300) läßt ebenso wie<br />

die von Johann Petri (453 + 1847 = 2300) e<strong>in</strong>e Differenz von<br />

e<strong>in</strong>em Jahr außer acht, die sich aus dem Wechsel <strong>der</strong> Zeitrechnung<br />

von v. Chr. auf n. Chr. ergibt. E<strong>in</strong>ige Mitarbeiter Millers<br />

haben diesen Irrtum später berichtigt.<br />

Ereignisse am Ende <strong>der</strong> 2300 Jahre<br />

Über den Ausgangspunkt – den Befehl im siebenten Jahr des<br />

Arthahsastha – gab es verhältnismäßig wenig Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten.<br />

Aber es bestanden unter den Auslegern sehr<br />

unterschiedliche Ansichten darüber, was unter <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung<br />

des Heiligtums zu verstehen sei, die am Ende <strong>der</strong> 2300 Jahre<br />

stattf<strong>in</strong>den sollte. Dieses Ereignis war auch von den Vorgängern<br />

Millers unterschiedlich gedeutet worden, so als Re<strong>in</strong>igung<br />

<strong>der</strong> Kirche, Befreiung Paläst<strong>in</strong>as von den Moslems, Ende des<br />

Papsttums o<strong>der</strong> des Islam, Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Tausendjährigen<br />

Reiches, Wie-<br />

342


Grundbegriffe von A-Z<br />

<strong>der</strong>herstellung wahrer Anbetung o<strong>der</strong> – vere<strong>in</strong>zelt – als<br />

Wie<strong>der</strong>kunft Christi zur Aufrichtung se<strong>in</strong>es Reiches auf Erden.<br />

Petri erwartete beispielsweise zunächst das Aufhören des<br />

„Greuels <strong>der</strong> Verwüstung“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche, später erst das<br />

Kommen Christi mit <strong>der</strong> Errichtung se<strong>in</strong>es Reiches und den<br />

Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Tausend Jahre am Ende <strong>der</strong> 2300 Jahre. Miller<br />

verstand unter <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums die Re<strong>in</strong>igung des<br />

Tempels, <strong>der</strong> sich aus lebendigen Bauste<strong>in</strong>en zusammensetzt<br />

(vgl. 1. Petr. 2, 4.5) – also des Volkes Gottes – durch die erste<br />

Auferstehung bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft. Später schloß er die<br />

Re<strong>in</strong>igung Paläst<strong>in</strong>as (als Ort des göttlichen Heiligtums) und die<br />

<strong>der</strong> ganzen Welt im Feuer des Jüngsten Gerichts e<strong>in</strong>. Diese<br />

Re<strong>in</strong>igung durch Feuer, so me<strong>in</strong>te er, würde die letzten Spuren<br />

<strong>der</strong> Sünde austilgen und die Erde zubereiten für die Errichtung<br />

des Gottesreiches, das nicht nur tausend Jahre, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> alle<br />

Ewigkeit währen würde.<br />

Millers Auffassung unterschied sich von <strong>der</strong> aller an<strong>der</strong>n,<br />

<strong>in</strong>dem er das Ende <strong>der</strong> 2300 Tage mit dem Ende <strong>der</strong> Gnadenzeit,<br />

dem Ende dieser Welt mit ihren sterblichen sündigen<br />

Bewohnern und dem Anbruch des ewigen Reiches <strong>der</strong> verherrlichten<br />

Heiligen auf e<strong>in</strong>er erneuerten Erde gleichsetzte.<br />

Korrekturen zu Millers Auffassung<br />

Miller hatte se<strong>in</strong>e Zeitangabe „um 1843“ mit dem „jüdischen<br />

Jahr 1843“ begründet, das sich nach se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung von <strong>der</strong><br />

Tag-und-Nacht-Gleiche am 21. März 1843 bis zur Tag-und-<br />

Nacht-Gleiche am 21. März 1844 erstreckte. Aber schon 1843<br />

begannen e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er Mitarbeiter, beson<strong>der</strong>s Haie, Bliss, Litch<br />

und an<strong>der</strong>e, das „jüdische Jahr 1843“ nach dem jüdischen<br />

Mondkalen<strong>der</strong> zu berechnen. Sie kamen auf den Neumond des<br />

April 1844 und somit auf e<strong>in</strong>en Monat später als <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne<br />

jüdische Kalen<strong>der</strong>. Darauf g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> vermutlich von S. Bliss<br />

geschriebener Beitrag <strong>in</strong> „The Signs of the Times“ vom 21. Juni<br />

