Kamerad Hund – Gefährte und Freund in schwerer ... - WUFF - online

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alle Fotos: Archiv Rohdich
Kamerad Hund –
Gefährte und Freund
in schwerer Zeit VON WALTHER R OHDICH
Paradox – im Krieg waren es die vierbeinigen Kameraden, für die die Soldaten sich oft die
letzten Reste Humanität bewahren konnten, die sie gegenüber Menschen nicht zeigen
durften … Walter Rohdich, Autor und Naturfotograf, im letzten Teil seines Dreiteilers über
Hunde als Maskottchen im Krieg, über die vierbeinigen „Tröster“ bei der Kriegsmarine und
in Fliegerlagern.
WUFF – DAS HUNDEMAGAZIN – 6/05
Die Freundschaft eines Hundes
ist kostbar. Sie wird es
noch viel mehr, wenn man
weit von zu Hause fort ist, so wie
wir in Afrika. Ich habe einen Scottie.
In ihm finde ich Trost und Ablenkung
– er ist die einzige Person,
mit der ich reden kann, ohne dass
die Unterhaltung auf den Krieg
kommt.“ Diese netten Worte sind
der Auszug eines Briefes, den General
Eisenhower 1943 nach Hause
geschrieben hat. Nichts hat sich im
Verhältnis Soldat zu Hund gegenüber
dem vorigen Krieg, dem Ersten
Weltkrieg, geändert. Die Soldaten,
ob ranghoch oder niedrig, wollen
etwas „Lebendiges“ um sich haben,
das sie von ihren traurigen
Pflichten ablenkt, Menschen zu töten
und Länder zu ruinieren. Sie
wollen ausspannen und letzte Reste
Humanität bewahren, die man
Menschen gegenüber nicht mehr
ausüben durfte.
Die Hunde der
„Kriegsherren“
Eisenhower hatte seinen „Scottie“,
General Patton Bullterrier
„Willie“, Partisan Tito Schäferhund
„Lux“, Feldmarschall Montgomery
seine Hunde „Rommel“ und „Hitler“,
und Hitler selbst seine bekannte
„Blondi“, an der er die Wirkung
von Selbstmordgift erproben

ließ. Maskottchen sollten Glück
bringen, wir wissen es bereits, darum
möchte jede Einheit, jeder Verband,
jeder Flugplatz und jedes
Kriegsschiff eines besitzen. Entsprechend
sind ihre Verluste, über
die nur wenige Nachrichten vorliegen,
da nur vereinzelte Berichterstatter
es im Lauf großen Geschehens
es für nötig hielten, darüber
etwas verlauten zu lassen. Viele
Maskottchen sind verschollen, wie
Bordhund „Hassan“ von der „Wilhelm
Gustloff“; oder einfach abhanden
gekommen, wie der besonders
intelligente Boxer „Tünnes“,
über den wir noch einiges erfahren
werden; oder sie lebten
noch, als man sie zuletzt sah, aber
man durfte ihnen nicht helfen.
Rührt auch harte Seeleute
So etwas Grausames erlebten
die Männer von U 861: „… Auf dem
Wasser schwabbeln Planken, die
Reste eines Rettungskutters, und
ein leeres Floß. Aber keine Menschenseele
ist zu sehen. Wir rufen,
nichts antwortet. Plötzlich leuchtet
auf dem Floß etwas auf und bewegt
sich: zwei grüne Punkte. Das Blinken
wird stärker, als der Wachoffizier
die Stablampe anknipst. Im
Lichtschein steht ein Hund. Er wedelt
aufgeregt mit dem Schwanzstummel
und bellt …“.
Die Mannschaft wollte den
schiffbrüchigen Hund, ein „feindliches“
Maskottchen wohl, retten,
aber der Wachoffizier verbot es aus
Gründen der eigenen Sicherheit.
„… Das Floß treibt am Boot entlang
nach achtern. Der Hund bellt, er
läuft aufgeregt hin und her, setzt
sich, hebt bettelnd die Vorderpfote.
Dann winselt er. Schließlich bleibt
er am äußersten Rand des Floßes
stehen. Klagend heult er in die
Nacht hinaus. Das Jammern des
Tieres wird leiser, es entfernt sich
immer mehr, bis es schließlich achteraus
erstirbt.“
Solche Erlebnisse gehen auch
harten Seeleuten „an die Nieren“,
sie zeigen aber auch, dass Hunde in
der Lage sind – wir können dies nur
General
Eisenhower
über seinen Scottie: „In ihm
finde ich Trost und Ablenkung – er ist
die einzige Person, mit der ich über
etwas anderes als Krieg reden kann.“
Vor dem nächsten Einsatz in England: Zwiesprache mit dem vierbeinigen
Maskottchen.
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General
George S.
Patton mit
seinem
Bullterrier
„William
the Conqueror“
(meist
Willie genannt).
Hexe auf dem
deutschen Minenräumboot
R 27.
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Maskottchen Jonny auf dem Minenräumboot R 27. Wenn das Schiff im Seegang
schlingerte, fühlte er sich besonders wohl.
