GüteZeichen 1/2012 - Evangelische Kirchengemeinde Erbach/Odw.
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„Befiehl du deine Wege und was dein<br />
Herze kränkt, der aller treusten Pflege des,<br />
der den Himmel lenkt ...“<br />
Ein Lied von Paul Gerhardt, das vielen<br />
immer noch bekannt ist. Auch vor 66<br />
Jahren haben wir dieses Lied gesungen – ein<br />
Lied, das so gut wie kein anderes in diese<br />
Tage passte. „Der Wolken, Luft, und<br />
Winden, gib Wege, Lauf und Bahn ...“<br />
Die Nacht war hereingebrochen. Mit uns<br />
gingen Luftwaffen und Flakhelfer, die vom<br />
Westwall kamen. 16- und 17jährige Jungen,<br />
eigentlich noch Kinder. Den Tag hatten wir<br />
in einem großen Waldstück verbracht. Hier<br />
waren wir sicher vor Tieffliegerangriffen.<br />
Nun hatten wir einen Nachtmarsch vor uns.<br />
Schweigend stolperten wir mehr, als wir<br />
gingen, durch die Dunkelheit. Nur den<br />
Sternenhimmel über uns, der uns<br />
Orientierung und Richtung gab. Hinter uns<br />
die Amerikaner, vor uns, wie es sich zeigen<br />
sollte, die Russen.<br />
„Der wird auch Wege finden, da dein Fuß<br />
gehen kann.“ Unsere Gebete begleiteten<br />
uns durch die Nacht, doch wir mussten die<br />
Last weiter schleppen, die Last, die wie<br />
große Steine auf unseren Herzen lag.<br />
Wer hat dann auf einmal angefangen zu<br />
reden? Hat erzählt die Geschichte von<br />
Mein Lied<br />
Mein Lied<br />
Golgatha, Jesu Leidensweg vor seiner<br />
Grablegung und von den Frauen, die den<br />
Stein fanden, der vom Grabeingang weg<br />
gewälzt war.<br />
Im Osten war jetzt ein schwacher<br />
Schimmer zu sehen. Der neue Tag kündigte<br />
sich an und wir gingen diesem Licht<br />
entgegen. Ab und zu war schon eine<br />
Vogelstimme zu hören. Ein leises<br />
Schwingen, ein Säuseln lag in der Luft. Es<br />
war bitterkalt. Unsere Schritte wurden<br />
schneller und nach einer Wegbiegung lagen<br />
in einem Tal weite Wiesen, Felder und<br />
einige Bauernhöfe vor uns.<br />
Aus dem Säuseln war nun ein schwaches<br />
Geläute geworden, das uns zu einer kleinen<br />
Kirche führte. In der offenen Kirchentür<br />
standen Frauen und Kinder und auch einige<br />
ältere Männer. Nun hatten sie uns gesehen<br />
und ihr Ruf „Christus ist auferstanden“<br />
schallte uns als Willkommensgruß<br />
entgegen. „Christus ist wahrhaftig<br />
auferstanden!“ – eine Verheißung.<br />
„Lass uns einander lieben und zu echten<br />
Weggefährten werden. Lass uns nicht unter<br />
einem riesigen Stein zusammenbrechen,<br />
sondern lass uns den Weg der Hoffnung<br />
gehen, wie die Frauen und Männer nach<br />
dem Tode Jesu den Weg von der<br />
Verzweiflung zur Hoffnung gingen.“<br />
Anne Marie Myska<br />
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