1843 e<strong>in</strong>. Dort wurde zum erstenmal die Auffas-<br />

343


Grundbegriffe von A-Z<br />

sung vertreten, daß das von Miller angenommene Jahr 1843,<br />

von 457 v. Chr. an gerechnet, nur das 2300. Jahr und 33. n.<br />

Chr. nur das 490. Jahr seien und daß die 70 Wochen und die<br />

2300 Jahre <strong>in</strong> Wirklichkeit 34. n. Chr. bzw. 1844 endeten. Erst<br />

später fand man die Erklärung, warum bei <strong>der</strong> Berechnung<br />

durch bloßes Abziehen (2300 - 457 = 1843) e<strong>in</strong> Jahr fehlte.<br />

Im Frühl<strong>in</strong>g 1843 wiesen verschiedene Artikel <strong>in</strong> den Zeitschriften<br />

<strong>der</strong> Millerbewegung darauf h<strong>in</strong>, daß die vollen 2300<br />

Jahre, die zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt im Jahre 457 v. Chr.<br />

begonnen haben, zum selben Zeitpunkt im Jahr 1844 – und<br />

nicht 1843 – endeten. Die Erklärung lautete: Wenn die 2300<br />

Jahre 457 volle Jahre vor und 1843 volle Jahre nach Christi<br />

Geburt erfor<strong>der</strong>n, dann käme man, wenn man von Anfang des<br />

Jahres 457 v. Chr. rechnete, bereits <strong>in</strong> das Ende von 1843.<br />

Wenn also diese Zeitspanne nicht am Jahresanfang 457,<br />

son<strong>der</strong>n zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt im Laufe dieses Jahres<br />

begonnen hat, müßte man über das Ende des Jahres 1843<br />

h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> das Jahr 1844 kommen.<br />

Bereits im Februar 1844 rechnete S. S. Snow <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Artikel die vollen 2300 Jahre von 457 v. Chr. (und zwar nach<br />

se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung vom Herbst dieses Jahres) an. Er kam deshalb<br />

zu dem Schluß, daß die Wie<strong>der</strong>kunft Christi nicht vor dem<br />

Herbst 1844 erwartet werden könne und daß die 69. Woche im<br />

Herbst des Jahres 27. n. Chr. endete. (Midnight Cry, 22.<br />

Februar 1844) Aber bis zum Sommer des Jahres 1844 hatte<br />

man se<strong>in</strong>er neuen Auffassung nur wenig Beachtung geschenkt.<br />

Zu jener Zeit war er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Überlegungen zu e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Datum gekommen: dem 22. Oktober 1844.<br />

Nach Miller endeten die 70 Wochen mit <strong>der</strong> Kreuzigung<br />

im Jahre 33 n. Chr. Aber schon 1843 wurde die Auffassung<br />

erörtert, daß das Kreuz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 70. Woche angesetzt<br />

werden muß. Ausleger wurden angeführt, die das Jahr 31 n.<br />

Chr. als Kreuzigungsjahr angaben.<br />

All diese Berichtigungen führten dazu, nicht nur das Jahr<br />

344


Grundbegriffe von A-Z<br />

1844 statt 1843 als Endpunkt <strong>der</strong> 2300 Tage anzunehmen,<br />

son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong>ige neue E<strong>in</strong>sichten bezüglich <strong>der</strong> 70 Wochen<br />

zu gew<strong>in</strong>nen:<br />

1. Die 70 Wochen o<strong>der</strong> 490 Jahre endeten 34 und nicht 33 n.<br />

Chr.<br />

2. Die Kreuzigung geschah nicht am Ende, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Mitte <strong>der</strong> 70. Woche (Dan. 9, 27), also dreie<strong>in</strong>halb Jahre vor<br />

<strong>der</strong>en Ende, d. h. im Jahre 31 n. Chr. Für den Dienst Christi<br />

auf Erden ergibt sich von se<strong>in</strong>er Salbung bei <strong>der</strong> Taufe bis<br />

zur Mitte <strong>der</strong> 70. Woche e<strong>in</strong> Zeitraum von dreie<strong>in</strong>halb Jahren.<br />

3. Die 70. Woche fand ihr Ende dreie<strong>in</strong>halb Jahre nach <strong>der</strong><br />

Kreuzigung, die im Frühjahr zur Passazeit geschah, und<br />

endete somit im Herbst des Jahres 34 n. Chr.<br />

4. In <strong>der</strong> 70. Woche fanden folgende wesentlichen Ereignisse<br />

statt: Herbst 27 Christi Taufe; Frühjahr 31 Kreuzigung nach<br />

dreie<strong>in</strong>halbjährigem Dienst; Herbst 34 Ende <strong>der</strong> sieben<br />

Jahre, durch die <strong>der</strong> Bund bestätigt werden sollte – erst<br />

durch Christus und nach ihm durch die Apostel.<br />

Das führte zu <strong>der</strong> Überzeugung, daß die 2300 Jahre ebenfalls<br />

zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt enden würden –<br />

nämlich im Herbst 1844. Als daher das von Miller angenommene<br />

Jahr 1843/44 im Frühjahr verstrichen war, wartete man<br />

immer noch auf das Ende. Als Endpunkt im Herbst 1844 (<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> zehnte Tag des jüdischen siebten Monats als des eigentlichen<br />

