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Dezember 12 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...

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Koordinationssitzung Schweiz. <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />

Hörgeschädigten-Organisationen<br />

Sinnesbehinderung und Fernsehen<br />

Association Suisse pour organisations<br />

de sourds et malentendants<br />

dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf<br />

106. Jahrgang<br />

Nr. 11 <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong><br />

Associazione Svizzera per organizzazioni<br />

a favore delle persone audiolese<br />

4 CI-Forum mit Nils Jent<br />

Hochkarätige Veranstaltung<br />

13 Verschiedene Fazetten von Sprache<br />

Spracherwerb gehörloser Kinder – SVEHK-Tagung<br />

17 Musik und Hörverlust<br />

22 Diversity ist Zukunft<br />

25 Deafslam/Lyrik /Poesie<br />

27 Emanzipation der Gehörlosen in den 80er Jahren<br />

33 Stimmungsvolle Gehörlosenweihnachtsfeier<br />

mit Gebärdengospel


Seite des<br />

Präsidenten<br />

Liebe Leserinnen und Leser<br />

Die schwere Zeit des 2. Weltkrieges kennen<br />

die meisten Leser nur aus der<br />

Geschichtsstunde. Millionen von Menschen<br />

in Europa lebten damals mit Bedrohungen<br />

und Leiden, Millionen fanden den<br />

Tod auf Schlachtfeldern und in Konzentrationslagern.<br />

Auch wenn die Schweiz<br />

nicht direkt in die Kriegswirren eingebunden<br />

war, erlebte unser Land täglich Entbehrung<br />

und Angst.<br />

Es ist deshalb erstaunlich, <strong>das</strong>s Fachleute<br />

während dieser bedrohlichen Zeit<br />

den Mut und die Kraft fanden, eine<br />

zukunftsweisende Organisation zu gründen,<br />

die bis heute Bestand hat. Am<br />

17. November 1942 wurde die Schweizerische<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> Logopädie<br />

SAL gegründet. Angebote <strong>für</strong> Menschen<br />

mit Sprachgebrechen standen damals in<br />

der Schweiz am Anfang. Man schätzte,<br />

<strong>das</strong>s 1,5 bis 3,6 Prozent der Kinder auf<br />

sprachfördernde Angebote angewiesen<br />

wären.<br />

Vor dem 20. Jahrhundert lag es bei einzelnen<br />

Pädagogen und Ärzten, Sprachstörungen<br />

zu erkennen und zu behandeln.<br />

Behandlungsstätten gab es keine.<br />

Erste Sprachheilklassen entstanden 1910<br />

in Neuenburg, 1918 in Bern und 1919 in<br />

Zürich. 1918 wurde an der Ohrenklinik<br />

Zürich eine Abteilung <strong>für</strong> Stimm- und<br />

Sprachstörungen eingerichtet.<br />

Infolge Kriegswirren gestaltete sich die<br />

Arbeit der SAL zu Beginn sehr schwierig.<br />

So verunmöglichte eine Teilmobilmachung<br />

1944 die Durchführung eines Fortbildungskurses<br />

zur Behandlung von<br />

Sprachstörungen. Erst nach Kriegsende<br />

1946 wurde eine erste Kurswoche mit<br />

fünfzig Personen durchgeführt, welche<br />

von Hans Ammann und Hans Petersen<br />

geleitet wurde.<br />

Sowohl Petersen als auch Ammann<br />

waren ausgewiesene Fachleute im<br />

Bereich der Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik,<br />

beide wurden später <strong>für</strong><br />

ihre Verdienste mit der Ehrendoktorwürde<br />

geehrt. Es gelang ihnen, <strong>das</strong> spezifische<br />

Fachwissen im Umgang mit hörbehinderten<br />

Kindern und Erwachsenen<br />

zu übertragen auf andere Ursachen und<br />

Erscheinungsbildern von Sprachbehinderungen.<br />

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>für</strong> Logopädie SAL trat immer ein <strong>für</strong> Früherfassung<br />

und Frühbehandlung. Sie<br />

ebnete damit auch den Weg <strong>für</strong> die Früherziehung<br />

hörbehinderter Kleinkinder.<br />

Seit ihrer Gründung bildet die SAL Logopädinnen<br />

und Logopäden aus, aktuell an<br />

der Schweizerischen Hochschule <strong>für</strong><br />

Logopädie in Rorschach. Diese Fachleute<br />

arbeiten auch mit hörbehinderten Kindern<br />

in Ambulatorien, Audiopädagogischen<br />

Diensten und Sonderschulen.<br />

Vor kurzer Zeit hat die SAL ihren 70sten<br />

Geburtstag in der Aula der Universität in<br />

Zürich gefeiert. Auch <strong>sonos</strong> als Fachverband<br />

hat sich in die Reihen der Gratulanten<br />

eingeordnet. Die in unserem <strong>Verband</strong><br />

organisierten Institutionen haben dem<br />

Mut und der Weitsicht der Gründer der<br />

SAL viele Impulse und viele bestens ausgebildete<br />

Fachpersonen zu verdanken.<br />

Wir wünschen weiterhin gutes Gelingen!<br />

Die Tage sind kurz und kalt geworden.<br />

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern<br />

besinnliche Feiertage und alles Gute. Ich<br />

freue mich darüber, wenn wir auch im<br />

neuen Jahr mit gleichem Mut und Weitblick<br />

wie die Pioniere im Bereich Logopädie<br />

einstehen können <strong>für</strong> die Verbesserung<br />

der Situation hörbehinderter Mitmenschen.<br />

Euer Bruno Schlegel<br />

Präsident <strong>sonos</strong><br />

Quelle:<br />

Referat Peter Wieser, Präsident SAL,<br />

an der Jubiläumsveranstaltung vom 13. Juni 10<strong>12</strong>


Editorial<br />

Liebe Leserinnen und liebe Leser<br />

Das <strong>sonos</strong>-Redaktionsteam freut sich,<br />

Ihnen als Abschluss eines ereignisreichen<br />

Jahres nochmals eine facettenreiche Ausgabe<br />

unserer <strong>Verband</strong>szeitschrift vorlegen<br />

zu können.<br />

Viele Menschen mit ihren Beiträgen, Fachreferaten<br />

oder Darbietungen bilden die<br />

Grundlagen <strong>für</strong> die Artikel in unserer <strong>Verband</strong>szeitschrift<br />

und deren inhaltliche<br />

Basis. Gerade diese Menschen sind es<br />

auch, die gewillt sind, etwas zu bewegen,<br />

zu verändern sowie auch Freude, Wertschätzung<br />

und Wissenswertes zu vermitteln.<br />

Sie sind engagiert, voller Schaffenskraft<br />

und oftmals extrem ausdauernd. Sie<br />

garantieren, <strong>das</strong>s über wichtige Themen<br />

informiert wird und Anliegen nicht in Vergessenheit<br />

geraten.<br />

Über ein solch wichtiges Thema wurde mehrmals<br />

im Jahr 20<strong>12</strong> informiert. Die Invalidenversicherungsrevisionen.<br />

Viele Akteure aus<br />

der Behindertenszene kämpfen an vorderster<br />

Front da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s die Politik Entscheidungen<br />

fällt, die nicht zur völligen Aushöhlung des<br />

Sozialstaates mit unverhältnismässigem<br />

Leistungsabbau führt.<br />

Und <strong>das</strong> Engagement der Behindertenorganisationen<br />

zeigt Wirkung. Der Bundesrat<br />

hat noch vor der kommenden Schlussabstimmung<br />

über die IV-Revision 6b korrigierend<br />

eingegriffen und zum Beispiel die<br />

Streichung der Kinderrente wieder rückgängig<br />

gemacht. Ob die Lobby-Arbeit der<br />

Behindertenorganisationen bei den Parlamentariern<br />

in Bundesbern noch mehr Wirkung<br />

zeigt, ist schwer vorauszusehen.<br />

Sicher wird <strong>sonos</strong> auch im nächsten Jahr<br />

laufend über den aktuellen Stand und die<br />

Entwicklung rund um die IV-Revision orientieren.<br />

Die Veränderungen bei den wichtigsten<br />

Sozialversicherungssystemen in<br />

unserem Land betreffen uns alle. Die<br />

ganze Gesellschaft ist von den zum Teil<br />

einschneidenden Paradigmenwechseln<br />

betroffen. Die Hauptursachen da<strong>für</strong> liegen<br />

– so sagt man – in den fehlenden finanziel-<br />

len Mitteln sowie der ungenügenden Rentabilität<br />

des Kapitalmarktes.<br />

Mir persönlich scheint dies eine politische<br />

Ideenlosigkeit. Ein möglicher Grund da<strong>für</strong><br />

ist vielleicht, <strong>das</strong>s unsere Volksvertreter<br />

persönlich tagein tagaus nicht mit elementar<br />

nagenden Problemen konfrontiert<br />

sind – die classe politique an den Bürgerinnen<br />

und Bürgern vorbei politisiert.<br />

Der Blick über unsere Landesgrenzen<br />

zeigt, <strong>das</strong>s die nicht enden wollende<br />

EURO-Krise die Menschen in den EU-Staaten<br />

verunsichert und zornig macht. Die<br />

Solidarität unter den Staaten wird arg<br />

strapaziert. Alles ist sehr fragil.<br />

Ich hoffe, <strong>das</strong>s es der reichen Schweiz<br />

gelingen wird, <strong>für</strong> ihre Bevölkerung ein<br />

bestmögliches Lebensumfeld zu schaffen<br />

und auch langfristig zu gewähren. Dazu<br />

gehören ganz sicher auch sozial Schwächere<br />

und vor allem auch Menschen mit<br />

einer Beeinträchtigung, die eben nicht voll<br />

leistungsfähig sind und besonderen Förderbedarf<br />

haben.<br />

Ich wünsche Ihnen liebe Leserinnen und<br />

Leser eine friedvolle und besinnliche<br />

Adventszeit.<br />

Roger Ruggli<br />

Master of Arts (M.A.)<br />

Redaktor<br />

Impressum<br />

Zeitschrift <strong>sonos</strong><br />

Erscheint monatlich<br />

Herausgeber<br />

<strong>sonos</strong><br />

<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosen-<br />

und Hörgeschädigten-Organisationen<br />

Feldeggstrasse 69<br />

Postfach 1332<br />

8032 Zürich<br />

Telefon 044 421 40 10<br />

Fax 044 421 40 <strong>12</strong><br />

E-Mail info@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />

www.<strong>sonos</strong>-info.ch<br />

Redaktion<br />

Redaktion <strong>sonos</strong><br />

Feldeggstrasse 69<br />

Postfach 1332<br />

8032 Zürich<br />

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Inserate, Abonnentenverwaltung<br />

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Druck und Spedition<br />

Bartel Druck AG<br />

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8750 Glarus<br />

<strong>sonos</strong> verwendet bei Personen zur<br />

Vereinfachung abwechslungsweise die<br />

weibliche oder männliche Form,<br />

angesprochen sind beide Geschlechter.<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung der<br />

Redaktion, unter Hinweis auf die Quelle<br />

und mit Zustellung eines Belegexemplars.<br />

Die veröffentlichten Artikel von Gastautoren<br />

geben nicht in jedem Fall die Auffassung<br />

des Herausgebers wieder.<br />

Die nächste Ausgabe erscheint<br />

am 3. Januar 2013<br />

Redaktionsschluss:<br />

11. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong><br />

Titelbild: Prof. Dr. Nils Jent am CI-Forum vom<br />

10. November 20<strong>12</strong>.<br />

3


Siebtes CI-Forum – «Vision,<br />

Wunsch und Wirklichkeit»<br />

Hans-Jörg Studer, Präsident der CI IG Schweiz, führt nach sechs erfolgreichen Veranstaltungen zum letzten Mal durch<br />

<strong>das</strong> CI-Forum.<br />

Die Cochlea-Implant Interessengemeinschaft<br />

Schweiz (CI IG Schweiz) organisiert<br />

am 10. November 20<strong>12</strong> <strong>das</strong> siebte CI-<br />

Forum in St. Gallen.<br />

Wieder einmal mehr ist die Aula in der<br />

Sprachheilschule St. Gallen bis auf den<br />

letzten Platz besetzt. Das Interesse an<br />

diesem überregionalen Anlass ist nach<br />

wie vor ungebrochen.<br />

Hans-Jörg Studer, Präsident der CI IG Schweiz<br />

und selbst CI-Träger, heisst die 150 Teilnehmer<br />

ganz herzlich wilkommen und eröffnet<br />

die unter dem Motto «Vision, Wunsch und<br />

Wirklichkeit» stehende Fachtagung.<br />

Studer: «Dem Organisationskomitee ist es<br />

wieder einmal mehr gelungen, ein informatives<br />

und anspruchsvolles Programm zusammenzustellen.<br />

Ich möchte mich jetzt schon<br />

bei allen Referenten ganz herzlich bedanken.<br />

Sie tragen mit ihren Beiträgen wesentlich<br />

zum Erfolg unseres Anlasses bei.»<br />

Christine Leimgruber<br />

Christine Leimgruber, Geschäftsführerin<br />

von pro audito schweiz, richtet ebenfalls<br />

eine herzliche Grussbotschaft aus. «Viele<br />

der Anwesenden sind wahrscheinlich<br />

schon zum 7. Mal dabei. Für mich ist es in<br />

meiner neuen Funktion bei pro audito<br />

Christine Leimgruber, Geschäftsführerin von pro audito Schweiz.<br />

schweiz <strong>das</strong> erste Mal. Nach wie vor bin ich<br />

in einem ständigen Lernprozess, vor allem<br />

rund um <strong>das</strong> Cochlea Implantat. Ich<br />

möchte mich beim ganzen CI IG-Team <strong>für</strong><br />

die perfekte Organisation des Grossanlasses<br />

bedanken. Ein ganz grosser Dank<br />

gebührt aber der Sprachheilschule St. Gallen<br />

<strong>für</strong> <strong>das</strong> gewährte Gastrecht. Ich wünsche<br />

allen Anwesenden einen lehrreichen<br />

und spannenden Tag.»<br />

Hans-Jörg Studer freut sich, die beiden<br />

ersten Referenten des Forums vorstellen<br />

zu können – Dr. Nils Jent und Regula<br />

Dietsche.<br />

Nils Jent erlitt im Alter von 18 Jahren einen<br />

schweren Motorradunfall und lag danach<br />

vier Wochen im Koma. Seither ist er<br />

sprechbehindert, blind, im Rollstuhl und<br />

kann seine Arme und Beine kaum bewegen.<br />

Nach rund 6-jähriger Rehabilitationszeit<br />

holte er die Matura nach und studierte<br />

an der Hochschule St. Gallen Betriebswissenschaften.<br />

Anschliessend promovierte<br />

er und ist heute Leiter des Bereichs angewandte<br />

Forschung am «Center for Disability<br />

and Integration» und des «Diversity<br />

Centers» am Institut <strong>für</strong> Führung und Personal-Management<br />

IFPM an der Universität<br />

St. Gallen.


Regula Dietsche ist Ergotherapeutin und<br />

studierte an der Universität Zürich Psychologie<br />

und Pädagogik. Seit mehr als<br />

einem Jahr ist sie in Arbeitspartnerschaft<br />

mit Dr. Jent tätig und schreibt an ihrer Dissertation.<br />

Jent und Dietsche setzen sich <strong>für</strong> die Förderung<br />

von Arbeitsgemeinschaften von<br />

Menschen mit und ohne Behinderung ein.<br />

Nutzung der Vielfalt – Büchse der<br />

Pandora oder Zukunftsinnovation?<br />

Regula Dietsche erklärt einleitend, <strong>das</strong>s<br />

Nils Jent und sie sich über die Einladung<br />

zum CI-Forum sehr gefreut haben. Vorweg<br />

möchte sie aber unbedingt etwas loswerden.<br />

Nämlich – Nils Jent habe anfangs<br />

November 20<strong>12</strong> die Professur erhalten.<br />

Diese brandaktuelle Information wolle sie<br />

dem Forum-Publikum auf keinen Fall vorenthalten.<br />

Mit einem mächtigen und herzlichen<br />

Applaus gratulieren die Anwesenden<br />

Dr. Nils Jent zu seiner Ernennung zum<br />

Professor an der Universität St. Gallen.<br />

Das «Center for Disability and Integration»,<br />

bei welchem Jent und Dietsche tätig<br />

sind, entstand im Jahr 2009 durch private<br />

Zuwendungen der Stiftung «MyHandicap»<br />

und ist organisatorisch beim Institut <strong>für</strong><br />

Führung und Personalmanagement (BWL)<br />

sowie beim Schweizerischen Institut <strong>für</strong><br />

Regula Dietsche, Psychologin lic. phil. Universität Zürich,<br />

Empirische Wirtschaftsforschung (VWL)<br />

verankert. Dietsche und Jent beschäftigen<br />

sich hauptsächlich mit dem Forschungsbereich<br />

der Angewandten Forschung.<br />

Sie gehen der Frage nach, wie<br />

kann Inklusion <strong>für</strong> Menschen mit Behinderung<br />

in der Praxis umgesetzt werden<br />

kann.<br />

Ca. 10% der Bevölkerung gälten als<br />

behindert. Aber nur ca. 40% der Menschen<br />

mit Behinderung gingen einer<br />

Beschäftigung nach. Bei Menschen mit<br />

Behinderung sei die Arbeitslosigkeit<br />

überdurchschnittlich hoch. In der Schweiz<br />

weisen insbesondere Menschen mit einer<br />

psychischen Erkrankung mit einer Steigerung<br />

von 6% in den Jahren 2000 bis 2009<br />

eine hohe Wachstumsrate auf. Der demographische<br />

Wandel werde diese Entwicklung<br />

verstärken und es komme in den<br />

Industrienationen zu einem zunehmenden<br />

«War for Talents».<br />

Wie lautet eigentlich die Definition von<br />

Diversitiy? Dietsche erklärt, «Diversity» sei<br />

ein humanistischer Ansatz, der sich mit der<br />

Frage beschäftige, wie mit Vielfältigkeit<br />

und Verschiedenartigkeit der Menschen<br />

sinnvoll und zum Nutzen aller Anspruchsgruppen<br />

umgegangen werden könne. Dabei<br />

befassten sich die Diversity-Verantwortlichen<br />

damit, wie diese Verschiedenartigkeit<br />

in einem sozialen Gefüge (Gesellschaft,<br />

Unternehmung) zum Wohle aller sinnvoll<br />

organisiert («Managing Diversity») und<br />

geführt («Leading Diversity») werden müsse.<br />

«Zum Wohle aller» beinhalte stillschweigend<br />

den Grundsatz der Nichtdiskriminierung<br />

auf gesellschaftspolitischer wie auch<br />

unternehmenspolitischer Ebene. Der humanistische<br />

Anspruch von «Diversity» verdeutliche<br />

aber auch, <strong>das</strong>s die Aufgaben<br />

und Bemühungen, die mit «Diversity» verbunden<br />

seien, nicht einfach an <strong>das</strong> System<br />

(Unternehmung) delegiert werden dürften.<br />

Jeder Mensch dieses Systems (Mitarbeiter)<br />

sei in der Pflicht, Verantwortung da<strong>für</strong> zu<br />

übernehmen, <strong>das</strong>s «Diversity» lebe und<br />

seine nutzenstiftende Wirkung entfalten<br />

könne. Die besten Strukturen, Strategien<br />

und Instrumente des «Diversity» («Managing<br />

Diversity») verfehlten ihre positive<br />

Kraft und Wirkung, wenn es nicht jedem<br />

Einzelnen von uns gelinge, den Geist, die<br />

Werthaltungen und Einstellungen zu tragen<br />

und zu leben, die mit «Diversity»<br />

untrennbar verbunden seien. Deshalb<br />

müsse «Diversity», also die Berücksichtigung<br />

und Einbettung von Verschiedenartigkeit,<br />

in gezielt zusammengesetzten<br />

Arbeitspartnerschaften notwendigerweise<br />

auch immer geführt oder gecoacht werden<br />

(«Leading Diversity»).<br />

Dietsche erwähnt, damit diese Ziele<br />

erreicht werden können, brauche es einen<br />

Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft.<br />

Die Forumsteilnehmer bekommen die<br />

Gelegenheit einen Ausschnitt aus dem<br />

aufwühlenden Film «Unter Wasser atmen»<br />

zu sehen. Im Film wird gezeigt, wie Nils<br />

Jent es nach seinem tragischen Unfall<br />

trotz seiner massiven Behinderungen<br />

geschafft hat, seine beruflichen Ziele zu<br />

verwirklichen.<br />

Jent: «Dies alles habe ich nur dank eiserner<br />

Disziplin geschafft. Für mich war klar,<br />

entweder man kämpft oder gibt auf. Für<br />

mich ist es ein neues Leben, ein zweites,<br />

<strong>das</strong> ich neu gestalten kann. Nach meinem<br />

Unfall konnten die Ärzte nicht verstehen,<br />

<strong>das</strong>s mein Herz nach neun Minuten Stillstand<br />

weitergeschlagen hat. Für mich ist<br />

es offensichtlich, es braucht eine höhere<br />

Kraft. Als zweite Erkenntnis ist mir klar,<br />

<strong>das</strong>s ich neue Aufgaben brauchte, auch<br />

wenn sie noch unklar, unbekannt waren,<br />

und ich nicht wusste wohin sie mich führten.<br />

Und die dritte Erkenntnis <strong>für</strong> mich<br />

war, <strong>das</strong>s ich parallel viele «Wege» gleichzeitig<br />

zu beschreiten versuchen musste.<br />

5


Prof. Dr. Nils Jent und lic. phil. Regula Dietsche.<br />

Während meiner Therapie gab es viele<br />

Stillstände. Ich musste mir dauernd<br />

andere Wege <strong>für</strong> meine Weiterentwicklung<br />

überlegen. Ich musste an meinen<br />

Schwächen feilen, und ich musste<br />

begreifen lernen, wieso meine Umgebung<br />

irritiert reagierte. Schritt <strong>für</strong> Schritt<br />

konnte ich mich entwickeln. Und siehe<br />

da, es ging weiter. So konnte ich mich<br />

weiterentwickeln, und ich hatte Kraft die<br />

Gegenwart zu gestalten.»<br />

Jent erklärt, in Bezug auf die Definition<br />

von Diversity, <strong>das</strong>s es idealtypische<br />

Menschen und nicht idealtypische gebe.<br />

Gerade diese Gruppe von Menschen sei<br />

Prof. Dr. Nils Jent zieht mit seiner Anwesenheit und vor allem mit seinen Aussagen die Forums-Besucher völlig in den Bann.<br />

