Einführung in den Sohar - Salomon Ludwig Steinheim-Institut für ...
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und Zeitstufen umfassen<strong>den</strong> Näherbestimmung betipharah<br />
(„<strong>in</strong> Herrlichkeit“).<br />
Auch wenn <strong>in</strong> dieser Art Wortspiel mit hajah<br />
Anklänge an die Gottesoffenbarung im brennen<strong>den</strong><br />
Dornbusch Ex 3, 14 („ich b<strong>in</strong>, der ich b<strong>in</strong>“; ich<br />
werde se<strong>in</strong>, der ich se<strong>in</strong> werde“) und das Tetragramm<br />
vernehmbar wer<strong>den</strong>, so geht es doch hier<br />
nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie um e<strong>in</strong>e <strong>den</strong> Gottesnamen auszeichnende<br />
Beziehungsaussage, sondern um e<strong>in</strong>e<br />
Aussage ausschließlich über „IHN alle<strong>in</strong>“, (siehe<br />
auch die Akzentuierung durch lewado <strong>in</strong> Vers 3!).<br />
Dieser V. 4 , der mit betontem wehuh („und<br />
ER“) e<strong>in</strong>setzt und es dann noch zweimal wiederaufnimmt,<br />
bereitet <strong>den</strong> ebenfalls mit wehuh e<strong>in</strong>setzen<strong>den</strong><br />
zentralen V. 5 vor, der sowohl positiv als<br />
auch negativ die E<strong>in</strong>zigkeit Gottes zum Ausdruck<br />
br<strong>in</strong>gt. Damit stellt er <strong>den</strong> Bezug zum Schma’ Jisrael<br />
(„Höre Israel“ Dtn 6,4), dem Bekenntnis zu<br />
JHWH, dem e<strong>in</strong>en Gott Israels, her: „Und er ist e<strong>in</strong>er<br />
und es gibt ke<strong>in</strong>en zweiten, zu vergleichen ihm<br />
zuzugesellen.“<br />
Der erste Teil des Hymnus schließt mit e<strong>in</strong>er<br />
Art Doxologie, die noch e<strong>in</strong>mal die (zeitliche) Unbegrenztheit<br />
des Königtums Gottes bes<strong>in</strong>gt, wobei<br />
offenbleibt, ob dieser Lobpreis die Form e<strong>in</strong>es Bekenntnisses<br />
oder e<strong>in</strong>er Bitte hat: „Ohne Anfang<br />
und ohne Ende, (und) ihm ist/ sei die Macht und<br />
die Herrschaft.“<br />
Der zweite Teil des Gebets (VV. 7-10), der die<br />
Zuwendung dieses zuvor beschriebenen unvergleichlichen,<br />
e<strong>in</strong>zigen Gottes zum Beten<strong>den</strong> selbst<br />
meditiert, beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>em direkten sprachlichen<br />
Bezug zum ersten Teil, drängt ihn be<strong>in</strong>ahe ohne<br />
Atempause weiter: Wie die Verse 4 und 5 mit betontem<br />
vehuh („und ER“) e<strong>in</strong>setzen, so auch die<br />
VV. 7 und 8. Diese Parallelität ist beabsichtigt, <strong>den</strong>n<br />
sie hebt hervor, dass der e<strong>in</strong>zige Gott, dem niemand<br />
„zu vergleichen“ und „zuzugesellen“ ist (V. 5)<br />
<strong>in</strong> Beziehung tritt zu „mir“, dem Beten<strong>den</strong> selbst<br />
(VV. 7a u. 8a), der se<strong>in</strong>e positive Gotteserfahrung<br />
<strong>in</strong> unterschiedlichen, <strong>den</strong> biblischen Psalmen entnommenen<br />
Bildern bes<strong>in</strong>gt (s.o.). Es s<strong>in</strong>d Bilder des<br />
Schutzes und der Bewahrung, <strong>den</strong>n der ewige<br />
(’olam) Gott, der Herr über alles und alle Zeit ist<br />
(V. 4), ist auch „me<strong>in</strong> Gott“ - die Bezeichnung el<br />
(„Gott“) taucht hier zum ersten Mal auf! - „me<strong>in</strong><br />
Erlöser“, „me<strong>in</strong>e Zuflucht“ zur Zeit der Not (VV. 7<br />
u. 8). Aus dieser Erfahrung des Beistandes Gottes <strong>in</strong><br />
der Bedrängnis trifft der Betende die Entscheidung<br />
(beachte die Verben der 1. Person sgl. <strong>in</strong> <strong>den</strong> VV. 9<br />
u.10!), se<strong>in</strong> ganzes Leben samt Geist und Leib zu<br />
aller Zeit, d.h. wenn er schläft – e<strong>in</strong>e Situation des<br />
völligen Ausgeliefertse<strong>in</strong>s und somit der besonderen<br />
