Dezember 12 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...
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Koordinationssitzung Schweiz. <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />
Hörgeschädigten-Organisationen<br />
Sinnesbehinderung und Fernsehen<br />
Association Suisse pour organisations<br />
de sourds et malentendants<br />
dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf<br />
106. Jahrgang<br />
Nr. 11 <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong><br />
Associazione Svizzera per organizzazioni<br />
a favore delle persone audiolese<br />
4 CI-Forum mit Nils Jent<br />
Hochkarätige Veranstaltung<br />
13 Verschiedene Fazetten von Sprache<br />
Spracherwerb gehörloser Kinder – SVEHK-Tagung<br />
17 Musik und Hörverlust<br />
22 Diversity ist Zukunft<br />
25 Deafslam/Lyrik /Poesie<br />
27 Emanzipation der Gehörlosen in den 80er Jahren<br />
33 Stimmungsvolle Gehörlosenweihnachtsfeier<br />
mit Gebärdengospel
Seite des<br />
Präsidenten<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
Die schwere Zeit des 2. Weltkrieges kennen<br />
die meisten Leser nur aus der<br />
Geschichtsstunde. Millionen von Menschen<br />
in Europa lebten damals mit Bedrohungen<br />
und Leiden, Millionen fanden den<br />
Tod auf Schlachtfeldern und in Konzentrationslagern.<br />
Auch wenn die Schweiz<br />
nicht direkt in die Kriegswirren eingebunden<br />
war, erlebte unser Land täglich Entbehrung<br />
und Angst.<br />
Es ist deshalb erstaunlich, <strong>das</strong>s Fachleute<br />
während dieser bedrohlichen Zeit<br />
den Mut und die Kraft fanden, eine<br />
zukunftsweisende Organisation zu gründen,<br />
die bis heute Bestand hat. Am<br />
17. November 1942 wurde die Schweizerische<br />
Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> Logopädie<br />
SAL gegründet. Angebote <strong>für</strong> Menschen<br />
mit Sprachgebrechen standen damals in<br />
der Schweiz am Anfang. Man schätzte,<br />
<strong>das</strong>s 1,5 bis 3,6 Prozent der Kinder auf<br />
sprachfördernde Angebote angewiesen<br />
wären.<br />
Vor dem 20. Jahrhundert lag es bei einzelnen<br />
Pädagogen und Ärzten, Sprachstörungen<br />
zu erkennen und zu behandeln.<br />
Behandlungsstätten gab es keine.<br />
Erste Sprachheilklassen entstanden 1910<br />
in Neuenburg, 1918 in Bern und 1919 in<br />
Zürich. 1918 wurde an der Ohrenklinik<br />
Zürich eine Abteilung <strong>für</strong> Stimm- und<br />
Sprachstörungen eingerichtet.<br />
Infolge Kriegswirren gestaltete sich die<br />
Arbeit der SAL zu Beginn sehr schwierig.<br />
So verunmöglichte eine Teilmobilmachung<br />
1944 die Durchführung eines Fortbildungskurses<br />
zur Behandlung von<br />
Sprachstörungen. Erst nach Kriegsende<br />
1946 wurde eine erste Kurswoche mit<br />
fünfzig Personen durchgeführt, welche<br />
von Hans Ammann und Hans Petersen<br />
geleitet wurde.<br />
Sowohl Petersen als auch Ammann<br />
waren ausgewiesene Fachleute im<br />
Bereich der Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik,<br />
beide wurden später <strong>für</strong><br />
ihre Verdienste mit der Ehrendoktorwürde<br />
geehrt. Es gelang ihnen, <strong>das</strong> spezifische<br />
Fachwissen im Umgang mit hörbehinderten<br />
Kindern und Erwachsenen<br />
zu übertragen auf andere Ursachen und<br />
Erscheinungsbildern von Sprachbehinderungen.<br />
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>für</strong> Logopädie SAL trat immer ein <strong>für</strong> Früherfassung<br />
und Frühbehandlung. Sie<br />
ebnete damit auch den Weg <strong>für</strong> die Früherziehung<br />
hörbehinderter Kleinkinder.<br />
Seit ihrer Gründung bildet die SAL Logopädinnen<br />
und Logopäden aus, aktuell an<br />
der Schweizerischen Hochschule <strong>für</strong><br />
Logopädie in Rorschach. Diese Fachleute<br />
arbeiten auch mit hörbehinderten Kindern<br />
in Ambulatorien, Audiopädagogischen<br />
Diensten und Sonderschulen.<br />
Vor kurzer Zeit hat die SAL ihren 70sten<br />
Geburtstag in der Aula der Universität in<br />
Zürich gefeiert. Auch <strong>sonos</strong> als Fachverband<br />
hat sich in die Reihen der Gratulanten<br />
eingeordnet. Die in unserem <strong>Verband</strong><br />
organisierten Institutionen haben dem<br />
Mut und der Weitsicht der Gründer der<br />
SAL viele Impulse und viele bestens ausgebildete<br />
Fachpersonen zu verdanken.<br />
Wir wünschen weiterhin gutes Gelingen!<br />
Die Tage sind kurz und kalt geworden.<br />
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern<br />
besinnliche Feiertage und alles Gute. Ich<br />
freue mich darüber, wenn wir auch im<br />
neuen Jahr mit gleichem Mut und Weitblick<br />
wie die Pioniere im Bereich Logopädie<br />
einstehen können <strong>für</strong> die Verbesserung<br />
der Situation hörbehinderter Mitmenschen.<br />
Euer Bruno Schlegel<br />
Präsident <strong>sonos</strong><br />
Quelle:<br />
Referat Peter Wieser, Präsident SAL,<br />
an der Jubiläumsveranstaltung vom 13. Juni 10<strong>12</strong>
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und liebe Leser<br />
Das <strong>sonos</strong>-Redaktionsteam freut sich,<br />
Ihnen als Abschluss eines ereignisreichen<br />
Jahres nochmals eine facettenreiche Ausgabe<br />
unserer <strong>Verband</strong>szeitschrift vorlegen<br />
zu können.<br />
Viele Menschen mit ihren Beiträgen, Fachreferaten<br />
oder Darbietungen bilden die<br />
Grundlagen <strong>für</strong> die Artikel in unserer <strong>Verband</strong>szeitschrift<br />
und deren inhaltliche<br />
Basis. Gerade diese Menschen sind es<br />
auch, die gewillt sind, etwas zu bewegen,<br />
zu verändern sowie auch Freude, Wertschätzung<br />
und Wissenswertes zu vermitteln.<br />
Sie sind engagiert, voller Schaffenskraft<br />
und oftmals extrem ausdauernd. Sie<br />
garantieren, <strong>das</strong>s über wichtige Themen<br />
informiert wird und Anliegen nicht in Vergessenheit<br />
geraten.<br />
Über ein solch wichtiges Thema wurde mehrmals<br />
im Jahr 20<strong>12</strong> informiert. Die Invalidenversicherungsrevisionen.<br />
Viele Akteure aus<br />
der Behindertenszene kämpfen an vorderster<br />
Front da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s die Politik Entscheidungen<br />
fällt, die nicht zur völligen Aushöhlung des<br />
Sozialstaates mit unverhältnismässigem<br />
Leistungsabbau führt.<br />
Und <strong>das</strong> Engagement der Behindertenorganisationen<br />
zeigt Wirkung. Der Bundesrat<br />
hat noch vor der kommenden Schlussabstimmung<br />
über die IV-Revision 6b korrigierend<br />
eingegriffen und zum Beispiel die<br />
Streichung der Kinderrente wieder rückgängig<br />
gemacht. Ob die Lobby-Arbeit der<br />
Behindertenorganisationen bei den Parlamentariern<br />
in Bundesbern noch mehr Wirkung<br />
zeigt, ist schwer vorauszusehen.<br />
Sicher wird <strong>sonos</strong> auch im nächsten Jahr<br />
laufend über den aktuellen Stand und die<br />
Entwicklung rund um die IV-Revision orientieren.<br />
Die Veränderungen bei den wichtigsten<br />
Sozialversicherungssystemen in<br />
unserem Land betreffen uns alle. Die<br />
ganze Gesellschaft ist von den zum Teil<br />
einschneidenden Paradigmenwechseln<br />
betroffen. Die Hauptursachen da<strong>für</strong> liegen<br />
– so sagt man – in den fehlenden finanziel-<br />
len Mitteln sowie der ungenügenden Rentabilität<br />
des Kapitalmarktes.<br />
Mir persönlich scheint dies eine politische<br />
Ideenlosigkeit. Ein möglicher Grund da<strong>für</strong><br />
ist vielleicht, <strong>das</strong>s unsere Volksvertreter<br />
persönlich tagein tagaus nicht mit elementar<br />
nagenden Problemen konfrontiert<br />
sind – die classe politique an den Bürgerinnen<br />
und Bürgern vorbei politisiert.<br />
Der Blick über unsere Landesgrenzen<br />
zeigt, <strong>das</strong>s die nicht enden wollende<br />
EURO-Krise die Menschen in den EU-Staaten<br />
verunsichert und zornig macht. Die<br />
Solidarität unter den Staaten wird arg<br />
strapaziert. Alles ist sehr fragil.<br />
Ich hoffe, <strong>das</strong>s es der reichen Schweiz<br />
gelingen wird, <strong>für</strong> ihre Bevölkerung ein<br />
bestmögliches Lebensumfeld zu schaffen<br />
und auch langfristig zu gewähren. Dazu<br />
gehören ganz sicher auch sozial Schwächere<br />
und vor allem auch Menschen mit<br />
einer Beeinträchtigung, die eben nicht voll<br />
leistungsfähig sind und besonderen Förderbedarf<br />
haben.<br />
Ich wünsche Ihnen liebe Leserinnen und<br />
Leser eine friedvolle und besinnliche<br />
Adventszeit.<br />
Roger Ruggli<br />
Master of Arts (M.A.)<br />
Redaktor<br />
Impressum<br />
Zeitschrift <strong>sonos</strong><br />
Erscheint monatlich<br />
Herausgeber<br />
<strong>sonos</strong><br />
<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosen-<br />
und Hörgeschädigten-Organisationen<br />
Feldeggstrasse 69<br />
Postfach 1332<br />
8032 Zürich<br />
Telefon 044 421 40 10<br />
Fax 044 421 40 <strong>12</strong><br />
E-Mail info@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
www.<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
Redaktion<br />
Redaktion <strong>sonos</strong><br />
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<strong>sonos</strong> verwendet bei Personen zur<br />
Vereinfachung abwechslungsweise die<br />
weibliche oder männliche Form,<br />
angesprochen sind beide Geschlechter.<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung der<br />
Redaktion, unter Hinweis auf die Quelle<br />
und mit Zustellung eines Belegexemplars.<br />
Die veröffentlichten Artikel von Gastautoren<br />
geben nicht in jedem Fall die Auffassung<br />
des Herausgebers wieder.<br />
Die nächste Ausgabe erscheint<br />
am 3. Januar 2013<br />
Redaktionsschluss:<br />
11. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong><br />
Titelbild: Prof. Dr. Nils Jent am CI-Forum vom<br />
10. November 20<strong>12</strong>.<br />
3
Siebtes CI-Forum – «Vision,<br />
Wunsch und Wirklichkeit»<br />
Hans-Jörg Studer, Präsident der CI IG Schweiz, führt nach sechs erfolgreichen Veranstaltungen zum letzten Mal durch<br />
<strong>das</strong> CI-Forum.<br />
Die Cochlea-Implant Interessengemeinschaft<br />
Schweiz (CI IG Schweiz) organisiert<br />
am 10. November 20<strong>12</strong> <strong>das</strong> siebte CI-<br />
Forum in St. Gallen.<br />
Wieder einmal mehr ist die Aula in der<br />
Sprachheilschule St. Gallen bis auf den<br />
letzten Platz besetzt. Das Interesse an<br />
diesem überregionalen Anlass ist nach<br />
wie vor ungebrochen.<br />
Hans-Jörg Studer, Präsident der CI IG Schweiz<br />
und selbst CI-Träger, heisst die 150 Teilnehmer<br />
ganz herzlich wilkommen und eröffnet<br />
die unter dem Motto «Vision, Wunsch und<br />
Wirklichkeit» stehende Fachtagung.<br />
Studer: «Dem Organisationskomitee ist es<br />
wieder einmal mehr gelungen, ein informatives<br />
und anspruchsvolles Programm zusammenzustellen.<br />
Ich möchte mich jetzt schon<br />
bei allen Referenten ganz herzlich bedanken.<br />
Sie tragen mit ihren Beiträgen wesentlich<br />
zum Erfolg unseres Anlasses bei.»<br />
Christine Leimgruber<br />
Christine Leimgruber, Geschäftsführerin<br />
von pro audito schweiz, richtet ebenfalls<br />
eine herzliche Grussbotschaft aus. «Viele<br />
der Anwesenden sind wahrscheinlich<br />
schon zum 7. Mal dabei. Für mich ist es in<br />
meiner neuen Funktion bei pro audito<br />
Christine Leimgruber, Geschäftsführerin von pro audito Schweiz.<br />
schweiz <strong>das</strong> erste Mal. Nach wie vor bin ich<br />
in einem ständigen Lernprozess, vor allem<br />
rund um <strong>das</strong> Cochlea Implantat. Ich<br />
möchte mich beim ganzen CI IG-Team <strong>für</strong><br />
die perfekte Organisation des Grossanlasses<br />
bedanken. Ein ganz grosser Dank<br />
gebührt aber der Sprachheilschule St. Gallen<br />
<strong>für</strong> <strong>das</strong> gewährte Gastrecht. Ich wünsche<br />
allen Anwesenden einen lehrreichen<br />
und spannenden Tag.»<br />
Hans-Jörg Studer freut sich, die beiden<br />
ersten Referenten des Forums vorstellen<br />
zu können – Dr. Nils Jent und Regula<br />
Dietsche.<br />
Nils Jent erlitt im Alter von 18 Jahren einen<br />
schweren Motorradunfall und lag danach<br />
vier Wochen im Koma. Seither ist er<br />
sprechbehindert, blind, im Rollstuhl und<br />
kann seine Arme und Beine kaum bewegen.<br />
Nach rund 6-jähriger Rehabilitationszeit<br />
holte er die Matura nach und studierte<br />
an der Hochschule St. Gallen Betriebswissenschaften.<br />
Anschliessend promovierte<br />
er und ist heute Leiter des Bereichs angewandte<br />
Forschung am «Center for Disability<br />
and Integration» und des «Diversity<br />
Centers» am Institut <strong>für</strong> Führung und Personal-Management<br />
IFPM an der Universität<br />
St. Gallen.
Regula Dietsche ist Ergotherapeutin und<br />
studierte an der Universität Zürich Psychologie<br />
und Pädagogik. Seit mehr als<br />
einem Jahr ist sie in Arbeitspartnerschaft<br />
mit Dr. Jent tätig und schreibt an ihrer Dissertation.<br />
Jent und Dietsche setzen sich <strong>für</strong> die Förderung<br />
von Arbeitsgemeinschaften von<br />
Menschen mit und ohne Behinderung ein.<br />
Nutzung der Vielfalt – Büchse der<br />
Pandora oder Zukunftsinnovation?<br />
Regula Dietsche erklärt einleitend, <strong>das</strong>s<br />
Nils Jent und sie sich über die Einladung<br />
zum CI-Forum sehr gefreut haben. Vorweg<br />
möchte sie aber unbedingt etwas loswerden.<br />
Nämlich – Nils Jent habe anfangs<br />
November 20<strong>12</strong> die Professur erhalten.<br />
Diese brandaktuelle Information wolle sie<br />
dem Forum-Publikum auf keinen Fall vorenthalten.<br />
Mit einem mächtigen und herzlichen<br />
Applaus gratulieren die Anwesenden<br />
Dr. Nils Jent zu seiner Ernennung zum<br />
Professor an der Universität St. Gallen.<br />
Das «Center for Disability and Integration»,<br />
bei welchem Jent und Dietsche tätig<br />
sind, entstand im Jahr 2009 durch private<br />
Zuwendungen der Stiftung «MyHandicap»<br />
und ist organisatorisch beim Institut <strong>für</strong><br />
Führung und Personalmanagement (BWL)<br />
sowie beim Schweizerischen Institut <strong>für</strong><br />
Regula Dietsche, Psychologin lic. phil. Universität Zürich,<br />
Empirische Wirtschaftsforschung (VWL)<br />
verankert. Dietsche und Jent beschäftigen<br />
sich hauptsächlich mit dem Forschungsbereich<br />
der Angewandten Forschung.<br />
Sie gehen der Frage nach, wie<br />
kann Inklusion <strong>für</strong> Menschen mit Behinderung<br />
in der Praxis umgesetzt werden<br />
kann.<br />
Ca. 10% der Bevölkerung gälten als<br />
behindert. Aber nur ca. 40% der Menschen<br />
mit Behinderung gingen einer<br />
Beschäftigung nach. Bei Menschen mit<br />
Behinderung sei die Arbeitslosigkeit<br />
überdurchschnittlich hoch. In der Schweiz<br />
weisen insbesondere Menschen mit einer<br />
psychischen Erkrankung mit einer Steigerung<br />
von 6% in den Jahren 2000 bis 2009<br />
eine hohe Wachstumsrate auf. Der demographische<br />
Wandel werde diese Entwicklung<br />
verstärken und es komme in den<br />
Industrienationen zu einem zunehmenden<br />
«War for Talents».<br />
Wie lautet eigentlich die Definition von<br />
Diversitiy? Dietsche erklärt, «Diversity» sei<br />
ein humanistischer Ansatz, der sich mit der<br />
Frage beschäftige, wie mit Vielfältigkeit<br />
und Verschiedenartigkeit der Menschen<br />
sinnvoll und zum Nutzen aller Anspruchsgruppen<br />
umgegangen werden könne. Dabei<br />
befassten sich die Diversity-Verantwortlichen<br />
damit, wie diese Verschiedenartigkeit<br />
in einem sozialen Gefüge (Gesellschaft,<br />
Unternehmung) zum Wohle aller sinnvoll<br />
organisiert («Managing Diversity») und<br />
geführt («Leading Diversity») werden müsse.<br />
«Zum Wohle aller» beinhalte stillschweigend<br />
den Grundsatz der Nichtdiskriminierung<br />
auf gesellschaftspolitischer wie auch<br />
unternehmenspolitischer Ebene. Der humanistische<br />
Anspruch von «Diversity» verdeutliche<br />
aber auch, <strong>das</strong>s die Aufgaben<br />
und Bemühungen, die mit «Diversity» verbunden<br />
seien, nicht einfach an <strong>das</strong> System<br />
(Unternehmung) delegiert werden dürften.<br />
Jeder Mensch dieses Systems (Mitarbeiter)<br />
sei in der Pflicht, Verantwortung da<strong>für</strong> zu<br />
übernehmen, <strong>das</strong>s «Diversity» lebe und<br />
seine nutzenstiftende Wirkung entfalten<br />
könne. Die besten Strukturen, Strategien<br />
und Instrumente des «Diversity» («Managing<br />
Diversity») verfehlten ihre positive<br />
Kraft und Wirkung, wenn es nicht jedem<br />
Einzelnen von uns gelinge, den Geist, die<br />
Werthaltungen und Einstellungen zu tragen<br />
und zu leben, die mit «Diversity»<br />
untrennbar verbunden seien. Deshalb<br />
müsse «Diversity», also die Berücksichtigung<br />
und Einbettung von Verschiedenartigkeit,<br />
in gezielt zusammengesetzten<br />
Arbeitspartnerschaften notwendigerweise<br />
auch immer geführt oder gecoacht werden<br />
(«Leading Diversity»).<br />
Dietsche erwähnt, damit diese Ziele<br />
erreicht werden können, brauche es einen<br />
Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft.<br />
Die Forumsteilnehmer bekommen die<br />
Gelegenheit einen Ausschnitt aus dem<br />
aufwühlenden Film «Unter Wasser atmen»<br />
zu sehen. Im Film wird gezeigt, wie Nils<br />
Jent es nach seinem tragischen Unfall<br />
trotz seiner massiven Behinderungen<br />
geschafft hat, seine beruflichen Ziele zu<br />
verwirklichen.<br />
Jent: «Dies alles habe ich nur dank eiserner<br />
Disziplin geschafft. Für mich war klar,<br />
entweder man kämpft oder gibt auf. Für<br />
mich ist es ein neues Leben, ein zweites,<br />
<strong>das</strong> ich neu gestalten kann. Nach meinem<br />
Unfall konnten die Ärzte nicht verstehen,<br />
<strong>das</strong>s mein Herz nach neun Minuten Stillstand<br />
weitergeschlagen hat. Für mich ist<br />
es offensichtlich, es braucht eine höhere<br />
Kraft. Als zweite Erkenntnis ist mir klar,<br />
<strong>das</strong>s ich neue Aufgaben brauchte, auch<br />
wenn sie noch unklar, unbekannt waren,<br />
und ich nicht wusste wohin sie mich führten.<br />
Und die dritte Erkenntnis <strong>für</strong> mich<br />
war, <strong>das</strong>s ich parallel viele «Wege» gleichzeitig<br />
zu beschreiten versuchen musste.<br />
5
Prof. Dr. Nils Jent und lic. phil. Regula Dietsche.<br />
Während meiner Therapie gab es viele<br />
Stillstände. Ich musste mir dauernd<br />
andere Wege <strong>für</strong> meine Weiterentwicklung<br />
überlegen. Ich musste an meinen<br />
Schwächen feilen, und ich musste<br />
begreifen lernen, wieso meine Umgebung<br />
irritiert reagierte. Schritt <strong>für</strong> Schritt<br />
konnte ich mich entwickeln. Und siehe<br />
da, es ging weiter. So konnte ich mich<br />
weiterentwickeln, und ich hatte Kraft die<br />
Gegenwart zu gestalten.»<br />
Jent erklärt, in Bezug auf die Definition<br />
von Diversity, <strong>das</strong>s es idealtypische<br />
Menschen und nicht idealtypische gebe.<br />
Gerade diese Gruppe von Menschen sei<br />
Prof. Dr. Nils Jent zieht mit seiner Anwesenheit und vor allem mit seinen Aussagen die Forums-Besucher völlig in den Bann.<br />
gross und vielfältig. In der Lehre kenne<br />
man viele Instrumente, um die Gruppe<br />
der idealtypischen Menschen zu führen.<br />
«Meine unfallbedingten Symptome (Schädelhirntrauma)<br />
waren in den 1980er noch<br />
nicht gross erforscht. Damals gab es Diversity<br />
Management – also der Umgang mit<br />
Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen<br />
zum Nutzen aller – leider noch<br />
nicht. Es muss nicht immer schnell sein,<br />
eine gewisse Entschleunigung ist sinnvoll.<br />
Die Behinderung sagt nichts über<br />
den Menschen aus. Das ressourcenorientierte<br />
Verständnis steht im Vodergrund.»<br />
Dietsche erläutert, <strong>das</strong>s unter dem<br />
Begriff «komparative Kompetenzen» die<br />
typischen Eigenschaftsausprägungen zu<br />
verstehen seien, die dieselben einer<br />
anderen Mitarbeiterkategorie deutlich<br />
überragen. Als komparative Kompetenz<br />
sei im Zusammenhang mit «Managing<br />
Diversity» jene Befähigung zu verstehen,<br />
die sich auf Grund der Konfrontation<br />
einer Arbeitskraft mit dem sie bestimmendsten<br />
sowie prägendsten sozialen<br />
Datum entwickle.<br />
«Wir sehen hin und wollen in Erfahrung<br />
bringen, was kann der Mensch uns<br />
sagen. Wir haben gelernt von unten nach<br />
oben zuführen, und <strong>das</strong> Resultat heisst:<br />
Nils Jent! Wir haben begriffen, <strong>das</strong>s die<br />
Fach-, Führungs- und Sozialkompetenz<br />
noch durch die vierte neue der komparativen<br />
Kompetenz ergänzt werden muss.<br />
Da<strong>für</strong> braucht es neue Management-Systeme,<br />
die darauf ausgerichtet sind, <strong>das</strong>s<br />
Menschen mit einem Mangel ebenso gut<br />
sein können, wie Menschen ohne Mangel.<br />
Der Mangel wird durch andere gute<br />
Fähigkeiten kompensiert und führt zu<br />
einem Gleichstand und Gleichwertigkeit.<br />
Ganz dem Leitmotiv von Dr. Jent «Geht<br />
nicht – gibt’s nicht» folgend. Durch Miteinander<br />
und Entschleunigung wird vieles<br />
möglich, was sonst eigentlich nicht<br />
geht.»<br />
Das Fazit von Dietsche lautet, die Leute<br />
draussen in der «Wirtschaft» müssen zu<br />
einer Klischeediät aufgerufen werden.<br />
«Innovation besteht darin, zu sehen, was<br />
alle sehen und dabei zu denken, was<br />
sonst niemand gedacht hat.»