gross und vielfältig. In der Lehre kenne<br />

man viele Instrumente, um die Gruppe<br />

der idealtypischen Menschen zu führen.<br />

«Meine unfallbedingten Symptome (Schädelhirntrauma)<br />

waren in den 1980er noch<br />

nicht gross erforscht. Damals gab es Diversity<br />

Management – also der Umgang mit<br />

Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen<br />

zum Nutzen aller – leider noch<br />

nicht. Es muss nicht immer schnell sein,<br />

eine gewisse Entschleunigung ist sinnvoll.<br />

Die Behinderung sagt nichts über<br />

den Menschen aus. Das ressourcenorientierte<br />

Verständnis steht im Vodergrund.»<br />

Dietsche erläutert, <strong>das</strong>s unter dem<br />

Begriff «komparative Kompetenzen» die<br />

typischen Eigenschaftsausprägungen zu<br />

verstehen seien, die dieselben einer<br />

anderen Mitarbeiterkategorie deutlich<br />

überragen. Als komparative Kompetenz<br />

sei im Zusammenhang mit «Managing<br />

Diversity» jene Befähigung zu verstehen,<br />

die sich auf Grund der Konfrontation<br />

einer Arbeitskraft mit dem sie bestimmendsten<br />

sowie prägendsten sozialen<br />

Datum entwickle.<br />

«Wir sehen hin und wollen in Erfahrung<br />

bringen, was kann der Mensch uns<br />

sagen. Wir haben gelernt von unten nach<br />

oben zuführen, und <strong>das</strong> Resultat heisst:<br />

Nils Jent! Wir haben begriffen, <strong>das</strong>s die<br />

Fach-, Führungs- und Sozialkompetenz<br />

noch durch die vierte neue der komparativen<br />

Kompetenz ergänzt werden muss.<br />

Da<strong>für</strong> braucht es neue Management-Systeme,<br />

die darauf ausgerichtet sind, <strong>das</strong>s<br />

Menschen mit einem Mangel ebenso gut<br />

sein können, wie Menschen ohne Mangel.<br />

Der Mangel wird durch andere gute<br />

Fähigkeiten kompensiert und führt zu<br />

einem Gleichstand und Gleichwertigkeit.<br />

Ganz dem Leitmotiv von Dr. Jent «Geht<br />

nicht – gibt’s nicht» folgend. Durch Miteinander<br />

und Entschleunigung wird vieles<br />

möglich, was sonst eigentlich nicht<br />

geht.»<br />

Das Fazit von Dietsche lautet, die Leute<br />

draussen in der «Wirtschaft» müssen zu<br />

einer Klischeediät aufgerufen werden.<br />

«Innovation besteht darin, zu sehen, was<br />

alle sehen und dabei zu denken, was<br />

sonst niemand gedacht hat.»


Jent schliesst <strong>das</strong> Referat mit dem Zitat:<br />

«Wer beide Augen fest in die Zukunft richtet,<br />

hat in der Gegenwart kein Auge mehr frei,<br />

die Zukunft zu sehen. Darum gucken wir in<br />

die Gegenwart, um den Weg in die Zukunft<br />

zu sehen.»<br />

Kodierungsstrategien – wie künstliches<br />

Hören funktioniert<br />

Daniel Abels, CI-Audiologe und Akustiker,<br />

Universitätsspital Basel, beginnt sein Referat<br />

mit dem bildlichen Vergleich zwischen<br />

dem Fahrradfahren lernenden Kleinkind<br />

Lisa und einer gehörlosen Person, die mit<br />

einem Cochlea Implantat, <strong>das</strong> Hören erlenen<br />

will. Damit diese Herausforderung erfolgreich<br />

gemeistert werden könne, brauche es<br />

Koordinierungsstrategien. Dazu gehöre,<br />

nebst der CI Versorgung ein funktionierendes<br />

Umfeld, Audiologen, Pädagogen, Mediziner<br />

und Therapeuten, so <strong>das</strong>s eine bestmögliche<br />

zentrale Verarbeitung im Gehirn<br />

geschaffen werden könne.<br />

Abels erklärt, hören bedeute noch lange<br />

nicht, verstehen zu können. Das Hören und<br />

<strong>das</strong> Verstehen haben bei den betroffenen<br />

Gehörlosen einen enorm hohen Stellenwert.<br />

Abels beschreibt in seinem Referat die technisch-elektronische<br />

Funktionsweise des<br />

Cochlea-Implantates. Dank Weiterentwicklungen<br />

der Elektroden versuchen die füh-<br />

Dr. Ing. Waikong Lai.<br />

Daniel Abels.<br />

renden CI-Hersteller die Qualität des Hörempfindens<br />

zu verbessern.<br />

Anhand seiner Ausführungen wird klar, <strong>das</strong>s<br />

die drei grossen CI-Hersteller unterschiedliche<br />

Strategien bei den Entwicklungen ihrer<br />

Elektroden fahren, aber die drei Produkte<br />

als absolut gleichwertig angesehen werden<br />

können.<br />

Abels schliesst sein Referat mit dem Zitat<br />

von Patrick u. Evans aus dem Jahr 1995.<br />

«Die heutigen CI-Systeme stellen ohne<br />

Ausnahme im Vergleich mit dem zu ersetzenden<br />

biologischen System technische<br />

Kompromisslösungen dar, welche immer<br />

nur Teilfunktionen des peripheren Gehörs<br />

ersetzen können.»<br />

Musikhören mit CI – Eine Herausforderung<br />

Dr. Ing. Waikong Lai, Cochlea-Implantat Zentrum<br />

Zürich, nimmt darauf Bezug, <strong>das</strong>s Musikhören<br />

mit einem CI eine vielfältige Herausforderung<br />

sei. Vergleiche man Musikhören mit<br />

einem Berg, so befinde sich die Klangwahrnehmung<br />

in der Talsohle, <strong>das</strong> Sprachverstehen<br />

in ruhiger Umgebung beim sanften<br />

Anstieg des Berges und <strong>das</strong> Sprachverstehen<br />

im Störlärm unmittelbar unterhalb der<br />

Bergspitze im steilen Gelände. Aber <strong>das</strong><br />

Musikhören sei mit dem Erklimmen der<br />

Bergspitze zu vergleichen. Wer Musik hören<br />

könne, der verstehe alles.<br />

Lai erklärt, <strong>das</strong>s es sehr viel Zeit und<br />

Geduld brauche. Aber schlussendlich sei<br />

es wie bei allem, Übung und Hartnäckigkeit<br />

mache den Meister. Vielleicht brauche<br />

es aber einfach auch nur ein<br />

Schlüssel erlebnis als Auslöser <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

Hören von Musik. Die Grenzen zwischen<br />

Musik und Geräuschen sei ganz schmal.<br />

7


Ein wichtiger Aspekt, der nicht ausser<br />

Acht gelassen werden dürfe, sei, die<br />

Sprache zu verstehen, müsse nicht<br />

schön sein. Aber Musik zu hören, wenn<br />

sie nicht schön sei, sei eben doch nur<br />

Geräusch.<br />

Gehirn und CI: Wie sich <strong>das</strong> Gehirn<br />

an die neue Reizsituation anpasst<br />

Dr. Pascale Sandmann, Universität Oldenburg,<br />

beschreibt eingangs den Aufbau des<br />

menschlichen Gehirns, welches aus 100<br />

Milliarden Nervenzellen und aus zwei<br />

Hemisphären bestehe. Jede Hemisphäre<br />

sei in vier Lappen unterteilt. Bestimmte<br />

Regionen im Gehirn seien <strong>für</strong> bestimmte<br />

Funktionen spezialisiert. Das menschliche<br />

Gehirn sei äusserst flexibel. Die Plastizität<br />

des Gehirns sei die Voraussetzung <strong>für</strong> die<br />

Rehabilitation nach einem Funktionsverlust.<br />

Nach einer Versorgung mit einem<br />

Cochlea Implantat müsse sich <strong>das</strong> Gehirn<br />

zuerst und allmählich an die neuen Reize<br />

gewöhnen. Wissenschaftliche Untersuchen<br />

hätten ergeben, <strong>das</strong>s nach einer CI<br />

Versorgung die Sprachverständlichkeit<br />

nach den ersten Tag sehr rasch auf über<br />

50% und nach 59 Tagen (Studienanordnung)<br />

auf über 80% ansteige.<br />

Sandmann informiert, wie die Gehirnfunktionen<br />

untersucht werden könnten<br />

und welche Veränderungen im Gehirn bei<br />

CI-Trägern stattfänden. Aktuelle wissen-<br />

Dr. Pascale Sandmann.<br />

schaftliche Untersuchungen hätten dabei<br />

erstaunliche Ergebnisse hervorgebracht.<br />

Mittels Elektroenzephoalogramm (EEG)<br />

habe aufgezeigt werden können, <strong>das</strong>s<br />

sich <strong>das</strong> Gehirn an die neuen Reize, welche<br />

durch <strong>das</strong> CI ausgelöst würden,<br />

anpassen könne. Dies führe zu einer Verbesserung<br />

der Hörleistungen.<br />

Anhand zweier wissenschaftlichen Untersuchen<br />

habe messbar dargelegt werden<br />

können, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Gehirn von CI-Trägern<br />

an die neuen Reizsituationen mit CI<br />

anpasse und zu einer Verbesserung der<br />

Hörleistungen (Sprache und Töne) führe.<br />

Dabei sei festgestellt worden, <strong>das</strong>s die<br />

Antworten im Hörzentrum grösser und<br />

effizienter innerhalb der ersten Wochen<br />

nach der Erstanpassung würden. Erwachsene<br />

CI-Träger passten sich schnell an<br />

die Reize des CI an. Erste Erkenntnisse<br />

zeigten aber, <strong>das</strong>s die Anpassungsfähigkeit<br />

des Hörzentrums von CI-Trägern<br />

jedoch scheinbar begrenzt sei.<br />

Sandmann erklärt zum Schluss ihres<br />

spannenden Referates, <strong>das</strong>s mit dem<br />

neuen Wissen die Rehabilitations-Massnahmen<br />

optimiert werden könnten.<br />

Zudem erhoffe man sich, <strong>das</strong>s langfristig<br />

Aussagen <strong>für</strong> die erfolgreiche CI-Versorgung<br />

gemacht werden könnten. Die<br />

Untersuchungen mittels Elektroenzephoalogramm<br />

(EEG) sei erst seit kurzer<br />

Zeit ein Thema. Vieles sei diesbezüglich<br />

noch wenig erforscht.<br />

Der «Club»<br />

Hans-Jörg Studer freut sich auf eine<br />

echte Innovation am 7. CI-Forum. Den<br />

«Club» am Dienstagabend im Schweizer<br />

Fernsehen kennen alle. Neu sei aber,<br />

<strong>das</strong>s es zum ersten Mal auch einen CI-<br />

Forum-Club gebe.<br />

Moderiert wird der Club von Alex Oberholzer.<br />

Seine Gäste sind Liselotte Oesch,<br />

Mutter eines CI implantierten Sohnes,<br />

Sabine Millius, CI-Trägerin und in Ausbildung<br />

zur Bekleidungsgestalterin, Patrick<br />

Röösli, CI-Träger und dipl. Architekt<br />

FH SIA, Antoinette von Werdt, CI-Trägerin<br />

und Ergotherapeutin und Familienfrau,<br />

und Alfred Blumberg, CI-Träger und<br />

pensionierter Arzt.<br />

Sabine Millius informiert, <strong>das</strong>s sie ihr<br />

erstes CI im Jahr 2001 und <strong>das</strong> zweite<br />

2004 erhalten haben. Zusammen mit<br />

ihren Eltern sei der Entscheid <strong>für</strong> eine CI-<br />

Versorgung gefällt worden. Heute sei sie<br />

sehr glücklich über diesen Entscheid.<br />

Dies auch deshalb, weil vor allem ihr<br />

zweites CI sehr gut funktioniere.<br />

Antoinette von Werdt führt aus, <strong>das</strong>s sie<br />

früher Hörgeräte getragen habe. Ihr<br />

Gehör sei aber immer schlechter geworden.<br />

Schlussendlich sei sie hochgradig<br />

schwerhörig gewesen. Die berufliche<br />

Tätigkeit mit Kindern als Ergotherapeutin,<br />

aber auch als Familienfrau und Mutter<br />

von drei Kindern habe sie immer mehr<br />

angestrengt und sehr erschöpft. Dank<br />

der beiden CI‘s (2009/2011) könne sie<br />

heute wieder ganz normal arbeiten. Die<br />

CI-Versorgung sei ein richtiger Entscheid<br />

gewesen. Heute könne sie wieder problemlos<br />

kommunizieren. Sie habe wieder<br />

Kapazität als Mutter und auch in der<br />

Arbeit mit den Kindern als Therapeutin.<br />

Patrick Röösli legt dar, <strong>das</strong>s er nach<br />

einem Hörsturz im Jahr 2001 sein CI<br />

bekommen habe. Es sei sehr dankbar<br />

darüber und über die heute zur Verfügung<br />

stehenden technischen Möglichkeiten.<br />

Jetzt könne er wieder hören, sprechen<br />

und problemlos kommunizieren.<br />

Die grössten Feinde im Alltag seien heute<br />

<strong>für</strong> ihn die Störgeräusche.<br />

Alfred Blumberg macht geltend, <strong>das</strong>s die<br />

CI-Versorgung nach seiner Pensionierung<br />

als praktizierender Arzt im Jahr<br />

2007 erfolgt sei. In seiner aktiven Berufszeit<br />

habe er Hörgeräte getragen. Aber


Alex Oberholzer moderiert den ersten «CI-Forum Club». Seine Gäste v.l.n.r. Antoinette von Werdt, Alfred Blumberg, Sabine Millius, Liselotte Oesch und Patrick Röösli.<br />

sein Hörvermögen habe laufend abgenommen,<br />

so <strong>das</strong>s der Entscheid <strong>für</strong> eine<br />

CI-Versorgung sehr leicht gefallen sei.<br />

Für ihn sei <strong>das</strong> CI wesentlich besser, als<br />

die Hörgeräte. Er könne nun beispielsweise<br />

problemlos an Vorträgen oder Führungen<br />

teilnehmen.<br />

Liselotte Oesch informiert, <strong>das</strong>s ihr Sohn<br />

kurz nach der Geburt eine Mittelohrentzündung<br />

bekommen habe und deswegen<br />

vollständig ertaubt sei. Diese Diagnose<br />

habe alles verändert. Es sei eine schwierige<br />

Zeit <strong>für</strong> die Familie entstanden. Die<br />

psychischen wie auch die physischen<br />

Belastungen seien enorm gewesen. «Wir<br />

erfuhren, <strong>das</strong>s Meningitis zu Verknöchelungen<br />

im Gehör führen konnte. Die<br />

Unterstützungen durch die Mitarbeitenden<br />

der ORL-Klinik des Universitätsspitals<br />

und durch die Audiopädagoginnnen<br />

waren hervorragend. Sehr schnell war<br />

klar, <strong>das</strong>s wir als Eltern <strong>für</strong> unser Kleinkind<br />

rasch handeln mussten. Es gab nur<br />

zwei Optionen: Mit oder ohne CI. Wir<br />

haben uns <strong>für</strong> die CI-Versorgung entschieden.<br />

Heute ist unser Sohn 10 Jahre<br />

alt und seine Sprachentwicklung ist, mit<br />

einer gewissen Verzögerung, völlig normal<br />

verlaufen. Aktuell besucht er die<br />

Regelschule. Gegenüber den ersten<br />

Lebensjahren ist es jetzt <strong>für</strong> die ganze<br />

Familie fast paradiesisch. Die Lebensgeschichte<br />

meines Sohnes halte ich in<br />

einem Tagebuch fest. Es gibt mir die not-<br />

wendige Kraft, um wiederkehrenden<br />

Tiefschlägen besser verarbeiten zu können.»<br />

Oberholzer möchte von seinen Gästen<br />

wissen, ob sie auf zusätzliche technische<br />

Hilfsmittel angewiesen seien. Bis auf<br />

Patrick Röösli bejahen alle, <strong>das</strong>s sie vor<br />

allem die Unterstützung von FM-Anlagen<br />

in Anspruch nehmen. Die heutigen Hilfsmittel<br />

seien auch <strong>für</strong> ältere Menschen<br />

einfach zu bedienen. Verbesserungspotenzial<br />

gebe vor allem bei der Stromversorgung<br />

durch Batterien bei den CI’s.<br />

Oberholzer erkundigt sich nach dem richtige<br />

Zeitpunkt einer CI-Versorgung, den<br />

gemachten Erfahrungen und wo <strong>das</strong> CI<br />

nerve.<br />

Antoinette von Werdt erklärt, sie habe<br />

sehr grossen Respekt vor dem Eingriff<br />

gehabt und ein langer Findungsprozess<br />

sei voraus gegangen. Vor allem habe sie<br />

Angst um den Verlust ihres Restgehörs<br />

gehabt. Aber es sei ein guter und richtiger<br />

Entscheid gewesen. Heute könne sie<br />

dank ihrer CI’s wieder Musik hören. Die<br />

CI’s störten sie eigentlich nur bei der<br />

Haarpflege. Unbefriedigend sei aber,<br />

<strong>das</strong>s die Invalidenversicherung bei nicht<br />

erwerbstätigen Müttern die Kosten <strong>für</strong><br />

die CI-Versorgung nicht übernehme.<br />

Sabine Millius betont, <strong>das</strong>s sie mit den<br />

CI’s keine Probleme habe. Dank der CI’s<br />

könne sie auch wieder Musik hören. Und<br />

<strong>das</strong> sei wichtig <strong>für</strong> sie, denn ohne Musik<br />

gehe bei ihr gar nichts.<br />

Alfred Blumberg stellt fest, <strong>das</strong>s er aus<br />

heutiger Erkenntnis die Operation wohl<br />

etwas früher hätte machen lassen müssen.<br />

Beim Musikhören sei es so, <strong>das</strong>s es<br />

schon etwas anders töne. Aber wegen<br />

seiner Schwerhörigkeit habe er schon<br />

lange vor der Operation die Musik nicht<br />

mehr richtig hören können. Und <strong>das</strong><br />

Schöne mit dem CI sei, <strong>das</strong>s er jetzt wieder<br />

die Vögel zwitschern höre. Handlungsbedarf<br />

sehe er aber bei den öffentlichen<br />

Bauten. Das induktive Hören sollte<br />

darin eigentlich eine Selbstverständlichkeit<br />

sein. Leider sei dies noch bei weitem<br />

nicht der Fall. Wahrscheinlich habe es<br />

eben damit zu tun, <strong>das</strong>s die Hörbehinderungen<br />

– im Gegensatz zu anderen Behinderungen<br />

– von Aussenstehenden nicht<br />

wahrgenommen würden.<br />

Patrick Röösli erklärt, <strong>das</strong>s auch er Musik<br />

hören könne. Sie sei einfach weniger<br />

«farbig» und es sei nicht möglich sie zu<br />

bewerten. Schön wäre es, wenn es einem<br />

Batterienhersteller gelänge, ein innovatives<br />

Produkt auf den Markt zu bringen,<br />

welches von der körpereigenen Energie<br />

gespiesen würde. Das lästige und teure<br />

Batterien wechseln gehörte dann auf<br />

9


Die CI-Forums-Besucher verfolgen mit Interesse den von Alex Oberholzer moderierten «Club» mit den spannenden Statements seiner Gäste.<br />

einen Schlag der Vergangenheit an. Dies<br />

wäre eine echte Innovation.<br />

Alex Oberholzer bedankt sich bei den<br />

«Club»-Gästen <strong>für</strong> die wirklich spannenden<br />

und informativen Erfahrungsberichte<br />

rund um <strong>das</strong> Cochlea-Implantat.<br />

Schlusspunkt<br />

Der Schluss der Forumsveranstaltung<br />

steht ganz im Zeichen des Abschiedes<br />

von Hans-Jörg Studer: «Mit dem heutigen<br />

7. CI-Forum verabschiede ich mich als<br />

Präsident der CI IG Schweiz. Die Arbeit<br />

hat mir immer sehr viel Freude bereitet.<br />

Ich danke allen, die zum guten Gelingen<br />

beigetragen haben, allen voran Erika<br />

Rychard. Wir konnten uns immer wieder<br />

gegenseitig unterstützen. Ich danke aber<br />

auch meinen Kommissionsmitgliedern<br />

<strong>für</strong> ihr Mitdenken. Danken möchte ich der<br />

Sprachheilschule St. Gallen <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

gewährte Gastrecht in den letzten sieben<br />

Jahren. Ich werde mich sicher nicht «auf’s<br />

Altenteil» zurückziehen. Die Idee der CI<br />

IG Schweiz wird weiterleben, wenn auch<br />

in anderer Form. Ob im kommenden Jahr<br />

oder erst im Jahr 2014 ein weiteres CI-<br />

Forum und vor allem auch wo es stattfinden<br />

wird, ist noch nicht entschieden. Ich<br />

danke Ihnen allen herzlich <strong>für</strong> die jahrelange<br />

Treue und ich hoffe, Sie bei ande-<br />

rer Gelegenheit wieder einmal zu treffen.»<br />

Mit einem riesigen und herzlichen Applaus<br />

wird Hans-Jörg Huber verabschiedet und<br />

sein engagiertes Schaffen verdankt.<br />

[rr]<br />

Alex Oberholzer.


