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Ausgabe RIND<br />

03 2010<br />

Mastitis:<br />

Vorbeugung ist alles<br />

Kurz notiert<br />

Mastitiserreger<br />

nachweisen:<br />

Welche Möglichkeiten<br />

gibt es<br />

0<br />

Bei Grassilageuntersuchung<br />

auch an<br />

Reineiweiß denken<br />

Klauenerkrankungen<br />

Teil 6: Die Mortellaro‘sche<br />

Krankheit<br />

Durch Kälberfütterung<br />

Durchfall wirksam<br />

vorbeugen<br />

Erscheint quartalsweise<br />

ISSN 1867-4003


2 | 3<br />

Foto: Angelika Sontheimer<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Mastitis:<br />

Vorbeugung ist alles<br />

Rund ein Drittel aller Milchkühe erkrankt im Lauf der Laktation an einer Mastitis, Eutererkrankungen<br />

gehören mit zu den häufigsten Abgangsursachen. Wer die richtigen Maßnahmen ergreift und vorbeugt,<br />

spart viel Geld. Angelika Sontheimer gibt einen Überblick, welche Möglichkeiten der Vorbeugung<br />

bestehen.<br />

Die Kennzeichnung muss eindeutig sein und auch für Melkaushilfen nachvollziehbar sein.


Foto: Angelika Sontheimer<br />

Foto: Angelika Sontheimer<br />

Zitzen dippen gehört zu den wichtigsten euterhygienischen Maßnahmen, um das Eindringen<br />

von Keimen in den Strichkanal zu verhindern.<br />

Ein roter Strich signalisiert dem Melker, dass die Kuh behandelt wurde und in den Eimer gemolken<br />

werden muss.<br />

Euterentzündungen sind neben Frucht- Streptococcus agalactiae, Streptococcus<br />

barkeits- und Fundamentsproblemen die dysgalactiae, Streptococcus uberis, Staphy-<br />

wirtschaftlich bedeutendsten Erkrankungen<br />

von Hochleistungsmilchkühen. Sowohl subklinische<br />

als auch klinische Mastiden führen<br />

zu Milchmengenverlust, Qualitätsmängeln<br />

bis hin zu bleibenden Schäden am Euter, in<br />

einzelnen Fällen zu Todesfällen bzw. Abgängen.lococcus<br />

aureus und Escherichia coli heißen<br />

die wichtigsten Bakterien, die am Entzündungsgeschehen<br />

beteiligt sind. Zunehmend<br />

sind auch Candida-Hefen für Euterentzündungen<br />

verantwortlich. Bei einer unspezifischen<br />

Mastitis kommt es zu einer Zellzahlerhöhung,<br />

die aber auf keinen der bekannten<br />

Neben der akuten Mastitis mit Rötung, und vermuteten Erreger zurückzuführen ist.<br />

Schwellung, Schmerz und Wärme sind die Bei einer latenten Infektion können<br />

subklinischen Mastiden ohne offensichtliches Bakterien nachgewiesen werden, ohne dass es<br />

Entzündungsgeschehen von großer Bedeu- schon zu einem Anstieg in der Zellzahl<br />

tung. Bei Zellzahlen von mehr als 100.000 gekommen ist. Sie kann auch dann vorliegen,<br />

Zellen pro Milliliter Milch sollten Erreger- wenn die Zellzahl nicht ansteigt. Hier ist der<br />

nachweise in den Viertelgemelksproben<br />

durchgeführt werden.<br />

Rückgang der Milchleistung ein wichtiges<br />

Indiz.


4 | 5<br />

Foto: Angelika Sontheimer<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

schuhe vermindern die Keimübertragung.<br />

Erste Hilfe nach der<br />

Diagnose<br />

Die Milchuntersuchung der laktierenden<br />

Kühe mit der Bestimmung von euterpathogenen<br />

Keimen in den Viertelgemelksproben ist<br />

die Voraussetzung für eine gezielte antibiotische<br />

Behandlung.<br />

Akut erkrankte Tiere müssen sofort behandelt<br />

und von der Milchablieferung ausgeschlossen<br />

werden. Altmelkende euterkranke<br />

Kühe sollten sorgfältig zu Ende behandelt werden,<br />

damit sich die Zellzahlen wieder normalisieren<br />

und nach der Behandlung mit einem<br />

auf den festgestellten Erreger wirksamen<br />

Trockensteller trockengestellt werden. Bei<br />

mehrfach erkrankten Tieren mit chronischen<br />

Mastiden und dauerhafter Schädigung des<br />

Gewebes oder Verkapselung der Erreger ohne<br />

erkennbare Verbesserung empfiehlt sich die<br />

Merzung der Tiere. In Mastitisproblembetrieben<br />

sollte der Tierhalter gemeinsam mit<br />

dem Hoftierarzt oder dem Eutergesundheitsdienst<br />

Sanierungskonzepte entwickeln.<br />

Wichtig ist eine an die Betriebsgröße und<br />

Mitarbeitersituation angepasste Arbeitsorganisation.<br />

Das Markierungssystem für behandelte<br />

Kühe muss eindeutig und für alle<br />

Mitarbeiter nachvollziehbar sein. In kleinen<br />

Betrieben reicht unter Umständen die Kennzeichnung<br />

am Euter oder mit Bändern an den<br />

Beinen aus.<br />

In großen Betrieben braucht es die<br />

Unterstützung des Melkcomputers, der beispielsweise<br />

nach der Identifikation der betreffenden<br />

Kuh eine Alarmlampe anschaltet oder<br />

die Kühe werden ganz vom normalen Melksystem<br />

ausgeschlossen und in einem separaten<br />

Krankenstall extra gemolken.<br />

Einwegtücher und Handschuhe gehören zur professionellen Euterhygiene.<br />

Foto: Angelika Sontheimer Trotz aller Technik sollte die manuelle Euterkontrolle nicht vernachlässigt werden. Hand-<br />

