Teil 1 - western-videos.com
Teil 1 - western-videos.com
Teil 1 - western-videos.com
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
18<br />
pferderecht<br />
Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />
ihres Zeichens Rechtsanwältin und Notarin,<br />
ist als Juristin spezialisiert auf Pferderecht.<br />
Seit 1995 bearbeitet Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />
Pferdesachen; vor allem seit der<br />
Schuldrechtsreform ist sie fast ausschließlich<br />
in diesem Bereich tätig und übernimmt bundesweit<br />
und international Fälle.<br />
Dass die Juristin Pferdehalter mit fachlicher<br />
Kompetenz beraten kann, ist kein Zufall: Von<br />
Kindesbeinen an bis heute ist sie aktive Reiterin<br />
– momentan bereitet sie zwei Araber<br />
auf internationale Distanzritte vor – und<br />
kann damit über 30 Jahre Pferdeerfahrung<br />
aufweisen. Seit 1990 betreibt sie eine Deckstation<br />
mit drei Hengsten der Rasse Mangalarga<br />
Marchador. Außerdem gehören ihr<br />
noch drei Araber, und bis vor kurzem auch<br />
ein Quarter Horse.<br />
Mit diesem Hintergrund ist klar, dass Susanne<br />
Güldenpfennig-Hinrichs im Sinne des<br />
Tierschutzgesetzes arbeitet und kein Pferd<br />
bei ihr als „Sache“ abgestempelt wird.<br />
Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />
auf einem Distanzritt<br />
Und wieder Neues zum<br />
Thema Pferde-Kaufrecht<br />
Das Landgericht Cleve hatte über<br />
folgenden Fall zu entscheiden:<br />
Der Kläger (Käufer) forderte von dem Beklagten<br />
(Verkäufer) die Rückabwicklung von zwei Kaufverträgen<br />
über Quarter Horses.<br />
Bereits kurze Zeit nach Übergabe der Pferde<br />
zeigte sich, dass das eine Pferd, ein Wallach, an<br />
Spat erkrankt war, was immer wieder zu Lahmheiten<br />
führte. Das andere Pferd, eine Stute,<br />
zeigte positive Beugeproben auf beiden Hinterbeinen,<br />
deren Ursache drei freie Gelenkkörper<br />
(Chips) waren.<br />
Der Kläger forderte bezüglich des Wallachs den<br />
Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises sowie<br />
der entstandenen Kosten der Unterstellung<br />
und Versorgung auf. Bezüglich der Stute forderte<br />
er die Nachbesserung in Form von Operationen,<br />
also Entfernung der Chips.<br />
Diese Forderungen lehnte der Verkäufer jedoch<br />
ab.<br />
Inzwischen hatte der Kläger beide Pferde weiterverkauft<br />
und forderte nun die Erstattung des<br />
Kaufpreises sowie der entstandenen Unterbringungs-,<br />
Pfl ege- und Tierarztkosten, jedoch abzüglich<br />
des erzielten Verkaufserlöses.<br />
Der Beklagte verteidigte sich gegen diese Forderung<br />
damit, dass er nicht der Verkäufer der<br />
streitgegenständlichen Pferde gewesen sein<br />
will. Er hätte die Pferde lediglich als Vermittler<br />
verkauft. Auch will er während der Verkaufsverhandlungen<br />
darauf hingewiesen haben, dass er<br />
nur als Vermittler auftrete.<br />
Das Gericht kam zu<br />
folgender Entscheidung:<br />
Bezüglich des Wallachs war der Kläger berechtigt,<br />
vom Kaufvertrag zurückzutreten und die<br />
Rückzahlung des Kaufpreises sowie Schadensersatz<br />
in Höhe der nutzlosen Aufwendungen zu<br />
fordern, die der Kläger infolge des Kaufvertrages<br />
gehabt hat.<br />
Die Berufung des Verkäufers darauf, nicht selbst<br />
die Kaufverträge geschlossen, sondern dies für<br />
die eigentliche Voreigentümerin getan zu haben,<br />
reichte nicht aus. Der Beklagte hat nicht<br />
ausreichend bewiesen, die Kaufverträge als Vertreter<br />
abgeschlossen zu haben. Die Richtigkeit<br />
seiner Erklärungen konnte erst recht nicht nachgewiesen<br />
werden, nachdem sich herausstellte,<br />
WESTERNREITER – Januar 2011<br />
dass die von ihm benannten Zeugen bei Abgabe<br />
der entsprechenden Erklärungen überhaupt<br />
nicht anwesend waren.<br />
Es bestand außerdem ein berechtigter Rücktrittsgrund,<br />
da der Wallach bereits bei Übergabe<br />
einen Mangel aufwies, der auch nicht beseitigt<br />
werden konnte (Spat), so dass der Kläger ohne<br />
Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten durfte.<br />
Aufgrund der Erkrankung Spat hatte der Wallach<br />
beim Kauf nicht die übliche Beschaffenheit<br />
eines Pferdes. Dass der Wallach bereits bei<br />
Abschluss des Kaufvertrages und Übergabe an<br />
Spat gelitten hat und die Erkrankung ein Ausmaß<br />
erreicht hatte, das über das übliche und<br />
zu tolerierende Maß hinaus ging, ist dem Gericht<br />
durch einen Sachverständigen in einem<br />
schriftlichen Gutachten überzeugend dargelegt<br />
worden.<br />
Die Einstufung der Krankheit in die Röntgenklasse<br />
4 und 3 führte zu der Bewertung, dass<br />
das Pferd bei Übergabe einen Mangel aufwies.<br />
In Röntgenklasse 4 weicht der Zustand bereits<br />
so erheblich von der Norm ab, dass mit einer<br />
über 50% liegenden Wahrscheinlichkeit die<br />
Erkrankung auch zu klinischen Erscheinungen<br />
führen wird, z.B. Lahmheit. Diese muss bei<br />
Übergabe noch nicht vorgelegen haben, um einen<br />
Mangel zu bejahen. Schon die Abweichung<br />
des Gelenkzustandes und die Einordnung in die<br />
Röntgenklasse 4 bedeutet, dass das Pferd über<br />
das übliche Maß hinaus erkrankt war und mit<br />
so hoher Wahrscheinlichkeit auch symptomatisch<br />
erkranken würde, dass dies nicht mehr mit<br />
der Defi nition des üblichen Zustandes in Übereinstimmung<br />
zu bringen ist.<br />
Hierbei kam es auch nicht entscheidend darauf<br />
an, ob der Wallach bereits zum Zeitpunkt der<br />
Übergabe klinische Zeichen der Erkrankung<br />
gezeigt hat. Vielmehr ist die durch die Gelenkerkrankung<br />
bestehende erhebliche Gefahr der<br />
Entwicklung einer Lahmheit maßgeblich. Diese<br />
hat der Sachverständige anhand der Röntgenbilder<br />
festgestellt und überzeugend ausgeführt,<br />
dass die Erkrankung auch bereits im Zeitpunkt<br />
der Übergabe vorgelegen haben müsse, da sich<br />
gravierende Erscheinungen dieser Art nicht innerhalb<br />
kurzer Zeit entwickeln.<br />
In diesem Zusammenhang musste sich der Käufer<br />
auch nicht entgegenhalten lassen, dass er<br />
auf die angebotene Ankaufsuntersuchung ver-