Jent schliesst <strong>das</strong> Referat mit dem Zitat:<br />
«Wer beide Augen fest in die Zukunft richtet,<br />
hat in der Gegenwart kein Auge mehr frei,<br />
die Zukunft zu sehen. Darum gucken wir in<br />
die Gegenwart, um den Weg in die Zukunft<br />
zu sehen.»<br />
Kodierungsstrategien – wie künstliches<br />
Hören funktioniert<br />
Daniel Abels, CI-Audiologe und Akustiker,<br />
Universitätsspital Basel, beginnt sein Referat<br />
mit dem bildlichen Vergleich zwischen<br />
dem Fahrradfahren lernenden Kleinkind<br />
Lisa und einer gehörlosen Person, die mit<br />
einem Cochlea Implantat, <strong>das</strong> Hören erlenen<br />
will. Damit diese Herausforderung erfolgreich<br />
gemeistert werden könne, brauche es<br />
Koordinierungsstrategien. Dazu gehöre,<br />
nebst der CI Versorgung ein funktionierendes<br />
Umfeld, Audiologen, Pädagogen, Mediziner<br />
und Therapeuten, so <strong>das</strong>s eine bestmögliche<br />
zentrale Verarbeitung im Gehirn<br />
geschaffen werden könne.<br />
Abels erklärt, hören bedeute noch lange<br />
nicht, verstehen zu können. Das Hören und<br />
<strong>das</strong> Verstehen haben bei den betroffenen<br />
Gehörlosen einen enorm hohen Stellenwert.<br />
Abels beschreibt in seinem Referat die technisch-elektronische<br />
Funktionsweise des<br />
Cochlea-Implantates. Dank Weiterentwicklungen<br />
der Elektroden versuchen die füh-<br />
Dr. Ing. Waikong Lai.<br />
Daniel Abels.<br />
renden CI-Hersteller die Qualität des Hörempfindens<br />
zu verbessern.<br />
Anhand seiner Ausführungen wird klar, <strong>das</strong>s<br />
die drei grossen CI-Hersteller unterschiedliche<br />
Strategien bei den Entwicklungen ihrer<br />
Elektroden fahren, aber die drei Produkte<br />
als absolut gleichwertig angesehen werden<br />
können.<br />
Abels schliesst sein Referat mit dem Zitat<br />
von Patrick u. Evans aus dem Jahr 1995.<br />
«Die heutigen CI-Systeme stellen ohne<br />
Ausnahme im Vergleich mit dem zu ersetzenden<br />
biologischen System technische<br />
Kompromisslösungen dar, welche immer<br />
nur Teilfunktionen des peripheren Gehörs<br />
ersetzen können.»<br />
Musikhören mit CI – Eine Herausforderung<br />
Dr. Ing. Waikong Lai, Cochlea-Implantat Zentrum<br />
Zürich, nimmt darauf Bezug, <strong>das</strong>s Musikhören<br />
mit einem CI eine vielfältige Herausforderung<br />
sei. Vergleiche man Musikhören mit<br />
einem Berg, so befinde sich die Klangwahrnehmung<br />
in der Talsohle, <strong>das</strong> Sprachverstehen<br />
in ruhiger Umgebung beim sanften<br />
Anstieg des Berges und <strong>das</strong> Sprachverstehen<br />
im Störlärm unmittelbar unterhalb der<br />
Bergspitze im steilen Gelände. Aber <strong>das</strong><br />
Musikhören sei mit dem Erklimmen der<br />
Bergspitze zu vergleichen. Wer Musik hören<br />
könne, der verstehe alles.<br />
Lai erklärt, <strong>das</strong>s es sehr viel Zeit und<br />
Geduld brauche. Aber schlussendlich sei<br />
es wie bei allem, Übung und Hartnäckigkeit<br />
mache den Meister. Vielleicht brauche<br />
es aber einfach auch nur ein<br />
Schlüssel erlebnis als Auslöser <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
Hören von Musik. Die Grenzen zwischen<br />
Musik und Geräuschen sei ganz schmal.<br />
7
Ein wichtiger Aspekt, der nicht ausser<br />
Acht gelassen werden dürfe, sei, die<br />
Sprache zu verstehen, müsse nicht<br />
schön sein. Aber Musik zu hören, wenn<br />
sie nicht schön sei, sei eben doch nur<br />
Geräusch.<br />
Gehirn und CI: Wie sich <strong>das</strong> Gehirn<br />
an die neue Reizsituation anpasst<br />
Dr. Pascale Sandmann, Universität Oldenburg,<br />
beschreibt eingangs den Aufbau des<br />
menschlichen Gehirns, welches aus 100<br />
Milliarden Nervenzellen und aus zwei<br />
Hemisphären bestehe. Jede Hemisphäre<br />
sei in vier Lappen unterteilt. Bestimmte<br />
Regionen im Gehirn seien <strong>für</strong> bestimmte<br />
Funktionen spezialisiert. Das menschliche<br />
Gehirn sei äusserst flexibel. Die Plastizität<br />
des Gehirns sei die Voraussetzung <strong>für</strong> die<br />
Rehabilitation nach einem Funktionsverlust.<br />
Nach einer Versorgung mit einem<br />
Cochlea Implantat müsse sich <strong>das</strong> Gehirn<br />
zuerst und allmählich an die neuen Reize<br />
gewöhnen. Wissenschaftliche Untersuchen<br />
hätten ergeben, <strong>das</strong>s nach einer CI<br />
Versorgung die Sprachverständlichkeit<br />
nach den ersten Tag sehr rasch auf über<br />
50% und nach 59 Tagen (Studienanordnung)<br />
auf über 80% ansteige.<br />
Sandmann informiert, wie die Gehirnfunktionen<br />
untersucht werden könnten<br />
und welche Veränderungen im Gehirn bei<br />
CI-Trägern stattfänden. Aktuelle wissen-<br />
Dr. Pascale Sandmann.<br />
schaftliche Untersuchungen hätten dabei<br />
erstaunliche Ergebnisse hervorgebracht.<br />
Mittels Elektroenzephoalogramm (EEG)<br />
habe aufgezeigt werden können, <strong>das</strong>s<br />
sich <strong>das</strong> Gehirn an die neuen Reize, welche<br />
durch <strong>das</strong> CI ausgelöst würden,<br />
anpassen könne. Dies führe zu einer Verbesserung<br />
der Hörleistungen.<br />
Anhand zweier wissenschaftlichen Untersuchen<br />
habe messbar dargelegt werden<br />
können, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Gehirn von CI-Trägern<br />
an die neuen Reizsituationen mit CI<br />
anpasse und zu einer Verbesserung der<br />
Hörleistungen (Sprache und Töne) führe.<br />
Dabei sei festgestellt worden, <strong>das</strong>s die<br />
Antworten im Hörzentrum grösser und<br />
effizienter innerhalb der ersten Wochen<br />
nach der Erstanpassung würden. Erwachsene<br />
CI-Träger passten sich schnell an<br />
die Reize des CI an. Erste Erkenntnisse<br />
zeigten aber, <strong>das</strong>s die Anpassungsfähigkeit<br />
des Hörzentrums von CI-Trägern<br />
jedoch scheinbar begrenzt sei.<br />
Sandmann erklärt zum Schluss ihres<br />
spannenden Referates, <strong>das</strong>s mit dem<br />
neuen Wissen die Rehabilitations-Massnahmen<br />
optimiert werden könnten.<br />
Zudem erhoffe man sich, <strong>das</strong>s langfristig<br />
Aussagen <strong>für</strong> die erfolgreiche CI-Versorgung<br />
gemacht werden könnten. Die<br />
Untersuchungen mittels Elektroenzephoalogramm<br />
(EEG) sei erst seit kurzer<br />
Zeit ein Thema. Vieles sei diesbezüglich<br />
noch wenig erforscht.<br />
Der «Club»<br />
Hans-Jörg Studer freut sich auf eine<br />
echte Innovation am 7. CI-Forum. Den<br />
«Club» am Dienstagabend im Schweizer<br />
Fernsehen kennen alle. Neu sei aber,<br />
<strong>das</strong>s es zum ersten Mal auch einen CI-<br />
Forum-Club gebe.<br />
Moderiert wird der Club von Alex Oberholzer.<br />
Seine Gäste sind Liselotte Oesch,<br />
Mutter eines CI implantierten Sohnes,<br />
Sabine Millius, CI-Trägerin und in Ausbildung<br />
zur Bekleidungsgestalterin, Patrick<br />
Röösli, CI-Träger und dipl. Architekt<br />
FH SIA, Antoinette von Werdt, CI-Trägerin<br />
und Ergotherapeutin und Familienfrau,<br />
und Alfred Blumberg, CI-Träger und<br />
pensionierter Arzt.<br />
Sabine Millius informiert, <strong>das</strong>s sie ihr<br />
erstes CI im Jahr 2001 und <strong>das</strong> zweite<br />
2004 erhalten haben. Zusammen mit<br />
ihren Eltern sei der Entscheid <strong>für</strong> eine CI-<br />
Versorgung gefällt worden. Heute sei sie<br />
sehr glücklich über diesen Entscheid.<br />
Dies auch deshalb, weil vor allem ihr<br />
zweites CI sehr gut funktioniere.<br />
Antoinette von Werdt führt aus, <strong>das</strong>s sie<br />
früher Hörgeräte getragen habe. Ihr<br />
Gehör sei aber immer schlechter geworden.<br />
Schlussendlich sei sie hochgradig<br />
schwerhörig gewesen. Die berufliche<br />
Tätigkeit mit Kindern als Ergotherapeutin,<br />
aber auch als Familienfrau und Mutter<br />
von drei Kindern habe sie immer mehr<br />
angestrengt und sehr erschöpft. Dank<br />
der beiden CI‘s (2009/2011) könne sie<br />
heute wieder ganz normal arbeiten. Die<br />
CI-Versorgung sei ein richtiger Entscheid<br />
gewesen. Heute könne sie wieder problemlos<br />
kommunizieren. Sie habe wieder<br />
Kapazität als Mutter und auch in der<br />
Arbeit mit den Kindern als Therapeutin.<br />
Patrick Röösli legt dar, <strong>das</strong>s er nach<br />
einem Hörsturz im Jahr 2001 sein CI<br />
bekommen habe. Es sei sehr dankbar<br />
darüber und über die heute zur Verfügung<br />
stehenden technischen Möglichkeiten.<br />
Jetzt könne er wieder hören, sprechen<br />
und problemlos kommunizieren.<br />
Die grössten Feinde im Alltag seien heute<br />
<strong>für</strong> ihn die Störgeräusche.<br />
Alfred Blumberg macht geltend, <strong>das</strong>s die<br />
CI-Versorgung nach seiner Pensionierung<br />
als praktizierender Arzt im Jahr<br />
2007 erfolgt sei. In seiner aktiven Berufszeit<br />
habe er Hörgeräte getragen. Aber
Alex Oberholzer moderiert den ersten «CI-Forum Club». Seine Gäste v.l.n.r. Antoinette von Werdt, Alfred Blumberg, Sabine Millius, Liselotte Oesch und Patrick Röösli.<br />
sein Hörvermögen habe laufend abgenommen,<br />
so <strong>das</strong>s der Entscheid <strong>für</strong> eine<br />
CI-Versorgung sehr leicht gefallen sei.<br />
Für ihn sei <strong>das</strong> CI wesentlich besser, als<br />
die Hörgeräte. Er könne nun beispielsweise<br />
problemlos an Vorträgen oder Führungen<br />
teilnehmen.<br />
Liselotte Oesch informiert, <strong>das</strong>s ihr Sohn<br />
kurz nach der Geburt eine Mittelohrentzündung<br />
bekommen habe und deswegen<br />
vollständig ertaubt sei. Diese Diagnose<br />
habe alles verändert. Es sei eine schwierige<br />
Zeit <strong>für</strong> die Familie entstanden. Die<br />
psychischen wie auch die physischen<br />
Belastungen seien enorm gewesen. «Wir<br />
erfuhren, <strong>das</strong>s Meningitis zu Verknöchelungen<br />
im Gehör führen konnte. Die<br />
Unterstützungen durch die Mitarbeitenden<br />
der ORL-Klinik des Universitätsspitals<br />
und durch die Audiopädagoginnnen<br />
waren hervorragend. Sehr schnell war<br />
klar, <strong>das</strong>s wir als Eltern <strong>für</strong> unser Kleinkind<br />
rasch handeln mussten. Es gab nur<br />
zwei Optionen: Mit oder ohne CI. Wir<br />
haben uns <strong>für</strong> die CI-Versorgung entschieden.<br />
Heute ist unser Sohn 10 Jahre<br />
alt und seine Sprachentwicklung ist, mit<br />
einer gewissen Verzögerung, völlig normal<br />
verlaufen. Aktuell besucht er die<br />
Regelschule. Gegenüber den ersten<br />
Lebensjahren ist es jetzt <strong>für</strong> die ganze<br />
Familie fast paradiesisch. Die Lebensgeschichte<br />
meines Sohnes halte ich in<br />
einem Tagebuch fest. Es gibt mir die not-<br />
wendige Kraft, um wiederkehrenden<br />
Tiefschlägen besser verarbeiten zu können.»<br />
Oberholzer möchte von seinen Gästen<br />
wissen, ob sie auf zusätzliche technische<br />
Hilfsmittel angewiesen seien. Bis auf<br />
Patrick Röösli bejahen alle, <strong>das</strong>s sie vor<br />
allem die Unterstützung von FM-Anlagen<br />
in Anspruch nehmen. Die heutigen Hilfsmittel<br />
seien auch <strong>für</strong> ältere Menschen<br />
einfach zu bedienen. Verbesserungspotenzial<br />
gebe vor allem bei der Stromversorgung<br />
durch Batterien bei den CI’s.<br />
Oberholzer erkundigt sich nach dem richtige<br />
Zeitpunkt einer CI-Versorgung, den<br />
gemachten Erfahrungen und wo <strong>das</strong> CI<br />
nerve.<br />
Antoinette von Werdt erklärt, sie habe<br />
sehr grossen Respekt vor dem Eingriff<br />
gehabt und ein langer Findungsprozess<br />
sei voraus gegangen. Vor allem habe sie<br />
Angst um den Verlust ihres Restgehörs<br />
gehabt. Aber es sei ein guter und richtiger<br />
Entscheid gewesen. Heute könne sie<br />
dank ihrer CI’s wieder Musik hören. Die<br />
CI’s störten sie eigentlich nur bei der<br />
Haarpflege. Unbefriedigend sei aber,<br />
<strong>das</strong>s die Invalidenversicherung bei nicht<br />
erwerbstätigen Müttern die Kosten <strong>für</strong><br />
die CI-Versorgung nicht übernehme.<br />
Sabine Millius betont, <strong>das</strong>s sie mit den<br />
CI’s keine Probleme habe. Dank der CI’s<br />
könne sie auch wieder Musik hören. Und<br />
<strong>das</strong> sei wichtig <strong>für</strong> sie, denn ohne Musik<br />
gehe bei ihr gar nichts.<br />
Alfred Blumberg stellt fest, <strong>das</strong>s er aus<br />
heutiger Erkenntnis die Operation wohl<br />
etwas früher hätte machen lassen müssen.<br />
Beim Musikhören sei es so, <strong>das</strong>s es<br />
schon etwas anders töne. Aber wegen<br />
seiner Schwerhörigkeit habe er schon<br />
lange vor der Operation die Musik nicht<br />
mehr richtig hören können. Und <strong>das</strong><br />
Schöne mit dem CI sei, <strong>das</strong>s er jetzt wieder<br />
die Vögel zwitschern höre. Handlungsbedarf<br />
sehe er aber bei den öffentlichen<br />
Bauten. Das induktive Hören sollte<br />
darin eigentlich eine Selbstverständlichkeit<br />
sein. Leider sei dies noch bei weitem<br />
nicht der Fall. Wahrscheinlich habe es<br />
eben damit zu tun, <strong>das</strong>s die Hörbehinderungen<br />
– im Gegensatz zu anderen Behinderungen<br />
– von Aussenstehenden nicht<br />
wahrgenommen würden.<br />
Patrick Röösli erklärt, <strong>das</strong>s auch er Musik<br />
hören könne. Sie sei einfach weniger<br />
«farbig» und es sei nicht möglich sie zu<br />
bewerten. Schön wäre es, wenn es einem<br />
Batterienhersteller gelänge, ein innovatives<br />
Produkt auf den Markt zu bringen,<br />
welches von der körpereigenen Energie<br />
gespiesen würde. Das lästige und teure<br />
Batterien wechseln gehörte dann auf<br />
9
Die CI-Forums-Besucher verfolgen mit Interesse den von Alex Oberholzer moderierten «Club» mit den spannenden Statements seiner Gäste.<br />
einen Schlag der Vergangenheit an. Dies<br />
wäre eine echte Innovation.<br />
Alex Oberholzer bedankt sich bei den<br />
«Club»-Gästen <strong>für</strong> die wirklich spannenden<br />
und informativen Erfahrungsberichte<br />
rund um <strong>das</strong> Cochlea-Implantat.<br />
Schlusspunkt<br />
Der Schluss der Forumsveranstaltung<br />
steht ganz im Zeichen des Abschiedes<br />
von Hans-Jörg Studer: «Mit dem heutigen<br />
7. CI-Forum verabschiede ich mich als<br />
Präsident der CI IG Schweiz. Die Arbeit<br />
hat mir immer sehr viel Freude bereitet.<br />
Ich danke allen, die zum guten Gelingen<br />
beigetragen haben, allen voran Erika<br />
Rychard. Wir konnten uns immer wieder<br />
gegenseitig unterstützen. Ich danke aber<br />
auch meinen Kommissionsmitgliedern<br />
<strong>für</strong> ihr Mitdenken. Danken möchte ich der<br />
Sprachheilschule St. Gallen <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
gewährte Gastrecht in den letzten sieben<br />
Jahren. Ich werde mich sicher nicht «auf’s<br />
Altenteil» zurückziehen. Die Idee der CI<br />
IG Schweiz wird weiterleben, wenn auch<br />
in anderer Form. Ob im kommenden Jahr<br />
oder erst im Jahr 2014 ein weiteres CI-<br />
Forum und vor allem auch wo es stattfinden<br />
wird, ist noch nicht entschieden. Ich<br />
danke Ihnen allen herzlich <strong>für</strong> die jahrelange<br />
Treue und ich hoffe, Sie bei ande-<br />
rer Gelegenheit wieder einmal zu treffen.»<br />
Mit einem riesigen und herzlichen Applaus<br />
wird Hans-Jörg Huber verabschiedet und<br />
sein engagiertes Schaffen verdankt.<br />
[rr]<br />
Alex Oberholzer.