Richtig Melken beugt vor<br />

Eutergesundheit und Milchleistung hängen<br />

zu einem großen Teil von der Melktechnik<br />

ab. Werden hier Fehler gemacht, ist schnell ein<br />

ganzer Bestand mit Entzündungserregern<br />

infiziert.<br />

Die Verbreitung geschieht beim Melken<br />

über die Hände der Melker und über die<br />

Melkzeuge. Vor allem bei Lufteinbrüchen wie<br />

beim Ansetzen und Abnehmen des Melkzeuges<br />

können die Bakterien durch den offenen<br />

Strichkanal ins Euter gelangen.<br />

Anzeichen für eine schlechte Melktechnik<br />

und Vakuumschwankungen sind beispielsweise,<br />

wenn die Kühe nicht freiwillig in den<br />

Melkstand kommen, beim Melken unruhig<br />

sind und auf den Hinterbeinen hin und her<br />

treten oder die Melkzeuge übermäßig oft<br />

abschlagen und viel Restmilch im Euter verbleibt.<br />

Wenn es möglich ist, sollte die<br />

Melkreihenfolge „gesunde <strong>Rind</strong>er, gesunde<br />

Kühe, erkrankte Kühe“ eingehalten werden.<br />

Zu einer guten Melktechnik gehört auch das<br />

Vermeiden von Blindmelken und bei der<br />

heute verbreiteten automatischen Abnahme<br />

die manuelle Nachkontrolle der Viertel.<br />

Die Landwirtschaftskammern, die Eutergesundheitsdienste<br />

oder die Melkmaschinenhersteller<br />

bieten eine technische Prüfung der<br />

Melkanlage nach DIN/ISO an. Dabei wird die<br />

Melktechnik auf Undichtigkeiten im Vakuumsystem,<br />

an die Milchmenge angepasste<br />

Leitungsquerschnitte, ungleichmäßig laufende<br />

Pulsatoren oder verschmutzte Regelventile<br />

durchgesehen. Weitere wichtige Parameter<br />

sind die Einhaltung des empfohlenen<br />

Wechselintervalls, die Prüfung auf verhärtete<br />

Zitzenbecher und die regelmäßige Kontrolle<br />

der Zitzenbechergröße und der Zitzengummis<br />

auf Verhärtungen.


Foto: Angelika Sontheimer<br />

Hygieneregeln beachten<br />

Es sind oft Kleinigkeiten, die entscheidend<br />

zum Erfolg beitragen. Dazu gehört das<br />

Händewaschen der Melker genauso wie das<br />

Vormelken in Becher und nicht auf den<br />

Boden. Schon seit längerer Zeit haben sich in<br />

der Praxis feuchte Einmaltücher zur Euterreinigung<br />

durchgesetzt und der nasse Euterlappen<br />

für die ganze Herde gehört der<br />

Vergangenheit an. Die Euterdusche sollte nur<br />

im Notfall bei stark verschmutzten Eutern<br />

eingesetzt werden. Leichtmelkenden Kühe<br />

neigen zu undichten Strichkanälen, die am<br />

„Milch laufen lassen“ erkennbar sind. Das<br />

Dippen verhindert in so einem Fall das<br />

Eindringen von Umweltkeimen in den<br />

Zitzenkanal durch Eintauchen der Zitze in<br />

eine desinfizierende Lösung.<br />

Die Technik hilft dem Melker bei der Diagnostik: Milchmengendurchfluss, Leitfähigkeit oder<br />

plötzlicher Leistungsabfall werden von einigen Melkmaschinen erfasst und gemeldet.<br />

Kennzeichen guter Eutergesundheit<br />

In Problemherden kann auch ein Barrieredippmittel<br />

verwendet werden, dass den<br />

Zitzenkanal durch einen Film mechanisch<br />

verschließt. Im akuten Fall und bei nicht zu<br />

großen Beständen können die Melkzeuge<br />

auch während des Melkens mit Peressigsäure<br />

gespült werden, um die die Infektion über die<br />

Melkzeuge zu verhindern. Dazu werden die<br />

Melkzeuge in einen Eimer mit einprozentiger<br />

Lösung nach der Abnahme eingetaucht.<br />

Die Haltungsbedingungen haben ebenfalls<br />

einen großen Einfluss auf das Vorkommen<br />

von Mastitis. Dazu gehören Boxenhygiene,<br />

die Sauberkeit und Rutschfestigkeit<br />

der Laufgänge und die Fliegenbekämpfung.<br />

?<br />

weniger<br />

als 15 % Eutererkrankungen pro Jahr<br />

weniger<br />

als 150.000 Zellen im Herdendurchschnitt<br />

saubere<br />

Euter, gleichmäßige Striche mit gutem Schließmuskel<br />

beim<br />

Blick in den Stall fressen die Tiere oder liegen und käuen wieder<br />

beim<br />

Blick in den Melkstand stehen alle Tiere ruhig und lassen sich gut melken<br />

0<br />

Haltung optimieren


6 | 7<br />

Foto: Angelika Sontheimer<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Zu einer guten Haltungsumwelt gehören<br />

außerdem ausreichend Fressplätze, weiche<br />

und trockene Liegeboxen und eine durchdachte<br />

Stallplanung mit genügend Platz in den<br />

Gängen und vor den Transponderfütterungen,<br />

um Rangauseinandersetzungen zu<br />

minimieren.<br />

Auch Unruhe und Stress durch langes<br />

Warten vor dem Melken mit Rangauseinandersetzungen<br />

auf engem Raum, Lärm oder<br />

hektisches Treiben ist schädlich für die zügige<br />

Milchabgabe. Nicht vergessen werden darf<br />

auch das regelmäßige Klauenschneiden, denn<br />

nur Kühe, die klauengesund sind, gehen gerne<br />

zum Fressen und zum Melken.<br />

Dass die Fütterung und Wasserversorgung<br />

für Hochleistungstiere optimal sein muss, versteht<br />

sich von selbst. Wasser sollte Milchkühen<br />

stets in ausreichender Menge und Qualität zur<br />

Verfügung stehen. Da Kühe nach dem Melken<br />

besonders gerne trinken, sollten die Tränken<br />

am Melkstandausgang groß genug dimensioniert<br />

sein. Die leistungsgerechte Fütterung<br />

muss regelmäßig überprüft werden.<br />

Energiemangel und Eiweißüberversorgung<br />

führen zu einer hohen Leberbelastung<br />

und verschlechtern die körpereigene Immunabwehr,<br />

so dass das Mastitisrisiko steigt. Nicht<br />

selten wird der Mineralstoff- und Spurenelementversorgung<br />

zu wenig Aufmerksamkeit<br />

geschenkt. Auch ein Mangel an ß-Carotin<br />

hemmt die Abwehr und erhöht die Infektionsgefahr<br />

im Euter. Ein Mangel an Natrium<br />

kann durch Reizungen der Zitzenschleimhaut<br />

zu Eutergesundheitsstörungen führen.<br />

Schimmel im Futter führt zu Zellschädigung<br />

im Euter.<br />

Ein X signalisiert eine dreistrichige Kuh.<br />

Auch wenn es mühselig ist, der Vormelkbecher reduziert die Keimübertragung im Vergleich<br />