Tages für die gegenbildliche Re<strong>in</strong>igung des Heiligtums<br />

se<strong>in</strong> sollte) errechnete man nach e<strong>in</strong>em alten jüdischen<br />

Kalen<strong>der</strong> den 22. Oktober als 10. Tag des siebenten Monats,<br />

an dem <strong>der</strong> Versöhnungstag im alten Israel stattfand. Die<br />

Verkündigung dieses Zeitpunktes löste die „Siebente-Monats-<br />

Bewegung“ aus, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erwartung des wie<strong>der</strong>kehrenden<br />

Christus an diesem Tage ihren Höhepunkt hatte und <strong>in</strong> die<br />

nachfolgende großen Enttäuschung e<strong>in</strong>mündete. Miller selbst<br />

hat diesen Zeitpunkt nie festgesetzt; er nahm ihn selbst erst<br />

wenige Wochen zuvor an.<br />

345


Grundbegriffe von A-Z<br />

Das Verständnis <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> über die<br />

„2300 Abende und Morgen“<br />

Als <strong>der</strong> 22. Oktober vorüber war, kamen die meisten Adventgläubigen<br />

zu dem Ergebnis, daß sie sich <strong>in</strong> ihrer Zeitrechnung<br />

geirrt hätten. In den folgenden Jahren wurden deswegen von<br />

verschiedenen Gruppen spätere Term<strong>in</strong>e für das Ende <strong>der</strong><br />

2300 Jahre genannt. E<strong>in</strong>e beachtliche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit aber war <strong>der</strong><br />

Me<strong>in</strong>ung, daß <strong>der</strong> Fehler nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitberechnung, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Auslegung des erwarteten abschließenden Ereignisses<br />

lag. Darunter befand sich e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Gruppe, die den Kern <strong>der</strong><br />

späteren Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

bildete. Sie hielt an <strong>der</strong> korrigierten Zeitberechnung <strong>der</strong> 2300<br />

Jahre von Miller fest, rechnete also von 457 v. Chr. bis zum<br />

Herbst 1844. Diese Gläubigen erklärten die Re<strong>in</strong>igung des<br />

Heiligtums als Erfüllung des alttestamentlichen Versöhnungstages,<br />

<strong>in</strong> dem <strong>der</strong> abschließende priesterliche Dienst Christi „im<br />

Himmel“ als e<strong>in</strong>es „Dieners am Heiligtum und an <strong>der</strong> wahren<br />

Stiftshütte“ angedeutet wurde (Hebr. 8, 1.2). Diese abschließende<br />

Phase nannten sie Untersuchungsgericht.<br />

Siehe: Daniel, Auslegung des Buches, Untersuchungsgericht<br />

346


KURZBIOGRAPHIEN UND<br />

SACHERLÄUTERUNGEN<br />

Grundbegriffe von A-Z<br />

Adventbewegung: Mit diesem Ausdruck bezeichnete man<br />

zunächst die „große Adventbewegung von 1843/44“, also die<br />

Millerbewegung <strong>in</strong> Nordamerika; er wird aber auch auf die <strong>Siebenten</strong>-<br />

<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> angewandt. Manchmal me<strong>in</strong>t man damit ebenfalls<br />

die sich Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts von Europa ausbreitende<br />

Erwartung <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi.<br />

Andrews, John Nev<strong>in</strong>s (1829 bis 1883): Adventistischer Prediger,<br />

1867-1869 Präsident <strong>der</strong> Generalkonferenz, 1874 als erster Prediger<br />

nach Europa (Schweiz) entsandt. Se<strong>in</strong> Buch über die Geschichte des<br />

Sabbats wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bearbeitung und Ergänzung durch L. R. Conradi<br />

zu e<strong>in</strong>em Standardwerk <strong>der</strong> deutschsprachigen <strong>Adventisten</strong>.<br />

anglikanisch: anglikanische Kirche – die englische Staatskirche,<br />

stark verbreitet auch <strong>in</strong> Übersee; e<strong>in</strong>e protestantische Kirche mit<br />

katholischem E<strong>in</strong>schlag, vor allem <strong>in</strong> äußeren D<strong>in</strong>gen.<br />

Antiochus IV. Epiphanes: 8. König des Seleukidenreiches <strong>in</strong> Syrien<br />

und Vor<strong>der</strong>asien von 175 bis 164 v. Chr. Se<strong>in</strong>e Herrschaft erstreckte<br />

sich auch über Paläst<strong>in</strong>a. Ziel se<strong>in</strong>er Politik war die Schaffung e<strong>in</strong>es<br />

e<strong>in</strong>heitlichen Reiches. So verfügte er, „daß alle se<strong>in</strong>e Untertanen e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>ziges Volk bilden sollten und je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>en Gebräuche<br />

und Gesetze aufzugeben habe“ (1. Makk. 1, 41 Menge). Unterstützt<br />

von den „Reformjuden“, stieß er auf den erbitterten Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong><br />

