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ZGF Gorilla | Juli 2010 - Zoologische Gesellschaft Frankfurt

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LIEBE LESERINNEN UND LESER,<br />

LIEBE MITGLIEDER UND FREUNDE,<br />

Als das riesige Transportflugzeug<br />

vom Typ Hercules C-130 Ende Mai<br />

zur Landung auf der kleinen staubigen<br />

Piste inmitten der Serengeti<br />

zur Landung ansetzte, ging ein Raunen<br />

durch die Menge. Nur in den<br />

ersten Reihen konnte man geruchlich<br />

einen Eindruck von der wertvollen Fracht erhaschen,<br />

vielleicht auch ein Schnauben. Mehr gaben die Luftlöcher<br />

in den massiven Metallboxen nicht preis. Fünf Spitzmaulnashörner<br />

waren die Erste-Klasse-Passagiere dieses<br />

Flugzeugs. Es sind die ersten fünf von insgesamt 32, die<br />

in einer der größten Umsiedlungsaktionen von Nashörnern<br />

aus Südafrika kommend in die Heimat ihrer Vorfahren<br />

gebracht werden. Dort sollen sie dafür sorgen, dass<br />

die verinselten Restpopulationen aufgestockt werden, zusammenfinden<br />

und auf immer und ewig Nashörner die<br />

Ebenen der Serengeti durchstreifen. So wie es Hunderttausende<br />

von Jahren war.<br />

Bei der Ankunft der Nashörner, denen ein großer Bahnhof<br />

zuteil wurde, bekräftigte der tansanische Präsident<br />

Jakaya Kikwete in seiner engagierten Rede vor Ministern,<br />

Diplomaten und 250 geladenen Gästen, die Verpflichtung<br />

seiner Regierung zum Naturschutz und der Rettung<br />

der Nashörner. Umso unverständlicher erscheint ein Vorhaben<br />

der Regierung, das wenige Tage später in der tansanischen<br />

Presse auftauchte. Offensichtlich gibt es einen<br />

Beschluss zu einer Fernstraße, die, von der Küste kommend,<br />

auf ihrem Weg zum Viktoriasee die Serengeti im<br />

Norden durchschneiden soll. Dies hätte fatale Konsequenzen<br />

für das ganze Ökosystem. Bei hohem Verkehrsaufkommen,<br />

mit dem langfristig zu rechnen ist, wird eine<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

