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Das Auftreten des jungen Caesar C. Octavius, der Enkel von ...

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<strong>Das</strong> <strong>Auftreten</strong> <strong>des</strong> <strong>jungen</strong> <strong>Caesar</strong><br />

C. <strong>Octavius</strong>, <strong>der</strong> <strong>Enkel</strong> <strong>von</strong> <strong>Caesar</strong>s Schwester, befand sich am 15. März 44 in Apollonia (heute<br />

eine Ausgrabungsstätte nahe Fier/Albanien), bereit, mit seinem Großonkel zusammen am<br />

Partherfeldzug teilzunehmen. Am 22. März erreichte ihn ein Eilbote, welcher ihm einen Brief<br />

seiner Mutter Atia überbrachte. Dieser enthielt eine hastige Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ereignisse an <strong>der</strong><br />

Iden <strong>des</strong> März sowie die Auffor<strong>der</strong>ung, nach Rom zurückzukehren.<br />

Anscheinend war er augenblicklich entschlossen, seine Möglichkeiten voll auszureizen. <strong>Das</strong>s<br />

inzwischen die Lage zunächst beruhigt war, konnte Octavianus zu diesem Zeitpunkt nicht wissen.<br />

Auf Anraten <strong>von</strong> Freunden verhielt er sich zurückhaltend und zog es vor, seine Optionen<br />

vorsichtig zu sondieren.<br />

Inzwischen hatten ihm zahlreiche Offiziere und Soldaten aus <strong>Caesar</strong>s Veteranen schon ihre<br />

Gefolgschaft angeboten. <strong>Octavius</strong> fuhr heimlich nach Lupiae/Lecce, absichtlich nicht nach<br />

Brundisium, dem Hafen, in dem man normalerweise aus dem Osten ankam. Dort erfuhr er<br />

Näheres über die aktuelle Lage: <strong>Das</strong> Testament war am 19. März veröffentlicht worden, zwischen<br />

<strong>Caesar</strong>ianern und <strong>Caesar</strong>mör<strong>der</strong>n herrschte ein Waffenstillstand, die Position letzterer war längst<br />

nicht so stark und für ihn bedrohlich, wie es zunächst zu befürchten gewesen war. So entschloss<br />

er sich, dazu, seinen Erbteil anzunehmen, wozu vor allem <strong>der</strong> Name <strong>Caesar</strong>s gehörte: in ima cera<br />

Gaium Octauium etiam in familiam nomenque adoptauit; ... (Suet. div. Iul. 83, 2). Ab da hieß er<br />

also C. Iulius <strong>Caesar</strong>.<br />

Zum Namen:<br />

Der Name Octavianus wurde <strong>von</strong> ihm selbst nie benutzt. Bei diesem handelt es sich um einen<br />

Adoptionsnamen, mit dem man die leibliche Herkunft eines Adoptierten kenntlich machte. Da<br />

aber durch Adoption quasi eine genetische Verwandtschaft zwischen Adoptivvater und –sohn<br />

hergestellt wurde, war dies eine unnötige, in „Oktavians“ Fall eigentlich beleidigende<br />

Spitzfindigkeit, da er ja all sein Handeln darauf richtete, sich in je<strong>der</strong> Hinsicht zum vollwertigen<br />

Sohn <strong>des</strong> Ermordeten zu stilisieren.<br />

Offenbar wurde die Rechtmäßigkeit <strong>der</strong> Adoption nicht einmal <strong>von</strong> seinen Gegnern in Zweifel<br />

gezogen. Von Sueton (Aug. 7, 1) erfahren wir, dass Antonius seinen Rivalen in seinen Briefen<br />