200 Privatbeistände in Zürich befassen<br />
sich mit Hörbehinderung<br />
Bruno Schlegel macht vor 200 Privatbeiständen in der Stadt Zürich Ausführungen zum Thema «Beethoven – ein<br />
taubes Genie».<br />
Am 13. November 20<strong>12</strong> findet die 25. Weiterbildungsveranstaltung<br />
<strong>für</strong> Privatbeistände<br />
in der Stadt Zürich statt. Ein ganzer<br />
Nachmittag – drei Stunden – sind dem<br />
Thema Hörbehinderung gewidmet. Bruno<br />
Schlegel, <strong>sonos</strong>-Präsident, Daniel Hadorn,<br />
gehörloser Anwalt, und Petrea Bürgin,<br />
Gebärdensprachdolmetscherin, machen<br />
die freiwilligen MandatsträgerInnen von<br />
Erwachsenenschutzmassnahmen mit den<br />
verschiedenen Fazetten von Gehörlosigkeit<br />
und Hörbeeinträchtigungen vertraut.<br />
Beethoven – ein taubes Genie<br />
Seit über einem Jahr referiert der <strong>sonos</strong>-<br />
Präsident in verdienstvoller Weise vor<br />
ganz verschiedenem Publikum – immer<br />
<strong>das</strong> eine Ziel vor Augen: Für Hörbehinderung<br />
zu sensibilisieren. In seiner hervorragend<br />
und anschaulich vorgetragenen Präsentation<br />
nimmt er stets wieder Bezug auf<br />
Leben und Werk des begnadeten Komponisten<br />
Ludwig van Beethoven, der schon<br />
im jungen Erwachsenenalter immer mehr<br />
unter Taubheit litt und seit 1817 rein gar<br />
nichts mehr hörte. Der Vortrag von Bruno<br />
Schlegel ist mit eindrücklichen Tonbeispielen<br />
unterlegt, wie Musik sich anhört,<br />
wenn man fast nichts oder immer weniger<br />
hört. Auch wie Hören funktioniert, Hörapparate<br />
und <strong>das</strong> Cochlea Implant, vermittelt<br />
der <strong>sonos</strong>-Präsident den Anwesenden auf<br />
überzeugende Art und Weise. Es wird<br />
sofort spürbar, hier ist ein begnadeter<br />
Didaktiker mit jahrzehntelanger Erfahrung<br />
am Werk.<br />
Credo <strong>für</strong> die bilinguale Erziehung<br />
Daniel Hadorn erzählt anschliessend aus<br />
seinem Leben, als mit fünfeinhalb Jahren<br />
infolge einer Hirnhautentzündung ertaubtes<br />
Kind. Fasziniert verfolgend alle den<br />
Werdegang des engagierten gehörlosen<br />
Anwalts, der seine gesamte Schulzeit in<br />
Regelschulen bzw. dem Gymnasium zugebracht<br />
hat und alles ablesen musste. Eine<br />
besondere Lanze bricht Hadorn <strong>für</strong> die<br />
Gebärdensprache. Er bringt die Nöte<br />
gehörlos geborener Kinder zur Sprache,<br />
die mannigfachen Schwierigkeiten, die<br />
Lautsprache zu erlernen, wenn man keine<br />
oder über Hilfsmittel verfremdete akustische<br />
Eindrücke hat. Ein Mittel, <strong>das</strong> Leseverständnis<br />
und die Lautsprachkompetenz<br />
wesentlich zu verbessern, bilde die<br />
Gebärdensprache, ist Hadorn überzeugt.<br />
Er verweist auf zwei Studien der Universitäten<br />
Heidelberg und Berlin mit CI-implantierten<br />
Kindern. Dort sei zweifelsfrei festgestellt<br />
worden, <strong>das</strong>s Kinder mit einem CI,<br />
die neben Audiopädagogik und Logopädie<br />
auch noch mit Gebärdensprache unterstützt<br />
würden, die viel bessere Lautsprachkompetenz<br />
erlangten bzw. bessere<br />
Schulresultate erzielten. Emotionen könnten<br />
mit der Lautsprache nicht transferiert<br />
werden. Die Gebärdensprache sei diesbezüglich<br />
sehr wertvoll und vermöge hier<br />
viele Missverständnisse vermeiden zu helfen.<br />
Oft verwenden Hörende nämlich ironische<br />
Umschreibungen. Wenn Gehörlose<br />
ablesen, erkennen sie diese Konnotierung<br />
nicht. Es könne sich verhängnisvoll auswirken,<br />
wenn man sich nur auf <strong>das</strong> Ablesen<br />
verlasse.<br />
Der gehörlose Daniel Hadorn begeistert die Privatbeistände mit seinen authentischen Schilderungen und Erlebnissen.<br />
11
Gespannt folgen die Anwesenden den interessanten Darlegungen zum Thema Hörbehinderung.<br />
Berufsfeld GebärdensprachdolmetscherIn<br />
Petrea Bürgin stellt schliesslich <strong>das</strong><br />
Berufsfeld der GebärdensprachdolmetscherIn<br />
vor. Sie weist auf <strong>das</strong> breite Verständnis<br />
des Begriffs Gehörlosigkeit.<br />
Auch die kulturelle Zugehörigkeit spiele<br />
hier eine ganz wichtige Rolle. Bei der<br />
Beanspruchung von Gebärdensprachdolmetschern<br />
gelte es, diesen Faktoren Rechnung<br />
zu tragen. Auch sie spricht sich dezidiert<br />
da<strong>für</strong> aus, wie wichtig es sei, <strong>das</strong>s<br />
gehörlos geborene Menschen in der<br />
Gebärdensprache kommunizieren könnten.<br />
Als besonders stossend streicht sie<br />
heraus, <strong>das</strong>s teure Hörgeräte <strong>für</strong> Babys<br />
von der Invalidenversicherung bezahlt<br />
würden, nicht aber Gebärdensprachkurse<br />
<strong>für</strong> Eltern gehörloser Kinder, obwohl<br />
gerade durch die Gebärdensprache hohe<br />
Erfolgsaussichten <strong>für</strong> die soziale Integration<br />
eines gehörlosen Kindes bestünden.<br />
Im Anschluss an die drei Referate werden<br />
viele Fragen aus dem Publikum gestellt.<br />
Der Anlass hat etwas deutlich gemacht:<br />
<strong>das</strong> Thema Hörbehinderung stösst auf<br />
grosses Interesse.<br />
Petrea Bürgin ist Germanistin und Gebärdensprachdolmetscherin. Mit viel Verve beschreibt sie anschaulich, was<br />
Gebärdensprache ist.<br />
[lk]<br />
In Kürze<br />
Warum wir uns<br />
«en guete<br />
Rutsch» wünschen?<br />
Zum Jahreswechsel wünschen wir unseren<br />
Freunden, Bekannten und Familienmitgliedern<br />
«en guete Rutsch». Stellt<br />
sich nun die Frage, warum? Ob es wohl<br />
mit dem Winter zu tun hat? Schliesslich<br />
ist es Silvester/Neujahr kalt und glatt<br />
auf den Strassen (wie auf einer Rutschbahn);<br />
und wir wollen ja nicht, <strong>das</strong>s<br />
unsere Liebsten ins Schleudern geraten,<br />
sondern gut rutschen. Und zwar ins<br />
neue Jahr hinein oder?<br />
Woher die Bezeichnung «en guete<br />
Rutsch» kommt, ist umstritten. Einige<br />
Sprachwissenschaftler glauben, der<br />
Ursprung liege im Hebräischen und sei<br />
über <strong>das</strong> Jiddische und Rotwelsche in<br />
unseren Sprachgebrauch gelangt. Konkret<br />
geht es um <strong>das</strong> Wort «rosh» respektive<br />
«rosch», welches ähnlich wie<br />
Rutsch klingt, aber in besagten Sprachen<br />
Kopf oder Anfang bedeutet. So<br />
gesehen lässt sich «en guete Rutsch»<br />
auch mit «en guete Start (ins neue<br />
Jahr)» übersetzen.<br />
Eine zweite Theorie lehnt sich an die<br />
Verwendung des Wortes Rutsch<br />
gemäss dem «Deutschen Wörterbuch»<br />
(ab 1838) der Gebrüder Grimm. Dort<br />
steht beim Begriff «der Rutsch» unter<br />
anderem, er würde «in derber Übertragung<br />
<strong>für</strong> Reise» gebraucht, etwa in der<br />
Wendung «glücklicher rutsch», also<br />
glückliche Reise. Dasselbe gilt <strong>für</strong> die<br />
weibliche Form «die Rutsche», welche<br />
«humoristisch <strong>für</strong> Reise, Fahrt» stehen<br />
kann.<br />
Quelle: COOP-Zeitung vom 27. <strong>Dezember</strong> 2011
Leysin – ganz Ohr<br />
Die Elterntagung vom 20. Oktober 20<strong>12</strong><br />
wird mit dem Leitsatz von Johann Heinrich<br />
Pestalozzi «Der Mensch, wenn er<br />
werden soll, was er sein muss, muss als<br />
Kind sein und als Kind tun, was ihn als<br />
Kind glücklich macht» eröffnet. Dieses<br />
Motto gilt <strong>für</strong> hörgeschädigte Kinder in<br />
gleicher Weise.<br />
Mit gewohnter Routine und Herzlichkeit<br />
begrüsst SVEHK-Präsident Tobias Schölly<br />
die zahlreichen TeilnehmerInnen an der<br />
diesjährigen Elterntagung in Leysin.<br />
Stadträtin Martine Ruchet erhält kurz<br />
Gelegenheit <strong>für</strong> eine Grussbotschaft.<br />
Wie wichtig es ist «ganz Ohr» zu sein <strong>für</strong><br />
alles, was geschieht, veranschaulicht<br />
der Umstand, <strong>das</strong>s Westschweizer Kanton<br />
LPC bzw. ELS nicht mehr bezahlen<br />
wollen. Pierre Lutz lanciert diesbezüglich<br />
eine Petition. Nicht nur im Welschland,<br />
sondern auch in der Deutschschweiz<br />
macht dieses Beispiel leider<br />
Schule. So wurden auch im Kanton Solothurn<br />
Leistungen <strong>für</strong> hörbehinderte Kinder<br />
gekürzt. Dies ist absolut stossend<br />
und trägt dem Grundgedanken der integrativen<br />
Beschulung überhaupt nicht<br />
Rechnung. Es geht nicht an, <strong>das</strong>s immer<br />
auf dem Buckel hörbehinderter Menschen<br />
gespart wird. Zuerst bei der Hörgeräteversorgung<br />
und nun auch bei der<br />
Finanzierung der audiopädagogischen<br />
Unterstützung von Kindern!<br />
Das Hauptreferat hält Dr. Maurice Rey. Er<br />
ist Kinder- und Jugendpsychiater sowie<br />
Familientherapeut.<br />
Seine Identität definieren – seine<br />
Persönlichkeit entwickeln<br />
Rey hat von 1979 bis heute am Centre<br />
pour Enfants sourds de Monbrillant gearbeitet.<br />
Seine Ausführungen stellt er<br />
unter ein Zitat von Emanuelle Levinas<br />
«s’interroger sur l’identité juive, c’est déjà<br />
l’avoir perdue, mais c’est encore s’y tenir,<br />
sans quoi on éviterait l’interrogation.»<br />
In seinen interessanten Darlegungen<br />
stellt Rey seine Gedanken vor im Zusammenhang<br />
mit der Frage, ob die Gehörlosigkeit<br />
Auswirkungen auf die persönliche<br />
Identität und Persönlichkeitsentwicklung<br />
hat. Eigentlich ist die Antwort<br />
auf diese Frage klar, auch ohne den Fachhintergrund<br />
von Dr. Rey. Die Hörbehin-<br />
derung bildet eine ganz einschneidende<br />
Kommunikationsbeeinträchtigung und<br />
klarerweise bleibt dieser Umstand nicht<br />
ohne Auswirkungen auf die Identität und<br />
Persönlichkeitsentwicklung eines jeden<br />
Menschen, der davon betroffen ist.<br />
Eltern übertragen ihrer Werte, ihre Vorstellungen<br />
vom Leben auf ihre Kinder<br />
und die Kinder lernen erst mit der Zeit,<br />
ihre eigenen Werte und Vorstellungen zu<br />
entwickeln und allenfalls jenen der<br />
Eltern entgegenzusetzen. So unterschiedlich<br />
wie die Biografien und Wertehierarchien<br />
hörender Personen sind, so<br />
verschieden sind auch die Persönlichkeiten<br />
hörbehinderter Menschen. Heterogenität<br />
lautet <strong>das</strong> Stichwort. Dem gilt es<br />
im therapeutischen Alltag Rechnung zu<br />
tragen. Aber auch im ganz normalen<br />
Leben. Auch hörbeeinträchtigte Kinder<br />
können in sog. Patchworkfamilien leben,<br />
können in früher Kindheit oder Jugend<br />
einen lieb gewordenen wichtigen Menschen<br />
durch Tod verloren haben, können<br />
mit Situationen innerfamiliär konfrontiert<br />
worden sein, ungeliebt zu sein,<br />
keine oder nur ganz wenig Wertschätzung<br />
zu erfahren. All dies wirkt sich in<br />
irgendeiner Weise aus auf <strong>das</strong> Selbstbild,<br />
<strong>das</strong> Selbstvertrauen und die Persönlichkeitsentwicklung.<br />
Die Gehörlosigkeit<br />
zu erleben als Beeinträchtigung<br />
der eigenen Person ist eine sehr einschneidende<br />
Erfahrung <strong>für</strong> die Betroffenen.<br />
Dies wird von den meisten als emotional<br />
sehr heftiges und auch schmerzerfülltes<br />
Erlebnis wahrgenommen. Rey<br />
bezeichnet dies denn auch als ein inhärentes<br />
Risiko in der Entwicklung hörbehinderter<br />
Kinder. Wenn die Eltern ihrem<br />
Kind mit viel Liebe und Zuwendung<br />
begegnen würden, könne dieses Risiko<br />
etwas abgeschwächt werden.<br />
Eine Schwierigkeit in der Alltagsbewältigung<br />
mit hörbehinderten Kindern<br />
bestehe darin, <strong>das</strong>s es ohne Sprache sehr<br />
schwierig sei, etwas zu verbieten und<br />
Grenzen zu setzen. Die Sprache ist der<br />
Schlüssel soziales Verhalten zu lernen.<br />
Dies ist sowohl in Laut- als auch in Gebärdensprache<br />
möglich.<br />
Am Schluss kommt Rey noch auf statistische<br />
Daten zu sprechen. Diese lassen den<br />
Rückschluss zu, <strong>das</strong>s gehörlose Menschen<br />
vermehrt unter psychischen Beeinträchtigungen<br />
leiden und weniger häufig<br />
als Hörende ein gutes Selbstwertgefühl<br />
haben.<br />
Rey weist auf die 2004<br />
publizierte Studie von<br />
Kathrin P. Meadows-<br />
Orleans The world of<br />
deaf infants. Darin werden<br />
die Auswirkungen eines Babys mit<br />
Hörschäden auf den Säugling und seine<br />
Eltern beleuchtet und die Entwicklung der<br />
Kommunikation. Die Abhandlung stellt<br />
die Ergebnisse einer 15-Jahres-Studie vor.<br />
Mit dieser wichtigen Forschungsarbeit –<br />
vielleicht der grössten im langfristigen<br />
Vergleich von gehörlosen und hörenden<br />
Kindern, bietet Meadow-Orleans Team<br />
einen umfassenden und intimen Einblick<br />
in die Welt gehörloser Kinder. Für eine<br />
Kerngruppe von 80 Familien, die alle vier<br />
Kombinationen von Eltern-Kind-Hörstatus<br />
einschloss, wurden die Daten in<br />
Längsrichtung mit neun, zwölf, fünfzehn<br />
und achtzehn Monaten gesammelt, und<br />
die Mutter-Kind-Interaktionen wurden<br />
aufgezeichnet und beobachtet in strukturierten<br />
und unstrukturierten Einstellungen.<br />
Das Temperament und der Stress der<br />
Mütter, deren Gesichts-, Vokal-, und taktiles<br />
Verhalten und die Wechselwirkungen,<br />
die dabei bei den Säuglingen entstanden<br />
sind, die sprachlichen und kommunikativen<br />
Verhaltensweisen sowie die<br />
allgemeine Reaktionsfähigkeit bei der<br />
Sprachentwicklung der Kindern wurden<br />
ausgewertet und erforscht. Die Ergebnisse<br />
waren dramatisch, vor allem über<br />
Säuglings-Bindungsverhalten und die<br />
Bedeutung der visuellen Aufmerksamkeit<br />
auf die gesamte Entwicklung von gehörlosen<br />
Kindern. Diese umfassende Arbeit<br />
bietet eine Grundlage, auf welcher Fachkräfte,<br />
Schüler und Eltern aufbauen, um<br />
die Kommunikation, kognitive und soziale<br />
Entwicklung gehörloser Kindern zu<br />
verbessern.<br />
Flashlights aus zwei Workshops<br />
Spracherwerb hörgeschädigter Kinder von<br />
null bis fünf Jahren<br />
Véronique Wegmann ist Logopädin. Sie<br />
arbeitet heute am Pädagogischen Zentrum<br />
<strong>für</strong> Hören und Sprache Münchenbuchsee.<br />
In ihren Workshop nimmt sie<br />
Bezug auf den Sprachbaum von Wendlandt.<br />
Zentral am Spracherwerb sei die<br />
Sprechfreude, lautet ihr überzeugendes<br />
Credo.<br />
13
Wärme, Akzeptanz und Liebe seien wichtige<br />
Faktoren, <strong>das</strong>s gute Bedingungen<br />
bestehen hinsichtlich Spracherwerb. Bei<br />
hörgeschädigten Kindern finden diesbezüglich<br />
grundsätzlich die gleichen Prozesse<br />
statt wie bei hörenden Kindern.<br />
Die Variabilität in der Sprachentwicklung<br />
sei bei hörbehinderten Kindern<br />
indes sehr hoch – höher als bei hörenden<br />
Kindern.<br />
Wichtig sei, <strong>das</strong>s Menschen kommunizieren<br />
wollen unabhängig davon, ob sie<br />
hörgeschädigt sind oder hörend.<br />
Bei kleinen Kindern vermitteln Fingerspiele<br />
und Verse Sicherheit. Die Wiederholungen<br />
sind ausschlaggebend da<strong>für</strong>.<br />
Denn so weiss <strong>das</strong> Kind immer, was<br />
kommt.<br />
Relevant sei, <strong>das</strong>s mit den Kindern in<br />
der Muttersprache geredet wird bzw.<br />
der Spracherwerb über die Muttersprache<br />
erfolgt. So wird automatisch ein<br />
grösserer Wortschatz verwendet.<br />
Wegmann zitiert am Schluss Bodo Bertram:<br />
«Man soll die Kinder in der Sprache<br />
baden und nicht ertränken.»<br />
Integration in der Regelschule<br />
der deutschen Schweiz<br />
Der zweite Workshop, den die <strong>sonos</strong>-<br />
Geschäftsführerin besucht, ist dem<br />
Thema Integration gewidmet. Franziska<br />
Geiser-Bedon moderiert. Alle TeilnehmerInnen<br />
stellen sich eingangs kurz vor<br />
und nehmen Bezug auf die Schulform<br />
ihrer Kinder.<br />
Wichtige Statements sind:<br />
Integrative Beschulung wird derzeit<br />
gross auf die Fahne geschrieben. In der<br />
Tat wird von den Lehrkräften indes nicht<br />
gemerkt, wo die hörbehinderten Kinder<br />
effektiv stehen.<br />
Die Eltern haben <strong>das</strong> Recht zu verlangen,<br />
<strong>das</strong>s hörgeschädigte Kinder optimal<br />
gefördert werden im Bereich Audiopädagogik,<br />
Logopädie, Heilpädagogik.<br />
Der Kanton Solothurn tritt dieses Recht<br />
derzeit allerdings mit Füssen und kürzt<br />
die Leistungen <strong>für</strong> hörbehinderte Kinder.<br />
Eltern hörbehinderter Kinder im<br />
Kanton Solothurn sind im neuen Schul-<br />
Sprachbaum nach Wolfgang Wedland.<br />
jahr mit beträchtlichen Kürzungen der<br />
Förderstunden <strong>für</strong> ihre Kinder konfrontiert<br />
worden. Grundsätzlich will Solothurn<br />
<strong>das</strong> Modell «Fachbegleitung» fördern.<br />
Dass heisst, <strong>das</strong>s die Heilpädagogische<br />
und Früherziehungsdienste vor<br />
Ort involviert werden und die Audiopädagoginnen<br />
nur eine beratende Funktion<br />
haben sollen.<br />
In der Oberstufe macht der Besuch einer<br />
Sonderschule <strong>für</strong> hörbehinderte Kinder<br />
auch heute noch recht viel Sinn vor<br />
allem wegen des Findens einer Lehrstelle.<br />
Als Brückenschlag zum Referat von Dr.<br />
Rey wird herausgestrichen, <strong>das</strong>s die<br />
Identitätsfindung eine wichtige Erfahrung<br />
bilde bzw. die Erkenntnis, <strong>das</strong>s<br />
man nicht allein mit der Behinderung sei.<br />
Angesprochen wird auch <strong>das</strong> Thema<br />
gehörlose Kinder von hörenden Eltern<br />
und die darin eingeschlossenen zwei<br />
Kulturen, welche solche Kinder naturgemäss<br />
irgendwann einmal wohl angehören<br />
würden.<br />
[lk]
Bilder der<br />
Elterntagung<br />
Tobias Schölly, bei der Eröffnung der<br />
diesjährigen Elterntagung.<br />
Dr. med. Maurice Rey macht Ausführungen zum<br />
Thema «Seine Identität definieren – Seine<br />
Persönlichkeit entwickeln».<br />
Martine Ruchet , Stadträtin von Leysin richtet eine<br />
Grussbotschaft an die Anwesenden.<br />
Die Logopädin Véronique Wegmann<br />
nimmt auf den Spracherwerb<br />
hörgeschädigter Kinder 15 im Alter<br />
von 0 bis 5 Jahren Bezug.
