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Körper und Bewegung als hilfreiches Kommunikationsmittel in der

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K<strong>in</strong>ästhetik<br />

Die Krankenschwester <strong>und</strong> Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> für K<strong>in</strong>ästhetik Petra Kümmel sprach zum Thema<br />

„<strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Bewegung</strong> <strong>als</strong> <strong>hilfreiches</strong> <strong>Kommunikationsmittel</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pflege<br />

Demenzkranker“ (Veranstaltung <strong>der</strong> Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Evangelischen Gesellschaft Stuttgart am 11. Juli 2007 im Sem<strong>in</strong>arzentrum <strong>der</strong> Barmer<br />

Ersatzkasse <strong>in</strong> Stuttgart, Hirschstraße).<br />

Begriff K<strong>in</strong>ästhetik<br />

(K<strong>in</strong>esia = <strong>Bewegung</strong>, Ästhetik = mit den S<strong>in</strong>nen wahrgenommen, Schönheit, Harmonie)<br />

K<strong>in</strong>ästhetik ist ke<strong>in</strong>e Pflegemethode, son<strong>der</strong>n hilft zu verstehen, was bei den eigenen<br />

<strong>Bewegung</strong>en passiert o<strong>der</strong> wenn zwei Menschen geme<strong>in</strong>sam etwas tun.<br />

Der Beg<strong>in</strong>n des <strong>Bewegung</strong>slernens fällt bereits <strong>in</strong> die embryonale Phase, im ersten<br />

Lebensjahr lernen wir dann, zu sitzen, mit dem Löffel zu essen, später zu laufen etc. Die<br />

erlernten <strong>Bewegung</strong>en werden abgespeichert, es bilden sich <strong>in</strong>dividuelle<br />

<strong>Bewegung</strong>smuster heraus. Diese zur Gewohnheit gewordenen <strong>Bewegung</strong>smuster <strong>der</strong><br />

Demenzkranken herauszuf<strong>in</strong>den ist von großer Bedeutung, wenn man sie zu bestimmten<br />

<strong>Bewegung</strong>en br<strong>in</strong>gen o<strong>der</strong> sie dabei unterstützen will.<br />

Bei <strong>Bewegung</strong> spüren wir Spannung,<br />

durch Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Muskelspannung<br />

können Menschen sich selbst spüren.<br />

Die Muskulatur teilt uns auch mit, ob wir <strong>in</strong><br />

Balance s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> ob wir stehen, sitzen<br />

o<strong>der</strong> liegen.<br />

Spüren kann man auch die <strong>in</strong>neren Organe, die mit Muskulatur ausgestattet s<strong>in</strong>d wie<br />

Magen, Darm(schließ)muskeln, Blase. Menschen mit Demenz ist unter Umständen die<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> eigenen Muskulatur nicht mehr bewusst.<br />

K<strong>in</strong>ästhetik-Konzepte<br />

Anhand e<strong>in</strong>es Plakates werden die sechs<br />

K<strong>in</strong>ästhetik-Konzepte gezeigt, mit <strong>der</strong>en<br />

Hilfe die verschiedenen Aspekte <strong>der</strong><br />

menschlichen Aktivität beschrieben werden.<br />

1


Es s<strong>in</strong>d dies (im Uhrzeigers<strong>in</strong>n, oben beg<strong>in</strong>nend)<br />

Interaktion<br />

• S<strong>in</strong>ne: sehen, hören, riechen, schmecken, tasten, k<strong>in</strong>ästhetischer S<strong>in</strong>n (<strong>Körper</strong>s<strong>in</strong>n,<br />

Gleichgewichtss<strong>in</strong>n)<br />

Pflegende können die genannten S<strong>in</strong>ne nutzen, um dem Demenzkranken etwas<br />

mitzuteilen (z.B. durch die gesprochene Auffor<strong>der</strong>ung: „Stehen Sie auf“). Hier erweist<br />

es sich oft <strong>als</strong> nützlich, die Biographie des e<strong>in</strong>zelnen zu kennen (z.B. dass e<strong>in</strong>e alte<br />

Dame früher gerne getanzt hat).<br />

• <strong>Bewegung</strong>selemente: Raum, Zeit <strong>und</strong> Anstrengung s<strong>in</strong>d jeweils optimal zu komb<strong>in</strong>ieren<br />

• Interaktionsformen: gleichzeitige Interaktion, wie untergehakt laufen; schrittweise<br />

Aktion<br />

Anatomie<br />

• Massen <strong>und</strong> Zwischenräume<br />

• Orientierung am <strong>Körper</strong><br />

Wie benutze ich <strong>Bewegung</strong>sräume?<br />

<strong>Bewegung</strong><br />

• Haltungsbewegung <strong>und</strong> Transportbewegung<br />

• spiralige <strong>und</strong> parallele <strong>Bewegung</strong>smuster<br />