Altgläubigen (Makkabäer). Grausam verfolgte er alle, die am<br />

jüdischen Kult festhielten (Verbot <strong>der</strong> Sabbatfeier, <strong>der</strong> Beschneidung<br />

und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> jüdischen Speisevorschriften). Den Tempel<br />

ließ er Zeus weihen, <strong>in</strong>dem er e<strong>in</strong> Zeusbild auf dem Brandopferaltar<br />

errichten ließ. Das löste die Makkabäerkämpfe aus. E<strong>in</strong>e Reihe von<br />

Theologen beziehen das „kle<strong>in</strong>e Horn“ aus Daniel 8 auf se<strong>in</strong>e Person.<br />

(Zur adventistischen Deutung siehe Artikel „Daniel“)<br />

Apostolisches Glaubensbekenntnis: Die älteste Zusammenfassung<br />

<strong>der</strong> christlichen Glaubenswahrheiten, die <strong>in</strong> ihren wesentlichen Teilen<br />

im 2. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>in</strong> Rom entstanden zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t und im 5.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>in</strong> Südgallien die heutige Form gefunden hat.<br />

347


Grundbegriffe von A-Z<br />

Arius (260-336): Griechischer Theologe, behauptete, daß Christus<br />

e<strong>in</strong> erschaffenes Wesen und nicht wesensgleich mit Gott dem Vater<br />

sei. Se<strong>in</strong>e Lehre (Arianismus) wurde auf dem 1. ökumenischen Konzil<br />

<strong>in</strong> Nicäa (325) verdammt.<br />

Athanasius (295-373): Griechischer Kirchenlehrer, Bischof von<br />

Alexandria, verteidigte gegen Arius die Lehre, daß Christus wesensgleich<br />

mit dem Vater ist.<br />

Bates, Joseph (1792-1872): Schiffskapitän bis 1828, dann führend <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er örtlichen Sklavenbefreiungsbewegung, wurde 1844 Prediger <strong>der</strong><br />

Millerbewegung, entschloß sich 1845 zur Feier des Sabbats.<br />

Geme<strong>in</strong>sam mit James White organisierte er die ersten adventistischen<br />

Geme<strong>in</strong>den. Er wird als e<strong>in</strong> Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft<br />

angesehen.<br />

Canright, Dudley Marv<strong>in</strong> (1840-1919): Adventistischer Prediger und<br />

Evangelist seit 1865, brach 1887 aus theologischen Gründen mit <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaft und wurde Prediger bei den Baptisten. Se<strong>in</strong>e Absage<br />

an die <strong>Adventisten</strong> begründete er zwei Jahre später <strong>in</strong> dem Buch<br />

„Seventh-Day Adventism Renounced“.<br />

Crosier, Owen R. L. (1820-1913): Prediger und Schriftsteller <strong>der</strong><br />

Millerbewegung, setzte sich e<strong>in</strong>gehend mit <strong>der</strong> biblischen Lehre über<br />

das Heiligtum ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, die dann von den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong> übernommen wurde.<br />

Daniells, Arthur Grosvenor (1858-1935): Adventistischer Prediger<br />

und Organisator, 1886 Missionar <strong>in</strong> Neuseeland, 1892 bis 1895<br />

Vorsteher <strong>in</strong> Australien, 1901-1922 Präsident <strong>der</strong> Generalkonferenz,<br />

zählt zu den verantwortlichen Leitern <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>.<br />

Dogma: nach katholischem Verständnis Glaubenslehre mit dem<br />

Anspruch unbed<strong>in</strong>gter Gültigkeit.<br />

Donatistischer Streit: Die Anhänger des Bischofs Donatus von<br />

Karthago (gest. um 355) machten die Wirksamkeit <strong>der</strong> Sakramente<br />

von <strong>der</strong> Heiligkeit <strong>der</strong> sie spendenden Priester abhängig.<br />

Edson, Hiram (1806-1882): Nahm als Methodist 1839 die Botschaft<br />

von <strong>der</strong> nahe bevorstehenden Wie<strong>der</strong>kunft Christi an. Am<br />

348


Grundbegriffe von A-Z<br />

Vorabend des 22. Oktober 1844 (dem von den Anhängern Millers<br />

errechneten Zeitpunkt für die Wie<strong>der</strong>kunft Christi) lud er die Gläubigen<br />

zu e<strong>in</strong>er Versammlung <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Heim e<strong>in</strong>.<br />

Er gab e<strong>in</strong>en wesentlichen Anstoß für das Verständnis <strong>der</strong> biblischen<br />

Lehre vom Heiligtum und dessen Re<strong>in</strong>igung. Für die Verkündigung<br />

<strong>der</strong> Adventbotschaft brachte er persönlich große Opfer.<br />

Eschatologie, eschatologisch = die Lehre von den letzten D<strong>in</strong>gen<br />