Franziska Geiser-Bedon ist Mutter einer<br />
hörgeschädigten Tochter und leitet den<br />
Workshop «Regelschule-Sonderschule<br />
in der Deutschschweiz».<br />
. . . wie auch der hochgradig<br />
schwerhörige Physiker und vierfache<br />
Familienvater Stefan Föllmi . . .<br />
Toni Bieri, Leiter Audiopädagogischer<br />
Bereich im Zentrum <strong>für</strong> Hören und<br />
Sprache Münchenbuchsee, wirkt an<br />
diesem Workshop mit . . .<br />
. . . und seine Frau Katharina Wehrli Föllmi.<br />
Sie ist Mutter zweier hochgradig<br />
schwerhöriger Töchter.
Musik und Hörverlust Interdisziplinäres<br />
Kolloquium<br />
Auf Einladung von Michael Stückelberger,<br />
Inhaber der Stückelberger Hörberatung<br />
GmbH, und seinem Team findet<br />
vom 19. und 20. Oktober 20<strong>12</strong> <strong>das</strong> erste<br />
Symposium «Musik und Hörverlust» in<br />
Zürich statt.<br />
«Am Symposium soll in ein faszinierendes<br />
Thema eingetaucht werden, <strong>das</strong><br />
eben erst beginnt eine breite Aufmerksamkeit<br />
zu erlangen. Musikgenuss war<br />
und ist noch immer die Kür der Hörgeräteversorgung,<br />
die erst in zweiter Linie<br />
kommt – nach dem Spracherwerb.»<br />
Dies sei auch richtig so, denn Sprachverstehen,<br />
also die Wiederherstellung<br />
der Kommunikationsfähigkeit <strong>für</strong> die<br />
verschiedensten akustischen Situationen,<br />
habe oberste Priorität <strong>für</strong> Menschen<br />
mit Hörminderung, gibt Stückelberger<br />
zu bedenken.<br />
Mit den Referaten soll aufgezeigt werden,<br />
wo die technischen Challenges liegen,<br />
um Musik möglichst klangneutral<br />
mit Hörgeräten einzufangen, zu verarbeiten<br />
und schliesslich Menschen mit<br />
Hörminderung darzubieten. Die Rede<br />
werde von Frequenzbändern, Analog-<br />
Digital-Wandlern, von Kompression, von<br />
Einweg-, Zweiweg-, von Dreiweg-Hörern<br />
sein. Es sei Knochenarbeit, <strong>das</strong> Handwerkszeug<br />
zu erwerben, <strong>das</strong> es zu<br />
beherrschen gelte, wenn man Musikgenuss<br />
mit Hörsystemen erzeugen möchte.<br />
Es sei die Kür, die nach der Pflicht des<br />
Spracherwerbes komme.<br />
Cochlea Implantate und Musik<br />
hören<br />
Dr. Ulrike Stelzhammer, Musik- und<br />
Bewegungspädagogin, veranschaulicht<br />
in ihrem Referat, <strong>das</strong> Zusammenspiel<br />
zwischen «Musik – Technik – Mensch»<br />
und erklärt wie <strong>das</strong> Cochlea Implantat<br />
Musik verarbeitet.<br />
Nebst den medizinisch-technischen Informationen<br />
rund um <strong>das</strong> Cochlea-Implantat<br />
erklärt Stelzhammer, was unter den vier<br />
musikalischen Parametern Dynamik,<br />
Rhythmus, Melodie und Klangfarbe<br />
gemeint sei. Sie versucht Antworten<br />
darauf zu geben, was eigentlich Musik<br />
Michael Stückelberger begrüsst die Gäste und Referenten zum Symposium. Der Hörakustik-Meister ist selber Hörgeräteträger<br />
und Musikliebhaber. Deshalb kennt er die Probleme beim Musikgenuss. «Wenn Teile fehlen, verstehen Sie<br />
Musik im Gegensatz zur Sprache zwar noch, aber <strong>das</strong> Hören macht keine Freude. Man gibt dann auf. Mein Lösungsansatz<br />
ist deshalb, zusammen mit Betroffenen nach wunderbaren und individuellen Musikprogrammeinstellungen<br />
zu suchen.»<br />
ist. Musik hat viele Facetten. Die Symposiumsteilnehmer<br />
lernen <strong>das</strong> leiseste<br />
Musikstück kennen. Komponiert hat es<br />
John Cage, gespielt wurde es in einem<br />
Konzertsaal mit 25 dB und dauerte ganze<br />
4 Minuten und 33 Sekunden. Vom glei-<br />
chen Komponisten stammt wohl <strong>das</strong><br />
längste Musikstück, der erst Ton wurde<br />
am 5. September 2001 gespielt und der<br />
letzte Ton wird – wenn alles gut läuft –<br />
am 5. Juli 2071 gespielt.<br />
Dr. Ulrike Stelzhammer informiert in ihrem Referat über die neuen Entwicklungsstrategien beim Cochlea Implantat,<br />
mit dem Ziel Musik hören und geniessen zu können.<br />
17
Heute gebe es Bestrebungen, durch verfeinerte<br />
und überlagernde Aktivierungen<br />
der implantierten Elektroden die<br />
Nerven anzusteuern und damit ein besseres<br />
Musikerlebnis zu erhalten. Der<br />
technische Fortschritt sei sicher entscheidend,<br />
aber noch wichtiger sei,<br />
<strong>das</strong>s die CI-Täger in der Lage seien, ein<br />
inneres Bild der gehörten Musik zu<br />
malen.<br />
Die sympathische Fachfrau erwähnt<br />
noch einige Tipps, die beachtet werden<br />
sollten, damit <strong>für</strong> CI-Träger Musik hören<br />
zum Erlebnis werden könnte.<br />
• Musikstücke mit wenig Instrumenten<br />
auswählen<br />
• Bei moderner Musik «unplugged» Versionen<br />
auswählen<br />
• Musik live erleben und den Musikern<br />
beim Spielen zusehen<br />
• Den Gesamteindruck wahrnehmen –<br />
nicht versuchen, die Instrumente zu<br />
analysieren<br />
• Ein inneres Bild zur Musik «malen»<br />
• Sich nicht vom ersten Eindruck eines<br />
Musikstückes «enttäuschen» lassen<br />
• Wenn <strong>das</strong> «alte» Instrument nicht<br />
mehr passt – wie wär´s mit einem<br />
anderen, neuen?<br />
Mit einem Zitat von Paul Whittaker aus<br />
Music and the Deaf schliesst Stelzhammer<br />
ihr mitreissendes Referat.<br />
Michael Kirchberger veranschaulicht mit einem Song und der musikalischen Gitarrenbegleitung, wie schön Musik<br />
sein kann.<br />
Schematische Darstellung einer CI-Elektrode nach der «älteren» Strategie und der und der zukünftigen Strategie mit<br />
überlagerten Aktivierungen.<br />
«Es gibt Tausende hörender Menschen,<br />
die einräumen, völlig unmusikalisch zu<br />
sein und – umgekehrt – Tausende gehörlose<br />
Menschen, die sehr musikalisch<br />
sind.<br />
Wenn wir voraussetzen, <strong>das</strong>s Hören passiv,<br />
Zuhören jedoch aktiv ist, gibt es keinen<br />
Grund, weshalb eine gehörlose Person<br />
Musik nicht geniessen können<br />
sollte.<br />
Ich räume ein, <strong>das</strong>s funktionsfähige<br />
Ohren sehr nützlich im Zusammenhang<br />
mit Musik sind, aber es gibt etwas weitaus<br />
Fundamentaleres: Herz, Seele und<br />
Gefühl.»<br />
Functional Test for Music Perception<br />
Martin Kirchberger, dipl. Ingenieur,<br />
gewährt in seinem in Englisch gehaltenen<br />
Referat Einblicke in seine Doktorarbeit.<br />
Ihm ist es gelungen eine Testbatterie<br />
zu entwickeln, welche die Schlüsseldimensionen<br />
der Musikwahrnehmungen<br />
wie Harmonie, Metrik, Melodie und Timbre<br />
objektiv messbar macht. Die Testbatterie<br />
sei in klinischen Versuchen zur<br />
Evaluierung von neuen Algorithmen eingesetzt<br />
worden. Nun warte man<br />
gespannt auf eine Adaption <strong>für</strong> die<br />
Anwendung in der täglichen Praxis und<br />
Hörberatung.
Musik, Lärm und Sucht<br />
Prof. Dr. med. Rudolf Probst, Klinikdirektor,<br />
Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie,<br />
Universitätsspital Zürich,<br />
beginnt seinen Vortrag zum Thema<br />
«Musik, Lärm und Sucht» mit dem Zitat<br />
«Musik wird oft nicht schön gefunden,<br />
weil sie stets mit Geräusch verbunden»<br />
von Wilhelm Busch.<br />
Probst erklärt, <strong>das</strong>s Musik, wie andere<br />
Geräusche, vom Ohr als Lärm empfunden<br />
werde. Und wie jeder anderer Lärm, schädige<br />
folgerichtig die Musik <strong>das</strong> Ohr.<br />
Dabei würden zuerst die äusseren Haarzellen<br />
physikalisch geschädigt. Eine<br />
dauernde Beschallung mit Lärm führe in<br />
der Folge zu einer Lärmschwerhörigkeit.<br />
Gegen eine chronische Lärmschwerhörigkeit<br />
bzw. ein chronisches Lärmtrauma<br />
gebe es bis heute keine Therapie. Deshalb<br />
sei die Prophylaxe – wie zum Beispiel<br />
persönliches Verhalten und/oder<br />
sich vor Lärm schützen – extrem wichtig.<br />
Anhand einer Grafik veranschaulicht<br />
Probst, wie der Hörverlust bei Berufsgruppen<br />
wie Schreiner, Baumaschinenführer,<br />
Mineuren, Schlosser, Carrosseriespengler,<br />
Lastwagen-Chauffeuren und Bogendrucker<br />
während der Berufsausübung kontinuierlich<br />
abnehme und schlussendlich zu<br />
einer Lärmschwerhörigkeit führe. Glücklicherweise<br />
sei die berufsbedingte Schwerhörigkeit<br />
in den Industriestaaten dank<br />
geeigneter Prophylaxe-Massnahmen stark<br />
zurückgegangen.<br />
Aber auch rund um die Musik komme die<br />
Lärmschwerhörigkeit vor, erwähnt Probst.<br />
Eine der gefährdetsten Gruppe seien die<br />
Berufs-Orchester-Musiker. Dies vor allem<br />
deshalb, weil die gesetzlichen Schutzbestimmungen<br />
nicht eingehalten würden. Ein<br />
neuzeitliches Phänomen von Lärmschwerhörigkeit<br />
sei der beruflich bedingte oder<br />
freiwillige Aufenthalt in Diskotheken sowie<br />
<strong>das</strong> Konsumieren von lauter Musik über<br />
Kopfhörersysteme.<br />
Probst beschreibt die Auswirkungen der<br />
Musik auf uns Menschen. So könne<br />
Musik hören, dazu beitragen Angst und<br />
Schmerzen zu reduzieren, oder den<br />
Schlaf zu verbessern. Sie gebe Komfort<br />
und führe zu Entspannung. Musik Hören<br />
führe beim Menschen zur Ausschüttung<br />
von Endorphinen. Diese seien in der Biologie<br />
<strong>für</strong> <strong>das</strong> Suchtverhalten zuständig.<br />
Untersuchungen haben gezeigt, <strong>das</strong>s es<br />
Prof. Dr. Rudolf Probst macht geltend, <strong>das</strong>s Musik hören wahrscheinlich süchtig machen könne.<br />
einen Zusammenhang mit dem menscheneigenen<br />
biologischen Belohnungs-System<br />
gebe. Musik könne also durchaus süchtig<br />
machen. Die wissenschaftlichen Untersuchungen<br />
bzw. deren Auswertungen<br />
zeigten aber auch, <strong>das</strong>s nicht nur ein<br />
Suchpotential bestehe, sondern auch ein<br />
Hörverlust habe nachgewiesen werden<br />
können (untersuchte Gruppe: fünfzig<br />
Pop-Musiker, zwei Stunden pro Woche<br />
Musik machen, über einen Zeitraum von<br />
fünf Jahren).<br />
Probst meint abschliessend, <strong>das</strong>s Musik<br />
hören mit grosser Wahrscheinlichkeit ein<br />
Suchtverhalten initiieren könne.<br />
Am Symposium wurden in weiteren Referaten<br />
verschiedenste Aspekte rund um<br />
<strong>das</strong> Gehör, Gehörschutz und natürlich<br />
über Musik hören thematisiert. Ein spannender<br />
und äusserst informativer Anlass<br />
mit internationaler Beteiligung mitten in<br />
Zürich – der notabene auch von zwei<br />
Cochlea Implantat Trägerinnen besucht<br />
wurde.<br />
[rr]<br />
19
Kann denn Integration<br />
die Lösung sein?<br />
Dr. Franziska Felber moderiert die Podiumsdiskussion äusserst kompetent und mit viel Charme.<br />
Die Herausforderung der schulischen<br />
Integration von Kindern<br />
mit Behinderung.<br />
Integration ist nicht zuletzt aufgrund von<br />
Gesetzesänderungen eine gesellschaftspolitische<br />
Verpflichtung geworden, die auch<br />
die Regelschule betrifft. Während schulische<br />
Integration <strong>für</strong> viele Kinder und Schulen<br />
zur Realität wird, mehren sich kritische Stimmen.<br />
Der Sinn von Integration wird hinterfragt.<br />
Es wird bezweifelt, <strong>das</strong>s auch Kinder<br />
mit schweren Behinderungen integriert werden<br />
können. Lehrpersonen be<strong>für</strong>chten, <strong>das</strong>s<br />
behinderte Kinder in Regelschulklassen<br />
nicht optimal gefördert werden könnten und<br />
die Heterogenität in den Schulklassen sie<br />
vor fast unlösbare Aufgaben stelle.<br />
Am 23. Oktober 20<strong>12</strong> lädt die Paulus-Akademie<br />
Zürich im Volkshaus in Zürich zu einem<br />
Podiumsdiskussionsabend ein. Unter der<br />
Leitung und Moderation von Dr. phil. Franziska<br />
Felber soll angesichts des Glaubenskriegs,<br />
der um Integration entstanden ist,<br />
darüber diskutiert werden, was die Integration<br />
<strong>für</strong> die verschiedenen Akteure – Kinder,<br />
Eltern, Lehrpersonen, Bildungspolitik –<br />
bedeutet. Was macht erfolgreiche schulische<br />
Integration aus? Ist sie erreicht, wenn<br />
sich <strong>das</strong> Kind wohl fühlt, viel lernt oder wenn<br />
es sozial akzeptiert ist?<br />
Felber heisst ihre beiden Referenten, Dr.<br />
phil. Riccardo Bonfranchi und Prof. Dr. Peter<br />
Lienhard, herzlich willkommen. Sie erklärt,<br />
<strong>das</strong>s sie sich sehr darüber freue, mit zwei<br />
äusserst versierten Experten <strong>das</strong> Thema<br />
Integration kontradiktorisch zu beleuchten,<br />
zu diskutieren und den Ausblick zu wagen,<br />
wie es mit der schulischen Integration<br />
behinderter Kinder in der Regelschule weiter<br />
gehen soll.<br />
Sie eröffnete die Diskussionsrunde im bis<br />
auf den letzten Platz gefüllten Gelben Saal<br />
im Volkshaus Zürich und stellt einleitend<br />
fest, <strong>das</strong>s der Glaubenskrieg bei der schulischen<br />
Integration immer mehr zur Realität<br />
werde. Sie nimmt in diesem Zusammenhang<br />
Bezug auf einen kürzlich publizierten Bundesgerichtsentscheid.<br />
Die Wissenschaft<br />
könne auf <strong>das</strong> komplexe Thema eben auch<br />
keine umfassenden Antworten geben, meint<br />
sie.<br />
Blick in ausländische Schulzimmer<br />
Lienhard veranschaulicht in seinem Einstiegsreferat<br />
anhand ausgewählter Fotografien<br />
ausländischer Schulzimmer, <strong>das</strong>s ein<br />
Wandel nicht überall stattgefunden habe. In<br />
einem moldawischen Schulzimmer sitzen<br />
die Kinder an ihren Schulpulten und alles<br />
hat seine Ordnung. Dagegen vermittelt <strong>das</strong><br />
Foto eines neuseeländischen Schulzimmers<br />
eher Unordnung. Aber <strong>für</strong> Neuseeland eben<br />
nichts Aussergewöhnliches. In Neuseeland<br />
werde <strong>das</strong> integrative Mehrklassen-Schul-<br />
System seit Jahren praktiziert, gibt Lienhard<br />
zu bedenken. In den Schulklassen sei ein<br />
ständiges Kommen und Gehen, denn im<br />
Gegensatz zum starren Schulsystem in der<br />
Schweiz, beginne in Neuseeland die Schulzeit<br />
<strong>für</strong> ein Kind an dem Tag, an dem es seinen<br />
5. Geburtstag feiere. Zugegebenermas sen<br />
könnten im Bereich der Schnittstellen<br />
gewisse Probleme entstehen.<br />
Die Qualität der integrativen Schulform<br />
hänge – so Lienhard – in massgebender<br />
Weise von den differenzierten Lernangeboten<br />
ab. Sie bildeten die Basis und seien <strong>für</strong><br />
die erfolgreiche Schulung entscheidend.<br />
In Flensburg im deutschen Bundesland<br />
Schleswig-Holstein sei die Sonderschule <strong>für</strong><br />
Blinde abgeschafft worden. Heute setze man<br />
dort auf massgeschneiderte Unterstützungen<br />
von Fachpersonen. Es werde nur noch<br />
ganz wenig separativ, aber ganz viel integrativ<br />
geschult. Dieser Ansatz sei dann erfolgreich,<br />
wenn im «Setting» genügend behinderungsspezifische<br />
Fachkompetenz vorhanden<br />
sei. Zudem könne ohne Sonderschulen eine<br />
neue Art der Verantwortung entstehen.<br />
Ein Foto einer Schule in Israel zeigt, <strong>das</strong>s<br />
dort die Schule komplett und völlig bewusst<br />
durchmischt sei. Dies sowohl in Bezug auf<br />
die kulturelle wie auch auf die religiöse Herkunft.<br />
Daraus entstehe in der Zusammenarbeit<br />
unter den Lehrpersonen ein laufendes<br />
Ringen mit den unterschiedlichen Kulturen,<br />