EDITORIAL<br />

Zäunung nicht zu vermeiden sein. Das wiederum würde<br />

der großen Huftierwanderung den Zugang zu den lebenswichtigen<br />

Gewässern in der Trockenzeit verwehren. Ein<br />

Zusammenbruch der weltweit einmaligen Tierwanderung<br />

wäre die Folge. 20.000 Quadratkilometer wären betroffen.<br />

Der Straßenbau an sich ist im strukturschwachen Tansania<br />

ein allzu verständliches Anliegen. Bauern brauchen<br />

die Anbindung an Märkte, Menschen den Zugang<br />

zu Schulen und Krankenhäusern. Für diese Zwecke gibt<br />

es aber eine alternative Südumgehung des Weltnaturerbes<br />

Serengeti, mit längerer Fahrtstrecke, allerdings durch<br />

deutlich dichter besiedeltes Gebiet, sodass viel mehr<br />

Menschen davon profitieren würden. Mit Nachdruck versuchen<br />

wir, gemeinsam mit Wissenschaftlern, Tourismusvertretern,<br />

anderen Naturschutzorganisationen, der<br />

UNESCO und engagierten Diplomaten die Regierung von<br />

der Alternative zu überzeugen.<br />

Es gibt bisher wenige menschengemachte Einflüsse, die<br />

auf kleinem Raum eine riesige Flächenwirkung entfalten.<br />

Tschernobyl und die jüngste Ölkatastrophe im Golf<br />

von Mexiko gehören dazu. Beides basiert auf Unfällen.<br />

Bei einer Straßenplanung sollte so etwas nicht passieren,<br />

nur weil man eine mittelfristige Entwicklung wie<br />

das Transportaufkommen und eine Zäunung nicht ins<br />

Kalkül nimmt. Es ist an der Zeit, nach einem halben<br />

Jahrhundert den Slogan von Bernhard Grzimek wieder<br />

hervorzuholen: Serengeti darf nicht sterben!<br />

Herzlichst, Ihr<br />

1


NEUES AUS DEN PROJEKTEN WELTWEIT UND VON UNSEREN PARTNERN<br />

<strong>ZGF</strong> PROJEKTHÄPPCHEN<br />

KASACHSTAN<br />

Saigasterben im Westen von Kasachstan<br />

Mitte Mai kamen die ersten Meldungen<br />

über ein besorgniserregendes<br />

und zunächst mysteriöses<br />

Massensterben von Saiga-Antilopen<br />

in West-Kasachstan und etwa 12.000<br />

Saiga-Antilopen waren es schließlich,<br />

die bis Ende Mai tot aufgefunden<br />

wurden. Bei den Tieren handelt<br />

es sich überwiegend um weibliche<br />

Individuen mit ihren Jungtieren. Die<br />

Erhebungen des kasachischen Komitees<br />

für Forst und Jagd Okhotzooprom<br />

sprechen von 7.605 verendeten<br />

weiblichen Tieren, 4.250 Kälbern<br />

aber lediglich 45 männlichen Tieren.<br />

Die genauen Ursachen des plötzlichen<br />

Massensterbens sind noch immer<br />

unklar und werden derzeit, auch<br />

mit Unterstützung von Mitarbeitern<br />

unseres Partnerverbandes der Association<br />

for the Conservation of Biodiversity<br />

of Kazakhstan (ACBK) vor<br />

Ort untersucht. Die Todesfälle werden<br />

nach offiziellen Angaben dem Bakte-<br />

Im Mai starben 12.000 Saigas innerhalb<br />

weniger Tage – ein herber Rückschlag für die<br />

sich gerade erholende Population in Westkasachstan.<br />

rium Pasteurella zugeschrieben. Häufig<br />

besiedelt dieses Bakterium ein Tier<br />

ohne Krankheitssymptome auszulösen.<br />

Bei einer Schwächung des Immunsystems<br />

kann es jedoch zu einem<br />

schnellen Tod führen. Ausgelöst wird<br />

die Erkrankung meist durch eine andere<br />

Infektion, eine Vergiftung, Stress<br />

oder Fehlernährung. Weitere Vermutungen<br />

reichen von Viren über akute<br />

Vergiftungen bis hin zur Tympanie<br />

(Bläh- oder Trommelsucht). Letztere<br />

kann durch den Verzehr von Leguminosen<br />

hervorgerufen werden.<br />

Nach offiziellen Bestandsschätzungen<br />

des kasachischen Komitees für Forst<br />

und Jagd und des Kasachischen Instituts<br />

für Zoologie bestand die Uralpopulation<br />

in diesem Jahr aus rund<br />

39.000 Tieren. Somit ist innerhalb<br />

kurzer Zeit etwa ein Drittel der Population<br />

gestorben. Das ist ein herber<br />

Rückschlag für die Uralpopulation,<br />

die sich in den letzten Jahren sehr<br />

positiv entwickelt hatte.<br />

Die Tiere verendeten innerhalb weniger<br />

Tage. Die ersten Fälle wurden<br />

am 18. Mai beobachtet (80 bis 100<br />

Tiere). Einen Tag später am 19. Mai<br />

wurden bereits 1.271 tote Tiere gezählt.<br />

Am 20. Mai stieg die Anzahl<br />

auf 3.200 Tiere und am 21. Mai dann<br />

auf die ungeheuere Anzahl von insgesamt<br />

12.000 toten Saigas. Diese<br />

große Anzahl kam deswegen zustande,<br />

weil das Massensterben sich<br />

dort ereignete, wo sich die Saigas zur<br />

Kalbung zusammengefunden hatten.<br />

Und just die größte dieser Saiga-Ansammlungen<br />

in der Uralregion war<br />

nun betroffen. Vermutlich nahm das<br />

Drama seinen Anfang in einem sechs<br />

Kilometer vom Kalbungsgebiet entfernten<br />

Dorf, denn dort wurden auch<br />

sechs tote Kuhkälber gefunden. Weitere<br />

tote Tiere, wie Kleinsäuger oder<br />

Vögel, wurden nicht entdeckt. Seit<br />

Anfang Juni wurden keine weiteren<br />

toten Saiga-Antilopen in der Uralregion<br />

entdeckt.<br />

Glücklicherweise haben erste Überprüfungen<br />

der Betpak-Dala-Population<br />

im Altyn Dala Schutzgebiet in<br />

Zentralkasachstan ergeben, dass es<br />

dort nicht zu Verlusten unter den<br />

Saigas gekommen ist. Auch die mit<br />

Halsbandsendern ausgestatteten Saigas<br />

dort haben den Winter überstanden<br />

und senden täglich ihre Signale.<br />

Von den 20 Tieren, die im September<br />

mit Halsbändern ausgestattet worden<br />

waren, sind noch 13 Tiere aktiv.<br />

Melanie Wenzel<br />

BRANDENBURG<br />

Explosiver Waldbrand<br />

Auf den Flächen des ehemaligen<br />

Truppenübungsplatzes im brandenburgischen<br />

Jüterbog gab es seit<br />

Mitte <strong>Juli</strong> immer wieder größere<br />

Waldbrände. Von den Flächen der<br />

Stiftung Naturlandschaften Brandenburg<br />

sind mittlerweile gut 230 Hektar<br />

abgebrannt. Durch die extrem hohen<br />

Temperaturen hat sich alte, noch im<br />

Gelände befindliche Munition von<br />

selbst entzündet. Insgesamt registrierte<br />

Brandenburg seit Beginn der<br />

Hitzewelle in diesem Sommer mehr<br />

als 30 größere Waldbrände. Das Risiko<br />

bleibt weiter hoch, solange die<br />

Temperaturen andauern.<br />

2 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


BALKAN<br />

31 Gänsegeier gehen auf die Reise<br />

Nach Wochen der Vorbereitung<br />

schickte die von der <strong>ZGF</strong> mitgegründete<br />

und unterstützte Vulture<br />

Conservation Foundation (VCF) am<br />

14. Juni eine Gruppe Gänsegeier auf<br />

die Reise nach Bulgarien. Die 31 Tiere<br />

stammen aus den spanischen Tierauffangstationen<br />

Extremadura, Castilla y<br />

León sowie dem Zoo von Jerez, und<br />

sind zur Wiederansiedlung in ausgewählten<br />

Schutzgebieten im bulgarischen<br />

Balkangebirge bestimmt.<br />

Auf Mallorca, dem Sitz der Vulture<br />

Conservation Foundation, waren<br />

die Tiere aus den verschiedenen<br />

spanischen Auffangstationen zu<br />

Quarantänezwecken gesammelt und<br />

tierärztlich untersucht worden. Nach<br />

einer Abschiedsfeier im Mediterranean<br />

Wildlife Conservation Centre<br />

wurden die Geier vom bulgarischen<br />

Projektpartner Green Balkans abgeholt.<br />

Von Palma de Mallorca aus ging<br />

es zunächst mit der Autofähre nach<br />

Barcelona und von dort auf dem Landweg<br />

bis ins bulgarische Stara Zagora<br />

und ins dort ansässige Wildlife Rehabilitation<br />

and Breeding Centre.<br />

PERU<br />

Ministerbesuch<br />

Im Zuge seines Deutschlandbesuchs<br />

im Mai stattete der peruanische<br />

Umweltminister Dr. Antonio Brack<br />

Egg dem <strong>ZGF</strong>-Büro in <strong>Frankfurt</strong> einen<br />

Besuch ab. Brack, selbst studierter<br />

Ökologe, informierte sich bei<br />

Geschäftsführer Dr. Christof Schenck<br />

Arbeitstreffen: Perus Umweltminister Dr. Antonio<br />

Brack Egg (li) und Dr. Christof Schenck.<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