Schutzbedürftigkeit – und wenn er erwacht und<br />
wacht, <strong>in</strong> Gottes Hand zu legen.<br />
Der Höhepunkt des Gottesbekenntnisses, als<br />
das der gesamte Hymnus, <strong>in</strong>sbesondere aber se<strong>in</strong><br />
zweiter Teil (VV. 7-10) verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> kann, ist<br />
se<strong>in</strong> letzter Halbvers (V. 10b). Es ist der kürzeste,<br />
<strong>in</strong>haltlich jedoch der gefüllteste Vers des Gebets<br />
und steht alle<strong>in</strong>! Denn anders als sonst bil<strong>den</strong> an<br />
dieser Stelle die drei(!) vorangehen<strong>den</strong> Halbverse<br />
e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit. So gehört V. 10a <strong>in</strong>haltlich noch zu<br />
V. 9, was auch daran sichtbar wird, dass V. 10a die<br />
direkte Fortsetzung von V. 9a ist (beachte das wiederaufgenommene<br />
ruchi „me<strong>in</strong> Geist“ und die auf<br />
beide Halbverse bezogene Verbform von V. 9a!). In<br />
dem abschließen<strong>den</strong> V. 10b, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sehr persönlichen<br />
Bekenntnis sozusagen das Fazit aus dem<br />
Vorangegangenen zieht, stehen sich Gott und der<br />
Betende noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> zwei ganz kurzen Worten<br />
(jeweils gebildet aus nur zwei Buchstaben!) „zur<br />
Seite“! Sie sagen das Entschei<strong>den</strong>de aus: JJ li<br />
„JHWH ist <strong>für</strong> mich“ und man könnte im H<strong>in</strong>blick<br />
auf die belastende Lebenssituation des Beten<strong>den</strong><br />
fortfahren: wer oder was auch immer „gegen<br />
mich“ ist. Zum ersten Mal ersche<strong>in</strong>t hier nun, am<br />
Ende des Psalms, das Tetragramm, der Gottesname,<br />
<strong>in</strong> liturgischem Zusammenhang ehrfurchtsvoll mit<br />
ADONAI „HERR“ oder eigentlich „me<strong>in</strong> HERR“<br />
umschrieben. Dieses ADONAI „me<strong>in</strong> HERR“<br />
schafft die Verb<strong>in</strong>dung zum Anfang des Hymnus<br />
Adon Olam „Herr der Welt“, nun aber viel persönlicher,<br />
viel näher, <strong>den</strong>n das Tetragramm JHWH (im<br />
vorliegen<strong>den</strong> Gebet ebenfalls aus Ehrfurcht vor der<br />
Heiligkeit des Namens abgekürzt) ist e<strong>in</strong> Beziehungsbegriff,<br />
der die gesamte Bundes- und Heilsgeschichte<br />
Gottes mit se<strong>in</strong>em Volk Israel umschließt<br />
und <strong>in</strong>s Gedächtnis ruft. In diese Heilsgeschichte<br />
sieht sich auch der hier Betende gestellt. Darum<br />
vertraut er darauf, dass er Gott auf se<strong>in</strong>er Seite hat,<br />
dass JHWH „<strong>für</strong> ihn“ ist (V. 10b), was ihn trotz<br />
Not und Bedrängnis (VV. 7u. 8) von aller Angst befreit:<br />
„Ich <strong>für</strong>chte mich nicht“ (V. 10b).<br />
In dieser Gewissheit endet der Hymnus. Er<br />
stellt die Beziehung her zwischen dem „Herrn der<br />
Welt“ (Adon’olam, V. 1) und „me<strong>in</strong>em HERRN“<br />
(ADONAI JHWH, V. 10), zwischen dem fernen, unerreichbaren<br />
und doch ganz nahen Gott. Weil der<br />
Herr aller Weltzeit (Adon ’olam) auch „me<strong>in</strong><br />
HERR“ ist, ist das ganze Leben des Beten<strong>den</strong> mit<br />
se<strong>in</strong>en hellen aber auch mit se<strong>in</strong>en dunklen Stun<strong>den</strong><br />
geborgen <strong>in</strong> Gottes Hand. Ähnlich hatte es<br />
viele Jahrhunderte zuvor der Psalmist ausgedrückt,<br />
wenn er sang: „Ich hebe me<strong>in</strong>e Augen auf zu <strong>den</strong><br />
Bergen. Woher kommt me<strong>in</strong>e Hilfe? Me<strong>in</strong>e Hilfe<br />
kommt von JHWH, der Himmel und Erde gemacht<br />
hat.“ (Ps 121,1 u. 2). JHWH, der Schöpfergott<br />
und Gott Israels, ist auch „me<strong>in</strong> Gott“. Warum<br />
also sollte ich „mich“ <strong>für</strong>chten?