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Aus dem Tagesanzeiger 16.2.2013 - Club Beaufort

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Das Mini Transat ist ein Rennen für junge Segler, die keine Millionensponsoren und riesigen Teams<br />

hinter sich haben. 100'000 Franken haben Boot und Segel gekostet, 500 Stunden lang hat Koster<br />

bisher an seinem Boot gebastelt, geschliffen, geleimt und geschraubt. Damit die Kosten nicht aus<br />

<strong>dem</strong> Ruder laufen, haben die Organisatoren die <strong>Aus</strong>rüstung streng limitiert.<br />

Die Segler dürfen nur ein einfaches GPS-Gerät an Bord haben und einen Weltempfänger – aber<br />

weder einen elektronischen Kartenplotter noch einen Kurzwellensender für lange Distanzen. Sie<br />

können bloss Wetterberichte empfangen und die Entfernung der anderen Jachten zum Ziel. «Ich<br />

kenne zwar meine Position im Rennen, habe aber keine Ahnung, ob die Konkurrenten südlich oder<br />

nördlich von mir segeln.» Mit der Limitierung der Technik soll verhindert werden, dass teure<br />

Betreuerteams vom Land aus die strategische Beratung übernehmen.<br />

Für Simon Koster, der weder reiche Eltern noch millionenschwere Sponsoren hat, zählt jeder<br />

Franken. Tagsüber arbeitet er als Elektroniker, baut Schaltkästen zusammen oder kontrolliert<br />

Steuerungen für Maschinen. Eine Saison lang hat er noch als Gärtner gearbeitet. Am Abend fährt er<br />

von Oberengstringen nach Oberglatt, um bis Mitternacht am Boot zu arbeiten. Da haben ihm der<br />

Dekorationsbauer Ueli Naef und der Kunststofftechniker Thomas Cahak von Acryline einen Platz in<br />

der Halle und die Benützung sämtlicher Werkzeuge und Vakuumpumpen für Kunststoffarbeiten zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Als Koster nach draussen stürzte, sah er nur eine riesige Schwanzflosse.<br />

Er sass auf <strong>dem</strong> Rücken eines Wals.<br />

Im letzten Sommer segelte Koster ein Testrennen von der Bretagne auf die Azoren und zurück. 160<br />

Meilen vor den Azoren, an 6. Stelle liegend, «da machte es plötzlich bum, und das Boot stand<br />

bockstill», erzählt Koster. «Ich sass unten und hörte über Kopfhörer die Wetterprognosen.» Als er<br />

nach draussen ins Cockpit stürzte, sah er nur eine riesige Schwanzflosse. Er sass auf <strong>dem</strong> Rücken<br />

eines Wals. «Zum Glück brach der Kiel durch den Aufprall nicht ab.» Das hätte einen Totalschaden<br />

und ein ziemlich schnelles Absaufen der kleinen Jacht bedeuten können. Nur eines der beiden<br />

Steuerruder wurde weggedrückt. Koster gelang es, einen 15 Zentimeter langen Riss im Heck mit<br />

Polyester notdürftig zu laminieren. Das Rennen zurück in die Bretagne gewann der junge Schweizer<br />

dank einer gewagten nördlichen Route.<br />

Das Mini Transat ist für Spitzensegler etwa gleichbedeutend wie Gokart-Rennen für Formel-1-Fahrer.<br />

Wer sich auf den 7400 Kilometern über den Atlantik durchsetzt, kann einer der Grossen werden.<br />

Koster startet im Herbst als einer von zwei Schweizern in einem Feld von 77 Booten.<br />

Maximal 15 Minuten Schlaf am Stück<br />

Eines der wichtigsten Instrumente auf Kosters Racer ist der elektronische Wecker mit einem 120<br />

Dezibel lauten Pfeifton – zu laut für jede Disco. Während des Rennens schläft er maximal 15 Minuten<br />

am Stück. Für diese kostbaren Viertelstunden muss Koster jedes Mal den fast 100 Quadratmeter<br />

grossen, ballonartigen Spinnaker bergen. Mit so viel Segelfläche kommt der Autopilot nicht zurecht,<br />

vor allem beim Surfen mit Passatwind von schräg hinten.<br />

Das Brutale am Einhandsegeln: Wer zu viel schläft, ist zu langsam. Und wer zu wenig schläft, fällt ins<br />

Delirium. «Ich sehe dann jeweils Fischerboote, die es gar nicht gibt», sagt Koster. In Frankreich nimmt

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