01.06.2013 Aufrufe

Beiträge der Hymenopterologen-Tagung in Stuttgart (1 ... - DGaaE

Beiträge der Hymenopterologen-Tagung in Stuttgart (1 ... - DGaaE

Beiträge der Hymenopterologen-Tagung in Stuttgart (1 ... - DGaaE

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Beiträge</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Hymenopterologen</strong>-<strong>Tagung</strong> <strong>in</strong> <strong>Stuttgart</strong><br />

(1.-3.10.2004)<br />

Herausgeber: Dr. Till OSTEN, <strong>Stuttgart</strong>


Arbeitskreis Hymenoptera <strong>der</strong> <strong>DGaaE</strong><br />

http://www.dgaae.de Arbeitskreise<br />

<strong>DGaaE</strong>-Geschäftsstelle<br />

c/o Deutsches Entomologisches Institut am ZALF<br />

Eberswal<strong>der</strong> Straße 84, D-15374 Müncheberg<br />

Telefon: 033432/824730, Fax: 033432/824706<br />

Email: dgaae@dgaae.de<br />

Die Druckkosten für den <strong>Tagung</strong>sbandes werden von <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für<br />

allgeme<strong>in</strong>e und angewandte Entomologie e.V. bezuschusst. Auf <strong>der</strong> Website des<br />

<strong>DGaaE</strong>-Arbeitskreises Hymenoptera f<strong>in</strong>den Sie e<strong>in</strong> PDF des <strong>Tagung</strong>sbandes.<br />

<strong>Beiträge</strong> <strong>der</strong> <strong>Hymenopterologen</strong>-<strong>Tagung</strong> <strong>in</strong> <strong>Stuttgart</strong> (1.-3.10.2004)<br />

Zitiervorschlag: Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> [2004]<br />

ISSN 1614-3140<br />

Herausgeber:<br />

© Dr. Till OSTEN<br />

Staatliches Museum für Naturkunde<br />

Rosenste<strong>in</strong> 1, D-70191 <strong>Stuttgart</strong><br />

Telefon: 0711/8936219, Fax: 0711/8936100<br />

Email: osten.smns@naturkundemuseum-bw.de<br />

Redaktion:<br />

Dr. Stephan M. BLANK<br />

Deutsches Entomologisches Institut am ZALF<br />

Eberswal<strong>der</strong> Straße 84, D-15374 Müncheberg<br />

Telefon: 033432/824730, Fax: 033432/824706<br />

Email: blank@zalf.de<br />

Referiert <strong>in</strong>: Entomology Abstracts, Zoological Record.<br />

Titelseite: Weibchen von Epeoloides coecutiens (FABRICIUS, 1775) (Anthophoridae), Kuckucksbiene bei Macropis.<br />

Aus Scheuchel, E. 2000: Illustrierte Bestimmungstabellen <strong>der</strong> Wildbienen Deutschlands und Österreichs. Band I:<br />

Anthophoridae. — 2. erweiterte Auflage, Eigenverlag, Velden, 158 S.<br />

Zeichnung: Erw<strong>in</strong> SCHEUCHL (Orig<strong>in</strong>al)


<strong>Beiträge</strong> <strong>der</strong> <strong>Hymenopterologen</strong>-<strong>Tagung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Stuttgart</strong> (1.-3.10.2004)<br />

Kurzfassungen <strong>der</strong> Vorträge und Poster<br />

Inhalt<br />

BEIL, M. & KRATOCHWIL, A.: Untersuchungen zu Wildbienen-Geme<strong>in</strong>schaften (Hymenoptera,<br />

Apoidea) <strong>in</strong> beweideten und unbeweideten Sand-Ökosystemen . . . . . . . . . . . . . 32<br />

BERGHOFF, S.M.: Räuberdruck von Treiberameisen - wie viel wissen wir wirklich? . . . . 35<br />

BISCHOFF, I., CANE, J.H. & JORDAN, S.: Host recognition <strong>in</strong> the squash bee Peponapis<br />

pru<strong>in</strong>osa SAY (Apidae, Eucer<strong>in</strong>i) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

ECK, R.: Lohnt das Sammeln „geme<strong>in</strong>er Arten“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

ECKELT, E. & BISCHOFF, I.: Untersuchungen zur Lebensweise von Colletes he<strong>der</strong>ae<br />

SCHMIDT & WESTRICH, 1993 (Hymenoptera, Colletidae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

ELTZ, T.: Duftfreisetzung und Duftmuster männlicher Prachtbienen (Euglossa) . . . . . . . . 24<br />

EMER, D., SCHULZ, C., FRANCKE, W. & AYASSE, M.: Wie locken Wespenblumen <strong>der</strong><br />

Gattung Scrophularia ihre Bestäuber an? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

EXELER, N., KÖSTER, S. & KRATOCHWIL, A.: Raum- und Ressourcennutzung apoi<strong>der</strong><br />

Hymenopteren <strong>in</strong> flussnahen Hudelandschaften des Emslandes / Nie<strong>der</strong>sachsen: Vergleich<br />

Leitbildflächen / Restitutionsflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

GRODDECK, J., MAUSS, V. & REINHOLD, K.: Das ressourcenbasierte Paarungssystem <strong>der</strong><br />

mediterranen Pollenwespe Ceramius fonscolombei LATREILLE, 1810 (Hymenoptera,<br />

Vespidae, Masar<strong>in</strong>ae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

HAMM, A., HAASE, S. & WITTMANN, D.: Konkurrieren Wildbienen und Honigbienen um<br />

die Nahrungsressource Pollen? Fallstudie zur Konkurrenz <strong>der</strong> Honigbiene Apis mellifera<br />

carnica L. und <strong>der</strong> oligolektischen Wildbiene Heriades truncorum L. . . . . . . . . . . . . . 16<br />

JARAU, S., BARTH, F.G. & AYASSE, M.: Rekrutierungsverhalten und chemische Kommunikation<br />

mittels Duftpfaden aus Labialdrüsensekret bei <strong>der</strong> stachellosen Biene Trigona<br />

recursa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

KLINGENBERG, C. & DIETZ, B.H.: Ameisenflügel: morphologisches Merkmal zur Gattungsbestimmung<br />

von drei neotropischen Triben mit Vorschlägen zur Nomenklatur . . 26<br />

KÖSTER, S., EXELER, N. & KRATOCHWIL, A.: Besiedlung neu geschaffener Sandökosysteme<br />

durch apoide Hymenopteren im Emsland / Nie<strong>der</strong>sachsen: Vergleich Leitbildflächen<br />

/ Restitutionsflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

KRENN, H.W., MAUSS, V. & PLANT, J.: Die Mundwerkzeuge <strong>der</strong> Masar<strong>in</strong>ae (Vespidae):<br />

Evolution e<strong>in</strong>es Saugrüssels zur Nektaraufnahme bei Faltenwespen . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

MAUSS, V.: Die Populationsstruktur des atlanto-mediterranen Ceramius lusitanicus-Komplexes<br />

(Hymenoptera, Vespidae, Masar<strong>in</strong>ae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

MÜNCH, W.: Neue Funde <strong>der</strong> stark gefährdeten Moorameisen Myrmica vandeli, M. gallienii<br />

und Formica transcaucasica <strong>in</strong> Südbaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

OHL, M.: Die Fossilgeschichte und frühe Evolution von Grabwespen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5


4<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

OSTEN, T.: Verbreitungsmuster bei Scoliiden - E<strong>in</strong> Beitrag zu ihrer Evolution . . . . . . . . . . . 7<br />

PROSI, R. & SCHWENNINGER, H.R.: Vorstellung des Projekts „Wildbienen-Kataster<br />

Baden-Württemberg“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

SCHINDLER, M. & WITTMANN, D.: Interaktionen zwischen Kuckucksbienen <strong>der</strong> Gattung<br />

Nomada und ihren Wirten (Andrena): Labor- und Freilanduntersuchungen . . . . . . . . . . 18<br />

SCHINDLER, M. & WITTMANN, D.: Nomada-Männchen „umgarnen“ mit ihren Fühlern die<br />

Antennen <strong>der</strong> Weibchen - warum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

SCHMIDT, S.: Blattwespen an Eukalyptus (Myrtaceae): morphologische und ethologische<br />

Anpassungen australischer Pergiden (Insecta, Hymenoptera) an ihre Wirtspflanze . . . . 28<br />

SRAMKOVA, A., SCHRÖDER, S., WITTMANN, D. & AYASSE, M.: Neste<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gverhalten und<br />

chemische Kommunikation bei Kuckuckshummeln (Psithyrus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

STÖKL, J. & AYASSE, M.: Inter- und <strong>in</strong>traspezifische Variation <strong>der</strong> bestäuberanlockenden<br />

Duftstoffe bei Sexualtäuschorchideen <strong>der</strong> Ophrys-fusca-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

TRAXEL, V., BRÄNDLE, M. & BIHN, J.: Welchen E<strong>in</strong>fluss hat das Habitat auf die Körpergrößenverteilung<br />

von Ameisengeme<strong>in</strong>schaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

VERHAAGH, M.: Is there a particular ant fauna <strong>in</strong> Araucarian ra<strong>in</strong> forests <strong>in</strong> South-eastern<br />

Brazil? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

ZILLIKENS, A., KAMKE, R. & STEINER, J.: Die Bienenfauna von Südbrasilien: Nestbiologie<br />

und Kleptoparasiten von Pracht- und Blattschnei<strong>der</strong>bienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

ZOBEL, M. & PAXTON, R.J.: Was bestimmt, ob e<strong>in</strong>e König<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Furchenbiene Lasioglossum<br />

malachurum e<strong>in</strong> eigenes Nest gründet o<strong>der</strong> versucht, e<strong>in</strong> fremdes zu übernehmen?<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28


Kurzfassungen <strong>der</strong> Vorträge<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 5<br />

Die Fossilgeschichte und frühe Evolution von Grabwespen<br />

Michael OHL<br />

Museum für Naturkunde <strong>der</strong> Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong>, Institut für Systematische Zoologie<br />

Invalidenstraße 43, 10115 Berl<strong>in</strong>, michael.ohl@museum.hu-berl<strong>in</strong>.de<br />

Die Apoidea, das geme<strong>in</strong>same Taxon aus Grabwespen und Bienen, wird <strong>der</strong>zeit als die<br />

artenreichste höherrangige Gruppe <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Hymenoptera angesehen (GRISSELL 1999). Die<br />

nächsten Verwandten dürften die Vespoidea se<strong>in</strong>, zu denen alle übrigen aculeaten Hymenopteren<br />

ohne die Goldwespen-Verwandten (Chrysidoidea) gehören (z.B. BROTHERS 1999,<br />

KÖNIGSMANN 1978, BROTHERS & CARPENTER 1993, OHL 1995). Die Apoidea gehen dabei bis<br />

<strong>in</strong> die früheste Kreide zurück (z.B. MICHENER 2000; ENGEL 2000, 2001; OHL 1994, im Druck),<br />

während die übrigen aculeaten Hymenopteren wahrsche<strong>in</strong>lich im späten Jura entstanden se<strong>in</strong><br />

dürften (RASNITSYN 1988).<br />

Für die Rekonstruktion <strong>der</strong> frühen Evolution spielen die mutmaßlich basalen Vertreter <strong>der</strong><br />

Apoidea und frühe Fossilien e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle. Es sche<strong>in</strong>t unstrittig, dass die Grabwespen<br />

e<strong>in</strong>e paraphyletische Gruppierung von nur <strong>in</strong> plesiomorphen Merkmalen ähnlichen<br />

Formen s<strong>in</strong>d (z.B. BROTHERS 1975, 1999, KÖNIGSMANN 1978, LOMHOLDT 1982, ALEXANDER<br />

1992, BROTHERS & CARPENTER 1993, OHL 1995, 1996, MELO 1999). Als mutmaßlich<br />

ursprüngliche Vertreter <strong>der</strong> Apoidea werden dabei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel die Ampulicidae und die<br />

Heterogynaidae vermutet.<br />

Heterogynaidae: Während NAGY (1969, später als ARGAMAN 1985) <strong>in</strong>tuitiv annahm, die<br />

Heterogynaidae seien e<strong>in</strong>e Teilgruppe <strong>der</strong> Chrysidoidea, gibt es seit den Arbeiten von DAY<br />

(1984 und folgende) ke<strong>in</strong>e Zweifel, dass es sich bei den Heterogynaidae um e<strong>in</strong>e den allerd<strong>in</strong>gs<br />

paraphyletischen Grabwespen nahestehende Gruppe handelt. In welcher genauen Beziehung sie<br />

allerd<strong>in</strong>gs zu Teilgruppen <strong>der</strong> Apoidea (= Grabwespen und Bienen) stehen, ist wegen<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlicher Daten<strong>in</strong>terpretation unklar. Bemerkenswert ist dabei das Merkmalsmosaik<br />

aus ursprünglichen Merkmalen aus den Stammgruppen <strong>der</strong> Apoidea und <strong>der</strong> Aculeata und<br />

abgeleiteten Merkmalen, das teilweise wahrsche<strong>in</strong>lich im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

M<strong>in</strong>iaturisierung und <strong>der</strong> mutmaßlich parasitischen Lebensweise steht. Insbeson<strong>der</strong>e die<br />

kurzflügeligen und damit flugunfähigen Weibchen werden extrem selten gefangen und machen<br />

durch zahlreiche abgeleitete Merkmale e<strong>in</strong>e verlässliche phylogenetische Interpretation und<br />

Geschlechterzuordnung außerordentlich schwierig. Bislang s<strong>in</strong>d nur sieben Arten beschrieben<br />

worden. In bisherigen phylogenetischen Analysen anhand morphologischer Merkmale s<strong>in</strong>d die<br />

Heterogynaidae entwe<strong>der</strong> alle<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> zusammen mit den Ampulicidae die Schwestergruppe <strong>der</strong><br />

übrigen Apoidea. Die ersten molekular-systematischen Untersuchungen weisen <strong>in</strong> die gleiche<br />

Richtung.<br />

Ampulicidae: Rezente Ampulicidae umfassen sechs Gattungen und etwa 200 Arten weltweit.<br />

Die artenreichsten Gattungen s<strong>in</strong>d Ampulex JURINE (132 Arten) und Dolichurus LATREILLE (48<br />

Arten) (BOHART & MENKE 1976; OHL 2002). Ampulicidae werden <strong>in</strong> Anlehung an ihre bevorzugte<br />

Beute auch als Schabenwespen bezeichnet und unterscheiden sich morphologisch stark<br />

vom Rest <strong>der</strong> weit mehr als 9000 Grabwespen-Arten. Während <strong>der</strong> Schaben-Jagd auf dem


6<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Boden o<strong>der</strong> an Baumstämmen zeigen viele Arten e<strong>in</strong> typisches Lauf-Sprung-Verhalten zusammen<br />

mit Kurzdistanz-Flügen.<br />

Fossilien: Fossile Grabwespen werden verhältnismäßig selten gefunden, wobei stärker abgeleitete,<br />

holznistende Gruppen mit kle<strong>in</strong>en Arten, wie Crabron<strong>in</strong>ae und Pemphredon<strong>in</strong>ae, regelmäßig<br />

als E<strong>in</strong>schlüsse <strong>in</strong> Bernste<strong>in</strong> nachgewiesen werden. Fossile Heterogynaidae s<strong>in</strong>d nicht<br />

bekannt. Elf fossile Ampulicidae s<strong>in</strong>d bislang <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur erwähnt, von denen sieben formal<br />

beschrieben wurden (OHL, im Druck). Aus Baltischem (mittleres Eozän) und Burmesischem<br />

Bernste<strong>in</strong> (Mittlere/Obere Kreide) s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Reihe von Ampulicidae bekannt (NEMKOV 1988,<br />

ANTROPOV 2000), wobei die Zugehörigkeit zu den Ampulicidae nicht <strong>in</strong> allen Fällen e<strong>in</strong>deutig<br />

ist. Die ältesten Fossilien, die zweifellos zu den Apoidea gehören, s<strong>in</strong>d zwei unbeschriebene<br />

Ampulicidae aus dem Libanesischen Bernste<strong>in</strong> (Untere Kreide). Die phylogenetische Position<br />

<strong>der</strong> fossilen Angarosphec<strong>in</strong>ae, die <strong>in</strong> zahlreichen Gattungen und Arten beschrieben wurden, ist<br />

aufgrund <strong>der</strong> vielen plesiomorphen Merkmalen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e des Flügelgeä<strong>der</strong>s unklar. Sie<br />

kommen als Stammgruppenvertreter <strong>der</strong> Apoidea ebenso <strong>in</strong> Frage wie als Stammgruppenvertreter<br />

<strong>der</strong> Aculeata o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er ihrer Teilgruppen.<br />

Literatur<br />

ALEXANDER, B.A. 1992: An exploratory analysis of cladistic relationships with<strong>in</strong> the subperfamily Apoidea, with<br />

special reference to sphecid wasps. — J. Hym. Res. 1: 25-61<br />

ARGAMAN, Q. 1985: Taxonomy of Heterogynaidae (Hymenoptera: Aculeata). — Israel J. Ent. 19: 7-12 (vorheriger<br />

Autorenname war C.G. NAGY)<br />

BOHART, R.M. & Menke, A.S. 1976: Sphecid Wasps of the World. A Generic Revision. — University of California<br />

Press, Berkeley, Los Angeles, London<br />

BROTHERS, D.J. 1999: Phylogeny and evolution of wasps, ants and bees (Hymenoptera, Chrysidoidea, Vespoidea and<br />

Apoidea. — Zool. Scripta 28: 233-249<br />

BROTHERS, D.J. & Carpenter, J.M. 1993: Phylogeny of Aculeata: Chrysidoidea and Vespoidea. — J. Hym.Res. 2:<br />

227-304<br />

DAY, M.C. 1984: The enigmatic genus Heterogyna NAGY (Hymenoptera: Sphecidae; Heterogyn<strong>in</strong>ae). — Syst. Ent. 9:<br />

293-307<br />

ENGEL, M.S. 2000: A new <strong>in</strong>terpretation of the oldest fossil bee (Hymenoptera: Apidae). – Am. Mus. Nov. 3296: 11 S.<br />

ENGEL, M.S. 2001: A monograph of the Baltic amber bees and evolution of the Apoidea (Hymenoptera). — Bull. Am.<br />

Mus. Nat. Hist. 259: 192 S.<br />

GRISSELL, E.E. 1999: Hymenopteran Biodiversity: Some alien notions. – Am. Entom. 45: 235-244<br />

KÖNIGSMANN, E. 1978: Das phylogenetische System <strong>der</strong> Hymenoptera. Teil 4: Aculeata (Unterordnung Apocrita). —<br />

Dtsch. Entomol. Z., N.F. 25: 365-435<br />

LOMHOLDT, O. 1982: On the orig<strong>in</strong> of the bees (Hymenoptera: Apidae, Sphecidae). — Ent. Scand. 13: 185-190<br />

MELO, G.A.R. 1999: Phylogenetic relationships and classification of the major l<strong>in</strong>eages of Apoidea (Hymenoptera),<br />

with emphasis on the crabronid wasps. — Sci. Pap. Nat. Hist. Mus. Univ. Kansas 14: 1-55<br />

MICHENER, C.D. (2000). The bees of the world. — John Hopk<strong>in</strong>s University Press, Baltimore<br />

NAGY, C.G. 1969: A new taxon of the family Heterogynidae Latreille (Hym., Aculeata). — Ent. Mitt. Zool. Staats<strong>in</strong>st.<br />

Zool. Mus. Hamb. 64: 299-303. (Autorenname jetzt Q. Argaman)<br />

OHL, M. 1995: Die phylogenetischen Beziehungen von Grabwespen und Bienen: Stand <strong>der</strong> Forschung, Probleme,<br />

Perspektiven. — Mitt. Dtsch. Ges. Allg. Angew. Ent. 10: 629-632<br />

OHL, M. 1996: Die phylogenetischen Beziehungen <strong>der</strong> Sphec<strong>in</strong>ae (Hymenoptera: Apoidea: „Sphecidae“) aufgrund<br />

morphologischer Merkmale des Exoskeletts. — Zool. Beitr. N. F. 37: 3-40<br />

OHL, M. 2002: A revision of the wasp genus Dolichurus LATREILLE, 1809 <strong>in</strong> Australia (Hymenoptera: Apoidea:<br />

Ampulicidae). — Insect Syst. Evol. 33: 35-51<br />

OHL, M. 2004: Die Heterogynaidae – E<strong>in</strong>e seltsame Wespengruppe und die Phylogenie <strong>der</strong> aculeaten Hymenopteren.<br />

— Mitt. Dtsch. Ges. allg. angew. Ent. 14: 67-70<br />

OHL, M. (im Druck): The first fossil representative of the wasp genus Dolichurus LATREILLE, 1809, with a review of<br />

fossil Ampulicidae (Hymenoptera: Apoidea). — J. Kansas Ent. Soc.<br />

RASNITSYN, A.P. 1988: An outl<strong>in</strong>e of evolution of the hymenopterous <strong>in</strong>sects (or<strong>der</strong> Vespida). — Oriental Insects 22:<br />

115-145


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 7<br />

Verbreitungsmuster bei Scoliiden - E<strong>in</strong> Beitrag zu ihrer Evolution<br />

Till OSTEN<br />

Staatliches Museum für Naturkunde <strong>in</strong> <strong>Stuttgart</strong><br />

Rosenste<strong>in</strong> 1, D- 70191 <strong>Stuttgart</strong>, osten.smns@naturkundemuseum-bw.de<br />

Der Anstoß, sich Gedanken über die heutige Verbreitung <strong>der</strong> Dolchwespen o<strong>der</strong> Scoliiden zu<br />

machen, kam auf e<strong>in</strong>er Sammelreise <strong>in</strong> den Iran 2001 (OSTEN et al. 2003). Dort konnte ich<br />

zusammen mit me<strong>in</strong>em iranischen Kollegen E. EBRAHIMI (Teheran) im Südosten des Landes<br />

(Hormozgan, Balutchestan) 3 Exemplare von Micromeriella aureola (KLUG) erbeuten. Aus <strong>der</strong><br />

Literatur (BETREM & BRADLEY 1972) und auch nach den Exemplaren aus <strong>der</strong> Sammlung im<br />

Museum für Naturkunde <strong>in</strong> <strong>Stuttgart</strong> ist zu entnehmen, dass diese Art auf Afrika beschränkt ist<br />

und lediglich von <strong>der</strong> Westküste <strong>der</strong> Arabischen Halb<strong>in</strong>sel (Djidda und Aden) bisher zwei<br />

E<strong>in</strong>zelfunde vorlagen. Die Entfernung aber von Aden zu den Fundorten im Iran beträgt mehr als<br />

2000 km Luftl<strong>in</strong>ie. E<strong>in</strong>e anthropogene Verfrachtung mit o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Substrat schien ausgeschlossen.<br />

Auf e<strong>in</strong>er Sammelreise <strong>in</strong> den Oman 2003 konnte ich zusammen mit den Kollegen<br />

M. OHL, W. PULAWSKI und M. KUHLMANN weitere 5 Exemplare fangen, sodass die Verbreitungslücke<br />

zwischen Aden und dem Iran geschlossen war. Die Tiere s<strong>in</strong>d sehr selten. Bemerkenswert<br />

ist, dass zwischen Exemplaren etwa aus Tunesien und denen aus dem Iran ke<strong>in</strong>e<br />

morphologischen o<strong>der</strong> farblichen Unterschiede erkennbar s<strong>in</strong>d. In Afrika selbst aber ist M.<br />

aureola <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Reihe von Subspezies aufgespalten (M. a. dimidiata, M. a. elegans, M. a. bobi,<br />

M. a. godofredi, M. a. austroccidentalis).<br />

Die Scoliidae s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e relativ kle<strong>in</strong>e Wespengruppe mit etwa 550 Arten. Sie s<strong>in</strong>d monophyletisch<br />

und bilden die Schwestergruppe zu den Vespidae (BROTHERS & CARPENTER 1993).<br />

Charakterisiert s<strong>in</strong>d sie durch rheniforme Augen, e<strong>in</strong>en sehr kräftigen, weitvorstreckbaren<br />

Labio-Maxillarkomplex, das Pronotum ist an se<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>terrand stark konkav, die Scapulae<br />

erreichen die Tegulae. Das Flügelgeä<strong>der</strong> ist nicht geschlossen und <strong>der</strong> distale Teil <strong>der</strong> Flügel<br />

zeigt e<strong>in</strong>e auffällig geriefte (striolate) Struktur, die Coxen des 2. und 3. Be<strong>in</strong>paares s<strong>in</strong>d weit<br />

vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> getrennt, das Propodeum dreigeteilt, zwischen Sternit 2 und 3 besteht e<strong>in</strong>e tiefe<br />

E<strong>in</strong>faltung, das Hypopygium <strong>der</strong> Männchen besitzt 3 lange Dornen und beson<strong>der</strong>s die Campsomer<strong>in</strong>en<br />

zeigen e<strong>in</strong>en auffälligen Sexualdimorphismus. Alle Scoliiden s<strong>in</strong>d Ectoparasitoide an<br />

Käferlarven (Scarabaeidae) und somit auf das Vorkommen ihrer Wirte angewiesen.<br />

RASNITSYN (1993) und HAICHUN et. al. (2002) konnten anhand von Fossilien belegen, dass die<br />

Scoliiden e<strong>in</strong>e sehr alte Wespengruppe bilden. Protoscolia stammt aus dem Übergangsbereich<br />

von Jura zur Kreide (140 Mio) von Ch<strong>in</strong>a, Cretoscolia aus <strong>der</strong> Unteren Kreide von Spanien und<br />

<strong>der</strong> Oberen Kreide von Sibirien und Kazakhstan, Archaeoscolia aus <strong>der</strong> Kreide <strong>der</strong> Mongolei<br />

und Spanien und Floriscolia aus dem Oligozän (30 Mio) von Colorado <strong>in</strong> den U.S.A. Sie bilden<br />

zusammen die Gruppe <strong>der</strong> Archaeoscoli<strong>in</strong>ae und bei ihnen s<strong>in</strong>d die chrakteristischen Merkmale<br />

<strong>der</strong> rezenten Scoli<strong>in</strong>ae noch nicht o<strong>der</strong> nur schwach augebildet (kaum rheniforme Augen, ke<strong>in</strong>e<br />

striolate Struktur an den Flügeln, Labio-Maxillarkomplex nicht verlängert, Glossen kurz, Coxen<br />

des 3. Be<strong>in</strong>paares noch nicht weit getrennt). Aber bestimmte Bereiche im Flügelgeä<strong>der</strong> o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Aufbau des Propodeum s<strong>in</strong>d Synapomorphien für beide Gruppen.<br />

Die heute nur noch punktuell <strong>in</strong> Griechenland, <strong>der</strong> Türkei und Armenien lebenden Proscoli<strong>in</strong>ae<br />

(1 Gattung, 2 Arten) nehmen <strong>in</strong> bezug auf die Merkmalsausbildung e<strong>in</strong>e Zwischenstellung e<strong>in</strong>,<br />

besitzen aber auch Autapomorphien. Ihre zahlreichen Plesiomorphien, die extrem lokale Ver-


8<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

breitung und auch ihre Seltenheit (von P. archaica kennt man bisher nur 1 Männchen) weisen<br />

auf Reliktcharakter und e<strong>in</strong> phylogenetisch hohes Alter h<strong>in</strong>.<br />

Scoliidae<br />

†Archaeoscoli<strong>in</strong>ae<br />

Proscoli<strong>in</strong>ae<br />

Scoli<strong>in</strong>ae<br />

Campsomer<strong>in</strong>i<br />

Scoli<strong>in</strong>i<br />

Neben <strong>der</strong> Kenntnis <strong>der</strong> paläontologischen Befunde ist auch die Analyse <strong>der</strong> Plattentektonik für<br />

e<strong>in</strong>e Interprätation <strong>der</strong> heutigen Verbreitung <strong>der</strong> Scoliiden (und aller an<strong>der</strong>en Organismen) von<br />

großer Bedeutung: (Jura, 180 Mio) die Pangäa war längst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en südlichen Gondwana- und<br />

nördlichen Laurasia- Block zerbrochen, die Indische Platte macht sich selbständig und wan<strong>der</strong>t<br />

nach Norden, <strong>der</strong> südamerikanisch-afrikanische Block trennen sich von Australien-Antarktika;<br />

(Kreide, 135 Mio) Südamerika löst sich langsam von Afrika und Eurasien beg<strong>in</strong>nt durch e<strong>in</strong>e<br />

Drehbewegung den östlichen Teil <strong>der</strong> Tethys zu schließen, (Paläozän, 65 Mio) bis durch ihre<br />

völlige Abriegelung das Mittelmeer entsteht. Madagaskar löst sich von Afrika während aber<br />

Australien zur selben Zeit immer noch mit <strong>der</strong> Antarktika zusammenhängt. So ergeben sich<br />

unterschiedlichste, sich immer wie<strong>der</strong> wandelnde Barrieren und Brücken, die die Ausbreitung<br />

und Entwicklung <strong>der</strong> Organismen bee<strong>in</strong>flussten.<br />

Während ich bei Micromeriella aureola die heutige Verbreitung und auch ihre<br />

Ausbreitungsrichtung e<strong>in</strong>er Species von Afrika nach Asien vorgeführt habe, möchte ich am<br />

