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Wirkung von Gärprodukten aus Biogasanlagen ... - Humusnetzwerk

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<strong>Wirkung</strong> <strong>von</strong> <strong>Gärprodukten</strong> <strong>aus</strong> <strong>Biogasanlagen</strong> auf<br />

Humusreproduktion und Bodenökologie<br />

Kerstin Nielsen ∗ , Gabriela Bermejo ∗∗ , Karen Sensel * , Verena Wragge * , Stefanie Krück ** ,<br />

Frank Ellmer ∗∗<br />

In der Regel werden Gärprodukte <strong>aus</strong> <strong>Biogasanlagen</strong> als Dünger auf landwirtschaftliche<br />

Nutzflächen <strong>aus</strong>gebracht. Mit dem intensiven Anbau <strong>von</strong> Silomais, einer stark<br />

humuszehrenden Fruchtart, wächst die Sorge einer negativen Humusbilanz. Durch die<br />

Rückführung organischer Substanz über die Gärprodukte in den Boden kann unmittelbar zur<br />

Humusreproduktion beigetragen werden. Ob die Humusreproduktionsleistung <strong>von</strong><br />

<strong>Gärprodukten</strong> <strong>aus</strong> <strong>Biogasanlagen</strong> für eine <strong>aus</strong>geglichene Humusbilanz <strong>aus</strong>reicht, ist allerdings<br />

bisher noch ungeklärt. Auch die <strong>Wirkung</strong> <strong>von</strong> <strong>Gärprodukten</strong> auf die Bodenökologie ist derzeit<br />

noch nicht hinreichend erforscht. Untersuchungen u. a. zu diesen Fragestellungen werden am<br />

Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

(IASP) zusammen mit dem Fachgebiet für Acker- und Pflanzenbau der Humboldt-Universität<br />

zu Berlin durchgeführt.<br />

Bis jetzt gibt es sehr wenige Erkenntnisse hinsichtlich der C-Mineralisierung und der<br />

Abb<strong>aus</strong>tabilität <strong>von</strong> <strong>Gärprodukten</strong> im Boden und damit ihres Potenzials für die<br />

Humusreproduktion.<br />

Untersucht wurden ein flüssiges Gärprodukt <strong>aus</strong> einer Anlage mit Nassfermentation, welche<br />

Rindergülle und Maissilage einsetzt, sowie ein festes Gärprodukt <strong>aus</strong> einer<br />

Trockenfermentationsanlage, die <strong>aus</strong>schließlich Maissilage als Substrat einsetzt (Tab. 1).<br />

Mit Hilfe eines aeroben Inkubationsversuches über 100 Tage wurde über die Messung der<br />

CO2-Freisetzung <strong>von</strong> Sandboden-Dünger-Gemischen der Abbau der organischen Substanz<br />

<strong>aus</strong> <strong>Gärprodukten</strong> im Vergleich zu Rindergülle und Stallmist im Boden bestimmt (Abb. 1).<br />

Dabei wurden jeweils 50 g Sandboden mit einer Düngermenge, die 0,11 mg N g -1 Boden<br />

entspricht, gemischt. Die Bodenatmung der Proben wurde mittels Respirometer (Respicond,<br />

Nordgren Innovations, Schweden) ermittelt.<br />

Mineralisierter Anteil des Dünger‐<br />

Kohlenstoffs [%]<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Rindermist (verrottet) Rindergülle<br />

Gärprodukt fest Gärprodukt flüssig<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit [d]<br />

Abbildung 1: Zeitlicher Verlauf der C-Mineralisierung<br />

<strong>von</strong> Bodenproben mit <strong>Gärprodukten</strong> im Vergleich zu<br />

Rindergülle und Rindermist<br />

Mineralisierter Anteil des Dünger‐<br />

Kohlenstoffs [%]<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Rindermist<br />

(verrottet)<br />

Gärprodukt<br />

fest<br />

Rindergülle Gärprodukt<br />

flüssig<br />

Abbildung 2: Mineralisierter Anteil des Dünger-<br />

Kohlenstoffs in Sandboden nach 100 Tage Inkubation<br />

bei 22 °C (Mittelwerte und Standardfehler)<br />

In der Versuchsvariante mit Rindergülle wurde nach 100 Tagen Inkubation ein mineralisierter<br />