erwähnt Lienhard.<br />
Am Beispiel einer italienischen Schule legt<br />
er dar, <strong>das</strong>s in Italien die Sonderschulen per<br />
Dekret abgeschafft worden seien. Heute sei<br />
es so, <strong>das</strong>s eigentlich zu jeder Zeit ein behindertes<br />
Kind in die Regelklasse stossen<br />
könne. Dieses System sei <strong>für</strong> alle Beteiligten<br />
zur Selbstverständlichkeit geworden und es<br />
sei klar, dies bilde der Auftrag, der erfüllt<br />
werden müsse.<br />
Lienhard nimmt schliesslich noch Bezug auf<br />
<strong>das</strong> bündnerische Dorf Trin und den behinderten<br />
Schüler Dario. Das ganze Dorf und<br />
alle Schülerinnen und Schüler setzten sich<br />
da<strong>für</strong> ein, <strong>das</strong>s Dario ganz normal – trotz seiner<br />
Behinderung – im Klassenverband integriert<br />
sein könne.<br />
Lienhard schliesst seine Ausführungen mit<br />
dem Hinweis, <strong>das</strong>s die schulische Integrati-
Prof. Dr. Peter Lienhard, Departement Weiterbildung, Forschung und Dienstleistungen,<br />
Interkantonale Hochschule <strong>für</strong> Heilpädagogik HfH in Zürich.<br />
onsfähigkeit vom Sozialverhalten, den<br />
Lehrpersonen, dem Unterstützungssystem,<br />
den Rahmenbedingungen etc. beeinflusst<br />
werde. So seien die Umgebung und die MitschülerInnen<br />
<strong>für</strong> Dario enorm wichtig. Eine<br />
neue und grosse Herausforderung warte<br />
aber beim Übertritt von der Mittel- in die<br />
Oberstufe auf Dario.<br />
«Was in der einen Lebensphase gut war, ist<br />
in der nächsten nicht automatisch richtig.<br />
Kinder nutzen ihre Chancen, wenn wir sie<br />
nicht daran hindern.»<br />
Podiumsdiskussion<br />
Nach den interessanten Ausführungen von<br />
Lienhard nimmt Bonfranchi darauf Bezug<br />
und stellt fest: «Ich höre die Botschaft,<br />
aber mir fehlt der Glauben.»<br />
Den Zuhörenden und auch den anwesenden<br />
gehörlosen Zuschauenden wird<br />
sogleich klar, <strong>das</strong>s Bonfranchi und Lienhard<br />
unterschiedliche Lösungsstrategien<br />
in Zusammenhang mit der Integration von<br />
Behinderten im Schulwesen verfolgen.<br />
Bonfranchi weist darauf hin, <strong>das</strong>s die<br />
Schule mit Selektion zu tun habe. Davon<br />
seien alle Schüler betroffen. Es sei völlig<br />
normal, verschieden zu sein. Er denke, <strong>das</strong>s<br />
der kognitive Ansatz und die soziale Entwicklung<br />
in der integrierten Schule nicht<br />
umgesetzt werden könnten. Sinnvoller und<br />
wirkungsvoller sei es, den individuellen<br />
und spezifischen Förderbedarf der Schüler<br />
zu erkennen und darauf einzugehen. Dies<br />
sei im dualen System eben besser möglich,<br />
als im integrativen Schulsystem. Er frage<br />
sich auch, was schulische Integration mit<br />
Menschenwürde zu tun haben soll. Realität<br />
sei, <strong>das</strong>s es laufend Situationen gebe, wo<br />
jemand etwas besser könne als jemand<br />
anderes.<br />
Dr. phil. Riccardo Bonfranchi, Sonderschullehrer, selbstständiger Supervisor, Coach und<br />
Berater.<br />
Bonfranchi erklärt, <strong>das</strong>s in der Regelschule<br />
insbesondere geistige Behinderung und<br />
starke Lernschwäche bagatellisiert würden.<br />
Dies im Zusammenhang, <strong>das</strong>s dies eben<br />
intellektuelle oder kognitive Beeinträchtigungen<br />
seien. Dies passe nicht zusammen.<br />
Deshalb seien die Sonderschulen überhaupt<br />
auch entstanden. Dies bilde der grosse<br />
Unterschied beispielsweise gegenüber<br />
gehörlosen Menschen, deren Kognition<br />
bzw. Intellektualität in keiner Weise beeinträchtigt<br />
sein müssten.<br />
Aus seiner Sicht ist es wichtig, <strong>das</strong>s spezifisches<br />
Fachwissen in den Regelschulen gesichert<br />
werden müsse. Die Regelschule habe<br />
nicht den Auftrag auf alle möglichen und<br />
unterschiedliche Haltungen eingehen zu<br />
müssen. So wie es jetzt ablaufe, könne es<br />
nicht funktionieren. Man müsse einfach<br />
erkennen, <strong>das</strong>s man so den Schülern nicht<br />
gerecht werden könne. Er betont nochmals,<br />
Regelschule bedeute Selektion und Anpassung.<br />
Die Regelschulen seien ein Abbild der<br />
Gesellschaft, und die Schule sei ein mächtiges<br />
Konstrukt innerhalb der Gesellschaft.<br />
Lienhard erklärt, die Strukturen müssten<br />
sich ständig und radikaler verändern und<br />
anpassen. In der Schweiz habe man eine<br />
Volksschule und dorthin gehe primär <strong>das</strong><br />
Volk. Heute sei es möglich herumzureisen<br />
und andere gute eventuell bessere Beispiele<br />
kennenzulernen.<br />
Diskutiert wird unter Anderem auch, <strong>das</strong>s<br />
die Umschichtung der Finanzen heikel sei.<br />
Die Sonderschulen hätten deshalb kein Interesse<br />
an der integrativen Ausrichtung. Im<br />
Kanton Zürich seien die Schülerzahlen in<br />
den Sonderschulen stabil geblieben. Es sei<br />
ein klarer Systemfehler, <strong>das</strong>s die Gemeinden<br />
Sonderschüler «produzieren» dürften.<br />
Realität sei, habe es in der Gemeinde nicht<br />
integrierbare SchülerInnen, erhielten diese<br />
Kinder schnell einmal den Status «geistes-<br />
behindert» und würden dann in die sonderpädagogischen<br />
Schulen abgeschoben.<br />
Eventuell brauche es einen radikaleren Wandel.<br />
Denkbar wäre es auch, noch kooperativen<br />
Zusammenarbeitsmodellen zwischen<br />
den Sonderschulen und den Regelschulen zu<br />
suchen. Teilintegration wäre unter Einbezug<br />
bzw. Berücksichtigung der Interdisziplinarität<br />
ein denkbarer Weg. Auch die Ressourcen<br />
seien ein wichtiges Thema. Glücklicherweise<br />
seien zurzeit noch genügend finanzielle Mittel<br />
im System. Der Sozialaspekt dürfe zudem<br />
nicht vernachlässigt bzw. verkannt werden.<br />
Auch gewinne die Akzeptanz der pränatalen<br />
Diagnostik immer mehr an Bedeutung.<br />
So weit wie möglich soll es Integration und<br />
Separation nur – wenn wirklich notwendig –<br />
geben. Durchlässigkeit seien gefragt und<br />
Förderung der Differenzierung. Es sei noch<br />
nicht allzu lange her, da habe es gar keine<br />
Sonderschulen und keine Sonderpädagogik<br />
gegeben. Eine ernst zu nehmende Tatsache<br />
liege auch im Umstand, <strong>das</strong>s an integrativen<br />
Schulen die Lehrkräfte schon nach relativ<br />
kurzer Zeit «aussteigen».<br />
Ganz kurz wird auch noch die Frage, ob Integration<br />
von Gehörlosen funktioniere, diskutiert.<br />
Es gebe zu dieser Fragestellung kein<br />
eigentliches Pro und Kontra. Vielmehr sei sie<br />
eine moralische. Grundsätzlich gebe es<br />
einen gesetzlichen Auftrag. Wichtig sei aber,<br />
keine dogmatische und einseitige Haltung<br />
einzunehmen.<br />
Bonfranchi meint, Schule sei ein intellektuelles<br />
Geschäft. Er sei davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />
die Integrationsbewegung eine Fussnote in<br />
der Geschichte sein werde. Es sei dringend<br />
angezeigt, <strong>das</strong>s der Begriff von Integration<br />
neu überdacht werden müsse.<br />
[rr]<br />
21
Diversity ist Zukunft<br />
Am 24. Oktober 20<strong>12</strong> lädt die Zürcher<br />
Hochschule <strong>für</strong> Angewandte Wissenschaften,<br />
Angewandte Linguistik, zu<br />
einer Podiumsdiskussion. Es soll über<br />
die lautsprachliche Kommunikation und<br />
die Gebärdensprache ausgetauscht werden.<br />
Die offizielle Anerkennung der Deutschschweizer<br />
Gebärdensprache ist von<br />
Gehörlosen hart erkämpft worden und<br />
zielt auf eine Gleichstellung mit Hörenden<br />
in Bildung und Beruf. Lautsprachlich<br />
kommunizierende Hörgeschädigte<br />
sehen sich durch diese Gleichstellung<br />
allerdings benachteiligt. Die Diskussionsrunde<br />
mit Betroffenen sowie VertreterInnen<br />
der schweizerischen Verbände<br />
<strong>für</strong> lautsprachliches Kommunizieren<br />
(lkh) und <strong>für</strong> Gehörlose, Hörgeschädigte<br />
und ihre Angehörigen (SGB-FSS, SVEHK)<br />
soll öffentlich über den Stand der Dinge<br />
informieren und die Frage diskutieren,<br />
wie Diversität, Anrecht auf Ausdrucksfreiheit<br />
und Partizipation umgesetzt<br />
werden können. Welche Aufgaben kann<br />
die Angewandte Linguisitk dabei übernehmen<br />
und welche Rolle kommt Bildungsinstitutionen<br />
wie der ZHAW zu?<br />
In seiner Grussbotschaft nimmt Prof. Dr.<br />
Urs Willi darauf Bezug, <strong>das</strong>s an der<br />
ZHAW auch Studierende ausgebildet<br />
werden, die gehörlos seien. Als Institution<br />
sei die Hochschule darauf aber<br />
eigentlich gar nicht vorbereite. Er habe<br />
selbst konkret eine ganz ernüchternde<br />
Erfahrung in diesem Kontext machen<br />
müssen.<br />
Christine Hohenstein setzt sich in ihrer<br />
Lehr- und Forschungstätigkeit schwerpunktmässig<br />
mit den Themen Interkulturalität<br />
und Sprachdiversität auseinander.<br />
Was bedeutet Interkulturalität?<br />
«Interkulturalität» bezeichnet ein konkretes<br />
Interaktionsgeschehen – z.B. <strong>das</strong> zwischen<br />
zwei Personen A und B, deren Sozialisation<br />
in unterschiedlichen Lebenswelten<br />
(LA und LB) stattfindet. LA und LB (und hierunter<br />
sind Teamkulturen genauso zu verstehen<br />
wie Länder oder Nationalkulturen)<br />
verfügen über eine mehr oder minder<br />
gros se Schnittmenge an gemeinsamen<br />
Codes und Bedeutungskonzepten. Je<br />
geringer die Schnittmenge ist, desto weni-<br />
ger plausibel, sinnhaft oder in alltagskultureller<br />
Bedeutung «normal» werden A und B<br />
ihr Handeln gegenseitig wahrnehmen. So<br />
wird jemand, der in einer Tropenwaldregion<br />
aufgewachsen ist, in Bezug auf die Art und<br />
Weise seiner Realitätserkenntnis ganz<br />
andere Gewohnheiten entwickelt haben als<br />
jemand, der in einer nordischen Fjordlandschaft<br />
gross geworden ist. Für den einen<br />
sind Technologien essentiell, die dem<br />
anderen eher nebensächlich erscheinen.<br />
Dieser Tatbestand hat – mit einem jahrhundertelangen<br />
Vorlauf – auf die Konzeptualisierung<br />
des Bildungswesens ebenso Einfluss<br />
genommen wie auf die Konstruktion<br />
von Sinngebungsinstanzen (z.B. Religionen),<br />
auf Konventionalisierungen gesellschaftlichen<br />
Zusammenlebens (Sozialethiken,<br />
Rechtssysteme), auf die Entwicklung<br />
von Kommunikationsstilen oder auch auf<br />
die Herausbildung bestimmter Lehr- und<br />
Lernmethoden. Dementsprechend erscheinen<br />
einem Handlungssysteme, in denen<br />
man selbst nicht sozialisiert ist, zunächst<br />
mehr oder weniger «fremd»: man ist nicht<br />
imstande in der gleichen Weise Handlungsroutinen<br />
zu praktizieren, wie es in «eigenen»<br />
Lebensweltkontexten der Fall wäre.<br />
Was ist Sprachdiversität?<br />
Heute gibt es ca. 6000 verschiedene<br />
Sprachen auf der Welt, die sich auf alle<br />
Kontinente verteilen: So leben etwa <strong>12</strong>%<br />
der Weltbevölkerung in Europa, hier<br />
werden jedoch nur 3% aller Sprachen<br />
gesprochen. Anders sieht es im pazifischen<br />
Raum aus. Hier lebt in etwa nur<br />
1% der Weltbevölkerung, jedoch werden<br />
20% aller Sprachen gesprochen. Auch<br />
die Anzahl der Personen, die eine Sprache<br />
aktiv sprechen, variiert stark. So<br />
sprechen ca. 900 Millionen Menschen<br />
Mandarin-Chinesisch. In Neuguinea<br />
werden viele Sprachen zum Teil von nur<br />
4‘000 Sprechern gesprochen. Dies ist<br />
die nötige Grösse einer Population, die<br />
einer Sprache Tausende von Jahren ein<br />
Überleben ermöglicht.<br />
Vor diesem Hintergrund wird schnell<br />
klar, <strong>das</strong>s die Angewandte Linguistik<br />
grosses Interesse am Thema der Sprachen<br />
hat, die hörbehinderte Menschen<br />
verwenden.<br />
Die Vorstellung der einzelnen PodiumsteilnehmerInnen<br />
und deren Statements<br />
an der von Christine Hohenstein mit<br />
Feingespür und Verve geführten Diskussion<br />
ergibt eigentlich keine neuen<br />
Erkenntnisse. Die bekannten Positionen<br />
und Lebensmodelle hörbehinderter Menschen<br />
werden dargestellt.<br />
Eine wichtige Erkenntnis bleibt indes in<br />
den Köpfen aller, die teilgenommen<br />
haben, haften: Es gibt kein definitives<br />
Richtig oder Falsch. Von Bedeutung,<br />
welcher Approach an die Lautsprache im<br />
Einzelfall angemessen ist, ist auch der<br />
Umstand, ob die Eltern des hörbehinderten<br />
Kindes bildungsnah oder bildungsfern<br />
sind. Am anschliessenden<br />
freundlicherweise von der ZHAW offerierten<br />
Apéro wird engagiert weiter diskutier.<br />
Das veranschaulicht trefflich,<br />
<strong>das</strong> Thema bewegt und bringt Menschen<br />
mit ganz unterschiedlichen Einstellungen<br />
und Zielen einander näher. Und<br />
genau <strong>das</strong> ist es, was wohl in diesem<br />
Kontext vor allem auch zählt.<br />
[lk]<br />
Zürcher Hochschule<br />
<strong>für</strong> Angewandte Wissenschafften
Die Veranstaltung<br />
in Bildern<br />
Christiane Hohenstein,<br />
Professorin <strong>für</strong> Interkulturalität<br />
und Sprachdiversität, moderiert mit<br />
Charme, Intelligenz und Esprit.<br />
Marianne und Michael Pasche aus Oberglatt<br />
sind Eltern zweier beidseitig CI-implantierter<br />
Söhne im Vorschulalter. Sie haben einen<br />
Elternkurs in Gebärdensprache à zehn mal zwei<br />
Stunden absolviert. Die Kommunikation in<br />
Gebärdensprache erleben sie als Erleichterung<br />
im Alltag mit ihren Söhnen, wenn Verständi-<br />
gungsprobleme bestehen, die CIs nicht<br />
getragen werden und bei Störlärm.<br />
Prof. Dr. Urs Willi, Direktor der Stabsstelle<br />
Diversity und Gender an der ZHAW richtet<br />
eine Grussbotschaft an die zahlreich<br />
erschienen BesucherInnen. Er weist darauf<br />
hin, <strong>das</strong>s die ZHAW eigentlich nicht<br />
darauf eingerichtet sei, Hörbehinderte<br />
auszubilden.<br />
Podiumsteilnehmer.<br />
23
Maja Brumm, Präsidentin lkh, ist<br />
resthörig geboren worden, d.h. mit<br />
einem Dezibelverlust von über 90%.<br />
Sie trägt zwei CIs, ist rein lautsprachlich<br />
aufgewachsen und hat studiert.<br />
Sie arbeitet heute als qualifizierte Fachkraft<br />
in der Berufswelt. Sie spricht sich dezidiert<br />
da<strong>für</strong> aus, <strong>das</strong>s alle Eltern und auch die<br />
hörbehinderten Kindern selbst entscheiden<br />
können sollten, ob sie die Gebärdensprache<br />
erlernen möchten oder nicht. Sie selbst ist<br />
eine engagierte Verfechterin der lautsprachlichen<br />
Erziehung.<br />
Daniel Hadorn hat mit fünf Jahren <strong>das</strong> Gehör<br />
verloren. Er hat immer nur die Regelschule<br />
besucht und hernach Rechtswissenschaft<br />
studiert und <strong>das</strong> Anwaltspatent erworben. Er<br />
macht Ausführungen zur Verankerung der<br />
Gebärdensprache heutzutage in der schweizerischen<br />
Gesetzgebung und der daraus resultierenden<br />
Rechte <strong>für</strong> die Hörbehinderten.<br />
Patty Shores ist vollständig gehörlos und<br />
ebenfalls rein lautsprachlich aufgewachsen.<br />
Eindrücklich schildert sie, <strong>das</strong>s in ihrer<br />
Schulzeit die Gebärdensprache verboten war<br />
und wenn sie gleichwohl benutzt worden<br />
sei, seien die Kinder drastisch bestraft<br />
worden.