Anstrengung<br />

Hier gibt es die Qualitäten drücken o<strong>der</strong><br />

ziehen.<br />

Beispiel: Soll man zur Unterstützung beim<br />

Aufstehen vom Stuhl lieber drücken o<strong>der</strong><br />

ziehen?<br />

Funktion (Liegen, Knien, Sitzen, Gehen, Kriechen etc.)<br />

Für die Pflege ist entscheidend, welche gr<strong>und</strong>legenden Positionen für welche Funktionen<br />

günstig s<strong>in</strong>d. Wie beg<strong>in</strong>nt man beispielsweise damit, sich <strong>in</strong>s Bett zu legen?<br />

Umgebung (Personen, Räume, Möbel)<br />

Wie muss e<strong>in</strong> Stuhl gestaltet se<strong>in</strong>, damit man leicht aufstehen kann? Personen können<br />

h<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong> helfen.<br />

Anwendungsbeispiele<br />

Diese sechs Aspekte spielen bei den verschiedenen Alltagsbewegungen e<strong>in</strong>e Rolle. Der<br />

Phantasie <strong>der</strong> Pflegenden s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Grenzen gesetzt, wenn es darum geht,<br />

Demenzkranke zum gewünschten Verhalten zu animieren.<br />

2


Wichtig ist, dass jede <strong>Bewegung</strong><br />

Spuren im Gehirn h<strong>in</strong>terlässt. So ist<br />

man es z.B. gewohnt, auf e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Art <strong>und</strong> Weise die Hände zu<br />

falten. Bestimmte gewohnte Muster<br />

gibt es auch beim Ausziehen des T-<br />

Shirts. Da Menschen mit Demenz hier<br />

manchmal Schwierigkeiten haben, den<br />

Anfang zu f<strong>in</strong>den, ist es gut, <strong>der</strong>en<br />

Gewohnheiten herauszuf<strong>in</strong>den.<br />

Das gleiche gilt beim Anziehen <strong>der</strong> Hose – beg<strong>in</strong>nt man mit dem f<strong>als</strong>chen Be<strong>in</strong>, so kann<br />

das jemanden durchaus aus dem Takt br<strong>in</strong>gen.<br />

Auch ist es nützlich, die gr<strong>und</strong>legenden <strong>Bewegung</strong>smuster von Menschen z.B. beim<br />

Aufstehen vom Stuhl zu kennen. Bevor wir aufstehen, ziehen wir die Be<strong>in</strong>e etwas nach<br />

h<strong>in</strong>ten <strong>und</strong> beugen den Oberkörper nach vorne. So kann bei manchen Menschen e<strong>in</strong><br />

leichter Druck aufs Knie <strong>als</strong> taktiles Signal zum Aufstehen verwendet werden. Bei an<strong>der</strong>en<br />

kann e<strong>in</strong>e Geste o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> gesprochener Satz mehr bewirken.<br />

Beim Rutschen von e<strong>in</strong>em Stuhl zum<br />

nächsten demonstriert Petra Kümmel,<br />

dass Menschen sich spiralig bewegen.<br />

Um jemandem beim Aufstehen vom<br />

Stuhl zu helfen, ist e<strong>in</strong>e spiralige<br />

<strong>Bewegung</strong> besser <strong>als</strong> e<strong>in</strong>faches<br />

Ziehen.<br />

Auch beim H<strong>in</strong>setzen kommt es darauf an, die Abläufe zu studieren: welchen Weg nimmt<br />

das Gewicht? Diese Abläufe s<strong>in</strong>d auch wichtig beim Gang auf die Toilette <strong>und</strong> beim<br />

E<strong>in</strong>steigen <strong>in</strong>s Auto. E<strong>in</strong>en nicht zu vernachlässigenden E<strong>in</strong>fluss hat die Umgebung auf die<br />

verschiedenen Funktionen, doch ist auch hier die Biographie von entscheiden<strong>der</strong><br />

Bedeutung.<br />

Manche Demenzkranke können nicht mehr gehen. Dann kann es hilfreich se<strong>in</strong>, sich<br />

geme<strong>in</strong>sam zu bewegen. Um e<strong>in</strong>er Abwärtsspirale von immer weniger <strong>Bewegung</strong> <strong>und</strong><br />

zunehmendem Muskelabbau entgegen zu wirken, wird Sitzgymnastik empfohlen.<br />

Bildungsangebote<br />

E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>ästhetik-Kurs für pflegende Angehörige <strong>und</strong> ehrenamtlich Tätige umfasst achtzehn<br />

St<strong>und</strong>en. Die Kosten werden von <strong>der</strong> Pflegeversicherung übernommen. Für pflegende<br />

Angehörige <strong>und</strong> Betroffene ist e<strong>in</strong> Hausbesuch e<strong>in</strong>geschlossen. Bei Professionellen<br />

können die Kursgebühren evtl. vom Arbeitgeber übernommen werden.<br />

Dr. Brigitte Bauer-Söllner, Redaktionsteam<br />

3

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