"Thurinus" nannte; diesen Namen soll <strong>der</strong> spätere Augustus <strong>von</strong> seinem Vater C. <strong>Octavius</strong> geerbt<br />

haben. Eigentlich ein Ehrenname, wird er so zum propagandistischen Minuspunkt, da er auf den<br />

genealogischen Mangel <strong>des</strong> divi filius hinweist.<br />

Der Name Octavianus kommt also nicht einmal für Antonius in Frage.<br />

Es verwun<strong>der</strong>t nicht, dass Cicero den <strong>jungen</strong> Mann öfter Octavianus nannte, allerdings in <strong>der</strong><br />

Regel (z. B. in pro Quinctio) mit dem Zusatz <strong>Caesar</strong>. Er konnte sich ja nicht damit abfinden, dass<br />

ein neue <strong>Caesar</strong> auf die Szene getreten. Später akzeptierte er wi<strong>der</strong>willig den Namen <strong>Caesar</strong>,<br />

qualifiziert ihn aber, <strong>der</strong> Unterscheidbarkeit willen (<strong>der</strong> Dictator war ja erst seit einigen Monaten<br />

tot) und aus Überzeugung durch seinen Adoptivnamen.<br />

Eine Suche durch nahezu die gesamte lateinische Literatur ergab noch nicht einmal 40<br />

Nennungen <strong>des</strong> Wortes Octavianus, wobei ein großer Teil da<strong>von</strong> nicht die Person <strong>des</strong><br />

nachmaligen Augustus bezeichnet, son<strong>der</strong>n einfach als Adjektiv <strong>des</strong> Namens <strong>Octavius</strong> verwendet<br />

wird. Und die Nennungen, welche wirklich Oktavian meinen, gehen fast alle auf Cicero, und hier<br />

zumeist auf pro Quinctio, zurück.<br />

Cassius Dio (46, 47)


Die Geschichtsschreibung hat es sich angewöhnt, ihn gegen die Tradition Oktavian zu nennen,<br />

um ihn vom Dictator <strong>Caesar</strong> zu unterscheiden, wobei man allerdings auch die korrektere<br />

Bezeichnung „<strong>der</strong> junge <strong>Caesar</strong>“ findet.<br />

Welchen Schub ihm <strong>der</strong> Namenswechsel verlieh, verdeutlicht Appian anlässlich seines<br />

<strong>Auftreten</strong>s in Brundisium. Vor allem auf Soldaten und auf das Volk übte <strong>der</strong> Name <strong>Caesar</strong> eine<br />

große Anziehungskraft aus. Er half dem <strong>jungen</strong> Mann, die Loyalität, die seinem Adoptivvater<br />

gegolten hatte, auf sich umzulenken.<br />

Er selbst nannte sich nach dem Sieg bei Mutina „Imperator <strong>Caesar</strong>“; „imperator“ ist hier keine<br />

Amtsbezeichnung, son<strong>der</strong>n das „praenomen imperatoris“ und kann daher groß geschrieben<br />

werden. Hier wird eine neue Verwendung dieses Wortes kenntlich. Bisher war imperator<br />

<strong>der</strong>jenige, dem <strong>der</strong> Senat ein imperium verliehen hatte. Die Bedeutung, welche die Gefolgschaft<br />

<strong>der</strong> Soldaten in den Bürgerkriegen als Klientel ihrer Feldherren gewannen, beginnt schon hier<br />

verfassungsrechtliche Traditionen zu verän<strong>der</strong>n. Die Verleihung eines ordentlichen Imperiums an<br />

Oktavian durch den Senat war eher das hilflose Akzeptieren eines de facto schon <strong>von</strong> den<br />

Truppen vollzogenen Aktes. In <strong>der</strong> Kaiserzeit sind es ausschließlich die Truppen, welche einen<br />

Feldherrn zum imperator proklamieren, wenn er sie zum Sieg geführt hat. Die Kaiser führten<br />

diese Bezeichnung ergänzt durch die Zahl ihrer Proklamationen im Titel.<br />

Vorläufig sah sich Oktavian großen Schwierigkeiten gegenüber. Er hatte keine eigene Klientel,<br />

musste sich eine ausreichende Gefolgschaft verschaffen, dies zudem in wesentlichen Teilen<br />

außerhalb <strong>der</strong> Legalität, und, worin Antonius ihm eindeutig voraus war: Er konnte bisher keine<br />

anerkennenswerten Leistungen vorweisen, welche sein Eingreifen in die politischen<br />