zum Vormelken auf den Boden drastisch.<br />

Fazit<br />

Das eigene Melktechnikprogramm und<br />

die Milchleistungsprüfung geben erste Hinweise<br />

auf die Eutergesundheit bzw. Abweichungen<br />

vom Normalzustand. Der Mastitis<br />

vorgebeugt werden kann, indem Melktechnik,<br />

Haltungsumwelt und Herdenmanagement<br />

optimal aufeinander abgestimmt<br />

sind. Wer auf die Melkhygiene achtet,<br />

kann die Übertragungen von Krankheitskeimen<br />

durch den Menschen oder die<br />

Maschine von Kuh zu Kuh minimieren.<br />

Kleinigkeiten wie die Markierung am<br />

Mastitis erkrankter Kühe oder Händewaschen<br />

können viel bringen. Ist die Mastitis<br />

erst einmal da, hängt die Therapie im akuten<br />

Fall vom Erregernachweis ab, bei subklinischen<br />

Mastiden bzw. Problemherden sollte<br />

mit Hoftierarzt und Eutergesundheitsdienst<br />

ein ganzheitliches Sanierungskonzept erarbeitet<br />

werden.<br />

<br />

Checkliste: 1 x 1 der<br />

Mastitisvorbeugung<br />

Melkanlage<br />

regelmäßig überprüfen<br />

Melkauswertungen<br />

(eigene und MLP-Ergebnisse)<br />

nutzen<br />

Haltungsumwelt<br />

(Liegeboxen, Futter und<br />

Wasser, Bewegung) laufend verbessern<br />

Melkhygiene<br />

(Euterreinigung, Vormelken,<br />

Nachmelkkontrolle) einhalten<br />

Euterpflege<br />

(Pflege von Euterhaut und<br />

Schenkelinnenseiten) optimieren, beim<br />

Züchten auf Euteraufhängung achten<br />

Erkrankte<br />

und behandelte Kühe kennzeichnen<br />

(Viehstift, Fesselband o.ä.)<br />

Herdengesundheit<br />

im Blick behalten (Dippen,<br />

Trockenstellen Einzeltier-Milchuntersuchungen,<br />

Erregernachweise)<br />

vor<br />

dem Trockenstellen Kühe auf Erreger<br />

testen<br />

Angelika Sontheimer<br />

Foto: Angelika Sontheimer


Foto: Dr. Marion Tischer<br />

Bei Eutergesundheitsstörungen ist es wichtig, zunächst die Ursachen zu ermitteln, bevor man sinnvolle<br />

Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Für die bakteriologische Untersuchung stehen zwei Verfahren zur<br />

Verfügung. Da derzeit einige Unsicherheit herrscht, welches Verfahren nun besser geeignet sei,<br />

Mastitiserreger zu bestimmen, erläutern Dr. Katharina Traulsen und Dr. Marion Tischer in diesem Beitrag<br />