Beispiel von Campsomeriella dieses für e<strong>in</strong>e Gattung darstellen. Auch <strong>in</strong> diesem Fall ist Afrika<br />

sicherlich das Ursprungsland. Zwei sehr ähnlich Arten, C. thoracica und C. caelebs dom<strong>in</strong>ieren<br />

das Bild. C. thoracica f<strong>in</strong>det man im Norden des Areals aber auch im äußersten Süden Europas<br />

(Spanien, Sizilien, Peloponnes) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Türkei, Arabische Halb<strong>in</strong>sel, Iran bis an den Indus.<br />

Dagegen lebt C. caelebs auf <strong>der</strong> Südhälfte Afrikas (auch Madagaskar) bis Somalia und Äthiopien.<br />

Dort bildet das Rote Meer die Grenze zwischen beiden Arten. Die Männchen bei<strong>der</strong> Arten<br />

lassen sich nur sehr schwer ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>halten, während zwischen den Unterarten C. t. thoracica<br />

und C. thoracica senilis <strong>der</strong> Unterschied sehr deutlich ist. Östlich des Indus, also <strong>der</strong> Orientalischen<br />

Region, dom<strong>in</strong>iert zunächst C. c. collaris bis etwa Myanmar (Burma). Über Thailand bis<br />

<strong>in</strong>s südliche Ch<strong>in</strong>a und nach Süden bis S<strong>in</strong>gapur und Sumatra f<strong>in</strong>det man C. collaris<br />

quadrifasciata. Die Weibchen bei<strong>der</strong> Unterarten s<strong>in</strong>d leicht zu unterscheiden, ihre Männchen<br />

nicht. Von Borneo bis Papua Neugu<strong>in</strong>ea und nach Norden über die Philip<strong>in</strong>en, Taiwan bis<br />

Schanghai schließt sich C. annulata an, auf den Mulukken folgt C. hirticollis, C. wetterensis auf<br />

Timor und von Papua Neugu<strong>in</strong>ea über das Bismarck-Archipel bis auf die Salomonen f<strong>in</strong>det man<br />

C. manokwariensis. In Austalien kommt Campsomeriella aber nicht vor. Alle Arten spalten sich<br />

noch <strong>in</strong> zahlreiche Unterarten auf. Auch hier s<strong>in</strong>d die Weibchen relativ leicht zu unterscheiden,<br />

ihre Männchen oftmals nicht. Viele Arten s<strong>in</strong>d sehr häufig. Das Kont<strong>in</strong>uum <strong>der</strong> Verbreitung und<br />

die starke Aufsplitterung <strong>in</strong> Species und Subspecies <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gattungen Campsomeriella<br />

und Micromeriella deuten auf e<strong>in</strong> phylogenetisch relativ junges Alter h<strong>in</strong>, das vielleicht im<br />

Oligozän - Miozän (30 Mio.) se<strong>in</strong>en Anfang nahm.<br />

Im Gegensatz dazu zeigt die Gattung Crioscolia mit nur (noch) 5 Arten e<strong>in</strong> extrem disjunkte<br />

Verbreitung. C. flammicoma und C. alcione f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> Californien, C. moricei <strong>in</strong> Algerien,<br />

im südlichen Negev (Israel), Balutchestan (Iran) und Turkmenistan, C. tartara <strong>in</strong> Afghanistan,<br />

dem südlichen Ural und Mittelasien. Diese 4 Arten stimmen dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, dass sie sehr lokal <strong>in</strong>


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 9<br />

extrem trockenen, wüstenartigen Biotopen leben und auch dort relativ selten s<strong>in</strong>d. C. punctum<br />

<strong>in</strong> Südost-Afrika (Tanganjika, Sambia, Rhodesien, Malawi, Mozambique, Transval) ist offenbar<br />

nicht so lokal und an aride Lebensräume gebunden, und weicht auch <strong>in</strong> ihrer Zeichnung von den<br />

vorher genannten Arten ab. Vielleicht gehört sie auch gar nicht dazu. Sie sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> Gondwana-<br />

Element zu se<strong>in</strong>, während die an<strong>der</strong>en 4 Arten deutlich e<strong>in</strong> Laurasia-Element darstellen.<br />

Ergänzend möchte ich noch e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wespen-Gattung erwähnen, die nicht mit den Scoliiden<br />

verwandt ist, aber e<strong>in</strong> verblüffend ähnliches Verbreitungsmuster zeigt wie Crioscolia. Es ist<br />

Fedtschenkia, e<strong>in</strong>e Sapygide o<strong>der</strong> Keulenwepe (Sapygidae = Sapyg<strong>in</strong>ae + Fedtschenki<strong>in</strong>ae) mit<br />

(noch) 3 o<strong>der</strong> 4 Arten. F. anthrac<strong>in</strong>a lebt <strong>in</strong> Wüstengebieten Californiens, F. grossa <strong>in</strong> den<br />

Salzsteppen <strong>der</strong> Türkei (Konya, 1 Exp.), Turkmenistans, Usbekistans Tadjikistans und<br />

Balutchestans (Iran, 1 Exp.) und F. palaest<strong>in</strong>ensis im Negev (Israel). Auch <strong>in</strong> diesem Fall s<strong>in</strong>d<br />

die Vorkommen sehr lokal, die Tiere extrem selten (Guiglia, 1972). Es gibt meist nur<br />

E<strong>in</strong>zelfunde. Bei Crioscolia, Fedtschenkia aber auch bei <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gangs erwähnten Proscolia<br />

handelt es sich wahrsche<strong>in</strong>lich um Gattungen, die als Relikte aus e<strong>in</strong>er Zeit stammen, die vor<br />

dem Tertiär lag, also e<strong>in</strong>er Epoche <strong>in</strong> <strong>der</strong> auch die Archaeoscoli<strong>in</strong>en noch existierten (100 Mio.).<br />

Diese Zeit, das Ende <strong>der</strong> Kreide, war gekennzeichnet durch hohe Trockenheit und<br />

Wüstenbildungen, die nur die Gruppen überlebten, die sich den neuen klimatischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen anpassen konnten. Das kann gerade für spezialisierte Parasitoide, wie den hier<br />

behandelten Scoliiden, sehr problematisch se<strong>in</strong>, da sie auch von dem Überleben e<strong>in</strong>es<br />

geeigneten Wirtes abhängig s<strong>in</strong>d.<br />

Literatur<br />

BETREM, J.G. & BRADLEY, J.C. 1972: The African Campsomer<strong>in</strong>ae (Hymenoptera, Scoliidae). — Mongr. Ne<strong>der</strong>l.<br />

Entomol. Ver. 6: 1-326<br />

BROTHERS, D.J. & CARPENTER, J.M. 1993: Phylogeny of Aculeata: Chrysidoidea and Vespoidea. — J. Hym. Res. 2 (1):<br />

227-304<br />

GUIGLIA, D. 1972: De la distribution géographique du genre Fedtschenkia (SAUSSURE, 1880) (Hymenoptera:<br />

Fedtschenkiidae). — Proc. 8. Congr. Ent. Moskow 1[1968]: 138-140<br />

HAICHUN, Zhang, RASNITSYN, A.P. & ZHANG Jungfeng 2002: The oldest known scoliid wasps (Insecta, Hymenoptera,<br />

Scoliidae) from Jehol biota of western Liaon<strong>in</strong>g, Ch<strong>in</strong>a. — Cretaceous Research 23: 77-86<br />

OSTEN, T. 1993: The enigmatic genus Proscolia, its distribution and phylogenetic relationships. — Biologia<br />

Gallo-hellenica 20(1): 177-182<br />

OSTEN, T., EBRAHIMI, E. & CHAHARTAGHI, A.M. 2003: Die Scoliiden des Iran und angrenzen<strong>der</strong> Regionen mit<br />

Anmerkungen zu ihrer Lebensweise (Hym. Scoliidae). — Entomofauna 24(26): 353-377<br />

RASNITSYN, A.P. 1993: Archaeoscoli<strong>in</strong>ae, an ext<strong>in</strong>ct subfamily of scoliid wasps (Insecta: Vespidae = Hymenoptera:<br />

Scoliidae). — J. Hym. Res. 2(1): 85-96<br />

Die Populationsstruktur des atlanto-mediterranen Ceramius<br />

lusitanicus-Komplexes (Hymenoptera, Vespidae, Masar<strong>in</strong>ae)<br />

Volker MAUSS<br />

Staatliches Museum für Naturkunde, Abt. Entomologie<br />

Rosenste<strong>in</strong> 1, D-70191 <strong>Stuttgart</strong>, Germany, volker.mauss@gmx.de<br />

Der Ceramius lusitanicus-Komplex stellt <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Artgruppe 7 von Ceramius e<strong>in</strong><br />

Monophylum dar (MAUSS 1996, vgl. RICHARDS 1962: 84, 1963). Begründet wird dies vor allem<br />

durch die Form des ventrolateralen W<strong>in</strong>kels des Pronotums, <strong>der</strong> vor dem Mesepisternum <strong>in</strong>


10<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

e<strong>in</strong>en gerundeten Lobus übergeht (RICHARDS 1962: fig. 119). E<strong>in</strong>e ähnliche Struktur gibt es<br />

we<strong>der</strong> bei an<strong>der</strong>en Masar<strong>in</strong>ae noch bei an<strong>der</strong>en Vespidae (MAUSS 1996).<br />

Der Ceramius lusitanicus-Komplex umfaßt vier nom<strong>in</strong>elle Taxa: C. lusitanicus KLUG, 1824, C.<br />

tuberculifer SAUSSURE, 1854, C. vechti RICHARDS, 1963 und C. bischoffi RICHARDS, 1963. Im<br />

Jahr 1909 trennte DUSMET von C. lusitanicus die Variation luteo-clypeata ab, die RICHARDS<br />

(1962, 1963) als das Männchen von C. lusitanicus aufgefaßt und mit diesem synonymisiert hat.<br />

Die Merkmale, die RICHARDS (1963) zur Trennung dieser Taxa heranzieht, s<strong>in</strong>d Körpergröße,<br />

Formmerkmale des Genitals, Skulptur des Exoskeletts und verschiedene Farbmerkmale. Die<br />

Revision des Komplexes durch RICHARDS (1963) beruhte auf kle<strong>in</strong>en Stichproben und die von<br />

ihm genannten Merkmalsunterschiede s<strong>in</strong>d teilweise subtil. RICHARDS (1963) war deshalb selbst<br />

<strong>der</strong> Auffassung, daß die Trennung <strong>der</strong> Taxa wahrsche<strong>in</strong>lich schwieriger würde, wenn weiteres<br />

Material von an<strong>der</strong>en Fundorten berücksichtigt würde. In <strong>der</strong> Folge bestand anhaltende<br />

Unsicherheit über die Identität <strong>der</strong> Taxa. Ziel <strong>der</strong> Untersuchungen war es daher diesen<br />

Artenkomplex systematisch und anhand e<strong>in</strong>er großen Stichprobe zu untersuchen, und auf diese<br />

Weise die zu Grunde liegenden Populationsstrukturen zu erkennen.<br />

Insgesamt wurden 983 Individuen untersucht (393 Männchen, 590 Weibchen). Die Männchen<br />

wurden überwiegend genitalisiert. Alle Tiere wurden morphologisch untersucht. Das Farbmuster<br />

von 19 ausgewählten Körperregionen wurde systematisch <strong>in</strong> ord<strong>in</strong>al skalierten Klassen<br />

erfaßt. Anhand des Trockenmaterial wurden zusätzlich 15 Parameter des Exoskeletts vermessen.<br />

Der C. lusitanicus-Komplex besteht zunächst aus zwei morphologisch gut abgrenzbaren Taxon-<br />

Aggregaten, die sich u.a. im Bau des männlichen Genitals deutlich unterscheiden. Es handelt<br />

sich um das tuberculifer-Aggregat (mit den nom<strong>in</strong>ellen Taxa C. tuberculifer, C. vechti und C.<br />

vechti „Form B“) und das lusitanicus-Aggregat (mit den nom<strong>in</strong>ellen Taxa C. lusitanicus, C.<br />

lusitanicus var. luteoclypeata, C. bischoffi). Die Individuen von jedem dieser Aggregate s<strong>in</strong>d<br />

vermutlich von den Angehörigen des jeweils an<strong>der</strong>en Aggregates reproduktiv isoliert.<br />

Die Populationsstruktur <strong>in</strong>nerhalb dieser Aggregate ist wesentlich komplizierter. Grundsätzlich<br />

lassen sich <strong>in</strong>nerhalb von beiden Aggregaten auf <strong>der</strong> Iberischen Halb<strong>in</strong>sel 3 Populationsgruppen<br />

abgrenzen, e<strong>in</strong>e zentraliberische, e<strong>in</strong>e ostiberische und e<strong>in</strong>e baetische. Nur <strong>in</strong>nerhalb des tuberculifer-Aggregates<br />

existiert zusätzlich auch e<strong>in</strong>e Population <strong>in</strong> Südfrankreich. Anhand von Phytoklimadaten<br />

<strong>der</strong> Spanischen Fundorte und publizierter Daten zur nacheiszeitlichen<br />

Klimaentwicklung auf <strong>der</strong> Iberischen Halb<strong>in</strong>sel wird versucht, die Ursachen für diese<br />

Verbreitungsmuster zu erklären. Anhand <strong>in</strong>direkter H<strong>in</strong>weise auf die Existenz reproduktiver<br />

Isolationsmechanismen zwischen den Populationen werden Hypothesen zum Status <strong>der</strong><br />

Populationen formuliert.<br />

Literatur<br />

DUSMET Y ALONSO, J.M. 1909: Véspidos, Euménidos y Masáridos de España, suplemento segundo. — Actas y<br />

Memorias del Primer Congreso de Naturalistas Españoles, Zaragoza: 163-184<br />

KLUG, F. 1824: Ceramius. — Klug’s Entomologische Monographien, Berl<strong>in</strong>: 219-232<br />

MAUSS, V. 1996: Morphological characters of Ceramius palaest<strong>in</strong>ensis (GIORDANI SOIKA 1957) GUSENLEITNER 1992<br />

(Hymenoptera, Vespidae, Masar<strong>in</strong>ae) and consi<strong>der</strong>ations about its phylogenetic position. — L<strong>in</strong>zer biologische<br />

<strong>Beiträge</strong> 28: 953-966<br />

RICHARDS, O.W. 1962: A revisional study of the Masarid wasps (Hymenoptera, Vespoidea). — British Museum<br />

(Natural History), London, 294 S.<br />

RICHARDS, O.W. 1963: New species of Ceramius LATREILLE (Hymenoptera, Vespoidea) allied to Ceramius lusitanicus<br />

KLUG. — Zoologische Mededel<strong>in</strong>gen 38: 213-220<br />

SAUSSURE, H. DE 1854-55: Études sur la Famille des Vespides III. monographie des faulles Guêpes ou de la tribu des<br />

masariens. — V. Masson and J. Cherbuliez, Paris, Geneva


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 11<br />

Die Mundwerkzeuge <strong>der</strong> Masar<strong>in</strong>ae (Vespidae):<br />

Evolution e<strong>in</strong>es Saugrüssels zur Nektaraufnahme bei Faltenwespen<br />

Harald W. KRENN 1 , Volker MAUSS 2 & John PLANT 1<br />

1 Institut für Zoologie, Universität Wien<br />

Althanstraße 14, A-1090, Wien, harald.krenn@univie.ac.at [H.W. Krenn] und a9709440@univie.ac.at [J. Plant]<br />

2 Staatliches Museum für Naturkunde, Abt. Entomologie<br />

Rosenste<strong>in</strong> 1, D-70191 <strong>Stuttgart</strong>, volker.mauss@stechimmenschutz.de<br />

Zusammenfassung: Die Masar<strong>in</strong>ae s<strong>in</strong>d blütenbesuchende Faltenwespen (Vespidae), welche<br />

ähnlich wie solitäre Bienen, an Blüten Nektar aufsaugen und für ihre Brut Pollen sammeln. Die<br />

Glossa ist an Nektaraufnahme angepasst und bei e<strong>in</strong>igen Arten länger als <strong>der</strong> Körper. Diese<br />

stark verlängerten Saugrüssel werden <strong>in</strong> Ruhestellung schl<strong>in</strong>genförmig <strong>in</strong> das Labium zurückzogen.<br />

Der Vergleich mit kurzrüsseligen Vertretern <strong>der</strong> Masar<strong>in</strong>ae erlaubt es, e<strong>in</strong>e<br />

Hypothese zur Evolution dieses ungewöhnlichen Saugrüssels aufzustellen und se<strong>in</strong>en Funktionsmechanismus<br />

zu rekonstruieren.<br />

E<strong>in</strong>leitung: Im Gegensatz zu Bienen gibt es nur bei wenigen Vespidae verlängerte Mundwerkzeuge,<br />

die zur Aufnahme von Nektar aus Blüten dienen. Die Masar<strong>in</strong>ae s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

Vespidae e<strong>in</strong>zigartig, weil die Weibchen, ähnlich wie solitäre Bienen Bodennester bauen und<br />

ihre Larven mit Pollen und Nektar versorgen (MAUSS 1995, GESS 1996). Die Masar<strong>in</strong>ae werden<br />

<strong>in</strong> die Gayell<strong>in</strong>i und Masar<strong>in</strong>i unterteilt; die Masar<strong>in</strong>i umfassen die Monophyla Priscomasar<strong>in</strong>a,<br />

Paragi<strong>in</strong>a und Masar<strong>in</strong>a (CARPENTER 1982, 2001, GESS 1988). Die Vertreter <strong>der</strong> Masar<strong>in</strong>a<br />

besitzen e<strong>in</strong>en Rüssel zur Nektaraufnahme, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Ruhestellung <strong>in</strong> das Labium zurückgezogen<br />

werden kann (SCHREMMER 1961, RICHARDS 1962, OSTEN 1982). An diesem außergewöhnlichen<br />

Beispiel blütenbesuchen<strong>der</strong> Faltenwespen lassen sich exemplarisch die morphologischen<br />

Innovationen untersuchen, die für die Bildung und das Funktionieren e<strong>in</strong>es langen<br />

Saugrüssels notwendig s<strong>in</strong>d (KRENN, MAUSS & PLANT 2002).<br />

Material und Methoden: Die Mundwerkzeuge von Priscomasaris namibiensis<br />

(Priscomasar<strong>in</strong>a), Paragia decipiens (Paragi<strong>in</strong>a), Ceramius hispanicus, C. fonscolombei,<br />

Masar<strong>in</strong>a familiaris, Jugurtia braunsi, Celonites peliostomi und Quart<strong>in</strong>ioides spec. (alle Masar<strong>in</strong>a)<br />

wurden mit Rasterelektronenmikroskopie und Semidünnschnitttechnik untersucht. Bei<br />

Ceramius konnte <strong>der</strong> Blütenbesuch im Freiland untersucht und Tiere mit unterschiedlicher<br />

Rüsselstellung anatomisch verglichen werden (KRENN, MAUSS & PLANT 2002).<br />

Ergebnisse und Diskussion: Die Beobachtung von europäischen Ceramius-Arten zeigte, dass<br />

die Weibchen ihre großen Mandibeln vor allem zum Graben <strong>der</strong> Bodennester und beim<br />

Pollensammeln benutzen; die Maxillen helfen Pollen aufzunehmen; das Labium h<strong>in</strong>gegen wird<br />

vor allem für die Flüssigkeitsaufnahme aus Blüten und vom feuchten Boden benutzt. Während<br />

die Mandibeln und Maxillen bei den untersuchten Arten weitgehend gleich gebaut s<strong>in</strong>d, weisen<br />

die Glossae und die basalen Teile des Labiums große Unterschiede <strong>in</strong> Länge, Proportionen und<br />

Ausprägungen <strong>der</strong> verschiedenen Merkmale auf. So ist die Glossa von Priscomasaris sehr kurz<br />

und hat auf <strong>der</strong> anterioren Seite im distalen Abschnitt zahlreiche Querrillen. Die Glossa von<br />

Paragia ist 1-2 mm lang und zweizipfelig. Sie weist viele Querlamellen auf, die im distalen und<br />

gegabelten Abschnitt so verlängert s<strong>in</strong>d, dass sie kurze, aber nicht abgedichtete Nahrungskanäle<br />

bilden. In Ruhestellung ist die Glossa Z-förmig vor den Kopf gefaltet. Die anatomische<br />

Untersuchung des Kopfes zeigt, dass zwei antagonistische Muskelpaare die Glossa strecken und<br />

e<strong>in</strong>falten.


12<br />

Abb. 1. Evolution des Saugrüssels <strong>der</strong> Masar<strong>in</strong>ae.<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Die Glossa <strong>der</strong> Masar<strong>in</strong>a bildet den Saugrüssel, <strong>der</strong> bei manchen Arten im gestreckten Zustand<br />

die Körperlänge überragt. Der grundsätzliche Aufbau des Saugrüssels wurde am Beispiel von<br />

Vertretern <strong>der</strong> Gattung Ceramius funktionsanatomisch untersucht (KRENN, MAUSS & PLANT<br />

2002). Im Vergleich mit kurzrüsseligen Vertretern (z.B. Paragia) besitzt dieser Saugrüssel (1)<br />

e<strong>in</strong>e spezialisierte Spitzenregion; (2) e<strong>in</strong> luftdicht geschlossenes Nahrungsrohr, das aus<br />

überlappenden Kutikulalamellen <strong>der</strong> anterioren Seite <strong>der</strong> Glossa gebildet wird; (3) e<strong>in</strong><br />

zweiteiliges basales Glossagelenk, das e<strong>in</strong>e 180°-Abw<strong>in</strong>kelung gegenüber dem Prämentum<br />

erlaubt; (4) e<strong>in</strong> Rüsselruhestellung bei <strong>der</strong> die Glossa teleskopartig zusammen geschoben wird<br />

und schl<strong>in</strong>genförmig im Labium zurückgezogen liegt und bei extrem langrüsseligen Arten (z.B.<br />

Celonites pelistomi) posterior h<strong>in</strong>ter den Kopf h<strong>in</strong>ausragt sowie (5) e<strong>in</strong>en neuartigen<br />

Mechanismus für die Rüsselbewegung.<br />

Das System bildet e<strong>in</strong>en bistabilen Mechanismus, bei dem die Glossa durch Bewegung <strong>der</strong><br />

basalen Labiumplatten (die anteriore und die posteriore L<strong>in</strong>gualplatte) <strong>in</strong>direkt aus <strong>der</strong><br />

Ruhestellung gedrückt wird. Ist die Glossa so e<strong>in</strong> Stück nach vorn geschoben, dann schnellt sie<br />

von selbst <strong>in</strong> die gestreckte Haltung. Umgekehrt genügt es, die Glossa e<strong>in</strong> Stück zurückzuziehen<br />

und sie klappt <strong>in</strong> die Ruhestellung zurück. Die Rekonstruktion <strong>der</strong> Muskulatur bei Paragia und<br />

Ceramius zeigt, dass nur e<strong>in</strong>e Muskelgruppe bei Ceramius den Verlauf geän<strong>der</strong>t hat. Dazu<br />

kommt aber die starke Verlängerung <strong>der</strong> L<strong>in</strong>gualplatten und die Aufwölbung des Prämentums,<br />

das e<strong>in</strong>en nach vorne offenen sackförmigen Hohlraum bildet, <strong>in</strong> den die Glossa e<strong>in</strong>geklappt<br />

wird. Diese Formverän<strong>der</strong>ungen führten zu e<strong>in</strong>er Verdrehung e<strong>in</strong>es Streckmuskels, um fast 90°.<br />

Anstatt wie ursprünglich die L<strong>in</strong>gualplatte zu drehen und so die Glossa auszuklappen, wird im<br />

abgeleiteten Falle <strong>der</strong> „Glossasack“, zusammengedrückt und die Glossa ausgetrieben. Diese


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 13<br />

kle<strong>in</strong>e Modifikation sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Schlüsselmerkmale für die Evolution des neuartigen<br />

Bewegungsmechanismus zu se<strong>in</strong>. Damit ist verständlich, dass auch Zwischenformen mit<br />

unterschiedlich langem Rüssel im Pr<strong>in</strong>zip gleich funktionieren. Es kann sogar behauptet werden,<br />

dass für den neuen Bewegungsmechanismus ke<strong>in</strong>e neue nervöse Steuerung entwickelt werden<br />

musste, denn <strong>in</strong> den untersuchten Fällen s<strong>in</strong>d die homologen Muskelgruppen für das Aus- und<br />

E<strong>in</strong>klappen <strong>der</strong> Glossa verantwortlich.<br />

Im Vergleich zu den Saugrüsseln an<strong>der</strong>er Hymenoptera ist <strong>der</strong> Rüssel <strong>der</strong> Masar<strong>in</strong>a e<strong>in</strong>fach<br />

gebaut, denn er besteht nur aus <strong>der</strong> stark verlängerten Glossa. Se<strong>in</strong>e Strukturen und <strong>der</strong><br />

Funktionsmechanismus s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs außerordentlich kompliziert und weisen e<strong>in</strong>e Reihe von<br />

Merkmalen auf, die im phylogenetischen Zusammenhang <strong>in</strong>terpretiert, die Evolution dieses<br />

Saugorgans rekonstruierbar machen (Abb. 1). E<strong>in</strong>en zum<strong>in</strong>dest kurzen Nahrungskanal gibt es an<br />

<strong>der</strong> Glossaspitze bei den Paragi<strong>in</strong>a und Masar<strong>in</strong>a. Bei den Masar<strong>in</strong>a bildet die Glossa e<strong>in</strong> langes<br />

und vollständig geschlossenes Saugrohr. Der Mechanismus <strong>der</strong> Flüssigkeitsaufnahme beruht<br />

überwiegend auf e<strong>in</strong>em Druckgradienten, funktioniert wie e<strong>in</strong> Strohhalm, und Adhäsion ist nicht<br />

mehr <strong>der</strong> wesentliche physikalische Mechanismus <strong>der</strong> Flüssigkeitsaufnahme, wie bei den<br />

kurzrüsseligen Arten. Die Glossa ist <strong>in</strong> Ruhestellung schl<strong>in</strong>genförmig <strong>in</strong> das Labium<br />

zurückziehbar. Bei Masar<strong>in</strong>a <strong>der</strong> Gattungen Celonites, Masaris und Jugurtia überragt <strong>der</strong><br />

„Glossasack“ den Kopf posterior, während bei Quart<strong>in</strong>ioides die extrem lange und dünne<br />

Glossa <strong>in</strong> mehreren Schleifen <strong>in</strong> das Prämentum e<strong>in</strong>gezogen ist.<br />

Unabhängig davon ist bei Vertretern <strong>der</strong> australische Gattung Metaparagia (Paragi<strong>in</strong>a) e<strong>in</strong> stark<br />

verlängerter Rüssel ausgebildet, bei dem aber <strong>der</strong> distale, gegabelte Abschnitt <strong>der</strong> Glossa stark<br />

verlängert ist (CARPENTER 1996/97). Es gibt aber bisher ke<strong>in</strong>e ausführliche morphologische<br />

Untersuchung dieser konvergenten Bildung e<strong>in</strong>es Nektarsaugrüssels <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Masar<strong>in</strong>ae.<br />

Literatur<br />

CARPENTER, J.M. 1982: The phylogenetic relationships and natural classification of the Vespoidea (Hymenoptera). —<br />

Systematic Entomology 7: 11-38<br />

CARPENTER, J.M. 1996 [1997]: Generic classification of the Australian pollen wasps (Hymenoptera: Vespidae;<br />

Masar<strong>in</strong>ae). — Journal of the Kansas Entomological Society (Supplement) 69: 384-400<br />

CARPENTER, J.M. 2001: Checklist of species of the subfamily Masar<strong>in</strong>ae (Hymenoptera: Vespidae). — American<br />

Museum Novitates 3325: 1-40<br />

GESS, F.W. 1998: Priscomasaris namibiensis GESS, a new genus and species of Masar<strong>in</strong>ae (Hymenoptera: Vespidae)<br />

from Namibia, southern Africa, with a discussion of its position with<strong>in</strong> the subfamily. — Journal of Hymenoptera<br />

Research 7: 296-304<br />

GESS, S.K. 1996: The pollen wasps - Ecology and natural history of the Masar<strong>in</strong>ae. — Harvard University Press,<br />

Cambridge, Massachusetts, 340 S.<br />

KRENN, H.W., MAUSS, V. & PLANT, J. 2002: Evolution of the suctorial proboscis <strong>in</strong> pollen wasps (Masar<strong>in</strong>ae,<br />

Vespidae). — Arthropod Structure and Development 31: 103-120<br />

MAUSS, V. 1995: Beobachtungen zur Lebensweise <strong>der</strong> Honigwespe Ceramius tuberculifer SAUSSURE (Hymenoptera,<br />

Vespidae, Masar<strong>in</strong>ae). — Mitteilungen <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für allgeme<strong>in</strong>e und angewandte Entomologie<br />

10: 383- 386<br />

OSTEN, T. 1982: Vergleichend-funktionsmorphologische Untersuchungen <strong>der</strong> Kopfkapsel und <strong>der</strong> Mundwerkzeuge<br />

ausgewählter Scolioidea (Hymenoptera, Acculeata). — <strong>Stuttgart</strong>er <strong>Beiträge</strong> zur Naturkunde Serie A (Biologie)<br />