Anteil des Düngerkohlenstoffs <strong>von</strong> 48 % festgestellt (Abb. 2). Dieser lag damit mehr als<br />

doppelt so hoch wie im flüssigen Gärprodukt (22 %). Im festen Gärprodukt lag der<br />

∗ Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP)<br />

∗ ∗ Humboldt‐Universität zu Berlin, Landwirtschaftlich‐Gärtnerische Fakultät, FG Acker‐ und Pflanzenbau


mineralisierte Anteil des Düngerkohlenstoffs mit 55 % mehr als viermal so hoch wie im<br />

verrotteten Rindermist (13 %). Nach 100tägiger Inkubation war jedoch im festen Gärprodukt<br />

und im verrotteten Rindermist noch kein stabiler Zustand der organischen Substanz im Boden<br />

erreicht. Diese Ergebnisse zeigen, dass die organische Substanz im flüssigen Gärprodukt<br />

stabiler ist als die der Gülle und die organische Substanz im festen Gärprodukt weniger<br />

stabilisiert ist als die <strong>von</strong> Stallmist. Nach den Richtwerten der VDLUFA-<br />

Humusbilanzierungsmethode wurden mangels verfügbarer Daten gleiche Humus-C-Werte 1<br />

der organischen Substanz für flüssige Gärprodukte und Gülle sowie ähnliche Humus-C-Werte<br />

für feste Gärprodukte und Stallmist angenommen. Dies kann durch die vorliegenden<br />

Versuchsergebnisse nicht bestätigt werden. Die Abb<strong>aus</strong>tabilität der organischen Substanz<br />

wird u. a. durch deren Zusammensetzung beeinflusst. Es konnte eine Korrelation zwischen<br />

den jeweiligen mineralisierten organischen Kohlenstoffanteilen und dem Gehalt an Cellulose<br />

und Hemicellulose in den organischen Düngern beobachtet werden (Abb. 3).<br />

Mineralisierte Anteil des Dünger‐<br />

Kohlenstoffs [%]<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

R² = 0,9497<br />

0 10 20 30 40<br />

Cellulose‐ und Hemicelluloseanteil der Dünger [% TS]<br />

Abbildung 3: Beziehung zwischen dem<br />

Cellulose- und Hemicelluloseanteil und dem<br />

mineralisierten Dünger-Kohlenstoff<br />

Parameter<br />

Gärprodukt<br />

fest<br />

Rindermist<br />

(verrottet)<br />

Gärprodukt<br />

flüssig<br />

Rindergülle<br />

TS [%] 13,8 22,7 8,0 9,0<br />

oTS [% TS] 79,1 68,4 71,5 78,8<br />

pH 8,4 7,6 7,8 7,5<br />

Corg [% TS] 39,4 29,8 37,1 42,7<br />

Nges [% TS] 4,3 2,9 5,8 3,9<br />

NH4 + -N [% TS] 1,5 0,1 2,9 2,1<br />

C/N 9 10 6 11<br />

Lignin [% TS] 9,3 23,1 11,8 6,5<br />

Hemicellulose [% TS] 18,0 0,8 13,7 14,7<br />

Cellulose [% TS] 17,7 11,9 8,9 17,3<br />

Tabelle 1: Stoffliche Parameter der eingesetzten organischen<br />

Dünger<br />

Bodenlebewesen sind stark <strong>von</strong> ihrem unmittelbaren Lebensraum abhängig und <strong>aus</strong> diesem<br />

Grund gut als Bioindikatoren für ökologische Zustandsgrößen <strong>von</strong> Böden geeignet. Am<br />

Standort Berlin-Dahlem wurde im Herbst 2009 die <strong>Wirkung</strong> fester und flüssiger Gärprodukte<br />

im Vergleich zu Wirtschaftsdüngern auf Regenwürmer in einer Braunerde-Fahlerde<br />

untersucht. Dazu wurden 120 kg ha -1 Nges <strong>aus</strong> festen und flüssigen <strong>Gärprodukten</strong> sowie<br />

Wirtschaftsdüngern in einer einfaktoriellen Blockanlage mit vierfacher Wiederholung zu<br />

Sorghum <strong>aus</strong>gebracht. Als Kontrolle diente eine ungedüngte Variante. Einen Monat nach der<br />

Düngung wurde die Abundanz <strong>von</strong> Regenwürmern bestimmt. Dafür wurde ein definiertes<br />