200 Privatbeistände in Zürich befassen<br />

sich mit Hörbehinderung<br />

Bruno Schlegel macht vor 200 Privatbeiständen in der Stadt Zürich Ausführungen zum Thema «Beethoven – ein<br />

taubes Genie».<br />

Am 13. November 20<strong>12</strong> findet die 25. Weiterbildungsveranstaltung<br />

<strong>für</strong> Privatbeistände<br />

in der Stadt Zürich statt. Ein ganzer<br />

Nachmittag – drei Stunden – sind dem<br />

Thema Hörbehinderung gewidmet. Bruno<br />

Schlegel, <strong>sonos</strong>-Präsident, Daniel Hadorn,<br />

gehörloser Anwalt, und Petrea Bürgin,<br />

Gebärdensprachdolmetscherin, machen<br />

die freiwilligen MandatsträgerInnen von<br />

Erwachsenenschutzmassnahmen mit den<br />

verschiedenen Fazetten von Gehörlosigkeit<br />

und Hörbeeinträchtigungen vertraut.<br />

Beethoven – ein taubes Genie<br />

Seit über einem Jahr referiert der <strong>sonos</strong>-<br />

Präsident in verdienstvoller Weise vor<br />

ganz verschiedenem Publikum – immer<br />

<strong>das</strong> eine Ziel vor Augen: Für Hörbehinderung<br />

zu sensibilisieren. In seiner hervorragend<br />

und anschaulich vorgetragenen Präsentation<br />

nimmt er stets wieder Bezug auf<br />

Leben und Werk des begnadeten Komponisten<br />

Ludwig van Beethoven, der schon<br />

im jungen Erwachsenenalter immer mehr<br />

unter Taubheit litt und seit 1817 rein gar<br />

nichts mehr hörte. Der Vortrag von Bruno<br />

Schlegel ist mit eindrücklichen Tonbeispielen<br />

unterlegt, wie Musik sich anhört,<br />

wenn man fast nichts oder immer weniger<br />

hört. Auch wie Hören funktioniert, Hörapparate<br />

und <strong>das</strong> Cochlea Implant, vermittelt<br />

der <strong>sonos</strong>-Präsident den Anwesenden auf<br />

überzeugende Art und Weise. Es wird<br />

sofort spürbar, hier ist ein begnadeter<br />

Didaktiker mit jahrzehntelanger Erfahrung<br />

am Werk.<br />

Credo <strong>für</strong> die bilinguale Erziehung<br />

Daniel Hadorn erzählt anschliessend aus<br />

seinem Leben, als mit fünfeinhalb Jahren<br />

infolge einer Hirnhautentzündung ertaubtes<br />

Kind. Fasziniert verfolgend alle den<br />

Werdegang des engagierten gehörlosen<br />

Anwalts, der seine gesamte Schulzeit in<br />

Regelschulen bzw. dem Gymnasium zugebracht<br />

hat und alles ablesen musste. Eine<br />

besondere Lanze bricht Hadorn <strong>für</strong> die<br />

Gebärdensprache. Er bringt die Nöte<br />

gehörlos geborener Kinder zur Sprache,<br />

die mannigfachen Schwierigkeiten, die<br />

Lautsprache zu erlernen, wenn man keine<br />

oder über Hilfsmittel verfremdete akustische<br />

Eindrücke hat. Ein Mittel, <strong>das</strong> Leseverständnis<br />

und die Lautsprachkompetenz<br />

wesentlich zu verbessern, bilde die<br />

Gebärdensprache, ist Hadorn überzeugt.<br />

Er verweist auf zwei Studien der Universitäten<br />

Heidelberg und Berlin mit CI-implantierten<br />

Kindern. Dort sei zweifelsfrei festgestellt<br />

worden, <strong>das</strong>s Kinder mit einem CI,<br />

die neben Audiopädagogik und Logopädie<br />

auch noch mit Gebärdensprache unterstützt<br />

würden, die viel bessere Lautsprachkompetenz<br />

erlangten bzw. bessere<br />

Schulresultate erzielten. Emotionen könnten<br />

mit der Lautsprache nicht transferiert<br />

werden. Die Gebärdensprache sei diesbezüglich<br />

sehr wertvoll und vermöge hier<br />

viele Missverständnisse vermeiden zu helfen.<br />

Oft verwenden Hörende nämlich ironische<br />

Umschreibungen. Wenn Gehörlose<br />

ablesen, erkennen sie diese Konnotierung<br />

nicht. Es könne sich verhängnisvoll auswirken,<br />

wenn man sich nur auf <strong>das</strong> Ablesen<br />

verlasse.<br />

Der gehörlose Daniel Hadorn begeistert die Privatbeistände mit seinen authentischen Schilderungen und Erlebnissen.<br />

11


Gespannt folgen die Anwesenden den interessanten Darlegungen zum Thema Hörbehinderung.<br />

Berufsfeld GebärdensprachdolmetscherIn<br />

Petrea Bürgin stellt schliesslich <strong>das</strong><br />

Berufsfeld der GebärdensprachdolmetscherIn<br />

vor. Sie weist auf <strong>das</strong> breite Verständnis<br />

des Begriffs Gehörlosigkeit.<br />

Auch die kulturelle Zugehörigkeit spiele<br />

hier eine ganz wichtige Rolle. Bei der<br />

Beanspruchung von Gebärdensprachdolmetschern<br />

gelte es, diesen Faktoren Rechnung<br />

zu tragen. Auch sie spricht sich dezidiert<br />

da<strong>für</strong> aus, wie wichtig es sei, <strong>das</strong>s<br />

gehörlos geborene Menschen in der<br />

Gebärdensprache kommunizieren könnten.<br />

Als besonders stossend streicht sie<br />

heraus, <strong>das</strong>s teure Hörgeräte <strong>für</strong> Babys<br />

von der Invalidenversicherung bezahlt<br />

würden, nicht aber Gebärdensprachkurse<br />

<strong>für</strong> Eltern gehörloser Kinder, obwohl<br />

gerade durch die Gebärdensprache hohe<br />

Erfolgsaussichten <strong>für</strong> die soziale Integration<br />

eines gehörlosen Kindes bestünden.<br />

Im Anschluss an die drei Referate werden<br />

viele Fragen aus dem Publikum gestellt.<br />

Der Anlass hat etwas deutlich gemacht:<br />

<strong>das</strong> Thema Hörbehinderung stösst auf<br />

grosses Interesse.<br />

Petrea Bürgin ist Germanistin und Gebärdensprachdolmetscherin. Mit viel Verve beschreibt sie anschaulich, was<br />

Gebärdensprache ist.<br />

[lk]<br />

In Kürze<br />

Warum wir uns<br />

«en guete<br />

Rutsch» wünschen?<br />

Zum Jahreswechsel wünschen wir unseren<br />

Freunden, Bekannten und Familienmitgliedern<br />

«en guete Rutsch». Stellt<br />

sich nun die Frage, warum? Ob es wohl<br />

mit dem Winter zu tun hat? Schliesslich<br />

ist es Silvester/Neujahr kalt und glatt<br />

auf den Strassen (wie auf einer Rutschbahn);<br />

und wir wollen ja nicht, <strong>das</strong>s<br />

unsere Liebsten ins Schleudern geraten,<br />

sondern gut rutschen. Und zwar ins<br />

neue Jahr hinein oder?<br />

Woher die Bezeichnung «en guete<br />

Rutsch» kommt, ist umstritten. Einige<br />

Sprachwissenschaftler glauben, der<br />

Ursprung liege im Hebräischen und sei<br />

über <strong>das</strong> Jiddische und Rotwelsche in<br />

unseren Sprachgebrauch gelangt. Konkret<br />

geht es um <strong>das</strong> Wort «rosh» respektive<br />

«rosch», welches ähnlich wie<br />

Rutsch klingt, aber in besagten Sprachen<br />

Kopf oder Anfang bedeutet. So<br />

gesehen lässt sich «en guete Rutsch»<br />

auch mit «en guete Start (ins neue<br />

Jahr)» übersetzen.<br />

Eine zweite Theorie lehnt sich an die<br />

Verwendung des Wortes Rutsch<br />

gemäss dem «Deutschen Wörterbuch»<br />

(ab 1838) der Gebrüder Grimm. Dort<br />

steht beim Begriff «der Rutsch» unter<br />

anderem, er würde «in derber Übertragung<br />

<strong>für</strong> Reise» gebraucht, etwa in der<br />

Wendung «glücklicher rutsch», also<br />

glückliche Reise. Dasselbe gilt <strong>für</strong> die<br />

weibliche Form «die Rutsche», welche<br />

«humoristisch <strong>für</strong> Reise, Fahrt» stehen<br />

kann.<br />

Quelle: COOP-Zeitung vom 27. <strong>Dezember</strong> 2011


Leysin – ganz Ohr<br />

Die Elterntagung vom 20. Oktober 20<strong>12</strong><br />

wird mit dem Leitsatz von Johann Heinrich<br />

Pestalozzi «Der Mensch, wenn er<br />

werden soll, was er sein muss, muss als<br />

Kind sein und als Kind tun, was ihn als<br />

Kind glücklich macht» eröffnet. Dieses<br />

Motto gilt <strong>für</strong> hörgeschädigte Kinder in<br />

gleicher Weise.<br />

Mit gewohnter Routine und Herzlichkeit<br />

begrüsst SVEHK-Präsident Tobias Schölly<br />

die zahlreichen TeilnehmerInnen an der<br />

diesjährigen Elterntagung in Leysin.<br />

Stadträtin Martine Ruchet erhält kurz<br />

Gelegenheit <strong>für</strong> eine Grussbotschaft.<br />

Wie wichtig es ist «ganz Ohr» zu sein <strong>für</strong><br />

alles, was geschieht, veranschaulicht<br />

der Umstand, <strong>das</strong>s Westschweizer Kanton<br />

LPC bzw. ELS nicht mehr bezahlen<br />

wollen. Pierre Lutz lanciert diesbezüglich<br />

eine Petition. Nicht nur im Welschland,<br />

sondern auch in der Deutschschweiz<br />

macht dieses Beispiel leider<br />

Schule. So wurden auch im Kanton Solothurn<br />

Leistungen <strong>für</strong> hörbehinderte Kinder<br />

gekürzt. Dies ist absolut stossend<br />

und trägt dem Grundgedanken der integrativen<br />

Beschulung überhaupt nicht<br />

Rechnung. Es geht nicht an, <strong>das</strong>s immer<br />

auf dem Buckel hörbehinderter Menschen<br />

gespart wird. Zuerst bei der Hörgeräteversorgung<br />

und nun auch bei der<br />

Finanzierung der audiopädagogischen<br />

Unterstützung von Kindern!<br />

Das Hauptreferat hält Dr. Maurice Rey. Er<br />

ist Kinder- und Jugendpsychiater sowie<br />

Familientherapeut.<br />

Seine Identität definieren – seine<br />

Persönlichkeit entwickeln<br />

Rey hat von 1979 bis heute am Centre<br />

pour Enfants sourds de Monbrillant gearbeitet.<br />

Seine Ausführungen stellt er<br />

unter ein Zitat von Emanuelle Levinas<br />

«s’interroger sur l’identité juive, c’est déjà<br />

l’avoir perdue, mais c’est encore s’y tenir,<br />

sans quoi on éviterait l’interrogation.»<br />

In seinen interessanten Darlegungen<br />

stellt Rey seine Gedanken vor im Zusammenhang<br />

mit der Frage, ob die Gehörlosigkeit<br />

Auswirkungen auf die persönliche<br />

Identität und Persönlichkeitsentwicklung<br />

hat. Eigentlich ist die Antwort<br />

auf diese Frage klar, auch ohne den Fachhintergrund<br />

von Dr. Rey. Die Hörbehin-<br />

derung bildet eine ganz einschneidende<br />

Kommunikationsbeeinträchtigung und<br />

klarerweise bleibt dieser Umstand nicht<br />

ohne Auswirkungen auf die Identität und<br />

Persönlichkeitsentwicklung eines jeden<br />

Menschen, der davon betroffen ist.<br />

Eltern übertragen ihrer Werte, ihre Vorstellungen<br />

vom Leben auf ihre Kinder<br />

und die Kinder lernen erst mit der Zeit,<br />

ihre eigenen Werte und Vorstellungen zu<br />

entwickeln und allenfalls jenen der<br />

Eltern entgegenzusetzen. So unterschiedlich<br />

wie die Biografien und Wertehierarchien<br />

hörender Personen sind, so<br />

verschieden sind auch die Persönlichkeiten<br />

hörbehinderter Menschen. Heterogenität<br />

lautet <strong>das</strong> Stichwort. Dem gilt es<br />

im therapeutischen Alltag Rechnung zu<br />

tragen. Aber auch im ganz normalen<br />

Leben. Auch hörbeeinträchtigte Kinder<br />

können in sog. Patchworkfamilien leben,<br />

können in früher Kindheit oder Jugend<br />

einen lieb gewordenen wichtigen Menschen<br />

durch Tod verloren haben, können<br />

mit Situationen innerfamiliär konfrontiert<br />

worden sein, ungeliebt zu sein,<br />

keine oder nur ganz wenig Wertschätzung<br />

zu erfahren. All dies wirkt sich in<br />

irgendeiner Weise aus auf <strong>das</strong> Selbstbild,<br />

<strong>das</strong> Selbstvertrauen und die Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Die Gehörlosigkeit<br />

zu erleben als Beeinträchtigung<br />

der eigenen Person ist eine sehr einschneidende<br />

Erfahrung <strong>für</strong> die Betroffenen.<br />

Dies wird von den meisten als emotional<br />

sehr heftiges und auch schmerzerfülltes<br />

Erlebnis wahrgenommen. Rey<br />

bezeichnet dies denn auch als ein inhärentes<br />

Risiko in der Entwicklung hörbehinderter<br />

Kinder. Wenn die Eltern ihrem<br />

Kind mit viel Liebe und Zuwendung<br />

begegnen würden, könne dieses Risiko<br />

etwas abgeschwächt werden.<br />

Eine Schwierigkeit in der Alltagsbewältigung<br />

mit hörbehinderten Kindern<br />

bestehe darin, <strong>das</strong>s es ohne Sprache sehr<br />

schwierig sei, etwas zu verbieten und<br />

Grenzen zu setzen. Die Sprache ist der<br />

Schlüssel soziales Verhalten zu lernen.<br />

Dies ist sowohl in Laut- als auch in Gebärdensprache<br />

möglich.<br />

Am Schluss kommt Rey noch auf statistische<br />

Daten zu sprechen. Diese lassen den<br />

Rückschluss zu, <strong>das</strong>s gehörlose Menschen<br />

vermehrt unter psychischen Beeinträchtigungen<br />

leiden und weniger häufig<br />

als Hörende ein gutes Selbstwertgefühl<br />

haben.<br />

Rey weist auf die 2004<br />

publizierte Studie von<br />

Kathrin P. Meadows-<br />

Orleans The world of<br />

deaf infants. Darin werden<br />

die Auswirkungen eines Babys mit<br />

Hörschäden auf den Säugling und seine<br />

Eltern beleuchtet und die Entwicklung der<br />

Kommunikation. Die Abhandlung stellt<br />

die Ergebnisse einer 15-Jahres-Studie vor.<br />

Mit dieser wichtigen Forschungsarbeit –<br />

vielleicht der grössten im langfristigen<br />

Vergleich von gehörlosen und hörenden<br />

Kindern, bietet Meadow-Orleans Team<br />

einen umfassenden und intimen Einblick<br />

in die Welt gehörloser Kinder. Für eine<br />

Kerngruppe von 80 Familien, die alle vier<br />

Kombinationen von Eltern-Kind-Hörstatus<br />

einschloss, wurden die Daten in<br />

Längsrichtung mit neun, zwölf, fünfzehn<br />

und achtzehn Monaten gesammelt, und<br />

die Mutter-Kind-Interaktionen wurden<br />

aufgezeichnet und beobachtet in strukturierten<br />

und unstrukturierten Einstellungen.<br />

Das Temperament und der Stress der<br />

Mütter, deren Gesichts-, Vokal-, und taktiles<br />

Verhalten und die Wechselwirkungen,<br />

die dabei bei den Säuglingen entstanden<br />

sind, die sprachlichen und kommunikativen<br />

Verhaltensweisen sowie die<br />

allgemeine Reaktionsfähigkeit bei der<br />

Sprachentwicklung der Kindern wurden<br />

ausgewertet und erforscht. Die Ergebnisse<br />

waren dramatisch, vor allem über<br />

Säuglings-Bindungsverhalten und die<br />

Bedeutung der visuellen Aufmerksamkeit<br />

auf die gesamte Entwicklung von gehörlosen<br />

Kindern. Diese umfassende Arbeit<br />

bietet eine Grundlage, auf welcher Fachkräfte,<br />

Schüler und Eltern aufbauen, um<br />

die Kommunikation, kognitive und soziale<br />

Entwicklung gehörloser Kindern zu<br />

verbessern.<br />

Flashlights aus zwei Workshops<br />

Spracherwerb hörgeschädigter Kinder von<br />

null bis fünf Jahren<br />

Véronique Wegmann ist Logopädin. Sie<br />

arbeitet heute am Pädagogischen Zentrum<br />

<strong>für</strong> Hören und Sprache Münchenbuchsee.<br />

In ihren Workshop nimmt sie<br />

Bezug auf den Sprachbaum von Wendlandt.<br />

Zentral am Spracherwerb sei die<br />

Sprechfreude, lautet ihr überzeugendes<br />

Credo.<br />

13


Wärme, Akzeptanz und Liebe seien wichtige<br />

Faktoren, <strong>das</strong>s gute Bedingungen<br />

bestehen hinsichtlich Spracherwerb. Bei<br />

hörgeschädigten Kindern finden diesbezüglich<br />

grundsätzlich die gleichen Prozesse<br />

statt wie bei hörenden Kindern.<br />

Die Variabilität in der Sprachentwicklung<br />

sei bei hörbehinderten Kindern<br />

indes sehr hoch – höher als bei hörenden<br />

Kindern.<br />

Wichtig sei, <strong>das</strong>s Menschen kommunizieren<br />

wollen unabhängig davon, ob sie<br />

hörgeschädigt sind oder hörend.<br />

Bei kleinen Kindern vermitteln Fingerspiele<br />

und Verse Sicherheit. Die Wiederholungen<br />

sind ausschlaggebend da<strong>für</strong>.<br />

Denn so weiss <strong>das</strong> Kind immer, was<br />

kommt.<br />

Relevant sei, <strong>das</strong>s mit den Kindern in<br />

der Muttersprache geredet wird bzw.<br />

der Spracherwerb über die Muttersprache<br />

erfolgt. So wird automatisch ein<br />

grösserer Wortschatz verwendet.<br />

Wegmann zitiert am Schluss Bodo Bertram:<br />

«Man soll die Kinder in der Sprache<br />

baden und nicht ertränken.»<br />

Integration in der Regelschule<br />

der deutschen Schweiz<br />

Der zweite Workshop, den die <strong>sonos</strong>-<br />

Geschäftsführerin besucht, ist dem<br />

Thema Integration gewidmet. Franziska<br />

Geiser-Bedon moderiert. Alle TeilnehmerInnen<br />

stellen sich eingangs kurz vor<br />

und nehmen Bezug auf die Schulform<br />

ihrer Kinder.<br />

Wichtige Statements sind:<br />

Integrative Beschulung wird derzeit<br />

gross auf die Fahne geschrieben. In der<br />

Tat wird von den Lehrkräften indes nicht<br />

gemerkt, wo die hörbehinderten Kinder<br />

effektiv stehen.<br />

Die Eltern haben <strong>das</strong> Recht zu verlangen,<br />

<strong>das</strong>s hörgeschädigte Kinder optimal<br />

gefördert werden im Bereich Audiopädagogik,<br />

Logopädie, Heilpädagogik.<br />

Der Kanton Solothurn tritt dieses Recht<br />

derzeit allerdings mit Füssen und kürzt<br />

die Leistungen <strong>für</strong> hörbehinderte Kinder.<br />

Eltern hörbehinderter Kinder im<br />

Kanton Solothurn sind im neuen Schul-<br />

Sprachbaum nach Wolfgang Wedland.<br />

jahr mit beträchtlichen Kürzungen der<br />

Förderstunden <strong>für</strong> ihre Kinder konfrontiert<br />

worden. Grundsätzlich will Solothurn<br />

<strong>das</strong> Modell «Fachbegleitung» fördern.<br />

Dass heisst, <strong>das</strong>s die Heilpädagogische<br />

und Früherziehungsdienste vor<br />

Ort involviert werden und die Audiopädagoginnen<br />

nur eine beratende Funktion<br />

haben sollen.<br />

In der Oberstufe macht der Besuch einer<br />

Sonderschule <strong>für</strong> hörbehinderte Kinder<br />

auch heute noch recht viel Sinn vor<br />

allem wegen des Findens einer Lehrstelle.<br />

Als Brückenschlag zum Referat von Dr.<br />

Rey wird herausgestrichen, <strong>das</strong>s die<br />

Identitätsfindung eine wichtige Erfahrung<br />

bilde bzw. die Erkenntnis, <strong>das</strong>s<br />

man nicht allein mit der Behinderung sei.<br />

Angesprochen wird auch <strong>das</strong> Thema<br />

gehörlose Kinder von hörenden Eltern<br />

und die darin eingeschlossenen zwei<br />

Kulturen, welche solche Kinder naturgemäss<br />

irgendwann einmal wohl angehören<br />

würden.<br />

[lk]


Bilder der<br />

Elterntagung<br />

Tobias Schölly, bei der Eröffnung der<br />

diesjährigen Elterntagung.<br />

Dr. med. Maurice Rey macht Ausführungen zum<br />

Thema «Seine Identität definieren – Seine<br />

Persönlichkeit entwickeln».<br />

Martine Ruchet , Stadträtin von Leysin richtet eine<br />

Grussbotschaft an die Anwesenden.<br />

Die Logopädin Véronique Wegmann<br />

nimmt auf den Spracherwerb<br />

hörgeschädigter Kinder 15 im Alter<br />

von 0 bis 5 Jahren Bezug.