Entwicklungen rechtfertigen konnten, er war bis auf einige prominente Auftritte, zu denen ihm<br />

sein Adoptivvater verholfen hatte; er war ein unbeschriebenes Blatt.<br />

Sein Weg nach Rom musste daher zugleich die für die Durchsetzung seines Anspruchs nötigen<br />

Voraussetzungen schaffen. Entsprechend lange dauerte er.<br />

Einige Tage zwischen dem 26. März und Anfang April wird er sich in Brundisium aufgehalten<br />

haben, nachdem er in Lupiae Gewissheit über die Situation erlangt hatte. Schon hier beging er<br />

einen regelrecht kriminellen Akt, welcher aber seine Aktionsfähigkeit ungemein steigerte: Er<br />

konfiszierte die Kriegskasse, welche noch <strong>Caesar</strong> für den Partherkrieg bis zu seiner geplanten<br />

Überfahrt in den Osten hier deponiert hatte. Vermutlich konnte er sich schon jetzt auf die<br />

Unterstützung dreier equites, Balbus, Matius und Oppius, stützen, welche als frühere<br />

Gefolgsleute <strong>Caesar</strong>s jetzt allen Einfluss verloren hatten, welchen sie zu <strong>des</strong>sen Lebzeiten trotz<br />

ihres min<strong>der</strong>en Stan<strong>des</strong> gehabt hatten. Sie waren finanzstark und zudem erfahren in Gelddingen<br />

und stellten ihr Wissen und ihre Beziehungen sofort in den Dienst <strong>des</strong> Sohnes.<br />

Seine Reise <strong>von</strong> Brundisium nach Rom, wo er erst am 6. Mai eintraf, beanspruchte fast<br />

an<strong>der</strong>thalb Monate. In Kampanien bog er <strong>von</strong> <strong>der</strong> Via Appia ab an den Golf <strong>von</strong> Neapel.<br />

Octavians erste Begegnung mit Cicero fand zwischen dem 18. und dem 22. April in <strong>des</strong>sen Villa<br />

in Puteoli statt (Att. 14, 10, 3 - 12, 2). Nobiscum hic perhonorifice et peramice <strong>Octavius</strong>. quem<br />

quidem sui <strong>Caesar</strong>em salutabant, Philippus non, itaque ne nos quidem. Quem nego posse esse<br />

bonum civem.) So berichtet Cicero.<br />

Hier wuchs sein Tross gewaltig an. Der Weg durch Kampanien war absichtsvoll gewählt:<br />

Oktavian durchquerte genau die Landstriche, in denen die meisten <strong>von</strong> <strong>Caesar</strong>s Veteranen<br />

angesiedelt worden waren, so dass ihm <strong>der</strong> Zuwachs an Anhängern nahezu sicher war. Diese<br />

Veteranen waren <strong>von</strong> <strong>der</strong> kompromissbereiten Haltung <strong>des</strong> Antonius enttäuscht und erhofften


sich vom Sohn <strong>des</strong> toten Dictators die Rache, welche die pietas gegenüber dem Vater erfor<strong>der</strong>te.<br />

Pietas erga parentem: <strong>Das</strong> ist schon in den ersten Anfängen demonstratives Leitmotiv seines<br />

Handelns, das sich durch seine Karriere als Programm hinzieht bis in Vergils Aeneis und seine<br />

Bau- und Bildprojekte.<br />

In <strong>der</strong> Tat hatte <strong>der</strong> Junge einen Trumpf auf <strong>der</strong> Hand, <strong>der</strong> seine sonstigen Nachteile, zu weiten<br />