Bilingue Slam<br />
Mit einer Fotogalerie der Slam-Poeten wird <strong>das</strong> Publikum empfangen. Wer am Schluss des Events am meisten Ping-Pong-Bälle in seiner Gitterröhre hat, ist Sieger. Jede Besucherin<br />
und jeder Besucher hat vor Beginn des Events einen «Stimmball» bekommen.<br />
Am Freitagabend 2. November 20<strong>12</strong> findet in<br />
der Alten Kaserne Winterthur ein Bilingue<br />
Slam statt. Der Anlass wird zu Ehren des<br />
20-Jahr-Jubiläums des Kulturzentrums Alte<br />
Kaserne und des 25-Jahr-Jubiläums von<br />
sichtbar GEHÖRLOSE ZÜRICH veranstaltet.<br />
Das Publikumsinteresse an diesem Event<br />
ist riesig. Der Saal in der Alten Kaserne<br />
Winterthur ist sowohl von gehörlosen wie<br />
auch hörenden Besucherinnen und Besuchern<br />
bis auf den letzten Platz besetzt. Sie<br />
alle fiebern mit grosser Spannung dem<br />
Aufeinandertreffen der vier gehörlosen<br />
und vier hörenden Slam-Poeten, Hazel<br />
Brugger, Martina Hügi, Renato Kaiser,<br />
Jakob Rhyner, Natasha Ruf, Beat Marchetti,<br />
Kilinan Ziegler und Thomas Zimmermann<br />
entgegen.<br />
Die gehörlose Ibis Hernándes und der<br />
hörende Tom Combo heissen <strong>das</strong> Publikum<br />
ganz herzlich willkommen. Mit viel<br />
Spritzigkeit und der notwendigen Portion<br />
Humor führen die beiden Moderatoren<br />
durch den begeisternden Abend. Und<br />
Ibis Hernándes und Tom Combo heissen <strong>das</strong> Publikum in der Alten Kaserne Winterthur herzlich willkommen. Sie<br />
versprechen einen fulminanten Abend.<br />
eines wird gleich zu Beginn des Events<br />
klar, nicht nur die Slam-Poetinnen und<br />
Slam-Poeten müssen Höchstleistungen<br />
bringen, sondern auch die Gebärdensprachdolmetscherinnen,<br />
die alles entweder<br />
in die Gebärdensprache oder in<br />
die Lautsprache simultan und natürlich<br />
in einem horrenden Tempo übersetzen<br />
müssen.<br />
Aber was ist Bilingue Slam überhaupt.<br />
Dazu braucht es eben wie am heutigen<br />
Abend eine Handvoll Poetry Slammer, eine<br />
Handvoll Deaf Slammer (Poetry Slam in<br />
Gebärdensprache), eine Bühne, ein<br />
begeisterungsfähiges Publikum und als<br />
traditionelle Sieges-Trophäe eine Flasche<br />
Whisky. Die vier gehörlosen und die vier<br />
hörenden Slam-Poeten treten gegeneinander<br />
an und wetteifern um die beste vorgetragene<br />
Geschichte.<br />
In der Schweiz fand der erste Deaf Slam im<br />
Rahmen der Winterthurer Musikfestwochen<br />
2003 statt und wird seither im Winterthurer<br />
Music Club Albani jährlich wiederholt.<br />
In maximal sechs Minuten geht es<br />
<strong>für</strong> die einzelnen Slammer darum, mit<br />
einer eigens erfundenen Geschichte <strong>das</strong><br />
Publikum zu überzeugen.<br />
Slam Poetry ist eine höchst verbale Sache<br />
– ein Wettstreit nicht nur um den besten<br />
Text, sondern auch um den besten Vortrag.<br />
Was nun, wenn junge gehörlose<br />
25
Der gehörlose Beat Marchetti eröffnet den Slam-Event.<br />
Jugendliche sich auf Slam Poetry einlassen?<br />
Wie erzählen sie ihre Geschichten?<br />
Zwei Sprachen, zwei Kulturen,<br />
ein Gedicht<br />
Die Regisseurin Judy Leif erzählt in ihrem<br />
Film «Zwei Sprachen, zwei Kulturen, ein<br />
Gedicht» die Geschichte von Deaf Jam. Die<br />
gehörlosen Schülerin Aneta aus New York,<br />
deren Eltern aus Israel eingewandert sind.<br />
Sie trifft in der «Spocken Word Slam-<br />
Szene» auf die hörende Tahani, eine Slam-<br />
Poetin, die aus Palästina stammt. Die beiden<br />
jungen Frauen bilden ein einzigartiges<br />
Performance-Duo, <strong>das</strong> die gerappte Lautsprache<br />
mit der Gebärdensprache verbindet.<br />
Der Film zeigt die Dynamik dieser<br />
Lyrik und beeindruckt mit der ausdruckstarken<br />
Gestik und Mimik von Aneta und<br />
Tahani, die gemeinsam eine neue Form<br />
von Poesie erschafften. Dabei stehen die<br />
beiden ebenso <strong>für</strong> die unterschiedliche<br />
Art, an ihrer Umwelt teilzuhaben, wie <strong>für</strong><br />
die Möglichkeiten der Kommunikation<br />
über Grenzen hinweg – seien sie sprachlich<br />
oder politisch.<br />
Wie in diesem Film von Judy Lieff, der vor<br />
wenigen Wochen am Schweizer Fensehen<br />
ausgestrahlt wurde, slammen die Protago-<br />
Das gehörlose und hörende Publikum ist über die Darbietungen der Slam-Poeten» restlos begeistert. Ein Event, der zwei Kulturen verbindet.<br />
Danach ist aufgrund eines Losentscheides die hörende<br />
Martina Hügi an der Reihe.<br />
nisten des heutigen Abends fulminant wie<br />
verbal Sprechende – mittels Gebärden-<br />
und Körpersprache und setzen dabei auf<br />
Rhythmuswechsel und Sprachbilder.<br />
Das Publikum in der Alten Kaserne Winterthur<br />
ist von den acht Darbietungen restlos<br />
begeistert. Und eines ist klar, heute Abend<br />
gibt es nur Gewinner und alle Slam-Poeten<br />
hätten eine Whisky-Flasche als Siegestrophäe<br />
verdient.<br />
[rr]
Der grosse Kampf in<br />
den 80er Jahren<br />
Gian Reto Janki heisst die kofo-Besucherinnen und -Besucher willkommen und freut sich auf eine spannende<br />
Podiumsdiskussion.<br />
Bekannte gehörlose «Kampfgenossen»<br />
blicken zurück.<br />
Die Selbsthilfe der Gehörlosen ist heute<br />
professionell organisiert. Die grosse Bewegung<br />
der Gehörlosen-Selbsthilfe war in den<br />
80er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden.<br />
Konfrontationen zwischen Gehörlosen<br />
und Hörenden wurden ausgelöst. Es<br />
war damals eine konfliktgeladene Zeit. Ziel<br />
der Selbsthilfe war es, mehr Selbstbestimmung<br />
der Gehörlosen zu erlangen. Wie und<br />
warum waren die Friktionen ausgebrochen?<br />
Eingeladen sind bekannte KämpferInnen<br />
und ihre Zeitzeugen.<br />
Gian Reto Janki freut sich sehr über <strong>das</strong><br />
gros se Interesse am heutigen kofo-Thema.<br />
Er heisst die kofo-BesucherInnen am 8.<br />
November 20<strong>12</strong> sowie seine Podiumsgäste,<br />
Katja Tissi, Barbara Diaz-Pettinato, Beat<br />
Kleeb, Peter Hemmi und Patrick Mock ganz<br />
herzlich in der Roten Fabrik willkommen.<br />
Gian Reto Janki: «In den letzten 30 Jahren<br />
hat sich im Gehörlosenwesen Vieles getan<br />
und bewegt. Es stellt sich die Frage, gibt es<br />
heute noch etwas, wo<strong>für</strong> gekämpft werden<br />
muss, oder sind alle Forderungen erfüllt?»<br />
Janki erwähnt, <strong>das</strong>s <strong>für</strong> <strong>das</strong> heutige<br />
Podium bewusst Gehörlose der sogenannten<br />
älteren und der jüngeren Generation<br />
eingeladen worden seien. Seine<br />
Gäste würden darlegen, mit welchen Problemen<br />
sie bei der Berufswahl, bei der<br />
Arbeit, bei der Integration und bei der<br />
Emanzipation sowie vielen anderen<br />
Bereichen konfrontiert gewesen seien.<br />
Man wolle aufzeigen, ob sich der jahrelange<br />
Kampf <strong>für</strong> fundamentale Verbesserungen<br />
im Gehörlosenwesen gelohnt<br />
habe. «Gibt es noch Wünsche, Forderungen<br />
und Verbesserungspotential <strong>für</strong> die<br />
Zukunft? Oder, gibt es Entwicklungen,<br />
die in die falsche Richtung weisen. Die<br />
heutige Diskussion zu den drei Schwerpunktthemen<br />
– Bildung und Kommunikation,<br />
Sozialpolitik und Kultur und Identität<br />
– soll darüber Klarheit schaffen», so<br />
Janki.<br />
Bildung und Kommunikation<br />
Es liegt zwangsläufig auf der Hand, <strong>das</strong>s<br />
die Antworten der Podiumsteilnehmenden<br />
in Bezug auf ihre Erfahrungen hinsichtlich<br />
Ausbildung sehr verschieden ausfallen.<br />
Früher habe es praktisch gar keine Unterstützungen<br />
gegeben. Katja Tissi erwähnt,<br />
<strong>das</strong>s die Zeit der Ausbildungen <strong>für</strong> sie sehr<br />
streng und sie oftmals sehr müde gewesen<br />
sei. Sie habe aber zeigen wollen, <strong>das</strong>s<br />
Gehörlose und Hörende auf gleicher Stufe<br />
stehen könnten.<br />
Heute stünden bessere technische Hilfsmittel<br />
zur Verfügung. Zudem könne man<br />
GebärdensprachdolmetscherInnen anfordern.<br />
Aber <strong>das</strong> sei immer noch nicht genug.<br />
Zum Beispiel sei es sehr schwierig, kurzfristig<br />
eine DolmetscherIn zu bekommen.<br />
Ein grosser «Hemmschuh» bilde auch die<br />
Invalidenversicherung. Oftmals müsse<br />
man bei der IV <strong>für</strong> die Bezahlung des Gebärdensprach-Dolmetscheinsatzes<br />
kämpfen.<br />
Dies sei zeit- und nervenaufreibend.<br />
Barbara Diaz-Pettinato fordert, <strong>das</strong>s<br />
Gehörlose endlich <strong>das</strong> Recht auf freie<br />
Berufswahl erhalten sollten. Der uneingeschränkte<br />
Zugang sei leider immer noch<br />
nicht möglich.<br />
Wichtige Meilensteine in der Kommunikation<br />
seien anfangs der 80er Jahre gesetzt<br />
worden. Das Schreibtelefon habe in der<br />
Schweiz Fuss gefasst. 1980 sei die Telefonvermittlung<br />
durch die Genossenschaft Hörgeschädigten-Elektronik<br />
in Wald ins Leben<br />
gerufen worden. Im Jahr 1981 habe es bei<br />
«Teletext» die erste Teletext-Seite <strong>für</strong><br />
Gehörlosen-Informationen gegeben. Später<br />
seien dann die Untertitelungen dazu<br />
gekommen.<br />
Im Podium wird darauf Bezug genommen,<br />
<strong>das</strong>s in den 80er Jahren innerhalb der<br />
Selbsthilfe auch über die Notwendigkeit<br />
der Gebärdensprache diskutiert worden<br />
sei. Die Gehörlosen seien sich in dieser<br />
Frage uneinig gewesen. Vor allem die<br />
damals älteren Gehörlosen lehnten die<br />
Gebärdensprache ab. Aber auch Hörende<br />
hätten sich dagegen gewehrt.<br />
Heute gebe es in der deutschen Schweiz<br />
um die 55 professionell ausgebildete DolmetscherInnen,<br />
welche ca. 7000 Einsätze<br />
pro Jahr leisteten. Die vor dreissig Jahren<br />
nicht vorhandene Rollentrennung zwischen<br />
Sozialbegleitung und Dolmetschen habe in<br />
den folgenden Jahren mit Erfolg nachhaltig<br />
umgesetzt werden können.<br />
Ein anderer Meilenstein bildete seinerzeit<br />
<strong>das</strong> erste im Jahr 1987 durchgeführte Bildungs-Seminar.<br />
Peter Hemmi erinnert sich,<br />
<strong>das</strong>s dieses Seminar <strong>für</strong> sein Selbstwertgefühl<br />
und <strong>für</strong> seine Identitätsfindung entscheidend<br />
gewesen sei bzw. sein weiteres<br />
Leben in massgeblicher Weise beeinflusst<br />
habe.<br />
27
In dieser Zeit sei Vieles aus Amerika in und<br />
<strong>für</strong> die Schweiz adaptiert worden. Dies<br />
habe die Schweizer Gehörlosengemeinschaft<br />
beeinflusst. Dazu beigetragen habe<br />
zudem, <strong>das</strong>s vermehrt Gehörlose einen<br />
Aufenthalt bzw. ein Studium an Gallaudet<br />
Universität in Washington D.C. absolvierten<br />
– wie beispielsweise Katja Tissi und<br />
Beat Kleeb. In Amerika sei <strong>das</strong> Verständnis<br />
<strong>für</strong> gehörlose Menschen ungleich viel grösser<br />
als in der Schweiz gewesen.<br />
Sozialpolitik<br />
Die älteren Podiumsteilnehmenden erinnern<br />
daran, <strong>das</strong>s in den 80er Jahren die<br />
Selbsthilfe und die Fachhilfe sehr kontrovers<br />
mit einander umgegangen seien. Die<br />
Fachhilfe habe den Gehörlosen helfen wollen.<br />
Demgegenüber habe die Selbsthilfe<br />
die Selbstständigkeit und Solidarität stärken<br />
wollen. Damals seien die Gehörlosen<br />
untereinander aber nicht einig gewesen.<br />
Früher hätten die Gehörlosen ganz grossen<br />
Respekt gegenüber der Fachhilfe gehabt.<br />
Zudem habe es Gehörlose in leitenden<br />
Funktionen gegeben, die sich in deutscher<br />
Lautsprache mit den Fachleuten hätten<br />
unterhalten und diskutieren können.<br />
Unter anderem wird darauf hingewiesen,<br />
<strong>das</strong>s man sich damals immer wieder<br />
wegen der gleichen Forderungen im Kreis<br />
gedreht habe. Sämtliche von der Selbsthilfe<br />
gestellten Anträge seien von den Vertretern<br />
der Fachhilfe konsequent abgelehnt<br />
worden. Diese unkonstruktive und<br />
blockierende Situation habe schlussendlich<br />
zur Trennung zwischen dem SGB-FSS<br />
und <strong>sonos</strong> geführt. Die Gehörlosengemeinschaft<br />
sei aus heutiger Sicht froh darüber.<br />
Dies sei der richtige Entscheid gewesen.<br />
Dank wichtiger Persönlichkeiten wie Markus<br />
Huser, der zum «Wachrufen» aufgerufen<br />
habe, habe endlich viel Positives in<br />
Gang gesetzt werden können. Der längst<br />
fällige Veränderungs- und Neupositionierungsprozess<br />
habe so begonnen. In den<br />
folgenden Jahren habe Vieles dank der<br />
notwenigen Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit<br />
<strong>für</strong> gehörlose Menschen in der<br />
Schweiz vorangetrieben werden können.<br />
Mit grosser Spannung und Aufmerksamkeit verfolgen die kofo-Besucher die spannende Podiumsdiskussion.<br />
Das Podium v.l.n.r.: Beat Kleeb, Katja Tissi, Peter Hemmi, Barbara Diaz-Pettinato und Patrick Mock.<br />
Kultur und Identität<br />
Wegen der vorangeschritten Zeit kann am<br />
8. November zum Thema Kultur und Identität<br />
nur noch wenige Minuten diskutiert<br />
werden. Der Leitsatz «Was Hörende können,<br />
können Gehörlose auch» wiederspiegelt<br />
die heutige positive Einstellung vor<br />
allem der jüngeren Generation gehörloser<br />
Menschen.<br />
Kritische Stimmen ermahnen aber auch<br />
zur Vorsicht mit der heutigen Situation.<br />
Sie haben den Eindruck, <strong>das</strong>s es schlimmer<br />
geworden sei als früher. Die jungen<br />
Gehörlosen würden wegen der «Integration»<br />
auseinander gerissen. Dies sei nicht<br />
gut.<br />
Jüngere Podiumsteilnehmende sind der<br />
Meinung, <strong>das</strong>s der SGB-FSS heute zu<br />
wenig mache. Die traditionelle Basisarbeit<br />
sei verschwunden. Da<strong>für</strong> rede man heute<br />
von Professionalisierung. Dabei sei alles<br />
eigentlich in der Luft und nicht fassbar.<br />
Besser wäre es, sich zurück zur produktiven<br />
Arbeit zu bewegen.<br />
Gian Reto Janki schliesst die Podiumsrunde<br />
schliesslich. Er dankt seinen Gästen<br />
<strong>für</strong> die interessanten Ausführungen und<br />
die Bereitschaft ihre persönlichen Meinungen<br />
und Haltungen einem breiten Publikum<br />
zugänglich zu machen.<br />
[rr]
Gehörlosenpfarrer Matthias Müller Kuhn freut sich, <strong>das</strong>s an der Vernissage des neuen Lyrik-Kalenders auch gehörlose<br />
Gäste anwesend sind.<br />
In der Gehörlosenkirche im Gehörlosenzentrum<br />
in Zürich-Oerlikon findet am 26.<br />
Oktober 20<strong>12</strong> die Vernissage zur Ausstellung<br />
des druckfrischen Lyrik-Kalenders<br />
2013 statt. Auf Einladung der evangelisch<br />
reformierten Landeskirche des Kantons<br />
Zürich und des Pfarramts <strong>für</strong> Gehörlose<br />
sowie in Zusammenarbeit mit Pro Lyrica,<br />
Schweizerische Lyrische Gesellschaft,<br />
wird mit Lesungen aus dem Lyrik-Kalender<br />
2013 in einem würdigen und ganz speziellen<br />
Rahmen <strong>das</strong> 25-jährige Bestehen<br />
von Pro Lyrica gefeiert.<br />
An diesem Abend sind nicht nur Hörende,<br />
sondern auch Gehörlose herzlich willkommen.<br />
Der Anlass und die bis zum 1. März<br />
2013 dauernde Ausstellung wird von<br />
sichtbar GEHÖRLOSE ZÜRICH, SGB-FSS,<br />
<strong>sonos</strong> und der Berufsschule <strong>für</strong> Hörgeschädigte<br />
BSFH ideell und/oder mit Sachdienstleistungen<br />
unterstützt. Die Lesungen<br />
der Lyrikerinnen und Lyriker wird von<br />
Gebärdensprachdolmetscherinnen <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
gehörlose Publikum in die Gebärdensprache<br />
übersetzt.<br />
Grussworte<br />
Matthias Müller Kuhn, Gehörlosenpfarrer,<br />
Dichter und Schriftsteller, heisst die<br />
Gäste der Vernissage in der Gehörlosenkirche<br />
ganz herzlich willkommen. Speziell<br />
begrüsst er die drei anwesenden<br />
Gehörlosen. Ihn freue es ausserordentlich<br />
und es sei inspirierend, <strong>das</strong>s der<br />
heutige Anlass <strong>für</strong> Gehörlose habe<br />
zugänglich gemacht werden können. Oftmals<br />
hätten Gehörlose in der Vergangenheit<br />
darum ringen müssen, an solchen<br />
kulturellen Veranstaltungen teilhaben zu<br />
können. Für die Gehörlosen sei es aber<br />
wichtig und kostbar.<br />
Müller erwähnt, <strong>das</strong>s er seit mehr als 30<br />
Jahren Gedichte schreibe. Ein Gedicht<br />
schreiben, sei <strong>für</strong> ihn, wie wenn er ein<br />
Bild male. Er nehme ein Wort, zum Beispiel<br />
«Haus» und sehe dann viele Bilder<br />
darin versteckt. Kosmos, Eingrenzung<br />
etc. «In meinem Haus lacht heute» – die<br />
Vielfalt des Lachens – «die Sonne». So<br />