die Hauptmerkmale dieser beiden Methoden und geben eine Empfehlung.<br />

Zeigt eine Kuh beispielsweise klinische<br />

Symptome einer Euterentzündung, ist es bei<br />

der Auswahl eines wirksamen Antibiotikums<br />

wichtig, den Erreger und seine Antibiotikaempfindlichkeit<br />

zu kennen. Zur bakteriologischen<br />

Untersuchung bei Eutererkrankungen<br />

existiert zum einen das<br />

kulturelle Verfahren: Es besteht in der<br />

Anzüchtung lebender Keime auf einem<br />

Nährboden. Bei der kulturellen Untersuchung<br />

wird eine kleine Menge der Milchprobe<br />

auf einem Nährboden ausgestrichen<br />

und anschließend bei 36°C bebrütet.<br />

Eventuell vorhandene Keime können sich<br />

unter diesen Bedingungen vermehren und<br />

werden nach 24 und 48 Stunden beurteilt.<br />

Diese auf dem Nährboden entstandenen<br />

Erregerkolonien werden mithilfe von speziellen<br />

Tests genauer identifiziert. Anschließend<br />

kann mit einem Resistenztest die Wirksamkeit<br />

verschiedener Antibiotika gegenüber<br />

dem Erreger ermittelt werden.<br />

Zum anderen ist seit neustem auch ein<br />

Nachweis von Bakterien-DNA toter und<br />

lebender Erreger aus der Milchprobe möglich.<br />

Beim Nachweis von Bakterien-DNA (z.B.<br />

System „Pathoproof“) wird die Milchprobe<br />

auf das Vorhandensein von Erbsubstanz<br />

(DNA) von lebenden und toten Erregern<br />

untersucht. Mithilfe der PCR-Methode<br />

(englisch Polymerase Chain Reaction, PCR)<br />

Für beide Untersuchungsverfahren sollten die Proben steril entnommen<br />

werden, um eine Verunreinigung mit Fremdkeimen zu vermeiden.<br />

wird dabei gezielt nach den häufigsten<br />

Mastitiserregern gesucht. Weiterhin kann<br />

auch ein bestimmtes Gen bei Staphylokokken<br />

identifiziert werden, welches die Wirksamkeit<br />

verschiedener Antibiotika nachteilig beeinflussen<br />

kann. Das angewandte real time PCR-<br />

Verfahren ermöglicht indirekte Angaben zur<br />

Menge der gefundenen Erreger in drei<br />

Kategorien (+ geringe Menge DNA, ++<br />

mittlere Menge DNA, +++ große Menge<br />

DNA), so dass auf einen Haupterreger geschlossen<br />

werden kann.<br />

Für beide Methoden gilt, dass die Proben<br />

steril entnommen werden sollten, um eine<br />

Verunreinigung mit Fremdkeimen zu verhindern.<br />

Dies würde die Interpretation des Ergebnisses<br />

deutlich schwieriger gestalten und<br />

eine erfolgreiche Behandlung erschweren.<br />

Die Hauptunterschiede dieser beiden<br />

Verfahren bestehen zum einen in der Geschwindigkeit,<br />

bis die Ergebnisse vorhanden<br />

sind. Beim Nachweis von Bakterien-DNA<br />

liegen die Ergebnisse bereits vier bis fünf<br />

Stunden nach Untersuchungsbeginn vor. Bei<br />

der kulturellen Untersuchung erhält man<br />

frühestens nach 24 Stunden erste Ergebnisse.<br />

Andererseits kann bei der kulturellen Untersuchung<br />

mit einem Resistenztest ein wirksames<br />

Antibiotikum ermittelt werden. Dies ist<br />

beim Nachweis von Bakterien-DNA nicht<br />

möglich.<br />

Kurz notiert<br />

Weiterhin werden bei der kulturellen<br />

Untersuchung meist alle Viertel einzeln auf<br />

das Vorhandensein von Mastitiserregern<br />

untersucht, wodurch eine gezielte Behandlung<br />

jedes Viertels möglich wird. Dagegen<br />

wird beim Nachweis von Bakterien-DNA aus<br />

Kostengründen oft nur eine Mischprobe aus<br />

allen Vierteln analysiert, welches die Aussagekraft<br />

der Ergebnisse einschränkt.<br />

Fazit<br />

Da unserer Meinung nach für den Einsatz<br />

von Antibiotika ein Resistenztest notwendig<br />

ist, kann auf das kulturelle Verfahren nicht<br />

verzichtet werden. Das PCR-Verfahren kann<br />

aber durchaus bei speziellen Fragestellungen<br />

unterstützen, z.B. ob eine Herde oder eine<br />

zugekaufte Kuh frei von Galtstreptokokken ist<br />

(Untersuchung einer Tankmilchprobe bzw.<br />

MLP-Probe). Denn diese kuhassoziierten<br />

Erreger kommen tatsächlich nur im Euter vor.<br />

Weiterhin kann die PCR bei der Diagnostik<br />

von Mykoplasmen helfen, die nur schwer<br />

kulturell anzüchtbar sind.<br />

<br />

Dr. Katharina Traulsen und<br />

Dr. Marion Tischer, Vet-Consult<br />

Nur durch eine bakteriologische Untersuchung kann man den Erreger<br />

genau bestimmen; mit den Ergebnissen des Resistenztestes kann man den<br />

Erreger gezielt behandeln.<br />

Foto: Dr. Marion Tischer


8 | 9<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Mit dem zunehmenden Einsatz von<br />

Grassilage hat es in der <strong>Rind</strong>erpraxis vermehrt<br />

neue Krankheitsbilder gegeben, die bei<br />

Heufütterung nicht bestanden. Es handelt<br />

sich um ein multifaktorielles Krankheitsgeschehen,<br />

dass zu Leistungseinbußen, vermehrten<br />

Erkrankungen und Todesfällen führen<br />

kann - vornehmlich betroffen sind Färsen<br />

in der Frühlaktation. Dies berichten einige<br />

Tierärzte aus ihrer täglichen Praxiserfahrung.<br />

Als mögliche Ursache wurden zunächst<br />

erhöhte Nitratgehalte in den Grassilagen vermutet.<br />

Dieser Verdacht konnte aber durch spezielle<br />

Untersuchungen ausgeräumt werden.<br />

Da aber die Stickstoff-Fraktion in der Grassilage<br />

weiterhin verdächtigt wurde, folgten<br />

Untersuchungen zum Reineiweißgehalt in<br />

Grassilagen. Und tatsächlich bestätigte sich,<br />

dass das multifaktorielle Krankheitsgeschehen<br />

immer dann auftritt, wenn Grassilagen<br />

mit deutlich reduziertem Reineiweißgehalt<br />

(meist 1. Schnitt) das Hauptgrundfutter<br />

ausmachen.<br />

Daraus schließen die Tierärzte: Durch<br />

Verfütterung reineiweißarmer Grassilagen<br />

stellen sich Veränderungen im Pansenstoffwechsel<br />

ein, die verminderte ruminale<br />

Leistungen (Eiweißproduktion, Energiestoffwechsel,<br />

Barrierenfunktion) bedingen<br />

und/oder sich direkt auf die Gesundheit des<br />

Wirtstieres auswirken können. Sie gehen<br />

davon aus, dass je nach Veränderungsart, -ort<br />

und -ausmaß solche Störungen für sich alleine,<br />

vielmehr aber noch im Verbund zur<br />

Begünstigung oder gar Ursache für die unter<br />

vielfältigen Krankheitsbildern auftretende<br />

Multifaktorenerkrankung werden. Möglicherweise<br />

spielen auch biogene Amine eine<br />

nicht unerhebliche Rolle. Eine infektiöse<br />

Ursache als Primärfaktor erscheint wenig<br />

wahrscheinlich.<br />

Grundsätzlich gilt: Um eine tiergerechte<br />

Versorgung ermöglichen zu können, sollte<br />

jeder Landwirt und Futterberater genaue<br />

Kenntnisse über die Inhaltsstoffe und den<br />

Futterwert der zu verfütternden Silage haben.<br />

Kurz notiert<br />

Nur auf dieser Basis kann die Rationsberechnung<br />

einen optimalen Grund- und<br />

Kraftfuttereinsatz gewährleisten und so eine<br />

bedarfs- und wiederkäuergerechte Fütterung<br />

ermöglichen. Gleichzeitig kann eine analytische<br />

Überprüfung des Grundfutters auch zur<br />

Erfolgskontrolle genutzt werden, um eventuell<br />

noch vorhandene Schwachstellen im komplexen<br />

Prozess der Futterkonservierung aufzuzeigen.<br />

Eine Untersuchung des Futterwertes der<br />

eigenen Silage ist daher zu empfehlen.<br />

Aufgrund der oben erwähnten möglichen<br />

Zusammenhänge zwischen Reineiweißgehalt<br />

und einem multifaktoriellen Krankheitsgeschehen<br />

ist darüber nachzudenken, ob nicht<br />

neben den üblichen Parametern wie Energiebewertung<br />

(NEL und ME), Rohprotein, nXP,<br />

RNB, Rohfaser, Gasbildung, Sand, Zucker,<br />

Trockensubstanz, Strukturwert, ADF, NDF<br />

und pH-Wert auch der Reineiweißgehalt mitbestimmt<br />

werden sollte.<br />

Verschiedene Untersuchungslabors, u.a.<br />

Blgg Deutschland in Parchim, das Institut für<br />

Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule<br />

Hannover und die LUFA Nordwest bieten die<br />

Bestimmung des Reineiweißgehaltes in Grassilagen<br />

mittlerweile an.<br />

<br />

Grassilage scheint für verschiedene unspezifische Krankheitserscheinungen speziell bei Färsen<br />

verantwortlich zu sein.<br />

Foto: Uwe-Steinbrich_pixelio.de<br />

Foto: Engels


Serie Klauenerkrankungen<br />

Teil 6:<br />

Die Mortellaro'sche Krankheit<br />

Im sechsten Teil unserer Serie Klauenerkrankungen berichtet der Klauenpfleger René Pijl aus Jever über die<br />