Franziska Geiser-Bedon ist Mutter einer<br />

hörgeschädigten Tochter und leitet den<br />

Workshop «Regelschule-Sonderschule<br />

in der Deutschschweiz».<br />

. . . wie auch der hochgradig<br />

schwerhörige Physiker und vierfache<br />

Familienvater Stefan Föllmi . . .<br />

Toni Bieri, Leiter Audiopädagogischer<br />

Bereich im Zentrum <strong>für</strong> Hören und<br />

Sprache Münchenbuchsee, wirkt an<br />

diesem Workshop mit . . .<br />

. . . und seine Frau Katharina Wehrli Föllmi.<br />

Sie ist Mutter zweier hochgradig<br />

schwerhöriger Töchter.


Musik und Hörverlust Interdisziplinäres<br />

Kolloquium<br />

Auf Einladung von Michael Stückelberger,<br />

Inhaber der Stückelberger Hörberatung<br />

GmbH, und seinem Team findet<br />

vom 19. und 20. Oktober 20<strong>12</strong> <strong>das</strong> erste<br />

Symposium «Musik und Hörverlust» in<br />

Zürich statt.<br />

«Am Symposium soll in ein faszinierendes<br />

Thema eingetaucht werden, <strong>das</strong><br />

eben erst beginnt eine breite Aufmerksamkeit<br />

zu erlangen. Musikgenuss war<br />

und ist noch immer die Kür der Hörgeräteversorgung,<br />

die erst in zweiter Linie<br />

kommt – nach dem Spracherwerb.»<br />

Dies sei auch richtig so, denn Sprachverstehen,<br />

also die Wiederherstellung<br />

der Kommunikationsfähigkeit <strong>für</strong> die<br />

verschiedensten akustischen Situationen,<br />

habe oberste Priorität <strong>für</strong> Menschen<br />

mit Hörminderung, gibt Stückelberger<br />

zu bedenken.<br />

Mit den Referaten soll aufgezeigt werden,<br />

wo die technischen Challenges liegen,<br />

um Musik möglichst klangneutral<br />

mit Hörgeräten einzufangen, zu verarbeiten<br />

und schliesslich Menschen mit<br />

Hörminderung darzubieten. Die Rede<br />

werde von Frequenzbändern, Analog-<br />

Digital-Wandlern, von Kompression, von<br />

Einweg-, Zweiweg-, von Dreiweg-Hörern<br />

sein. Es sei Knochenarbeit, <strong>das</strong> Handwerkszeug<br />

zu erwerben, <strong>das</strong> es zu<br />

beherrschen gelte, wenn man Musikgenuss<br />

mit Hörsystemen erzeugen möchte.<br />

Es sei die Kür, die nach der Pflicht des<br />

Spracherwerbes komme.<br />

Cochlea Implantate und Musik<br />

hören<br />

Dr. Ulrike Stelzhammer, Musik- und<br />

Bewegungspädagogin, veranschaulicht<br />

in ihrem Referat, <strong>das</strong> Zusammenspiel<br />

zwischen «Musik – Technik – Mensch»<br />

und erklärt wie <strong>das</strong> Cochlea Implantat<br />

Musik verarbeitet.<br />

Nebst den medizinisch-technischen Informationen<br />

rund um <strong>das</strong> Cochlea-Implantat<br />

erklärt Stelzhammer, was unter den vier<br />

musikalischen Parametern Dynamik,<br />

Rhythmus, Melodie und Klangfarbe<br />

gemeint sei. Sie versucht Antworten<br />

darauf zu geben, was eigentlich Musik<br />

Michael Stückelberger begrüsst die Gäste und Referenten zum Symposium. Der Hörakustik-Meister ist selber Hörgeräteträger<br />

und Musikliebhaber. Deshalb kennt er die Probleme beim Musikgenuss. «Wenn Teile fehlen, verstehen Sie<br />

Musik im Gegensatz zur Sprache zwar noch, aber <strong>das</strong> Hören macht keine Freude. Man gibt dann auf. Mein Lösungsansatz<br />

ist deshalb, zusammen mit Betroffenen nach wunderbaren und individuellen Musikprogrammeinstellungen<br />

zu suchen.»<br />

ist. Musik hat viele Facetten. Die Symposiumsteilnehmer<br />

lernen <strong>das</strong> leiseste<br />

Musikstück kennen. Komponiert hat es<br />

John Cage, gespielt wurde es in einem<br />

Konzertsaal mit 25 dB und dauerte ganze<br />

4 Minuten und 33 Sekunden. Vom glei-<br />

chen Komponisten stammt wohl <strong>das</strong><br />

längste Musikstück, der erst Ton wurde<br />

am 5. September 2001 gespielt und der<br />

letzte Ton wird – wenn alles gut läuft –<br />

am 5. Juli 2071 gespielt.<br />

Dr. Ulrike Stelzhammer informiert in ihrem Referat über die neuen Entwicklungsstrategien beim Cochlea Implantat,<br />

mit dem Ziel Musik hören und geniessen zu können.<br />

17


Heute gebe es Bestrebungen, durch verfeinerte<br />

und überlagernde Aktivierungen<br />

der implantierten Elektroden die<br />

Nerven anzusteuern und damit ein besseres<br />

Musikerlebnis zu erhalten. Der<br />

technische Fortschritt sei sicher entscheidend,<br />

aber noch wichtiger sei,<br />

<strong>das</strong>s die CI-Täger in der Lage seien, ein<br />

inneres Bild der gehörten Musik zu<br />

malen.<br />

Die sympathische Fachfrau erwähnt<br />

noch einige Tipps, die beachtet werden<br />

sollten, damit <strong>für</strong> CI-Träger Musik hören<br />

zum Erlebnis werden könnte.<br />

• Musikstücke mit wenig Instrumenten<br />

auswählen<br />

• Bei moderner Musik «unplugged» Versionen<br />

auswählen<br />

• Musik live erleben und den Musikern<br />

beim Spielen zusehen<br />

• Den Gesamteindruck wahrnehmen –<br />

nicht versuchen, die Instrumente zu<br />

analysieren<br />

• Ein inneres Bild zur Musik «malen»<br />

• Sich nicht vom ersten Eindruck eines<br />

Musikstückes «enttäuschen» lassen<br />

• Wenn <strong>das</strong> «alte» Instrument nicht<br />

mehr passt – wie wär´s mit einem<br />

anderen, neuen?<br />

Mit einem Zitat von Paul Whittaker aus<br />

Music and the Deaf schliesst Stelzhammer<br />

ihr mitreissendes Referat.<br />

Michael Kirchberger veranschaulicht mit einem Song und der musikalischen Gitarrenbegleitung, wie schön Musik<br />

sein kann.<br />

Schematische Darstellung einer CI-Elektrode nach der «älteren» Strategie und der und der zukünftigen Strategie mit<br />

überlagerten Aktivierungen.<br />

«Es gibt Tausende hörender Menschen,<br />

die einräumen, völlig unmusikalisch zu<br />

sein und – umgekehrt – Tausende gehörlose<br />

Menschen, die sehr musikalisch<br />

sind.<br />

Wenn wir voraussetzen, <strong>das</strong>s Hören passiv,<br />

Zuhören jedoch aktiv ist, gibt es keinen<br />

Grund, weshalb eine gehörlose Person<br />

Musik nicht geniessen können<br />

sollte.<br />

Ich räume ein, <strong>das</strong>s funktionsfähige<br />

Ohren sehr nützlich im Zusammenhang<br />

mit Musik sind, aber es gibt etwas weitaus<br />

Fundamentaleres: Herz, Seele und<br />

Gefühl.»<br />

Functional Test for Music Perception<br />

Martin Kirchberger, dipl. Ingenieur,<br />

gewährt in seinem in Englisch gehaltenen<br />

Referat Einblicke in seine Doktorarbeit.<br />

Ihm ist es gelungen eine Testbatterie<br />

zu entwickeln, welche die Schlüsseldimensionen<br />

der Musikwahrnehmungen<br />

wie Harmonie, Metrik, Melodie und Timbre<br />

objektiv messbar macht. Die Testbatterie<br />

sei in klinischen Versuchen zur<br />

Evaluierung von neuen Algorithmen eingesetzt<br />

worden. Nun warte man<br />

gespannt auf eine Adaption <strong>für</strong> die<br />

Anwendung in der täglichen Praxis und<br />

Hörberatung.


Musik, Lärm und Sucht<br />

Prof. Dr. med. Rudolf Probst, Klinikdirektor,<br />

Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie,<br />

Universitätsspital Zürich,<br />

beginnt seinen Vortrag zum Thema<br />

«Musik, Lärm und Sucht» mit dem Zitat<br />

«Musik wird oft nicht schön gefunden,<br />

weil sie stets mit Geräusch verbunden»<br />

von Wilhelm Busch.<br />

Probst erklärt, <strong>das</strong>s Musik, wie andere<br />

Geräusche, vom Ohr als Lärm empfunden<br />

werde. Und wie jeder anderer Lärm, schädige<br />

folgerichtig die Musik <strong>das</strong> Ohr.<br />

Dabei würden zuerst die äusseren Haarzellen<br />

physikalisch geschädigt. Eine<br />

dauernde Beschallung mit Lärm führe in<br />

der Folge zu einer Lärmschwerhörigkeit.<br />

Gegen eine chronische Lärmschwerhörigkeit<br />

bzw. ein chronisches Lärmtrauma<br />

gebe es bis heute keine Therapie. Deshalb<br />

sei die Prophylaxe – wie zum Beispiel<br />

persönliches Verhalten und/oder<br />

sich vor Lärm schützen – extrem wichtig.<br />

Anhand einer Grafik veranschaulicht<br />

Probst, wie der Hörverlust bei Berufsgruppen<br />

wie Schreiner, Baumaschinenführer,<br />

Mineuren, Schlosser, Carrosseriespengler,<br />

Lastwagen-Chauffeuren und Bogendrucker<br />

während der Berufsausübung kontinuierlich<br />

abnehme und schlussendlich zu<br />

einer Lärmschwerhörigkeit führe. Glücklicherweise<br />

sei die berufsbedingte Schwerhörigkeit<br />

in den Industriestaaten dank<br />

geeigneter Prophylaxe-Massnahmen stark<br />

zurückgegangen.<br />

Aber auch rund um die Musik komme die<br />

Lärmschwerhörigkeit vor, erwähnt Probst.<br />

Eine der gefährdetsten Gruppe seien die<br />

Berufs-Orchester-Musiker. Dies vor allem<br />

deshalb, weil die gesetzlichen Schutzbestimmungen<br />

nicht eingehalten würden. Ein<br />

neuzeitliches Phänomen von Lärmschwerhörigkeit<br />

sei der beruflich bedingte oder<br />

freiwillige Aufenthalt in Diskotheken sowie<br />

<strong>das</strong> Konsumieren von lauter Musik über<br />

Kopfhörersysteme.<br />

Probst beschreibt die Auswirkungen der<br />

Musik auf uns Menschen. So könne<br />

Musik hören, dazu beitragen Angst und<br />

Schmerzen zu reduzieren, oder den<br />

Schlaf zu verbessern. Sie gebe Komfort<br />

und führe zu Entspannung. Musik Hören<br />

führe beim Menschen zur Ausschüttung<br />

von Endorphinen. Diese seien in der Biologie<br />

<strong>für</strong> <strong>das</strong> Suchtverhalten zuständig.<br />

Untersuchungen haben gezeigt, <strong>das</strong>s es<br />

Prof. Dr. Rudolf Probst macht geltend, <strong>das</strong>s Musik hören wahrscheinlich süchtig machen könne.<br />

einen Zusammenhang mit dem menscheneigenen<br />

biologischen Belohnungs-System<br />

gebe. Musik könne also durchaus süchtig<br />

machen. Die wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

bzw. deren Auswertungen<br />

zeigten aber auch, <strong>das</strong>s nicht nur ein<br />

Suchpotential bestehe, sondern auch ein<br />

Hörverlust habe nachgewiesen werden<br />

können (untersuchte Gruppe: fünfzig<br />

Pop-Musiker, zwei Stunden pro Woche<br />

Musik machen, über einen Zeitraum von<br />

fünf Jahren).<br />

Probst meint abschliessend, <strong>das</strong>s Musik<br />

hören mit grosser Wahrscheinlichkeit ein<br />

Suchtverhalten initiieren könne.<br />

Am Symposium wurden in weiteren Referaten<br />

verschiedenste Aspekte rund um<br />

<strong>das</strong> Gehör, Gehörschutz und natürlich<br />

über Musik hören thematisiert. Ein spannender<br />

und äusserst informativer Anlass<br />

mit internationaler Beteiligung mitten in<br />

Zürich – der notabene auch von zwei<br />

Cochlea Implantat Trägerinnen besucht<br />

wurde.<br />

[rr]<br />

19


Kann denn Integration<br />

die Lösung sein?<br />

Dr. Franziska Felber moderiert die Podiumsdiskussion äusserst kompetent und mit viel Charme.<br />

Die Herausforderung der schulischen<br />

Integration von Kindern<br />

mit Behinderung.<br />

Integration ist nicht zuletzt aufgrund von<br />

Gesetzesänderungen eine gesellschaftspolitische<br />

Verpflichtung geworden, die auch<br />

die Regelschule betrifft. Während schulische<br />

Integration <strong>für</strong> viele Kinder und Schulen<br />

zur Realität wird, mehren sich kritische Stimmen.<br />

Der Sinn von Integration wird hinterfragt.<br />

Es wird bezweifelt, <strong>das</strong>s auch Kinder<br />

mit schweren Behinderungen integriert werden<br />

können. Lehrpersonen be<strong>für</strong>chten, <strong>das</strong>s<br />

behinderte Kinder in Regelschulklassen<br />

nicht optimal gefördert werden könnten und<br />

die Heterogenität in den Schulklassen sie<br />

vor fast unlösbare Aufgaben stelle.<br />

Am 23. Oktober 20<strong>12</strong> lädt die Paulus-Akademie<br />

Zürich im Volkshaus in Zürich zu einem<br />

Podiumsdiskussionsabend ein. Unter der<br />

Leitung und Moderation von Dr. phil. Franziska<br />

Felber soll angesichts des Glaubenskriegs,<br />

der um Integration entstanden ist,<br />

darüber diskutiert werden, was die Integration<br />

<strong>für</strong> die verschiedenen Akteure – Kinder,<br />

Eltern, Lehrpersonen, Bildungspolitik –<br />

bedeutet. Was macht erfolgreiche schulische<br />

Integration aus? Ist sie erreicht, wenn<br />

sich <strong>das</strong> Kind wohl fühlt, viel lernt oder wenn<br />

es sozial akzeptiert ist?<br />

Felber heisst ihre beiden Referenten, Dr.<br />

phil. Riccardo Bonfranchi und Prof. Dr. Peter<br />

Lienhard, herzlich willkommen. Sie erklärt,<br />

<strong>das</strong>s sie sich sehr darüber freue, mit zwei<br />

äusserst versierten Experten <strong>das</strong> Thema<br />

Integration kontradiktorisch zu beleuchten,<br />

zu diskutieren und den Ausblick zu wagen,<br />

wie es mit der schulischen Integration<br />

behinderter Kinder in der Regelschule weiter<br />

gehen soll.<br />

Sie eröffnete die Diskussionsrunde im bis<br />

auf den letzten Platz gefüllten Gelben Saal<br />

im Volkshaus Zürich und stellt einleitend<br />

fest, <strong>das</strong>s der Glaubenskrieg bei der schulischen<br />

Integration immer mehr zur Realität<br />

werde. Sie nimmt in diesem Zusammenhang<br />

Bezug auf einen kürzlich publizierten Bundesgerichtsentscheid.<br />

Die Wissenschaft<br />

könne auf <strong>das</strong> komplexe Thema eben auch<br />

keine umfassenden Antworten geben, meint<br />

sie.<br />

Blick in ausländische Schulzimmer<br />

Lienhard veranschaulicht in seinem Einstiegsreferat<br />

anhand ausgewählter Fotografien<br />

ausländischer Schulzimmer, <strong>das</strong>s ein<br />

Wandel nicht überall stattgefunden habe. In<br />

einem moldawischen Schulzimmer sitzen<br />

die Kinder an ihren Schulpulten und alles<br />

hat seine Ordnung. Dagegen vermittelt <strong>das</strong><br />

Foto eines neuseeländischen Schulzimmers<br />

eher Unordnung. Aber <strong>für</strong> Neuseeland eben<br />

nichts Aussergewöhnliches. In Neuseeland<br />

werde <strong>das</strong> integrative Mehrklassen-Schul-<br />

System seit Jahren praktiziert, gibt Lienhard<br />

zu bedenken. In den Schulklassen sei ein<br />

ständiges Kommen und Gehen, denn im<br />

Gegensatz zum starren Schulsystem in der<br />

Schweiz, beginne in Neuseeland die Schulzeit<br />

<strong>für</strong> ein Kind an dem Tag, an dem es seinen<br />

5. Geburtstag feiere. Zugegebenermas sen<br />

könnten im Bereich der Schnittstellen<br />

gewisse Probleme entstehen.<br />

Die Qualität der integrativen Schulform<br />

hänge – so Lienhard – in massgebender<br />

Weise von den differenzierten Lernangeboten<br />

ab. Sie bildeten die Basis und seien <strong>für</strong><br />

die erfolgreiche Schulung entscheidend.<br />

In Flensburg im deutschen Bundesland<br />

Schleswig-Holstein sei die Sonderschule <strong>für</strong><br />

Blinde abgeschafft worden. Heute setze man<br />

dort auf massgeschneiderte Unterstützungen<br />

von Fachpersonen. Es werde nur noch<br />

ganz wenig separativ, aber ganz viel integrativ<br />

geschult. Dieser Ansatz sei dann erfolgreich,<br />

wenn im «Setting» genügend behinderungsspezifische<br />

Fachkompetenz vorhanden<br />

sei. Zudem könne ohne Sonderschulen eine<br />

neue Art der Verantwortung entstehen.<br />

Ein Foto einer Schule in Israel zeigt, <strong>das</strong>s<br />

dort die Schule komplett und völlig bewusst<br />

durchmischt sei. Dies sowohl in Bezug auf<br />

die kulturelle wie auch auf die religiöse Herkunft.<br />

Daraus entstehe in der Zusammenarbeit<br />

unter den Lehrpersonen ein laufendes<br />

Ringen mit den unterschiedlichen Kulturen,<br />

erwähnt Lienhard.<br />

Am Beispiel einer italienischen Schule legt<br />

er dar, <strong>das</strong>s in Italien die Sonderschulen per<br />

Dekret abgeschafft worden seien. Heute sei<br />

es so, <strong>das</strong>s eigentlich zu jeder Zeit ein behindertes<br />

Kind in die Regelklasse stossen<br />

könne. Dieses System sei <strong>für</strong> alle Beteiligten<br />

zur Selbstverständlichkeit geworden und es<br />

sei klar, dies bilde der Auftrag, der erfüllt<br />

werden müsse.<br />

Lienhard nimmt schliesslich noch Bezug auf<br />

<strong>das</strong> bündnerische Dorf Trin und den behinderten<br />

Schüler Dario. Das ganze Dorf und<br />

alle Schülerinnen und Schüler setzten sich<br />

da<strong>für</strong> ein, <strong>das</strong>s Dario ganz normal – trotz seiner<br />