Die Geier sollen im Nationalpark Zentralbalkan,<br />

in den Naturparks Vrachanski<br />

Balkan und Sinite Kamani sowie im<br />

streng geschützten Naturreservat Kotlenska<br />

neue Kolonien gründen. Ziel ist,<br />

diese Populationen mit denjenigen in<br />

Serbien, Kroatien, aber auch den Kolonien<br />

auf der Halbinsel Krim zu verbinden.<br />

Dies war der zweite Transfer nach<br />

Bulgarien. Bereits im März 2009 waren<br />

18 Tiere in die Freisetzungsgebiete<br />

transportiert worden. Dort<br />

werden die Tiere zunächst in Eingewöhnungsvolieren<br />

untergebracht und<br />

dann nach einiger Zeit in die Gebiete<br />

entlassen. In den nächsten fünf Jahren<br />

sollen 150 bis 200 Gänsegeier in<br />

Bulgarien ausgewildert werden.<br />

Um die Geierbestände dauerhaft abzusichern,<br />

muss die illegale Verwendung<br />

von Gift eingestellt werden. Das<br />

Anlegen von Futterplätzen, die Überwachung<br />

der bestehenden und ausgewilderten<br />

Population sowie der<br />

wirksame und dauerhafte Schutz<br />

ihrer Lebensräume sind Bestand-<br />

über Details der von der <strong>ZGF</strong> in Peru<br />

geförderten Projekte. Vor allem die zunehmenden<br />

Aktivitäten illegaler Holzfäller<br />

und Goldwäscher entlang von<br />

bzw. in den geschützten Gebieten waren<br />

Thema des Gesprächs. Die <strong>ZGF</strong><br />

unterstützt vor allem den Manu Nationalpark<br />

und umliegende Schutzgebiete<br />

mit dem Ausbau von Kontrollposten.<br />

ORANG-UTANS<br />

Unterstützung aus<br />

Australien<br />

Der Zoo von Perth in Australien ist<br />

seit vier Jahren einer der wichtigsten<br />

Partner des Orang-Utan-Projektes<br />

der <strong>ZGF</strong> auf Sumatra. Mit gut<br />

einer halben Million US-Dollar hat der<br />

Zoo seit 2006 den Auf- und Ausbau<br />

der Parkinfrastuktur sowie Umwelt-<br />

AKTUELLES | WELTWEIT<br />

Die 3000 Kilometer bis in den Balkan mussten<br />

die Geier im Auto reisen.<br />

teile des 2002 durch die VCF initiierten<br />

Balkan-Geier-Aktionsplans. Der<br />

Aktionsplan wird von acht Ländern<br />

und von 30 lokalen Organisationen,<br />

aber auch von den Regierungsstellen<br />

Bulgariens, Serbiens und Mazedoniens<br />

unterstützt. Die Auswilderungsaktion<br />

wird von der <strong>Zoologische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong><br />

<strong>Frankfurt</strong>, der Deutschen Bundesstiftung<br />

Umwelt sowie durch die<br />

Europäische Union im Rahmen eines<br />

„LIFE+“-Projektes zur Bestandserholung<br />

der Geierpopulationen gefördert.<br />

Melanie Wenzel<br />

bildung und Forschung in Bukit Tigapuluh<br />

unterstützt. Und im November<br />

2006 war es mit der Orang-Utan-<br />

Dame Temara zum ersten Mal zur einer<br />

Auswilderung eines in einem Zoo<br />

geborenen Sumatra Orang-Utans gekommen.<br />

Dieses Engagement hat im<br />

Frühjahr auch der Australische Zoo-<br />

und Aquarienverband gewürdigt und<br />

den Zoo von Perth mit seinem begehrten<br />

„In-situ Conservation Award“<br />

ausgezeichnet. „Das Bukit Tigapuluh<br />

Ökosystem ist der letzte Rest, wo auf<br />

Sumatra noch ein großes Gebiet mit<br />

Tieflandwald erhalten ist. Und es ist<br />

Indonesiens einziger Nationalpark<br />

mit allen Vertretern der Mega-Fauna<br />

der Insel, inklusive Orang-Utan und<br />

dem hochgradig bedrohten Sumatra-<br />

Tiger“, erläutert Zoochefin Susan<br />

Hunt. „Es ist elementar, dass wir alles<br />

nur Erdenkliche tun, um ihren Schutz<br />

zu gewährleisten“, begründet Hunt<br />

das Engagement ihres Tiergartens.<br />

3<br />

Fotos: Albert Salemgareev, Xavier Muntaner/DIRKOM, Cecilia Laca de Schenk


AKTUELLES | WELTWEIT<br />

DEUTSCHLAND<br />

Von zwei Prozent Wildnis noch weit entfernt<br />

Eigenwilliges Land. Die indogermanische<br />

Herkunft des Wortes Wildnis<br />

bezeichnet einen Ort, dem ein<br />

eigener Wille innewohnt. „Ach, hätten<br />

wir dem Land nur mehr von seinem<br />

eigenen Willen gelassen“, lauten<br />

jetzt die Stoßseufzer aus den Naturschutz-<br />

und Klimakonferenzen der<br />

Welt. In diesem Bedauern schwingt<br />

jedoch auch Hoffnung mit: Wenn Natur<br />

mehr Raum bekommt, könnte sie<br />

eigene Kräfte wirksam mobilisieren,<br />

um die großen Bedrohungen der<br />

Menschheit abzumildern und vielleicht<br />

sogar zu neutralisieren. Bereits<br />

zur Weltnaturschutzkonferenz<br />

in Bonn 2008 hatte sich die Bundesregierung<br />

deshalb in der Nationalen<br />

Strategie zur biologischen Vielfalt<br />

zu zwei Prozent Wildnis im Land bekannt.<br />

Zwei Jahre später ist Deutschland<br />

mit knapp 0,5 Prozent weit<br />

davon entfernt.<br />

Anschauungsunterricht in der Brandenburger Wildnis für die Teilnehmer der Wildniskonferenz.<br />

