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Die Ereignisse nach Caesars Tod Caesar war tot. Marcus Brutus ...

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<strong>Die</strong> <strong>Ereignisse</strong> <strong>nach</strong> <strong><strong>Caesar</strong>s</strong> <strong>Tod</strong><br />

<strong>Caesar</strong> <strong>war</strong> <strong>tot</strong>. <strong>Marcus</strong> <strong>Brutus</strong> reckte über der Leiche des Diktators seinen Dolch in die Höhe<br />

und rief laut „Cicero“. <strong>Die</strong> Senatoren hatten es eilig, den Senat zu verlassen, da sie mit dem<br />

raschen Eintreffen von Leibgardisten <strong><strong>Caesar</strong>s</strong> rechneten. Etwa 60 Personen <strong>war</strong>en direkt<br />

beteiligt gewesen; sie verbarrikadierten sich auf dem Capitol. So die Situation am Abend des<br />

15. März 44.<br />

Was hinderte Antonius daran, <strong>nach</strong> den Iden des März mit Hilfe seiner Truppen die<br />

<strong>Caesar</strong>mörder auf der Stelle zu beseitigen und seine politsch unsichere Situation militärisch<br />

zu sichern?<br />

Aus dem Senat <strong>war</strong> nur geringe Gegenwehr zu er<strong>war</strong>ten. <strong>Die</strong> Senatspartei hatte für ihren<br />

Widerstand gegen <strong>Caesar</strong> seit 49 einen hohen Blutzoll bezahlt. <strong>Caesar</strong> hatte den Senat mit 400<br />

Neu-Senatoren, größtenteils aus dem Ritterstand, aufgefüllt, welche aufgrund der<br />

Verpflichtung gegenüber dem <strong>tot</strong>en Diktator und ihrer prinzipiellen Oppositionsstellung zu<br />

den alten nobiles im Senat kaum deren Partei ergriffen hätten. Der Senat <strong>war</strong> als politisches<br />

Organ nicht mehr handlungsfähig. Magistrate <strong>war</strong>en durch <strong><strong>Caesar</strong>s</strong> zynischen Umgang mit<br />

ihnen zu Scheinämtern entartet 1 . Jochen Bleicken beschreibt den Senat des Jahres 45 treffend:<br />

ein Gremium, das ein Schatten seiner selbst <strong>war</strong>, das panisch die Flucht ergriff, als M. <strong>Brutus</strong><br />

über <strong><strong>Caesar</strong>s</strong> Leichnam den Namen Ciceros ausrief, synonym mit dem Wort Freiheit; ein<br />

Gremium, in dem sich nur noch wenige nobiles befanden, die ihren cursus honorum nicht von<br />

<strong><strong>Caesar</strong>s</strong> oder anderer Gnaden absolviert hatten, kein einziger Consular, abgesehen von Cicero<br />

und drei oder vier anderen grauen Eminenzen, die ihre Ämter „im freien Spiel der Kräfte“<br />

hatten gewinnen müssen. <strong>Die</strong>ser Senat hatte nicht mehr die Kraft, das Rad der Zeit<br />

zurückzudrehen, wenngleich sich in den Monaten <strong>nach</strong> den Iden des März die Mechanismen<br />

der alten res publica nochmals zeigten. Ein wirklich effizienter Widerstand gegen den engsten<br />

<strong>Caesar</strong>-Gefolgsmann Antonius wäre von der Seite des Senats aus nicht zu befürchten<br />

gewesen. Dennoch zögerte der Consul, sofort polizeilich oder militärisch gegen die Mörder<br />

vorzugehen. Überhaupt erweist sich sein Verhalten in der folgenden Zeit als viel mehr den<br />

rechtlichen Regeln entsprechend, als Cicero ihm das in seinen Reden zubilligt. Es ist vielmehr<br />

oft der Senat, der eigentlich diese Regeln verletzt.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Caesar</strong>ianer, deren Hauptvertreter Antonius als Consul ja <strong>war</strong>, <strong>war</strong>en eine sehr<br />

inhomogene, wenn überhaupt eine Gruppe. M. Aemilius Lepidus, der magister equitum, dem<br />

eine Legion in Rom zur Verfügung stand, <strong>war</strong> nur einer von mehreren denkbaren Rivalen des<br />

Antonius. Lepidus forderte offen Rache für <strong>Caesar</strong> und hetzte die Plebs wie auch seine<br />

Soldaten mit allen Mitteln auf. Ein Einschwenken auf diesen Kurs hätte Antonius auf eine<br />

Option festgelegt, und in der Konkurrenz mit Lepidus wäre seine Dominanz nicht garantiert<br />

gewesen. <strong>Die</strong> Hausmacht des Antonius stand auf wackligen Füßen. Ein Agieren auf dem<br />