Behinderung – im Klassenverband integriert<br />

sein könne.<br />

Lienhard schliesst seine Ausführungen mit<br />

dem Hinweis, <strong>das</strong>s die schulische Integrati-


Prof. Dr. Peter Lienhard, Departement Weiterbildung, Forschung und Dienstleistungen,<br />

Interkantonale Hochschule <strong>für</strong> Heilpädagogik HfH in Zürich.<br />

onsfähigkeit vom Sozialverhalten, den<br />

Lehrpersonen, dem Unterstützungssystem,<br />

den Rahmenbedingungen etc. beeinflusst<br />

werde. So seien die Umgebung und die MitschülerInnen<br />

<strong>für</strong> Dario enorm wichtig. Eine<br />

neue und grosse Herausforderung warte<br />

aber beim Übertritt von der Mittel- in die<br />

Oberstufe auf Dario.<br />

«Was in der einen Lebensphase gut war, ist<br />

in der nächsten nicht automatisch richtig.<br />

Kinder nutzen ihre Chancen, wenn wir sie<br />

nicht daran hindern.»<br />

Podiumsdiskussion<br />

Nach den interessanten Ausführungen von<br />

Lienhard nimmt Bonfranchi darauf Bezug<br />

und stellt fest: «Ich höre die Botschaft,<br />

aber mir fehlt der Glauben.»<br />

Den Zuhörenden und auch den anwesenden<br />

gehörlosen Zuschauenden wird<br />

sogleich klar, <strong>das</strong>s Bonfranchi und Lienhard<br />

unterschiedliche Lösungsstrategien<br />

in Zusammenhang mit der Integration von<br />

Behinderten im Schulwesen verfolgen.<br />

Bonfranchi weist darauf hin, <strong>das</strong>s die<br />

Schule mit Selektion zu tun habe. Davon<br />

seien alle Schüler betroffen. Es sei völlig<br />

normal, verschieden zu sein. Er denke, <strong>das</strong>s<br />

der kognitive Ansatz und die soziale Entwicklung<br />

in der integrierten Schule nicht<br />

umgesetzt werden könnten. Sinnvoller und<br />

wirkungsvoller sei es, den individuellen<br />

und spezifischen Förderbedarf der Schüler<br />

zu erkennen und darauf einzugehen. Dies<br />

sei im dualen System eben besser möglich,<br />

als im integrativen Schulsystem. Er frage<br />

sich auch, was schulische Integration mit<br />

Menschenwürde zu tun haben soll. Realität<br />

sei, <strong>das</strong>s es laufend Situationen gebe, wo<br />

jemand etwas besser könne als jemand<br />

anderes.<br />

Dr. phil. Riccardo Bonfranchi, Sonderschullehrer, selbstständiger Supervisor, Coach und<br />

Berater.<br />

Bonfranchi erklärt, <strong>das</strong>s in der Regelschule<br />

insbesondere geistige Behinderung und<br />

starke Lernschwäche bagatellisiert würden.<br />

Dies im Zusammenhang, <strong>das</strong>s dies eben<br />

intellektuelle oder kognitive Beeinträchtigungen<br />

seien. Dies passe nicht zusammen.<br />

Deshalb seien die Sonderschulen überhaupt<br />

auch entstanden. Dies bilde der grosse<br />

Unterschied beispielsweise gegenüber<br />

gehörlosen Menschen, deren Kognition<br />

bzw. Intellektualität in keiner Weise beeinträchtigt<br />

sein müssten.<br />

Aus seiner Sicht ist es wichtig, <strong>das</strong>s spezifisches<br />

Fachwissen in den Regelschulen gesichert<br />

werden müsse. Die Regelschule habe<br />

nicht den Auftrag auf alle möglichen und<br />

unterschiedliche Haltungen eingehen zu<br />

müssen. So wie es jetzt ablaufe, könne es<br />

nicht funktionieren. Man müsse einfach<br />

erkennen, <strong>das</strong>s man so den Schülern nicht<br />

gerecht werden könne. Er betont nochmals,<br />

Regelschule bedeute Selektion und Anpassung.<br />

Die Regelschulen seien ein Abbild der<br />

Gesellschaft, und die Schule sei ein mächtiges<br />

Konstrukt innerhalb der Gesellschaft.<br />

Lienhard erklärt, die Strukturen müssten<br />

sich ständig und radikaler verändern und<br />

anpassen. In der Schweiz habe man eine<br />

Volksschule und dorthin gehe primär <strong>das</strong><br />

Volk. Heute sei es möglich herumzureisen<br />

und andere gute eventuell bessere Beispiele<br />

kennenzulernen.<br />

Diskutiert wird unter Anderem auch, <strong>das</strong>s<br />

die Umschichtung der Finanzen heikel sei.<br />

Die Sonderschulen hätten deshalb kein Interesse<br />

an der integrativen Ausrichtung. Im<br />

Kanton Zürich seien die Schülerzahlen in<br />

den Sonderschulen stabil geblieben. Es sei<br />

ein klarer Systemfehler, <strong>das</strong>s die Gemeinden<br />

Sonderschüler «produzieren» dürften.<br />

Realität sei, habe es in der Gemeinde nicht<br />

integrierbare SchülerInnen, erhielten diese<br />

Kinder schnell einmal den Status «geistes-<br />

behindert» und würden dann in die sonderpädagogischen<br />

Schulen abgeschoben.<br />

Eventuell brauche es einen radikaleren Wandel.<br />

Denkbar wäre es auch, noch kooperativen<br />

Zusammenarbeitsmodellen zwischen<br />

den Sonderschulen und den Regelschulen zu<br />

suchen. Teilintegration wäre unter Einbezug<br />

bzw. Berücksichtigung der Interdisziplinarität<br />

ein denkbarer Weg. Auch die Ressourcen<br />

seien ein wichtiges Thema. Glücklicherweise<br />

seien zurzeit noch genügend finanzielle Mittel<br />

im System. Der Sozialaspekt dürfe zudem<br />

nicht vernachlässigt bzw. verkannt werden.<br />

Auch gewinne die Akzeptanz der pränatalen<br />

Diagnostik immer mehr an Bedeutung.<br />

So weit wie möglich soll es Integration und<br />

Separation nur – wenn wirklich notwendig –<br />

geben. Durchlässigkeit seien gefragt und<br />

Förderung der Differenzierung. Es sei noch<br />

nicht allzu lange her, da habe es gar keine<br />

Sonderschulen und keine Sonderpädagogik<br />

gegeben. Eine ernst zu nehmende Tatsache<br />

liege auch im Umstand, <strong>das</strong>s an integrativen<br />

Schulen die Lehrkräfte schon nach relativ<br />

kurzer Zeit «aussteigen».<br />

Ganz kurz wird auch noch die Frage, ob Integration<br />

von Gehörlosen funktioniere, diskutiert.<br />

Es gebe zu dieser Fragestellung kein<br />

eigentliches Pro und Kontra. Vielmehr sei sie<br />

eine moralische. Grundsätzlich gebe es<br />

einen gesetzlichen Auftrag. Wichtig sei aber,<br />

keine dogmatische und einseitige Haltung<br />

einzunehmen.<br />

Bonfranchi meint, Schule sei ein intellektuelles<br />

Geschäft. Er sei davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />

die Integrationsbewegung eine Fussnote in<br />

der Geschichte sein werde. Es sei dringend<br />

angezeigt, <strong>das</strong>s der Begriff von Integration<br />

neu überdacht werden müsse.<br />

[rr]<br />

21


Diversity ist Zukunft<br />

Am 24. Oktober 20<strong>12</strong> lädt die Zürcher<br />

Hochschule <strong>für</strong> Angewandte Wissenschaften,<br />

Angewandte Linguistik, zu<br />

einer Podiumsdiskussion. Es soll über<br />

die lautsprachliche Kommunikation und<br />

die Gebärdensprache ausgetauscht werden.<br />

Die offizielle Anerkennung der Deutschschweizer<br />

Gebärdensprache ist von<br />

Gehörlosen hart erkämpft worden und<br />

zielt auf eine Gleichstellung mit Hörenden<br />

in Bildung und Beruf. Lautsprachlich<br />

kommunizierende Hörgeschädigte<br />

sehen sich durch diese Gleichstellung<br />

allerdings benachteiligt. Die Diskussionsrunde<br />

mit Betroffenen sowie VertreterInnen<br />

der schweizerischen Verbände<br />

<strong>für</strong> lautsprachliches Kommunizieren<br />

(lkh) und <strong>für</strong> Gehörlose, Hörgeschädigte<br />

und ihre Angehörigen (SGB-FSS, SVEHK)<br />

soll öffentlich über den Stand der Dinge<br />

informieren und die Frage diskutieren,<br />

wie Diversität, Anrecht auf Ausdrucksfreiheit<br />

und Partizipation umgesetzt<br />

werden können. Welche Aufgaben kann<br />

die Angewandte Linguisitk dabei übernehmen<br />

und welche Rolle kommt Bildungsinstitutionen<br />

wie der ZHAW zu?<br />

In seiner Grussbotschaft nimmt Prof. Dr.<br />

Urs Willi darauf Bezug, <strong>das</strong>s an der<br />

ZHAW auch Studierende ausgebildet<br />

werden, die gehörlos seien. Als Institution<br />

sei die Hochschule darauf aber<br />

eigentlich gar nicht vorbereite. Er habe<br />

selbst konkret eine ganz ernüchternde<br />

Erfahrung in diesem Kontext machen<br />

müssen.<br />

Christine Hohenstein setzt sich in ihrer<br />

Lehr- und Forschungstätigkeit schwerpunktmässig<br />

mit den Themen Interkulturalität<br />

und Sprachdiversität auseinander.<br />

Was bedeutet Interkulturalität?<br />

«Interkulturalität» bezeichnet ein konkretes<br />

Interaktionsgeschehen – z.B. <strong>das</strong> zwischen<br />

zwei Personen A und B, deren Sozialisation<br />

in unterschiedlichen Lebenswelten<br />

(LA und LB) stattfindet. LA und LB (und hierunter<br />

sind Teamkulturen genauso zu verstehen<br />

wie Länder oder Nationalkulturen)<br />

verfügen über eine mehr oder minder<br />

gros se Schnittmenge an gemeinsamen<br />

Codes und Bedeutungskonzepten. Je<br />

geringer die Schnittmenge ist, desto weni-<br />

ger plausibel, sinnhaft oder in alltagskultureller<br />

Bedeutung «normal» werden A und B<br />

ihr Handeln gegenseitig wahrnehmen. So<br />

wird jemand, der in einer Tropenwaldregion<br />

aufgewachsen ist, in Bezug auf die Art und<br />

Weise seiner Realitätserkenntnis ganz<br />

andere Gewohnheiten entwickelt haben als<br />

jemand, der in einer nordischen Fjordlandschaft<br />

gross geworden ist. Für den einen<br />

sind Technologien essentiell, die dem<br />

anderen eher nebensächlich erscheinen.<br />

Dieser Tatbestand hat – mit einem jahrhundertelangen<br />

Vorlauf – auf die Konzeptualisierung<br />

des Bildungswesens ebenso Einfluss<br />

genommen wie auf die Konstruktion<br />

von Sinngebungsinstanzen (z.B. Religionen),<br />

auf Konventionalisierungen gesellschaftlichen<br />

Zusammenlebens (Sozialethiken,<br />

Rechtssysteme), auf die Entwicklung<br />

von Kommunikationsstilen oder auch auf<br />

die Herausbildung bestimmter Lehr- und<br />

Lernmethoden. Dementsprechend erscheinen<br />

einem Handlungssysteme, in denen<br />

man selbst nicht sozialisiert ist, zunächst<br />

mehr oder weniger «fremd»: man ist nicht<br />

imstande in der gleichen Weise Handlungsroutinen<br />

zu praktizieren, wie es in «eigenen»<br />

Lebensweltkontexten der Fall wäre.<br />

Was ist Sprachdiversität?<br />

Heute gibt es ca. 6000 verschiedene<br />

Sprachen auf der Welt, die sich auf alle<br />

Kontinente verteilen: So leben etwa <strong>12</strong>%<br />

der Weltbevölkerung in Europa, hier<br />

werden jedoch nur 3% aller Sprachen<br />

gesprochen. Anders sieht es im pazifischen<br />

Raum aus. Hier lebt in etwa nur<br />

1% der Weltbevölkerung, jedoch werden<br />

20% aller Sprachen gesprochen. Auch<br />

die Anzahl der Personen, die eine Sprache<br />

aktiv sprechen, variiert stark. So<br />

sprechen ca. 900 Millionen Menschen<br />

Mandarin-Chinesisch. In Neuguinea<br />

werden viele Sprachen zum Teil von nur<br />

4‘000 Sprechern gesprochen. Dies ist<br />

die nötige Grösse einer Population, die<br />

einer Sprache Tausende von Jahren ein<br />

Überleben ermöglicht.<br />

Vor diesem Hintergrund wird schnell<br />

klar, <strong>das</strong>s die Angewandte Linguistik<br />

grosses Interesse am Thema der Sprachen<br />

hat, die hörbehinderte Menschen<br />

verwenden.<br />

Die Vorstellung der einzelnen PodiumsteilnehmerInnen<br />

und deren Statements<br />

an der von Christine Hohenstein mit<br />

Feingespür und Verve geführten Diskussion<br />

ergibt eigentlich keine neuen<br />

Erkenntnisse. Die bekannten Positionen<br />

und Lebensmodelle hörbehinderter Menschen<br />

werden dargestellt.<br />

Eine wichtige Erkenntnis bleibt indes in<br />

den Köpfen aller, die teilgenommen<br />

haben, haften: Es gibt kein definitives<br />

Richtig oder Falsch. Von Bedeutung,<br />

welcher Approach an die Lautsprache im<br />

Einzelfall angemessen ist, ist auch der<br />

Umstand, ob die Eltern des hörbehinderten<br />

Kindes bildungsnah oder bildungsfern<br />

sind. Am anschliessenden<br />

freundlicherweise von der ZHAW offerierten<br />

Apéro wird engagiert weiter diskutier.<br />

Das veranschaulicht trefflich,<br />

<strong>das</strong> Thema bewegt und bringt Menschen<br />

mit ganz unterschiedlichen Einstellungen<br />

und Zielen einander näher. Und<br />

genau <strong>das</strong> ist es, was wohl in diesem<br />

Kontext vor allem auch zählt.<br />

[lk]<br />

Zürcher Hochschule<br />

<strong>für</strong> Angewandte Wissenschafften


Die Veranstaltung<br />

in Bildern<br />

Christiane Hohenstein,<br />

Professorin <strong>für</strong> Interkulturalität<br />

und Sprachdiversität, moderiert mit<br />

Charme, Intelligenz und Esprit.<br />

Marianne und Michael Pasche aus Oberglatt<br />

sind Eltern zweier beidseitig CI-implantierter<br />

Söhne im Vorschulalter. Sie haben einen<br />

Elternkurs in Gebärdensprache à zehn mal zwei<br />

Stunden absolviert. Die Kommunikation in<br />

Gebärdensprache erleben sie als Erleichterung<br />

im Alltag mit ihren Söhnen, wenn Verständi-<br />

gungsprobleme bestehen, die CIs nicht<br />

getragen werden und bei Störlärm.<br />

Prof. Dr. Urs Willi, Direktor der Stabsstelle<br />

Diversity und Gender an der ZHAW richtet<br />

eine Grussbotschaft an die zahlreich<br />

erschienen BesucherInnen. Er weist darauf<br />

hin, <strong>das</strong>s die ZHAW eigentlich nicht<br />

darauf eingerichtet sei, Hörbehinderte<br />

auszubilden.<br />

Podiumsteilnehmer.<br />

23


Maja Brumm, Präsidentin lkh, ist<br />

resthörig geboren worden, d.h. mit<br />

einem Dezibelverlust von über 90%.<br />

Sie trägt zwei CIs, ist rein lautsprachlich<br />

aufgewachsen und hat studiert.<br />

Sie arbeitet heute als qualifizierte Fachkraft<br />

in der Berufswelt. Sie spricht sich dezidiert<br />

da<strong>für</strong> aus, <strong>das</strong>s alle Eltern und auch die<br />

hörbehinderten Kindern selbst entscheiden<br />

können sollten, ob sie die Gebärdensprache<br />

erlernen möchten oder nicht. Sie selbst ist<br />

eine engagierte Verfechterin der lautsprachlichen<br />

Erziehung.<br />

Daniel Hadorn hat mit fünf Jahren <strong>das</strong> Gehör<br />

verloren. Er hat immer nur die Regelschule<br />

besucht und hernach Rechtswissenschaft<br />

studiert und <strong>das</strong> Anwaltspatent erworben. Er<br />

macht Ausführungen zur Verankerung der<br />

Gebärdensprache heutzutage in der schweizerischen<br />

Gesetzgebung und der daraus resultierenden<br />

Rechte <strong>für</strong> die Hörbehinderten.<br />

Patty Shores ist vollständig gehörlos und<br />

ebenfalls rein lautsprachlich aufgewachsen.<br />

Eindrücklich schildert sie, <strong>das</strong>s in ihrer<br />

Schulzeit die Gebärdensprache verboten war<br />

und wenn sie gleichwohl benutzt worden<br />

sei, seien die Kinder drastisch bestraft<br />

worden.


Bilingue Slam<br />

Mit einer Fotogalerie der Slam-Poeten wird <strong>das</strong> Publikum empfangen. Wer am Schluss des Events am meisten Ping-Pong-Bälle in seiner Gitterröhre hat, ist Sieger. Jede Besucherin<br />

und jeder Besucher hat vor Beginn des Events einen «Stimmball» bekommen.<br />

Am Freitagabend 2. November 20<strong>12</strong> findet in<br />

der Alten Kaserne Winterthur ein Bilingue<br />

Slam statt. Der Anlass wird zu Ehren des<br />

20-Jahr-Jubiläums des Kulturzentrums Alte<br />

Kaserne und des 25-Jahr-Jubiläums von<br />

sichtbar GEHÖRLOSE ZÜRICH veranstaltet.<br />

Das Publikumsinteresse an diesem Event<br />

ist riesig. Der Saal in der Alten Kaserne<br />

Winterthur ist sowohl von gehörlosen wie<br />

auch hörenden Besucherinnen und Besuchern<br />

bis auf den letzten Platz besetzt. Sie<br />

alle fiebern mit grosser Spannung dem<br />

Aufeinandertreffen der vier gehörlosen<br />

und vier hörenden Slam-Poeten, Hazel<br />

Brugger, Martina Hügi, Renato Kaiser,<br />

Jakob Rhyner, Natasha Ruf, Beat Marchetti,<br />

Kilinan Ziegler und Thomas Zimmermann<br />

entgegen.<br />

Die gehörlose Ibis Hernándes und der<br />

hörende Tom Combo heissen <strong>das</strong> Publikum<br />

ganz herzlich willkommen. Mit viel<br />

Spritzigkeit und der notwendigen Portion<br />

Humor führen die beiden Moderatoren<br />

durch den begeisternden Abend. Und<br />

Ibis Hernándes und Tom Combo heissen <strong>das</strong> Publikum in der Alten Kaserne Winterthur herzlich willkommen. Sie<br />

versprechen einen fulminanten Abend.<br />

eines wird gleich zu Beginn des Events<br />

klar, nicht nur die Slam-Poetinnen und<br />

Slam-Poeten müssen Höchstleistungen<br />

bringen, sondern auch die Gebärdensprachdolmetscherinnen,<br />

die alles entweder<br />

in die Gebärdensprache oder in<br />

die Lautsprache simultan und natürlich<br />

in einem horrenden Tempo übersetzen<br />

müssen.<br />

Aber was ist Bilingue Slam überhaupt.<br />

Dazu braucht es eben wie am heutigen<br />

Abend eine Handvoll Poetry Slammer, eine<br />

Handvoll Deaf Slammer (Poetry Slam in<br />

Gebärdensprache), eine Bühne, ein<br />

begeisterungsfähiges Publikum und als<br />

traditionelle Sieges-Trophäe eine Flasche<br />

Whisky. Die vier gehörlosen und die vier<br />

hörenden Slam-Poeten treten gegeneinander<br />

an und wetteifern um die beste vorgetragene<br />

Geschichte.<br />

In der Schweiz fand der erste Deaf Slam im<br />

Rahmen der Winterthurer Musikfestwochen<br />

2003 statt und wird seither im Winterthurer<br />

Music Club Albani jährlich wiederholt.<br />

In maximal sechs Minuten geht es<br />

<strong>für</strong> die einzelnen Slammer darum, mit<br />

einer eigens erfundenen Geschichte <strong>das</strong><br />

Publikum zu überzeugen.<br />

Slam Poetry ist eine höchst verbale Sache<br />

– ein Wettstreit nicht nur um den besten<br />

Text, sondern auch um den besten Vortrag.<br />

Was nun, wenn junge gehörlose<br />

25


Der gehörlose Beat Marchetti eröffnet den Slam-Event.<br />

Jugendliche sich auf Slam Poetry einlassen?<br />

Wie erzählen sie ihre Geschichten?<br />

Zwei Sprachen, zwei Kulturen,<br />

ein Gedicht<br />

Die Regisseurin Judy Leif erzählt in ihrem<br />

Film «Zwei Sprachen, zwei Kulturen, ein<br />

Gedicht» die Geschichte von Deaf Jam. Die<br />

gehörlosen Schülerin Aneta aus New York,<br />

deren Eltern aus Israel eingewandert sind.<br />

Sie trifft in der «Spocken Word Slam-<br />

Szene» auf die hörende Tahani, eine Slam-<br />

Poetin, die aus Palästina stammt. Die beiden<br />

jungen Frauen bilden ein einzigartiges<br />

Performance-Duo, <strong>das</strong> die gerappte Lautsprache<br />

mit der Gebärdensprache verbindet.<br />

Der Film zeigt die Dynamik dieser<br />

Lyrik und beeindruckt mit der ausdruckstarken<br />

Gestik und Mimik von Aneta und<br />

Tahani, die gemeinsam eine neue Form<br />

von Poesie erschafften. Dabei stehen die<br />

beiden ebenso <strong>für</strong> die unterschiedliche<br />

Art, an ihrer Umwelt teilzuhaben, wie <strong>für</strong><br />

die Möglichkeiten der Kommunikation<br />

über Grenzen hinweg – seien sie sprachlich<br />

oder politisch.<br />

Wie in diesem Film von Judy Lieff, der vor<br />

wenigen Wochen am Schweizer Fensehen<br />

ausgestrahlt wurde, slammen die Protago-<br />

Das gehörlose und hörende Publikum ist über die Darbietungen der Slam-Poeten» restlos begeistert. Ein Event, der zwei Kulturen verbindet.<br />