(griech. to eschaton = das Letzte). Häufig läßt sich <strong>der</strong> Sachverhalt<br />

mit dem Wort „endzeitlich“ wie<strong>der</strong>geben, doch reicht <strong>der</strong> Begriff über<br />

die Endzeit, die Zeit vor Jesu Wie<strong>der</strong>kunft, h<strong>in</strong>aus. So s<strong>in</strong>d die<br />

Wie<strong>der</strong>kunft selbst und die darauf folgenden Tausend Jahre eschatologische<br />

Ereignisse.<br />

Enzyklika: feierliches päpstliches Rundschreiben an alle Katholiken<br />

Gnosis, Gnostiker: Irrlehre griechisch-orientalischer Herkunft, die die<br />

Welt von zwei ebenbürtigen Mächten bestimmt sah, von <strong>der</strong> Verworfenheit<br />

<strong>der</strong> Materie ausg<strong>in</strong>g, den alttestamentlichen Schöpfergott<br />

ablehnte und Erlösung durch Erkenntnis (griechisch gnosis =<br />

Erkenntnis) erwartete.<br />

Häretiker, häretisch: Irrlehrer, Ketzer<br />

Interpretation, Theologie <strong>der</strong>: wörtlich: Auslegung. Die neurationalistische<br />

Theologie versucht e<strong>in</strong> grundlegendes Neuverständnis <strong>der</strong><br />

Bibel.<br />

Joachim von Fiore (1130-1202): Italienischer Zisterzienser, gründete<br />

um 1190 e<strong>in</strong> Kloster <strong>in</strong> Fiore, prophetischer Geschichtsdenker und<br />

historisch-typologischer Schriftausleger, bekannt geworden durch<br />

se<strong>in</strong>e Dreiteilung <strong>der</strong> Geschichte: das Zeitalter des Vaters (Altes<br />

Testament), das Zeitalter des Sohnes (Neues Testament) und das zu<br />

se<strong>in</strong>er Zeit anbrechende Zeitalter des Geistes.<br />

Josephus Flavius (37/38 - nach 100): Sohn e<strong>in</strong>es Priesters und<br />

Pharisäers, geriet als jüdischer Heerführer 67 <strong>in</strong> römische Gefangenschaft,<br />

Schriftsteller und Verteidiger des Judentums, schrieb die<br />

„Geschichte des Jüdischen Krieges“ und „Jüdische Altertümer“<br />

(Geschichte <strong>der</strong> Juden bis 68 n. Chr.).<br />

349


Grundbegriffe von A-Z<br />

Kellogg, John Harvey (1852-1943): Arzt, Erf<strong>in</strong><strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Instrumente, bahnbrechend <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er natürlichen<br />

Heilweise und e<strong>in</strong>er gesunden Ernährung. Ermutigt von James und<br />

Ellen White, begann er 1873 mit e<strong>in</strong>er ärztlichen Ausbildung, 1876<br />

Leiter des adventistischen Sanatoriums „Western Health Reform<br />

Institute“ <strong>in</strong> Battle Creek (des späteren Battle Creek Sanatoriums).<br />

1895 Mitbegrün<strong>der</strong> des „American Medical Missionary College“, auf<br />

dem viele junge <strong>Adventisten</strong> e<strong>in</strong>e ärztliche Ausbildung erhielten. E<strong>in</strong>er<br />

<strong>der</strong> besten Ärzte se<strong>in</strong>er Zeit, auch <strong>in</strong> Übersee bekannt, schrieb über<br />

50 Bücher. Nach 1900 geriet er aus organisatorischen und theologischen<br />

Gründen <strong>in</strong> Gegensatz zur Generalkonferenz. Er vertrat<br />

pantheistische Ideen und verlor 1907 se<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>demitgliedschaft.<br />

Luzifer: Name für den Teufel, bekanntgeworden durch die Vulgata,<br />

e<strong>in</strong>e late<strong>in</strong>ische Bibelübersetzung, die auf Hieronymus (gest. 420)<br />

zurückgeht. Dort wird <strong>in</strong> Jes. 14, 12 <strong>der</strong> König von Babylon helel<br />

(hebr. Glanzgestirn) Luzifer genannt. Infolge se<strong>in</strong>er Selbstvergötterung<br />

wurde <strong>der</strong> König von Babylon zum S<strong>in</strong>nbild für den Teufel. So<br />

kam es zur Bezeichnung Luzifer; sie soll auf die glanzvolle Stellung<br />

Satans vor se<strong>in</strong>em Fall im Himmel h<strong>in</strong>weisen, als er nach Christus die<br />

höchste Ehrenstellung <strong>in</strong>nehatte (Hes. 28, 12-15).<br />

Methodismus: Christliche Erweckungsbewegung des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