Bodenvolumen <strong>von</strong> 2mal 1/8 m 2 und 20 cm Tiefe pro Parzelle beprobt. Mittels Formalin-<br />

Extraktion wurden anektische, also tiefgrabende Arten erfasst (Abb. 4).<br />

Abbildung 4: Feldversuch mit <strong>aus</strong>gebrachten organischen Düngern, Hand-Sortierung <strong>von</strong> Regenwürmern und<br />

Lebensräume verschiedener Regenwurm-Gruppen<br />

1 Humus‐C ist der für die Humusreproduktion im Boden anrechenbare Kohlenstoff


Die Ergebnisse zeigen, dass die organischen Dünger die Regenwurmabundanz gegenüber der<br />

Kontrolle erhöht haben. Die höchste Individuendichte wurde in der mit verrottetem<br />

Rindermist gedüngten Variante festgestellt (Abb. 5). Dieser organische Dünger hatte<br />

verglichen mit den anderen geprüften Stoffen den höchsten Trockensubstanzgehalt und das<br />

weiteste C/N-Verhältnis (Tab. 1). Diese Eigenschaften scheinen eine positive <strong>Wirkung</strong> auf die<br />

Populationsentwicklung der Lumbriciden zu haben. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass<br />

dies nur für die untersuchten spezifischen Boden- und Klimabedingungen gilt.<br />

Abbildung 5: Gesamtabundanz <strong>von</strong> Regenwürmern, unterteilt nach Arten, 1 Monat nach Ausbringung<br />

verschiedener organischer Dünger im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle (Mittelwerte und Standardfehler);<br />

A. = Gattung Aporrectodea, spec = species<br />

Nach dem Einsatz <strong>von</strong> <strong>Gärprodukten</strong> war die Abundanz <strong>von</strong> Regenwürmern um rund 30 %<br />

höher als in der ungedüngten Kontrolle. Dies resultierte hauptsächlich <strong>aus</strong> einem verstärkten<br />

Auftreten der Arten Aporrectodea caliginosa und Aporrectodea icterica. Verglichen mit<br />

Gülle- und Stallmistdüngung blieben die Effekte allerdings um 25 bzw. 27 % geringer. Das ist<br />

möglicherweise auf die höheren NH4 + -N-Konzentrationen und pH-Werte der Gärprodukte<br />

zurückzuführen. Zudem wurde weniger organische Substanz als durch Gülle und Stallmist<br />

eingebracht, so dass die Ernährungsbedingungen für die Makrofauna des Bodens bei<br />

Gärproduktdüngung weniger günstig <strong>aus</strong>fällt als bei der Düngung mit Gülle oder Stallmist.<br />

Nach den vorliegenden Untersuchungen haben Gärprodukte eine fördernde <strong>Wirkung</strong> auf die<br />

Abundanz <strong>von</strong> Regenwürmern in Ackerböden, der positive Effekt herkömmlicher<br />

Wirtschaftsdünger wird jedoch nicht erreicht.<br />

Durch den Abbau der organischen Substanz im Fermenter und dem dadurch eingeengten C/N-<br />

Verhältnis gelangt bei der N-bezogenen Düngung mit flüssigem Gärprodukt insgesamt<br />

weniger Kohlenstoff in den Boden als bei Gülle. Allerdings ist die organische Substanz im<br />

flüssigen Gärprodukt stabiler als die <strong>von</strong> Gülle und trägt daher in höherem Maße zur<br />

Humusreproduktion bei. Die organische Substanz in festen <strong>Gärprodukten</strong> ist dagegen deutlich<br />

weniger stabilisiert als die <strong>von</strong> Stallmist. Der Anteil und die Abb<strong>aus</strong>tabilität der organischen<br />

Substanz in den <strong>Gärprodukten</strong> sind u. a. <strong>von</strong> den eingesetzten Substraten und<br />

anlagenspezifischen Parametern wie der Verfahrensart und der Verweilzeit abhängig. Die<br />

VDLUFA-Richtwerte für die Humusreproduktionsleistung <strong>von</strong> <strong>Gärprodukten</strong> bedürfen einer<br />

Prüfung und einer stärkeren Differenzierung notwendigerweise unter Einbeziehung <strong>von</strong><br />

mehrjährigen Feldversuchen. Weitere Forschungen zu dieser Thematik sind am Institut für<br />

Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP) geplant.

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