354: 1-60<br />

RICHARDS, O.W. 1962: A revisional study of the masarid wasps (Hymenoptera, Vespoidea). — British Museum<br />

(Natural History), London, 294 S.<br />

SCHREMMER, F. 1961: Morphologische Anpassungen von Tieren - <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Insekten - an die Gew<strong>in</strong>nung von<br />

Blumennahrung. — Verhandlungen <strong>der</strong> Deutschen Zoologischen Gesellschaft (Zoologischer Anzeiger<br />

Supplement) 25: 375-401


14<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Das ressourcenbasierte Paarungssystem <strong>der</strong> mediterranen<br />

Pollenwespe Ceramius fonscolombei LATREILLE, 1810<br />

(Hymenoptera, Vespidae, Masar<strong>in</strong>ae)<br />

Jochen GRODDECK 1 , Volker MAUSS 2 & Klaus REINHOLD 3<br />

1 Zoologisches Forschungs<strong>in</strong>stitut und Museum Alexan<strong>der</strong> König, Universität Bonn<br />

Adenauerallee 160, D-53113 Bonn, j.groddeck.zfmk@uni-bonn.de<br />

2 Staatliches Museum für Naturkunde, Abt. Entomologie<br />

Rosenste<strong>in</strong> 1, D-70191 <strong>Stuttgart</strong>, volker.mauss@gmx.de<br />

3 Institut für Evolutionsbiologie und Ökologie, Universität Bonn<br />

An <strong>der</strong> Immenburg 1, D-53121 Bonn, KRe<strong>in</strong>hold@evolution.uni-bonn.de<br />

E<strong>in</strong>leitung: Männchen von Ceramius fonscolombei suchen sowohl an Wasserstellen als auch an<br />

blühenden Pflanzen <strong>der</strong> Gattung Reseda (Resedaceae) nach Weibchen. Beides s<strong>in</strong>d wichtige<br />

Ressourcen für die Brutfürsorge: Die Weibchen benötigen Wasser zur Anlage von Brutzellen<br />

und verwenden ausschließlich Pollen von Reseda zur Verproviantierung <strong>der</strong> Zellen (MAUSS et<br />

al. 2003). Die Eiablage erfolgt dabei jeweils nach <strong>der</strong> Fertigstellung e<strong>in</strong>er Zelle unmittelbar vor<br />

<strong>der</strong> Verproviantierungsphase.<br />

Material und Methode: Vergleichende Untersuchungen zum Paarungsverhalten <strong>der</strong> Männchen<br />

an beiden Ressourcentypen (Wassersammelstellen <strong>der</strong> Weibchen bzw. Blüten) wurden vom<br />

17.5.-11.7.2001 am Rambla de Rio Seco (Spanien, Aragón, Prov. Teruel, 40 o 21,545' N 01 o<br />

03,391' W; Details siehe MAUSS et al. 2003) durchgeführt (GRODDECK et al. im Druck). An beiden<br />

Ressourcentypen wurden jeweils 10 Männchen fokal beobachtet (mittlere Nettobeobachtungsdauer<br />

je Männchen 2851 s).<br />

Ergebnisse: Die Männchen patrouillieren an den Ressourcen <strong>in</strong> gut abgrenzbaren, <strong>in</strong>dividuellen<br />

Aktionsräumen, die über mehrere aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> folgende Tage (maximal 17 Tage lang)<br />

aufgesucht werden. Regelmäßig unterbrechen sie ihren Patrouillienflug und landen auf<br />

Sitzwarten <strong>in</strong> ihrem Aktionsraum, an den Reseda-Beständen werden zusätzlich auch Blüten<br />

besucht. An den Wassersammelstellen verlassen die Männchen ihren Aktionsraum nach<br />

durchschnittlich 660 s (n=16), um dann nach weiteren 180 s (n=16) wie<strong>der</strong> zurückzukehren und<br />

erneut im Aktionsraum zu patrouillieren. Im Gegensatz dazu verlassen die Männchen an den<br />

Blüten ihrem Aktionsraum über lange Zeiträume nicht. An den Wassersammelstellen s<strong>in</strong>d die<br />

Aktionsräume <strong>der</strong> Männchen signifikant kle<strong>in</strong>er als die Aktionsräume von Männchen, die an<br />

Blüten patrouillieren (durchschnittliche Ausdehnung des Aktionsraumes an Wassersammelstellen<br />

1,4 m, an Blüten 15,7 m; p < 0,001, Mann Whitney U-Test). An den Wassersammelstellen<br />

kämpfen die Männchen häufig mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> (pro Männchen durchschnittlich 5,9 Kämpfe<br />

/ h), während es an den Blüten nicht zu Kämpfen zwischen den Männchen kommt (p < 0,001,<br />

Mann Whitney U-Test).<br />

Trifft e<strong>in</strong> patrouillierendes Männchen auf e<strong>in</strong> Weibchen, so fliegt es das Weibchen an, und es<br />

kommt fast immer unmittelbar darauf zur Kopulation. Dabei leistet das Weibchen fast nie<br />

erkennbaren Wi<strong>der</strong>stand, und setzt die Wasseraufnahme, bzw. den Blütenbesuch während <strong>der</strong><br />

Kopula fort. Die Verhaltensabfolge während <strong>der</strong> Kopula und die Kopulationsdauer unterscheiden<br />

sich an den Wassersammelstellen und an den Blüten nicht (mittlere Dauer 14,1 s an<br />

Wassersammelstellen, 16,1 s an Blüten; p = 0,33, Student t-Test). Sowohl für Männchen als<br />

auch für Weibchen wurden an beiden Ressourcentypen multiple Paarungen mit verschiedenen


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 15<br />

Partnern nachgewiesen. An Wassersammelstellen ist aber die durchschnittliche Kopulationsfrequenz<br />

<strong>der</strong> Männchen etwa doppelt so hoch wie an Blüten (10,9 Kopulationen / h an Wasserstellen,<br />

4,3 Kopulationen / h an Blüten; p < 0,01, Student t-Test).<br />

Männchen, die Aktionsräume an Wassersammelstellen besetzen, unterscheiden sich nicht <strong>in</strong><br />

ihrer Körpergröße von Männchen, die an Blüten patrouillieren (p = 1,00; Student t-Test). An<br />

den Wassersammelstellen korreliert die Körpergröße <strong>der</strong> Männchen positiv mit ihrer Kopulationsfrequenz<br />

(Spearman-Rankkorrelation 0,84, p < 0,01) und negativ mit <strong>der</strong> Dauer ihrer<br />

Sitzwartenaufenthalte (Spearman-Rankkorrelation -0,76, p < 0,05). Im Gegensatz dazu ist die<br />

Kopulationsfrequenz <strong>der</strong> Männchen an den Blüten negativ mit ihrer Körpergröße korreliert<br />

(Spearman-Rankkorrelation -0,76, p < 0,05).<br />

Diskussion: Das Paarungssystem von Ceramius fonscolombei kann als e<strong>in</strong>e Polygynie durch<br />

Verteidigung von Ressourcen (resource defence polygyny sensu EMLEN & ORING 1977)<br />

aufgefaßt werden, die aber durch die Existenz von zwei alternativen Paarungstaktiken <strong>der</strong><br />

Männchen an zwei verschiedenen Ressourcentypen modifiziert ist (vgl. O’NEILL 2001: 269).<br />

Die primäre Taktik <strong>der</strong> Männchen besteht dar<strong>in</strong>, an den Wassersammelstellen <strong>der</strong> Weibchen<br />

temporäre Territorien zu besetzen, die sie gegen an<strong>der</strong>e Männchen verteidigen. Diese Taktik ist<br />

vermutlich beson<strong>der</strong>s profitabel, denn die Kopulationsfrequenz <strong>der</strong> Männchen ist an den<br />

Wassersammelstellen ca. zweimal höher als an den Blüten. Außerdem ist <strong>der</strong> potentielle<br />

Fitness-Gew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Männchens unter <strong>der</strong> Annahme von last male sperm precedence bei<br />

Kopulationen an Wassersammelstellen vermutlich wesentlich höher als bei Kopulationen an<br />

Blüten, da die Weibchen an den Wassersammelstellen kurz vor dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Eiablage<br />

ersche<strong>in</strong>en, während sie Blüten vor allem während <strong>der</strong> Verproviantierungsphase e<strong>in</strong>er Zelle<br />

nach <strong>der</strong> Eiablage aufsuchen. Dementsprechend kommt es zu großer Konkurrenz zwischen den<br />

Männchen um Territorien an Wassersammelstellen. Offensichtlich s<strong>in</strong>d hier größere Männchen<br />

im Vorteil, denn die Kopulationsfrequenz ist positiv mit <strong>der</strong> Körpergröße korreliert. Die<br />

sekundäre Taktik <strong>der</strong> Männchen, das Patrouillieren an Blüten, stellt e<strong>in</strong>e aggressionsfreie<br />

Alternative dar, durch die kle<strong>in</strong>ere Männchen zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en gewissen Kopulationserfolg<br />

erzielen können. Diese sekundäre Taktik ist aber vermutlich weniger profitabel als die primäre.<br />

Entgegen theoretischen Erwartungen, unterscheiden sich die Männchen an beiden<br />

Ressourcentypen nicht <strong>in</strong> ihrer Körpergröße. Möglicher Weise ist dies darauf zurückzuführen,<br />

daß große Männchen dazu übergehen die sekundäre Taktik zu verfolgen, wenn sie bei Kämpfen<br />

an den Wassersammelstellen ernste Beschädigungen (<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Flügel) davon getragen<br />

haben.<br />

Literatur<br />

EMLEN, S.T. & ORING, L.W. 1977: Ecology, sexual selection and the evolution of mat<strong>in</strong>g systems. — Science 198:<br />

215-233<br />

GRODDECK, J., MAUSS, V. & REINHOLD, K. (im Druck): The resource based mat<strong>in</strong>g system of the mediterranean pollen<br />

wasp Ceramius fonscolombei LATREILLE 1810 (Hymenoptera, Vespidae, Masar<strong>in</strong>ae). — Journal of Insect<br />

Behavior<br />

MAUSS, V., MÜLLER, A. & YILDIRIM, E. 2003: Nest<strong>in</strong>g and flower association of the pollen wasp Ceramius<br />

fonscolombei LATREILLE, 1810 (Hymenoptera: Vespidae: Masar<strong>in</strong>ae) <strong>in</strong> Spa<strong>in</strong>. — Journal of the Kansas<br />

Entomological Society 76: 1-15<br />

O’NEILL, K.M. 2001: Solitary wasps. — Cornell University Press, Ithaca, New York<br />

THORNHILL, R. & Alcock, J. 1983: The evolution of <strong>in</strong>sect mat<strong>in</strong>g systems. — Harvard University Press, Cambridge,<br />

Massachusetts


16<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Konkurrieren Wildbienen und Honigbienen um die<br />

Nahrungsressource Pollen?<br />

Fallstudie zur Konkurrenz <strong>der</strong> Honigbiene Apis mellifera carnica<br />

L. und <strong>der</strong> oligolektischen Wildbiene Heriades truncorum L.<br />

Andreé HAMM, Sandra HAASE & Dieter WITTMANN<br />

Institut für Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde<br />

Melbweg 42, D-53127 Bonn, anham@web.de<br />

E<strong>in</strong>leitung: Pollen spielt <strong>in</strong> Ökosystemen nicht nur bei <strong>der</strong> Reproduktion <strong>der</strong> Pflanzen e<strong>in</strong>e<br />

zentrale Rolle, son<strong>der</strong>n wird auch von zahlreichen Blütenbesuchern zur Deckung des eigenen<br />

Eiweißbedarfs o<strong>der</strong> zur Aufzucht <strong>der</strong> Larven genutzt. Pollen stellt somit e<strong>in</strong> wichtiges B<strong>in</strong>deglied<br />

zwischen den Blütenbesuchern und ihren Trachtpflanzen dar und ist neben dem Nektar<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die Bienen die wichtigste Nahrungsressource.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> vorliegenden Fallstudie untersuchten wir, ob es zwischen <strong>der</strong> oligolektischen<br />

Löcherbiene Heriades truncorum und <strong>der</strong> Honigbiene Apis mellifera zur Konkurrenz um Pollen<br />

kommt. Folgende Fragen sollten geklärt werden:<br />

1. Mit wie viel Pollen wird e<strong>in</strong>e Larve von H. truncorum verproviantiert?<br />

2. Wieviel Pollen produzieren Asteraceen-Blüten?<br />

3. Kommt es bei imkerlicher Nutzung des Lebensraumes von H. truncorum zur Konkurrenz um<br />

das Blütenprodukt Pollen und damit zu e<strong>in</strong>er Reduktion <strong>der</strong> Reproduktionsrate <strong>der</strong> Wildbiene?<br />

Material und Methoden: Die Untersuchungen wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Naturschutzgebiet, westlich<br />

<strong>der</strong> Bundesstadt Bonn durchgeführt. Zunächst wurde <strong>der</strong> Pollen aus e<strong>in</strong>zelnen Brutzellen von H.<br />

truncorum und aus den Antheren <strong>der</strong> Asteraceen-Blüten quantifiziert. Zur Überprüfung <strong>der</strong><br />

Frage, ob die Honigbiene A. mellifera als Konkurrent <strong>der</strong> Wildbiene H. truncorum auftritt,<br />

wurden an zwei Term<strong>in</strong>en jeweils 30 Honigbienenvölker für die Dauer von ca. 10 Tagen im<br />

Untersuchungsgebiet aufgestellt. Vor den Beuten wurden Pollenfallen <strong>in</strong>stalliert, um die Menge<br />

des von den Honigbienen gesammelten Asteraceen-Pollens bestimmen zu können. An Nisthilfen<br />

haben wir die Dauer <strong>der</strong> Sammelflüge <strong>der</strong> Wildbienenweibchen und <strong>der</strong>en Tagesleistung,<br />

gemessen an <strong>der</strong> e<strong>in</strong>getragenen Pollenmenge bzw. <strong>der</strong> Zahl angelegter Brutzellen, ermittelt.<br />

Weiterh<strong>in</strong> beobachteten wir, ob sich die Besuchshäufigkeit o<strong>der</strong> das Verhalten <strong>der</strong> beiden<br />

Bienenarten auf den Blüten än<strong>der</strong>te und ob es zu gegenseitigen Störungen kam. Um<br />

herauszuf<strong>in</strong>den, wie stark die Dauer <strong>der</strong> Sammelflüge vom Trachtpflanzenangebot <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Umgebung <strong>der</strong> Nester abhängt, stellten wir gegen Ende <strong>der</strong> Blühperiode <strong>der</strong> Asteraceen<br />

Trachtpflanzen <strong>in</strong> unmittelbarer Nähe zu den Nisthilfen auf.<br />

Ergebnisse<br />

1. Sammelverhalten von Heriades truncorum<br />

Die Weibchen von H. truncorum sammelten im Untersuchungsgebiet Pollen auf drei<br />

Asteraceen-Arten: Ra<strong>in</strong>farn (Tanacetum vulgare L.), Schmalblättriges Greiskraut (Senecio<br />

<strong>in</strong>aequidens) und Jacobs-Greiskraut (Senecio jacobea).


2. Quantifizierung des Pflanzenpollens.<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 17<br />

Pollen Tanacetum vulgare Senecio <strong>in</strong>aeqidens Senecio jacobaea<br />

pro Anthere 96 246 285<br />

pro Röhrenblüte 498 1.228 1.429<br />

pro Blütenkopf 131.865 110.520 81.453<br />

pro Pflanze 7.895160 3.094.560 1.629.060<br />

3. Quantifizierung des Pollens aus den Brutzellen. Die Weibchen von H. truncorum trugen<br />

durchschnittlich 2.254.200 Pollenkörner (n = 82) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Brutzelle e<strong>in</strong>. Dies entspricht <strong>der</strong><br />

Pollenmenge, die von 3,5 Pflanzen <strong>der</strong> Art Tanacetum vulgare, von 1,3 Pflanzen <strong>der</strong> Art<br />

Senecio <strong>in</strong>aequidens und von 0,7 Pflanzen <strong>der</strong> Art Senecio jacobea produziert wird.<br />

4. Quantifizierung des Honigbienenpollens. Brutzellen- und Blütenäquivalent des Pollens, <strong>der</strong><br />

von den Honigbienen gesammelt wurde:<br />

Pollen pro Volk / Tag Pollen je Brutzelle<br />

Phase 1 Phase 2 von H. truncorum<br />

Asteraceen Pollen 1.15 * 104 4,47 * 10 7<br />

2.254.200<br />

Anzahl möglicher Brutzellen 0,5 19,8<br />

Anzahl Pflanzen Tanacetum vulgare 0,1 5,7<br />

Anzahl Pflanzen Senecio <strong>in</strong>aequidens 0,4 14,4<br />

Anzahl Pflanzen Senecio jacobea 0,7 27,4<br />

5. Beobachtungen an den Nisthilfen und Blüten. Die Dauer <strong>der</strong> Sammelflüge <strong>der</strong> Weibchen von<br />

H. truncorum zeigten z.T. erhebliche Unterschiede, die aber nicht auf das E<strong>in</strong>stellen <strong>der</strong> Honigbienenvölker<br />

zurückzuführen s<strong>in</strong>d. Vielmehr ergaben die Beobachtungen, dass die Sammelflüge<br />

mit zunehmend schlechter werdendem Trachtpflanzenangebot länger werden. Dieses Ergebnis<br />

wurde durch das E<strong>in</strong>stellexperiment bestätigt, da sich bei Verbesserung <strong>der</strong> Tracht <strong>in</strong><br />

unmittelbarer Nähe zum Nest die Dauer <strong>der</strong> Sammelflüge wesentlich verkürzte. Die<br />

Tagesleistung <strong>der</strong> Weibchen wurde ebenfalls nicht signifikant durch die Präsenz <strong>der</strong> Honigbienenvölker<br />

bee<strong>in</strong>flusst. Die Weibchen von H. truncorum trugen <strong>in</strong> den fünf<br />

Beobachtungsphasen ähnlich grosse Pollenmengen e<strong>in</strong> und legten ähnlich viele Brutzellen pro<br />

Tag an. Weiterh<strong>in</strong> lies sich <strong>in</strong> den fünf Beobachtungsphasen ke<strong>in</strong> Konkurrenzverhalten auf den<br />

Blüten beobachten. Während die Honigbienenvölker im Untersuchungsgebiet standen än<strong>der</strong>te<br />

sich we<strong>der</strong> die Häufigkeit <strong>der</strong> Blütenbesuche <strong>der</strong> Weibchen von H. truncorum noch erhöhte sich<br />

die Anzahl <strong>der</strong> Honigbienen auf den Asteraceenblüten.<br />

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung zeigen, dass es bei imkerlicher<br />

Nutzung des Lebensraumes <strong>der</strong> Wildbiene H. truncorum zu ke<strong>in</strong>er Konkurrenz um Pollen<br />

durch die Honigbiene kommt.


18<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Interaktionen zwischen Kuckucksbienen <strong>der</strong> Gattung Nomada<br />

und ihren Wirten (Andrena): Labor- und Freilanduntersuchungen<br />

Matthias SCHINDLER & Dieter WITTMANN<br />

Institut für Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde, Universität Bonn<br />

Melbweg 42, D-53127 Bonn, m.sch<strong>in</strong>dler@uni-bonn.de<br />

Kuckucksbienen <strong>der</strong> Gattung Nomada s<strong>in</strong>d als obligatorische Nest- und Futterparasiten<br />

überwiegend mit Arten <strong>der</strong> Gattung Andrena assoziiert. Die Parasiten-Weibchen legen ihre Eier<br />

<strong>in</strong> die unterirdischen Nester ihrer Wirte. Dabei muss das Parasitenweibchen zunächst das Nest<br />

<strong>der</strong> Wirtsart erkennen um dann zu e<strong>in</strong>em geeigneten Zeitpunkt e<strong>in</strong> Ei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Nestzelle<br />

abzulegen.<br />

In Freiland- und Laboruntersuchungen wurde das Verhalten von N. fucata und N. fabriciana bei<br />

<strong>der</strong> Suche nach Wirtsnestern und die Interaktionen mit ihren Wirten untersucht. N. fucata<br />

parasitiert bei A. flavipes, N. fabriciana unter an<strong>der</strong>em bei A. bicolor. Für Beobachtungen im<br />

unterirdischen Nestbereich wurden Sandwichnester verwendet.<br />

Das Verhalten <strong>der</strong> Nomada-Weibchen bei <strong>der</strong> Suche nach Wirtsnestern und am Neste<strong>in</strong>gang<br />

lässt sich nach e<strong>in</strong>em charakteristischen Muster spezifizieren: Suchflug, Schwebflug, Landung<br />

auf Sitzwarten, Landung am Neste<strong>in</strong>gang, Putzverhalten, Inspektion, E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> das Wirtsnest.<br />

Daneben wurden e<strong>in</strong>zelne Nomada-Weibchen auch beim Verschließen und Öffnen e<strong>in</strong>es<br />

Wirtsnestes beobachtet. Trafen Parasit und Wirt außerhalb des Nestes aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, wurde ke<strong>in</strong><br />

aggressives Verhalten beobachtet. Bei Kontakt zwischen Parasit und Wirt im Bereich des<br />

Neste<strong>in</strong>gangs, verhielten sich Wirtsweibchen agonistisch. Auch im unterirdischen Nestbereich<br />

waren Wirtsweibchen gegenüber e<strong>in</strong>gedrungenen Nomada-Weibchen aggressiv und attackierten<br />

diese mit gespreizten Mandibeln.<br />

Die Untersuchungen zeigen, dass Weibchen von A. flavipes und A. bicolor ihr Nest gegenüber<br />

den Kuckucksbienen verteidigen. Dies steht im Gegensatz zu e<strong>in</strong>er Reihe an<strong>der</strong>er Arbeiten, bei<br />

denen e<strong>in</strong>e „friedliche Koexistenz“ von Nomada-Weibchen und ihren Wirten beschrieben<br />

wurde.<br />

Rekrutierungsverhalten und chemische Kommunikation<br />

mittels Duftpfaden aus Labialdrüsensekret<br />

bei <strong>der</strong> stachellosen Biene Trigona recursa<br />

Stefan JARAU 1 , Friedrich G. BARTH 2 & Manfred AYASSE 1<br />

1 Universität Ulm, Abteilung für experimentelle Ökologie <strong>der</strong> Tiere<br />

Albert-E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>-Allee 11, 89069 Ulm, Deutschland<br />

2 Universität Wien, Institut für Zoologie<br />

Althanstraße 14, 1090 Wien, Österreich<br />

Innerhalb <strong>der</strong> verschiedenen Arten von stachellosen Bienen (Apidae, Ap<strong>in</strong>ae, Melipon<strong>in</strong>i) haben<br />

sich unterschiedliche Kommunikationsmechanismen entwickelt, mit denen Sammelbienen ihre<br />

Nestgefährten zu Futterquellen rekrutieren: (i) e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fachen Mitteilung <strong>der</strong> Art und Qualität<br />

e<strong>in</strong>er Tracht durch den Blütenduft, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Sammler<strong>in</strong> anhaftet sowie durch abgegebene<br />

Futterproben; (ii) e<strong>in</strong>e effiziente Alarmierung im Nest durch Schall- und Vibrationssignale, die


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 19<br />

von <strong>der</strong> Sammler<strong>in</strong> bei ihrer Rückkehr im Nest abgegeben werden, und die weitere Bienen dazu<br />

veranlassen das Nest zu verlassen um nach dem Futter zu suchen; (iii) e<strong>in</strong>e sehr genauen<br />

Angabe <strong>der</strong> Lage <strong>der</strong> beflogenen Futterquelle durch Duftpfade, die zwischen dem Futter und<br />

dem Nest angelegt werden und rekrutierte Bienen zum Ziel führen.<br />

Die Kommunikation mittels Duftpfaden wurde für stachellose Bienen erstmals von LINDAUER<br />

& KERR (1958) beschrieben. Dieselben Autoren haben auch das Verhalten <strong>der</strong> rekrutierenden<br />

Bienen bei <strong>der</strong> Abgabe <strong>der</strong> Duftstoffe am Beispiel von Scaptotrigona postica etwas e<strong>in</strong>gehen<strong>der</strong><br />

untersucht. Aus <strong>der</strong> Beobachtung, dass e<strong>in</strong>e Biene beim Absetzen e<strong>in</strong>er Duftmarke mit ihren<br />

geöffneten Mandibeln an Blatträn<strong>der</strong>n, Grashalmen o<strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>chen entlang streift haben<br />

LINDAUER & KERR (1958) geschlossen, dass Sekrete aus den Mandibeldrüsen e<strong>in</strong>e Bedeutung<br />

als Duftmarken haben. In e<strong>in</strong>em Experiment, bei dem den Bienen e<strong>in</strong> künstlicher Duftpfad aus<br />

Mandibeldrüsensekret angeboten wurde, konnten allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Rekruten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e vom<br />

natürlichen Pfad abweichende Richtung abgelenkt werden (LINDAUER & KERR 1958). Dieser<br />

Tatsche ungeachtet f<strong>in</strong>det man jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur bis heute die Behauptung, dass stachellose<br />

Bienen ihre Duftpfade mit Wegpheromonen markieren, die sie <strong>in</strong> ihren Mandibeldrüsen produzieren.<br />

E<strong>in</strong> überzeugen<strong>der</strong> experimenteller Nachweis für diese Annahme wurde bisher nicht<br />

erbracht.<br />

Wir haben <strong>in</strong> jüngster Zeit das Rekrutierungsverhalten und die Mechanismen <strong>der</strong> chemischen<br />

Kommunikation bei Trigona recursa e<strong>in</strong>gehend untersucht. F<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Sammler<strong>in</strong> dieser Art<br />

Futter, beg<strong>in</strong>nt sie nach nur wenigen Sammelflügen e<strong>in</strong>en Duftpfad anzulegen. Kurz danach<br />

treffen die ersten Rekruten e<strong>in</strong>, <strong>der</strong>en Anzahl an <strong>der</strong> Futterquelle <strong>in</strong> weiterer Folge rasch<br />

zunimmt (JARAU et al. 2003). Durch Verhaltensbeobachtungen und Videoaufzeichnungen<br />

konnten wir zeigen, dass e<strong>in</strong>e Sammler<strong>in</strong> beim Absetzen e<strong>in</strong>er Duftmarke nicht nur ihre<br />

Mandibeln spreizt, son<strong>der</strong>n auch ihre ausgestreckte Zunge über das Substrat streift. Dieses<br />

Verhalten ist <strong>in</strong>teressant, weil sich im Kopf e<strong>in</strong>er Biene neben den Mandibeldrüsen auch paarige<br />

Labialdrüsen bef<strong>in</strong>den, <strong>der</strong>en Sekrete über e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Ausführkanal an <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong><br />

Glossa abgegeben werden, also an dem Teil <strong>der</strong> Mundwerkzeuge, <strong>der</strong> beim Absetzen von<br />

Duftmarken über das Substrat gestrichen wird.<br />

Um e<strong>in</strong>e mögliche Rolle von Sekreten aus den Mandibel- bzw. aus den Labialdrüsen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Duftpfad-Kommunikation zu untersuchen, haben wir Biotests mit Extrakten <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Drüsen durchgeführt. Dabei konnten wir feststellen, dass an <strong>der</strong> Futterquelle selbst, die ja Teil<br />

des Duftpfads (ihr Endpunkt) ist, Mandibeldrüsensekret e<strong>in</strong>e abstoßende Wirkung hat,<br />

woh<strong>in</strong>gegen Labialdrüsensekret auf neuankommende Bienen anlockend wirkt (JARAU et al.<br />

2004a). In e<strong>in</strong>er weiteren Versuchsreihe haben wir untersucht, ob sich rekrutierte Bienen entlang<br />

e<strong>in</strong>es künstlich angelegten Duftpfads, <strong>der</strong> vom natürlichen Duftpfad abzweigt, ablenken lassen,<br />

wenn dieser (i) aus re<strong>in</strong>em Lösungsmittel (Kontrolle), (ii) aus Mandibeldrüsensekret, (iii) aus<br />

Labialdrüsensekret o<strong>der</strong> (iv) aus Decansäurehexylester, <strong>der</strong> Hauptkomponente des Labialdrüsensekrets,<br />

besteht (JARAU et al. 2004b). Im Vergleich zur Kontrolle folgten signifikant mehr<br />

Bienen den mit Labialdrüsensekret bzw. mit Decansäurehexylester imprägnierten Duftpfaden.<br />

Im Gegensatz dazu war die Anzahl <strong>der</strong> Bienen die den mit Mandibeldrüsensekret bedufteten<br />

Pfaden gefolgt s<strong>in</strong>d ebenso ger<strong>in</strong>g wie <strong>in</strong> den Kontrollexperimenten.<br />

Aus den Verhaltensbeobachtungen und den Biotests schließen wir, dass Sammelbienen von T.<br />

recursa beim Absetzen des Wegpheromons Sekrete aus den Labialdrüsen abgeben und nicht -<br />

wie bisher angenommen - Sekrete aus den Mandibeldrüsen. Wir vermuten, dass das auch für<br />

viele an<strong>der</strong>en Arten von stachellosen Bienen zutrifft. Obwohl im Vergleich zur Kontrolle signifikant<br />

mehr Bienen den künstlichen Duftpfaden aus Decansäurehexylester gefolgt s<strong>in</strong>d, war <strong>der</strong>