<strong>in</strong> England, <strong>der</strong>en Grün<strong>der</strong> John Wesley, se<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> Charles<br />

und George Whitefield ursprünglich anglikanische Pfarrer waren. John<br />

Wesley erlebte 1738 se<strong>in</strong>e Bekehrung, die ihn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Heilserfahrung<br />

an Luther heranführte. Die Lehren von <strong>der</strong> Rechtfertigung aus<br />

Gnaden, von <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt und <strong>der</strong> vollkommenen Heiligung<br />

kennzeichnen se<strong>in</strong>e Theologie. Viele <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong> <strong>der</strong><br />

Frühzeit (darunter auch E. G. White) kamen von den Methodisten. Die<br />

Methodisten bilden heute e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> großen protestantischen Weltkirchen.<br />

„Midnight Cry“ (Mitternachtsruf): Mit diesem Begriff beschrieben<br />

die Anhänger Millers <strong>in</strong> Anlehnung an Matth. 25, 6 ihre Botschaft an<br />

die Welt. „Midnight Cry“ war auch <strong>der</strong> Titel e<strong>in</strong>er Zeitschrift <strong>der</strong><br />

Millerbewegung, die 1844 wöchentlich erschien, vorher (seit 1842)<br />

den Titel „Mom<strong>in</strong>g Watch“ trug und 1845 im „Advent Herald“ aufg<strong>in</strong>g.<br />

350


Grundbegriffe von A-Z<br />

Millerbewegung: Von dem amerikanischen Farmer und Baptistenprediger<br />

William Miller (1782-1849) ausgelöste Erweckungsbewegung,<br />

die gleichzeitig mit Erweckungsbewegungen <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n<br />

außerhalb <strong>der</strong> USA aufkam und ihren Höhepunkt <strong>in</strong> den Jahren 1840<br />

bis 1844 hatte. Geprägt wurde diese Bewegung von dem Glauben an<br />

die nahe Wie<strong>der</strong>kunft Christi, die man auf Grund prophetischer<br />

Auslegung (Dan. 8, 14) für 1843/44 erwartete, und von bestimmten<br />

Vorstellungen über das Wesen des Reiches Gottes. Die Anhänger<br />

Millers, die sich selbst <strong>Adventisten</strong> nannten („Advent Awaken<strong>in</strong>g“),<br />

stammten aus vielen christlichen Geme<strong>in</strong>schaften und Kirchen. Miller<br />

selbst gibt die Zahl <strong>der</strong> Geistlichen, die sich ihm angeschlossen<br />

hatten, mit 200 an. Die Botschaft von <strong>der</strong> bevorstehenden Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi sei von 500 gepredigt worden; an<strong>der</strong>e Schätzungen<br />

sprechen sogar von 1500 bis 2000 Predigern <strong>der</strong> Millerbewegung.<br />

Hauptmittel <strong>der</strong> Verkündigung waren die Zeltversammlungen, zu<br />

denen bis 15 000 Menschen erschienen. Miller selbst schätzte die<br />

Zahl se<strong>in</strong>er Anhänger auf 50 000 bis 100 000. An<strong>der</strong>e Schätzungen<br />

se<strong>in</strong>er Anhänger reichen bis zu e<strong>in</strong>er Million. (vgl. Froom IV, 653. 686)<br />

Bei e<strong>in</strong>er Bevölkerung von 17 Millionen (1840) war die Millerbewegung<br />

<strong>in</strong> den USA auf jeden Fall e<strong>in</strong>e gewaltige Bewegung. Nach <strong>der</strong><br />

Enttäuschung vom 22. Oktober 1844, als die erwartete Wie<strong>der</strong>kunft<br />

Christi nicht e<strong>in</strong>trat, verfiel die große Bewegung rasch. Aus e<strong>in</strong>er<br />

kle<strong>in</strong>en verbleibenden Gruppe <strong>der</strong> Milleranhänger bildeten sich die<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>.<br />

Montanisten: Im zweiten Jahrhun<strong>der</strong>t Anhänger e<strong>in</strong>er schwärmerischen<br />

Bewegung <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>asien und Nordafrika, die auf Montanus<br />

(gest. um 179) zurückgeht, <strong>der</strong>, begleitet von zwei Prophet<strong>in</strong>nen, um<br />

das Jahr 160 das bevorstehende Weltende und die Herabkunft des<br />

neuen Jerusalem erwartete.<br />

orthodox: Bezeichnung für die seit 1054 von Rom getrennte<br />

morgenländische o<strong>der</strong> Ostkirche, z. B. die russisch-o., griechisch-o.<br />

Orthodox bedeutet „rechtgläubig“.<br />

pietistisch: Pietismus, Gesamtbezeichnung für die großen evangelischen<br />

Erweckungen vom ausgehenden 17. bis zur Mitte des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts; von lat. pietas = Frömmigkeit.<br />

351


Grundbegriffe von A-Z<br />

Präexistenz Christi: theologischer Begriff für das Vorherdase<strong>in</strong><br />