Nochmals Jonny auf der R 27 …
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vermenschlichend ausdrücken –,
derartig extrem gefährliche Situationen
halbwegs zu begreifen. Hatte
der Kleine gespürt, dass seine
letzte Chance zum Überleben nun
vertan war?
Hunde auf Kriegsschiffen
Dieses Thema ist wohl so alt wie
die Kriegsschifffahrt. Für U-Boote
hat man im Zweiten Weltkrieg das
Mitnehmen von Hunden verbieten
wollen, aber die Matrosen fanden
immer eine Möglichkeit, Verboten
zu trotzen. Aber Hunde auf kleinen
Minensuchbooten, die auf hoher
See schlingern wie Kanus in Stromschnellen?
Augenzeuge Encke hat
es erlebt. Sein Bordhund hauste in
einer Holzhütte an Deck, wo er sogar
vier Junge bekam. Bei starkem
Seegang flog die ganze Hundefamilie
an Deck hin und her, und die
Hundemutter hatte „alle Hände voll
zu tun“, um ihre Kinder einzusammeln.
Sie sind mit dem Schiff untergegangen.
Auch „Hexe“ und „Jonny“ vom
Minenräumboot R 27 fühlten sich
bei Einsätzen im unruhigen Kanal
pudelwohl, wie Augenzeuge Goske
von Möllendorff erlebt hat und zu
berichten weiß. Seekrankheit bei
Hunden? Diese beiden sind auch
bei übelstem Seegang davon nicht
betroffen. Auf dem Kaperschiff und
Hilfskreuzer „Kormoran“ gab es für
allerlei Tiere ein fideles Dasein.
Foxterrier „Struppi“ und Schäferhund
„Senta“ waren die Lieblinge
der Besatzung und sorgten für
Unterhaltung im oft eintönigen Seemannsleben.
„Besonders die beiden mit Persenningen
zugedeckten Boote waren
Spielplatz für die Hunde. Wenn
Struppi in seiner Not, der großen
Senta zu entkommen, den Niedergang
zur Back hinauf sauste, blieb
sie unten stehen. Dauerte es ihr zu
lange, bis Struppi wieder herunter
kam, trabte sie los und kam lieber
zu mir auf das Deck unter der Brücke,
suchte sich ein Hölzchen und
wollte dann mit mir spielen …“
Wenn feindliche Schiffe aufge-

acht wurden, bekamen diese beiden
Bordhunde Gesellschaft: andere
Hunde, „Beutetiere“, mit denen
sie neuen Schabernack treiben
konnten. Diese Einheiten der deutschen
Kriegsmarine hatten selten
ein langes Leben, auch die lustige
Maskottchenidylle auf Kormoran
war bald zu Ende.
Mischling Daisy ermutigte
Schiffbrüchige
Bemerkenswerte Fähigkeiten
haben zwei norwegische Hunde bewiesen.
Mischling „Daisy“ war
Maskottchen auf einem norwegischen
Fischerboot, das torpediert
wurde. Daisy ging wie die Männer
lebend über Bord. Man sollte nun
meinen, sie habe mit sich selbst genug
zu tun gehabt, um nicht zu ertrinken.
Falsch gedacht: Sie
schwamm zu den schwer ums
Überleben kämpfenden Männern,
zu jedem, um ihnen voller Freude
die Gesichter zu lecken. Sollte dies
Ermutigung und Trost sein? Alle
wurden aufgefischt, und Daisy erhielt
eine dekorative Verdienstmedaille.
„Bamse“, ein starker Bernhardiner,
war Maskottchen des norwegischen
Kriegsschiffes „Thorod“ und
sehr anhänglich und verantwortungsvoll.
Wenn die Besatzung
Landgang hatte, war er stets in Sorge,
sie könne nicht zurückkehren
oder nicht rechtzeitig genug zum
Auslaufen an Bord sein. Dann
machte er sich auf die Socken, um
in einer kompletten Lokalrunde der
Mannschaft nachzugehen. Er kannte
alle ihre bevorzugten Bars und
Cafés, und wenn diese zu weit auseinander
lagen, nahm er den Bus.
So gelang es ihm immer, die Leute
aufzutreiben und an den Heimweg
zu erinnern.
Der Fallschirmhund
„Rob“, ein starker schwarzweißer
Mischling, ist als „der Fallschirmhund“
bekannt geworden.
Er nahm an den alliierten Landungen
in Nordafrika und Italien teil
Hauptmann Gerd Schroeder mit Boxer Tünnes, der im Verlauf der Rückzüge
verloren gegangen ist.
Das Foto täuscht ein wenig: Tünnes durfte bei Feindflügen nämlich nicht mit.
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Der berühmte Jagdflieger des Zweiten Weltkrieges, Adolf Galland, mit seinem
Maskottchen.
Die „Asse“ des Jagdgeschwaders 54 mit ihren Maskottchen.