Mortellaro'sche Krankheit. Da die Krankheit sehr komplex ist, erscheint der Beitrag in zwei Teilen. Im<br />

ersten Teil beschreibt der Autor die verschiedenen Lokalisationen mit ihren unterschiedlichen Formen. Im<br />

zweiten Teil wird es um die immer noch ungeklärte Krankheitsursache und die Therapiemöglichkeiten<br />

gehen.<br />

Die typische Form der Dermatitis Digitalis: Kreisförmig und deutlich abgegrenzt durch den weißer Kranz.<br />

<br />

Foto: René Pijl


10 | 11<br />

Foto: René Pijl<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Bild 1: Fäule im Zwischenklauenspalt mit der<br />

nicht deutlich kreisrunden Abgrenzung.<br />

Die Mortellaro'sche Krankheit wird als<br />

Dermatitis Digitalis bezeichnet. Übersetzt auf<br />

Deutsch heißt es, Hauterkrankung an den<br />

Zehenendorganen. Fälschlicherweise wird die<br />

Krankheit auch als „Erdbeerkrankheit“ oder<br />

„Stinkefuß“ beschrieben.<br />

In 1974 wurde erstmalig in Italien von<br />

Prof. Carlo Maria Mortellaro diese Hauterkrankung<br />

am Unterfuß beschrieben. Über<br />

Frankreich und später die Niederlanden wurde<br />

sie in Deutschland bekannt. Heute scheint<br />

es, wenn Landwirte über Klauenkrankheiten<br />

sprechen, dass es kein anderes Klauenleiden<br />

mehr gibt. Dabei kommt sie erst nach der<br />

Klauenrehe und der Rotation der medialen<br />

Hinterklaue vor.<br />

Bild 4: Vier in der Größe unterschiedliche Ausprägungen von<br />

Dermatitis Digitalis.<br />

Foto: René Pijl<br />

Bild 2: Was aussieht wie lange Haare ist proliferierte<br />

Haut, in Amerika gerne bezeichnet<br />

als Papilloma Dermatitis Digitalis.<br />

Richtig unterscheiden<br />

Wie bei den meisten Krankheiten ändert<br />

sich das Krankheitsbild über die Jahre. Die<br />

typische Form kommt nur noch selten zum<br />

Vorschein. Die häufigste Verwechslung findet<br />

statt mit der Fäule (Bild 1). Bei dieser<br />

Erkrankung ist jedoch nicht die deutliche<br />

Abgrenzung über dem weißen Rand zu<br />

erkennen und der Geruch unterscheidet sich<br />

bei Fäule als „Bundeswehrsocken“ und bei<br />

Dermatitis Digitalis mehr süßlich und weniger<br />

penetrant. Was bleibt, ist die kreisförmige<br />

Abgrenzung zwischen gesundem und<br />

krankem Gewebe. Das ist ein natürlicher<br />

Vorgang des Körpers, weil er probiert, das<br />

gesunde Gewebe zu schützen.<br />

Foto: René Pijl<br />

Bild 3: Über der Fesselbeuge ist der Bereich<br />

der Afterklaue mitbetroffen.<br />

Die Haut bildet, wenn nicht geschützt<br />

vom Epithelgewebe, eine sehr klebrige Masse,<br />

Exsudat genannt. Sie soll als vorläufige<br />

Ersatzschicht dienen, allerdings bleiben sehr<br />

viel Schmutz in Form von Sand, Einstreu etc.<br />

haften. Zweitens ist diese Schicht eine Barriere<br />

für eine Spraytherapie, wenn sie nicht vorher<br />

entfernt wird.<br />

0<br />

Bei direkter Berührung ist die „nackte“<br />

Lederhaut ohne Epithel empfindlich. Zusätzlich<br />

können sich in der Lederhaut Hautwucherungen<br />

bilden, das Proliferieren der<br />

Haut. Meistens entsteht diese Proliferation<br />

erst nach einiger Zeit des Existierens der<br />

Krankheit (Bild 2).<br />

Bild 5: Ein Tylom ist eine beliebte Stelle für die Mortellaro'sche<br />

Krankheit, weil sie des Öfteren gerieben wird von den Klauen beim<br />

Laufen.<br />

Foto: René Pijl<br />

Foto: René Pijl


Bild 6: Mehrere sehr kleine Stellen auf dem<br />

Übergang von Ballenhorn zum Sohlenhorn<br />

der äußeren Klaue.<br />

Beim Entfernen dieser Zapfen kommt<br />

anders als beim Haareziehen kein Blut zum<br />

Vorschein, so sind die Wucherungen nicht mit<br />

Haaren zu verwechseln.<br />

Die Lokalisationen unterscheiden sich<br />

von der Fesselbeuge (Bild 3), dem Zwischenklauenspalt<br />

(Bild 4) und Zwischenballenspalt<br />

und dem Kronsaum, sowohl seitlich als auch<br />

frontal. Die Afterklauen werden immer öfter<br />

in Mitleidenschaft gezogen (Bild 5). Sehr<br />

gerne setzt sie sich auf ein Tylom. Die Größe<br />

variiert von sehr klein (Bild 6) bis über zehn<br />

Zentimeter (Bild 7).<br />

Man dachte anfangs, dass die Erkrankung<br />

sehr klein beginnt und immer größer wird.<br />

Heute ist die These, dass die Krankheit in<br />

unterschiedlicher Größe kommt und sich<br />

beim längeren Existieren selbstverständlich<br />

vergrößern kann. Eine Lahmheit gehört nicht<br />

grundsätzlich zu den typischen Merkmalen<br />

der Krankheit.<br />

Foto: René Pijl<br />

Bild 7: Eine stark um sich herum greifende<br />

Form der Dermatitis Digitalis, die schon auf<br />

den Ballen übergreift.<br />

Die meisten Tiere gehen nicht oder erst in<br />