Danach ist aufgrund eines Losentscheides die hörende<br />

Martina Hügi an der Reihe.<br />

nisten des heutigen Abends fulminant wie<br />

verbal Sprechende – mittels Gebärden-<br />

und Körpersprache und setzen dabei auf<br />

Rhythmuswechsel und Sprachbilder.<br />

Das Publikum in der Alten Kaserne Winterthur<br />

ist von den acht Darbietungen restlos<br />

begeistert. Und eines ist klar, heute Abend<br />

gibt es nur Gewinner und alle Slam-Poeten<br />

hätten eine Whisky-Flasche als Siegestrophäe<br />

verdient.<br />

[rr]


Der grosse Kampf in<br />

den 80er Jahren<br />

Gian Reto Janki heisst die kofo-Besucherinnen und -Besucher willkommen und freut sich auf eine spannende<br />

Podiumsdiskussion.<br />

Bekannte gehörlose «Kampfgenossen»<br />

blicken zurück.<br />

Die Selbsthilfe der Gehörlosen ist heute<br />

professionell organisiert. Die grosse Bewegung<br />

der Gehörlosen-Selbsthilfe war in den<br />

80er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden.<br />

Konfrontationen zwischen Gehörlosen<br />

und Hörenden wurden ausgelöst. Es<br />

war damals eine konfliktgeladene Zeit. Ziel<br />

der Selbsthilfe war es, mehr Selbstbestimmung<br />

der Gehörlosen zu erlangen. Wie und<br />

warum waren die Friktionen ausgebrochen?<br />

Eingeladen sind bekannte KämpferInnen<br />

und ihre Zeitzeugen.<br />

Gian Reto Janki freut sich sehr über <strong>das</strong><br />

gros se Interesse am heutigen kofo-Thema.<br />

Er heisst die kofo-BesucherInnen am 8.<br />

November 20<strong>12</strong> sowie seine Podiumsgäste,<br />

Katja Tissi, Barbara Diaz-Pettinato, Beat<br />

Kleeb, Peter Hemmi und Patrick Mock ganz<br />

herzlich in der Roten Fabrik willkommen.<br />

Gian Reto Janki: «In den letzten 30 Jahren<br />

hat sich im Gehörlosenwesen Vieles getan<br />

und bewegt. Es stellt sich die Frage, gibt es<br />

heute noch etwas, wo<strong>für</strong> gekämpft werden<br />

muss, oder sind alle Forderungen erfüllt?»<br />

Janki erwähnt, <strong>das</strong>s <strong>für</strong> <strong>das</strong> heutige<br />

Podium bewusst Gehörlose der sogenannten<br />

älteren und der jüngeren Generation<br />

eingeladen worden seien. Seine<br />

Gäste würden darlegen, mit welchen Problemen<br />

sie bei der Berufswahl, bei der<br />

Arbeit, bei der Integration und bei der<br />

Emanzipation sowie vielen anderen<br />

Bereichen konfrontiert gewesen seien.<br />

Man wolle aufzeigen, ob sich der jahrelange<br />

Kampf <strong>für</strong> fundamentale Verbesserungen<br />

im Gehörlosenwesen gelohnt<br />

habe. «Gibt es noch Wünsche, Forderungen<br />

und Verbesserungspotential <strong>für</strong> die<br />

Zukunft? Oder, gibt es Entwicklungen,<br />

die in die falsche Richtung weisen. Die<br />

heutige Diskussion zu den drei Schwerpunktthemen<br />

– Bildung und Kommunikation,<br />

Sozialpolitik und Kultur und Identität<br />

– soll darüber Klarheit schaffen», so<br />

Janki.<br />

Bildung und Kommunikation<br />

Es liegt zwangsläufig auf der Hand, <strong>das</strong>s<br />

die Antworten der Podiumsteilnehmenden<br />

in Bezug auf ihre Erfahrungen hinsichtlich<br />

Ausbildung sehr verschieden ausfallen.<br />

Früher habe es praktisch gar keine Unterstützungen<br />

gegeben. Katja Tissi erwähnt,<br />

<strong>das</strong>s die Zeit der Ausbildungen <strong>für</strong> sie sehr<br />

streng und sie oftmals sehr müde gewesen<br />

sei. Sie habe aber zeigen wollen, <strong>das</strong>s<br />

Gehörlose und Hörende auf gleicher Stufe<br />

stehen könnten.<br />

Heute stünden bessere technische Hilfsmittel<br />

zur Verfügung. Zudem könne man<br />

GebärdensprachdolmetscherInnen anfordern.<br />

Aber <strong>das</strong> sei immer noch nicht genug.<br />

Zum Beispiel sei es sehr schwierig, kurzfristig<br />

eine DolmetscherIn zu bekommen.<br />

Ein grosser «Hemmschuh» bilde auch die<br />

Invalidenversicherung. Oftmals müsse<br />

man bei der IV <strong>für</strong> die Bezahlung des Gebärdensprach-Dolmetscheinsatzes<br />

kämpfen.<br />

Dies sei zeit- und nervenaufreibend.<br />

Barbara Diaz-Pettinato fordert, <strong>das</strong>s<br />

Gehörlose endlich <strong>das</strong> Recht auf freie<br />

Berufswahl erhalten sollten. Der uneingeschränkte<br />

Zugang sei leider immer noch<br />

nicht möglich.<br />

Wichtige Meilensteine in der Kommunikation<br />

seien anfangs der 80er Jahre gesetzt<br />

worden. Das Schreibtelefon habe in der<br />

Schweiz Fuss gefasst. 1980 sei die Telefonvermittlung<br />

durch die Genossenschaft Hörgeschädigten-Elektronik<br />

in Wald ins Leben<br />

gerufen worden. Im Jahr 1981 habe es bei<br />

«Teletext» die erste Teletext-Seite <strong>für</strong><br />

Gehörlosen-Informationen gegeben. Später<br />

seien dann die Untertitelungen dazu<br />

gekommen.<br />

Im Podium wird darauf Bezug genommen,<br />

<strong>das</strong>s in den 80er Jahren innerhalb der<br />

Selbsthilfe auch über die Notwendigkeit<br />

der Gebärdensprache diskutiert worden<br />

sei. Die Gehörlosen seien sich in dieser<br />

Frage uneinig gewesen. Vor allem die<br />

damals älteren Gehörlosen lehnten die<br />

Gebärdensprache ab. Aber auch Hörende<br />

hätten sich dagegen gewehrt.<br />

Heute gebe es in der deutschen Schweiz<br />

um die 55 professionell ausgebildete DolmetscherInnen,<br />

welche ca. 7000 Einsätze<br />

pro Jahr leisteten. Die vor dreissig Jahren<br />

nicht vorhandene Rollentrennung zwischen<br />

Sozialbegleitung und Dolmetschen habe in<br />

den folgenden Jahren mit Erfolg nachhaltig<br />

umgesetzt werden können.<br />

Ein anderer Meilenstein bildete seinerzeit<br />

<strong>das</strong> erste im Jahr 1987 durchgeführte Bildungs-Seminar.<br />

Peter Hemmi erinnert sich,<br />

<strong>das</strong>s dieses Seminar <strong>für</strong> sein Selbstwertgefühl<br />

und <strong>für</strong> seine Identitätsfindung entscheidend<br />

gewesen sei bzw. sein weiteres<br />

Leben in massgeblicher Weise beeinflusst<br />

habe.<br />

27


In dieser Zeit sei Vieles aus Amerika in und<br />

<strong>für</strong> die Schweiz adaptiert worden. Dies<br />

habe die Schweizer Gehörlosengemeinschaft<br />

beeinflusst. Dazu beigetragen habe<br />

zudem, <strong>das</strong>s vermehrt Gehörlose einen<br />

Aufenthalt bzw. ein Studium an Gallaudet<br />

Universität in Washington D.C. absolvierten<br />

– wie beispielsweise Katja Tissi und<br />

Beat Kleeb. In Amerika sei <strong>das</strong> Verständnis<br />

<strong>für</strong> gehörlose Menschen ungleich viel grösser<br />

als in der Schweiz gewesen.<br />

Sozialpolitik<br />

Die älteren Podiumsteilnehmenden erinnern<br />

daran, <strong>das</strong>s in den 80er Jahren die<br />

Selbsthilfe und die Fachhilfe sehr kontrovers<br />

mit einander umgegangen seien. Die<br />

Fachhilfe habe den Gehörlosen helfen wollen.<br />

Demgegenüber habe die Selbsthilfe<br />

die Selbstständigkeit und Solidarität stärken<br />

wollen. Damals seien die Gehörlosen<br />

untereinander aber nicht einig gewesen.<br />

Früher hätten die Gehörlosen ganz grossen<br />

Respekt gegenüber der Fachhilfe gehabt.<br />

Zudem habe es Gehörlose in leitenden<br />

Funktionen gegeben, die sich in deutscher<br />

Lautsprache mit den Fachleuten hätten<br />

unterhalten und diskutieren können.<br />

Unter anderem wird darauf hingewiesen,<br />

<strong>das</strong>s man sich damals immer wieder<br />

wegen der gleichen Forderungen im Kreis<br />

gedreht habe. Sämtliche von der Selbsthilfe<br />

gestellten Anträge seien von den Vertretern<br />

der Fachhilfe konsequent abgelehnt<br />

worden. Diese unkonstruktive und<br />

blockierende Situation habe schlussendlich<br />

zur Trennung zwischen dem SGB-FSS<br />

und <strong>sonos</strong> geführt. Die Gehörlosengemeinschaft<br />

sei aus heutiger Sicht froh darüber.<br />

Dies sei der richtige Entscheid gewesen.<br />

Dank wichtiger Persönlichkeiten wie Markus<br />

Huser, der zum «Wachrufen» aufgerufen<br />

habe, habe endlich viel Positives in<br />

Gang gesetzt werden können. Der längst<br />

fällige Veränderungs- und Neupositionierungsprozess<br />

habe so begonnen. In den<br />

folgenden Jahren habe Vieles dank der<br />

notwenigen Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit<br />

<strong>für</strong> gehörlose Menschen in der<br />

Schweiz vorangetrieben werden können.<br />

Mit grosser Spannung und Aufmerksamkeit verfolgen die kofo-Besucher die spannende Podiumsdiskussion.<br />

Das Podium v.l.n.r.: Beat Kleeb, Katja Tissi, Peter Hemmi, Barbara Diaz-Pettinato und Patrick Mock.<br />

Kultur und Identität<br />

Wegen der vorangeschritten Zeit kann am<br />

8. November zum Thema Kultur und Identität<br />

nur noch wenige Minuten diskutiert<br />

werden. Der Leitsatz «Was Hörende können,<br />

können Gehörlose auch» wiederspiegelt<br />

die heutige positive Einstellung vor<br />

allem der jüngeren Generation gehörloser<br />

Menschen.<br />

Kritische Stimmen ermahnen aber auch<br />

zur Vorsicht mit der heutigen Situation.<br />

Sie haben den Eindruck, <strong>das</strong>s es schlimmer<br />

geworden sei als früher. Die jungen<br />

Gehörlosen würden wegen der «Integration»<br />

auseinander gerissen. Dies sei nicht<br />

gut.<br />

Jüngere Podiumsteilnehmende sind der<br />

Meinung, <strong>das</strong>s der SGB-FSS heute zu<br />

wenig mache. Die traditionelle Basisarbeit<br />

sei verschwunden. Da<strong>für</strong> rede man heute<br />

von Professionalisierung. Dabei sei alles<br />

eigentlich in der Luft und nicht fassbar.<br />

Besser wäre es, sich zurück zur produktiven<br />

Arbeit zu bewegen.<br />

Gian Reto Janki schliesst die Podiumsrunde<br />

schliesslich. Er dankt seinen Gästen<br />

<strong>für</strong> die interessanten Ausführungen und<br />

die Bereitschaft ihre persönlichen Meinungen<br />

und Haltungen einem breiten Publikum<br />

zugänglich zu machen.<br />

[rr]


Gehörlosenpfarrer Matthias Müller Kuhn freut sich, <strong>das</strong>s an der Vernissage des neuen Lyrik-Kalenders auch gehörlose<br />

Gäste anwesend sind.<br />

In der Gehörlosenkirche im Gehörlosenzentrum<br />

in Zürich-Oerlikon findet am 26.<br />

Oktober 20<strong>12</strong> die Vernissage zur Ausstellung<br />

des druckfrischen Lyrik-Kalenders<br />

2013 statt. Auf Einladung der evangelisch<br />

reformierten Landeskirche des Kantons<br />

Zürich und des Pfarramts <strong>für</strong> Gehörlose<br />

sowie in Zusammenarbeit mit Pro Lyrica,<br />

Schweizerische Lyrische Gesellschaft,<br />

wird mit Lesungen aus dem Lyrik-Kalender<br />

2013 in einem würdigen und ganz speziellen<br />

Rahmen <strong>das</strong> 25-jährige Bestehen<br />

von Pro Lyrica gefeiert.<br />

An diesem Abend sind nicht nur Hörende,<br />

sondern auch Gehörlose herzlich willkommen.<br />

Der Anlass und die bis zum 1. März<br />

2013 dauernde Ausstellung wird von<br />

sichtbar GEHÖRLOSE ZÜRICH, SGB-FSS,<br />

<strong>sonos</strong> und der Berufsschule <strong>für</strong> Hörgeschädigte<br />

BSFH ideell und/oder mit Sachdienstleistungen<br />

unterstützt. Die Lesungen<br />

der Lyrikerinnen und Lyriker wird von<br />

Gebärdensprachdolmetscherinnen <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

gehörlose Publikum in die Gebärdensprache<br />

übersetzt.<br />

Grussworte<br />

Matthias Müller Kuhn, Gehörlosenpfarrer,<br />

Dichter und Schriftsteller, heisst die<br />

Gäste der Vernissage in der Gehörlosenkirche<br />

ganz herzlich willkommen. Speziell<br />

begrüsst er die drei anwesenden<br />

Gehörlosen. Ihn freue es ausserordentlich<br />

und es sei inspirierend, <strong>das</strong>s der<br />

heutige Anlass <strong>für</strong> Gehörlose habe<br />

zugänglich gemacht werden können. Oftmals<br />

hätten Gehörlose in der Vergangenheit<br />

darum ringen müssen, an solchen<br />

kulturellen Veranstaltungen teilhaben zu<br />

können. Für die Gehörlosen sei es aber<br />

wichtig und kostbar.<br />

Müller erwähnt, <strong>das</strong>s er seit mehr als 30<br />

Jahren Gedichte schreibe. Ein Gedicht<br />

schreiben, sei <strong>für</strong> ihn, wie wenn er ein<br />

Bild male. Er nehme ein Wort, zum Beispiel<br />

«Haus» und sehe dann viele Bilder<br />

darin versteckt. Kosmos, Eingrenzung<br />

etc. «In meinem Haus lacht heute» – die<br />

Vielfalt des Lachens – «die Sonne». So<br />

einfach kann ein Gedicht entstehen.<br />

Müller: «Es ist wichtig, <strong>das</strong>s es Pro Lyrica<br />

gibt, damit <strong>das</strong> Gedicht nicht untergeht.»<br />

Würdigung<br />

Helmut W. Mildner, Ehrenpräsident und<br />

Vorstandsmitglied von Pro Lyrica, würdigt<br />

in seiner Laudatio den literarischen<br />

und künstlerischen Anlass in Achtung<br />

und Wertschätzung <strong>für</strong> die lyrischen<br />

Arbeiten und die typografischen Inszenierungen.<br />

Mildner: «Die Sprache des Alltags und<br />

die Sprache der Dichtung verfolgen im<br />

vornherin verschiedene Ziele. Die Alltagssprache<br />

dient der Verständigung,<br />

wenn Sie wollen der Kommunikation; sie<br />

ist die wichtigste und grossartigste Möglichkeit<br />

<strong>für</strong> uns Menschen, uns gegenseitig<br />

über uns und unsere gemeinsame<br />

Umwelt zu informieren. Diesem Zweck<br />

dient sie umso vollkommener, je verständlicher<br />

sie ist. Eindeutigkeit und<br />

Klarheit sind darum ihre höchsten Tugenden.<br />

Beim Gebrauch der Alltgassprache<br />

denken wir immerzu an Mitmenschen:<br />

Wie soll ich mich ausdrücken, um von<br />

ihm möglichst gut verstanden zu werden?<br />

Gerade jetzt wage ich diesen Versuch<br />

auch. Ganz anders die Dichtung. Für<br />

sie ist die Sprache, <strong>das</strong> Mittel des Ausdrucks<br />

und der Gestaltung, denn die<br />

Dichterin oder der Dichter kennt – wie<br />

jede Künstlerin oder jeder Künstler – ein<br />

einziges Ziel: auszudrücken, was ihn<br />

erfüllt, zu gestalten, was ihn bewegt.»<br />

Mildner erklärt, da die Dichtung, wie alle<br />

Kunst, ihren Sinn allein in sich selber<br />

trägt, dürfe sie sich freier im Spielerischen<br />

ergeben als die Sprache des Alltags.<br />

Und dieses «Freie Spiel», welches<br />

wir auch zum Beispiel in der Schweizerischen<br />

Kindergarten-Didaktik als einer<br />

der vier Unterrichtsbausteine wiederfinden,<br />

könne man auch in den Inszenierungen<br />

der heute vorgetragenen Gedichte<br />

entdecken.<br />

Mildner: «Die Lust Gedichte zu lesen, ist<br />

sehr vielen abhanden gekommen. Vielleicht<br />

sind die Dichterinnen und Dichter<br />

da<strong>für</strong> verantwortlich? Vielleicht sind wir<br />

es einfach satt, uns mit ihren Schatten-<br />

29


seiten der Seele zu befassen, ihren Tiraden,<br />

ihrem Grimm, ihrem Ekel, ihrem ewigen<br />

Narzissmus … Oder liegt es an uns?<br />

Mir kommt es manchmal so vor, als hafte<br />

der Lyrik etwas Trübes, Zähes, Verstaubtes,<br />

Dumpfes, Muffiges an.»<br />

Mildner hält den neuen Lyrik-Kalender<br />

2013 in die Höhe. «Und wieder einmal<br />

kann ich es wagen zu sagen, ein Gedicht<br />

ist dann <strong>für</strong> mich ein gutes Gedicht, wenn<br />

von typografischen inszenierten Gedichten<br />

eine Faszination ausgeht. Mit diesem<br />

Kalender ist dies auf eindrückliche Art und<br />

Weise gelungen.»<br />

Mildner schliesst mit dem wertschätzenden<br />

Dank an die <strong>12</strong> Autorinnen und Autoren<br />

der Gedichte, an <strong>das</strong> Team von Rolf<br />

Zöllig <strong>für</strong> die hervorragende grafische und<br />

typografische Gestaltung des Kalenders<br />

und an Matthias Müller Kuhn als Initiator<br />

und achtsamer Begleiter.<br />

januar 2013<br />

Lesungen<br />

beeinflusst<br />

Wir<br />

fliessen<br />

in die Zeit<br />

aufwärts<br />

abwärts<br />

im grossen<br />

Fluss<br />

fliesst<br />

die Zeit<br />

in uns<br />

Helmut W. Mildner freut sich sehr über den literarisch wertvollen und typografisch anspruchsvollen gestalteten<br />