einfach kann ein Gedicht entstehen.<br />
Müller: «Es ist wichtig, <strong>das</strong>s es Pro Lyrica<br />
gibt, damit <strong>das</strong> Gedicht nicht untergeht.»<br />
Würdigung<br />
Helmut W. Mildner, Ehrenpräsident und<br />
Vorstandsmitglied von Pro Lyrica, würdigt<br />
in seiner Laudatio den literarischen<br />
und künstlerischen Anlass in Achtung<br />
und Wertschätzung <strong>für</strong> die lyrischen<br />
Arbeiten und die typografischen Inszenierungen.<br />
Mildner: «Die Sprache des Alltags und<br />
die Sprache der Dichtung verfolgen im<br />
vornherin verschiedene Ziele. Die Alltagssprache<br />
dient der Verständigung,<br />
wenn Sie wollen der Kommunikation; sie<br />
ist die wichtigste und grossartigste Möglichkeit<br />
<strong>für</strong> uns Menschen, uns gegenseitig<br />
über uns und unsere gemeinsame<br />
Umwelt zu informieren. Diesem Zweck<br />
dient sie umso vollkommener, je verständlicher<br />
sie ist. Eindeutigkeit und<br />
Klarheit sind darum ihre höchsten Tugenden.<br />
Beim Gebrauch der Alltgassprache<br />
denken wir immerzu an Mitmenschen:<br />
Wie soll ich mich ausdrücken, um von<br />
ihm möglichst gut verstanden zu werden?<br />
Gerade jetzt wage ich diesen Versuch<br />
auch. Ganz anders die Dichtung. Für<br />
sie ist die Sprache, <strong>das</strong> Mittel des Ausdrucks<br />
und der Gestaltung, denn die<br />
Dichterin oder der Dichter kennt – wie<br />
jede Künstlerin oder jeder Künstler – ein<br />
einziges Ziel: auszudrücken, was ihn<br />
erfüllt, zu gestalten, was ihn bewegt.»<br />
Mildner erklärt, da die Dichtung, wie alle<br />
Kunst, ihren Sinn allein in sich selber<br />
trägt, dürfe sie sich freier im Spielerischen<br />
ergeben als die Sprache des Alltags.<br />
Und dieses «Freie Spiel», welches<br />
wir auch zum Beispiel in der Schweizerischen<br />
Kindergarten-Didaktik als einer<br />
der vier Unterrichtsbausteine wiederfinden,<br />
könne man auch in den Inszenierungen<br />
der heute vorgetragenen Gedichte<br />
entdecken.<br />
Mildner: «Die Lust Gedichte zu lesen, ist<br />
sehr vielen abhanden gekommen. Vielleicht<br />
sind die Dichterinnen und Dichter<br />
da<strong>für</strong> verantwortlich? Vielleicht sind wir<br />
es einfach satt, uns mit ihren Schatten-<br />
29
seiten der Seele zu befassen, ihren Tiraden,<br />
ihrem Grimm, ihrem Ekel, ihrem ewigen<br />
Narzissmus … Oder liegt es an uns?<br />
Mir kommt es manchmal so vor, als hafte<br />
der Lyrik etwas Trübes, Zähes, Verstaubtes,<br />
Dumpfes, Muffiges an.»<br />
Mildner hält den neuen Lyrik-Kalender<br />
2013 in die Höhe. «Und wieder einmal<br />
kann ich es wagen zu sagen, ein Gedicht<br />
ist dann <strong>für</strong> mich ein gutes Gedicht, wenn<br />
von typografischen inszenierten Gedichten<br />
eine Faszination ausgeht. Mit diesem<br />
Kalender ist dies auf eindrückliche Art und<br />
Weise gelungen.»<br />
Mildner schliesst mit dem wertschätzenden<br />
Dank an die <strong>12</strong> Autorinnen und Autoren<br />
der Gedichte, an <strong>das</strong> Team von Rolf<br />
Zöllig <strong>für</strong> die hervorragende grafische und<br />
typografische Gestaltung des Kalenders<br />
und an Matthias Müller Kuhn als Initiator<br />
und achtsamer Begleiter.<br />
januar 2013<br />
Lesungen<br />
beeinflusst<br />
Wir<br />
fliessen<br />
in die Zeit<br />
aufwärts<br />
abwärts<br />
im grossen<br />
Fluss<br />
fliesst<br />
die Zeit<br />
in uns<br />
Helmut W. Mildner freut sich sehr über den literarisch wertvollen und typografisch anspruchsvollen gestalteten<br />
Lyrik-Kalender 2013.<br />
Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />
Samstag Sonntag<br />
1 neujahrstag 2 berchtoldstag 3<br />
4<br />
5<br />
6 drei könige<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
<strong>12</strong><br />
13<br />
Stellvertretend von den insgesamt zwölf Autorinnen und Autoren tragen Rose-Marie Uhlmann, Matthias Müller Kuhn, August Guido<br />
Holstein 14und<br />
Cæcilia Bühlmann-Imboden 15<br />
je ein 16 Gedicht vor. 17<br />
18<br />
19<br />
20<br />
21<br />
22<br />
23<br />
24<br />
25<br />
26<br />
27<br />
28<br />
29<br />
30<br />
31<br />
Rose-Marie Uhlmann<br />
Rose-Marie Uhlmann, geboren 1945 in Dietikon ZH. Matura in Basel. Ausbildung zur IT-Programmiererin,<br />
Kursleiterin. Mutter von drei Töchtern. Schreibt Gedichte seit dem 15. Lebensjahr. Viele Auftritte,<br />
auch an den Solothurner Literaturtagen und Lesungen mit und ohne Musik. Organisation von<br />
«Lyrik am Fluss» in ZH-Wipkingen. Verschiedene Publikationen, u.a. drei Lyrikbände «Netzfang»,<br />
«Stichworte», «gehen» (alle in 2. Auflage). Verschiedene Auszeichnungen und Preise (Auswahl):<br />
Gewinnerin 9. Berner Lyrikwettbewerb; 1. Preis Lyrikwettbewerb der Zürichsee-Zeitungen 2009;<br />
Anerkennungsbeitrag der UBS Kulturstif-tung. www.rmuhlmann.ch<br />
Rose-Marie Uhlmann<br />
Rose-Marie Uhlmann<br />
Was<br />
einmal<br />
ist<br />
wir<br />
ordnen es<br />
immer wieder<br />
neu<br />
so <strong>das</strong>s es<br />
obwohl<br />
es<br />
<strong>das</strong>selbe<br />
ist<br />
anders<br />
scheint<br />
prl_kal_2013_bel.indd 3 <strong>12</strong>.09.<strong>12</strong> 15:44
och Donnerstag Freitag<br />
Samstag Sonntag<br />
der arbeit 2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
9 auffahrt 10<br />
11<br />
<strong>12</strong> muttertag<br />
16<br />
17<br />
18<br />
19 pfingsten<br />
23<br />
24<br />
25<br />
26<br />
30<br />
31<br />
schweigt sie<br />
lenbergen<br />
ll <strong>das</strong> Meer<br />
aber hier in<br />
mit Würde<br />
s Ährenfeld<br />
rauer gesät<br />
ume steigen<br />
ihr Gesicht<br />
d legen sich<br />
l als stilles<br />
erschenken<br />
ona Lisa<br />
rdo Da Vinci<br />
Matthias Müller Kuhn<br />
Diesen Himmelssturm aushalten<br />
Wirbel von Lüften Sternengesang<br />
Ströme fliessen leise durchs All<br />
die nahen Hügel drehen sich mit<br />
schwarz windet sich die Zypresse empor<br />
dunkle Erinnerung an einen längst vergangenen Tag<br />
die Häuser klammern sich aneinander<br />
um nicht fort geschleudert zu werden<br />
im Dorf flüstert die Kirche ihren leisen Segen<br />
in den Fenstern halten sich bange Lichter fest<br />
<strong>das</strong>s nur nicht die Welt entzückt vom Tanz<br />
der Sterne sich an die Nacht verliert<br />
Sternennacht<br />
Vincent Van Gogh<br />
Matthias Müller Kuhn<br />
Matthias Müller Kuhn, Autor und Theologe, schreibt seit über 30 Jahren Lyrik und Prosa, vor kurzem<br />
hat er seinen ersten Roman «Der Wortträumer» abgeschlossen. Er ist zurzeit als Gehörlosenpfarrer<br />
<strong>12</strong>.09.<strong>12</strong> 15:44<br />
in Zürich tätig. Es ist ihm ein Anliegen, eine lyrische Sprache <strong>für</strong> spirituelle Inhalte und Lebensfragen<br />
zu finden, neben einer Sammlung von Haiku hat er moderne Psalmen und textile Gedichte<br />
geschrieben. www.muellerkuhn.ch<br />
september 2013<br />
Montag D i e n st a g Mittwoch Donnerst ag Freitag<br />
S a m st a g Sonntag<br />
1<br />
2<br />
9<br />
16<br />
23<br />
30<br />
apfel<br />
baum<br />
zeit<br />
3<br />
10<br />
17<br />
24<br />
gründung<br />
pro lyrica 1988<br />
4<br />
11<br />
18<br />
25<br />
August Guido Holstein<br />
Die Zeit<br />
kreist<br />
um den Apfelbaum.<br />
Und du<br />
issest die Zeit<br />
vom Apfelbaum.<br />
Die Zeit<br />
reift<br />
am Apfelbaum.<br />
Nimm<br />
dir die Zeit<br />
pflücke die Äpfel.<br />
‹la vita›<br />
Auf dem stadtgekrönten Hügel<br />
‹della madre di dio›<br />
Hinter fackelnden Kerzen<br />
im finsteren ‹duomo›<br />
Das kleine Bild der grossen<br />
‹madonna con il bambino›<br />
Dunkel flammende Zypressen<br />
in den Mauern des ‹cimitero›<br />
Werden und Vergehen<br />
zwischen den Gassen ‹della vita›<br />
Fussgetretene Steinplatten<br />
glänzen im Schimmer ‹della luce›<br />
Stehn hinterm Ladentisch<br />
August Guido Holstein, geboren 1935, in Zürich, wohnt in Fislisbach/AG. Lic. ‹durante Phil. I, pens. tutta la Lehrer. vita›<br />
Lyrik: Nach «Wind auf Fahrt», «Windmessstäbe» 2001 bei der Pro Lyrica «Der Berg geht zum Meer»,<br />
zuletzt «Windspiele», OSL Basel. Prosa: Roman «Alptag», Ed. Leu, Zürich, Erzählbände «Geschich-<br />
August Guido Holstein<br />
August Guido Holstein<br />
ten vom Boll›», «Geschichten vom Dorfe F», «Zirkus im Gebirge», «Don Juan und Alter Meister», «Der<br />
Augenblick», geschichtlich. Leitete 4 Jahre den ZSV, Lektor Pro Lyrica, AdS. wwww.lyrik-prosa.ch-<br />
5<br />
<strong>12</strong><br />
19<br />
26<br />
6<br />
13<br />
20<br />
27<br />
7<br />
14<br />
21<br />
28<br />
8<br />
15<br />
22<br />
29<br />
weltbildungstag<br />
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31
Cæcilia Bühlmann-Imboden, geboren 1942 in Bülach, wohnhaft in Schaffhausen, verheiratet, Fami-<br />
lienfrau, Ausbildung in Floristik, Langzeitpflege und Aktivierungs-Therapie. Tätig in der Freiwilli-<br />
gen-Arbeit als Sozialbegleiterin. Veröffentlichungen: Textbeiträge bei der Pro Lyrica, Lyrik Kalen-<br />
der, Anthologie 2003/7, Forum SH-Autoren. Lyrikanthologie 2006 ZSV. 2008 eigener Lyrikband bei<br />
der Pro Lyrica «Inmitten meiner Hände». Mitglied Pro Lyrica Schweiz.<br />
Dank<br />
Rolf Zöllig erklärt, als Vorstandsmitglied<br />
bei Pro Lyrica und als Fachlehrer an der<br />
Berufsschule <strong>für</strong> Hörbehinderte BSFH<br />
habe er zwei ganz unterschiedliche<br />
Anknüpfungen zum heutigen Anlass. Es<br />
freue ihn daher ausserordentlich, <strong>das</strong>s<br />
gehörlosen Menschen der Zugang zur<br />
Lyrik und zu einem schönen und ausserordentlichen<br />
Anlass habe ermöglicht werden<br />
konnte.<br />
Rolf Zöllig bedankt sich bei allen Autorinnen<br />
und Autoren und vor allem bei Nadine<br />
Kaufmann <strong>für</strong> die speziell anspruchsvolle<br />
Gestaltung des Jubiläums-Lyrik-Kalenders<br />
2013. Ein wirklich gelungenes Experiment<br />
unter enormen Zeitdruck.<br />
Beim anschliessend Apero und der<br />
gemeinsamen Führung durch die Ausstellungen<br />
besteht die einmalige Gelegenheit<br />
mit den Autorinnen und Autoren über die<br />
«Kunst» des Geschichteschreibens zu diskutieren.<br />
Es bleibt eigentlich nur zu hoffen,<br />
<strong>das</strong>s es auch in Zukunft Geschichteschreibende<br />
geben wird. Die Welt wäre<br />
sonst um einiges ärmer geworden.<br />
[rr]<br />
4<br />
11<br />
18<br />
25<br />
dämmerung<br />
auf<br />
Cæcilia Bühlmann<br />
5<br />
<strong>12</strong><br />
19<br />
26<br />
Cæcilia Bühlmann-Imboden<br />
zehenspitzen<br />
entfernt<br />
sich<br />
die<br />
zeit<br />
bleibt<br />
kleben<br />
in<br />
den<br />
spinnfäden<br />
der<br />
dämmerung<br />
6<br />
13<br />
20<br />
27<br />
7<br />
14<br />
21<br />
28<br />
welttag der<br />
philosophie<br />
1<br />
8<br />
15<br />
22<br />
29<br />
auf der suche nach<br />
Cæcilia Bühlmann<br />
2<br />
9<br />
16<br />
23<br />
30<br />
3<br />
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17<br />
24<br />
was<br />
würde<br />
ich<br />
gewinnen<br />
wenn<br />
ich<br />
aufhören<br />
würde<br />
zeit<br />
zu<br />
verlieren<br />
glück<br />
vielleicht<br />
prl_kal_2013_bel.indd 13 <strong>12</strong>.09.<strong>12</strong> 15:44<br />
Rolf Zöllig hofft und wünscht sich, <strong>das</strong>s bei einem nächsten Anlass noch mehr gehörlose und hörbehinderte Menschen<br />
anwesend sein werden.
Stimmungsvolle Gehörlosenweihnachtsfeier<br />
Am 18. <strong>Dezember</strong> 2011 findet in der evang.<br />
Kirche Grossacker in St. Gallen der ökumenische<br />
Weihnachtsgottesdienst statt,<br />
der von Achim Menges und Dorothee<br />
Buschor gemeinsam gestaltet wird.<br />
Wohl um die 150 Personen, gehörlose,<br />
schwerhörige und hörende machen sich an<br />
diesem verschneiten Vormittag auf den<br />
Weg. Zum ersten Mal findet die Gehörlosenweihnachtsfeier<br />
in diesem stimmungsvollen<br />
und mit viel Holz ausgekleideten<br />
gemütlichen Saal statt.<br />
Der Gottesdienst beginnt mit einer Darbietung<br />
der gehörlosen Inge Scheiber-Sengl<br />
des Weihnachtsliedes Jingle Bells. Seit<br />
vielen Jahren setzt sich sie sich da<strong>für</strong> ein,<br />
<strong>das</strong>s Musik und Gesang <strong>für</strong> Gehörlose in<br />
angemessener Form ausgedrückt, erleb-<br />
und emotional erfassbar, wird – eben über<br />
ausdrucksstarke Gebärden.<br />
Dorothee Buschor nimmt <strong>das</strong> Thema der<br />
Gefühle, die in den gebärdeten Gospelsongs<br />
auf vielfältige Weise angesprochen<br />
werden, auf. Sie erwähnt, <strong>das</strong>s sie im nahe<br />
gelegenen Kinderspital erlebe, wie ganz<br />
verschiedenartige Gefühle zum Ausdruck<br />
gebracht würden. Freude sei spürbar,<br />
wenn Kinder, die gesund geworden seien,<br />
wieder nach Hause zurückkehren dürften.<br />
Es gebe aber auch todkranke Kinder, deren<br />
Eltern damit konfrontiert seien, <strong>das</strong>s sie<br />
bald sterben würden. Diese Kinder strahlten<br />
oft eine ganz grosse Ruhe aus. Auch in<br />
der Advents- und Weihnachtszeit bestün-<br />
den ganz unterschiedliche Gefühle.<br />
Freude, Hoffnung stehe neben Enttäuschung<br />
und innerer Leere. Weihnachten<br />
sei immer auch mit vielen Erinnerungen<br />
verbunden. Eine breite Palette von sehr<br />
divergierenden Gefühlen mache sich in der<br />
Weihnachtszeit bemerkbar.<br />
Achim Menges nimmt nach dem Gebärdenlied<br />
«Shine your light» die Gedanken von<br />
Dorothee Buschor auf. Er macht geltend,<br />
<strong>das</strong>s man keine Angst vor Wut, Trauer,<br />
aber auch Freude und Interesse haben<br />
müsse. Wenn Neues da sei, etwas, was<br />
man nicht erwartet habe, dann seien die<br />
Gefühle wichtig. Durch die Gefühle werde<br />
der Weg geschaffen, <strong>das</strong> Neue in sein<br />
Leben zu integrieren. Auch zu allen Worten<br />
gehörten Gefühle. Liebe, Gerechtigkeit,<br />
Friede seien wichtige Eckpfeiler in diesem<br />
Zusammenhang. In Bezug auf diese Worte<br />
gebe es auch gemischte Gefühle und<br />
widersprüchliche Gefühle. Sehnsucht sei<br />
vielleicht manchmal auch nahe bei Eifersucht.<br />
Durch Trost, Versöhnung und Hoffnung<br />
könnten schwere Erlebnisse überwunden<br />
werden. Darauf gründen die<br />
Erfahrungen vieler Menschen mit dem<br />
Reich Gottes. Auf der Basis von Trost, Versöhnung<br />
und Hoffnung wachse Dank und<br />
Freude mit dem ganzen Leben. Achim Menges<br />
schliesst seine Predigt mit dem Bild<br />
der stillen in Dank versunkenen Hirten, die<br />
vielleicht <strong>für</strong> die heilige Nacht dankten.<br />
Am Keyboard stimmt Beat Hausammann<br />
<strong>das</strong> Lied «Stille Nacht, heilige Nacht» an.<br />
Natacha Hausammann singt dazu und der<br />
Gebärdenchor unter der Leitung von Inge<br />
Scheiber-Sengl drückt alles sehr stimmungsvoll<br />
in Gebärdensprache aus. Ein<br />
zweites Mal wird dieses wunderschöne<br />
Weihnachtslied angestimmt und alle<br />
Anwesenden, ob gehörlos, schwerhörig<br />
oder hörend singen in ihrer Sprache mit.<br />
Ganz zum Schluss des Gottesdienstes<br />
wird <strong>das</strong> Lied ‹Feliz Navidad› angestimmt.<br />
Die erwartungsvolle Vorfreude und Leichtigkeit,<br />
mit der der Gebärdengospelchor<br />
dieses einmalige Weihnachtslied untrüglich<br />
vorträgt, springt über auf alle Besucher<br />
und Besucherinnen, die danach alle<br />
zu einem Weihnachtsessen eingeladen<br />
sind, <strong>das</strong> vom begnadeten Koch des Hauses<br />
Vorderdorf in Trogen gekocht und liebevoll<br />
angerichtet wird.<br />
Bei gemütlichem Beisammensein und<br />
Plaudern nimmt die stimmungsvolle Weihnachtsfeier<br />
ihren Lauf bis weit in den<br />
Nachmittag hinein.<br />
Die Gehörlosenweihnachtsfeier findet in<br />
diesem Jahr am 23. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong> in<br />
der evangelischen Kirche Grossacker in<br />
St . G allen st at t .<br />
Inge Scheiber-Sengl gebärdet <strong>das</strong> Lied<br />
Jingle Bells.<br />
33
Achim Menges.<br />
Zwei ansprechende Weihnachtslieder<br />
<strong>für</strong> gehörlose Menschen vorgetragen<br />
von Inge Scheiber-Sengl (Gebärden),<br />
Natascha (Vocal) und Andreas Hausammann<br />
(Piano) sind übrigens via Internet über<br />
den folgenden Pfad downloadbar:<br />
http://www.youtube.comwatch?v=dKLrRbhqYl0,<br />
http://www.youtube.com/watch?v=sQukg-igf3w<br />
Dorothee Buschor.
Natacha Hausammann.<br />
Gebärdengospelchor<br />
Walter Spengler.<br />
35
Fritz Schaufelberger.<br />
Dorothee Buschor und Edith Elisa Durrer.<br />
Ruth Kasper im Gespräch mit Ilir Selmanaj.<br />
Bruno Schlegel, <strong>sonos</strong>-Präsident.