einem späteren Stadium lahm. Abgangsgrund<br />

wegen Dermatitis Digitalis gibt es in den<br />

wenigsten Fälle.<br />

Unterschiedliches<br />

Schmerzempfinden<br />

Es gibt Tiere, die sich nicht oder nicht<br />

schnell beeinflussen lassen in ihrem Gang,<br />

wenn sie von dem Leiden betroffen sind.<br />

Obwohl es bestimmte Lokalisationen gibt, wo<br />

die Schmerzgrenze bedeutend schneller überschritten<br />

wird, wie z.B. vorne am Zwischenklauenspalt<br />

am Kronsaum (Bild 8). Auch<br />

wenn die Stelle manchmal unbedeutend aussieht,<br />

treten hier heftige Lahmheiten auf. Leider<br />

wird sie als solche meisten nicht direkt<br />

aufgedeckt und falsch therapiert. Das Gleiche<br />

gilt für die Fälle auf dem Tylom. Auch hier<br />

wird nach dem Lahmheitsgrund meist vergebens<br />

gesucht.<br />

Bild 8: Ab dem Kronsaum hoch Richtung<br />

Röhrbein sind mehrere kreisförmige Stellen<br />

zu erkennen.<br />

<br />

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Foto: René Pijl<br />

Die Kuh mit der Krankheit in dem<br />

Zwischenballenspalt zeigt nach gewisser Zeit<br />

ein starkes Wachstum im Ballenbereich an der<br />

Sohle und am Ballenhorn. Der klamme Gang<br />

ist zu erkennen bei den Tieren, die in oder an<br />

der Afterklaue betroffen sind.<br />

Fazit<br />

Die Mortellaro'sche Krankheit nimmt als<br />

dritthäufigste vorkommende Krankheit (aus<br />

der Datenbank von René Pijl) an den Unterfüßen<br />

einen Stellenwert ein, der ihr nicht<br />

zusteht. Durch sie lahmen die wenigsten<br />

Kühe. Die wenigsten Tiere müssen frühzeitig<br />

den Betrieb verlassen. Durch die Zeit ist das<br />

typische Krankheitsbild öfter anders und<br />

kommt an vielen unterschiedlichen Positionen<br />

vor. Die kreisförmige Abgrenzung mit<br />

dem klebrigen Exsudat bleibt nach wie vor das<br />

typische Merkmal.<br />

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René Pijl<br />

Foto: René Pijl


12 | 13<br />

Foto: Gerd Sandten / Nee<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Durch Kälberfütterung<br />

Durchfall wirksam vorbeugen<br />

Für eine leistungsorientierte und damit wirtschaftliche Milchviehhaltung ist die erfolgreiche Kälberaufzucht<br />

die Grundlage. Nur wenn es gelingt die Kälber gesund aufzuziehen, entwickeln sie sich zu<br />

langlebigen, gesunden und fruchtbaren Kühen mit einer hohen (Lebens-)Leistung. Worauf während der<br />

Tränkephase zu achten ist, beschreibt Dr. Jörg Bekkering.<br />

Kälber werden maximal 10 Wochen getränkt, sie sind in der Zeit aber sehr anfällig für Durchfallerkrankungen.


© Foto-Ruhrgebiet - Fotolia.com<br />

Die Kälberaufzuchtphase umfasst die<br />

ersten 16 Lebenswochen (112 Tage) mit einer<br />

maximalen Tränkedauer von zehn Wochen<br />

(70 Tage). Während dieser 16-wöchigen<br />

Aufzuchtphase sollen die Kälber durchschnittliche<br />

tägliche Zunahmen von 850 g erreichen<br />

und ihr Geburtsgewicht von ca. 45 kg<br />

auf ein Gewicht von ca. 140 kg steigern.<br />

Während der Tränkephase sind junge Kälber<br />

aber sehr anfällig für Durchfallerkrankungen.<br />

Nach dem Absetzten der Milch und ausschließlicher<br />

Festfutteraufnahme treten<br />

Durchfälle wesentlich seltener auf. Daher gilt<br />

es während der Tränkeperiode besonders auf<br />

eine ausgewogene und gesunde Kälberfütterung<br />

zu achten.<br />

Die Weichen für den Erfolg, aber auch für<br />

den Misserfolg in der Kälberaufzucht werden<br />

schon während der Trockenstehzeit der Kühe<br />

gelegt. Die bedarfs- und wiederkäuergerechte<br />

Versorgung der Trockensteher mit Rohfaser,<br />

Energie und Eiweiß hält die Kühe in<br />

Kondition und fördert leichte Geburten. Zu<br />

einer ausgewogenen Fütterung der Trockensteher<br />

gehört immer auch die ausreichende<br />

Versorgung mit Mineralien, Spurenelementen<br />

und Vitaminen; und zwar für Kuh<br />

und Kalb. Denn die Kälber werden über das<br />

Blut der Mutter ebenfalls mit diesen Wirkstoffen<br />

versorgt und legen einen Speicher an.<br />

Ihre Vitalität, Abwehrkraft und Sauglust nach<br />

der Geburt werden hierdurch direkt beeinflusst.<br />

Und der Gehalt in der Biestmilch wird<br />

ebenfalls erhöht.<br />

Einzelfuttelmittel<br />

Fragen Sie Ihren Tierarzt<br />

Schluckimpfung mit<br />

Biestmilch<br />

Kälber kommen ohne jegliche Antikörper<br />

zur Abwehr von Krankheitserregern, also völlig<br />

schutzlos, auf die Welt. Diese müssen die<br />

Neugeborenen vollständig über die Biestmilch<br />

aufnehmen.<br />

Neugeborene Kälber müssen über die Biestmilch wichtige Antikörper aufnehmen, denn ihr<br />