Boden der Rechtlichkeit bot vorläufig die Aussicht auf weitergehende Akzeptanz als die<br />

Errichtung einer Militärherrschaft und sicherte ihm den Konsens der Gemäßigten in den<br />

1 45 übte <strong>Caesar</strong> das Consulat sine collega aus, trat im Oktober plötzlich zurück, was angesichts des<br />

Fehlens jeglicher Gründe ein unerhörter Vorgang <strong>war</strong>, und ernannte zwei consules suffecti. Als am 31.<br />

Dezember einer der beiden mittags verstarb, ließ <strong>Caesar</strong> C. Caninius Rebilus zum cos. suffectus ernennen. Beim<br />

feierlichen Geleit zu seinem Haus meinte Cicero, man müsse sich beeilen, dass man vor Ende des Consulats<br />

ankäme. Caninius galt als einziger Consul, während dessen Consulat niemand gefrühstückt hatte. – Ein derartig<br />

höhnisch buchstabengetreuer Umgang mit der Tradition <strong>war</strong> ein gezielter Spott über die Organe der alten<br />

Staatsordnung.<br />

Auch die Volksversammlung, die ja durch unbeeinflussbare Wahlen das Machtmonopol <strong><strong>Caesar</strong>s</strong><br />

potentiell hätte gefährden können, wurde dadurch kaltgestellt, dass <strong>Caesar</strong> in Vorbereitung des Partherfeldzugs<br />

die Magistrate auf 5 Jahre im Voraus bestimmte.


Reihen der <strong>Caesar</strong>ianer wie auch auf Seiten des Senats. So <strong>war</strong> sein Rivale im eigenen Lager<br />

zunächst isoliert.<br />

Angesichts seiner Veteranen und aktiven Truppen ging andererseits aber nichts ohne<br />

Antonius. Wenn er jedoch auf seine Veteranen vertrauend auf die Gewaltkarte gesetzt hätte,<br />

wäre er im Staatskontext und innerhalb der <strong>Caesar</strong>ianer isoliert bzw. leicht zu isolieren<br />

gewesen. Er hätte sich offen als Staatsfeind exponiert.<br />

Außerdem bedeutete die weitere Existenz der <strong>Caesar</strong>mörder im Staatsleben ein potentielles<br />

Feindbild, welches bei Gelegenheit aktiviert und als Kondensationskern für eine Stärkung der<br />

Allianz zwischen den <strong>Caesar</strong>ianern würde herhalten können. <strong>Die</strong> zeitweilige Kooperation mit<br />

dem von <strong>Caesar</strong>gegnern dominierten Senat <strong>war</strong> so gesehen eine kluge Taktik, die ihm ein<br />

demonstrativ staatsdienliches Verhalten ermöglichte und zugleich die Möglichkeit offenließ,<br />

gegen sie bei gegebener Gelegenheit als Rächer <strong><strong>Caesar</strong>s</strong> vorzugehen.<br />

Es galt, die aktuelle Situation zu bewältigen. <strong>Die</strong> gegnerischen Parteien verfuhren extrem<br />

vorsichtig, fast zögerlich, und so einigten sie sich am 17. März auf ein Stillhalteabkommen,<br />

für dessen Zustandekommen beide erhebliche Zugeständnisse machten.<br />

Es ist ein Charakteristikum von Politik in allen Zeiten, das sich in unserer Geschichte in<br />

besonders ausgeprägter Gestalt zeigt, dass Akteure nicht agieren, sondern reagieren, oft in<br />

uner<strong>war</strong>teter und auch widersprüchlicher oder absurder Weise.<br />

Das korrekte Verhalten des Consuls, die Amnestien und Zusagen der Kooperation muss man<br />

als vorsichtiges und kluges Manövrieren bewerten, welches zu Ciceros Zerrbild eines<br />

Menschen, der sich um seinen Verstand gesoffen und gehurt hatte, keineswegs passen will.<br />

Welche Taktik Antonius gewählt hätte, wäre nicht Oktavian auf der Bühne erschienen und<br />

hätte er die Möglichkeit gehabt, die Entwicklung ungestört zu formen, muss Spekulation<br />

bleiben. Aber man darf vermuten, dass ihm zumindest in dieser frühen Phase nicht die<br />

Errichtung einer quasi-monarchischen Position vorschwebte. Er wollte sich alle Optionen<br />

offen halten und damit die Chance gewinnen, seine eigene Position durch Mehrung seiner<br />

Anhängerschaft zu sichern und auszubauen. Dazu setzte er allerdings auch fragwürdige Mittel<br />

ein: Er verfügte über das Privatarchiv <strong><strong>Caesar</strong>s</strong>, welches ihm dessen Witwe überlassen hatte,<br />

und zauberte aus ihm <strong>nach</strong> Belieben Gesetze und Projekte hervor, die seiner Sache dienten.<br />