20<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Effekt dennoch ger<strong>in</strong>ger als bei den Tests mit dem Labialdrüsenextrakt. Das deutet darauf h<strong>in</strong>,<br />

dass das gesamte Wegpheromon im Labialdrüsensekret von T. recursa aus e<strong>in</strong>em Gemisch von<br />

mehreren Substanzen besteht. Decansäurehexylester ist die erste Komponente, die aus dem<br />

Wegpheromon e<strong>in</strong>er stachellosen Biene identifiziert wurde. In zukünftigen Untersuchungen soll<br />

die Bedeutung weiterer Duftstoffkomponenten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Spurmarkierung untersucht werden.<br />

Die vorliegende Arbeit wurde teilweise durch den Fond zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> wissenschaftlichen Forschung <strong>in</strong> Österreich<br />

(Projekt P-14328 von FGB) f<strong>in</strong>anziell unterstützt.<br />

Literatur<br />

JARAU, S., HRNCIR, M., SCHMIDT, V.M., ZUCCHI, R. & BARTH, F.G. 2003: Effectiveness of recruitment behavior <strong>in</strong><br />

st<strong>in</strong>gless bees (Apidae, Melipon<strong>in</strong>i). — Insectes Soc. 50: 365-374<br />

JARAU, S., HRNCIR, M., ZUCCHI, R. & BARTH, F.G. 2004a: A st<strong>in</strong>gless bee uses labial gland secretions for scent trail<br />

communication (Trigona recursa SMITH 1863). — J. Comp. Physiol. A 190: 233-239<br />

JARAU, S., SCHULZ, C., FRANCKE, W., BARTH F.G. & AYASSE, M. 2004b: Hexyl decanoate, a trail pheromone<br />

component identified from labial gland secretions of a st<strong>in</strong>gless bee, Trigona recursa (Apidae, Melipon<strong>in</strong>i). —<br />

Jo<strong>in</strong>t Meet<strong>in</strong>g of ISCE-PNSA, Ottawa, July 24-28 2004<br />

LINDAUER M. & KERR W.E. 1958: Die gegenseitige Verständigung bei den stachellosen Bienen. — Z. vergl. Physiol.<br />

41: 405-434<br />

Inter- und <strong>in</strong>traspezifische Variation <strong>der</strong> bestäuberanlockenden<br />

Duftstoffe bei Sexualtäuschorchideen <strong>der</strong> Ophrys-fusca-Gruppe<br />

Johannes STÖKL & Manfred AYASSE<br />

Universität Ulm, Experimentelle Ökologie <strong>der</strong> Tiere<br />

Albert-E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>-Allee 11, 89069 Ulm, Deutschland<br />

Orchideen <strong>der</strong> Gattung Ophrys weisen e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> außergewöhnlichsten Bestäubungsmechanismen<br />

auf, nämlich sexuelle Täuschung männlicher Insekten. Die Blüten imitieren die Weibchen<br />

<strong>der</strong> Bestäuberart <strong>in</strong> Form und Farbe und im Duft und locken dadurch die Männchen an, die<br />

versuchen sich mit den Blüten zu paaren. Bei diesen Paarungsversuchen (sogenannten<br />

Pseudokopulationen) kommt es zur Bestäubung <strong>der</strong> Blüten. Bestäuber s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den meisten<br />

Fällen solitäre Bienen und Wespen. Die Pflanze-Bestäuber-Beziehung aller Ophrys-Arten ist<br />

hoch spezifisch, das heißt jede Ophrys-Art wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur durch die Männchen e<strong>in</strong>er<br />

Bestäuberart besucht. Diese Bestäuberspezifität führt zur reproduktiven Isolation <strong>der</strong> untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

kreuzbaren Ophrys-Arten. Arten mit identischen Bestäubern weisen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel e<strong>in</strong>e<br />

allopatrische Verbreitung auf. Im Fall von sympatrisch vorkommenden Arten mit den selben<br />

Bestäubern erfolgt die reproduktive Isolation dadurch, dass die Poll<strong>in</strong>ien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall auf den<br />

Kopf und im an<strong>der</strong>en Fall auf das Abdomen <strong>der</strong> Bestäuber geklebt werden. Unklar war bislang,<br />

ob alle Arten mit identischen Bestäubern dieselben Duftstoffe zur Bestäuberanlockung verwenden.<br />

Wir verglichen die Duftbouquets von mehreren allopatrisch und sympatrisch vorkommenden<br />

Ophyrs-Arten <strong>der</strong> O.-fusca-Gruppe und e<strong>in</strong>er Art aus <strong>der</strong> O. sphegodes / mammosa-Gruppe,<br />

die von den Sandbienen Andrena nigroaenea o<strong>der</strong> A. flavipes bestäubt werden.<br />

Mittels dem Verfahren <strong>der</strong> Gaschromatographie gekoppelt mit elektroantennographischer<br />

Detektion (GC-EAD) wurden 51 Substanzen registriert, die <strong>in</strong> den Antennen <strong>der</strong> Bestäubermännchen<br />

summierte Rezeptorpotentiale auslösten. Deren chemische Strukturen wurden


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 21<br />

massenspektrometrisch analysiert. Außerdem wurden GC-EADs mit synthetischen Substanzen<br />

durchgeführt. Wir identifizierten hauptsächlich ungesättigte und gesättigte Kohlenwasserstoffe<br />

<strong>der</strong> Kettenlänge C21 bis C29, Aldehyde, Ester und Säuren. Bei e<strong>in</strong>em Vergleich <strong>der</strong> relativen<br />

Anteile <strong>der</strong> GC-EAD aktiven Verb<strong>in</strong>dungen mit Hilfe verschiedener statistischer Verfahren<br />

(ANOVA, Hauptkomponentenanalyse, Diskrim<strong>in</strong>anzanalyse) zeigte sich, dass Arten mit dem<br />

gleichen Bestäuber dieselben Duftbouquets zur Männchenanlockung verwenden, unabhängig<br />

von <strong>der</strong> phylogenetischen Verwandtschaftsbeziehung <strong>der</strong> untersuchten Ophrys-Arten. A. nigroaenea<br />

bestäubte Arten unterschieden sich von A. flavipes bestäubten Arten nur <strong>in</strong> den relativen<br />

Anteilen <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dungen. Die spezifische Anlockung <strong>der</strong> Bestäuber basiert daher auf<br />

unterschiedlichen Duftbouquets <strong>der</strong>selben Substanzen. In Übere<strong>in</strong>stimmung mit früheren<br />

Untersuchungen konnten wir außerdem zeigen, dass Alkane und Alkene e<strong>in</strong>e Schlüsselfunktion<br />

bei <strong>der</strong> Bestäuberanlockung haben.<br />

Die Bienenfauna von Südbrasilien: Nestbiologie<br />

und Kleptoparasiten von Pracht- und Blattschnei<strong>der</strong>bienen<br />

Anne ZILLIKENS 1 , Rafael KAMKE 2 & Josef<strong>in</strong>a STEINER 2<br />

1 Zoologisches Institut, Universität Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Auf <strong>der</strong> Morgenstelle 28, D-72076 Tüb<strong>in</strong>gen, anne.zillikens@uni-tueb<strong>in</strong>gen.de<br />

2 Departamento de Biologia Celular, Embriologia e Genêtica, Universidade Fe<strong>der</strong>al de Santa Catar<strong>in</strong>a<br />

Campus Universitário Tr<strong>in</strong>dade, 88040-900 Florianópolis, SC, Brasilien, ste<strong>in</strong>er@mbox1.ufsc.br<br />

E<strong>in</strong>e Erhebung des Artenspektrums, <strong>der</strong> Trachtpflanzen sowie <strong>der</strong> Reproduktionsstrategien von<br />

solitären und sozialen Bienen wurde <strong>in</strong> Südbrasilien durchgeführt. Auf <strong>der</strong> Insel von Santa<br />

Catar<strong>in</strong>a (Florianópolis, 27°S, 48°W) wurden unterschiedliche Vegetationsformen wie Sukzessionsstadien<br />

des Atlantischen Regenwalds, Dünenvegetation, Wiesen- und Wegrän<strong>der</strong> seit 1999<br />

hauptsächlich <strong>in</strong> den Monaten September bis April (= Frühl<strong>in</strong>g bis Herbst) besammelt. Bienen<br />

wurden überwiegend mit Netzen beim Blütenbesuch, aber auch im Fluge und an Nestern gefangen.<br />

Außerdem wurden Holzblöcke mit Bohrungen verschiedener Durchmesser, Bambusröhren<br />

und Holzkästchen als Nisthilfen aufgehängt und Prachtbienen mit Duftstoffen angelockt<br />

(„bait<strong>in</strong>g“). Bis heute wurden etwa 150 Bienenarten auf <strong>der</strong> Insel nachgewiesen. Die Familie<br />

Apidae (sensu MICHENER 2000) ist mit ca. 62 Spezies die artenreichste, gefolgt von Halictidae<br />

mit 40, Megachilidae mit 38, Colletidae mit 7 und Andrenidae mit 4 Arten. Etwa 20 Arten s<strong>in</strong>d<br />

Kleptoparasiten. Asteraceen wurden von mehr als 70 Bienenarten besucht; Pflanzen <strong>der</strong><br />

Familien Polygonaceen, Onagraceen, Verbenaceen und Convolvulaceen waren jeweils für ca. 20<br />

Bienenarten attraktiv.<br />

Fünf Arten (4 Gattungen) von Prachtbienen kommen auf <strong>der</strong> Insel von Santa Catar<strong>in</strong>a vor;<br />

davon e<strong>in</strong>e kleptoparasitische <strong>der</strong> Gattung Exaerete. Zum ersten Mal konnten Verhalten, Fortpflanzung<br />

und Parasiten von Euglossa stellfeldi an über 60 Nestern beobachtet werden. Diese<br />

Art belegte bevorzugt Nistkästchen, akzeptierte aber auch Bambusröhren von m<strong>in</strong>destens 12<br />

mm Durchmesser. Brutzellen werden meist am Boden <strong>der</strong> Kästchen <strong>in</strong> hexagonaler Anordnung<br />

aus Harz erbaut. Die Nistaktivität ist ganzjährig. Die Weibchen s<strong>in</strong>d fakultativ kommunal; alte<br />

Brutzellen werden wie<strong>der</strong>benutzt. So können große Nester entstehen, die bis zu 6 adulte<br />

Weibchen enthalten (Abb. 1). Zwei Arten von kleptoparasitischen Megachiliden


22<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Abb. 1. Großes Nest aus 122 Brutzellen <strong>der</strong> kommunalen Prachtbiene Euglossa stellfeldi <strong>in</strong> Nistkästchen.<br />

Abb. 2. Drei Serien von Brutzellen <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>biene Megachile (Chrysosarus) pseudanthidioides <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Nistkästchen.


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 23<br />

befallen die Nester von E. stellfeldi: Hoplostelis bil<strong>in</strong>eolata und, viel seltener, Coelioxys sp.<br />

(beide Megachilidae). Außerdem gehören Wespen <strong>der</strong> Gattungen Eurytoma, Traumatomutilla<br />

und Melittobia zu den Brutparasiten. E<strong>in</strong>e weitere Prachtbiene, Eufriesea spec. nov., nistet <strong>in</strong><br />

Bambusröhren von ca. 15 mm Durchmesser. Die Brutzellen werden aus mit Harz verklebten<br />

R<strong>in</strong>denstückchen <strong>in</strong> Serie gebaut. Die Art ist wahrsche<strong>in</strong>lich solitär und e<strong>in</strong>jährig; die Larven<br />

diapausieren als Vorpuppen für 8-9 Monate.<br />

Fünf Arten von Blattschnei<strong>der</strong>bienen aus <strong>der</strong> Gattung Megachile besetzten Nisthilfen. Megachile<br />

(Chrysosarus) pseudanthidioides nistet <strong>in</strong> Hartholzblöcken und Bambusröhren mit 11-13<br />

mm Durchmesser sowie <strong>in</strong> Holzkästchen (Abb. 2). Die Brutzellen werden aus Blattstückchen<br />

o<strong>der</strong> kle<strong>in</strong>en Blättern geformt, auf die e<strong>in</strong>e durchgehende Lehmschicht aufgetragen wird. Die so<br />

entstandene Kapsel wird mit Blütenblättern ausgekleidet und mit e<strong>in</strong>em Deckel aus Lehm und<br />

runden Blattstückchen verschlossen. Nester werden <strong>in</strong> den Frühl<strong>in</strong>gs- und Sommermonaten<br />

angelegt. gebaut. Es gibt zwei Generationen im Jahr. Larven aus den Frühl<strong>in</strong>gsnestern<br />

entwickeln sich rasch, so daß die Bienen im Sommer (Dezember, Januar) schlüpfen. Die Brut<br />

aus Sommernestern diapausiert <strong>in</strong> den Brutzellen im Vorpuppenstadium und schlüpft erst im<br />

folgenden Frühjahr. Kleptoparasiten s<strong>in</strong>d Kegelbienen <strong>der</strong> Art Coelioxys tepaneca (Zillikens &<br />

Ste<strong>in</strong>er 2004). E<strong>in</strong>e weitere Art <strong>der</strong> Untergattung Chrysosarus sp. nistet <strong>in</strong> <strong>der</strong> selben Weise <strong>in</strong><br />

Bambusröhren. Der dreischichtige Aufbau <strong>der</strong> Brutzellen und die Verwendung von Lehm<br />

sche<strong>in</strong>t für Arten dieser Untergattung typisch zu se<strong>in</strong> und erlaubt auch die Nutzung von<br />

größeren Hohlräumen.<br />

Weibchen von M. (Pseudocentron) sp. und M. (Moureapis) sp. bauen ihre Brutzellen ebenfalls<br />

<strong>in</strong> Hartholzblöcken und Bambusröhren. Sie verwenden ausschließlich halbkreisförmig (Wände)<br />

und rund (Boden, Deckel) zugeschnittene Blattstückchen zum Bau <strong>der</strong> Brutzellen. Megachile<br />

(Austromegachile) sp. nistet <strong>in</strong> selbstgegrabenen Erdröhren <strong>in</strong> Lehmwänden. Ihre Brutzellen<br />

werden mit Blütenblättern ausgekleidet.<br />

Für alle diese Bienenarten waren ke<strong>in</strong>e Daten zu Nestbau, Fortpflanzungsverhalten und Trachtpflanzen<br />

bekannt; das Ausbr<strong>in</strong>gen verschiedener Typen von Nisthilfen stellt also e<strong>in</strong> wichtiges<br />

Hilfsmittel zum Studium von Phänologie und Resourcennutzung neotropischer Bienengeme<strong>in</strong>schaften<br />

dar.<br />

Durchgeführt mit Unterstützung des BMBF und CNPq im deutsch-brasilianischen Kooperations-Programm „Mata<br />

Atlântica“.<br />

Literatur<br />

MICHENER, C.D. 2000: The Bees of the World. — Johns Hopk<strong>in</strong>s University Press, Baltimore, Maryland, 913 S.<br />

ZILLIKENS A. & STEINER, J. 2004 (im Druck): Nest architecture, life cycle and cleptoparasite of the Neotropical<br />

leaf-cutt<strong>in</strong>g bee Megachile (Chrysosarus) pseudanthidioides MOURE (Hymenoptera: Megachilidae). — Journal<br />

of the Kansas Entomological Society 76


24<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Duftfreisetzung und Duftmuster männlicher Prachtbienen<br />

(Euglossa)<br />

Thomas ELTZ<br />

Institut für Neurobiologie, AG S<strong>in</strong>nesökologie, Universität Düsseldorf<br />

Universitätsstraße 1, D-40225 Düsseldorf, eltz@uni-duesseldorf.de<br />

Die Männchen <strong>der</strong> neotropischen Prachtbienen sammeln flüchtige Substanzen (Duftstoffe) von<br />

Blüten und an<strong>der</strong>en Duftquellen <strong>in</strong> neotropischen Wäl<strong>der</strong>n und akkumulieren diese <strong>in</strong> spezialisierten<br />

Taschen <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tertibien. Obwohl klare H<strong>in</strong>weise bislang fehlen, wird vermutet, dass<br />

die Duftstoffe Signalfunktion im Rahmen des Schauverhaltens („display“) <strong>der</strong> Männchen besitzen<br />

und dass das Sammelverhalten durch Sexuelle Selektion evoluierte (ELTZ et al. 1999, ELTZ<br />

et al. 2003).<br />

Durch e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation verschiedener Methoden konnten wir nun zeigen, dass Prachtbienen-Männchen<br />

(Euglossa cognata) während ihrem Schauverhalten tatsächlich Substanzen<br />

aus den H<strong>in</strong>tertibien freisetzen. Hochgeschw<strong>in</strong>digkeits-Videoaufnahemen von Männchen, die<br />

vor ihren Ansitzwarten (Zweige, Blätter) schwebten, offenbarten stereotype Be<strong>in</strong>bewegungen,<br />

die e<strong>in</strong>e Reihe von morphologischen Beson<strong>der</strong>heiten an H<strong>in</strong>ter- und Mittelbe<strong>in</strong>en <strong>in</strong>volvieren.<br />

Bei <strong>der</strong> wechselseitig ablaufenden Bewegung ensteht <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>es Substanztransfers von<br />

<strong>der</strong> dorsalen Öffnung e<strong>in</strong>er duftstofftragenden H<strong>in</strong>tertibie über e<strong>in</strong>en jeweils kontralateralen<br />

Basitarsalkamm h<strong>in</strong> zu speziellen Haarbüscheln auf <strong>der</strong> kontralateralen Mitteltibie. Die Position<br />

dieser Haarbüschel bef<strong>in</strong>det sich direkt unter den Flügelbasen und sche<strong>in</strong>t damit hervorragend<br />

geeignet, um Duftöle im Luftstrom <strong>der</strong> Flügelbewegung zu verbreiten (s.a. BEMBÉ 2004).<br />

Experimente mit Fluoreszenzfarbstoffen bestätigten den subjektiven E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>es Substanztransfers:<br />

E<strong>in</strong>seitige Applikation von <strong>in</strong> Methyl Salicylat gelöstem Rhodam<strong>in</strong> <strong>in</strong> die H<strong>in</strong>tertibien<br />

führte nach Abschluss des Schauverhaltens zu rot fluoreszierenden Signalen auf den gegenüberliegenden<br />

Mitteltibialbüscheln. Mit den jetzt vorliegenden Beobachtungen sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e<br />

kont<strong>in</strong>uierliche Freisetzung ger<strong>in</strong>gster Duftmengen, quasi e<strong>in</strong> „Sich Parfümieren“, während dem<br />

Schauverhalten wahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

Im Weiteren g<strong>in</strong>gen wir <strong>der</strong> Frage nach, ob und <strong>in</strong> welchen Maße <strong>in</strong>dividuelle Duftabzeichen als<br />

artspezifisch gelten können. Zu diesem Zweck untersuchten wir H<strong>in</strong>terbe<strong>in</strong>extrakte von 110<br />

Männchen dreier Euglossa-Arten von <strong>in</strong>sgesamt sechs Lokalitäten <strong>in</strong> Panama und Costa Rica.<br />

Gaschromatographie/Massenspektrometrie (GC/MS) erbrachte über 200 verschiedene<br />

Terpenoide und aromatische Komponenten, die mit großer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von externen<br />

Duftstoffquellen stammen. Diese Komponenten waren auf nicht-zufällige Weise zwischen den<br />

Individuen verteilt, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Nicht-parametrische Multidimensionale<br />

Skalierung (MDS), basierend auf dem quantitativen Bray-Curtis-Index, erbrachte drei<br />

nicht-überlappende artspezifische Cluster für Euglossa cognata, E. imperialis und E. tridentata<br />

mit überraschend ger<strong>in</strong>ger Substrukturierung durch den Faktor „Lokalität“. Die e<strong>in</strong>zige<br />

Ausnahme stellten E. tridentata von <strong>der</strong> w<strong>in</strong>zigen, ozeanischen Isla del Cano (Costa Rica) dar.<br />

Diese Individuen besaßen durchgehend sehr ger<strong>in</strong>ge Mengen von Duftstoffen und schienen von<br />

den für die Art typischen Duftstoffquellen ausgeschlossen zu se<strong>in</strong>. Innerhalb <strong>der</strong> artspezifischen<br />

Cluster bestand e<strong>in</strong> positiver Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Gesamtmenge <strong>der</strong> gesammelten<br />

Duftstoffe und <strong>der</strong> Ähnlichkeit zum „Zentrum“ <strong>der</strong> Spezifität. Dies deutet darauf h<strong>in</strong>, dass<br />

Individuen erst im Laufe ihrer Sammeltätigkeit artspezifische Duftabzeichen erwerben und dass<br />

Spezifität an sich e<strong>in</strong> männliches Qualitätsmerkmal darstellen könnte. Die Ergebnisse legen


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 25<br />

weiter nahe, dass Arterkennung e<strong>in</strong>e Rolle bei <strong>der</strong> Evolution des Duftstoffsammels spielt o<strong>der</strong><br />

gespielt hat.<br />

Literatur<br />

BEMBÉ, B. 2004: Functional morphology <strong>in</strong> male eugloss<strong>in</strong>e bees and their ability to spray fragrances (Hymenoptera,<br />

Apidae, Eugloss<strong>in</strong>i). — Apidologie 35: 283-291<br />

ELTZ, T., WHITTEN, W.M., ROUBIK, D.W. & LINSENMAIR, K.E. 1999: Fragrance collection, storage, and accumulation<br />

by <strong>in</strong>dividual male orchid bees. — Journal of Chemical Ecology 25: 157-176<br />

ELTZ, T., ROUBIK, D.W. & WHITTEN, W.M. 2003: Fragrances, male display and mat<strong>in</strong>g behaviour of Euglossa<br />

hemichlora - a flight cage experiment. — Physiological Entomology 28: 251-260<br />

Is there a particular ant fauna<br />

<strong>in</strong> Araucarian ra<strong>in</strong> forests <strong>in</strong> South-eastern Brazil?<br />

Manfred VERHAAGH<br />

Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe<br />

Erbpr<strong>in</strong>zenstr. 13, D-76133 Karlsruhe, manfred.verhaagh@smnk.de<br />

Investigations of the myrmecofauna of the litter stratum <strong>in</strong> a mounta<strong>in</strong>ous Araucaria forest (960<br />

m) and a nearby coastal escarpment forest without this neotropical conifer (670 m) on the Serra<br />

Geral <strong>in</strong> Rio Grande do Sul, Bazil, showed that the spectrum of the ant communities was very<br />

similar <strong>in</strong> both forest types. By standardised litter extraction <strong>in</strong> W<strong>in</strong>kler bags a few more species<br />

could be recorded <strong>in</strong> the escarpment than <strong>in</strong> the Araucaria forest comb<strong>in</strong>ed with a higher density<br />

of species and <strong>in</strong>dividuals and higher values of diversity and evenness <strong>in</strong>dices. The difference<br />

<strong>in</strong> the <strong>in</strong>dices decreased when they were recalculated with presence-absence <strong>in</strong>stead of absolute<br />

abundance data. The dom<strong>in</strong>ance structure <strong>in</strong> the Araucaria forest was strongly biased towards<br />

one species of Hypoponera which was present <strong>in</strong> all samples and numbered half of the specimens.<br />

Among the 20 species with significant differences <strong>in</strong> site frequency only 3 could be found<br />

exclusively <strong>in</strong> the Araucaria forest and 4 <strong>in</strong> the escarpment forest. Generally, the litter stratum<br />

of both forest types was dom<strong>in</strong>ated by species of Hypoponera, Pheidole and Solenopsis<br />

(Diplorhoptrum). Species richness estimated by different extrapolations resulted <strong>in</strong> about 100<br />

litter ant species for either forest plot, show<strong>in</strong>g that our samples covered certa<strong>in</strong>ly more than<br />

50% of them.<br />

The differences <strong>in</strong> the structure of the litter ant communities at the two neighbour<strong>in</strong>g forests<br />

presumably reflect the local microclimate conditions. The escarpment forest at a lower altitude<br />

on the steep slopes towards the Atlantic ocean is much more sun-exposed, result<strong>in</strong>g <strong>in</strong> higher<br />

ambient temperatures.<br />

In a second study on arboricolous ants a so far unknown high number of ant species associated<br />

with Araucaria trees could be recorded. However, no specialised „araucariocolous“ ants seem<br />

to be among the species found because most of them could also be detected on nearby broadleafed<br />

trees or on the ground. In most taxa of the Araucarian ant fauna the workers are small and<br />

the colonies are not very populous. Only a Crematogaster and a Myrmelachista species were<br />

common and conspicuous on Araucaria trees and may dom<strong>in</strong>ate the complete crown of a<br />

particular tree with there often polydomous colonies.