Christi, <strong>der</strong> bereits vor se<strong>in</strong>er Menschwerdung von Ewigkeit her bei<br />

Gott war (vgl. Joh. 8, 58; Joh. 1, 1-3. 14)<br />

Proselytenmacherei, Proselytismus: Glie<strong>der</strong>gew<strong>in</strong>nung mit<br />

unlauteren Mitteln, mit psychischem o<strong>der</strong> materiellem Druck.<br />

Ptolemäer: Herrscherfamilie, die auf Ptolemaius I. Soter (vor 360 v.<br />

Chr.-283), Feldherr Alexan<strong>der</strong>s des Großen und König von Ägypten,<br />

zurückg<strong>in</strong>g.<br />

Qumran: Höhlenbezirk am nordwestlichen Ufer des Toten Meeres, <strong>in</strong><br />

dem seit 1947 über 600 überwiegend hebräische Handschriften<br />

gefunden worden s<strong>in</strong>d, die aus dem dritten Jahrhun<strong>der</strong>t v. Chr. bis<br />

zum ersten Jahrhun<strong>der</strong>t n. Chr. stammen und für die alttestamentliche<br />

Textgeschichte und die Kenntnis des Judentums zur Zeit Jesu von<br />

großer Bedeutung s<strong>in</strong>d.<br />

Review and Herald: Geme<strong>in</strong>deblatt <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>,<br />

das im November 1850 aus den beiden Zeitschriften „Present Truth“<br />

und „Advent Review“ entstand, <strong>in</strong> den ersten Jahren bei e<strong>in</strong>er Auflage<br />

von 1000 bis 2000 unregelmäßig herausgegeben wurde, seit 1856 <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel wöchentlich ersche<strong>in</strong>t und das offizielle Organ <strong>der</strong><br />

Generalkonferenz ist. Auflage 1972: 82 000. Erster Schriftleiter:<br />

James White; gegenwärtiger Schriftleiter (seit 1966): Kenneth H.<br />

Wood.<br />

Sakrament: Auf Christus zurückgeführte heilige Handlung, die, zumal<br />

nach katholischem Verständnis, <strong>der</strong> Kirche als Gnadenmittel zur<br />

Verwaltung übergeben ist und durch die dem Menschen auf s<strong>in</strong>nfällige<br />

Weise die göttliche Gnade vermittelt wird. Die evangelische Kirche<br />

kennt zwei Sakramente (Taufe, Abendmahl), die katholische Kirche<br />

sieben (Taufe, Firmung, Beichte, Abendmahl, Ehe, letzte Ölung,<br />

Priesterweihe).<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten: E<strong>in</strong>e im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t vornehmlich <strong>in</strong><br />

England entstandene Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft, die sich zur Großtaufe<br />

bekennt und statt des Sonntags den biblischen Sabbat feiert. Im 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t entstanden Geme<strong>in</strong>den <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten<br />

auch <strong>in</strong> den USA. 1842 gründeten sie<br />

352


Grundbegriffe von A-Z<br />

e<strong>in</strong>e Missionsgesellschaft. Die frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

haben e<strong>in</strong>e Reihe von Beweisgründen für ihr Sabbatverständnis von<br />

den <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-Baptisten übernommen. Die <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

Baptisten zählen heute etwa 6000 Glie<strong>der</strong>.<br />

„S<strong>in</strong>ge of the Times“: Seit 1874 monatliche Zeitschrift <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />

<strong>in</strong> den USA, herausgegeben von <strong>der</strong> Pacific<br />

Press <strong>in</strong> Kalifornien, Auflage 1973: 330 000.<br />

Smith, Urich: (1832-1903): Bereits als K<strong>in</strong>d von <strong>der</strong> Adventbewegung<br />

1843/44 tief bee<strong>in</strong>druckt, wurde er 1852 sabbathalten<strong>der</strong> Adventist,<br />

übernahm 1855 die Schriftleitung des Geme<strong>in</strong>deblattes „Review and<br />

Herald“, war zwei Jahre Schatzmeister <strong>der</strong> Generalkonferenz, wurde<br />

zeitweise <strong>in</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen wegen theologischer und<br />

organisatorischer Fragen verwickelt, hat sich aber nach <strong>der</strong> Konferenz<br />

von M<strong>in</strong>neapolis 1888 gleichfalls zur Glaubensgerechtigkeit durch<br />

Christus bekannt und lebte bis zu se<strong>in</strong>em Tode <strong>in</strong> gutem E<strong>in</strong>vernehmen<br />

mit den verantwortlichen Leitern des Werkes. Smith war e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

fruchtbarsten Schriftsteller <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft, am bekanntesten s<strong>in</strong>d<br />

se<strong>in</strong>e Auslegung <strong>der</strong> Offenbarung (1867) und des Buches Daniel<br />