So gewann Antonius Zeit und Rückhalt. Er konnte seine Veteranen in Rom<br />

zusammenströmen lassen, und Consulare und Senatoren gaben sich in seinem Haus die<br />

Klinke in die Hand. Antonius erntete die Früchte seines gemäßigten Verhaltens, als der Senat<br />

im Gegenzug für seinen Gewaltverzicht die Versorgung seiner Veteranen garantierte. <strong>Die</strong><br />

Agitation des Lepidus (unterstützt durch Antonius) bei der Einäscherung von <strong><strong>Caesar</strong>s</strong><br />

Leichnam auf dem Forum führte z<strong>war</strong> nochmals zu Gewaltausbrüchen und dem<br />

Niederbrennen einiger Senatorenhäuser, aber damit hatte der Versuch einer radikalen Lösung<br />

durch Lepidus seinen Impetus völlig verloren. Er reiste aus Rom ab. <strong>Die</strong> kluge Politik des<br />

Antonius bewies sich gleich darauf ein weiteres Mal, als er sich mit Lepidus durch die Heirat<br />

seiner Tochter mit dessen Sohn familiär verband und so seinen Anspruch auf die Nachfolge<br />

<strong><strong>Caesar</strong>s</strong> festigte.<br />

Auch Antonius hatte bei der Leichenfeier auf dem Forum heftig gegen die <strong>Caesar</strong>mörder<br />

polemisiert; sein sonstiges Verhalten aber hielt ihm den Spielraum für Koalitionen in jede<br />

Richtung offen.<br />

So konnte er sich nämlich der Zustimmung der Plebs, derer von <strong><strong>Caesar</strong>s</strong> Veteranen und<br />

Freunden, aber durch seine sonstige Mäßigung der Offenheit auf Seiten der Senatoren<br />

versichern. Sein Verhalten ist schwer zu klassifizieren. Man kann es nur als äußerst<br />

geschicktes Lavieren bewerten, vor allem, wenn man sich die Erfolglosigkeit der Radikaleren<br />

auf beiden Seiten vor Augen hält. Ein Populist namens Amatius, der sich C. Marius nennen<br />

ließ, hörte <strong>nach</strong> <strong><strong>Caesar</strong>s</strong> Begräbnis nicht auf, wild zu agitieren und die Verschwörer mit dem<br />

<strong>Tod</strong> zu bedrohen (Appian, b. c. 3, 2, 1 ff.). Antonius ließ ihn verhaften und hinrichten,


wodurch er sich den Zorn des Volkes zuzog, aber auch die Zustimmung des Senats gewann.<br />

Vorläufig reichte es ihm aber, gegen mögliche Anfeindung von jeder Seite auf seine Soldaten<br />

und Veteranen zu bauen.<br />

Schärfer wurde sein Vorgehen erst einige Monate später, auch aufgrund des Auftretens des C.<br />

Octavius, der die ihm durch <strong><strong>Caesar</strong>s</strong> Testament zugefallenen Chancen unglaublich zielstrebig<br />

ausnützte. Ende Mai brachte Antonius Truppen aus Kampanien <strong>nach</strong> Rom mit, was im Senat<br />

beträchtliche Unruhe auslöste (Cic. Phil. 2, 108; Att. 15, 5, 3).<br />

Da Antonius für wichtige Entscheidungen Widerstand aus dem Senat er<strong>war</strong>tete, brachte er<br />

seine Anliegen gleich vor die Volksversammlung und ließ dort darüber anstimmen. <strong>Die</strong><br />

wichtigste Entscheidung, die er so durchbrachte, <strong>war</strong> die lex de permutatione provinciarum.<br />

Statt der ihm eigentlich zugedachten Provinz Makedonien bekam er so Gallien und dazu das<br />

Recht, die makedonischen Legionen <strong>nach</strong> Gallien mitzunehmen. Der derzeitige Statthalter<br />

von Gallien <strong>war</strong> D. <strong>Brutus</strong>, einer der <strong>Caesar</strong>mörder. <strong>Die</strong>s sollte ein zentraler Konfliktpunkt<br />

werden.<br />

Antonius konnte aus einer Position der Stärke heraus agieren, die Senatoren herausfordern<br />

und kompromittieren, was er tat, vorläufig ohne den Boden der Rechtlichkeit zu verlassen.<br />

<strong>Die</strong> Durchsetzung der Agrargesetze zugunsten seiner Truppen wurden angesichts seiner<br />

mehrere Tausend Soldaten umfassenden Truppen widerstandslos durchgewinkt.<br />

<strong>Die</strong>s <strong>war</strong> die Situation, als <strong>Caesar</strong> Sohn, der junge <strong>Caesar</strong> oder Oktavian, wie ihn die moderne<br />

Geschichtsschreibung der Unterscheidbarkeit wegen fälschlich nennt, die Bühne betrat.

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