ZOO & <strong>ZGF</strong><br />

Naturschutz als Kulturaufgabe<br />

Die <strong>ZGF</strong> und der Zoo <strong>Frankfurt</strong> weiten<br />

ihr Ehrenamtsprojekt Naturschutz-Botschafter<br />

mit der Kampagne<br />

„Naturschutz als Kulturaufgabe“ aus.<br />

Dank finanzieller Unterstützung durch<br />

die Allianz Umweltstiftung aus München<br />

und die Stiftung Polytechnische<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> kann die Kampagne<br />

nun realisiert werden. „<strong>Frankfurt</strong><br />

als Zentrum der multikulturell<br />

geprägten Rhein-Main-Region eignet<br />

sich hervorragend für die Umsetzung<br />

eines solchen Projekts“, sagte Dr. Lutz<br />

Die Wildniskonferenz <strong>2010</strong>, veranstaltet<br />

von der Stiftung Naturlandschaften<br />

Brandenburg in der Potsdamer Staatskanzlei<br />

am 17. Mai, sollte Bestandsaufnahme<br />

sein, Impulsgeber und<br />

politisches Signal. Damit das politische<br />

Signal auch ankommt, wurde<br />

der abendliche Empfang anlässlich des<br />

10-jährigen Stiftungsjubiläums genutzt,<br />

um die „Potsdamer Wildnisresolution“<br />

zu überreichen. Im Beisein von Brandenburgs<br />

Ministerpräsidenten Matthias<br />

Platzeck und Umweltministerin Anita<br />

Tack nahm Ursula Heinen-Esser, Staatssekretärin<br />

im Bundesumweltministerium,<br />

das Dokument entgegen. Die<br />

Kernforderung darin lautet, dass mindestens<br />

zwei Prozent der Fläche der<br />

Republik als Wildnisgebiete ausgewiesen<br />

werden sollten, und zwar nicht erst<br />

bis 2020, wie es die Bundes regierung<br />

vorsieht, sondern bereits bis 2015.<br />

Till Meyer<br />

Spandau, Vorstand der Allianz Umweltstiftung,<br />

die das Vorhaben mit 120.000<br />

Euro unterstützt. Personell fußt das<br />

Projekt auf den ehrenamtlichen Naturschutz-Botschaftern,<br />

die für ihren<br />

Einsatz an Infomobilen ausgebildet<br />

wurden und jetzt auch für die Umsetzung<br />

der Kampagne eingesetzt werden.<br />

Die Gruppe soll um Natur- und<br />

Kulturbotschafter mit multikulturellem<br />

Hintergrund erweitert werden, die im<br />

Zoo neben Naturschutzthemen auch<br />

die Kultur ihres Herkunftslandes ver-<br />

Ihre Stimme für die<br />

Potsdamer Wildnisresolution<br />

Im Rahmen der Wildniskonferenz hat<br />

die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg<br />

eine Resolution veröffentlicht, die<br />

zur Einhaltung und schnellen Umsetzung<br />

des 2 %-Wildnis-Ziels mahnt. Die beiden<br />

großen deutschen Naturschutzverbände<br />

NABU und BUND, sowie der WWF, die <strong>Zoologische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> und zahlreiche<br />

Stiftungen und Vereine sind bereits<br />

Unterstützer der Wildnisresolution.<br />

Unter anderem fordert die Resolution, dass<br />

Wildnis als Leitbild in das Bundesnaturschutzgesetz<br />

und in die Landesgesetze<br />

aufgenommen wird. Auch bei den europäischen<br />

Natura 2000-Richtlinien soll der<br />

Wert großflächiger Wildnisgebiete mit natürlicher<br />

Entwicklung stärker berücksichtigt<br />

werden. Zudem wird bis 2011 von der<br />

Bundesregierung ein Maßnahmenplan gefordert,<br />

der die geografischen, zeitlichen<br />

und finanziellen Eckwerte zur Erreichung<br />

des 2 %-Ziels festlegt. Ein weiteres wichtiges<br />

Ziel ist es, die Umsetzung des gesetzlich<br />

geregelten Biotopverbundes und damit<br />

die Vernetzung großflächiger Wildnisentwicklungsgebiete<br />

voranzubringen.<br />

Nur mit vielen Unterstützern kann die Resolution<br />

wirken: Die Stiftung lädt Organisationen<br />

und Privatpersonen ein, die<br />

Resolution online mitzuzeichnen. Die gesammelten<br />

Stimmen werden im Internet<br />

und im Tagungsband zur Konferenz veröffentlicht.<br />

www.wildniskonferenz.de<br />

mitteln. „Die Stiftung Polytechnische<br />

<strong>Gesellschaft</strong> unterstützt das Projekt,<br />

weil es bürgerschaftliches Engagement<br />

aus der Mitte der Stadtgesellschaft<br />

fördert“, so Dr. Roland Kaehlbrandt,<br />

Vorstandsvorsitzender der Stiftung Polytechnische<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> am<br />