(1873). Er hatte maßgeblichen E<strong>in</strong>fluß auf die adventistische<br />

prophetische Auslegung. Mit Nachdruck trat er für e<strong>in</strong>e Trennung von<br />

Kirche und Staat e<strong>in</strong> und setzte sich nach Kräften für die Sklavenbefreiung<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Synkretismus: Religionsvermischung<br />

Synoptiker: Bezeichnung für die Evangelisten Matthäus, Markus und<br />

Lukas, weil ihre Evangelien e<strong>in</strong>en ähnlichen Aufbau haben (griechisch<br />

synopsis = Zusammenschau).<br />

White, Ellen Gould (1827-1915): Gehört mit ihrem Mann James<br />

White zu den Begrün<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong>. Verfasser<strong>in</strong> zahlreicher Bücher, Prediger<strong>in</strong>, Ratgeber<strong>in</strong>.<br />

Ellen Gould Harmon stammte aus e<strong>in</strong>em methodistischen Heim. Ihr<br />

Vater war Diakon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Methodistenkirche, sie selbst wurde 1842<br />

durch die Taufe Glied dieser Kirche. Sie und ihre Familie hörten 1840<br />

William Miller predigen, nahmen dessen Botschaft an und wurden<br />

deswegen 1843 aus <strong>der</strong> Metho-<br />

353


Grundbegriffe von A-Z<br />

distenkirche ausgeschlossen. Im Dezember 1844 hatte sie ihr erstes<br />

Gesicht, <strong>in</strong> dem sie die Adventgläubigen nach dem himmlischen<br />

Jerusalem pilgern sah. 1846 schloß sie mit dem adventistischen<br />

Prediger James White die Ehe, <strong>der</strong> vier Söhne entsprangen. Im<br />

selben Jahr begann sie mit <strong>der</strong> Heiligung des biblischen Sabbats.<br />

Geme<strong>in</strong>sam mit ihrem Mann setzte sie sich unter großen persönlichen<br />

Opfern für das Werk <strong>der</strong> sabbathaltenden <strong>Adventisten</strong> e<strong>in</strong>. Unermüdliche<br />

Reise- und Verkündigungstätigkeit. Durch ihren E<strong>in</strong>fluß und ihre<br />

Visionen trug sie entscheidend zum Werden des Verlags-, Erziehungs-<br />

und ärztlichen Werkes bei und setzte sich e<strong>in</strong> für die Befolgung<br />

<strong>der</strong> Grundsätze für e<strong>in</strong>e gesunde Lebensweise unter den<br />

<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. Aufenthalt <strong>in</strong> Europa 1885-1887.<br />

Pionierarbeit <strong>in</strong> Australien 1891 bis 1900. Sie schrieb etwa 2000<br />

Artikel für den „Review and Herald“ und weitere für an<strong>der</strong>e Zeitschriften.<br />

Ihr schriftstellerisches Werk umfaßt 100 000 Manuskriptseiten<br />

und liegt <strong>in</strong> englischer Sprache <strong>in</strong> 54 Bänden vor. (Siehe Artikel „Geist<br />

<strong>der</strong> Weissagung“)<br />

White, James Spr<strong>in</strong>ger (1821-1881): Prediger, Schriftsteller und<br />

Organisator <strong>der</strong> frühen <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. Nachkomme <strong>der</strong><br />

„Pilgerväter“, die 1620 mit <strong>der</strong> „Mayflower“ nach Amerika kamen.<br />

Wurde mit 15 Jahren durch die Taufe Glied e<strong>in</strong>er christlichen Kirche,<br />

die sich „Christian Connection“ nannte und <strong>der</strong> auch se<strong>in</strong>e Eltern<br />

angehörten. 1841 hörte er William Miller predigen, wurde danach<br />

selbst Prediger <strong>der</strong> Millerbewegung. In den Jahren 1842/43 soll er<br />

über tausend Menschen zu Christus geführt haben. 1846 Heirat mit<br />

Ellen Harmon. Mit ihr zusammen umfangreiche Reise- und Verkündigungstätigkeit.<br />

In den fünfziger Jahren begann er e<strong>in</strong>e Organisation<br />

für die sabbathaltenden <strong>Adventisten</strong> zu schaffen. Das führte schließlich<br />

1863 zur Gründung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> <strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<br />

<strong>Adventisten</strong>. Er war Herausgeber von „Present Truth“ (Vorläufer von<br />

„Review and Herald“) 1849, <strong>der</strong> Jugendzeitschrift „Youth’s Instructor“<br />

1852 und <strong>der</strong> Missionszeitschrift „Signs of the Times“ 1874; Verfasser<br />

von vier Büchern. Präsident <strong>der</strong> Generalkonferenz 1865 bis 1867,<br />

1869-1871, 1874-1880, verstarb nach kurzer schwerer Krankheit am<br />

6. August 1881 <strong>in</strong> Battle Creek.<br />

354

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!