Lyrik-Kalender 2013.<br />

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

Samstag Sonntag<br />

1 neujahrstag 2 berchtoldstag 3<br />

4<br />

5<br />

6 drei könige<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

<strong>12</strong><br />

13<br />

Stellvertretend von den insgesamt zwölf Autorinnen und Autoren tragen Rose-Marie Uhlmann, Matthias Müller Kuhn, August Guido<br />

Holstein 14und<br />

Cæcilia Bühlmann-Imboden 15<br />

je ein 16 Gedicht vor. 17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

22<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

28<br />

29<br />

30<br />

31<br />

Rose-Marie Uhlmann<br />

Rose-Marie Uhlmann, geboren 1945 in Dietikon ZH. Matura in Basel. Ausbildung zur IT-Programmiererin,<br />

Kursleiterin. Mutter von drei Töchtern. Schreibt Gedichte seit dem 15. Lebensjahr. Viele Auftritte,<br />

auch an den Solothurner Literaturtagen und Lesungen mit und ohne Musik. Organisation von<br />

«Lyrik am Fluss» in ZH-Wipkingen. Verschiedene Publikationen, u.a. drei Lyrikbände «Netzfang»,<br />

«Stichworte», «gehen» (alle in 2. Auflage). Verschiedene Auszeichnungen und Preise (Auswahl):<br />

Gewinnerin 9. Berner Lyrikwettbewerb; 1. Preis Lyrikwettbewerb der Zürichsee-Zeitungen 2009;<br />

Anerkennungsbeitrag der UBS Kulturstif-tung. www.rmuhlmann.ch<br />

Rose-Marie Uhlmann<br />

Rose-Marie Uhlmann<br />

Was<br />

einmal<br />

ist<br />

wir<br />

ordnen es<br />

immer wieder<br />

neu<br />

so <strong>das</strong>s es<br />

obwohl<br />

es<br />

<strong>das</strong>selbe<br />

ist<br />

anders<br />

scheint<br />

prl_kal_2013_bel.indd 3 <strong>12</strong>.09.<strong>12</strong> 15:44


och Donnerstag Freitag<br />

Samstag Sonntag<br />

der arbeit 2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

9 auffahrt 10<br />

11<br />

<strong>12</strong> muttertag<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19 pfingsten<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

30<br />

31<br />

schweigt sie<br />

lenbergen<br />

ll <strong>das</strong> Meer<br />

aber hier in<br />

mit Würde<br />

s Ährenfeld<br />

rauer gesät<br />

ume steigen<br />

ihr Gesicht<br />

d legen sich<br />

l als stilles<br />

erschenken<br />

ona Lisa<br />

rdo Da Vinci<br />

Matthias Müller Kuhn<br />

Diesen Himmelssturm aushalten<br />

Wirbel von Lüften Sternengesang<br />

Ströme fliessen leise durchs All<br />

die nahen Hügel drehen sich mit<br />

schwarz windet sich die Zypresse empor<br />

dunkle Erinnerung an einen längst vergangenen Tag<br />

die Häuser klammern sich aneinander<br />

um nicht fort geschleudert zu werden<br />

im Dorf flüstert die Kirche ihren leisen Segen<br />

in den Fenstern halten sich bange Lichter fest<br />

<strong>das</strong>s nur nicht die Welt entzückt vom Tanz<br />

der Sterne sich an die Nacht verliert<br />

Sternennacht<br />

Vincent Van Gogh<br />

Matthias Müller Kuhn<br />

Matthias Müller Kuhn, Autor und Theologe, schreibt seit über 30 Jahren Lyrik und Prosa, vor kurzem<br />

hat er seinen ersten Roman «Der Wortträumer» abgeschlossen. Er ist zurzeit als Gehörlosenpfarrer<br />

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in Zürich tätig. Es ist ihm ein Anliegen, eine lyrische Sprache <strong>für</strong> spirituelle Inhalte und Lebensfragen<br />

zu finden, neben einer Sammlung von Haiku hat er moderne Psalmen und textile Gedichte<br />

geschrieben. www.muellerkuhn.ch<br />

september 2013<br />

Montag D i e n st a g Mittwoch Donnerst ag Freitag<br />

S a m st a g Sonntag<br />

1<br />

2<br />

9<br />

16<br />

23<br />

30<br />

apfel<br />

baum<br />

zeit<br />

3<br />

10<br />

17<br />

24<br />

gründung<br />

pro lyrica 1988<br />

4<br />

11<br />

18<br />

25<br />

August Guido Holstein<br />

Die Zeit<br />

kreist<br />

um den Apfelbaum.<br />

Und du<br />

issest die Zeit<br />

vom Apfelbaum.<br />

Die Zeit<br />

reift<br />

am Apfelbaum.<br />

Nimm<br />

dir die Zeit<br />

pflücke die Äpfel.<br />

‹la vita›<br />

Auf dem stadtgekrönten Hügel<br />

‹della madre di dio›<br />

Hinter fackelnden Kerzen<br />

im finsteren ‹duomo›<br />

Das kleine Bild der grossen<br />

‹madonna con il bambino›<br />

Dunkel flammende Zypressen<br />

in den Mauern des ‹cimitero›<br />

Werden und Vergehen<br />

zwischen den Gassen ‹della vita›<br />

Fussgetretene Steinplatten<br />

glänzen im Schimmer ‹della luce›<br />

Stehn hinterm Ladentisch<br />

August Guido Holstein, geboren 1935, in Zürich, wohnt in Fislisbach/AG. Lic. ‹durante Phil. I, pens. tutta la Lehrer. vita›<br />

Lyrik: Nach «Wind auf Fahrt», «Windmessstäbe» 2001 bei der Pro Lyrica «Der Berg geht zum Meer»,<br />

zuletzt «Windspiele», OSL Basel. Prosa: Roman «Alptag», Ed. Leu, Zürich, Erzählbände «Geschich-<br />

August Guido Holstein<br />

August Guido Holstein<br />

ten vom Boll›», «Geschichten vom Dorfe F», «Zirkus im Gebirge», «Don Juan und Alter Meister», «Der<br />

Augenblick», geschichtlich. Leitete 4 Jahre den ZSV, Lektor Pro Lyrica, AdS. wwww.lyrik-prosa.ch-<br />

5<br />

<strong>12</strong><br />

19<br />

26<br />

6<br />

13<br />

20<br />

27<br />

7<br />

14<br />

21<br />

28<br />

8<br />

15<br />

22<br />

29<br />

weltbildungstag<br />

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31


Cæcilia Bühlmann-Imboden, geboren 1942 in Bülach, wohnhaft in Schaffhausen, verheiratet, Fami-<br />

lienfrau, Ausbildung in Floristik, Langzeitpflege und Aktivierungs-Therapie. Tätig in der Freiwilli-<br />

gen-Arbeit als Sozialbegleiterin. Veröffentlichungen: Textbeiträge bei der Pro Lyrica, Lyrik Kalen-<br />

der, Anthologie 2003/7, Forum SH-Autoren. Lyrikanthologie 2006 ZSV. 2008 eigener Lyrikband bei<br />

der Pro Lyrica «Inmitten meiner Hände». Mitglied Pro Lyrica Schweiz.<br />

Dank<br />

Rolf Zöllig erklärt, als Vorstandsmitglied<br />

bei Pro Lyrica und als Fachlehrer an der<br />

Berufsschule <strong>für</strong> Hörbehinderte BSFH<br />

habe er zwei ganz unterschiedliche<br />

Anknüpfungen zum heutigen Anlass. Es<br />

freue ihn daher ausserordentlich, <strong>das</strong>s<br />

gehörlosen Menschen der Zugang zur<br />

Lyrik und zu einem schönen und ausserordentlichen<br />

Anlass habe ermöglicht werden<br />

konnte.<br />

Rolf Zöllig bedankt sich bei allen Autorinnen<br />

und Autoren und vor allem bei Nadine<br />

Kaufmann <strong>für</strong> die speziell anspruchsvolle<br />

Gestaltung des Jubiläums-Lyrik-Kalenders<br />

2013. Ein wirklich gelungenes Experiment<br />

unter enormen Zeitdruck.<br />

Beim anschliessend Apero und der<br />

gemeinsamen Führung durch die Ausstellungen<br />

besteht die einmalige Gelegenheit<br />

mit den Autorinnen und Autoren über die<br />

«Kunst» des Geschichteschreibens zu diskutieren.<br />

Es bleibt eigentlich nur zu hoffen,<br />

<strong>das</strong>s es auch in Zukunft Geschichteschreibende<br />

geben wird. Die Welt wäre<br />

sonst um einiges ärmer geworden.<br />

[rr]<br />

4<br />

11<br />

18<br />

25<br />

dämmerung<br />

auf<br />

Cæcilia Bühlmann<br />

5<br />

<strong>12</strong><br />

19<br />

26<br />

Cæcilia Bühlmann-Imboden<br />

zehenspitzen<br />

entfernt<br />

sich<br />

die<br />

zeit<br />

bleibt<br />

kleben<br />

in<br />

den<br />

spinnfäden<br />

der<br />

dämmerung<br />

6<br />

13<br />

20<br />

27<br />

7<br />

14<br />

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28<br />

welttag der<br />

philosophie<br />

1<br />

8<br />

15<br />

22<br />

29<br />

auf der suche nach<br />

Cæcilia Bühlmann<br />

2<br />

9<br />

16<br />

23<br />

30<br />

3<br />

10<br />

17<br />

24<br />

was<br />

würde<br />

ich<br />

gewinnen<br />

wenn<br />

ich<br />

aufhören<br />

würde<br />

zeit<br />

zu<br />

verlieren<br />

glück<br />

vielleicht<br />

prl_kal_2013_bel.indd 13 <strong>12</strong>.09.<strong>12</strong> 15:44<br />

Rolf Zöllig hofft und wünscht sich, <strong>das</strong>s bei einem nächsten Anlass noch mehr gehörlose und hörbehinderte Menschen<br />

anwesend sein werden.


Stimmungsvolle Gehörlosenweihnachtsfeier<br />

Am 18. <strong>Dezember</strong> 2011 findet in der evang.<br />

Kirche Grossacker in St. Gallen der ökumenische<br />

Weihnachtsgottesdienst statt,<br />

der von Achim Menges und Dorothee<br />

Buschor gemeinsam gestaltet wird.<br />

Wohl um die 150 Personen, gehörlose,<br />

schwerhörige und hörende machen sich an<br />

diesem verschneiten Vormittag auf den<br />

Weg. Zum ersten Mal findet die Gehörlosenweihnachtsfeier<br />

in diesem stimmungsvollen<br />

und mit viel Holz ausgekleideten<br />

gemütlichen Saal statt.<br />

Der Gottesdienst beginnt mit einer Darbietung<br />

der gehörlosen Inge Scheiber-Sengl<br />

des Weihnachtsliedes Jingle Bells. Seit<br />

vielen Jahren setzt sich sie sich da<strong>für</strong> ein,<br />

<strong>das</strong>s Musik und Gesang <strong>für</strong> Gehörlose in<br />

angemessener Form ausgedrückt, erleb-<br />

und emotional erfassbar, wird – eben über<br />

ausdrucksstarke Gebärden.<br />

Dorothee Buschor nimmt <strong>das</strong> Thema der<br />

Gefühle, die in den gebärdeten Gospelsongs<br />

auf vielfältige Weise angesprochen<br />

werden, auf. Sie erwähnt, <strong>das</strong>s sie im nahe<br />

gelegenen Kinderspital erlebe, wie ganz<br />

verschiedenartige Gefühle zum Ausdruck<br />

gebracht würden. Freude sei spürbar,<br />

wenn Kinder, die gesund geworden seien,<br />

wieder nach Hause zurückkehren dürften.<br />

Es gebe aber auch todkranke Kinder, deren<br />

Eltern damit konfrontiert seien, <strong>das</strong>s sie<br />

bald sterben würden. Diese Kinder strahlten<br />

oft eine ganz grosse Ruhe aus. Auch in<br />

der Advents- und Weihnachtszeit bestün-<br />

den ganz unterschiedliche Gefühle.<br />

Freude, Hoffnung stehe neben Enttäuschung<br />

und innerer Leere. Weihnachten<br />

sei immer auch mit vielen Erinnerungen<br />

verbunden. Eine breite Palette von sehr<br />

divergierenden Gefühlen mache sich in der<br />

Weihnachtszeit bemerkbar.<br />

Achim Menges nimmt nach dem Gebärdenlied<br />

«Shine your light» die Gedanken von<br />

Dorothee Buschor auf. Er macht geltend,<br />

<strong>das</strong>s man keine Angst vor Wut, Trauer,<br />

aber auch Freude und Interesse haben<br />

müsse. Wenn Neues da sei, etwas, was<br />

man nicht erwartet habe, dann seien die<br />

Gefühle wichtig. Durch die Gefühle werde<br />

der Weg geschaffen, <strong>das</strong> Neue in sein<br />

Leben zu integrieren. Auch zu allen Worten<br />

gehörten Gefühle. Liebe, Gerechtigkeit,<br />

Friede seien wichtige Eckpfeiler in diesem<br />

Zusammenhang. In Bezug auf diese Worte<br />

gebe es auch gemischte Gefühle und<br />

widersprüchliche Gefühle. Sehnsucht sei<br />

vielleicht manchmal auch nahe bei Eifersucht.<br />

Durch Trost, Versöhnung und Hoffnung<br />

könnten schwere Erlebnisse überwunden<br />

werden. Darauf gründen die<br />

Erfahrungen vieler Menschen mit dem<br />

Reich Gottes. Auf der Basis von Trost, Versöhnung<br />

und Hoffnung wachse Dank und<br />

Freude mit dem ganzen Leben. Achim Menges<br />

schliesst seine Predigt mit dem Bild<br />

der stillen in Dank versunkenen Hirten, die<br />

vielleicht <strong>für</strong> die heilige Nacht dankten.<br />

Am Keyboard stimmt Beat Hausammann<br />

<strong>das</strong> Lied «Stille Nacht, heilige Nacht» an.<br />

Natacha Hausammann singt dazu und der<br />

Gebärdenchor unter der Leitung von Inge<br />

Scheiber-Sengl drückt alles sehr stimmungsvoll<br />

in Gebärdensprache aus. Ein<br />

zweites Mal wird dieses wunderschöne<br />

Weihnachtslied angestimmt und alle<br />

Anwesenden, ob gehörlos, schwerhörig<br />

oder hörend singen in ihrer Sprache mit.<br />

Ganz zum Schluss des Gottesdienstes<br />

wird <strong>das</strong> Lied ‹Feliz Navidad› angestimmt.<br />

Die erwartungsvolle Vorfreude und Leichtigkeit,<br />

mit der der Gebärdengospelchor<br />

dieses einmalige Weihnachtslied untrüglich<br />

vorträgt, springt über auf alle Besucher<br />

und Besucherinnen, die danach alle<br />

zu einem Weihnachtsessen eingeladen<br />

sind, <strong>das</strong> vom begnadeten Koch des Hauses<br />

Vorderdorf in Trogen gekocht und liebevoll<br />

angerichtet wird.<br />

Bei gemütlichem Beisammensein und<br />

Plaudern nimmt die stimmungsvolle Weihnachtsfeier<br />

ihren Lauf bis weit in den<br />

Nachmittag hinein.<br />

Die Gehörlosenweihnachtsfeier findet in<br />

diesem Jahr am 23. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong> in<br />

der evangelischen Kirche Grossacker in<br />

St . G allen st at t .<br />

Inge Scheiber-Sengl gebärdet <strong>das</strong> Lied<br />

Jingle Bells.<br />

33


Achim Menges.<br />

Zwei ansprechende Weihnachtslieder<br />

<strong>für</strong> gehörlose Menschen vorgetragen<br />

von Inge Scheiber-Sengl (Gebärden),<br />

Natascha (Vocal) und Andreas Hausammann<br />

(Piano) sind übrigens via Internet über<br />

den folgenden Pfad downloadbar:<br />

http://www.youtube.comwatch?v=dKLrRbhqYl0,<br />

http://www.youtube.com/watch?v=sQukg-igf3w<br />

Dorothee Buschor.


Natacha Hausammann.<br />

Gebärdengospelchor<br />

Walter Spengler.<br />

35


Fritz Schaufelberger.<br />

Dorothee Buschor und Edith Elisa Durrer.<br />

Ruth Kasper im Gespräch mit Ilir Selmanaj.<br />

Bruno Schlegel, <strong>sonos</strong>-Präsident.