26<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Ameisenflügel: morphologisches Merkmal<br />

zur Gattungsbestimmung von drei neotropischen Triben<br />

mit Vorschlägen zur Nomenklatur<br />

Christiana KLINGENBERG 1,2 & Bodo Hasso DIETZ 1<br />

1 Museu de Zoologia, Universidade de São Paulo<br />

Avenida Nazaré, 481, 04263-000 São Paulo, SP, Brasilien<br />

2 Zoologisches Institut, Universität Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Auf <strong>der</strong> Morgenstelle 28, D-72076 Tüb<strong>in</strong>gen, chriskli@usp.br<br />

Die Flügel <strong>der</strong> Ameisen werden im Allgeme<strong>in</strong>en nicht zur Gattungs- o<strong>der</strong> Artbestimmung<br />

herangezogen. Das liegt vor allem daran, dass nur die sexuellen Formen (Jungkönig<strong>in</strong>nen und<br />

Männchen) während <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Koloniegründung Flügel tragen. Die Mehrzahl <strong>der</strong> Nestbewohner,<br />

die Arbeiter<strong>in</strong>nen, s<strong>in</strong>d flügellos. Bei <strong>der</strong> Bestimmung von geflügelten Ameisen tritt oft<br />

das Problem auf, dass es zwar Bestimmungsschlüssel für die Arbeiter<strong>in</strong>nen gibt, nicht aber für<br />

die König<strong>in</strong>nen und Männchen. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d diese Schlüssel oft wenigstens teilweise auf die<br />

König<strong>in</strong>nen übertragbar, da viele morphologischen Merkmale bei Arbeiter<strong>in</strong>nen und<br />

König<strong>in</strong>nen ähnlich s<strong>in</strong>d. Die Männchen unterscheiden sich <strong>in</strong> den meisten Fällen so sehr von<br />

den Arbeiter<strong>in</strong>nen, dass e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Bestimmung <strong>der</strong> Gattung bzw. <strong>der</strong> Art nur möglich ist,<br />

wenn die Männchen zusammen mit Arbeiter<strong>in</strong>nen desselben Nests gesammelt wurden.<br />

Beobachtungen <strong>der</strong> Morphologie von Ameisenflügeln drei verschiedener Triben haben ergeben,<br />

dass sich die Flügel von König<strong>in</strong>nen und Männchen nur unerheblich vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> unterscheiden.<br />

Im weiteren konnte beobachtet werden, dass die Flügelstruktur <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gattung e<strong>in</strong>em<br />

gewissen Muster folgt, so dass die Flügel <strong>der</strong> Ameisen zum<strong>in</strong>dest zur Bestimmung <strong>der</strong> Gattung<br />

genutzt werden können. Als Beispiele hierfür können Gattungen <strong>der</strong> Triben Att<strong>in</strong>i, Basicerot<strong>in</strong>i<br />

und Dacet<strong>in</strong>i genannt werden. Zur Bestimmung <strong>der</strong> Art können die Flügel nur mit großer<br />

Vorsicht verwendet werden, da es <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> gleichen Art zu Variationen kommen kann, die<br />

auf externen E<strong>in</strong>flüsse bei <strong>der</strong> Flügelentwicklung im Puppenstadium zurückgehen (MARCUS<br />

2001).<br />

Um die Flügel s<strong>in</strong>nvoll beschreiben und Bestimmungsschlüssel mit Merkmalen <strong>der</strong> Flügel auf<br />

Gattungsniveau erstellen zu können, muss die Term<strong>in</strong>ologie <strong>der</strong> Flügela<strong>der</strong>n und -zellen<br />

vere<strong>in</strong>heitlicht werden. Verschiedene Autoren (COMSTOCK & NEEDHAM 1898-1899, ROSS<br />

1936, BROWN & NUTTING 1950, SHARKEY 1994) machen Vorschläge zur Nomenklatur <strong>der</strong><br />

Flügel <strong>der</strong> Hymenopteren. Diese Vorschläge s<strong>in</strong>d aber nicht e<strong>in</strong>heitlich. SHARKEY (1994) erstellt<br />

e<strong>in</strong>e Art Regelwerk zur Benennung <strong>der</strong> A<strong>der</strong>n und Zellen bei Hymenopteren. Es gibt nun<br />

grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze die Flügelkomponenten richtig zu benennen: e<strong>in</strong>en<br />

evolutiven Ansatz, bei dem nach Homologien gesucht wird, und e<strong>in</strong>en mathematischen Ansatz,<br />

bei dem die A<strong>der</strong>n und Zellen, e<strong>in</strong>em System folgend, durchnumeriert werden.<br />

Da bei Ameisen das Flügelgeä<strong>der</strong> oft sehr reduziert ist, ersche<strong>in</strong>t uns e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Benennung<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Komponenten nach e<strong>in</strong>em evolutiven Ansatz sehr erschwert. Wir schlagen<br />

deshalb e<strong>in</strong> Modell <strong>der</strong> Flügelkomponenten-Nomenklatur vor, das auf e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fachen<br />

Regelwerk basiert. E<strong>in</strong> Flügel mit vollständigem Geä<strong>der</strong> hat die Längsa<strong>der</strong>n Costa (C), Subcosta<br />

+ Costa (Sc+C), Media + Cubitus (M + Cu), Radialsektoren (RS) und Anala<strong>der</strong>n (A) und<br />

Radialquera<strong>der</strong>n (r). Von diesen A<strong>der</strong>n ausgehend ist e<strong>in</strong>e Benennung <strong>der</strong> Abszissen möglich,<br />

die <strong>der</strong> Numerierung <strong>der</strong> Transversala<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> dem Ort <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dungen bestimmter A<strong>der</strong>n<br />

folgt. Die Benennung <strong>der</strong> Zellen erfolgt nach e<strong>in</strong>em ähnlichen System: hier erhält die


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 27<br />

entsprechende Zelle jeweils den Namen <strong>der</strong> darüberliegenden Längsa<strong>der</strong>. Gibt es mehrere Zellen<br />

unter <strong>der</strong> gleichen Längsa<strong>der</strong>, werden diese auch numeriert.<br />

Abb. 1. Vor<strong>der</strong>er Ameisenflügel (Platythyrea spec.) mit Benennung des Geä<strong>der</strong>s.<br />

Abb. 2. Vor<strong>der</strong>er Ameisenflügel (Platythyrea spec.) mit Benennung <strong>der</strong> Zellen.<br />

Literatur<br />

BROWN, W. L. & NUTTING, W. L. 1950: W<strong>in</strong>g venation and the phylogeny of the Formicidae (Hymenoptera). — Trans.<br />

Amer. Ent. Soc. 75: 113-133<br />

COMSTOCK, J. H. & NEEDHAM, J. G. 1898-1899: The w<strong>in</strong>gs of Insects Chapters I-V. — The American Naturalist, 32-33<br />

MARCUS, J. M. 2001: The development and evolution of crossve<strong>in</strong>s <strong>in</strong> <strong>in</strong>sect w<strong>in</strong>gs. — Journ. of Anat. 199: 211-216<br />

ROSS, H. H. 1936: The ancestry and w<strong>in</strong>g venation of the Hymenoptera. — Ann. Ent. Soc. Amer. 29: 89-102<br />

SHARKEY, M. J. 1994: Another look at w<strong>in</strong>g ve<strong>in</strong>/cell nomenclature. — Ichnews 14: 2-5


28<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Blattwespen an Eukalyptus (Myrtaceae):<br />

morphologische und ethologische Anpassungen<br />

australischer Pergiden (Insecta, Hymenoptera) an ihre Wirtspflanze<br />

Stefan SCHMIDT<br />

Zoologische Staatssammlung München<br />

Münchhausenstr. 21, D-81247 München, schmidt@zsm.mwn.de<br />

Australische Blattwespen <strong>der</strong> Unterfamilie Perg<strong>in</strong>ae fressen typischerweise Eukalypten und<br />

an<strong>der</strong>e nahe verwandte Vertreter <strong>der</strong> Pflanzenfamilie Myrtaceae, die für ihren hohen Gehalt an<br />

ätherischen Ölen bekannt s<strong>in</strong>d. Die Larven besitzen spezielle morphologische Anpassungen, um<br />

die potentiell toxischen ätherischen Öle <strong>der</strong> Wirtspflanze von <strong>der</strong> nahrhaften Pflanzensubstanz<br />

zu trennen und im pharyngealen Divertikulum zu speichern. Die Mandibeln besitzen auf <strong>der</strong><br />

Innenseite bürstenartige Strukturen <strong>der</strong>en postulierte Funktion es ist, die Wirtspflanzenöle von<br />

<strong>der</strong> Blattmasse mechanisch zu separieren. Die im Divertikulum gespeicherten Öle werden vor<br />

o<strong>der</strong> während <strong>der</strong> Fraßperiode ausgestoßen - e<strong>in</strong> deutlicher H<strong>in</strong>weis darauf, dass die Larve<br />

diesen Mechanismus e<strong>in</strong>setzt, um ätherische Öle <strong>der</strong> Wirtspflanze zu elim<strong>in</strong>ieren. Die Larven<br />

rasten tagsüber <strong>in</strong> Gruppen und verteilen sich zu Fressen nachts auf <strong>der</strong> Wirtspflanze. Sie<br />

behalten tagsüber e<strong>in</strong> gefülltes Divertikulum und geben die Öle auch dann ab, wenn sie sich<br />

bedroht fühlen. Chemische Analysen ergaben, dass 1,8-C<strong>in</strong>eol, <strong>der</strong> Hauptbestandteil <strong>in</strong> Blättern<br />

vieler Eucalypten, selektiv <strong>in</strong> das wasserlöslichere Hydroxyc<strong>in</strong>eol umgewandet wird.<br />

Schlussfolgern lässt sich feststellen, dass die Trennung und Abgabe <strong>der</strong> Wirtspflanzenöle nicht,<br />

wie bisher angenommen, nur <strong>der</strong> Verteidigung gegen natürliche Fe<strong>in</strong>de dient, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong><br />

Mechanismus ist, mit dem diese Pergidenlarven Öle von <strong>der</strong> ihrer Nahrung abtrennen, um die<br />

Toxizität ihrer Wirtspflanzen zu reduzieren.<br />

Was bestimmt, ob e<strong>in</strong>e König<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Furchenbiene<br />

Lasioglossum malachurum e<strong>in</strong> eigenes Nest gründet<br />

o<strong>der</strong> versucht, e<strong>in</strong> fremdes zu übernehmen?<br />

Marion ZOBEL 1 & Robert J. PAXTON 2<br />

1 Zoologisches Institut, Universität Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Auf <strong>der</strong> Morgenstelle 28, D-72076 Tüb<strong>in</strong>gen, marion.zobel@uni-tueb<strong>in</strong>gen.de<br />

2 School of Biology and Biochemistry<br />

Queen’s University Belfast, 97 Lisburn Road, BT9 7BL Belfast, UK, r.paxton@qub.ac.uk<br />

König<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> primitiv eusozialen Furchenbienenart Lasioglossum malachurum (Hymenoptera,<br />

Halictidae) zeigen im Frühjahr unterschiedliches Nestgründungsverhalten. Während e<strong>in</strong><br />

Großteil <strong>der</strong> Bienen e<strong>in</strong> eigenes Nest <strong>in</strong> hartem Lehmboden beg<strong>in</strong>nt o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> altes aus dem<br />

Vorjahr wie<strong>der</strong>verwendet, zeigen etliche Tiere e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Verhalten: Sie gründen ke<strong>in</strong> eigenes<br />

Nest, son<strong>der</strong>n versuchen, das e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en König<strong>in</strong> zu übernehmen. Dabei kann es zu heftigen<br />

Kämpfen zwischen Nestbesitzer<strong>in</strong> und Usurpator<strong>in</strong> kommen. Obwohl frühere Laborversuche<br />

(circle tube tests) gezeigt haben, dass e<strong>in</strong> größeres Tier e<strong>in</strong>en Vorteil <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er direkten<br />

Konfrontation besitzt (SMITH & WELLER 1989), konnten wir ke<strong>in</strong>en Größenunterschied zwi-


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 29<br />

schen Nestbesitzer<strong>in</strong>nen und potentiellen o<strong>der</strong> tatsächlichen Usurpator<strong>in</strong>nen feststellen. Wir<br />

führten daher eigene circle tube tests durch, die zeigen sollten, ob e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Gruppen größere<br />

Aggressionen zeigt. Dabei verglichen wir unterschiedliche Komb<strong>in</strong>ationen: Nestbesitzer<strong>in</strong><br />

gegen Nestbesitzer<strong>in</strong>, nestlose König<strong>in</strong> gegen nestlose König<strong>in</strong> sowie jeweils e<strong>in</strong> Tier aus e<strong>in</strong>er<br />

<strong>der</strong> Gruppen. Die Bienen wurden nach den Versuchen präpariert und vermessen, um Größenunterschiede<br />

feststellen zu können.<br />

Es sche<strong>in</strong>t, als sei das Verhalten „Übernahme e<strong>in</strong>es fremden Nests“ ke<strong>in</strong>e Strategie, die mit <strong>der</strong><br />

Größe <strong>der</strong> König<strong>in</strong> zusammenhängt. Das Verhalten kann sowohl ab Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> solitären Phase<br />

gezeigt werden als auch als Reaktion auf den Verlust des eigenen Nestes. Dieses System sollte<br />

weiter untersucht werden, um weiteren E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> Kosten und Nutzen alternativer Fortpflanzungsstrategien<br />

zu erhalten und klären zu können, wie weit e<strong>in</strong>zelne Individuen sich auf e<strong>in</strong>e<br />

Strategie konzentrieren.<br />

Untersuchungen zur Lebensweise von Colletes he<strong>der</strong>ae<br />

SCHMIDT & WESTRICH, 1993 (Hymenoptera, Colletidae)<br />

Esther ECKELT & Inge BISCHOFF<br />

Zoologisches Forschungs<strong>in</strong>situt und Museum Alexan<strong>der</strong> Koenig<br />

Adenauerallee 160, D-53113 Bonn, esther.eckelt@gmx.de & i.bischoff.zfmk@uni-bonn.de<br />

Colletes he<strong>der</strong>ae wurde 1993 auf <strong>der</strong> Basis von Exemplaren aus Deutschland und Kroatien neu<br />

beschrieben (SCHMIDT & WESTRICH 1993). Die Art sche<strong>in</strong>t selten zu se<strong>in</strong> und ist bisher von<br />

etwa 60 Fundorten <strong>in</strong> neun Län<strong>der</strong>n <strong>in</strong>nerhalb West- und Südeuropas bekannt (vgl. BISCHOFF et<br />

al. <strong>in</strong> press). Die relative späte Erkenntnis e<strong>in</strong>er eigenständigen Art ist durch folgende Sachverhalte<br />

begründet: 1. C. he<strong>der</strong>eae ähnelt sehr C. succ<strong>in</strong>ctus (LINNAEUS) und C. halophilus VER-<br />

HOEFF; 2. C. he<strong>der</strong>ae fliegt erst im Spätsommer und Herbst, wenn die meisten an<strong>der</strong>en Bienenarten<br />

ihre Flugzeit beendet haben und 3. wurde Efeu (He<strong>der</strong>a helix LINNAEUS) bisher nicht als<br />

e<strong>in</strong>e für Bienen attraktive Pollenquelle betrachtet.<br />

In den vergangenen 20 Jahren wurden wichtige neue Daten zur Biologie zahlreicher Bienenarten<br />

veröffentlicht. In Deutschland setzte Paul WESTRICH (1989) den Standard für viele an<strong>der</strong>e<br />

folgende Bücher über Bienen (BELLMANN 1995, SCHMID-EGGER et al. 1995, MÜLLER et al.<br />

1997). Globaler betrachtet setzte Charles D. MICHENER (2000) zu Beg<strong>in</strong>n des Jahrtausends mit<br />

se<strong>in</strong>em Werk „The bees of the world“ e<strong>in</strong>en Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Literatur über<br />

Bienen. Über die Biologie vieler <strong>der</strong> weltweit mehr als 16.000 Arten o<strong>der</strong> <strong>der</strong> 550 deutschen<br />

Bienenarten ist allerd<strong>in</strong>gs noch wenig o<strong>der</strong> teilweise gar nichts bekannt. So ist auch die Biologie<br />

des neu beschriebenen C. he<strong>der</strong>ae weitgehend unbekannt. Biologische Daten werden benötigt<br />

um taxonomische Entscheidungen wie im Fall von C. he<strong>der</strong>ae, C. halophilus und C. succ<strong>in</strong>ctus<br />

zu unterstützen, aber ebenso um die Mechanismen <strong>der</strong> Artbildung selbst zu verstehen. Nicht zuletzt<br />

erleichtern gute Kenntnisse <strong>der</strong> Biologie sowie <strong>der</strong> Habitatansprüche Naturschutzmaßnahmen.<br />

Daher war es das Ziel <strong>der</strong> vorliegenden Studie, die Biologie von C. he<strong>der</strong>ae e<strong>in</strong>schließlich<br />

des diurnalen Rhythmus, <strong>der</strong> Pollensammel-Kapazität, <strong>der</strong> Reproduktionsrate, <strong>der</strong><br />

Nestarchitektur und <strong>der</strong> Nistplatzansprüche zu untersuchen.<br />

Das Untersuchungsgebiet liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Dirmste<strong>in</strong> nahe Grünstadt <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>landpfalz<br />

(49 o 34' 04" N, 08 o 14' 22" E). Die Nestaggregation bef<strong>in</strong>det sich an e<strong>in</strong>er Lößsteilwand<br />

unterhalb e<strong>in</strong>es We<strong>in</strong>baufeldes. Die Steilwand weist e<strong>in</strong>e Gesamtlänge von 150 m auf und ist


30<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Abb. 1: Ethogramm des durchschnittlichen diurnalen Rhyhtmus von Colletes he<strong>der</strong>ae.<br />

nach Süden exponiert. Die untersuchte Nestaggregation erstreckte sich über e<strong>in</strong>e Breite von 8 m<br />

und die Höhe <strong>der</strong> Steilwand betrug an dieser Stelle 8,65 m. Die Basis <strong>der</strong> Steilwand verlief <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>kel von 130° bis auf e<strong>in</strong>e Höhe von 2,65 m und oberhalb betrug <strong>der</strong> W<strong>in</strong>kel nahezu<br />

90°. Ungefähr 30 % <strong>der</strong> Fläche waren mit Gras bedeckt. Die mittlere Rohdichte des Bodens betrug<br />

1.18 g/cm³ (n = 6) und e<strong>in</strong>e Korngrößenanalyse ergab e<strong>in</strong>en typischen Lößboden mit 78%<br />

Schluff, 15% Ton and 7% Sand.<br />

Die ersten patroullierenden Männchen wurden am 24. August an <strong>der</strong> Steilwand beobachtet. Die<br />

Männchen unterbrachen ihre Suchflüge häufig, um Neste<strong>in</strong>gänge des Vorjahres zu <strong>in</strong>spizieren.<br />

An den folgenden Tagen erschienen die Männchen jeden Tag früher am Morgen an <strong>der</strong><br />

Aggregation. Die ersten Weibchen erschienen am 1. September, doch es handelte sich nur um<br />

wenige Tiere und <strong>der</strong> Efeu war noch nicht aufgeblüht. Nur fünf Tage später, am 6. September,<br />

konnten mehrere hun<strong>der</strong>t Weibchen gezählt werden. E<strong>in</strong> schlüpfendes Weibchen wurde sofort<br />

von mehreren paarungswilligen Männchen bedrängt und es bildete sich e<strong>in</strong> charakteristisches<br />

Kopulationsknäuel. Das Kopulationsknäuel fiel dann durch die Wandneigung häufig bis zum<br />

Wandfuß herunter, wo dann die Paarung des Weibchens mit e<strong>in</strong>em ausgewählten Männchen<br />

stattfand. Weibchen, die sich bereits gepaart hatten, wurden zumeist von den patroullierenden<br />

Männchen ignoriert. Die Phase <strong>der</strong> Kopulationen dauerte vom 6. bis 10. September.<br />

Kurz nach <strong>der</strong> Paarung begannen die Weibchen mit dem Nestbau und dem Versorgungsverhalten.<br />

Viele Weibchen benutzten dabei Nester <strong>der</strong> Vorjahre und erweiterten die alten Gänge.<br />

An<strong>der</strong>e Weibchen gruben neue Nester, wobei diese Stellen häufig unter e<strong>in</strong>em überhängenden<br />

Grasbüschel verborgen lagen. Die meisten Nester befanden sich oberhalb e<strong>in</strong>er Höhe von 1 m.<br />

Die Nestdichte lag bei 20 Nestern pro m² an den vegetationslosen Stellen <strong>der</strong> Wand und bis zu<br />

300 Nestern an den mit Grasbüscheln bewachsenen Stellen. Früh am Morgen konnten am<br />

Neste<strong>in</strong>gang Spuren von Grabtätigkeiten festgestellt werden. Die Weibchen verschlossen ihr<br />

Nest nicht nach e<strong>in</strong>em Abflug. In <strong>der</strong> Regel fanden sie ihren Neste<strong>in</strong>gang sofort bei <strong>der</strong> Rückkehr<br />

von e<strong>in</strong>em Sammelflug wie<strong>der</strong>. Ger<strong>in</strong>gfügige Än<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umgebung (z.B. die Nestmarkierung<br />

mit e<strong>in</strong>em Zahnstocher) hatten Zickzack-förmige Orientierungsflüge zur Folge.<br />

Ke<strong>in</strong>es <strong>der</strong> beobachteten Weibchen legte e<strong>in</strong> zweites Nest <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aggregation an. Es wurden<br />

ke<strong>in</strong>e Parasiten an <strong>der</strong> Aggregation beobachtet.<br />

Die Weibchen begannen mit ihrem ersten Ablug gegen 9.52 h nachdem sie e<strong>in</strong>e Zeit lang am<br />

Neste<strong>in</strong>gang verharrten und mit den Antennen trillerten. Der frühste Abflug erfolgte um 9.07 h,<br />

<strong>der</strong> späteste um 12.19 h. Im Durchschnitt tätigten die Weibchen 5,5 Versorgungsflüge und kehr-


Abb. 2: Nestarchitektur von Colletes he<strong>der</strong>ae, rekonstruiert<br />

aus vier ausgegrabenen Nestern.<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 31<br />

ten von ihrem letzten Sammelflug im Mittel um<br />

17.09 h zurück. Die mittlere Dauer e<strong>in</strong>es Sammelfluges<br />

lag bei 60,3 ± 39,9 m<strong>in</strong> (n = 169). Der erste<br />

Sammelflug war allerd<strong>in</strong>gs signifikant länger (90<br />

m<strong>in</strong>) als die übrigen Sammelflüge des Tages (Wilcoxon-Test<br />

z = -2,767, p = 0,006, n = 16). Dieser<br />

Unterschied könnte durch e<strong>in</strong>e Eigenversorgung<br />

mit Nektar während des ersten Fluges nach <strong>der</strong><br />

Nacht im Nest bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> weiterer Grund für<br />

den längeren ersten Sammelflug könnten die<br />

niedrigeren Temperaturen am Morgen se<strong>in</strong>, da es<br />

e<strong>in</strong>en signifikanten Zusammenhang zwischen <strong>der</strong><br />

Dauer e<strong>in</strong>es Fluges und <strong>der</strong> Temperatur gab (je<br />

wärmer desto schneller). Der Nestaufenthalt nach<br />

e<strong>in</strong>em Sammelflug betrug durchschnittlich 3,5 ±<br />

1,7 m<strong>in</strong>. Der diurnale Aktivitätsrhythmus ist <strong>in</strong><br />

Abbildung 1 dokumentiert. Während e<strong>in</strong>es Sammelfluges<br />

sammelte e<strong>in</strong> Weibchen von C. he<strong>der</strong>ae<br />

im Durchschnitt 518.103 ± 346.639 (n = 15) Pollenkörner.<br />

Es handelte sich dabei ausschließlich um<br />

Pollen von He<strong>der</strong>a helix. E<strong>in</strong>e Brutzelle enthielt im<br />

Schnitt 2.811.816 ± 1.843.170 Pollenkörner. Somit<br />

benötigt e<strong>in</strong> Weibchen ungefähr 5 (5,4) Sammelflüge,<br />

um e<strong>in</strong>e Brutzelle zu verproviantieren, d.h. es<br />

benötigt etwa e<strong>in</strong>en Tag dafür. Somit konnte e<strong>in</strong> Weibchen <strong>in</strong> dem warmen und trockenen<br />

Herbst 2003 zwischen 12 und 18 Brutzellen anlegen.<br />

Es wurden vier Nester ausgegraben und bei diesen vier Nestern verlief <strong>der</strong> Hauptgang zunächst<br />

7 bis 12 cm nahezu horizontal <strong>in</strong> die Wand h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, um dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>kel von 70-90° steil<br />

nach unten abzufallen. Die ersten Zellen tauchten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tiefe von 30-45 cm auf und ab e<strong>in</strong>er<br />

Tiefe von 60 cm wurden ke<strong>in</strong>e Brutzellen mehr gefunden. Alle Brutzellen g<strong>in</strong>gen direkt vom<br />

Hauptgang ab und nur e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> vier Nester wies Seitengänge auf. Auffällig war die sukzessive<br />

Anordnung mehrerer Brutzellen direkt h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> (Abb. 2). Zwischen vier und 6 Zellen<br />

konnten jeweils e<strong>in</strong>em Nest zugeordnet werden, doch wahrsche<strong>in</strong>lich ist ihre Zahl höher.<br />

Zusammenfassend sche<strong>in</strong>t die Spezialisierung von C. he<strong>der</strong>ae auf e<strong>in</strong>e spät blühende Futterpflanze<br />

sowohl die Konkurrenz um die Pollenressource als auch um den Nistplatz zu m<strong>in</strong>imieren.<br />

Das Parasitierungsrisiko ist wahrsche<strong>in</strong>lich ebenfalls reduziert. Diese Vorteile kompensieren<br />

möglicherweise die Nachteile von oft ungünstigen Witterungsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> späten<br />

Jahreszeit. E<strong>in</strong>e vergleichende Untersuchung <strong>der</strong> nah verwandten Arten C. succ<strong>in</strong>ctus und C.<br />

halophilus wäre wünschenswert.<br />

Literatur<br />

BELLMANN, H. 1995: Bienen, Wespen, Ameisen: die Hautflügler Mitteleuropas. — Kosmos Verlag, <strong>Stuttgart</strong><br />

BISCHOFF, I., ECKELT, E. & KUHLMANN, M. (<strong>in</strong> press): On the biology of the Ivy-bee Colletes he<strong>der</strong>ae SCHMIDT &<br />

WESTRICH, 1993 (Hymenoptera, Apidae). — Bonner Zoologische <strong>Beiträge</strong><br />

MICHENER, C.D. 2000: The bees of the world. — John Hopk<strong>in</strong>s University Press, Baltimore<br />

MÜLLER, A., KREBS, A. & AMIET, F. 1997: Bienen. Mitteleuropäische Gattungen, Lebensweise, Beobachtung. —<br />

Naturbuch Verlag


32<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

SCHMID-EGGER, C., RISCH, S. & NIEHUIS, O. 1995: Die Wildbienen und Wespen <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz. - Verbreitung,<br />

Ökologie und Gefährdungssituation. — Fauna und Flora <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz, Beiheft 16: 1-296<br />

SCHMIDT, K. & WESTRICH, P. 1993: Colletes he<strong>der</strong>ae n. sp., e<strong>in</strong>e bisher unbekannte, auf Efeu spezialisierte Bienenart<br />

(Hymenoptera, Apoidea). — Entomologische Zeitschrift 103: 89-112<br />

Untersuchungen zu Wildbienen-Geme<strong>in</strong>schaften (Hymenoptera,<br />

Apoidea) <strong>in</strong> beweideten und unbeweideten Sand-Ökosystemen<br />

Marion BEIL 1 & Anselm KRATOCHWIL 2<br />

1 Technische Universität Darmstadt, FB Biologie, Fachgebiet Vegetationsökologie<br />

Schnittspahnstraße 4, D-64287 Darmstadt, mbeil@bio.tu-darmstadt.de<br />

2 Universität Osnabrück, FB Biologie / Chemie, Fachgebiet Ökologie,<br />

Barbarastraße 11, D-49069 Osnabrück, kratochwil@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Die Sandökosysteme <strong>der</strong> Oberrhe<strong>in</strong>ebene stellen mit ihrem Reichtum an xerothermobionten<br />

Pflanzen- und Tierarten auch e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigartigen Lebensraum für apoide Hymenopteren dar, von<br />

denen viele Arten h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Pollenquellen und Nistplätze hochspezialisiert s<strong>in</strong>d (WEST-<br />

RICH 1989). Etwa 70 % <strong>der</strong> <strong>in</strong> Deutschland vorkommenden Wildbienenarten (n = 385) besitzen<br />

spezifische Lebensraumschwerpunkte; von diesen können 126 Arten mit Sandstandorten <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung gebracht werden (KRATOCHWIL 2003).<br />

Vor allem die extensive Beweidung wird als bedeuten<strong>der</strong> sukzessionsretardieren<strong>der</strong> Faktor zur<br />

Erhaltung von Sand-Ökosystemen angesehen (SCHWABE et al. 2002, 2004a, 2004b). Durch<br />

extensive Beweidung können sich langfristig auch die Nahrungsressourcen für Wildbienen<br />

quantitativ o<strong>der</strong> qualitativ än<strong>der</strong>n (CARVELL 2002) o<strong>der</strong> durch die Bildung offener Bodenstellen<br />

das Nistplatzangebot für endogäisch nistende Arten verbessern (STEFFAN-DEWENTER &<br />

TSCHARNTKE 2000, HOLSTEN 2003).<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wurde <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss von Schafbeweidung auf die entomophilen Pflanzenarten<br />

(Anzahl, Deckung, Blühphänologie), die Wildbienenfauna (Arten- und Individuenzahlen)<br />

und die Ressourcennutzung von Wildbienen untersucht (s.a. BEIL 2003, BEIL & KRA-<br />

TOCHWIL 2004). Die Untersuchungen fanden im Jahr 2002 im Naturschutzgebiet „Griesheimer<br />

Düne“ (Darmstadt) <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es beweideten und unbeweideten Steppenrasen-Vegetationskomplexes<br />

(Allio-Stipetum-Komplex) auf <strong>der</strong> Grundlage e<strong>in</strong>es rasterbezogenen, georeferenzierten<br />

Netzes von je 9 Markierungspunkten statt (Abstand <strong>der</strong> Rasterpunkte 50 m; Flächenerfassung<br />

pro Rasterpunkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Radius von 8 m) (Abb. 1). Die Beweidung erfolgte im Jahr<br />

2002 ab Ende Juli nach dem System <strong>der</strong> Stoßbeweidung (je 1-2 Tage e<strong>in</strong> Hektar durch e<strong>in</strong>e aus<br />

ca. 400 Tieren bestehende Schafherde von Skudden und Moorschnucken).<br />

Der Vergleich <strong>der</strong> Pflanzenbestände auf beweideten und unbeweideten Flächen über e<strong>in</strong>en<br />

Zeitraum von 3 Jahren zeigt e<strong>in</strong>e unter extensiver Beweidung signifikante Zunahme e<strong>in</strong>iger von<br />

den Wildbienen als Nektar- und Pollenquelle bevorzugt genutzter Pflanzenarten wie z.B.<br />

Helichrysum arenarium sowie unter Nicht-Beweidung e<strong>in</strong>e signifikante Zunahme des konkurrenzstarken,<br />

Fazies ausbildenden Reitgrases Calamagrostis epigejos (SCHWABE et al. 2004a,<br />

2004b). Allerd<strong>in</strong>gs zeigt die Blühphänologie <strong>der</strong> 18 untersuchten entomophilen Pflanzenarten<br />

<strong>der</strong>zeit (nach e<strong>in</strong>er Erstbeweidung im Jahr 2000) noch kaum Unterschiede zwischen den<br />

beweideten und unbeweideten Flächen. Die blühphänologischen Phasen <strong>der</strong> Arten s<strong>in</strong>d sehr<br />

ähnlich; lediglich die absoluten Blütenzahlen unterscheiden sich teilweise.