Main. Bereits in den vergangenen zwei<br />

Jahren hat die Stiftung das Projekt Naturschutz-Botschafter<br />

mit 40.000 Euro<br />

unterstützt. Für die Natur- und Kulturbotschafter<br />

stellt sie nun 20.000 Euro<br />

zur Verfügung.<br />

4 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


NOTIZEN AUS AFRIKA<br />

KURZMELDUNGEN AUS <strong>ZGF</strong>-PROJEKTEN UND PROJEKTGEBIETEN VON DR. CHRISTIANE SCHELTEN, SERONERA<br />

SIMBABWE I<br />

ELEFANTENWILDEREI<br />

Das Erste, was das Vegetationskartierungsteam<br />

am 25. Mai entdeckte,<br />

waren Geier. Sie kreisten im Norden<br />

des Gonarezhou Nationalparks, entlang<br />

des Flusses Makambamandini. Bei<br />

einer genaueren Untersuchung des Gebietes<br />

entdeckten sie sieben tote Elefanten.<br />

Die Stoßzähne waren ihnen mit<br />

einer Kettensäge entfernt worden. Ein<br />

zweites Team untersuchte die Gegend<br />

genauer und fand insgesamt zehn gewilderte<br />

Elefanten. „Das Ganze war<br />

eine sehr professionelle Aktion. Die<br />

Tiere sind mit großer Präzision und<br />

sehr nahe beieinander erschossen worden“,<br />

berichtet <strong>ZGF</strong>-Projektleiter Hugo<br />

van der Westhuizen.<br />

Gonarezhou ist Simbabwes Anteil<br />

am großen grenzüberschreitenden<br />

Schutzgebietskomplex Great Limpopo<br />

Transfrontier Park, gemein-<br />

TANSANIA<br />

NASHORNPOKAL<br />

Während in Südafrika um den World<br />

Cup gespielt wurde, war der Pokal,<br />

um den in der Serengeti gekickt<br />

wurde, bescheidener, aber nicht minder<br />

begehrt. Das Fußballturnier um<br />

den Rhino Cup am 20. und 21. Juni<br />

stand unter dem Motto „Gegen Wilderei<br />

in der Serengeti“. Drei Mannschaften<br />

traten gegeneinander an: zwei<br />

Teams ehemaliger Wilderer und ein<br />

Team der Nationalparkranger.<br />

Fußball als probates Mittel gegen Wilderei,<br />

hatte Dennis Rentsch, der Projektleiter<br />

des Serengeti Ökosystem<br />

Management Projektes (SEMP) bereits<br />

letztes Jahr aufgegriffen. 2009 hatte<br />

sich eine Gruppe ehemaliger Wilderer<br />

zusammengefunden. Ihre Vision:<br />

Nicht mehr wildern müssen. Der Fußball<br />

stärkt die Motivation der Gruppe,<br />

denn mitspielen darf nur, wer nicht<br />

mehr wildert. Die Teamkollegen leben<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

sam mit Südafrika und Mosambik.<br />

Und die Sorge der Parkbehörde ist<br />

nun groß, dass der aktuelle Fall ein<br />

Indiz sein könnte, dass die von internationalen<br />

Banden professionell<br />

organisierter Wilderei aus Südafrika<br />

nach Simbabwe übergreifen könnte.<br />

Der Nationalpark hat daher eine Belohnung<br />

von 1.000 US-Dollar für die<br />

Ergreifung der Täter ausgesetzt. Das<br />

Geld hierfür erhält er von der <strong>ZGF</strong>.<br />

SIMBABWE II<br />

ELEFANTENZUWACHS<br />

Die siebte große Tierzählung seit der<br />

großen Dürre von 1991/92 fand im<br />

September 2009 im Gonarezhou Nationalpark<br />

sowie im angrenzenden Zinave<br />

Nationalpark (Mosambik) statt.<br />

Die umfangreichen Ergebnisse wurden<br />

jetzt veröffentlicht. Mit dem Flugzeug<br />

war insgesamt eine Fläche von<br />

in Dörfern an der westlichen Grenze<br />

des Serengeti Nationalparks, wo die<br />

Menschen maßgeblich von Wildtierfleisch<br />

als Nahrungs- und Einkommensquelle<br />

leben.<br />

Dennis Rentsch unterstützt die Menschen<br />

darin, sich mithilfe von Kleinkrediten<br />

(Community Conservation<br />

Banks) aus der Abhängigkeit von der<br />

Wilderei zu befreien. Dabei zahlen<br />

die „Banken“-Mitglieder regelmäßig<br />

kleine Geldbeträge<br />

in eine Kasse ein, aus der dann<br />

die Geschäftsgründungen der<br />

Gruppenmitglieder finanziert<br />

werden. Einige der Fußballfreunde<br />

haben so bereits eigene<br />

kleine Geschäfte gegründet und<br />

sind begeistert, legal arbeiten<br />

zu können. „Die Leute wollen<br />

nicht mehr wildern. Meine Familie<br />

weinte immer, wenn ich<br />

das Haus verließ und meine<br />

Kinder erkannten mich nicht<br />

wieder, wenn ich nach Monaten<br />

16.343 Quadratkilometern abgeflogen<br />

worden, 7.000 davon in Gonarezhou.<br />

Elefanten und andere große<br />

Pflanzenfresser wie Zebras, Antilopen<br />

und Gazellen, aber auch Büffel und<br />

Flusspferde wurden gezählt. Erfreulich<br />

war die Anzahl an Elefanten. Mit<br />

etwas mehr als 9.000 Tieren ist dies<br />

der größte Bestand seit Beginn der<br />

Zählungen im Jahr 1975. Wahrscheinlich<br />

liegt die tatsächliche Anzahl sogar<br />

noch höher, da die Tiere bei dichter<br />

Vegetation vom Flugzeug aus leicht zu<br />

übersehen sind. Leider wurden bei den<br />

Überflügen aber auch etwas mehr als<br />

600 Hütten gezählt, die von Siedlern<br />

illegal im Park errichtet worden sind –<br />

und mit ihnen zählte man 3.000 Kühe<br />

sowie 450 Schafe und Ziegen.<br />

Die Studie „Aerial Survey of Elephants and<br />

other Large Herbivores in Gonarezhou National<br />

Park (Zimbabwe), Zinave National Park<br />

(Mozambique) and surrounds 2009“ ist online<br />

verfügbar unter www.zgf.de.<br />

aus dem Busch zurückkam”, erzählt<br />

Chacha Magesa, der Mannschaftskapitän<br />

des Teams aus Bonchugu. Das<br />

ist nun vorbei. Und Zeit zum Fußball<br />

spielen bleibt obendrein. Nach<br />

zwei langen Spieltagen entschied das<br />

Ex-Wilderer-Team aus Bonchugu das<br />

Turnier für sich und durfte den Nashornpokal<br />

stolz in Empfang nehmen.<br />

Laura Hartstone<br />

„Wir schaffen Wilderei ab“ heißt es auf den Trikots der Ex-Wilderer.<br />

5


AKTUELLES | WELTWEIT<br />

Naturschutz auf dem<br />

Dach Afrikas<br />

Äthiopien ist ein aufstrebendes Land mit einem reichen kulturellen Erbe sowie<br />

einzigartigen Naturschätzen. Die <strong>ZGF</strong> arbeitet in vier Gebieten, vom Simien<br />