eigenes Immunsystem ist noch sehr schwach.<br />

Die erste Bicarbonat-Pille<br />

für Kälber<br />

Mehr Trinklust bei<br />

Kälberdurchfall.<br />

Die Aufnahme der Biestmilch stellt eine<br />

passive Immunisierung dar, die eigene aktive<br />

Immunabwehr der Kälber entwickelt sich erst<br />

langsam mit einem Alter von drei bis fünf<br />

Wochen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die<br />

Kälber ausschließlich auf die passive Schutzwirkung<br />

der mit der Biestmilch aufgenommenen<br />

Antikörper angewiesen. Die Höhe der<br />

Schutzwirkung der Biestmilch ist von zwei<br />

Faktoren abhängig. Zum einen vom Zeitpunkt<br />

der Biestmilchaufnahme und zum anderen<br />

von der Konzentration an Immunglobulinen<br />

(Qualität der Biestmilch). Die Kälbergesundheit<br />

ist direkt abhängig von der<br />

Biestmilchversorgung. Für das Biestmilch-<br />

Management gilt die einfache Regel „früh und<br />

viel“. Die mit der Biestmilch aufgenommenen<br />

Antikörper gelangen durch die Dünndarmschleimhaut<br />

direkt in den Blutkreislauf, von<br />

wo aus sie ihre Abwehraufgaben im Organismus<br />

erfüllen.<br />

Die Fähigkeit, unverdaut durch die<br />

Dünndarmschleimhaut hindurchzugelangen,<br />

ist aber nur in den ersten Lebensstunden<br />

möglich. Die Dünndarmschleimhaut wird<br />

mit fortschreitender Zeit zunehmend undurchlässiger.<br />

Schon sechs Stunden nach der<br />

Geburt können nur noch rund 50 % der<br />

Immunglobuline aufgenommen werden.<br />

Daher müssen die Kälber innerhalb der ersten<br />

drei Lebensstunden mit ca. 1,5 Litern<br />

Biestmilch versorgt werden. Ideal wäre es,<br />

innerhalb von 30 Minuten nach der Geburt<br />

1,5 Liter und innerhalb der nächsten zwei<br />

Stunden nochmals zwei Liter Biestmilch zu<br />

vertränken. Am ersten Tag sollte das Kalb insgesamt<br />

vier bis fünf Liter Biestmilch aufgenommen<br />

haben.<br />

Um die Biestmilch keimfrei abmelken zu<br />

können, muss das Euter der Kuh vor dem<br />

Melken gereinigt und desinfiziert werden.<br />

Denn die Dünndarmschleimhaut der neugeborenen<br />

Kälber ist nicht nur für die Immunglobuline<br />

durchlässig, sondern auch für<br />

alle Keime, die sich eventuell in der Biestmilch<br />

befinden.


14 | 15<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Biestmilch sollte kontrolliert über z.B. eine Nuckelflasche vertränkt werden, damit die vom Kalb aufgenommene Menge bekannt ist.<br />

