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eine symbolische Horizontalität überführt – jeder sei gleich anderen Mitglied<br />

der Arbeiterklasse oder des Volkes und habe deshalb im gleichen Maße wie jeder<br />

andere an der Macht teil – und zugleich wurde ihre praktische vertikale<br />

Gestalt bestätigt und legitimiert. Deshalb wurde den Zahlen einer hohen formalen<br />

Teilhabe an der formellen Machtausübung (Wahlteilnahme, Übernahme<br />

von Funktionen usw.) so große Bedeutung zugemessen: Ausnahmslos jeder<br />

sollte in der ideologischen Rolle handeln und sich als »kleiner Ulbricht«<br />

oder »Honecker« betätigen.<br />

Figur 6: Ideologische Drehung der staatssozialistischen Herrschaftsverhältnisse<br />

Die ideologische Verkehrung realer Machtverhältnisse, an die dann der Witz<br />

anknüpft, vollzieht sich in dem zitierten ideologischen Text aus der »Geschichte<br />

der SED« (vor allem Sätze 1, 2, 6, 7, 8) dadurch, daß die Partei und im<br />

strengen Sinne ihre »Führung« zum eigentlichen Kern oder »Wesen« der Arbeiterklasse<br />

ernannt und damit andererseits buchstäblich per Äquivokation<br />

20 »Es ist wichtig zu sehen, daß es formell eine Äquivokation darstellt, wenn antagonistische Kräfte sich<br />

auf dieselben, nämlich wörtlich, bildlich, gestisch identischen Gepflogenheiten, Institutionen und einigenden<br />

Prinzipien eines Gemeinwesens berufen... Das führt zu einer ideologischen Drehung der dabei<br />

fungierenden Elemente.« (Haug 1993: 84 f.) Hier und im folgenden sei auf den Begriff des Antagonismus<br />

und des antagonistischen Charakters im Verhältnis sozialer Gruppen zueinander verzichtet.<br />

Spieltheoretisch macht er nur Sinn, wenn die Gewinne der einen ausschließlich auf die Verluste der anderen<br />

zurückgehen. Dies scheint weder im Staatssozialismus zwingender Fall gewesen zu sein (auf<br />

den Haug ihn auch nicht anwendet) noch auf die westlichen kapitalistischen Marktgesellschaften. Zur<br />

Erklärung des Phänomens der Ideologie scheint auch die wesentlich schwächere Annahme hierarchisierter<br />

Differenzen in den sozialen Lagen ausreichend zu sein.<br />

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