Nationalpark im Norden bis zum Bale Mountains Nationalpark im Süden, um den<br />

Schutz dieser Ressourcen zu festigen. Von Dr. Christof Schenck.<br />

Äthiopien konnte bis heute sein<br />

Image als Dürre- und Hungerland<br />

nicht abschütteln, Platz 171<br />

von 182 beim weltweiten Entwicklungsindex<br />

und ein Pro-Kopf-Einkommen<br />

pro Jahr von 280 Dollar verheißt<br />

nichts Gutes. Doch von großflächiger<br />

Dürre und Massensterben ist Äthiopien<br />

heute meilenweit entfernt. Ursprungsort<br />

der Menschwerdung,<br />

Heimat der ältesten jüdisch-christlichen<br />

Kultur mit Burgen, Kirchen<br />

und Schlössern, vielfältige Landschaften<br />

und ein Wirtschaftswachstum<br />

von sieben bis elf Prozent in den<br />

letzten Jahren, all dies zeichnet eher<br />

das Bild einer aufstrebenden Nation<br />

mit großem kulturellen Erbe.<br />

Vor allem aber ist Äthiopien ein Bergland.<br />

Fast drei Viertel des Landes liegen<br />

über 3.000 Meter Höhe. Berge<br />

wirken wie Inseln und begünstigen<br />

durch die Isolation und die besonderen<br />

Bedingungen die Entstehung<br />

neuer Unterarten und Arten. So gilt<br />

die afro-alpine Region als besonders<br />

artenreicher Hotspot und weist<br />

überproportional viele endemische<br />

Arten auf, die nur dort und sonst nirgends<br />

existieren. Den Bergwäldern<br />

und Feuchtgebieten kommt eine enorm<br />

wichtige Funktion bei der Regulation<br />

des Wasserregimes zu. Ohne<br />

ihre „Schwammwirkung“ sind Extreme,<br />

also Überschwemmungen und<br />

Trockenheiten, die Folge. In einem<br />

Land, in dem vier Fünftel der Erwerbstätigen<br />

in der Landwirtschaft<br />

arbeiten und Millionen in Subsistenzwirtschaft<br />

vom Ertrag der eigenen<br />

Scholle abhängen, entscheiden die<br />

Leistungen der natürlichen Ökosy-<br />

steme tatsächlich über Leben und<br />

Tod. Diese Abhängigkeit von Boden<br />

und Wasser wird sich in der Zukunft<br />

noch deutlich verschärfen. Zwar steht<br />

in Äthiopien einer Bevölkerung, die<br />

ungefähr die Einwohnerzahl Deutschlands<br />

erreicht, das Dreifache unserer<br />

Fläche zur Verfügung, doch schon in<br />

30 Jahren wird sich die äthiopische<br />

Bevölkerung verdoppelt haben und<br />

das Land unter die zehn bevölkerungsreichsten<br />

Staaten der Erde aufgerückt<br />

sein. Und zur Besiedlung<br />

taugen die trockenen Tieflagen nur<br />

bedingt.<br />

Leider ist die natürliche Vegetation der<br />

empfindlichen afro-alpinen Lebensräume<br />

in den Höhen über 3.000 Meter<br />

bereits zu 97 Prozent vernichtet. Die<br />

letzten Reste sind jedoch echte Juwelen,<br />

die es auf jeden Fall zu erhalten<br />

gilt. Mit einem großen, ambitionierten<br />

Vorhaben hat sich die <strong>ZGF</strong> jetzt der<br />

Heimat der äthiopischen Wölfe, der<br />

Blutbrustpaviane, der Walia-Steinböcke<br />

und den Berg-Nyalas angenommen.<br />

Übrigens allesamt Arten, die nur<br />

in den äthiopischen Bergen vorkommen.<br />

Vor allem die Wölfe und Steinböcke<br />

mit ihren kleinen Populationen<br />

von teilweise weniger als 500 Individuen<br />

gelten als stark bedroht.<br />

Mit einer Finanzierung durch die Europäische<br />

Union über fünf Jahre hinweg<br />

schultert sich das <strong>ZGF</strong>-Team den<br />

Schutz der vier wichtigsten Gebiete,<br />

die wie Perlen an der Kette aufgereiht<br />

sind, entlang einer Linie, die sich inmitten<br />

des Landes von Norden nach Süden<br />

zieht: Im Norden das Weltnaturerbegebiet<br />

Simien Nationalpark, dann das<br />

6 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


Dr. Zelealem Tefera (vorne) leitet das <strong>ZGF</strong>-Programm zum Schutz afro-alpiner Ökosysteme.<br />

Zusammen mit seinen äthiopischen Kollegen will er vor allem die nachhaltige<br />