Die Biestmilch sollte kontrolliert mit<br />

einem Nuckeleimer oder einer Nuckelflasche<br />

vertränkt werden. Somit ist eine genaue<br />

Kontrolle des Aufnahmezeitpunktes und der<br />

Biestmilchmenge möglich. Bei einem unkontrollierten<br />

Saugenlassen an der Kuh ist dies<br />

nicht möglich.<br />

Kuhmilch - zu wenig Vitamine<br />

und Spurenelemente<br />

In den ersten Lebenstagen wird den<br />

Kälbern noch die Muttermilch vertränkt, da<br />

sie auf Grund ihrer Zusammensetzung nicht<br />

verkauft werden darf. Die Kuhmilch ist aber<br />

nicht in der Lage, den Bedarf der Kälber an<br />

Vitaminen und Spurenelementen (besonders<br />

Eisen) zu decken. Dies führt zu einer verringerten<br />

Widerstandsfähigkeit und geringeren<br />

täglichen Zunahmen. Deshalb ist es ratsam,<br />

auch die Kuhmilch während der Biestmilchphase<br />

mit einem hochwertigen Ergänzer aufzuwerten.<br />

Wird während der gesamten<br />

Tränkephase Vollmilch vertränkt, sollte diese<br />

ebenfalls auf Grund des oben beschriebenen<br />

Sachverhaltes mittels eines Ergänzers aufgewertet<br />

werden.<br />

Schon während der Tränkephase erfolgt<br />

die Entwicklung zum Wiederkäuer durch eine<br />

frühzeitige Förderung der Vormagenfunktion.<br />

Das Magensystem des Kalbes ist bei Geburt<br />

zwar schon komplett angelegt, aber unterschiedlich<br />

stark entwickelt. So verdauen<br />

Kälber die aufgenommene Milch ausschließlich<br />

im Labmagen.<br />

Damit die Milch auch in den Labmagen<br />

gelangt, ist beim Tränken die Ausbildung der<br />

so genannten Schlundrinne (Schlundrinnenreflex)<br />

die Grundvoraussetzung. Der Pansen<br />

muss im Laufe der Aufzucht erst entwickelt<br />

werden (Pansenoberfläche und -größe).<br />

Welches Tränkeverfahren während der<br />

Aufzucht eingesetzt wird, muss jeder Betriebsleiter<br />

anhand von<br />

Bestandgröße,<br />

Arbeitsbelastung,<br />

Kapitaleinsatz<br />

und<br />

persönlichen<br />

Vorlieben selbst entscheiden.<br />

Der Einsatz von Nuckeln über Nuckeleimer<br />

oder Tränkeautomaten bietet hinsichtlich<br />

der Verdauung und Durchfallvorbeuge<br />

einige Vorteile. Durch die überstreckte Kopfhaltung<br />

bildet sich die Schlundrinne besser<br />

aus und die Milch gelangt sofort über den<br />

Pansen hinweg in den Labmagen. Bei Pansentrinkern<br />

läuft die Milch dagegen in den<br />

Pansen, wo sie nicht verdaut werden kann,<br />

sondern fault und Blähungen verursacht.<br />

Ebenso wird durch das Saufen am Nuckel die<br />

Speichelproduktion angeregt und über die im<br />

Speichel vorhandenen Enzyme wird die<br />

Fettverdauung eingeleitet und verbessert.<br />

Beim Saufen am Nuckel wird die Milchtränke<br />

langsamer aufgenommen und das Saugbedürfnis<br />

der Kälber zusätzlich besser befriedigt.<br />

Milchaustauscher richtig<br />

verabreichen<br />

Wichtig für die Gesundheit und Entwicklung<br />

der Kälber ist die Konzentration des<br />

Milchaustauschers. Diese sollte nach Herstellerangaben<br />

eingehalten werden, damit<br />

über den gegenüber Wasser erhöhten TS-<br />

Gehalt der Milchtränke der Schlundrinnenreflex<br />

ausgelöst wird. Zu niedrige Konzentrationen<br />

führen zu verzögertem Wachstum<br />

und geringen täglichen Zunahmen auf<br />

Grund der zu geringen Nährstoffaufnahme.<br />

Besonders im Winter benötigen die kleinen<br />

noch nicht wiederkauenden Kälber ausreichende<br />

Energiemengen über die Milchtränke<br />

um ihren Wärmehaushalt aufrecht zu erhalten.<br />

Aber auch zu hohe Konzentrationen an<br />

Milchpulver sind schädlich und können<br />

Durchfall verursachen. Daher ist es ratsam,<br />

die Menge des Milchaustauscherpulvers<br />

regelmäßig zu kontrollieren (abwiegen, bzw.<br />

Tränkeautomat kalibrieren). Besonders nach<br />

einem Hersteller- oder Sortenwechsel des<br />

Milchaustauschers, denn das spezifische<br />

Gewicht der Pulver schwankt hersteller- und<br />

sortenbedingt.<br />

Als ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor<br />

für gesunde Kälber zeigt sich in der täglichen<br />

Beratungspraxis die Temperatur der Milchtränke.<br />

Diese sollte bei Warmtränken ca. 38<br />

bis 40 °C, also Körpertemperatur des Kalbes<br />

betragen. Und zwar dann, wenn die Milch<br />

vom Kalb aufgenommen wird.<br />

© lowjumpingfrog


Foto: Gerd Sandten / Nee<br />

Besonders bei niedrigen Umgebungstemperaturen<br />

und langen Transportwegen<br />

der Milch (im Nuckeleimer) zu den Einzeliglus,<br />

bzw. langen Schlauchleitungen (bei<br />

Tränkeautomaten), kann die Milch wieder<br />

entscheidend abkühlen. Dann leidet besonders<br />

die Fettverdauung und die Kälber<br />

bekommen Durchfall. Abhilfe kann hier das<br />

wärmere Anrühren der Milch, bzw. das<br />

Vorwärmen der Nuckeleimer mit heißem<br />

Wasser schaffen.<br />

Zu große Tränkemengen pro Mahlzeit<br />

können ebenfalls Verdauungsstörungen verursachen.<br />

Liegt die Tränkemenge pro Mahlzeit<br />

über dem Fassungsvermögen des Labmagens<br />

läuft dieser über und die Milch kann<br />

in den Pansen gelangen, Fäulnis und Blähungen<br />

sind die Folge.<br />

Hygiene beachten<br />

Eine absolute Hygiene rund um das<br />

Tränken sollte eine Selbstverständlichkeit<br />

sein. Durch die fett- und eiweißhaltigen<br />

Milchaustauscher bilden sich in Tränkeeimern<br />

und Tränkeautomaten sehr leicht<br />

Schmutzfilme, die Keimen einen idealen<br />

Nährboden bieten und zu Durchfall führen<br />

können. Deshalb sollten die Nuckeleimer<br />

nach jeder Mahlzeit mit heißem Wasser gereinigt<br />

werden. Und auch die Nuckel müssen<br />

regelmäßig mit einer Bürste von Innen gesäubert<br />

werden.<br />

Kälber sollten zusätzlich zur Milch jederzeit Wasser trinken können, das reduziert die Durchfallgefahr.<br />

Besonders Betriebe mit einem hohen<br />

Krankheitsdruck sollten für jedes Kalb einen<br />

eigenen Nuckeleimer verwenden, um eine<br />

Keimübertragung zu verhindern, bzw. zu<br />

reduzieren. Hierzu werden die Nuckeleimer<br />

mit einer wasserfesten Farbe (z.B. Edding)<br />

durchnummeriert und auch die Einzelboxen<br />

bzw. Einzeliglus erhalten Nummern. So wird<br />

sichergestellt, dass jedes Kalb während der<br />

Tränkeperiode seinen eigenen Eimer hat.<br />

Auch Kälber in der ersten Lebenswoche benö-<br />

Auch für die Pansenentwicklung ist eine gute Wasserversorgung von Bedeutung.<br />

tigen zusätzlich zur Milchtränke Wasser.<br />

Kälber, die jederzeit Wasser aufnehmen können,<br />

haben erfahrungsgemäß weniger Durchfall.<br />

Werden die Kälber praxisüblich zweimal<br />

täglich getränkt, ohne das Wasser angeboten<br />

wird, besteht insbesondere bei Eimertränken<br />

ohne Nuckel die Gefahr des hastigen zu<br />

schnellen Saufens der Milchtränke.<br />

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Dies kann zu einem Versagen des Schlundrinnenreflexes<br />

und/oder zu einer ungenügenden Bildung von Speichel mit den<br />

hierin enthaltenen Verdauungsenzymen führen, was das Risiko<br />

von Durchfall deutlich erhöht. Wichtig bei der Wasserversorgung<br />

ist eine Aufnahme von oben aus Schalen, Eimern oder Selbst-<br />

tränken, damit das Wasser auch in den Pansen läuft. Nuckeleimer<br />

sind zur Wassergabe ungeeignet, da wegen der Schlundrinne ein<br />

großer Teil des Wassers in den Labmagen läuft und die Verdauung<br />

durch eine Verringerung des TS-Gehaltes stört. Der tägliche<br />

Wasserbedarf steigt von 8 auf bis zu 12 Liter in den ersten drei<br />

Lebensmonaten.<br />

Aber auch für die Pansenentwicklung ist die Wasserversorgung<br />

von entscheidender Bedeutung. Die sich im Pansen ansiedelnden<br />

Mikroben können sich nur weiter entwickeln und vermehren,<br />

wenn ausreichende Mengen an Wasser in den Pansen<br />

gelangen. Und nur eine gut entwickelte Mikrobenpopulation im<br />

Pansen verdaut (fermentiert) stärkehaltige Futterkomponenten<br />

im Kälberstarter (z.B. Kälbermüsli) zu flüchtigen Fettsäuren (Propion-<br />

und Buttersäure), die über chemische Reize die Ausbildung<br />

der Pansenzotten und der Dicke der Pansenwand fördern.<br />

Außerdem wird umso mehr Kälberstarter gefressen, je besser die<br />

Versorgung mit sauberem und schmackhaftem Wasser ist.<br />

Fazit<br />

Die Kälberfütterung beginnt bereits mit der Fütterung der<br />

Trockensteher, dazu gehört auch die ausreichende Versorgung<br />

mit Mineralfutter. Denn Vitamine und Spurenelemente erhöhen<br />

die Vitalität und Abwehrkraft der Kälber und verbessern die<br />

Biestmilchqualität. Der nächste wichtige Baustein ist die schnelle<br />

und ausreichende Versorgung mit hygienisch und qualitativ hochwertiger<br />

Biestmilch. Während der Tränkephase müssen die<br />

Konzentration des Milchpulvers, die Tränketemperatur und die<br />

Tränkemenge täglich kontrolliert und eingehalten werden. Die<br />

Versorgung mit Wasser ab der ersten Lebenswoche ist eine preiswerte<br />

Möglichkeit Verdauungsstörungen einfach und wirksam<br />

zu verhindern.<br />

0<br />

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Dr. Jörg Bekkering<br />

Die Kälberfütterung beginnt schon mit der richtigen Versorgung<br />

der Trockensteher, denn nur so kann die Mutterkuh eine reichhaltige<br />

Biestmilch produzieren.

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