Teilen aufwog: Den Namen <strong>Caesar</strong> und den glaubwürdigen Anspruch, seinen Vater beerben zu<br />

können und auch aufrichtig zu wollen. Es war nur folgerichtig, dass Oktavian genau auf diese<br />

Karte setzte, welche nur er vollkommen überzeugend spielen konnte. Er zog die Veteranen<br />

<strong>Caesar</strong>s an.<br />

<strong>Das</strong>s Antoninus im April und Mai 44 nach Kampanien reiste, um Veteranen anzusiedeln, war<br />

eine direkte Antwort auf den Zug Oktavians. Dies war exakt das Gebiet, durch die sein<br />

bedrohlich werden<strong>der</strong> Rivale wenige Tage zuvor gezogen war. Antonius scheint das<br />

Bedrohungspotiential seines kommenden Rivalen schon in diesen Anfängen realistisch<br />

eingeschätzt zu haben.<br />

Und nicht nur zu diesem Zweck trat er dort auf: Er kam Anfang Juni, wie schon beschrieben, mit<br />

mehreren tausend dort reaktivierter Soldaten nach Rom zurück.<br />

<strong>Das</strong>s <strong>der</strong> Senat und speziell die <strong>Caesar</strong>mör<strong>der</strong> sich durch sie bedroht fühlten, ist nachvollziehbar;<br />

diesen galt die Truppenkonzentration aber nicht, son<strong>der</strong>n sie war eine Absicherung gegen den<br />

erstarkenden Oktavian. Zudem gaben sie ihm Nachdruck für seine For<strong>der</strong>ung gegenüber dem<br />

Senat, die acta <strong>Caesar</strong>is zu ratifizieren. Auch sein Verlangen, statt Makedoniens die Provinz<br />

Gallien zu erhalten, wird vor diesem Hintergrund plausibel.<br />

Die ersten Auftritte <strong>des</strong> Oktavian in Rom stärkten seine Position nachdrücklich. In einer<br />

Volksversammlung nahm er eine radikale Haltung an und versprach Rache für den Mord und<br />

Vollstreckung seiner Legate. Dies kostete Antonius viele Sympathisanten, welche genau diese<br />

dezidierte Linie am Consul vermissten.<br />

Die mutmaßlich erste persönliche Begegnung <strong>der</strong> Rivalen war <strong>von</strong> deutlicher Unfreundlichkeit<br />

geprägt und zugleich ein erstes Abschätzen. Putarch schil<strong>der</strong>t sie (Ant. 16): Antonius versuchte<br />

den <strong>jungen</strong> Mann einzuschüchtern, wobei er nicht mit wirklichem Erfolg rechnen konnte.<br />

Rechtliche Einwände gegen die Amtsanmaßung Oktavians vorzubringen war <strong>von</strong> vornherein<br />

wenig erfolgversprechend, da dieser sich seines Defizits auf diesem Gebiet wohl sehr genau<br />

bewusst war. Vollkommen berechtigt scheint daher die For<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Antonius, Oktavian solle<br />

die wi<strong>der</strong>rechtlich konfiszierte Kriegskasse herausrücken. Oktavian dachte aber nicht daran.<br />

Antonius hatte es nun mit zwei Gegnern zu tun, welche aus ganz unterschiedlichen Motiven und<br />

aus ganz unterschiedlichen Richtungen seine Wi<strong>der</strong>sacher waren. Durch seine Rivalität mit<br />

Okatavian isolierte er sich zudem innerhalb <strong>des</strong> caesarianischen Lagers, da <strong>der</strong> junge <strong>Caesar</strong><br />

durch seine Person und sein Programm die Wünsche und Träume <strong>der</strong> meisten <strong>Caesar</strong>ianer viel<br />

überzeugen<strong>der</strong> verkörperte als <strong>der</strong> andauernd zum Lavieren gezwungene Antonius.<br />

Dies war <strong>der</strong> Stand <strong>der</strong> Dinge, als Cicero seine erste Philippische Rede hielt.

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