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 33<br />

Abb. 1. Untersuchte Rasterflächen im NSG „Griesheimer Düne“ (Darmstadt); weiße Punkte = beweidete Flächen,<br />

schwarze Punkte = unbeweidete Flächen, schwarz umrandete Punkte = bei dieser Untersuchung nicht bearbeitete<br />

Flächen. Luftbild-Grundlage Color-Infrarotbild BMBF-Projekt: „Sand-Ökosysteme im B<strong>in</strong>nenland: Dynamik und<br />

Restitution“, 2000-2003, Nr. 01 LN 0003.<br />

Im Gebiet wurden 75 Wildbienenarten festgestellt (1062 Individuen). Als Leitarten (hier: lokale<br />

Charakterarten für Sandgebiete nach WESTRICH 1989, SAURE 1992, KRÜSS 1994, SCHMID-<br />

EGGER et al. 1995) treten die folgenden Arten auf: Andrena pilipes FABRICIUS, 1781 - nigrosp<strong>in</strong>a<br />

THOMSON, 1872 (Übergangsform), Dasypoda hirtipes (FABRICIUS, 1793), Halictus<br />

leucaheneus (EBMER, 1972), H. smaragdulus VACHAL, 1895 und Megachile maritima (KIRBY<br />

1802). Als e<strong>in</strong>e Charakterart <strong>der</strong> B<strong>in</strong>nendünen zählt auch die hier vorkommende Steppenbiene<br />

Nomioides m<strong>in</strong>utissimus (ROSSI, 1790).<br />

Für die Wildbienen lassen sich bezüglich ihrer Arten- und Individuenzahlen auf beweideten und<br />

unbeweideten Flächen ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede feststellen. Erst e<strong>in</strong>e differenziertere<br />

Analyse zeigt, dass die extensiv beweideten Flächen, welche im westlichen älteren Bereich des<br />

Dünengebietes liegen, signifikant höhere Arten- und Individuenzahlen aufweisen, als die östlich<br />

gelegenen, <strong>in</strong> früherer Zeit stärker anthropogen gestörten beweideten bzw. unbeweideten<br />

Flächen. Auf <strong>der</strong> Grundlage e<strong>in</strong>er Kanonischen Korrespondenzanalyse (CCA) zeigt sich, dass<br />

die Artenzusammensetzung <strong>der</strong> Wildbienen auf den Rasterflächen dem Vorkommen <strong>der</strong>


34<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Nahrungsressourcen folgt und <strong>der</strong>zeit nicht durch die Faktoren Beweidung bzw. Nicht-<br />

Beweidung bee<strong>in</strong>flusst wird.<br />

Zusammenfassend lässt sich aus unseren Untersuchungen schließen, dass die durchgeführte<br />

kurzzeitige, mosaikartige und kle<strong>in</strong>räumige Beweidung mit den Schafen zu e<strong>in</strong>em relativ späten<br />

Zeitpunkt im Jahr ke<strong>in</strong>e negativen Auswirkungen auf die Wildbienenfauna erkennen lässt. Sie<br />

för<strong>der</strong>t h<strong>in</strong>gegen durch die Schaffung von offenen Bodenstellen die endogäisch nistenden<br />

Wildbienenarten, wichtige Pollenquellen und reduziert monodom<strong>in</strong>ante Grasarten.<br />

Literatur<br />

BEIL, M. 2003: Zur Korrelation zwischen Blütenressourcen und blütenbesuchenden Apoidea <strong>in</strong> standörtlich<br />

differenzierten Sandökosystemen. — Diplomarbeit Technische Universität Darmstadt, FB Biologie,<br />

Vegetationsökologie, 147 S.<br />

BEIL, M. & KRATOCHWIL, A. 2004: Zur Ressourcennutzung von Wildbienen (Hymenoptera, Apoidea) <strong>in</strong> beweideten<br />

und unbeweideten Sandökosystemen. S. 179-189. In SCHWABE, A. & KRATOCHWIL, A. (Hrsg.): Beweidung und<br />

Restitution als Chancen für den Naturschutz? — NNA-Berichte 17(1)<br />

CARVELL, C. 2002: Habitat use and conservation of bumblebees (Bombus spp.) un<strong>der</strong> different grassland management<br />

regimes. — Biological Conservation 103: 33-49<br />

HOLSTEN, B. 2003: Der E<strong>in</strong>fluss extensiver Beweidung auf ausgewählte Tiergruppen im Oberen Ei<strong>der</strong>tal. —<br />

Dissertation, Universität Kiel, 200 S.<br />

KRATOCHWIL, A. 2003: Bees (Hymenoptera: Apoidea) as key-stone species: specifics of resource and requisite<br />

utilisation <strong>in</strong> different habitat types. — Berichte <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>hold-Tüxen-Gesellschaft 15: 59-77<br />

KRÜSS, A. 1994: Die Stechimmen <strong>der</strong> Sandhausener Dünen. — Beihefte zu den Veröffentlichungen für Naturschutz<br />

und Landschaftspflege Baden-Württemberg 80: 223-240<br />

SAURE, C. 1992: Die Stechimmenfauna <strong>der</strong> B<strong>in</strong>nendüne Baumberge <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Heiligensee im Vergleich mit an<strong>der</strong>en<br />

Trockengebieten <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Umgebung (Insecta: Hymenoptera Aculeata). — Berl<strong>in</strong>er Naturschutzblätter<br />

36(1): 38-57<br />

SCHMID-EGGER, C., RISCH, S. & NIEHUIS, O. 1995: Die Wildbienen und Wespen von Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz. Verbreitung,<br />

Ökologie und Gefährdungssituation. — Fauna Flora Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz, Beih. 16: 296 S.<br />

SCHWABE, A., REMY, D., ASSMANN, T., KRATOCHWIL, A., MÄHRLEIN, A., NOBIS, M., STORM, Ch., ZEHM, A.,<br />

SCHLEMMER, H., SEUß, R., BERGMANN, S., EICHBERG, C., MENZEL, U., PERSIGEHL, M., ZIMMERMANN, K. & M.<br />

WEINERT 2002a: Inland Sand Ecosystems: Dynamics and restitution as a consequence of the use of different<br />

graz<strong>in</strong>g systems. S. 239-252. In REDECKER, B., FINCK, P., HÄRDTLE, W., RIECKEN, U. & SCHRÖDER, E. (Eds.):<br />

Pasture Landscapes and Nature Conservation. — Spr<strong>in</strong>ger, Heidelberg, Berl<strong>in</strong> und New York<br />

SCHWABE, A., ZEHM, A., NOBIS, M., STORM, C. & K. SÜß 2004a: Auswirkungen von Schaf-Erstbeweidung auf die<br />

Vegetation primär basenreicher Sand-Ökosysteme. S. 39-53. In: SCHWABE, A. & KRATOCHWIL, A. (Hrsg.):<br />

Beweidung und Restitution als Chancen für den Naturschutz? — NNA-Berichte 17(1)<br />

SCHWABE, A., ZEHM, A., EICHBERG, C., STROH, M., STORM, C. & KRATOCHWIL, A. 2004b: Extensive<br />

Beweidungssysteme als Mittel zur Erhaltung und Restitution von Sand-Ökosystemen und ihre<br />

naturschutzfachliche Bedeutung. — Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 78<br />

STEFFAN-DEWENTER, I. & TSCHARNTKE, T. 2000: Resource overlap and possible competition between honey bees and<br />

wild bees <strong>in</strong> central europe. — Oecologia 122: 288-296<br />

WESTRICH, P., 1989: Die Wildbienen Baden-Württembergs. — Ulmer, <strong>Stuttgart</strong>, Band 1 und 2, 972 S.


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 35<br />

Lohnt das Sammeln „geme<strong>in</strong>er Arten“?<br />

Reg<strong>in</strong>e ECK<br />

Südtiroler Str.1, D-01257 Dresden<br />

Am Beispiel <strong>der</strong> sozialen Faltenwespen Vespula vulgaris und V. germanica (Hym.:Vesp<strong>in</strong>ae)<br />

wird gezeigt, welche Fragestellungen planmäßig gesammeltes reiches Material e<strong>in</strong>zelner Arten<br />

ermöglicht. Für Variabilitätsstudien s<strong>in</strong>d vergleichbare statistisch auswertbare Serien Voraussetzung.<br />

Nur häufige und weit verbreitete Arten ermöglichen solche Serien sowohl ortsgleich<br />

wie von unterschiedlichen Orten des Areals. Die morphologischen Untersuchungen auf dieser<br />

Basis (Größe, Proportionen, Behaarung, Zeichnungsmuster usw.) führen zur Frage nach modifikatorischen<br />

E<strong>in</strong>flüssen, ökologischen Ansprüchen und damit verknüpften Themen, zu<br />

Populationsstudien und zur geographischen Populationsglie<strong>der</strong>ung; aber auch z. B. zur Frage,<br />

was eigentlich „arttypisch“ ist. Die sozialen Wespen bieten außerdem durch ihr Kastensystem<br />

die Möglichkeit, charakteristische morphologischen Eigenschaften von Arbeiter<strong>in</strong>nen und<br />

König<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> ihren Zusammenhängen zu untersuchen. Neben Allometrien zeigen sukzessiv<br />

gefangene Sommer- und Herbstarbeiter<strong>in</strong>nen Tendenzen zu Proportionsverän<strong>der</strong>ungen, die<br />

e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen gestaltlichen Variationstypus <strong>der</strong> beiden weiblichen Kasten entgegenlaufen.<br />

Räuberdruck von Treiberameisen - wie viel wissen wir wirklich?<br />

Stefanie M. BERGHOFF<br />

Staatliches Museum für Naturkunde <strong>Stuttgart</strong><br />

Rosenste<strong>in</strong> 1, D-70191 <strong>Stuttgart</strong>, s.berghoff@web.de<br />

Mit ihren viele tausend Arbeiter<strong>in</strong>nen umfassenden Massenraubzügen stellen Treiberameisen<br />

bee<strong>in</strong>druckende Räuber <strong>der</strong> Tropen und Subtropen dar. Untersuchungen zeigen ihren starken<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die Diversität und Abundanz von Bodenarthropoden. Beson<strong>der</strong>s e<strong>in</strong>gehend wurde<br />

dies an <strong>der</strong> neotropischen Treiberameise Eciton burchellii untersucht. Ihre Raubzüge reduzieren<br />

die Zahl <strong>der</strong> Schaben und Orthopteren auf die Hälfte und soziale Insekten zeigen signifikante<br />

E<strong>in</strong>brüche <strong>in</strong> ihren Kolonie- und Individuendichten (FRANKS 1982). E<strong>in</strong> durchschnittliches E.<br />

burchellii Volk mit über 500.000 Arbeiter<strong>in</strong>nen kann dabei täglich 40 g tierischer Trockenmasse<br />

aufnehmen und erbeutet zwischen 500.000 und e<strong>in</strong>er Million Arthropoden pro Woche. Mit<br />

ihrem ausgeprägten Rhythmus aus Wan<strong>der</strong>- und stationären Phasen und e<strong>in</strong>er mittleren<br />

Koloniedichte von 3,3 Kolonien pro km² auf Barro Colorado Island (Panama) ergab e<strong>in</strong>e<br />

Hochrechnung, dass e<strong>in</strong> bejagtes Gebiet mit e<strong>in</strong>er 31%igen Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit nicht noch<br />

e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> nächsten zwei Jahre von E. burchellii bejagt wird (FRANKS 1982). Um den<br />

Räuberdruck e<strong>in</strong>es bestimmten Gebiets e<strong>in</strong>schätzen zu können, muss jedoch die gesamte Treiberameisengeme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>in</strong> Betracht gezogen werden. Alle<strong>in</strong> auf Barro Colorado Island<br />

kommen über 20 Arten vor. Die lokalen Zusammensetzungen und Interaktionen von Treiberameisengeme<strong>in</strong>schaften<br />

s<strong>in</strong>d dagegen immer noch nahezu unbekannt (aber siehe KASPARI &<br />

O’DONNELL 2003). Dies liegt vor allem daran, dass <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Treiberameisen<br />

unterirdisch bzw. <strong>in</strong>termediär <strong>in</strong> <strong>der</strong> Laubstreu lebt. Im Gegensatz zu den gut zu beobachtenden<br />

oberirischen Arten wie E. burchellii s<strong>in</strong>d das Vorkommen und die Lebensweise dieser versteckt<br />

lebenden Arten weitgehend unbekannt. Um den Gesamte<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er Treiberameisengeme<strong>in</strong>-


36<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

schaft e<strong>in</strong>schätzen zu können, müssen daher 1.) das Vorkommen <strong>in</strong>termediärer Arten und 2.)<br />

das Fouragierverhalten unterirdischer Arten untersucht werden.<br />

Das Vorkommen <strong>in</strong>termediärer Arten wurde durch gleichmäßige Bekö<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er 0,25 ha Primärwaldfläche<br />

sowie räumlich und zeitlich begrenzte Laubstreuuntersuchungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Agroforstsystem <strong>in</strong> Zentral-Amazonien untersucht. Ölkö<strong>der</strong> hatten sich <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Untersuchungen bewährt um unterirdisch und <strong>in</strong>termediär lebende Treiberameisen zu erfassen<br />

(RABELING & VERHAAG 2002, BERGHOFF 2003). Wir ließen daher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Primärwald <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nähe von Manaus (Brasilien) an 36 Kö<strong>der</strong>stellen im Abstand von jeweils 10 m Öl im Boden<br />

versickern. Bereits nach 24 Stunden waren fünf Kö<strong>der</strong> (14%), nach neun Tagen 36% <strong>der</strong> Kö<strong>der</strong><br />

von Treiberameisen besucht. Entgegen den täglich wechselnden Fouragierrichtungen oberirdisch<br />

jagen<strong>der</strong> Arten konnte jede <strong>der</strong> vier nachgewiesenen Arten zwischen zwei und sieben<br />

Tagen an e<strong>in</strong>zelnen Kö<strong>der</strong>n beobachtet werden. Nur an acht Kö<strong>der</strong>n wurden <strong>in</strong>nerhalb des<br />

Untersuchungszeitraums von neun Tagen ke<strong>in</strong>e Treiberameisen beobachtet. Auf e<strong>in</strong>e hohe<br />

Treiberameisendichte deuten ebenfalls die Laubstreuuntersuchungen <strong>in</strong> nahe gelegenen<br />

Agroforstsystemen. Hier wurden je 3x8 4m² Flächen nach ähnlichen Habitatbed<strong>in</strong>gungen und<br />

Unabhängigkeit vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ausgewählt. Jede Fläche wurde e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von 20<br />

Tagen besammelt. Raubzüge von drei <strong>in</strong>termediären Arten wurden auf neun <strong>der</strong> 24 Flächen<br />

gefunden. Dies entspricht e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von 0,375 e<strong>in</strong>en Raubzug auf e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

4m²-Flächen zu entdecken, bzw. e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von 0,0938 Raubzügen pro Quadratmeter.<br />

Bei e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Besammlungszeit von drei Stunden pro 4m²-Fläche ergeben<br />

sich im Mittel 0,75 Raubzüge pro m² und Tag.<br />

Auf Borneo (Malaysia) untersuchten wir das Vorkommen <strong>der</strong> unterirdischen Treiberameise<br />

Dorylus (Dichthadia) laevigatus und ihren E<strong>in</strong>fluss auf die Bodenfauna. Entgegen ursprünglichen<br />

Annahmen war D. laevigatus <strong>in</strong> den verschiedensten Habitaten weit verbreitet. E<strong>in</strong>e<br />

mittlere Dauer von 4,6 Tagen (±3,3 SD) bis zum Auff<strong>in</strong>den <strong>der</strong> ersten Ölkö<strong>der</strong> deutet auf hohe<br />

Individuendichten h<strong>in</strong> (BERGHOFF et al. 2003a). Auf zwölf 1m²-Flächen erfassten wir mit unterund<br />

oberirdischen Barberfallen die Boden- und Laubstreufauna vor und nach dem Anlocken von<br />

D. laevigatus. Die sechs Flächen, auf denen D. laevigatus sowohl am Kö<strong>der</strong> als auch <strong>in</strong> den<br />

unterirdischen Fallen vorkam, zeigten ke<strong>in</strong>e Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Arthropoden-Taxa und<br />

Individuen <strong>in</strong> oberirdischen o<strong>der</strong> unterirdischen Fallen (BERGHOFF et al. 2003b). Jedoch waren<br />

signifikant weniger Ameisenarten <strong>in</strong> unterirdischen Fallen, nachdem D. laevigatus auf die<br />

Untersuchungsflächen gelockt wurde.<br />

Bei diesem ersten Versuch <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung des Räuberdrucks von Treiberameisen auf e<strong>in</strong>zelne<br />

Gebiete zeichnen sich drei Strategien bzw. Gruppen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Treiberameisengilde ab. Jede<br />

dieser Gruppen muss <strong>in</strong> die Gesamtbetrachtung mit e<strong>in</strong>bezogen werden. Die erste Gruppe<br />

besteht aus den auffälligen oberirdisch fouragierenden Arten wie E. burchellii. Obwohl <strong>in</strong><br />

Brasilien oberirdisch jagende Eciton-Arten <strong>in</strong> beiden Untersuchungsgebieten vorkamen, wurde<br />

ke<strong>in</strong>e dieser Arten an Ölkö<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> während <strong>der</strong> Laubstreuuntersuchungen erfasst. Wie bereits<br />

von FRANKS (1982) dargestellt, sche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> massive Räuberdruck dieser Arten zeitlich und<br />

räumlich eng umgrenzt zu se<strong>in</strong>. Bedeutend häufiger wird e<strong>in</strong> Gebiet dagegen von <strong>in</strong>termediär<br />

fouragierenden Arten bejagt. Das hier errechnete Vorkommen von 0,75 Raubzügen pro Tag und<br />

m² sche<strong>in</strong>t zunächst sehr hoch. Mit e<strong>in</strong>em durchschnittlichen Vorkommen von 1,22 Raubzügen<br />

pro Tag und m² Regenwald errechneten KASPARI & O’DONNELL (2003) jedoch ähnlich hohe<br />

Raubzugswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten für acht tropische Gebiete. Als dritte Gruppe kommt weiterh<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e schwer zu erfassende Zahl unterirdisch jagen<strong>der</strong> Arten h<strong>in</strong>zu. Für die bislang e<strong>in</strong>zige näher<br />

untersuchte Art, D. laevigatus, konnten wir zeigen, dass sie an<strong>der</strong>s als oberirdische Arten eher


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 37<br />

e<strong>in</strong>en gemäßigten aber permanenten Räuberdruck auf e<strong>in</strong>zelne Gebiete ausübt. Jedoch beg<strong>in</strong>nen<br />

wir gerade erst e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Zusammensetzung und Lebensweisen <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />

Treiberameisenarten zu gew<strong>in</strong>nen. E<strong>in</strong>gehen<strong>der</strong>e Untersuchungen und neue Herangehensweisen<br />

s<strong>in</strong>d dr<strong>in</strong>gend nötig, um die Frage des Räuberdrucks von Treiberameisen auf e<strong>in</strong>zelne Gebiete<br />

zu klären.<br />

Die Studien wurden <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit mit Manfred VERHAAGH (Staatl. Mus. Naturkunde Karlsruhe), K. Eduard<br />

LINSENMAIR (Universität Würzburg) und Ulrich MASCHWITZ (Universität Frankfurt) durchgeführt.<br />

Literatur<br />

BERGHOFF, S.M. 2003: Structur<strong>in</strong>g mechanisms of the hypogaeic army ant Dorylus (Dichthadia) laevigatus FR. SMITH.<br />

— Dissertation, Universität Würzburg. 143 S.<br />

BERGHOFF, S.M., GADAU, J., WINTER, T., LINSENMAIR, K.E. & MASCHWITZ, U. 2003a: Sociobiology of hypogaeic army<br />

ants: characterization of two sympatric Dorylus species on Borneo and their colony conflicts. — Ins. Sociaux 50:<br />

139-147<br />

BERGHOFF, S.M., MASCHWITZ, U. & LINSENMAIR, K.E. 2003b: Influence of the hypogaeic army ant Dorylus<br />

(Dichthadia) laevigatus on tropical arthropod communities. — Oecologia 135: 149-157<br />

FRANKS, N. 1982: Ecology and population regulation <strong>in</strong> the army ant Eciton burchelli. S. 389-395. In LEIGH, E.G.,<br />

RAND, A.S. & W<strong>in</strong>dsor, D.M. (Hrsg.) The ecology of a tropical forest: seasonal rhythms and long-term changes.<br />

— Smithsonian Institution Press, Wash<strong>in</strong>gton<br />

KASPARI, M. & O’DONNELL, S. (2003). High rates of army ant raids <strong>in</strong> the Neotropics and implications for ant colony<br />

and community structure. — Evol. Ecol. Research 5: 933-939<br />

RABELING, C. & VERHAAGH, M. 2002: Erste Erfahrungen mit Palmöl als Kö<strong>der</strong> zum Fang bodenbewohnen<strong>der</strong> Ameisen<br />

<strong>in</strong> Amazonien (Formicidae). — Beitr. Hymenopt. <strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> [2002]: 58-59<br />

Host recognition <strong>in</strong> the squash bee Peponapis pru<strong>in</strong>osa SAY<br />

(Apidae, Eucer<strong>in</strong>i)<br />

Inge BISCHOFF 1 , James H. CANE 2 & Sarah JORDAN 3<br />

1 Zoologisches Forschungs<strong>in</strong>situt und Museum Alexan<strong>der</strong> Koenig<br />

Adenauerallee 160, D-53113 Bonn, i.bischoff.zfmk@uni-bonn.de<br />

2 Bee Biology and Systematics Laboratory<br />

Logan, Utah, USA<br />

3 Humboldt State University<br />

Arcata, California, USA<br />

Aspects of flower ecology of the squash bee Peponapis pru<strong>in</strong>osa SAY were studied <strong>in</strong> July /<br />

August 2003 at two different squash fields <strong>in</strong> Logan, Utah, USA. Squash bees are solely dependent<br />

upon Cucurbita for pollen and <strong>in</strong> turn are important poll<strong>in</strong>ators of these plants. Cucurbit<br />

flowers are large, showy, and nectar-laden and are readily accessible to, and frequently visited<br />

by, other <strong>in</strong>sects capable of poll<strong>in</strong>ation. Specialized bees are often more proficient than compet<strong>in</strong>g<br />

generalists <strong>in</strong> acquir<strong>in</strong>g pollen from host flowers and this benefit is discussed as one<br />

selective force <strong>in</strong> the evolution of oligolecty. Another advantage of specialists may be better<br />

host recognition. Therefore we analyzed the host recognition of male and female squash bees<br />

with bio-choice experiments to asses the role of visual and olfactory cues of different parts of<br />

the host flowers on the forag<strong>in</strong>g and flower exploit<strong>in</strong>g behavior of the poll<strong>in</strong>ators.<br />

We counted flower visits of male and female bees and documented their behavior at female and<br />

male flowers. The male behavior was classified <strong>in</strong>to four different types (<strong>in</strong>spections, touch<strong>in</strong>g<br />

the flower, nectar prob<strong>in</strong>g, pass<strong>in</strong>g by). The visits of female bees could be divided <strong>in</strong>to nectar


38<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

and pollen-gather<strong>in</strong>g visits and we documented the handl<strong>in</strong>g time for each type of visit. Flowers<br />

were manipulated as follows (female and male flowers each): transparent bagg<strong>in</strong>g, green mesh<br />

bagg<strong>in</strong>g, removal of the corolla, removal of the stigma /stamen, exchange of the corolla. In total<br />

we compared male and female bee behavior between 130 manipulated and 150 unmanipulated<br />

flowers.<br />

The number of male nectar visits <strong>in</strong>creased significantly dur<strong>in</strong>g the morn<strong>in</strong>g. The amount of<br />

time male bees spent nectar prob<strong>in</strong>g did not differ between male and female flowers, but female<br />

bees spent more time nectar prob<strong>in</strong>g <strong>in</strong> female flowers than <strong>in</strong> male flowers. Males and females<br />

of P. pru<strong>in</strong>osa ma<strong>in</strong>ly recognize their special host plant visually. The transparent bagg<strong>in</strong>g of<br />

female and male flowers resulted <strong>in</strong> fewer <strong>in</strong>spections than unbagged flowers, with more bees<br />

pass<strong>in</strong>g the bagged flowers by. However, this comparison was not significant and there were<br />

even males try<strong>in</strong>g to enter the bagged flowers. Unlike the transparent bagg<strong>in</strong>g, the flowers<br />

bagged with a green mesh, which allowed the bees to still recognize the flowers by scent, were<br />

ignored completely by male and female bees. Significantly more bees passed these bagged<br />

flowers by than unbagged ones. Flowers without corollas were not <strong>in</strong>spected or visited for nectar<br />

prob<strong>in</strong>g. On the other hand, flowers without stigmas or stamen but with complete corollas were<br />

<strong>in</strong>spected and even visited for nectar prob<strong>in</strong>g. The difference <strong>in</strong> number of visits between<br />

flowers with or without stigmas/stamen was not significant. Thus the ma<strong>in</strong> poll<strong>in</strong>ator cue seems<br />

to be the corolla. The color of the corolla is also important s<strong>in</strong>ce flowers with exchanged<br />

corollas of other colors were sometimes <strong>in</strong>spected by male bees but were passed by significantly<br />

more often and never visited for nectar prob<strong>in</strong>g.<br />

Wie locken Wespenblumen <strong>der</strong> Gattung Scrophularia<br />

ihre Bestäuber an?<br />

Denise EMER 1 , Claudia SCHULZ 2 , Wittko FRANCKE 2 & Manfred AYASSE 1<br />

1 Abteilung für Experimentelle Ökologie, Universität Ulm<br />

Albert-E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>-Allee 11, D-89069 Ulm<br />

2 Institut für Organische Chemie und Biochemie, Universität Hamburg<br />

Mart<strong>in</strong>-Luther-K<strong>in</strong>g Platz 6, D-20146 Hamburg, Deutschland<br />

E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> <strong>in</strong> Europa vorkommenden Arten <strong>der</strong> Gattung Scrophularia (Scrophulariaceae) gelten<br />

als Wespenblumen, da sie hauptsächlich von Wespen (vor allem Vespula und Dolichovespula)<br />

bestäubt werden. Wir führten Biotests im Freiland und im Labor durch, sowie chemische Analysen<br />

komb<strong>in</strong>iert mit Elektroantennographie, mit dem Ziel, Wespen anlockende Duftstoffe zu<br />

identifizieren. Weiterh<strong>in</strong> verglichen wir die Duftbouquets <strong>der</strong> Wespen bestäubten Arten S.<br />

auriculata, S. nodosa und S. umbrosa h<strong>in</strong>sichtlich Bestäuberattraktivität.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Freiland-Biotests zeigten, dass für die Bestäuberanlockung sowohl optische<br />

als auch olfaktorische Blütensignalen wichtig s<strong>in</strong>d. Die Komb<strong>in</strong>ation von beiden Reizqualitäten<br />

war für die Wespen am attraktivsten.<br />

Mit dem gekoppelten Verfahren <strong>der</strong> Gaschromatographie und <strong>der</strong> Elektroantennographie (GC-<br />

EAD) konnten wir <strong>in</strong> Lösungsmittelextrakten von Blütenblättern und Staubgefäßen bei S.<br />

auriculata 39, bei S. nodosa 48 und bei S. umbrosa 28 Verb<strong>in</strong>dungen registrieren, die Rezeptorpotentiale<br />

<strong>in</strong> den Antennen von V. germanica auslösen. Mittels Gaschromatographie gekoppelt


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 39<br />

mit <strong>der</strong> Massenspektrometrie wurden bei S. umbrosa bislang 9 GC-EAD aktive Verb<strong>in</strong>dungen<br />

identifiziert. Dabei handelte es sich um Aldehyde, Ketone und Fettsäureester.<br />

In Y-Rohr Tests waren Blütenextrakte für die Wespen signifikant attraktiver als die Lösungsmittelkontrolle.<br />

Weiterh<strong>in</strong> ergab sich e<strong>in</strong>e Präferenz <strong>der</strong> Wespen für Blütenduftstoffe von S. umbrosa<br />

und S. nodosa, woh<strong>in</strong>gegen Blütenduft von S. auriculata weniger attraktiv war. Im direkten<br />

Vergleich war S. nodosa attraktiver als S. umbrosa, während S. umbrosa und S. auriculata<br />

<strong>in</strong> den Y-Rohr Tests annähernd gleich oft gewählt wurden. E<strong>in</strong>e synthetische Mischung aus 9<br />

bereits identifizierten Komponenten des natürlichen Duftes von S. umbrosa war attraktiver als<br />

die Lösungsmittelkontrolle (Pentan). Mussten die Wespen sich zwischen <strong>der</strong> synthetischen<br />

Mischung und dem Blütenextrakt entscheiden, so wählten sie ger<strong>in</strong>gfügig häufiger die<br />

synthetische Mischung.<br />

In zukünftigen Untersuchungen soll geklärt werden, warum die Wespen von den Blüten<br />

angelockt werden. Der Gehalt an Alkoholen und Aldehyden, legt den Verdacht nahe, dass<br />

Wespen bestäubte Scrophularia-Arten möglicherweise zuckerhaltige Futterquellen z. B.<br />

gärendes Obst imitieren. E<strong>in</strong>e weitere Hypothese geht davon aus, dass Scrophularia-Blüten den<br />

Duft von Wespenbeute (Insektenlarven) nachahmen.<br />

Raum- und Ressourcennutzung apoi<strong>der</strong> Hymenopteren<br />

<strong>in</strong> flussnahen Hudelandschaften des Emslandes / Nie<strong>der</strong>sachsen:<br />

Vergleich Leitbildflächen / Restitutionsflächen<br />

N<strong>in</strong>a EXELER, Svenja KÖSTER & Anselm KRATOCHWIL<br />

Fachgebiet Ökologie, Fachbereich Biologie / Chemie, Universität Osnabrück<br />

D-49069 Osnabrück, kratochwil@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

E<strong>in</strong>führung. Seit 1950 s<strong>in</strong>d zur E<strong>in</strong>dämmung <strong>der</strong> Hochwässer und zur Schaffung <strong>in</strong>tensiv<br />

nutzbarer Landwirtschaftsflächen im Emsland zahlreiche biologisch wertvolle Auen-Lebensräume<br />

verloren gegangen. Der Rückzug <strong>der</strong> Landwirtschaft aus Grenzertragsflächen ermöglichte<br />

die partielle Restitution solcher Lebensräume. Als Leitbild wurde <strong>der</strong> Landschaftstyp e<strong>in</strong>er<br />

alluvialen „Hudelandschaft“ ausgewählt (Flutrasen, Dünenkomplexe, beweidete Wäldchen), <strong>der</strong><br />

über Jahrhun<strong>der</strong>te hier weit verbreitet war. Wenige Reste (z.B. Naturschutzgebiet „Sandtrockenrasen<br />

am Biener Busch“; L<strong>in</strong>gen/Ems) s<strong>in</strong>d heute noch vorhanden. Im Jahr 2001 begann an <strong>der</strong><br />

Hase, dem größten Seitengewässer <strong>der</strong> Ems, e<strong>in</strong>e Restitution („Hammer/Wester Schleife“;<br />

Haselünne) mit dem Rückbau <strong>der</strong> Deiche (Überflutungszone ca. 70 ha), <strong>der</strong> Modellierung von<br />

Flachwasserbereichen und Sandakkumulationen (37 ha, 63.000 m³ Umlagerungen), <strong>der</strong><br />

Beimpfung <strong>der</strong> Sandstandorte mit Pflanzenmaterial aus Leitbildflächen (Silbergrasflur:<br />

Spergulo-Corynephoretum; Heidenelkenflur: Diantho-Armerietum) und <strong>der</strong> Ansaat von Magerrasen-Arten<br />

(KRATOCHWIL 2004). Nach zwei Jahren hat sich unter extensiver Beweidung und<br />

Hochwasserereignissen e<strong>in</strong> vielfältiges Vegetationsmosaik trockener/feuchter Standorte etabliert.<br />

Neben <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Vegetation im Leitbild- und Restitutionsgebiet bot es sich an,<br />

Wildbienen und ihre Raum- und Ressourcennutzung näher zu studieren. Folgende Fragen<br />

sollten beantwortet werden:<br />

• Wie verteilen sich die Wildbienen-Arten <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es B<strong>in</strong>nendünen-Magerweiden-Flutmulden-Vegetationskomplexes<br />

(Leitbild- / Restitutionsgebiet)?