Landnutzung in den Dörfern verbessern.<br />

kommunale Schutzgebiet von Abune<br />

Yoseph, in Zentraläthiopien mit Guassa<br />

ebenfalls ein kommunales Schutzgebiet<br />

und im Südosten dann der Bale<br />

Mountains Nationalpark.<br />

Wer sich nun vorstellt, dass die <strong>ZGF</strong>-<br />

Mitarbeiter unter Anleitung des promovierten<br />

Biologen Dr. Zelealem Tefera<br />

in den äthiopischen Bergen Trekkingtouren<br />

absolvieren und mit dem Fernglas<br />

Steinböcke und Wölfe suchen,<br />

täuscht sich allerdings gewaltig. Die<br />

Arbeit zum Schutz der afro-alpinen<br />

Regionen besteht zu einem Groß-<br />

teil aus langen Fahrten auf staubigen<br />

Pisten und vor allem stundenlangen<br />

Sitzungen mit Behördenvertretern,<br />

Bauern- und Viehhaltern, Nationalparkverwaltungen<br />

und Repräsentanten<br />

der Kommunen. In Workshops,<br />

die mitunter mehrere Tage umfassen,<br />

werden Kompromisse bei der Landnutzung<br />

gesucht und gemeinsam die<br />

Sicherung der Kernbereiche festgeschrieben.<br />

Erst bei der praktischen<br />

Ausbildung der Beobachter, Parkranger<br />

und Forscher geht es wieder hinaus<br />

„ins Feld“. Und das ist dann<br />

immer sehr spektakulär. Die Szenerie<br />

NATURSCHUTZ PRAKTISCH | WIE SCHÜTZT MAN GEBIETE?<br />

Der Blutbrustpavian (Theropithecus gelada)<br />

mit dem charakteristischen roten Fleck lebt<br />

nur auf den äthiopischen Hochebenen.<br />

wird dominiert von gewaltigen Bergen,<br />

tiefen Schluchten und flechtenverhangenen<br />

Bergwäldern, die Sagen<br />

zu entstammen scheinen. Dazwischen<br />

jagen rotbraune Wölfe auf langen Beinen<br />

die meerschweinchengroßen<br />

Graumulle oder es zupfen Blutbrustpaviane<br />

mit flinken Händen Gräser<br />

aus dem Boden, während ihre langen<br />

Haare im Wind wehen. Es besteht kein<br />

Zweifel: Das äthiopische Naturschutzprogramm<br />

muss ein Erfolg werden.<br />

Für die bedrohten Tiere und Pflanzen<br />

– vor allem aber für die Zukunftssicherung<br />

der Menschen vor Ort.<br />

Jedem Projekt gehen umfangreiche Studien und Gefährdungsanalysen voraus, sodass sich die Maßnahmen an den tatsächlichen Bedürfnissen<br />

und Möglichkeiten orientieren. In Äthiopien werden folgende Themengebiete jetzt mit Hochdruck bearbeitet:<br />

Die Schutzgebiete und ihre Verwaltungen werden gestärkt<br />

Es erfolgt eine partizipative Abstimmung der Gebietsgrenzen mit Anrainern und Nutzern sowie die rechtsverbindliche Festlegung der<br />

Grenzen. Die zuständige Behörde bzw. Parkverwaltung wird durch Beratung und Ausbildung gestärkt. Und dann gibt es natürlich die<br />

klassische Unterstützung für die Parkinfrastruktur – vom Kontrollpostenbau bis hin zur Anschaffung von Funkgeräten.<br />

Das Wissen über die Ökosysteme und Verständnis der Zusammenhänge werden verbessert<br />

Hierunter fallen Forschungsarbeiten zum Vorkommen und Zusammenspiel der Schlüsselarten, die Abwehr von Gefährdungsursachen<br />

und der Aufbau eines Monitoringprogramms für Arten bzw. Umweltparameter.<br />

Die nachhaltige Landnutzung wird verbessert<br />

Kommunen werden darin angeleitet, die Verantwortung und Kontrolle bei der Ressourcennutzung zu übernehmen. Alternative Einkommensquellen,<br />

zum Beispiel aus dem Naturtourismus, werden gefördert und mit verbesserten Lebens- und Bildungsmöglichkeiten sollen<br />

Menschen dazu bewegt werden, besonders die sensiblen Kernbereiche der Naturgebiete zu verlassen.<br />

Eine dauerhafte Finanzierung für die Schutzgebiete wird etabliert<br />

Für die Gebiete werden Geschäftspläne entwickelt, wenn möglich wird beispielsweise der Tourismus gestärkt. Angestrebt wird hierbei,<br />

dass Zahlungen für Leistungen der Ökosysteme erfolgen. Darüber hinaus müssen finanzielle Sicherheiten mit Rücklagen und Stiftungen<br />

geschaffen werden.<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

7<br />

Fotos: C. Schenck


<strong>ZGF</strong> WELTWEIT | AUS DEN PROJEKTEN<br />

Im Land der Wisente<br />

Das Projekt „The Bison Land” zeigt, dass gemeinsame Anstrengungen von Wissenschaftlern, Forstwirten, Instituten und<br />

Verwaltungen nötig sind, um den Schutz von Großsäugern in Europa zu gewährleisten.<br />

Von Krzysztof Niedzialkowski<br />

Der Nationalpark Bialowieza im<br />

Nordosten Polens beherbergt<br />

nicht nur die letzten Überreste<br />

europäischen Tiefland-Urwaldes,<br />

sondern dort lebten bis zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts auch die letzten<br />

