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Rind 04-2012.pdf

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Tuberkulintest gibt Klarheit<br />

Tuberkulin ist eine Proteinmischung, die<br />

aus Mycobakterien oder synthetisch hergestellt<br />

wird: Es löst eine Immunreaktion aus,<br />

wenn das Immunsystem gleichzeitig auch<br />

Kontakt zu Mycobakterien hat. Liegt eine<br />

Infektion vor, dann bekämpft der Organismus<br />

das Tuberkulin, diese Abwehrreaktion<br />

des Immunsystems ist in der Haut messbar.<br />

Dazu spritzt der Tierarzt an einer Stelle am<br />

Hals oder am Schulterblatt eine winzige<br />

Menge Tuberkulin und 72 Stunden später<br />

steht das Ergebnis fest: Ist die Haut an der<br />

Stelle deutlich verdickt und entzündet, gilt das<br />

Ergebnis als positiv, das Tier hat Tuberkulose.<br />

Hat sich an der Hautstelle nicht viel getan und<br />

keine Entzündung gebildet, ist der Test negativ.<br />

Mit Tuberkulin experimentierte bereits<br />

Robert Koch um 1890. Was sich der Tuberkuloseforscher<br />

als Heilmittel erhofft hatte,<br />

wurde zum flächendeckend eingesetzten<br />

Diagnoseverfahren. Etwa in den 1920er<br />

Jahren etablierte sich der Tuberkulintest für<br />

<strong>Rind</strong>erbestände in vielen Staaten, so auch in<br />

Deutschland. Die Tests fanden flächendeckend<br />

in regelmäßigen Abständen statt, diese<br />

Maßnahme wurde erst mit der offiziellen<br />

Feststellung der Tuberkulosefreiheit abgeschafft.<br />

Schutz für Mensch und Tier<br />

Weiterhin überwacht werden allerdings<br />

Milch- und Fleischerzeugung. So kommt es,<br />

dass die exakte Diagnose beim Tier oft erst<br />

nach seinem Tod bei der amtlichen Fleischuntersuchung<br />

am Schlachthof erfolgt oder bei<br />

der Untersuchung verendeter Tiere durch die<br />

Untersuchungsämter der Bundesländer. Verdächtige<br />

Organveränderungen melden die<br />

Landeseinrichtungen an das Nationale Referenzlabor<br />

für Tuberkulose am Friedrich-<br />

Loeffler-Institut, wo Proben untersucht werden.<br />

Die Krankheit ist anzeigepflichtig, die<br />

Behandlung verboten, daher werden infizierte<br />

Tiere getötet.<br />

Da Tuberkulose über infizierte tierische<br />

Lebensmittel übertragbar ist, ist die Pasteurisierung<br />

der Milch eine wirkungsvolle Vorsorge.<br />

Außerdem sollen die amtlichen Fleischuntersuchungen<br />

am Schlachthof dafür sorgen,<br />

dass infiziertes Material nicht die Reise in<br />

den Lebensmitteleinzelhandel antritt.<br />

Paratuberkulose:<br />

Nicht Lunge sondern Darm<br />

betroffen<br />

Auch bei der Paratuberkulose ist ein Mycobakterium<br />

der Auslöser: Mycobacterium<br />

avium spp. Paratuberculosis (MAP). Die vor<br />

allem im englischen Sprachraum auch nach<br />

ihrem Entdecker als Johnsche Krankheit<br />

bezeichnet wird, hielt man zunächst für eine<br />

andere Ausbildung der Tuberkulose, die ein-<br />

In den ersten Wochen einzeln und dann in altersgleichen Gruppen gehalten minimiert sich<br />

das Ansteckungsrisiko.<br />

fach nur ein anderes Organsystem angreift:<br />

statt der Lungen den Magen-Darm-Trakt. Das<br />

ist nicht so. Obwohl der Erreger verwandt mit<br />

dem der Tuberkulose ist, ist die Krankheit<br />

doch eine gänzlich andere und eigenständige.<br />

Meist infizieren sich schon die Jungtiere<br />

über mit Kot verschmutztes Futter. Die Bakterien<br />

sind in Gülle und Boden lange, bis zu<br />

einem Jahr, überlebensfähig, da sie von einer<br />

schützenden Wachsschicht ummantelt sind.<br />

Kälber infizierter Kühe können sich schon im<br />

Mutterleib oder über das Kolostrum anstecken.<br />

Die Inkubationszeit kann zwischen einem<br />

und zehn Jahren liegen. Als Kalb infizierte<br />

Tiere, scheiden meist ab einem Alter von etwa<br />

zwei Jahren selbst MAP aus. Zum Ausbruch<br />

der Krankheit bei diesen Tieren kommt es<br />

aber erst erheblich später, oft zwischen dem 3.<br />

und 6. Lebensjahr.<br />

Jahrelang versteckte<br />

Infektion<br />

Im Verlauf der Krankheit besiedelt das<br />

Bakterium den Darm und dringt von dort aus<br />

in die anderen Organe vor.<br />

Da der Darm geschädigt ist, verringert<br />

sich seine Fähigkeit, Nährstoffe aufzunehmen.<br />

Das Tier ist in seiner Leistung eingeschränkt,<br />

was wirtschaftliche Verluste für den<br />

Betrieb mit sich bringt. Kommt es zum Ausbruch<br />

der Krankheit, dann magert das betroffene<br />

Tier immer mehr ab, obwohl es gut frisst.<br />

Zu Anfang hat es mal Durchfall und mal nicht,<br />

später geht nur noch dünner, blasiger Kot ab.<br />

Kühe bringen leichte Kälber zur Welt und sie<br />

lassen in der Milchleistung nach, die irgendwann<br />

gänzlich zum Erliegen kommt. Langfristig<br />

mergelt der Patient aus und stirbt an<br />

Entkräftung. Das Bakterium vermehrt sich<br />

nur im lebenden Wirt, kann aber über die<br />

Milch in die Lebensmittelkette gelangen. Pasteurisierung<br />

reduziert die Bakterienbelastung<br />

deutlich.<br />

Das ist insofern von Bedeutung, als dass<br />

seit Jahren in der Diskussion ist, ob die Morbus<br />

Crohn-Erkrankung des Menschen, an der<br />

allein Deutschland geschätzte 150.000 Patienten<br />

leiden, mit der Paratuberkulose des <strong>Rind</strong>es<br />

zusammenhängt. Bei Morbus Crohn-<br />

Patienten wird häufiger als in der Normalbevölkerung<br />

auch MAP im Darm gefunden.<br />

Ob das Ursache oder Folge der Krankheit ist,<br />

ist bisher nicht geklärt. Daher ist auch unklar,<br />

ob es sich bei der Paratuberkulose um eine<br />

Zoonose handelt.<br />

Foto: Regina Bartel

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