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und zögerte nie, aus dem Flugzeug
zu springen, wenn es befohlen
wurde. Unten angekommen, erwartete
er ruhig und ohne Angst vor
dem Gefechtslärm ringsum sein
Herrchen, das nachgesprungen war
und ihn nun vom Fallschirm befreien
sollte. Rob war konsequenter
Bewacher seiner Einheit und erhielt
für seine Verdienste die „Dickin-
Medaille“.
Die Vierbeiner der
Fliegerhorste
Wie auch im Ersten Weltkrieg
tummelten sich ebenfalls im zweiten
auf den Fliegerhorsten jede
Menge Maskottchen. Sie machten
hier richtige „Fettlebe“, wurden
verwöhnt, verhätschelt und der
größten Gefahren enthoben, da sie
bei Feindeinsätzen daheim bleiben
mussten. Hauptmann Gerd Schroeder,
Heeresbeobachter der Luftwaffe,
hat jahrelang seinen Boxer
„Tünnes“ bei sich gehabt. Zu Aufklärungsflügen
hinter den feindlichen
Linien durfte er natürlich
nicht mit, er wurde von Herrchen
persönlich am Rand des Flugfeldes
abgesetzt, neben der Aktentasche,
damit er einen Sinn erkannte und
etwas zu bewachen hatte. Keine
raffinierten Versuche der Soldaten,
ihn von hier fort zu locken, verfingen,
auch jene nicht, wo Wurstund
Knochenangebote unterstützten.
Schon bei der dritten Rückkehr
erkannte Tünnes Herrchens Maschine
im Anflug, lief ihr entgegen
und begleitete sie nebenher laufend
und auf den Propeller achtend bis
zum Stellplatz. Dort gab es immer
unbeschreiblichen Jubel des
Wiedersehens. Nie hat Tünnes sich
in der Maschine geirrt, auch nicht,
wenn mehrere gleichzeitig einschwebten
und landeten. Bei Flügen
über den eigenen Linien durfte
er mitfliegen, er setzte dann seine
mächtigen Vorderpranken auf die
Fensterkante und äugte angestrengt
und interessiert nach unten, wechselte
auch zur anderen Seite, wenn
dort Schöneres zu sehen war. Im

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Verlauf der Rückzüge ist Tünnes, der entweder auf Panzern
mitfuhr oder Fußkolonnen begleitete, während eines
Fliegeralarms verschollen.
Kameradschaft und Treue
Hunde als Radar – das war nicht ungewöhnlich, viele
Soldaten haben hierüber berichtet. Nicht nur, dass sie
den Infanteristen Flugzeuge allgemein anzeigten, sie
unterschieden auch eigene von feindlichen. Mischlingshund
„Bobby“ vom 2. Panzer-Pionierbataillon 89 in der
5. Panzerdivision war solch ein hilfreiches und lebensrettendes
Maskottchen. Augenzeuge Georg Caarls berichtet:
„Wir haben Bobby einem General geklaut … Er
marschierte am liebsten zwischen Tross und Stellung hin
und her und begleitete regelmäßig die Verpflegungsfahrten
zur Front. Angekommen, lief er die Gräben und Stellungen
entlang, so dass jeder Soldat wusste: Aha, gleich
gibt’s was zu futtern. Bobby kündigte durch aufgeregtes
Gehabe angreifende russische Jagdbomber an, so dass
wir uns einrichten konnten. Außerdem verriet er durch
verhaltenes Knurren in der Nacht anschleichende Russen
und ging dann mit den Soldaten in Deckung. Sein besonderer
Dienst für uns bestand im Anmelden dicker
russischer Granaten, dann jaulte er, wurde äußerst unruhig
und duckte sich im Graben.“
Im Durcheinander der Kämpfe gingen Maskottchen
verloren, wurden Überläufer zur anderen Seite und auch
erbeutet. Augenzeuge Simonow berichtet von einem
„scherzhaften“ Fall: „Ein weißer Hund kommt an, dem
jemand einen deutschen Stahlhelm aufgestülpt hat. Er
schüttelt immer den Kopf, aber der Helm ist angeschnallt.“
Schäferhund „Khan“, in Diensten des 6. Bataillons
„of the Cameronians“, rettete seinem Herrn das Leben.
Beide nahmen am Angriff auf Walcheren teil, als ihr Landungsboot
im Granatfeuer kenterte. Khan schwamm ruhig
zur Küste, um auf Herrchen zu warten. Doch er hörte
dessen Hilferufe, kehrte prompt um, schwamm im
Granatfeuer hinaus und zog seinen völlig erschöpften
Herrn aufs Land.
Wir kommen nun
zum Ende unseres
Berichtes. Dass Hunde
den Soldaten immer
viel bedeuteten,
haben die hier geschildertenEreignisse
bewiesen. Kameradschaft,Verlässlichkeit
und Treue
sind in Notzeiten besonders
gefragt.
Hunde konnten dies
alles und mehr den
geplagten Soldaten
bieten … D
Der Autor der dreiteiligen Serie,
Walter Rohdich, im Einsatz als
Fotograf in Ostafrika.
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