40<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

• Welchen E<strong>in</strong>fluss hat das Ressourcenangebot (Pollenpflanzen) auf die Artenzusammensetzung?<br />

• Welche Qualität hat das Restitutionsgebiet <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Wildbienenzönosen im Vergleich<br />

zu den Leitbildflächen?<br />

Material und Methoden. Im Leitbild-/Restitutionsgebiet wurde e<strong>in</strong> Rasterpunkte-Netz etabliert<br />

(Abstand 50 m; Tab. 1).<br />

Tab. 1. Rasterpunkte-Design (Rasterpunkte: <strong>in</strong> Klammern = Zahl ohne Bienennachweise).<br />

Gebiet Lebensraum Anzahl<br />

Punkte<br />

1 NSG „Biener Busch“ (Leitbildfläche)<br />

3 ha (Beweidung 0,7 GVE)<br />

2 NSG „Biener Busch“ (Referenzfläche)<br />

0,8 ha (Beweidung 0,7 GVE)<br />

3 „Hammer Schleife“ (Restitutionsgebiet)<br />

0,8 ha (Beweidung 0,5 GVE)<br />

4 „Hammer Schleife“ (Referenzfläche)<br />

2, 5 ha (Beweidung 0,5 GVE)<br />

5 „Hammer Schleife“ (Restitutionsgebiet)<br />

3,8 ha (Beweidung 0,5 GVE)<br />

6 „Wester Schleife“ (Restitutionsgebiet)<br />

2,2 ha (Beweidung 0,9 GVE)<br />

Spergulo-Corynephoretum, Agrostis capillaris-Gesellschaft<br />

(e<strong>in</strong>e Teilfläche: Lolio-Cynosuretum)<br />

Ehemalige Ackerbrache, nach Ansaat seit 1995 Magerweide<br />

Spergulo-Corynephoretum, Agrostis capillaris-Gesellschaft,<br />

Lolio-Cynosuretum<br />

Diantho-Armerietum, im Bereich e<strong>in</strong>er Flutr<strong>in</strong>ne: Lolio-<br />

Cynosuretum<br />

Magerrasen-E<strong>in</strong>saat, Pionierflächen auf Sandfächern <strong>der</strong><br />

W<strong>in</strong>terhochwässer<br />

20 (6)<br />

8 (0)<br />

8 (0)<br />

17 (1)<br />

18 (0)<br />

trockene Magerweide; <strong>in</strong>tensiver beweidet 9 (0)<br />

Die Erfassung <strong>der</strong> Wildbienen erfolgte auf 200 m²-Flächen/Rasterpunkt über Handfang, auch<br />

unter Berücksichtigung des Blütenbesuchsverhaltens (15.04.-02.09.2003). Im selben Zeitraum<br />

erfolgte e<strong>in</strong>e wöchentliche quantitative Aufnahme <strong>der</strong> Blütenressourcen (28 Pflanzenarten).<br />

Parallel existieren von den Flächen Vegetationsaufnahmen nach Braun-Blanquet. Der Untersuchung<br />

liegen <strong>in</strong>sgesamt 2.040 Wildbienen<strong>in</strong>dividuen zugrunde, die 50 Arten angehören.<br />

Ergebnisse.<br />

• Leitbildflächen NSG „Biener Busch“ (Spergulo-Corynephoretum, Agrostis capillaris-Ges.). In<br />

<strong>der</strong> Silbergrasflur und <strong>der</strong> Agrostis capillaris-Gesellschaft kommen typische Sandarten vor:<br />

Colletes fodiens, Dasypoda hirtipes, Lasioglossum quadr<strong>in</strong>otatum, L. sexstrigatum. Beispiele<br />

für Zeiger trockenener Standorte s<strong>in</strong>d Panurgus calcaratus und L. brevicorne. Andrena fuscipes<br />

und Colletes succ<strong>in</strong>ctus besiedeln Bereiche ihrer bevorzugten Pollenquelle Calluna vulgaris.<br />

Die Flächen s<strong>in</strong>d relativ artenreich (15-31 Arten/Rasterpunkt); die Diversität beruht vor allem<br />

auf dem Vorkommen von Begleitarten. Hummeln treten zahlenmäßig zurück.<br />

• Referenzflächen NSG „Biener Busch“ (extensive Magerweide). Unter den Sandarten konnten<br />

zwar Dasypoda hirtipes und Lasioglossum quadr<strong>in</strong>otatum nachgewiesen werden, jedoch s<strong>in</strong>d<br />

diese Flächen relativ Wildbienen-arm (3-7 Arten/ Rasterpunkt). Mit zunehmen<strong>der</strong> Nähe zu den<br />

Leitbildflächen (50-100 m) steigt die Artenzahl auf 29 Arten an. Neben weit verbreiteten Arten<br />

treten beson<strong>der</strong>s Bombus-Arten auf.<br />

• Restitutionsfläche „Hammer Schleife“ (Spergulo-Corynephoretum, Agrostis capillaris-Ges.)<br />

Bereits nach zwei Jahren haben zahlreiche charakteristische Sandarten die neu geschaffenen<br />

Standorte besiedelt (hohe Abundanz von Dasypoda hirtipes und Colletes fodiens). Ferner<br />

kommen vor: Andrena nigriceps, Lasioglossum quadr<strong>in</strong>otatum, A. barbilabris mit ihren Kuckucken<br />

Nomada alboguttata und Sphecodes reticulatus. Aufgrund <strong>der</strong> reduzierten Zahl <strong>der</strong> Be-


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 41<br />

gleitarten ist die Bienendiversität dieser Flächen ger<strong>in</strong>ger (10-18 Arten). Auch die Vertreter <strong>der</strong><br />

Gattung Bombus treten zahlenmäßig zurück.<br />

• Referenzfläche „Hammer Schleife“ (Diantho-Armerietum, Flutr<strong>in</strong>ne: Lolio-Cynosuretum).<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heidenelkenflur kommen spezifische Sandarten vor (Dasypoda hirtipes), sie treten<br />

jedoch zahlenmäßig <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Bereich <strong>der</strong> angrenzenden Flutmulde stärker zurück. Die<br />

Artenzahlen liegen hier bei 5-13 Arten pro Rasterfläche. Höhere Arten- und Individuenzahlen<br />

erreichen im Diantho-Armerietum beson<strong>der</strong>s die Hummeln.<br />

• Restitutionsfläche „Hammer Schleife“ (Magerrasen-E<strong>in</strong>saat, Pionierstandorte). Sowohl die<br />

Magerrasen-E<strong>in</strong>saaten als auch die Pionierstandorte auf Sand s<strong>in</strong>d relativ arm an Wildbienenarten<br />

(2-6 Arten/Rasterfläche). Sie werden bevorzugt von Hummeln aufgesucht. E<strong>in</strong>e Ausnahme<br />

machen Bestände von Tanacetum vulgare, an denen Colletes fodiens gegenüber allen untersuchten<br />

Gebieten die höchste Abundanz erreicht.<br />

• Restitutionsfläche „Wester Schleife“ (trockene Magerweide; <strong>in</strong>tensiver beweidet). Die Zahl<br />

<strong>der</strong> Wildbienenarten ist extrem ger<strong>in</strong>g (2-5 Arten/Rasterfläche). Höhere Individuenzahl erreichen<br />

lediglich Bombus terrestris, B. lapidarius und B. pratorum.<br />

• Korrespondenzanalyse des gesamten Wildbienen-Datensatzes. E<strong>in</strong>e Korrespondenzanalyse<br />

bestätigt, dass sich Leitbildfläche „Biener Busch“ und Restitutionsfläche „Hammer Schleife“ <strong>in</strong><br />

ihrer Wildbienen-Zönose im Bereich <strong>der</strong> Silbergrasflur und <strong>der</strong> Agrostis capillaris-Gesellschaft<br />

stark ähneln. Die größten Unterschiede bestehen zu den Zönosen <strong>der</strong> Pionierflächen <strong>der</strong><br />

„Hammer Schleife“ und <strong>der</strong> trockenen Magerweide <strong>der</strong> „Wester Schleife“. Die extensive<br />

Magerweide „Biener Busch“ und die Heidenelkenflur nehmen e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>termediäre Position im<br />

Ord<strong>in</strong>ationsdiagramm e<strong>in</strong>. Die Korrespondenzanalyse <strong>der</strong> Vegetationsdaten zeigt im<br />

Ord<strong>in</strong>ationsdiagramm ebenfalls Unterschiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Leitbildflächen; die<br />

Restitutionsflächen unterscheiden sich dort jedoch ebenfalls deutlicher vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Die Achse<br />

1 stellt e<strong>in</strong>en Feuchtigkeitsgradienten, die Achse 2 e<strong>in</strong>en Gradienten <strong>der</strong> Vegetationsdeckung<br />

dar.<br />

• Bevorzugte Pollenpflanzen. Von den 50 nachgewiesenen Arten s<strong>in</strong>d 9 Kuckucke, 11<br />

oligolektische und 30 polylektische Arten. Unter den Oligolektischen s<strong>in</strong>d 8 Arten auf Asteraceen<br />

spezifisch, darunter die Sandarten Colletes fodiens und Dasypoda hirtipes sowie unter den<br />

Arten trockener Standorte Panurgus calcaratus und Lasioglossum brevicorne. Von den 24<br />

Pflanzenarten, an denen Blütenbesuchsbeobachtungen vorliegen, haben als Pollenquelle die<br />

größte Bedeutung: Leontodon saxatilis (12 Bienenarten), Hypochaeris radicata (n = 21), Hieracium<br />

pilosella (n = 11), Crepis capillaris (n = 11), Trifolium repens (n = 9).<br />

E<strong>in</strong>e kanonische Korrespondenzanlayse <strong>der</strong> Wildbienenarten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Rasterpunkte mit<br />

den dort aufgenommenen Blütenressourcen zeigt die regionalspezifischen Schwerpunkte bedeutsamer<br />

Pollenpflanzen und charakteristischer Wildbienenarten <strong>der</strong> jeweiligen Lebensräume<br />

auf. E<strong>in</strong>e Schlüsselrolle im Bereich <strong>der</strong> Silbergrasflur und <strong>der</strong> Agrostis capillaris-Gesellschaft<br />

(Leitbildfläche) spielt Hieracium pilosella, unter den Wildbienenarten Dasypoda hirtipes,<br />

Lasioglossum leucozonium und Panurgus calcaratus. In den von <strong>der</strong> Vegetation her vergleichbaren<br />

Restitutionsflächen kommt H. pilosella als Pollenquelle kaum vor, jedoch Leontodon<br />

saxatilis, Hypochaeris radicata und Crepis capillaris. In <strong>der</strong> Magerrasen-E<strong>in</strong>saat s<strong>in</strong>d Trifolium<br />

repens und Lotus corniculatus wichtige Ressourcen; e<strong>in</strong>en Schwerpunkt hat dort Bombus<br />

pascuorum. Die Pionierstandorte s<strong>in</strong>d durch Tanacetum vulgare und Colletes fodiens charakterisiert,<br />

die trockene Magerweide <strong>der</strong> „Wester Schleife“ durch Senecio jacobaea und die


42<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Hummelarten Bombus terrestris, B. pratorum, B. lapidarius und B. lucorum. Die Anzahl <strong>der</strong><br />

von Wildbienenarten besuchten Pflanzenarten nimmt von Lebensraumtyp 1-6 (Tab.1) ab.<br />

Es kann aufgezeigt werden, dass mit zunehmen<strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Blütenstände von Tanacetum<br />

vulgare / Rasterpunkt auch die Individuenzahl von Colletes fodiens signifikant zunimmt, mit<br />

Zunahme <strong>der</strong> von Leontodon saxatilis und Hypochaeris radicata die von Dasypoda hirtipes.<br />

Analog nimmt mit zunehmen<strong>der</strong> Blütenstandsdichte von L. saxatilis und H. radicata auch die<br />

Artenzahl <strong>der</strong> sie besuchenden Wildbienenarten zu.<br />

Zusammenfassend ist festzustellen, dass vor allem das Pollenpflanzen-Angebot <strong>in</strong>nerhalb des<br />

B<strong>in</strong>nendünen-Magerweiden-Flutmulden-Vegetationskomplexes die Zusammensetzung <strong>der</strong><br />

Wildbienenzönosen bee<strong>in</strong>flusst. E<strong>in</strong>e Schlüsselrolle haben im Leitbild- und Restitutionsgebiet<br />

als Pollenquelle Asteraceen. Bereits zwei Jahre nach <strong>der</strong> Restitutionsmaßnahme hat sich im<br />

Bereich <strong>der</strong> Silbergrasflur und <strong>der</strong> Agrostis capillaris-Gesellschaft e<strong>in</strong>e Sandarten-spezifische<br />

Wildbienenzönose ausgebildet, die mangels weiterer Begleitarten jedoch artenärmer ist als die<br />

<strong>der</strong> Leitbildfläche.<br />

Literatur<br />

KRATOCHWIL, A. 2004: Sand-Ökosysteme im B<strong>in</strong>nenland: Dynamik, Restitution und Beweidungsmanagement - das<br />

Beispiel: Emsland. S. 13-21. In TENBERGEN, B., BEULTING, A. & FARTMANN (Hrsg.): Dünen und trockene<br />

Sandlandschaften - Gefährdung und Schutz. — Verlag Wolf & Kreuels, Münster<br />

Besiedlung neu geschaffener Sandökosysteme<br />

durch apoide Hymenopteren im Emsland / Nie<strong>der</strong>sachsen:<br />

Vergleich Leitbildflächen / Restitutionsflächen<br />

Svenja KÖSTER, N<strong>in</strong>a EXELER & Anselm KRATOCHWIL<br />

Fachgebiet Ökologie, Fachbereich Biologie / Chemie, Universität Osnabrück<br />

D-49069 Osnabrück; kratochwil@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

E<strong>in</strong>führung. Im Jahr 2001 konnte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em landwirtschaftlich <strong>in</strong>tensiv bewirtschafteten Gebiet<br />

an <strong>der</strong> Hase („Hammer und Wester Schleife“ bei Haselünne/Emsland) <strong>der</strong> ursprüngliche<br />

Zustand e<strong>in</strong>es B<strong>in</strong>nendünen-Flutmulden-Vegetationskomplexes auf e<strong>in</strong>er Fläche von 37 ha<br />

wie<strong>der</strong>hergestellt werden (KRATOCHWIL 2004). Der Rückbau <strong>der</strong> Deiche gewährleistet die<br />

Anb<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Flächen an die natürliche Flussdynamik; <strong>der</strong> Sand <strong>der</strong> alten Deiche diente u.a.<br />

als Ausgangsmaterial für die Schaffung von B<strong>in</strong>nendünen vergleichbarer Sandstrukturen. Durch<br />

Beimpfung mit Pflanzenmaterial (Rech- und Mahdgut) aus Leitbildflächen (u.a. aus dem Naturschutzgebiet<br />

„Sandtrockenrasen am Biener Busch“, L<strong>in</strong>gen/Ems) hat sich bereits nach zwei<br />

Vegetationsperioden e<strong>in</strong>e typische Sandvegetation (Silbergrasflur: Spergulo-Corynephoretum;<br />

Heidenelkenflur: Diantho-Armerietum) auf den neuen „Dünenzügen“ <strong>der</strong> Restitutionsflächen<br />

entwickelt.<br />

Neben <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Vegetationsentwicklung bot es sich an, über Farbschaluntersuchungen<br />

die Etablierung von Wildbienen näher zu studieren. Über die Auswertung nach Leitarten und<br />

über Korrespondenz- und Clusteranalysen des Gesamtdatensatzes sollen folgende Fragen gelöst<br />

werden:<br />

• Welche Wildbienenarten kommen <strong>in</strong> alten flussbegleitenden Sandökosystemen <strong>der</strong> Hase-/<br />

Ems-Region vor? Hierzu s<strong>in</strong>d Farbschalfänge <strong>in</strong> den Jahren 2002 und 2003 im Naturschutz-


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 43<br />

gebiet „Sandtrockenrasen am Biener Busch“, L<strong>in</strong>gen/Ems <strong>in</strong> Silbergrasfluren (Spergulo-Corynephoretum)<br />

durchgeführt worden.<br />

• Welche ursprüngliche Wildbienengeme<strong>in</strong>schaft existierte im Restitutionsgebiet? Die Analyse<br />

<strong>der</strong> Wildbienenzönose e<strong>in</strong>es alten, nicht von <strong>der</strong> Flurbere<strong>in</strong>igung 1961 betroffenen Dünenfragmentes<br />

<strong>der</strong> „Hammer Schleife“, e<strong>in</strong>es an die Mais- bzw. Gerstenfel<strong>der</strong> angrenzenden Deiches<br />

sowie e<strong>in</strong>er an die <strong>in</strong>tensiv bewirtschafteten Äcker anschließende, extensiv beweidete Heidenelkenflur<br />

(Diantho-Armerietum) soll hierüber Aufschluß geben.<br />

• Wie hat sich die Wildbienengeme<strong>in</strong>schaft nach <strong>der</strong> Restitution entwickelt? Farbschalfänge<br />

nach e<strong>in</strong>em und nach zwei Jahren <strong>in</strong> den mit Pflanzenmaterial <strong>der</strong> Silbergras- und Heidenelkenflur<br />

beimpften nachgebildeten Sanddünen sollen den Besiedlungserfolg durch Wildbienen dokumentieren.<br />

Als weitere Referenzfläche diente im NSG „Sandtrockenrasen am Biener Busch“<br />

e<strong>in</strong>e an die B<strong>in</strong>nendünen-Flutmulden-Bereiche angrenzende ehemalige Ackerbrache, die vor 8<br />

Jahren mit kommerziellem Saatgut behandelt wurde und sich zu e<strong>in</strong>er extensiven Magerweide<br />

entwickelt hat.<br />

Material und Methoden. Die Erfassung <strong>der</strong> Wildbienen erfolgte über Farbschalfang (Weißund<br />

Gelbschalen; Fangflüssigkeit: Ethylenglykol) <strong>in</strong> den Jahren 2001-2003 mit 14-tägiger Leerung<br />

(12.04.-19.09.2001; 09.04.-17.09.2002; 18.03.-02.09.2003). Die Farbschalen wurden aufgrund<br />

<strong>der</strong> extensiven R<strong>in</strong><strong>der</strong>beweidung bei<strong>der</strong> Gebiete <strong>in</strong> Weideausschlussflächen (Exclosures)<br />

von 120 bis 450 m² Größe gestellt (Tab. 1). Die Beweidung an <strong>der</strong> „Hammer“ und „Wester<br />

Schleife“ erfolgte erst nach <strong>der</strong> Restitutionsmaßnahme. Parallel existieren von allen Exclosure-<br />

Flächen Vegetationsaufnahmen nach Braun-Blanquet. Der Untersuchung liegen <strong>in</strong>sgesamt 3.563<br />

Wildbienen<strong>in</strong>dividuen zugrunde, die 70 Arten angehören.<br />

Tab. 1: Probeflächendesign.<br />

Gebiet „Hammer<br />

Schleife“<br />

NSG „Biener<br />

Busch“<br />

NSG „Biener<br />

Busch“<br />

„Hammer<br />

Schleife“<br />

Lebensraum Altdüne Leitbild Magerweide Diantho-<br />

Armerietum<br />

Restitutionsgebiet„Hammer<br />

/ Wester<br />

Schleife“<br />

Restitutionsgebiet„Hammer<br />

/ Wester<br />

Schleife“<br />

Spergulo- Diantho-<br />

Corynephore- Armerietum<br />

tum beimpft beimpft<br />

„Hammer<br />

Schleife“<br />

Jahr 2001 2002/2003 2003 2002/2003 2002/2003 2002/2003 2001<br />

Flächen 1 3/3 2 2/2 3/3 3/2 1<br />

Anzahl<br />

Farbschalen<br />

2 6/12 8 4/8 6/12 6/8 2<br />

Alter Deich<br />

Ergebnisse und Diskussion<br />

• Leitbildflächen (NSG „Sandtrockenrasen am Biener Busch“). In den Leitbildflächen kommen<br />

typische Wildbienenarten von Sandstandorten vor. Hierzu gehören u.a. Andrena barbilabris mit<br />

ihren Kuckucken Nomada alboguttata und Sphecodes reticulatus, ferner Colletes fodiens, Dasypoda<br />

hirtipes, Lasioglossum brevicorne, L. quadr<strong>in</strong>otatulum, L. quadr<strong>in</strong>otatum, L. sexnotatum<br />

und L. sexstrigatum. E<strong>in</strong>e zweite Gruppe wird durch Arten charakterisiert, die durch ihre<br />

Nahrungsb<strong>in</strong>dung an Salix-Arten <strong>in</strong> ihrem Vorkommen Auen-spezifisch s<strong>in</strong>d (Andrena<br />

clarkella, A. praecox mit Nomada ferrug<strong>in</strong>ata, A. vaga mit N. lathburiana, Colletes<br />

cunicularius mit Sphecodes albilabris). E<strong>in</strong>e dritte Gruppe setzt sich aus Wildbienenarten<br />

zusammen, die ihren Vorkommensschwerpunkt an allgeme<strong>in</strong> trockenen Standorten haben


44<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Abb. 1. Anzahl <strong>der</strong> Wildbienenarten und Rote-Liste-Arten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Untersuchungsflächen (2001-2003).<br />

(Festuco-Brometea-, Artemisietea-, magere Mol<strong>in</strong>io-Arrhenatheretea-Gesellschaften), z.B.<br />

Panurgus calcaratus, Lasioglossum zonulum und L. xanthopus. Der Rest besteht aus Arten, die<br />

zahlreiche verschiedene Lebensräume besiedeln bzw. Ubiquisten s<strong>in</strong>d.<br />

• Dünenfragment, Deich und extensiv beweidete Heidenelkenflur. Die Analyse des Dünenfragmentes<br />

erbrachte das Ergebnis, dass viele <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Leitbildflächen nachgewiesenen charakteristischen<br />

Arten hier noch vorhanden s<strong>in</strong>d. Sowohl <strong>der</strong> an die Mais- bzw. Gerstenfel<strong>der</strong> angrenzende<br />

Deich als auch die an die <strong>in</strong>tensiv bewirtschafteten Äcker anschließende extensiv beweidete<br />

Heidenelkenflur besitzen nur wenige charakteristische Arten <strong>der</strong> Leitbildflächen.<br />

• Restitutionsflächen. Auf den Restitutionsflächen hat sich bereits nach zwei Jahren die<br />

Mehrzahl <strong>der</strong> charakteristischen Arten <strong>der</strong> Leitbildflächen <strong>in</strong> hoher Abundanz e<strong>in</strong>gestellt. Vorhanden,<br />

aber nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerer Individuenzahl treten auf: Colletes cunicularius, Andrena<br />

praecox, Lasioglossum sexnotatum und L. sexstrigatum; e<strong>in</strong>e höhere Abundanz im Gegensatz<br />

zu den Leitbildflächen erreicht Colletes fodiens. Als weitere jedoch nicht <strong>in</strong> den Leitbildflächen<br />

vorkommende Sandart, die auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> angrenzenden Heidenelkenflur fliegt, hat sich Andrena<br />

nigriceps e<strong>in</strong>gefunden. Die extensive, aus e<strong>in</strong>er ehemaligen Ackerbrache hervorgegangene<br />

Magerweide im Naturschutzgebiet „Sandtrockenrasen am Biener Busch“ zeichnet sich - u.a.<br />

bed<strong>in</strong>gt durch die nahe Lage zu den B<strong>in</strong>nendünen - auch durch das Vorkommen von Wildbienenarten<br />

<strong>der</strong> Sandstandorte aus; ihre Zahl ist im Vergleich zu den Restitutionsflächen an <strong>der</strong><br />

„Hammer- und Wester Schleife“ jedoch wesentlich niedriger.<br />

• Vergleich <strong>der</strong> Flächen <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf Artenzahl und Rote-Liste-Arten. Restitutions- und<br />

Leitbildflächen zeichnen sich durch die höchste Gesamtartenzahl und die höchste Zahl an<br />

Rote-Liste-Arten aus (Abb. 1). In den Restitutionsflächen kommen alle<strong>in</strong> drei <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

vom Aussterben bedrohte Arten vor: Lasioglossum sexnotatum, Andrena nigriceps und L.<br />

xanthopus. Dieses Ergebnis belegt den Erfolg <strong>der</strong> Restitutionsmaßnahme. Die am Rande des<br />

Restitutionsgebietes liegende und von <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Intensivierung nicht betroffene<br />

Heidenelkenflur ist zwar artenärmer als die Magerweide im Naturschutzgebiet „Sandtrockenrasen<br />

am Biener Busch“, sie beherbergt jedoch alle<strong>in</strong> 7 Rote-Liste-Arten.<br />

• Korrespondenzanalyse des gesamten Wildbienen-Datensatzes. E<strong>in</strong>e Korrespondenzanalyse<br />

erbrachte das Ergebnis, dass zwischen den drei Leitbildflächen größere Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaftstruktur <strong>der</strong> Wildbienen bestehen, nicht so deutliche h<strong>in</strong>gegen zwischen denen <strong>der</strong><br />

Restitutionsflächen. E<strong>in</strong>e Korrespondenzanalyse <strong>der</strong> vegetationskundlichen Daten zeigt im<br />

Ord<strong>in</strong>ationsdiagramm ebenfalls Unterschiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Leitbildflächen, die


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 45<br />

Restitutionsflächen unterscheiden sich dort jedoch ebenfalls deutlicher vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Die<br />

Geme<strong>in</strong>schaftstruktur von Wildbienenzönosen kann - wie <strong>in</strong> diesem Falle - stark von den<br />

Begleitarten abhängig se<strong>in</strong>. Während bei den Leitbildflächen das Alter <strong>der</strong> Düne, die<br />

angrenzenden Habitate u.a. das Bienenarten-Spektrum bee<strong>in</strong>flussen, ist e<strong>in</strong>e solche<br />

Differenzierung auf den Restitutionsflächen im Gegensatz zur Vegetation bei den Wildbienen<br />

noch nicht e<strong>in</strong>getreten. E<strong>in</strong> Vergleich <strong>der</strong> Farbschalfänge 2002 mit 2003 auf <strong>der</strong> Basis e<strong>in</strong>er<br />

Clusteranalyse belegt den Beg<strong>in</strong>n dieses Prozesses. Die Distanzen zwischen den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Restitutionsflächen im Clusterdiagramm s<strong>in</strong>d im Jahr 2003 wesentlich größer als im Jahr 2002.<br />

Die Wildbienenzönose des alte Dünenfragmentes ähnelt <strong>der</strong> <strong>der</strong> Leitbildflächen, die <strong>der</strong><br />

Magerweiden (NSG „Sandtrockenrasen am Biener Busch“) sowie die des alten Deiches <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Restitutionsflächen.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich unter den Wildbienen bereits zwei Jahre<br />

nach <strong>der</strong> Restitutionsmaßnahme so gut wie alle Leitarten <strong>der</strong> flussnahen Sandökosysteme <strong>der</strong><br />

Region im Restitutionsgebiet e<strong>in</strong>gefunden haben. Spezifische Zönosen mit e<strong>in</strong>er charakteristischen<br />

Artenzusammensetzung, die auch die Begleitarten e<strong>in</strong>bezieht, haben sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kürze<br />