Hallo zusammen<br />
Vielleicht hat der eine oder andere schon<br />
von dem empfehlenswerten Buch «Ein<br />
Leben am Limit» gehört? Der bekannte<br />
Fernseh-Moderator Röbi Koller hat es<br />
geschafft, eine wunderbare Biografie über<br />
Nils Jent zu schreiben, der sich seit einem<br />
schweren Motorradunfall nicht mehr<br />
bewegen kann, zudem sein Augenlicht<br />
verloren hatte und nur noch über eine eingeschränkte<br />
Sprechfähigkeit verfügt.<br />
Übrigens, es gibt auch einen Film dazu<br />
«Unter Wasser atmen» – diesen muss ich<br />
selber auch noch schauen. Leider war ich<br />
dazumal aufgrund fehlender Untertitelung<br />
eben nicht imstande, den Film im Kino zu<br />
sehen. Nun ist die DVD mitsamt Untertitelung<br />
endlich auf dem Markt.<br />
Noch während ich <strong>das</strong> Buch regelrecht verschlang,<br />
kam in mir der Wunsch hoch, diesen<br />
Mann einmal persönlich kennen zu<br />
lernen. Denn, in gewisser Weise haben wir<br />
einiges gemeinsam, da wir beide Menschen<br />
mit einer Beeinträchtigung sind und<br />
zudem auch dieselbe Denkweise über die<br />
Lobbyarbeit <strong>für</strong> uns Betroffenen vertreten.<br />
Da kam es mir geradezu gelegen, an <strong>das</strong><br />
7. CI-Forum in St. Gallen zu gehen, da ich<br />
wusste, <strong>das</strong>s diese Persönlichkeit dort<br />
referieren wird. Ich sage Euch, alle Zuhörer<br />
im Saal wurden schon alleine durch seine<br />
Präsenz derart in den Bann gezogen. Man<br />
muss sich nämlich bewusst sein, <strong>das</strong>s er<br />
im Rollstuhl sitzt und physisch praktisch<br />
nichts mehr machen kann. Da<strong>für</strong> ist Dr.<br />
Jent mental umso stärker und hat es<br />
geschafft, trotz den Handicaps den Dok-<br />
marianne’s Kolumne<br />
tor-Titel zu erwerben. Das ist wirklich<br />
bewundernswert, da weder er noch seine<br />
Eltern in den 80er-Jahren nicht über die<br />
hervorragenden technischen Hilfsmitteln<br />
verfügten, die <strong>für</strong> uns heute alle unterdessen<br />
so selbstverständlich sind. (Die ausführliche<br />
Berichterstattung über Dr. Jent’s<br />
Referatinhalt findet Ihr in dieser <strong>sonos</strong>-<br />
Ausgabe unter dem Thema 7. CI Forum)<br />
Natürlich könnte Nils Jent in seinem eigenen<br />
Schicksal suhlen und <strong>das</strong> Umfeld Mitleid<br />
mit ihm haben. Aber <strong>das</strong> ist nicht seine<br />
Philosophie – im Gegenteil! Mit seiner<br />
unglaublich positiven Kraft schafft er es<br />
locker, die anwesenden Leute <strong>für</strong> Menschen<br />
mit einer Beeinträchtigung zu sensibilisieren.<br />
Dr. Jent, wie ich auch, ist der<br />
Meinung, <strong>das</strong>s die Gesellschaft die Menschen<br />
mit einer Beeinträchtigung fördern<br />
muss, indem die Stärken jedes einzelnen<br />
Individuums hervorgehoben werden sollen.<br />
Bis anhin ist es nämlich meist nicht der<br />
Fall, indem überall nur nach den Schwächen<br />
gesucht wird.<br />
Damals, als ich in Australien leben und<br />
arbeiten durfte, habe ich diese Philosophie,<br />
welche Dr. Jent anpeilt, ganz stark<br />
erlebt und nur positive Erfahrungen daraus<br />
mit in die Schweiz genommen. Dort in<br />
Down Under geht es vielmehr um <strong>das</strong><br />
Praktische als <strong>das</strong> Theoretische. Klar, ist<br />
es von Vorteil, wenn man eine gute Ausbildung<br />
mitbringt. Aber in erster Linie geht es<br />
um den Menschen, wie man ihn am besten<br />
einsetzen kann, so <strong>das</strong>s alle davon profitieren<br />
können. Hier in der Schweiz erlebe<br />
ich leider die umgekehrte Welt. Hier muss<br />
man etliche Qualifikationen, Zertifikate<br />
etc. vorweisen – also alles reine Theorie<br />
während die Praxis nur stiefmütterlich<br />
behandelt wird. Daher erstaunt es mich<br />
nicht, <strong>das</strong>s es in der Praxis oftmals nicht<br />
funktioniert. Warum machen wir es nicht<br />
einfach so wie die Aussies und auch wie Dr.<br />
Jent und ich persönlich es be<strong>für</strong>worten?<br />
Um sich aber eine solche Denkweise anzueignen,<br />
gehört dazu ganz klar auch die<br />
Entschleunigung in dieser «business-driven<br />
World», in welcher alles immer schneller<br />
gehen muss. Dabei ist es auch ganz gut,<br />
wenn man wieder einmal einen Gang<br />
zurück schalten kann/darf. Meines Erachtens<br />
erhält man mit der Entschleunigung<br />
längerfristig einen grösseren Nutzen.<br />
Natürlich ist es mir in diesem Kontext<br />
bewusst, <strong>das</strong>s ein solcher Schritt nicht<br />
von heute auf morgen vollzogen werden<br />
kann. Aber ein Anfang in die entsprechende<br />
Richtung ist schon einmal der<br />
Beginn einer grossen Reise.<br />
Mein persönlicher Wunsch <strong>für</strong> <strong>das</strong> neue<br />
Jahr ist, <strong>das</strong>s die Gesellschaft vermehrt<br />
auf uns Menschen mit einer Beeinträchtigung<br />
Rücksicht nimmt und uns entsprechend<br />
fördert. Das Ziel soll dabei die<br />
Effektivität sein und nicht nur die Schnelligkeit<br />
und Effizienz. So ist es <strong>für</strong> alle Parteien<br />
eine Win-Win-Situation, und alle<br />
sind glücklich dabei.<br />
Jetzt gerade um die bevorstehenden Festtage<br />
herum sind die meisten Leute sehr<br />
gestresst, da es Ende Jahr ist und somit<br />
alles noch erledigt werden muss. Aber<br />
warum auch? Die Welt geht ja nicht unter,<br />
und wir haben auch nächstes Jahr wieder<br />
Zeit. Stattdessen wäre es begrüssenswert,<br />
wenn wir uns selber mit Hilfe einer Tasse<br />
Tee «entschleunigen».<br />
Hiermit wünsche ich Euch allen besinnliche<br />
Weihnachten und einen guten Rutsch<br />
ins neue Jahr.<br />
Herzliche Grüsse<br />
Marianne Gegeckas<br />
<strong>sonos</strong>-Vorstandsmitglied<br />
marianne.gegeckas@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
37
Leben und<br />
Glauben Sechs Minuten noch . . .<br />
Foto: Benedikt Schmitz-Hübsch.<br />
Ich habe Zeit und stehe auf dem Perron des<br />
Bahnhofs in Wettingen. Ich warte auf die S <strong>12</strong><br />
nach Zürich. Sechs Minuten noch und es ist<br />
trübe November-Stimmung. Die Menschen<br />
stehen dicht gedrängt am Morgen auf dem<br />
Perron und warten. Einige lesen schon die<br />
ersten Nachrichten im 20-Minuten Blatt.<br />
Fünf Minuten noch . . .<br />
Was <strong>für</strong> Gedanken den vielen Menschen bei<br />
diesem Warten so durch den Kopf gehen am<br />
frühen Morgen? Einige sind in sich versunken,<br />
andere schauen noch etwas verloren in die<br />
Umgebung. Vielleicht mussten einige hastig<br />
auf den Bahnhof laufen, weil sie zu spät aufgestanden<br />
sind? Anderen hängt der Ärger noch<br />
nach, da die Kinder stressig waren beim Morgenessen.<br />
Und die Frau daheim schlug die Tür<br />
hinter ihrem Mann noch zu, weil es Konflikte<br />
vom Vorabend hatte?<br />
Ein Mann zieht noch rasch ein paar Züge an<br />
seiner Zigarette, während daneben ein junges<br />
Paar sich etwas ins Ohr flüstert. Sie lächelt ein<br />
wenig.<br />
Vier Minuten noch . . .<br />
Eine Frau am Treppenaufgang schminkt noch<br />
rasch ihre Lippen; sie sieht dabei in den kleinen<br />
Taschenspiegel in ihrer Hand. Zum<br />
Schluss streicht sie noch einmal zärtlich durch<br />
ihr Haar.<br />
Drei Minuten noch . . .<br />
Im Lautsprecher auf dem Perron ertönt eine<br />
Frauenstimme und kündigt bei der S <strong>12</strong> eine<br />
4-minütige Verspätung an. Grund ist eine<br />
Stellwerkstörung! Menschen auf dem Perron<br />
schauen auf die Anzeigentafel, auf der<br />
eine gelbe Zahl ca. vier Minuten auftaucht<br />
mit dem nachstehenden Wort «Verspätung».<br />
Einige schauen auf ihre Armbanduhr;<br />
ihr Blick zweifelnd und unsicher: «ob<br />
es wohl stimmt»?<br />
Inzwischen noch sechs Minuten . . .<br />
Sechs Minuten Lebenszeit. Ich wünschte,<br />
sie wären schon vorbei und der Zug führe<br />
ein. In diesem Moment möchte ich die Zeit<br />
verkürzen. Wie paradox – zugleich möchte<br />
ich aber möglichst lange leben. Was will<br />
ich eigentlich hier im Warten? Manchmal<br />
weiss ich es selber offenbar nicht, wenn<br />
ich so zwischen den Menschen auf dem<br />
Bahnhofperron stehe und warte.<br />
Vier Minuten noch . . .<br />
Es ist schon merkwürdig <strong>für</strong> uns Menschen;<br />
ständig warten wir auf etwas;<br />
langweilt sich gar. Manchmal schlägt man<br />
die Zeit mit allerlei Blödsinn tot. Am<br />
Schluss sind wir enttäuscht, weil <strong>das</strong><br />
Erwartete nicht eingetroffen ist oder wir<br />
sind enttäuscht über <strong>das</strong>, wie es eingetroffen<br />
ist.<br />
Ich schaue auf die Bahnhofsuhr. Der<br />
Sekundenzeiger dreht unbeeindruckt von<br />
meinen Gefühlen – auch der leichten Verärgerung<br />
über die Verspätung des Zuges<br />
– seine Runden. Ginge es nicht etwas<br />
schneller, bitte!?<br />
Stellwerksstörung, Defekt an der «Loki»,<br />
Abwarten eines Anschlusszuges, Signalstörung,<br />
Personen im Gleis usw. Die Liste<br />
liesse sich beliebig erweitern. Neulich fiel<br />
ein Zug ganz aus, weil es Personalprobleme<br />
hatte.<br />
Drei Minuten noch . . .<br />
Die Abhängigkeit des Menschen beim<br />
Bahnfahren u.ä. wird mir mal wieder mehr<br />
als deutlich. Ich friere etwas in der<br />
Novemberkühle des Morgens und beginne<br />
mich etwas zu bewegen.<br />
Der französische Theologe Calvin (Reformator<br />
in Genf) hat die Gläubigen immer<br />
wieder ermahnt, sich jeder Minute<br />
bewusst zu sein. Welche Beachtung hat er<br />
damit der Minute entgegengebracht!<br />
Ich warte immer noch...und trotz Calvin,<br />
misslingt mir diese Wertschätzung der<br />
einen Minute augenblicklich. Der Zug ist<br />
immer noch nicht da und ich warte.<br />
Die Zeit ist und bleibt «ein tief verworrenes<br />
Rätsel, so alltäglich und doch so dunkel»<br />
(Augustinus).<br />
Endlich ist es soweit! Das Vorsignal wechselt<br />
auf gelb. Da kommt in der Ferne der<br />
Zug mit zunehmenden Fahrgeräuschen<br />
auf uns zu. Es wurde aber auch höchste<br />
Zeit!<br />
Ein Adventslied beginnt mit den<br />
Textstrophen:<br />
«Es kommt ein Schiff, geladen bis an sein<br />
höchstes Bord, trägt Gottes Sohn voll<br />
Gnaden, des Vaters ewigs Wort. Das Schiff<br />
geht still im Triebe, es trägt ein teure Last;<br />
<strong>das</strong> Segel ist die Liebe, der Heilig Geist<br />
der Mast.»<br />
Vier Wochen Zeit des adventlichen<br />
Wartens!<br />
Zeit <strong>für</strong> eine Veränderung im Glauben<br />
könnte es bedeuten: Eine Chance, um im<br />
Glauben wieder neu offen zu werden, <strong>für</strong><br />
<strong>das</strong> göttliche Geheimnis in und mit uns<br />
Menschen. Advent und wir stehen auf dem<br />
Perron unseres Lebens und warten.<br />
Peter Schmitz-Hübsch<br />
Gehörlosenseelsorger<br />
Aargau und Zürich
Kirchliche Veranstaltungen <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong><br />
katholische<br />
Gehörlosengemeinden<br />
REGION AARGAU<br />
Auskünfte: Gehörlosenseelsorge Zürich,<br />
Telefon 044 360 51 51, Fax: 044 360 51 52,<br />
Email: info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
Web: www.gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />
Sonntag, 16.<strong>12</strong>.20<strong>12</strong>, 10.30 Uhr<br />
Ökumenischer Gottesdienst mit dem Gehörlosendorf<br />
Turbenthal, anschliessend Einladung zum<br />
Mittagessen.<br />
Sonntag, 23.<strong>12</strong>.20<strong>12</strong>, 15 Uhr<br />
Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst<br />
anschliessend Imbiss durch den Aargauischen<br />
Verein <strong>für</strong> Gehörlosenhilfe. Herz-Jesu Kirche,<br />
Lenzburg.<br />
Sonntag, 30.<strong>12</strong>.20<strong>12</strong>- 18.30 Uhr<br />
Ökumenischer Gottesdienst der Gehörlosengemeinden,<br />
mit gemütlichem Jahresausklang,<br />
ref. Kirche Baden.<br />
REGION ST. GALLEN / APPENZELL<br />
Katholische Gehörlosenseelsorge<br />
des Bistums St.Gallen<br />
Klosterhof 6b, 9001 St.Gallen<br />
Dorothee Buschor Brunner<br />
Gehörlosenseelsorgerin<br />
Tel. 071 227 34 61, Fax 071 227 33 41<br />
gehoerlosenseelsorge@bistum-stgallen.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorge-sg.ch<br />
Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, 9.30 Uhr<br />
Gottesdienst in der Schutzengelkapelle,<br />
mit Dorothee Buschor Brunner und<br />
Pfarrer Josef Raschle<br />
Sonntag, 23. <strong>Dezember</strong>, 10.45 Uhr<br />
Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst mit der<br />
evangelischen Gehörlosengemeine im Grossacker,<br />
anschliessend gemeinsames Mittagessen<br />
REGION SOLOTHURN, BERN, BASEL<br />
ve...e.e.? verstehen!<br />
katholische Gehörlosenseelsorge<br />
Solothurn, Bern und beide Basel<br />
Felix Weder-Stöckli<br />
Lindehus, Oberdorfstrasse 23,<br />
Postfach, 3053 Münchenbuchsee<br />
felix.weder@kathbern.ch<br />
www.kathbern.ch/gehoerlose<br />
Sonntag 9. <strong>Dezember</strong>, 10 Uhr<br />
Ökumenischer Adventsgottesdienst, mit Anita<br />
Kohler und Felix Weder-Stöckli, 4103 Bottmingen<br />
REGION ZÜRICH<br />
Kath. Gehörlosengemeinde<br />
Region Zürich<br />
Gehörlosenseelsorge Zürich,<br />
Telefon 044 360 51 51,<br />
Fax: 044 360 51 52,<br />
Email: info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
Samstag, 8. <strong>Dezember</strong>, 18:30 Uhr<br />
Ökumenischer Adventsgottesdienst<br />
mit dem Zürcher Mimenchor, Augustiner Kirche,<br />
Zürich, mit anschliessendem Apéro im Münz. Mit<br />
Gebärdensprachdolmetscher/in.<br />
Mittwoch, 26. <strong>Dezember</strong> 14:30Uhr<br />
Ökumenischer Treffpunkt der Gehörlosen,<br />
Gottesdienst mit anschliessendem<br />
kleinen Imbiss<br />
reformierte<br />
Gehörlosengemeinden<br />
REGION ZÜRICH<br />
Ref. Pfarramt <strong>für</strong> Gehörlose Zürich<br />
Oerlikonerstr. 98, 8057 Zürich<br />
Ref. Gehörlosengemeinde des Kt. Zürich<br />
E-Mail : gehoerlosenpfarramt.zh@ref.ch,<br />
Pfr. Matthias Müller Kuhn<br />
Tel. : 043 810 82 75, Fax 044 311 90 89<br />
E-Mail : matthias.mueller.zh@ref.ch<br />
Samstag, 8. <strong>Dezember</strong>, 18.30 Uhr<br />
Ökum. Adventsgottesdienst,<br />
Augustinerkirche Zürich<br />
mit Spiel des Zürcher Mimenchors<br />
anschliessend Imbiss<br />
Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, 14 Uhr<br />
Kulturkino, ökum. Gehörlosentreffpunkt<br />
Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />
Sonntag, 16. <strong>Dezember</strong>, 10.30 Uhr<br />
Ökum. Gottesdienst,<br />
Gehörlosendorf Turbenthal<br />
Mittwoch, 26. <strong>Dezember</strong>, 10.30 Uhr<br />
Ökum. Gottesdienst und Zusammensein<br />
am Stephanstag<br />
Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />
REGION BERN, JURA, SOLOTHURN<br />
Ref.-Kirchen Bern-Jura-Solothurn<br />
Bereich Sozial-Diakonie<br />
Schwarztorstrasse 20; Postfach 5461<br />
3001 Bern, Tel. 031 385 17 17<br />
E-Mail : isabelle.strauss@refbejuso.ch<br />
Sonntag, 2. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />
Gottesdienst zum 1. Advent mit Abendmahl<br />
Bern, Markuskirche, Tellstrasse 35<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold und<br />
Doris De Giorgi<br />
Montag, 3. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />
Belp, Atelier Triebwerk<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />
Mittwoch, 5. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 15 Uhr<br />
Gottesdienst mit Abendmahl<br />
Heimstätte Bärau<br />
mit Diakon Andreas Fankhauser<br />
Montag, 10. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 18 Uhr<br />
Gottesdienst zum Menschenrechtstag<br />
Bern, St. Marienkirche<br />
mit Vorbereitungsteam und dem Chor<br />
des Gymnasiums Neufeld unter der<br />
Leitung von Christoph Marti<br />
Sonntag, 16. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />
Adventsfeier pro audito Bern<br />
Bern, Kirchgemeindehaus Schlosshalde,<br />
Schosshaldenstrasse 43<br />
Andacht Diakon Andreas Fankhauser<br />
Dienstag, 25. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />
Gottesdienst zu Weihnachten mit Abendmahl<br />
Bern, Petruskirche, Brunnadernstrasse 40<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold und Doris De<br />
Giorgi<br />
GEHÖRLOSENGEMEINDEN<br />
ST.GALLEN • APPENZELL • GLARUS •<br />
THURGAU • GRAUBÜNDEN<br />
Pfarrer Achim Menges,<br />
oberer Graben 31, 9000 St.Gallen<br />
Tel. 071 227 05 70, Fax 071 227 05 79<br />
SMS/Mobile 079 235 36 48<br />
E-Mail : gehoerlosenseelsorge@ref-sg.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorge.ch<br />
Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, 17 Uhr<br />
Adventsanlass <strong>für</strong> Gehörlose und Hörende,<br />
Evang. Zentrum Jona, Zwinglistrasse 30, Jona<br />
Sonntag, 16. <strong>Dezember</strong>, 11.30 Uhr<br />
Ökumenischer Advents-Gottesdienst,<br />
Gehörlosen gemeinde Thurgau, evang. Kirche<br />
Weinfelden, anschliessend Hotel zum Trauben<br />
Sonntag, 23. <strong>Dezember</strong>, 10.45 Uhr<br />
Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst der<br />
Gehörlosengemeinde Ostschweiz zum 4. Advent<br />
anschliessend gemeinsames Mittagessen<br />
Evang. Kirche Grossacker, 9000 St. Gallen<br />
Mittwoch 26. <strong>Dezember</strong>, 14.15 Uhr<br />
Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst der<br />
Gehörlosengemeinde am Stephanstag in Chur,<br />
Regulakirche und Restaurant Freieck<br />
REFORMIERTES GEHÖRLOSENPFARRAMT<br />
DER NORDWESTSCHWEIZ<br />
Pfr. Anita Kohler<br />
Friedenssrasse 14, 4144 Arlesheim<br />
Tel./Fax 061 701 22 45, Natel : 079 763 43 29<br />
E-Mail : anita.kohler@ref-aargau.ch<br />
anita.kohler@gmx.ch<br />
Sonntag, 2. <strong>Dezember</strong>, 11 Uhr<br />
Ökumenische Adventsfeier der<br />
Solothurner Gehörlosengemeinden<br />
Pauluskirche Olten<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler und Seelsorger<br />
Felix Weder<br />
gem. separater Einladung<br />
Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, 10 Uhr<br />
Ökumenische Adventsfeier der Basler<br />
Gehörlosengemeinden<br />
Reformierte Kirche in Bottmingen<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler und Seelsorger<br />
Felix Weder<br />
gem. separater Einladung<br />
Sonntag, 16. <strong>Dezember</strong>, 14.30 Uhr<br />
Adventsfeier der Baselbieter Gehörlosengemeinde,<br />
Restaurant Falken, Liestal<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
gem. separater Einladung<br />
Sonntag, 23. <strong>Dezember</strong>, 15 Uhr<br />
Ökumenische Adventsfeier der Aargauer<br />
Gehörlosengemeinde<br />
Katholische Herz Jesu Kirche Lenzburg<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler und Seelsorger Peter<br />
Schmitz-Hübsch<br />
gem. separater Einladung<br />
Sonntag, 30. <strong>Dezember</strong>, 18.30 Uhr<br />
Ökumenischer Gottesdienst, reformierte<br />
Kirche Baden, mit Pfarrerin Anita Kohler und<br />
Seelsorger Peter Schmitz-Hübsch<br />
anschliessend Umtrunk zum Jahresausklang<br />
39
Vorweihnachtlicher Gottesdienst in Ballwil<br />
Der Gottesdienst mit Hörbehinderten<br />
und Hörenden<br />
in Ballwil ist bereits<br />
eine schön Tradition. Dem<br />
Mimen Chor von Zürich<br />
gelingt es immer wieder mit<br />
seiner ausdruckskräftigen<br />
Körpersprache die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer in<br />
die Geschichte von Weih-<br />
unerwar nachten einzustimmen.<br />
eln Der Gottesdienst findet<br />
am Sonntag,<br />
bestellkarte 16. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong><br />
um 10 Uhr in der<br />
Lyrik-Kalender<br />
katholischen Pfarrkirche<br />
von Ballwil (Lu), statt.<br />
januar 2013<br />
Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />
Samstag Sonntag<br />
tetes<br />
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LYRIK<br />
Kalender<br />
2013<br />
Schweizerische<br />
Lyrische<br />
Gesellschaft<br />
Ich hielt die Quelle <strong>für</strong> versiegt<br />
harrte davor<br />
in Geduld ergeben<br />
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Schrift-Bilder<br />
neuen Lyrik-Kalender 2013<br />
Mareile Wolff<br />
es 25 Jahre-Jubiläums von Pro Lyrica<br />
che Lyrische Gesellschaft<br />
ln l<br />
7<br />
14<br />
21<br />
28<br />
beeinflusst<br />
Wir<br />
fliessen<br />
in die Zeit<br />
aufwärts<br />
abwärts<br />
im grossen<br />
Fluss<br />
fliesst<br />
die Zeit<br />
in uns<br />
Rose-Marie Uhlmann<br />
1 neujahrstag 2 berchtoldstag 3<br />
8<br />
9<br />
10<br />
15<br />
16<br />
17<br />
22<br />
23<br />
24<br />
29<br />
30<br />
31<br />
4<br />
11<br />
18<br />
25<br />
apfel<br />
baum<br />
zeit<br />
Die Zeit<br />
kreist<br />
um den Apfelbaum.<br />
August Guido Holstein<br />
LYRIK-KALENDER 2013<br />
5<br />
<strong>12</strong><br />
19<br />
26<br />
6<br />
13<br />
20<br />
27<br />
Und du<br />
issest die Zeit<br />
vom Apfelbaum.<br />
drei könige<br />
Die Zeit<br />
reift<br />
am Apfelbaum.<br />
Nimm<br />
dir die Zeit<br />
pflücke die Äpfel.<br />
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Sie durchs ganze Jahr. Ideal auch als Geschenk.<br />
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Ansichtskarten lassen sich einzeln heraustrennen und versenden. Kalen