ForestFinest 1/2013
Das Magazin für weltweite Waldwirtschaft.
Das Magazin für weltweite Waldwirtschaft.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
chen Gegend um die Grafschaft Devon<br />
nach London um. Dort ärgerte er sich über<br />
den tristen Ausblick auf den Hinterhof des<br />
Gebäudes. So pflanzte er eines Nachts Alpenveilchen,<br />
weil er einen schöneren Blick<br />
aus seinem Fenster haben und sich nicht<br />
mit Bürokratie herumärgern wollte. Er<br />
eröffnete die Webseite guerillagardening.org,<br />
auf der er von seinen Erfahrungen berichtete,<br />
und pflanzte weiter. Schon bald tauschte<br />
er sich mit hunderten von Menschen aus,<br />
die die Idee allesamt begeistert hatte. Ein<br />
weiterer großer Schritt war Reynolds' Veröffentlichung<br />
des Buches „Guerilla Gardening:<br />
Ein botanisches Manifest“.<br />
Mit seiner Webseite hatte Reynolds den<br />
richtigen Moment erwischt: Die Verbreitung<br />
des Internets nahm zu dieser Zeit rasant zu,<br />
Vergleichbare Internetseiten gab es noch<br />
nicht. So avancierte seine Seite zur zentralen<br />
Plattform für alle, die als Guerillagärtner<br />
aktiv waren oder werden wollten.<br />
Im Forum finden sich auch heute noch<br />
Städtegruppen rund um den Globus, in<br />
denen sich Menschen zu nächtlichen Pflanz -<br />
aktionen verabreden, Bauanleitungen für<br />
Seedbombs austauschen, oder auch darüber,<br />
wo sich urbane Gärten in der eigenen<br />
Stadt befinden. Reynolds veranstaltet und<br />
koordiniert seine eigenen Aktionen und<br />
berichtet von solchen, die er für erwähnenswert<br />
hält.<br />
Von dieser einen Seite aus hat sich bis<br />
heute ein buntes Sammelsurium an Internetseiten<br />
gebildet: Lokale Foren, in denen<br />
man sich austauscht und organisiert; Blogs,<br />
in denen Guerillagärtner von ihren Erfah-<br />
rungen berichten; Projektplattformen, auf<br />
denen Gemein- und Nachbarschaftsgärten<br />
koordiniert werden; Tippsammlungen,<br />
wie man seinen eigenen „Urban Garden“<br />
auf dem Dach hochziehen kann.<br />
Sprösslinge<br />
Gerade diese Formen der Guerilla sind in<br />
den letzten Jahren aus dem Boden gesprossen:<br />
Nachbarschaften organisieren sich<br />
und gründen auf Brachflächen einen gemeinschaftlichen<br />
Garten, der von allen gepflegt<br />
wird und in denen jeder willkommen<br />
ist, sich hinzusetzen und auszuruhen – der<br />
kleine Stadtpark in Eigenregie. Andere verbinden<br />
das Konzept mit dem Anbau von<br />
Obst und Gemüse zur gemeinschaftlichen<br />
Selbstversorgung. Wieder Andere begrünen<br />
das Dach des Hochhauses, in dem sie wohnen,<br />
und selbst die eigene kleine Tomatenzucht<br />
auf dem Balkon ist schon eine Form<br />
des urbanen Gärtnerns, über die sich rege<br />
ausgetauscht wird.<br />
Die vernetzten Gärten<br />
Gibt man in einer Suchmaschine die Begriffe<br />
„Guerilla Gardening“ oder „Nachbarschaftsgarten“<br />
sowie den Namen seiner<br />
Stadt ein, finden sich zig Internetseiten zu<br />
kleinen Gartenprojekten oder lokalen Aktionsplattformen.<br />
Die Vielfalt der Projekte ist<br />
so groß wie die der Menschen, die sie betreiben.<br />
Ein Anlaufpunkt für die prominentesten<br />
ist das Portal gartenpiraten.net, die aber<br />
nur einen Bruchteil dessen abdeckt, was<br />
deutsche und internationale Städte zu bieten<br />
haben. Doch allein hier zeigt sich schon,<br />
wie bunt das Thema ist: Bietet etwa meineernte.de<br />
Gemüsegärten zur Miete an, so<br />
hat sich das Bonner Projekt „Zukunftsgärten“<br />
das Ziel gesetzt, den gemeinnützigen<br />
Aspekt noch weiter auszudehnen als beim<br />
klassischen Urban Gardening: Über eine<br />
WWW-übliche Blog- und Wikiplattform organisieren<br />
sich Kleingärtner, um gemeinsam<br />
frisches Obst und Gemüse für Schulen,<br />
Kindertagesstätten und Pflegeheime zu<br />
züchten – im privaten Balkonbeet und in Gemeinschaftsgärten,<br />
die teils schon existieren,<br />
und teils erst geplant werden.<br />
Das Projekt ist sicher nicht das einzige<br />
seiner Art. Im Internet finden sich ganz bestimmt<br />
dutzende, und es werden auch<br />
noch dutzende ins Leben gerufen. Eine er -<br />
freu liche Entwicklung ist das allemal. Denn<br />
mal ehrlich: Wer hat schon etwas gegen einen<br />
Garten einzuwenden?*<br />
* Der Vollständigkeit halber sei anzumerken,<br />
dass es tatsächlich Menschen gibt, die etwas<br />
gegen einen Garten einzuwenden haben, und<br />
dazu in Deutschland auch rechtliche Handhabe<br />
besitzen. Die Bepflanzung von Grundstücken<br />
in Fremd- und Kommunalbesitz kann unter<br />
dem Straftatbestand der Sachbeschädigung geahndet<br />
werden. In der gängigen Praxis sehen<br />
Gemeinden und Städte jedoch von einer Strafverfolgung<br />
ab, da die kollektive Bepflanzung<br />
oft ein willkommener Ausgleich für gesunkene<br />
Budgets zur Stadtbegrünung sind.<br />
Echt grüne Links:<br />
www.guerillagardening.org Blog und<br />
Forenplattform von Richard Reynolds<br />
www.gartenpiraten.net Portal für Urban<br />
Gardening in Deutschland<br />
www.stiftung-interkultur.de Stiftung zur<br />
Förderung und Unterstützung interkultureller<br />
Gärten<br />
Samenbomben gibt es hier:<br />
www.waschbaer.de<br />
www.lilligreenshop.de<br />
shop.schoener-waers.de<br />
Ökologie online von<br />
Nicolas Rieger; der studierte<br />
Technik- Jour nalist ist Master<br />
des ForestFinance IT-Netzwerkes.<br />
www.forestfinance.de FF 45<br />
iForest