<strong>der</strong> Zeit dort noch nicht ausbilden können. E<strong>in</strong>e entsprechende Differenzierung <strong>der</strong> Zönosen<br />

zeichnet sich ab.<br />

Literatur<br />

KRATOCHWIL, A. (2004): Sand-Ökosysteme im B<strong>in</strong>nenland: Dynamik, Restitution und Beweidungsmanagement - das<br />

Beispiel: Emsland. S. 13-21. In TENBERGEN, B., BEULTING, A. & FARTMANN (Hrsg.): Dünen und trockene<br />

Sandlandschaften - Gefährdung und Schutz. — Verlag Wolf & Kreuels, Münster<br />

Neue Funde <strong>der</strong> stark gefährdeten Moorameisen Myrmica vandeli,<br />

M. gallienii und Formica transcaucasica <strong>in</strong> Südbaden<br />

Wolfgang MÜNCH<br />

BioGis - Angewandte Ökologie, Planung und Geo<strong>in</strong>formatik<br />

Postfach 2044, D-72010 Tüb<strong>in</strong>gen, biogis@web.de<br />

Im Rahmen des Arten- und Biotopschutzes, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e als Teil <strong>der</strong> Pflegekonzeptionen für<br />

Schutzgebiete, werden seit 2003 die Ameisenfaunen von 22 Mooren und e<strong>in</strong>em Weidfeld im<br />

Regierungsbezirk Freiburg untersucht. Ziel <strong>der</strong> Aufnahme ist e<strong>in</strong>erseits die Erfassung <strong>der</strong><br />

Bestände von 18 naturschutzrelevanten Zielarten zur Beurteilung ihrer tatsächlichen Gefährdungssituation,<br />

an<strong>der</strong>erseits die Indikation von Moorzustand, Flächengröße, naturräumlicher<br />

Lage bzw. Höhenlage, Biotoptyp, Rande<strong>in</strong>flüssen und Nutzungen mittels Ameisen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> seltenen Moorarten. Als Beitrag zur Landschaftspflegekonzeption dienen vor allem die<br />

Untersuchungen zu den Auswirkungen von Rand-Eutrophierung, allgeme<strong>in</strong>em Nährstoffe<strong>in</strong>trag,<br />

Abtorfung, Austrocknung, Verheidung, Wie<strong>der</strong>vernässung, Gehölz- und Schilfaufwuchs sowie<br />

Pflege und Mahd auf die Ameisenpopulationen. Hierbei wurden <strong>in</strong> jedem Moor möglichst alle<br />

bzw. zum<strong>in</strong>dest die wichtigsten Biotoptypen untersucht.<br />

2003 wurden <strong>in</strong>sgesamt 1.655 Ameisennester kartiert und <strong>der</strong>en genaue geographische Koord<strong>in</strong>aten<br />

mit GPS aufgenommen. Folgende 32 Arten konnten nachgewiesen werden (<strong>in</strong> Klammern<br />

„Rote Liste“-Kategorie für Baden-Württemberg [MÜNCH 2004, SEIFERT 1998]):


46<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Camponotus herculeanus, Formica lugubris (RL 3), F. rufa (RL V), F. polyctena (RL V), F.<br />

pratensis (RL V), F. truncorum (RL 3), F. sangu<strong>in</strong>ea, F. fusca, F. lemani, F. transcaucasica<br />

(RL 2), F. cunicularia, Lasius niger, L. platythorax, L. brunneus, L. alienus, L. flavus, L. fulig<strong>in</strong>osus,<br />

Tap<strong>in</strong>oma erraticum (RL 3), Myrmica rug<strong>in</strong>odis, M. rubra, M. gallienii (RL 2), M.<br />

scabr<strong>in</strong>odis (RL V), M. vandeli (RL 1), M. sabuleti (RL V), M. schencki (RL 3), M. lobicornis<br />

(RL 3), Manica rubida (RL 3), Tetramorium caespitum, T. impurum, Leptothorax acervorum,<br />

Lt. muscorum und Lt. aff<strong>in</strong>is (RL 2).<br />

Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für den Artenschutz s<strong>in</strong>d die zahlreichen neuen Funde <strong>der</strong> stark<br />

gefährdeten Arten Formica transcaucasica, Myrmica vandeli und M. gallienii, die bislang nur<br />

aus wenigen baden-württembergischen Mooren bekannt waren, nämlich F. transcaucasica aus<br />

7 und Myrmica vandeli aus 2 Gebieten sowie M. gallienii aus nur e<strong>in</strong>em Moor (KLIMETZEK<br />

1977, RAQUÉ 1989, MÜNCH 1991, 1998, 2004, MÜNCH & ENGELS 1994). So gelang 2003 <strong>der</strong><br />

Nachweis von M. gallienii an 2, von F. transcaucasica an 8 und von M. vandeli sogar an 9<br />

zusätzlichen Fundorten (Tab. 1).<br />

Tab. 1: Fundorte von Formica transcaucasica, Myrmica vandeli und M. gallienii. (HM = Hochmoor, ÜM =<br />

Übergangsmoor, KM = Kalkquellmoor, HQM = Hangquellmoor, BS = Braunseggensumpf, GR = Großseggenried, PW<br />

= Pfeifengraswiese, FW = Feuchtwiesenbra che, BH = Bergheide am Moorrand, TK 25 = Topographische Karte 1 :<br />

25000)<br />

Gebiet TK 25 Formica<br />

transcaucasica<br />

Myrmica vandeli Myrmica gallienii<br />

Graues Ried 8219/8319 KM (z.T. HQM), PW KM KM<br />

Fischerweihermoor 8220 ÜM, KM ÜM<br />

M<strong>in</strong>delsee 8219/8220 KM (z.T. HQM), PW KM<br />

Waltere Moor 8020 ÜM, GR<br />

Dürbheimer Moos 7918 ÜM, GR, FW<br />

Zollhausried 8117 HM/ÜM, KM, GR, PW<br />

Birkenried-Mittelmeß<br />

Unterhölzer Wald<br />

8017 HM, ÜM, BS, GR HM<br />

Schwenn<strong>in</strong>ger Moos 7917 ÜM, KM<br />

Plattenmoos 7916 HM, FW HM<br />

Bl<strong>in</strong>densee 7815 HM, ÜM<br />

Briglira<strong>in</strong> 7815/7915 ÜM, BS, BH<br />

H<strong>in</strong>terzartener Moor 8014 HM<br />

Erlenbruckmoor 8114 HM<br />

Ungendwiedener Weidfeld 8113 HQM<br />

In Abhängigkeit von Höhenstufe und Naturraum zeigt sich folgende Verteilung <strong>der</strong> gefährdeten<br />

Ameisenarten: M. gallienii ist als Flachlandart nur <strong>in</strong> Mooren am Bodensee bis ca. 430 m ü. NN<br />

vertreten, F. transcaucasica f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Mooren bis knapp 760 m Höhe, <strong>in</strong> den höher gelegenen<br />

Mooren des Schwarzwaldes ist sie durch F. lemani ersetzt, wo zusätzlich auch F. truncorum<br />

vorkommt. Letztere ist e<strong>in</strong>e typische Art <strong>der</strong> Hochmoore des Schwarzwaldes. M. vandeli<br />

ist <strong>in</strong> allen Höhenstufen und untersuchten Naturräumen vertreten, kommt jedoch am häufigsten<br />

im Schwarzwald vor.


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 47<br />

Wegen <strong>der</strong> Randeffekte und dem E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>n konkurrenzstärkerer Arten haben die Eiszeitrelikte,<br />

wie z.B. F. transcaucasica, nur <strong>in</strong> größeren bzw. von <strong>der</strong> Umgebung isolierten und relativ<br />

<strong>in</strong>takten Mooren überlebt.<br />

Zahlreiche Ameisenarten eignen sich als Indikatorarten für bestimmte Biotoptypen, Sukzessionsstadien,<br />

Bewirtschaftungsweisen und ehemalige Nutzungen. Nasse sumpfige Stellen s<strong>in</strong>d<br />

typisch für M. gallienii. F. transcaucasica und M. vandeli s<strong>in</strong>d typische Indikatoren für weitgehend<br />

bzw. stellenweise <strong>in</strong>takte Übergangs- und Hochmoore sowie moos- und bultenreiche<br />

Nie<strong>der</strong>moore und Großseggenriede.<br />

Wichtig als Nisthabitate für die gefährdeten Moorameisen s<strong>in</strong>d Areale mit Bulten-Schlenken-<br />

Strukturen bzw. e<strong>in</strong>er dichten Moosauflage, e<strong>in</strong>er nicht zu hohen Krautschicht und Gehölzbzw.<br />

Schilfsukzession. Alle feucht-kühlen (schattigen) Habitate werden h<strong>in</strong>gegen gemieden. Zur<br />

Erhaltung <strong>der</strong> Bulten sollte e<strong>in</strong>e Pflegemahd schonend durchgeführt werden, dies gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

für Niststellen <strong>der</strong> mahdempf<strong>in</strong>dlichen M. vandeli. Im Allgeme<strong>in</strong>en ist im S<strong>in</strong>ne des Ameisenschutzes<br />

e<strong>in</strong>e Beweidung von Flächen <strong>der</strong> Mahd vorzuziehen.<br />

Literatur<br />

KLIMETZEK, D. 1977: Die Ameisenfauna des Naturschutzgebietes „M<strong>in</strong>delsee“ (Hymenoptera: Formicidae). — Beitr.<br />

naturk. Forsch. Südw. Dtl. 36: 159–171<br />

MÜNCH, W. 1991: Die Ameisen des Fe<strong>der</strong>see-Gebietes, e<strong>in</strong>e faunistisch-ökologische Bestandsaufnahme. — Diss. Univ.<br />

Tüb<strong>in</strong>gen 411 S. + 404 S. Ergänzungsband<br />

MÜNCH, W. 1998: Die Ameisengesellschaften des Fe<strong>der</strong>seegebietes (Hymenoptera, Formicidae). — Beitr.<br />

Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> [1998]: 26–28<br />

MÜNCH, W. 2004: Untersuchung <strong>der</strong> Ameisenfauna von Mooren des südlichen und mittleren Schwarzwaldes, <strong>der</strong> Baar<br />

und des westlichen Bodenseegebietes sowie des Ungendwiedener Weidfeldes im Landkreis Lörrach,<br />

Zwischenbericht 2003. — Untersuchung 2003 im Auftrag <strong>der</strong> BNL Freiburg (unveröff. Gutachten), 359 S.<br />

MÜNCH, W. & ENGELS, W. 1994: Vorkommen <strong>der</strong> Moor-Knotenameise Myrmica gallienii im Riedgürtel des Fe<strong>der</strong>sees<br />

(Hymenoptera: Formicidae). — Entomol. Gener. 19(1/2): 15–20<br />

RAQUÉ, K.-F. 1989: Faunistik und Ökologie <strong>der</strong> Ameisenarten Baden-Württembergs. E<strong>in</strong> Beitrag zum<br />

Artenschutzprogramm und zur Erstellung e<strong>in</strong>er vorläufigen Roten Liste. — Diss. Univ. Heidelberg, 194 S. + 17<br />

S. Anhang<br />

SEIFERT, B., unter Mitarbeit von BUSCHINGER, A., DOROW, W., HELLER, G., MÜNCH, W. & ROHE, W. 1998: Rote Liste<br />

<strong>der</strong> Ameisen (Hymenoptera: Formicidae). In BINOT, M., BLESS, R., BOYE, P., GRUTTKE, H. & PRETSCHER, P.:<br />

Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. — Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz Heft 55:<br />

130–133


48<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Vorstellung des Projekts<br />

„Wildbienen-Kataster Baden-Württemberg“<br />

Ra<strong>in</strong>er PROSI 1 & Hans R. SCHWENNINGER 2<br />

1 Lerchenstraße 81, 74564 Crailsheim<br />

2 Goslarer Straße 53, 70499 <strong>Stuttgart</strong><br />

Im Wildbienen-Kataster sollen alle <strong>in</strong> Baden-Württemberg erhobenen Wildbienendaten<br />

zusammengeführt und verwaltet werden. Hierzu wurde im Juli 2003 am Staatlichen Museum für<br />

Naturkunde <strong>Stuttgart</strong> <strong>der</strong> Arbeitskreis „Wildbienen-Kataster“ <strong>in</strong>s Leben gerufen. E<strong>in</strong>e Homepage<br />

liefert allgeme<strong>in</strong>e Informationen zum Projekt sowie Nachweiskarten, Makrofotografien,<br />

Steckbriefe und Phänogramme von den bislang erfassten Arten (www.wildbienen-kataster.de).<br />

Für den Aufbau des Wildbienen-Katasters wird das von Ra<strong>in</strong>er Prosi entwickelte Datenerfassungsprogramm<br />

„Entomon“ verwendet. Die Datenbankstruktur und die Funktionen des<br />

Datenbankverwaltungsprogramms werden von Ra<strong>in</strong>er Prosi demonstriert.<br />

Nomada-Männchen „umgarnen“ mit ihren Fühlern<br />

die Antennen <strong>der</strong> Weibchen - warum?<br />

Matthias SCHINDLER & Dieter WITTMANN<br />

Institut für Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde, Universität Bonn<br />

Melbweg 42, D-53127 Bonn, m.sch<strong>in</strong>dler@uni-bonn.de & wittmann@uni-bonn.de<br />

Das Paarungsverhalten von Kuckucksbienen <strong>der</strong> Gattung Nomada ist bislang nahezu unbekannt.<br />

In Feld- und Laborversuchen wurden hierzu Untersuchungen an Nomada fucata PANZER und<br />

Nomada lathburiana KIRBY durchgeführt. In Laborversuchen konnten erstmalig das Verhalten<br />

von N. fucata und N. lathburiana während <strong>der</strong> Balz dokumentiert werden.<br />

Während <strong>der</strong> Balz umschl<strong>in</strong>gen die Nomada-Männchen mit ihren Flagella die Antennen <strong>der</strong><br />

Weibchen und ziehen diese von medial nach apikal ab. Licht- und rasterelektronenmikroskopische<br />

Untersuchungen zeigten, dass sich auf bestimmten Flagella Erhebungen bef<strong>in</strong>den. Bei<br />

N. fucata wurden auf den Erhebungen Poren gefunden, aus denen Reste pastöser Substanzen<br />

ausgetreten waren. Bei N. lathburiana befand sich auf e<strong>in</strong>igen Erhebungen e<strong>in</strong> sekretartiger<br />

Überzug, Poren wurden nicht gefunden. Histologische Untersuchungen stützen die Vermutung,<br />

dass die antennalen Modifikationen bei beiden Nomada-Arten mit Drüsen assoziiert s<strong>in</strong>d.<br />

Möglicherweise tragen die Männchen auf die Antennen <strong>der</strong> Weibchen bei <strong>der</strong> Paarung<br />

Kontaktpheromone auf.


Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004) 49<br />

Neste<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gverhalten und chemische Kommunikation<br />

bei Kuckuckshummeln (Psithyrus)<br />

Anna SRAMKOVA 1 , Stefan SCHRÖDER 2 , Dieter WITTMANN 2 & Manfred AYASSE 1<br />

1 Abteilung für Experimentelle Ökologie, Universität Ulm<br />

Albert-E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>-Allee 11, D-89069 Ulm<br />

2 Institut für Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde, Universität Bonn<br />

Melbweg 42, D-53127 Bonn<br />

Kuckuckshummeln <strong>der</strong> Untergattung Psithyrus s<strong>in</strong>d Sozialparasiten bei Hummeln (Bombus).<br />

Die Psithyrus-Weibchen ersche<strong>in</strong>en im Frühjahr e<strong>in</strong>ige Wochen nach den Wirtskönig<strong>in</strong>en und<br />

dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> Wirtskolonien mit wenigen Arbeiter<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>. Die Weibchen vieler Psithyrus-Arten<br />

töten die die Bombus-König<strong>in</strong>en und benutzen die Wirtsarbeiter<strong>in</strong>nen zur Aufzucht <strong>der</strong> eigenen<br />

Brut. Informationen darüber, wie die Sozialparasiten <strong>in</strong> die Wirtskolonien e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen und dort<br />

die reproduktive Dom<strong>in</strong>anzposition erreichen, s<strong>in</strong>d rar. Neben unspezialisierten Psithyrus-<br />

Arten, die <strong>in</strong> die Nester verschiedener Hummelarten e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen, gibt es auch solche, die auf<br />

e<strong>in</strong>en Wirt spezialisiert s<strong>in</strong>d. Untersuchungen and P. norvegicus, e<strong>in</strong>er wirtspszifischen Art<br />

zeigten, dass sich die Weibchen nach <strong>der</strong> Nestübernahme <strong>in</strong> das chemische Kommunikationssystem<br />

ihrer Wirte e<strong>in</strong>schalten, um Aggressionen zu vermeiden und die Reproduktion <strong>der</strong><br />

Arbeiter<strong>in</strong>nen zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Wir untersuchten <strong>in</strong> Laborvölkern das Neste<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gverhalten von<br />

Bombus (Psithyrus) vestalis (GEOFFROY), <strong>der</strong>en Wirtsart Bombus terrestris L. ist.<br />

Psithyrus-Weibchen konnten sich im Wirtsnest <strong>in</strong> den meisten Fällen erfolgreich reproduzieren,<br />

während die König<strong>in</strong> des Wirtes meist bis zum 7. Tag nach dem E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen des Parasiten<br />

getötet wurde und <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall Geschlechtstiere aufziehen konnte. Kurze Zeit nach dem<br />

E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>s Wirtsnest zeigte das Psithyrus-Weibchen e<strong>in</strong> auffälliges Verhalten. Dabei rieb es<br />

zuerst mit den H<strong>in</strong>terbe<strong>in</strong>en am Abdomen und übertrug dann vermutlich Substanzen von den<br />

H<strong>in</strong>terbe<strong>in</strong>en auf die Flügel, Vor<strong>der</strong>- und Mittelbe<strong>in</strong>e. Mit den Mittelbe<strong>in</strong>en strich sie mehrmals<br />

über den Thorax und mit den Vor<strong>der</strong>be<strong>in</strong>en über den Kopf und die Antennen. Dieses Verhalten<br />

wurde hauptsächlich bei Psithyrus-Weibchen beobachtet konnte aber auch bei Bombus-<br />

König<strong>in</strong>nen registriert werden. Unsere Vermutung, das die Sekrete <strong>in</strong> abdom<strong>in</strong>alen Drüsen<br />

produziert werden, wird durch histologische Untersuchungen gestützt, <strong>in</strong> denen epi<strong>der</strong>males<br />

Drüsengewebe gefunden wurde. Dass die Sekrete dieser Drüsen e<strong>in</strong>e kommunikative Bedeutung<br />

haben könnten und möglicherweise im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Parasitierung und <strong>der</strong><br />

Unterdrückung <strong>der</strong> Ovarienentwicklung von Arbeiter<strong>in</strong>nen stehen, wurde zunächst mittels dem<br />

Verfahren <strong>der</strong> Gaschromatographie gekoppelt mit elektroantennographischer Detektion<br />

(GC-EAD) untersucht. Hierbei registrierten wir 40 Substanzen, die <strong>in</strong> den Antennen <strong>der</strong><br />

Hummelarbeiter<strong>in</strong>nen summierte Rezeptorpotentiale auslösten. Deren chemische Strukturen<br />

werden im Moment massenspektrometrisch analysiert und sollen nach <strong>der</strong> Synthese auf<br />

Primerpheromonwirkung getestet werden.


50<br />

Beitr. Hymenopt.-<strong>Tagung</strong> <strong>Stuttgart</strong> (2004)<br />

Welchen E<strong>in</strong>fluss hat das Habitat<br />

auf die Körpergrößenverteilung von Ameisengeme<strong>in</strong>schaften?<br />

Verena TRAXEL 1 , Mart<strong>in</strong> BRÄNDLE 1 & Jochen BIHN 2<br />

1 Universität Marburg, FB Biologie, AG Allgeme<strong>in</strong>e Ökologie und Tierökologie<br />

Karl-v.-Frisch Straße, D-35032 Marburg, traxelv@students.uni-marburg.de<br />

2 Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe, Abteilung für Entomologie<br />

Erbpr<strong>in</strong>zenstr.13, D-76133 Karlsruhe, jochen.bihn@smnk.de<br />

Die Struktur e<strong>in</strong>er dist<strong>in</strong>kten Artengeme<strong>in</strong>schaft (Diversität, Verhaltensweisen, Morphologie<br />

etc.) wird durch den regionalen Artbestand und durch die Interaktionen <strong>der</strong> Arten mit den<br />

biotischen und abiotischen Faktoren bestimmt. Die Gesamtheit dieser ökologischen Faktoren<br />

fasst man als „templet“-Funktion des Habitats zusammen (SOUTHWOOD 1988). Wir untersuchen,<br />

wie sich <strong>der</strong> „Habitatstempel“, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die räumlichen Gegebenheiten des Lebensraums,<br />

auf die Morphologie von streulebenden Ameisengeme<strong>in</strong>schaften auswirkt.<br />

Die Körpergröße e<strong>in</strong>er Art bestimmt maßgeblich, wie sie ihren Lebensraum wahrnimmt. Kle<strong>in</strong>e<br />

Tiere nehmen e<strong>in</strong>e Bodenoberfläche heterogener wahr als große Tiere. Lange Be<strong>in</strong>e ermöglichen<br />

e<strong>in</strong>e schnelle Fortbewegung und das Übersteigen von H<strong>in</strong><strong>der</strong>nissen und Zwischenräumen.<br />

Gleichzeitig verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n sie jedoch auch den Zugang zu Ressourcen (z.B. Nahrung) <strong>in</strong> Substratzwischenräumen.<br />

Über die Wirkung zunehmen<strong>der</strong> Umweltheterogenität auf sich am Boden<br />

fortbewegende Organismen macht die „size-gra<strong>in</strong>“-Hypothese (KASPARI & WEISER 1999)<br />

folgende Vorhersage: Mit abnehmen<strong>der</strong> Körpergröße wird <strong>der</strong> Nutzen von langen Be<strong>in</strong>en von<br />

den „Unterhaltskosten“ übertroffen. Daher sollten kle<strong>in</strong>e Ameisen proportional deutlich kürzere<br />

Be<strong>in</strong>e haben als große Ameisen. Die „size-gra<strong>in</strong>“-Hypothese erlaubt auch e<strong>in</strong>e Vorhersage <strong>der</strong><br />

Körpergrößenverteilung von Ameisengeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> Habitaten mit unterschiedlicher Substratheterogenität.<br />

Die Laubstreu tropischer Wäl<strong>der</strong> bietet Ameisen e<strong>in</strong>en hochkomplexen dreidimensionalen<br />

Lebensraum (YANOVIAK & KASPARI 2000). Große Ameisen nehmen Zwischenräume<br />

zwischen Blättern und Zweigen bei <strong>der</strong> Fortbewegung kaum als H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis wahr, während<br />

sich kle<strong>in</strong>e Arten durch diese Substratlücken h<strong>in</strong>durch bewegen. Ameisen mittlerer Größe s<strong>in</strong>d<br />

bei beiden Fortbewegungsmethoden relativ uneffektiv. Daher erwarten wir für e<strong>in</strong>e<br />

streubewohnende Ameisengeme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>e bimodale Verteilung <strong>der</strong> vorhandenen Körpergrößen<br />

und für e<strong>in</strong>e Weideland bewohnende Ameisengeme<strong>in</strong>schaft, die e<strong>in</strong> vergleichsweise<br />

homogenes Habitat nutzt, e<strong>in</strong>e unimodale Verteilung.<br />

In dieser Untersuchung wurde <strong>in</strong> 5 verschiedenen Sukzessionsstadien des atlantischen Küstenregenwaldes<br />

Brasiliens streubewohnende Ameisen gesammelt und nach Arten und Morphospezies<br />

unterschieden. Anhand dieses Datensatzes werden Vorhersagen <strong>der</strong> „size-gra<strong>in</strong>“-Hypothese<br />

überprüft:<br />

i) Haben kle<strong>in</strong>e Ameisen proportional kürzere Be<strong>in</strong>e als große Ameise?<br />

ii) Verän<strong>der</strong>t sich die Körpergrößenverteilung <strong>der</strong> Ameisengeme<strong>in</strong>schaften entlang e<strong>in</strong>es Sukzessionsgradienten<br />

von Weideland zu Primärregenwaldstandorten?<br />

Literatur<br />

KASPARI, M. & WEISER, D. 1999: The size gra<strong>in</strong> hypothesis and <strong>in</strong>terpecific scal<strong>in</strong>g <strong>in</strong> ants. — Functional Ecology 13:<br />

530-538<br />

SOUTHWOOD, T.R.E. 1988: Tactics, strategies and templets. — Oikos 52: 3-18<br />

YANOVIAK, S.P. & Kaspari, M. 2000: Comm<strong>in</strong>ity structure and the habitat templet: ants <strong>in</strong> the tropical forest canopy and<br />

litter. — Oikos 89: 259-266


Entomofauna Germanica<br />

- Überblick über das Gesamtwerk -<br />

Band 1: KÖHLER, Frank & Bernhard KLAUSNITZER (Hrsg.): Entomofauna Germanica 1.<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Käfer Deutschlands. - Entomologische Nachrichten und Berichte. Beiheft 4<br />

(1998): 1-185; Dresden. ISSN 0232-5535. Preis: 18,00 Euro zzgl. Versandkosten.<br />

Band 2: SCHUMANN, Hubert, BÄHRMANN, Rudolf & Andreas STARK (Hrsg.): Entomofauna<br />

Germanica 2. Checkliste <strong>der</strong> Dipteren Deutschlands. - Studia dipterologica. Supplement 2<br />

(1999): 1-354; Halle (Saale). ISSN 1433-4968 ISBN 3-932795-01-6. Preis: 30,00 Euro zzgl.<br />

Versandkosten (für Abonnenten <strong>der</strong> Studia dipterologica 20,00 Euro).<br />

Band 3: GAEDIKE, Re<strong>in</strong>hard & Wolfgang HEINICKE (Hrsg.): Entomofauna Germanica 3.<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Schmetterl<strong>in</strong>ge Deutschlands. - Entomologische Nachrichten und Berichte.<br />

Beiheft 5 (1999): 1-216. Dresden. ISSN 0232-5535. Preis: 20,00 Euro zzgl. Versandkosten.<br />

Band 4: DATHE, Holger, H., TAEGER, Andreas & Stephan M. BLANK (Hrsg.): Entomofauna<br />

Germanica 4. Verzeichnis <strong>der</strong> Hautflügler Deutschlands. - Entomologische Nachrichten und<br />

Berichte. Beiheft 7 (2001): 1-180. Dresden. ISSN 0232-5535. Preis: 18,00 Euro zzgl. Versandkosten.<br />

Band 5: KLAUSNITZER, Bernhard (Hrsg.): Entomofauna Germanica 5. Verzeichnis <strong>der</strong> Archaeognatha<br />

(H. STURM), Zygentoma (H. STURM), Odonata (J. MÜLLER & M. SCHORR),<br />

Plecoptera (H. REUSCH & A. WEINZIERL), Dermaptera (D. MATZKE), Mantoptera (P.<br />

DETZEL & R. EHRMANN), Ensifera (P. DETZEL), Caelifera (P. DETZEL), Thysanoptera (G.<br />

SCHLIEPHAKE) und Trichoptera (B. ROBERT) Deutschlands. - Entomologische Nachrichten und<br />

Berichte. Beiheft 6 (2001): 1-164. Dresden. ISSN 0232-5535. Preis: 17,00 Euro zzgl. Versandkosten.<br />

Band 6: KLAUSNITZER, Bernhard (Hrsg.): Entomofauna Germanica 6. Verzeichnis <strong>der</strong> Protura<br />

(B. BALKENHOL & A. SZEPTYCKI), Collembola (H.-J. SCHULZ, G. BRETFELD & B. ZIMDARS),<br />

Diplura (E. CHRISTIAN), Ephemeroptera (A. HAYBACH & P. MALZACHER), Blattoptera (H.<br />

BOHN), Psocoptera (Ch. LIENHARD), Phthiraptera (E. MEY), Auchenorrhyncha (H. NICKEL<br />

& R. REMANE), Psylloidea (D. BURCKHARDT & P. LAUTERER), Aleyrodoidea (R. BÄHRMANN),<br />

Aphid<strong>in</strong>a (Th. THIEME & H. EGGERS-SCHUMACHER), Cocc<strong>in</strong>a (H. SCHMUTTERER),<br />

Heteroptera (H.-J. HOFFMANN & A. MELBER), Strepsiptera (H. POHL & J. OEHLKE),<br />

Raphidioptera (C. SAURE), Megaloptera (C. SAURE), Neuroptera (C. SAURE), Siphonaptera<br />

(Ch. KUTZSCHER & D. STRIESE) und Mecoptera (C. SAURE) Deutschlands. - Entomologische<br />

Nachrichten und Berichte. Beiheft 8 (2003): 1-344. Dresden. ISSN 0232-5535. Preis: 35,00<br />

Euro zzgl. Versandkosten.<br />

Bestellungen für die Bände 1 und 3-6 bitte an<br />

Redaktion ENB, Postfach 202731, D-01193 Dresden<br />

o<strong>der</strong> Email klausnitzer.col@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Bestellungen für Band 2 bitte an<br />

Dr. Andreas Stark, Seebener Straße 190, D-06114 Halle / Saale<br />

o<strong>der</strong> Fax 0345-5226726.


ISSN 1614-3140

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!