Differenzialdiagnose der Schwerhörigkeit
Differenzialdiagnose der Schwerhörigkeit
Differenzialdiagnose der Schwerhörigkeit
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
MEDIZIN<br />
TABELLE 1<br />
Einteilung <strong>der</strong> <strong>Schwerhörigkeit</strong> nach dem Schweregrad (WHO) und allgemeine klinische Empfehlungen* 1<br />
Grad <strong>der</strong><br />
<strong>Schwerhörigkeit</strong><br />
0 – normalhörig<br />
1 – geringgradige<br />
<strong>Schwerhörigkeit</strong><br />
2 – mittelgradige<br />
<strong>Schwerhörigkeit</strong><br />
3 – hochgradige<br />
<strong>Schwerhörigkeit</strong><br />
4 – Hörreste o<strong>der</strong><br />
Taubheit<br />
mittlerer Hörverlust<br />
im Reinton-<br />
Audiogramm<br />
25 dB o<strong>der</strong> besser<br />
26–40 dB<br />
41–60 dB<br />
61–80 dB<br />
81 dB o<strong>der</strong> mehr<br />
klinischer Befund<br />
Schallempfindung durch die Sinneszellen <strong>der</strong> Cochlea<br />
o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Schallverarbeitung entlang des Hörnerven,<br />
<strong>der</strong> Hörbahn o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hörzentren in Frage. <strong>Schwerhörigkeit</strong><br />
ist somit nur ein Symptom <strong>der</strong> Erkrankung des<br />
Hörorganes. Sie ist abzugrenzen von an<strong>der</strong>en Formen<br />
<strong>der</strong> Hörstörung wie <strong>der</strong> Hyperakusis (Überempfindlichkeit<br />
gegenüber Schall), dem fluktuierenden Gehör<br />
o<strong>der</strong> dem Tinnitus.<br />
Häufigkeit <strong>der</strong> <strong>Schwerhörigkeit</strong><br />
in Deutschland<br />
Nach epidemiologischen Studien liegt die Prävalenz<br />
von behandlungsbedürftigen Hörstörungen in Deutschland<br />
bei etwa 19 % (2). Dabei wurden alle Personen als<br />
schwerhörig eingeschätzt, die in fünf Testfrequenzen<br />
zwischen 0,5 und 4 kHz eine Min<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hörfähigkeit<br />
um mindestens 40 dB aufwiesen. Dies entsprach<br />
im Jahr 2001 etwa einer Gesamtzahl von etwa 13,2<br />
Prävalenz<br />
Epidemiologischen Studien zufolge liegt die Prävalenz<br />
von behandlungsbedürftigen Hörstörungen<br />
in Deutschland bei etwa 19 %.<br />
keine o<strong>der</strong> nur leichte Probleme bei<br />
<strong>der</strong> Kommunikation, Patient kann<br />
Flüstersprache hören<br />
Umgangssprache wird 1 m vor dem<br />
Ohr verstanden<br />
lautes Sprechen wird 1 m vor dem<br />
Ohr verstanden<br />
einige Worte werden bei sehr lautem<br />
Sprechen auf dem besseren Ohr<br />
verstanden<br />
keinerlei Sprachverständnis bei<br />
maximaler Lautstärke<br />
Empfehlung<br />
Beratung, Verlaufskontrolle, bei Schallleitungsschwerhörigkeit<br />
OP-Indikation<br />
prüfen<br />
Beratung, Hörgerät gegebenenfalls empfehlenswert,<br />
bei Schallleitungsschwerhörigkeit<br />
o<strong>der</strong> kombinierter <strong>Schwerhörigkeit</strong> gegebenenfalls<br />
operative Versorgung<br />
Hörgerät ist zu empfehlen, bei Schallleitungsschwerhörigkeit<br />
o<strong>der</strong> kombinierter<br />
<strong>Schwerhörigkeit</strong> gegebenenfalls operative<br />
Versorgung<br />
Hörgerät nötig. Falls kein Hörgerät möglich,<br />
prüfen, ob an<strong>der</strong>e Hörsysteme in Frage<br />
kommen (implantierbares Hörgerät,<br />
Cochlea-Implantat) Lippenlesen und<br />
Zeichensprache unterstützend<br />
Hörgerätetrageversuch, bei Scheitern in <strong>der</strong><br />
Regel heute Indikation zur Cochlea-Implantation<br />
gegebenenfalls auch Hirnstammimplantatversorgung,<br />
ergänzend gegebenenfalls<br />
Lippenlesen/Zeichensprache<br />
* 1 Für den Mittleren Hörverlust werden für jedes Ohr getrennt die Mittelwerte des Hörverlustes aus den<br />
Frequenzen 500 Hz, 1000 Hz, 2000 Hz und 4000 Hz ermittelt, modifiziert nach WHO: Grades of hearing impairment;<br />
www.who.int/pbd/deafness/hearing_impairment_grades/en/index.html<br />
Millionen Menschen in Deutschland. Tatsächlich dürfte<br />
die Zahl jedoch höher liegen, weil zum einen Kin<strong>der</strong><br />
bis 14 Jahre in die Studie nicht einbezogen wurden und<br />
zum an<strong>der</strong>en nach Einschätzung <strong>der</strong> WHO bereits ab<br />
25 dB von einer geringgradigen <strong>Schwerhörigkeit</strong> auszugehen<br />
ist.<br />
Zur Prävalenz <strong>der</strong> verschiedenen <strong>Schwerhörigkeit</strong>sformen<br />
nach <strong>der</strong> Ursache gibt es keine Studie, die alle<br />
<strong>Schwerhörigkeit</strong>sformen erfasst.<br />
Im Kindesalter überwiegt die passagere Schallleitungsschwerhörigkeit<br />
infolge eines Paukenergusses mit<br />
einer Häufigkeit von 10 bis 30 % <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in den ersten<br />
drei Lebensjahren und einer Prävalenz von bis zu<br />
8 %. Angeborene permanente bilaterale <strong>Schwerhörigkeit</strong>en<br />
weisen dagegen eine Prävalenz von 1,2 pro 100 000<br />
auf, während beim Erwachsenen die sensorineurale<br />
<strong>Schwerhörigkeit</strong> des Alters überwiegt (Presbyakusis,<br />
Häufigkeit 40 % aller Menschen ab dem 65. Lebensjahr).<br />
Angeborene bilaterale <strong>Schwerhörigkeit</strong><br />
Angeborene permanente bilaterale <strong>Schwerhörigkeit</strong>en<br />
weisen eine Prävalenz von 1,2 pro 100 000<br />
Neugeborenen auf.<br />
434 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 108 | Heft 25 | 24. Juni 2011