Hallo zusammen<br />

Vielleicht hat der eine oder andere schon<br />

von dem empfehlenswerten Buch «Ein<br />

Leben am Limit» gehört? Der bekannte<br />

Fernseh-Moderator Röbi Koller hat es<br />

geschafft, eine wunderbare Biografie über<br />

Nils Jent zu schreiben, der sich seit einem<br />

schweren Motorradunfall nicht mehr<br />

bewegen kann, zudem sein Augenlicht<br />

verloren hatte und nur noch über eine eingeschränkte<br />

Sprechfähigkeit verfügt.<br />

Übrigens, es gibt auch einen Film dazu<br />

«Unter Wasser atmen» – diesen muss ich<br />

selber auch noch schauen. Leider war ich<br />

dazumal aufgrund fehlender Untertitelung<br />

eben nicht imstande, den Film im Kino zu<br />

sehen. Nun ist die DVD mitsamt Untertitelung<br />

endlich auf dem Markt.<br />

Noch während ich <strong>das</strong> Buch regelrecht verschlang,<br />

kam in mir der Wunsch hoch, diesen<br />

Mann einmal persönlich kennen zu<br />

lernen. Denn, in gewisser Weise haben wir<br />

einiges gemeinsam, da wir beide Menschen<br />

mit einer Beeinträchtigung sind und<br />

zudem auch dieselbe Denkweise über die<br />

Lobbyarbeit <strong>für</strong> uns Betroffenen vertreten.<br />

Da kam es mir geradezu gelegen, an <strong>das</strong><br />

7. CI-Forum in St. Gallen zu gehen, da ich<br />

wusste, <strong>das</strong>s diese Persönlichkeit dort<br />

referieren wird. Ich sage Euch, alle Zuhörer<br />

im Saal wurden schon alleine durch seine<br />

Präsenz derart in den Bann gezogen. Man<br />

muss sich nämlich bewusst sein, <strong>das</strong>s er<br />

im Rollstuhl sitzt und physisch praktisch<br />

nichts mehr machen kann. Da<strong>für</strong> ist Dr.<br />

Jent mental umso stärker und hat es<br />

geschafft, trotz den Handicaps den Dok-<br />

marianne’s Kolumne<br />

tor-Titel zu erwerben. Das ist wirklich<br />

bewundernswert, da weder er noch seine<br />

Eltern in den 80er-Jahren nicht über die<br />

hervorragenden technischen Hilfsmitteln<br />

verfügten, die <strong>für</strong> uns heute alle unterdessen<br />

so selbstverständlich sind. (Die ausführliche<br />

Berichterstattung über Dr. Jent’s<br />

Referatinhalt findet Ihr in dieser <strong>sonos</strong>-<br />

Ausgabe unter dem Thema 7. CI Forum)<br />

Natürlich könnte Nils Jent in seinem eigenen<br />

Schicksal suhlen und <strong>das</strong> Umfeld Mitleid<br />

mit ihm haben. Aber <strong>das</strong> ist nicht seine<br />

Philosophie – im Gegenteil! Mit seiner<br />

unglaublich positiven Kraft schafft er es<br />

locker, die anwesenden Leute <strong>für</strong> Menschen<br />

mit einer Beeinträchtigung zu sensibilisieren.<br />

Dr. Jent, wie ich auch, ist der<br />

Meinung, <strong>das</strong>s die Gesellschaft die Menschen<br />

mit einer Beeinträchtigung fördern<br />

muss, indem die Stärken jedes einzelnen<br />

Individuums hervorgehoben werden sollen.<br />

Bis anhin ist es nämlich meist nicht der<br />

Fall, indem überall nur nach den Schwächen<br />

gesucht wird.<br />

Damals, als ich in Australien leben und<br />

arbeiten durfte, habe ich diese Philosophie,<br />

welche Dr. Jent anpeilt, ganz stark<br />

erlebt und nur positive Erfahrungen daraus<br />

mit in die Schweiz genommen. Dort in<br />

Down Under geht es vielmehr um <strong>das</strong><br />

Praktische als <strong>das</strong> Theoretische. Klar, ist<br />

es von Vorteil, wenn man eine gute Ausbildung<br />

mitbringt. Aber in erster Linie geht es<br />

um den Menschen, wie man ihn am besten<br />

einsetzen kann, so <strong>das</strong>s alle davon profitieren<br />

können. Hier in der Schweiz erlebe<br />

ich leider die umgekehrte Welt. Hier muss<br />

man etliche Qualifikationen, Zertifikate<br />

etc. vorweisen – also alles reine Theorie<br />

während die Praxis nur stiefmütterlich<br />

behandelt wird. Daher erstaunt es mich<br />

nicht, <strong>das</strong>s es in der Praxis oftmals nicht<br />

funktioniert. Warum machen wir es nicht<br />

einfach so wie die Aussies und auch wie Dr.<br />

Jent und ich persönlich es be<strong>für</strong>worten?<br />

Um sich aber eine solche Denkweise anzueignen,<br />

gehört dazu ganz klar auch die<br />

Entschleunigung in dieser «business-driven<br />

World», in welcher alles immer schneller<br />

gehen muss. Dabei ist es auch ganz gut,<br />

wenn man wieder einmal einen Gang<br />

zurück schalten kann/darf. Meines Erachtens<br />

erhält man mit der Entschleunigung<br />

längerfristig einen grösseren Nutzen.<br />

Natürlich ist es mir in diesem Kontext<br />

bewusst, <strong>das</strong>s ein solcher Schritt nicht<br />

von heute auf morgen vollzogen werden<br />

kann. Aber ein Anfang in die entsprechende<br />

Richtung ist schon einmal der<br />

Beginn einer grossen Reise.<br />

Mein persönlicher Wunsch <strong>für</strong> <strong>das</strong> neue<br />

Jahr ist, <strong>das</strong>s die Gesellschaft vermehrt<br />

auf uns Menschen mit einer Beeinträchtigung<br />

Rücksicht nimmt und uns entsprechend<br />

fördert. Das Ziel soll dabei die<br />

Effektivität sein und nicht nur die Schnelligkeit<br />

und Effizienz. So ist es <strong>für</strong> alle Parteien<br />

eine Win-Win-Situation, und alle<br />

sind glücklich dabei.<br />

Jetzt gerade um die bevorstehenden Festtage<br />

herum sind die meisten Leute sehr<br />

gestresst, da es Ende Jahr ist und somit<br />

alles noch erledigt werden muss. Aber<br />

warum auch? Die Welt geht ja nicht unter,<br />

und wir haben auch nächstes Jahr wieder<br />

Zeit. Stattdessen wäre es begrüssenswert,<br />

wenn wir uns selber mit Hilfe einer Tasse<br />

Tee «entschleunigen».<br />

Hiermit wünsche ich Euch allen besinnliche<br />

Weihnachten und einen guten Rutsch<br />

ins neue Jahr.<br />

Herzliche Grüsse<br />

Marianne Gegeckas<br />

<strong>sonos</strong>-Vorstandsmitglied<br />

marianne.gegeckas@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />

37


Leben und<br />

Glauben Sechs Minuten noch . . .<br />

Foto: Benedikt Schmitz-Hübsch.<br />

Ich habe Zeit und stehe auf dem Perron des<br />

Bahnhofs in Wettingen. Ich warte auf die S <strong>12</strong><br />

nach Zürich. Sechs Minuten noch und es ist<br />

trübe November-Stimmung. Die Menschen<br />

stehen dicht gedrängt am Morgen auf dem<br />

Perron und warten. Einige lesen schon die<br />

ersten Nachrichten im 20-Minuten Blatt.<br />

Fünf Minuten noch . . .<br />

Was <strong>für</strong> Gedanken den vielen Menschen bei<br />

diesem Warten so durch den Kopf gehen am<br />

frühen Morgen? Einige sind in sich versunken,<br />

andere schauen noch etwas verloren in die<br />

Umgebung. Vielleicht mussten einige hastig<br />

auf den Bahnhof laufen, weil sie zu spät aufgestanden<br />

sind? Anderen hängt der Ärger noch<br />

nach, da die Kinder stressig waren beim Morgenessen.<br />

Und die Frau daheim schlug die Tür<br />

hinter ihrem Mann noch zu, weil es Konflikte<br />

vom Vorabend hatte?<br />

Ein Mann zieht noch rasch ein paar Züge an<br />

seiner Zigarette, während daneben ein junges<br />

Paar sich etwas ins Ohr flüstert. Sie lächelt ein<br />

wenig.<br />

Vier Minuten noch . . .<br />

Eine Frau am Treppenaufgang schminkt noch<br />

rasch ihre Lippen; sie sieht dabei in den kleinen<br />

Taschenspiegel in ihrer Hand. Zum<br />

Schluss streicht sie noch einmal zärtlich durch<br />

ihr Haar.<br />

Drei Minuten noch . . .<br />

Im Lautsprecher auf dem Perron ertönt eine<br />

Frauenstimme und kündigt bei der S <strong>12</strong> eine<br />

4-minütige Verspätung an. Grund ist eine<br />

Stellwerkstörung! Menschen auf dem Perron<br />

schauen auf die Anzeigentafel, auf der<br />

eine gelbe Zahl ca. vier Minuten auftaucht<br />

mit dem nachstehenden Wort «Verspätung».<br />

Einige schauen auf ihre Armbanduhr;<br />

ihr Blick zweifelnd und unsicher: «ob<br />

es wohl stimmt»?<br />

Inzwischen noch sechs Minuten . . .<br />

Sechs Minuten Lebenszeit. Ich wünschte,<br />

sie wären schon vorbei und der Zug führe<br />

ein. In diesem Moment möchte ich die Zeit<br />

verkürzen. Wie paradox – zugleich möchte<br />

ich aber möglichst lange leben. Was will<br />

ich eigentlich hier im Warten? Manchmal<br />

weiss ich es selber offenbar nicht, wenn<br />

ich so zwischen den Menschen auf dem<br />

Bahnhofperron stehe und warte.<br />

Vier Minuten noch . . .<br />

Es ist schon merkwürdig <strong>für</strong> uns Menschen;<br />

ständig warten wir auf etwas;<br />

langweilt sich gar. Manchmal schlägt man<br />

die Zeit mit allerlei Blödsinn tot. Am<br />

Schluss sind wir enttäuscht, weil <strong>das</strong><br />

Erwartete nicht eingetroffen ist oder wir<br />

sind enttäuscht über <strong>das</strong>, wie es eingetroffen<br />

ist.<br />

Ich schaue auf die Bahnhofsuhr. Der<br />

Sekundenzeiger dreht unbeeindruckt von<br />

meinen Gefühlen – auch der leichten Verärgerung<br />

über die Verspätung des Zuges<br />

– seine Runden. Ginge es nicht etwas<br />

schneller, bitte!?<br />

Stellwerksstörung, Defekt an der «Loki»,<br />

Abwarten eines Anschlusszuges, Signalstörung,<br />

Personen im Gleis usw. Die Liste<br />

liesse sich beliebig erweitern. Neulich fiel<br />

ein Zug ganz aus, weil es Personalprobleme<br />

hatte.<br />

Drei Minuten noch . . .<br />

Die Abhängigkeit des Menschen beim<br />

Bahnfahren u.ä. wird mir mal wieder mehr<br />

als deutlich. Ich friere etwas in der<br />

Novemberkühle des Morgens und beginne<br />

mich etwas zu bewegen.<br />

Der französische Theologe Calvin (Reformator<br />

in Genf) hat die Gläubigen immer<br />

wieder ermahnt, sich jeder Minute<br />

bewusst zu sein. Welche Beachtung hat er<br />

damit der Minute entgegengebracht!<br />

Ich warte immer noch...und trotz Calvin,<br />

misslingt mir diese Wertschätzung der<br />

einen Minute augenblicklich. Der Zug ist<br />

immer noch nicht da und ich warte.<br />

Die Zeit ist und bleibt «ein tief verworrenes<br />

Rätsel, so alltäglich und doch so dunkel»<br />

(Augustinus).<br />

Endlich ist es soweit! Das Vorsignal wechselt<br />

auf gelb. Da kommt in der Ferne der<br />

Zug mit zunehmenden Fahrgeräuschen<br />

auf uns zu. Es wurde aber auch höchste<br />

Zeit!<br />

Ein Adventslied beginnt mit den<br />

Textstrophen:<br />

«Es kommt ein Schiff, geladen bis an sein<br />

höchstes Bord, trägt Gottes Sohn voll<br />

Gnaden, des Vaters ewigs Wort. Das Schiff<br />

geht still im Triebe, es trägt ein teure Last;<br />

<strong>das</strong> Segel ist die Liebe, der Heilig Geist<br />

der Mast.»<br />

Vier Wochen Zeit des adventlichen<br />

Wartens!<br />

Zeit <strong>für</strong> eine Veränderung im Glauben<br />

könnte es bedeuten: Eine Chance, um im<br />

Glauben wieder neu offen zu werden, <strong>für</strong><br />

<strong>das</strong> göttliche Geheimnis in und mit uns<br />

Menschen. Advent und wir stehen auf dem<br />

Perron unseres Lebens und warten.<br />

Peter Schmitz-Hübsch<br />

Gehörlosenseelsorger<br />

Aargau und Zürich


Kirchliche Veranstaltungen <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong><br />

katholische<br />

Gehörlosengemeinden<br />

REGION AARGAU<br />

Auskünfte: Gehörlosenseelsorge Zürich,<br />

Telefon 044 360 51 51, Fax: 044 360 51 52,<br />

Email: info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />

Web: www.gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />

Sonntag, 16.<strong>12</strong>.20<strong>12</strong>, 10.30 Uhr<br />

Ökumenischer Gottesdienst mit dem Gehörlosendorf<br />

Turbenthal, anschliessend Einladung zum<br />

Mittagessen.<br />

Sonntag, 23.<strong>12</strong>.20<strong>12</strong>, 15 Uhr<br />

Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst<br />

anschliessend Imbiss durch den Aargauischen<br />

Verein <strong>für</strong> Gehörlosenhilfe. Herz-Jesu Kirche,<br />

Lenzburg.<br />

Sonntag, 30.<strong>12</strong>.20<strong>12</strong>- 18.30 Uhr<br />

Ökumenischer Gottesdienst der Gehörlosengemeinden,<br />

mit gemütlichem Jahresausklang,<br />

ref. Kirche Baden.<br />

REGION ST. GALLEN / APPENZELL<br />

Katholische Gehörlosenseelsorge<br />

des Bistums St.Gallen<br />

Klosterhof 6b, 9001 St.Gallen<br />

Dorothee Buschor Brunner<br />

Gehörlosenseelsorgerin<br />

Tel. 071 227 34 61, Fax 071 227 33 41<br />

gehoerlosenseelsorge@bistum-stgallen.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorge-sg.ch<br />

Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, 9.30 Uhr<br />

Gottesdienst in der Schutzengelkapelle,<br />

mit Dorothee Buschor Brunner und<br />

Pfarrer Josef Raschle<br />

Sonntag, 23. <strong>Dezember</strong>, 10.45 Uhr<br />

Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst mit der<br />

evangelischen Gehörlosengemeine im Grossacker,<br />

anschliessend gemeinsames Mittagessen<br />

REGION SOLOTHURN, BERN, BASEL<br />

ve...e.e.? verstehen!<br />

katholische Gehörlosenseelsorge<br />

Solothurn, Bern und beide Basel<br />

Felix Weder-Stöckli<br />

Lindehus, Oberdorfstrasse 23,<br />

Postfach, 3053 Münchenbuchsee<br />

felix.weder@kathbern.ch<br />

www.kathbern.ch/gehoerlose<br />

Sonntag 9. <strong>Dezember</strong>, 10 Uhr<br />

Ökumenischer Adventsgottesdienst, mit Anita<br />

Kohler und Felix Weder-Stöckli, 4103 Bottmingen<br />

REGION ZÜRICH<br />

Kath. Gehörlosengemeinde<br />

Region Zürich<br />

Gehörlosenseelsorge Zürich,<br />

Telefon 044 360 51 51,<br />

Fax: 044 360 51 52,<br />

Email: info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />

Samstag, 8. <strong>Dezember</strong>, 18:30 Uhr<br />

Ökumenischer Adventsgottesdienst<br />

mit dem Zürcher Mimenchor, Augustiner Kirche,<br />

Zürich, mit anschliessendem Apéro im Münz. Mit<br />

Gebärdensprachdolmetscher/in.<br />

Mittwoch, 26. <strong>Dezember</strong> 14:30Uhr<br />

Ökumenischer Treffpunkt der Gehörlosen,<br />

Gottesdienst mit anschliessendem<br />

kleinen Imbiss<br />

reformierte<br />

Gehörlosengemeinden<br />

REGION ZÜRICH<br />

Ref. Pfarramt <strong>für</strong> Gehörlose Zürich<br />

Oerlikonerstr. 98, 8057 Zürich<br />

Ref. Gehörlosengemeinde des Kt. Zürich<br />

E-Mail : gehoerlosenpfarramt.zh@ref.ch,<br />

Pfr. Matthias Müller Kuhn<br />

Tel. : 043 810 82 75, Fax 044 311 90 89<br />

E-Mail : matthias.mueller.zh@ref.ch<br />

Samstag, 8. <strong>Dezember</strong>, 18.30 Uhr<br />

Ökum. Adventsgottesdienst,<br />

Augustinerkirche Zürich<br />

mit Spiel des Zürcher Mimenchors<br />

anschliessend Imbiss<br />

Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, 14 Uhr<br />

Kulturkino, ökum. Gehörlosentreffpunkt<br />

Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />

Sonntag, 16. <strong>Dezember</strong>, 10.30 Uhr<br />

Ökum. Gottesdienst,<br />

Gehörlosendorf Turbenthal<br />

Mittwoch, 26. <strong>Dezember</strong>, 10.30 Uhr<br />

Ökum. Gottesdienst und Zusammensein<br />

am Stephanstag<br />

Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />

REGION BERN, JURA, SOLOTHURN<br />

Ref.-Kirchen Bern-Jura-Solothurn<br />

Bereich Sozial-Diakonie<br />

Schwarztorstrasse 20; Postfach 5461<br />

3001 Bern, Tel. 031 385 17 17<br />

E-Mail : isabelle.strauss@refbejuso.ch<br />

Sonntag, 2. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />

Gottesdienst zum 1. Advent mit Abendmahl<br />

Bern, Markuskirche, Tellstrasse 35<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold und<br />

Doris De Giorgi<br />

Montag, 3. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />

Belp, Atelier Triebwerk<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />

Mittwoch, 5. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 15 Uhr<br />

Gottesdienst mit Abendmahl<br />

Heimstätte Bärau<br />

mit Diakon Andreas Fankhauser<br />

Montag, 10. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 18 Uhr<br />

Gottesdienst zum Menschenrechtstag<br />

Bern, St. Marienkirche<br />

mit Vorbereitungsteam und dem Chor<br />

des Gymnasiums Neufeld unter der<br />

Leitung von Christoph Marti<br />

Sonntag, 16. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />

Adventsfeier pro audito Bern<br />

Bern, Kirchgemeindehaus Schlosshalde,<br />

Schosshaldenstrasse 43<br />

Andacht Diakon Andreas Fankhauser<br />

Dienstag, 25. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />

Gottesdienst zu Weihnachten mit Abendmahl<br />

Bern, Petruskirche, Brunnadernstrasse 40<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold und Doris De<br />

Giorgi<br />

GEHÖRLOSENGEMEINDEN<br />

ST.GALLEN • APPENZELL • GLARUS •<br />

THURGAU • GRAUBÜNDEN<br />

Pfarrer Achim Menges,<br />

oberer Graben 31, 9000 St.Gallen<br />

Tel. 071 227 05 70, Fax 071 227 05 79<br />

SMS/Mobile 079 235 36 48<br />

E-Mail : gehoerlosenseelsorge@ref-sg.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorge.ch<br />

Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, 17 Uhr<br />

Adventsanlass <strong>für</strong> Gehörlose und Hörende,<br />

Evang. Zentrum Jona, Zwinglistrasse 30, Jona<br />

Sonntag, 16. <strong>Dezember</strong>, 11.30 Uhr<br />

Ökumenischer Advents-Gottesdienst,<br />

Gehörlosen gemeinde Thurgau, evang. Kirche<br />

Weinfelden, anschliessend Hotel zum Trauben<br />

Sonntag, 23. <strong>Dezember</strong>, 10.45 Uhr<br />

Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst der<br />

Gehörlosengemeinde Ostschweiz zum 4. Advent<br />

anschliessend gemeinsames Mittagessen<br />

Evang. Kirche Grossacker, 9000 St. Gallen<br />

Mittwoch 26. <strong>Dezember</strong>, 14.15 Uhr<br />

Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst der<br />

Gehörlosengemeinde am Stephanstag in Chur,<br />

Regulakirche und Restaurant Freieck<br />

REFORMIERTES GEHÖRLOSENPFARRAMT<br />

DER NORDWESTSCHWEIZ<br />

Pfr. Anita Kohler<br />

Friedenssrasse 14, 4144 Arlesheim<br />

Tel./Fax 061 701 22 45, Natel : 079 763 43 29<br />

E-Mail : anita.kohler@ref-aargau.ch<br />

anita.kohler@gmx.ch<br />

Sonntag, 2. <strong>Dezember</strong>, 11 Uhr<br />

Ökumenische Adventsfeier der<br />

Solothurner Gehörlosengemeinden<br />

Pauluskirche Olten<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler und Seelsorger<br />

Felix Weder<br />

gem. separater Einladung<br />

Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, 10 Uhr<br />

Ökumenische Adventsfeier der Basler<br />

Gehörlosengemeinden<br />

Reformierte Kirche in Bottmingen<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler und Seelsorger<br />

Felix Weder<br />

gem. separater Einladung<br />

Sonntag, 16. <strong>Dezember</strong>, 14.30 Uhr<br />

Adventsfeier der Baselbieter Gehörlosengemeinde,<br />

Restaurant Falken, Liestal<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler<br />

gem. separater Einladung<br />

Sonntag, 23. <strong>Dezember</strong>, 15 Uhr<br />

Ökumenische Adventsfeier der Aargauer<br />

Gehörlosengemeinde<br />

Katholische Herz Jesu Kirche Lenzburg<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler und Seelsorger Peter<br />

Schmitz-Hübsch<br />

gem. separater Einladung<br />

Sonntag, 30. <strong>Dezember</strong>, 18.30 Uhr<br />

Ökumenischer Gottesdienst, reformierte<br />

Kirche Baden, mit Pfarrerin Anita Kohler und<br />

Seelsorger Peter Schmitz-Hübsch<br />

anschliessend Umtrunk zum Jahresausklang<br />

39


Vorweihnachtlicher Gottesdienst in Ballwil<br />

Der Gottesdienst mit Hörbehinderten<br />

und Hörenden<br />

in Ballwil ist bereits<br />

eine schön Tradition. Dem<br />

Mimen Chor von Zürich<br />

gelingt es immer wieder mit<br />

seiner ausdruckskräftigen<br />

Körpersprache die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer in<br />

die Geschichte von Weih-<br />

unerwar nachten einzustimmen.<br />

eln Der Gottesdienst findet<br />

am Sonntag,<br />

bestellkarte 16. <strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong><br />

um 10 Uhr in der<br />

Lyrik-Kalender<br />

katholischen Pfarrkirche<br />

von Ballwil (Lu), statt.<br />

januar 2013<br />

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

Samstag Sonntag<br />

tetes<br />

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LYRIK<br />

Kalender<br />

2013<br />

Schweizerische<br />

Lyrische<br />

Gesellschaft<br />

Ich hielt die Quelle <strong>für</strong> versiegt<br />

harrte davor<br />

in Geduld ergeben<br />

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Schrift-Bilder<br />

neuen Lyrik-Kalender 2013<br />

Mareile Wolff<br />

es 25 Jahre-Jubiläums von Pro Lyrica<br />

che Lyrische Gesellschaft<br />

ln l<br />

7<br />

14<br />

21<br />

28<br />

beeinflusst<br />

Wir<br />

fliessen<br />

in die Zeit<br />

aufwärts<br />

abwärts<br />

im grossen<br />

Fluss<br />

fliesst<br />

die Zeit<br />

in uns<br />

Rose-Marie Uhlmann<br />

1 neujahrstag 2 berchtoldstag 3<br />

8<br />

9<br />

10<br />

15<br />

16<br />

17<br />

22<br />

23<br />

24<br />

29<br />

30<br />

31<br />

4<br />

11<br />

18<br />

25<br />

apfel<br />

baum<br />

zeit<br />

Die Zeit<br />

kreist<br />

um den Apfelbaum.<br />

August Guido Holstein<br />

LYRIK-KALENDER 2013<br />

5<br />

<strong>12</strong><br />

19<br />

26<br />

6<br />

13<br />

20<br />

27<br />

Und du<br />

issest die Zeit<br />

vom Apfelbaum.<br />

drei könige<br />

Die Zeit<br />

reift<br />

am Apfelbaum.<br />

Nimm<br />

dir die Zeit<br />

pflücke die Äpfel.<br />

25 ausgewählte Gedichte von <strong>12</strong> Autorinnen und Autoren begleiten<br />

Sie durchs ganze Jahr. Ideal auch als Geschenk.<br />

zu bestellen bei:<br />

Der Pro Lyrica Lyrikkalender 2013 bietet jeden Monat zwei typografisch inszenierte<br />

Gedichte Schweizerische und Lyrische ein Kalenderfeld Gesellschaftinkl.<br />

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Kalender Im Junkholz ist durchgängig 2-farbig auf stabilen Halbkarton gedruckt welcher<br />

8241 Barzheim angenehm im Griff und gut beschriftbar ist. Die hochformatigen<br />

Ansichtskarten lassen sich einzeln heraustrennen und versenden. Kalen

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