Wisente in freier Wildbahn. In der<br />

Folge des Ersten Weltkrieges jedoch<br />

verschwand die Art innerhalb kürzester<br />

Zeit auch hier. Nur in Wildgehegen<br />

und Zoos, verstreut über ganz<br />

Europa, überlebte Bison bonasus, der<br />

Wisent, auch Europäischer Bison genannt.<br />

Europäische Wissenschaftler<br />

und Forstwirte siedelten diese Tiere<br />

in den 1930er-Jahren in Polen wieder<br />

mit Erfolg an. Heute ist die Population<br />

im Bialowieza Nationalpark mit<br />

mehr als 400 Tieren der größte Bestand<br />

an Wisenten weltweit und die<br />

Anzahl der Tiere wächst stetig an.<br />

Allerdings fürchten Wissenschaftler,<br />

dass die Anzahl noch immer nicht<br />

ausreicht, um langfristig die Stabilität<br />

der Population zu sichern, da<br />

die genetische Vielfalt innerhalb der<br />

Population noch immer zu gering ist.<br />

Um dem kleinen Bestand dauerhaft<br />

auf eigenständige Füße zu helfen,<br />

musste sichergestellt werden, dass<br />

die Tiere im Wald Zugang zu Futter<br />

und vor allem zu Wasser haben. Zudem<br />

müssen die Tiere in andere Wälder<br />

der Region abwandern und dort<br />

neue Herden gründen können. Das<br />

heißt, es muss sichere Wege für die<br />

Wisente aus dem bestehenden Wald<br />

hinaus und in andere Waldgebiete hinein<br />

geben.<br />

Um diese Bedingungen zu schaffen,<br />

initiierte das Forschungsinstitut für<br />

Säugetiere der polnischen Akademie<br />

für Wissenschaften 2004 das europäische<br />

Wisentprogramm. Ziel war<br />

es, Wisentschutz und eine nachhaltige<br />

regionale Entwicklung zu vereinen.<br />

Das von Wissenschaftlern,<br />

Forstwirten, Kommunen und Regionalpolitikern<br />

gemeinsam entwickelte<br />

Programm legte den Grundstein<br />

für ein neues Kapitel des Wisent-<br />

schutzes. Man gewann Grünflächen<br />

zurück und richtete Futterplätze für<br />

die Wisente und Beobachtungsstellen<br />

für Touristen ein. Dank der Hilfe<br />

durch die <strong>ZGF</strong> konnte das Programm<br />

seine ursprünglichen Vorgaben sogar<br />

noch übertreffen und erzielte bereits<br />

erste ökologische Erfolge. Die Europäische<br />

Kommission belohnte diesen<br />

Erfolg: Sie nahm das europäische Wisent<br />

Schutzprojekt „The Bison Land”<br />

2006 in das Finanzierungsprogramm<br />

LIFE Nature auf. Damit konnte sich<br />

die <strong>ZGF</strong> zurückziehen, bleibt aber<br />

weiterhin Mitunterstützer des Projektes.<br />

Rückgewinnung des Lebensraumes<br />

Das Projekt „The Bison Land” ist die<br />

größte Initiative zum Schutz der Wisente<br />

seit ihrer Wiederansiedlung<br />

in den 1930er-Jahren. Wissenschaftler,<br />

Förster sowie die Mitarbeiter des<br />

Białowieza Nationalparks und der<br />

Green Lungs of Poland Foundation<br />

8 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


konnten mehr als 100 Hektar<br />

ungenutzter Wiesen für die Wisente<br />

zurückgewinnen, bauten 14 Wasserreservoirs<br />

und richteten mehr als 20<br />

Futterstellen ein. Zudem schützten<br />

sie an den Wald grenzende Agrarflächen<br />

vor einer Zerstörung durch die<br />

Wisente und organisierten Informations-<br />

und Beratungsveranstaltungen,<br />

um das Image der Tiere bei der Bevölkerung<br />

und bei den Landwirten<br />

zu verbessern. Diese Offensive veränderte<br />

die Einstellung der örtlichen<br />

Landwirte so sehr, dass die sogar Verträge<br />

mit dem Nationalpark abschlossen,<br />

um auf ihrem eigenen Land Heu<br />

für die Wisente zu gewinnen.<br />

Überprüft wird der Projekterfolg mit<br />

einem kontinuierlichen Monitoring<br />

der Tiere. Die Wisente tragen Halsbänder<br />

mit Satellitensendern, sodass<br />

man ihren Standort und ihre Wander-<br />

Der Wisent | Bison bonasus<br />

Der Wisent, auch Europäischer Bison<br />

genannt, ist das größte Säugetier Europas.<br />

Bullen können eine Wideristhöhe bis zu 1,90<br />

m erreichen. Er gehört zur Gattung Bison, die<br />

heute nur noch zwei Arten umfasst, nämlich<br />

den Wisent in Europa und den Bison in<br />

Nordamerika.<br />

Beide Kontinente hatten im 19. Jahrhundert<br />

noch jeweils zwei Arten. In Nordamerika lebte<br />

der Präriebison Bison bison bison und der<br />

Waldbison Bision bison athabascae. Letzterer<br />

verschwand durch die massive Einkreuzung<br />

mit Präriebisons. Vor 200 Jahren lebten rund<br />

40 Millionen Bisons in Nordamerika. Gejagt<br />

und abgeschlachtet im großen Stil, waren<br />

1885 noch 800 übrig. Heute sind es wieder<br />

etwa 100.000 Tiere.<br />

Den europäischen Verwandten erging es<br />

nicht viel besser. Von den zwei Arten, dem<br />

Flachlandwisent Bison bonasus bonasus<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

routen regelmäßig verfolgen kann.<br />

Eine jährliche Zählung gibt Auskunft<br />

über ihren Gesamtbestand und<br />

in diesem Jahr hat auch eine engere<br />

Zusammenarbeit mit anderen Wisent-<br />

Schutzprojekten begonnen. Ein guter<br />

Indikator für die Stabilität einer Population<br />

ist ihre genetische Vielfalt.<br />

Solang die genetische Vielfalt sehr<br />

gering ist, besteht die Gefahr, dass<br />

der Wisentbestand sich nicht langfristig<br />

etablieren kann und beispielsweise<br />

genetische Defekte auftreten,<br />

die auf Inzucht zurückgehen. Um zu<br />

kontrollieren, wie es um die genetische<br />

Vielfalt der Population bestellt<br />

ist, werden regelmäßige genetische<br />

Untersuchungen der Tiere durchgeführt.<br />

Solche Untersuchungen wurden<br />

dieses Jahr auch bei einer kleinen<br />

Restpopulation von nur elf Tieren im<br />

Tsuman Nationalpark in der Ukraine<br />

durchgeführt. Für diese Tiere werden<br />

und dem Kaukasuswisent Bison bonasus<br />

caucasicus ist heute nur noch ersterer übrig.<br />

Der letzte Kaukasuswisent starb 1927.<br />

Die Urwälder von Bialowieza im Osten Polens<br />

beherbergten vor dem Ersten Weltkrieg<br />

weit mehr als 700 Flachlandwisente. Nach<br />

1919 war kein einziger mehr da, alle Tiere<br />

waren Jagd und Wilderei zum Opfer gefallen.<br />

Ein paar wenige Exemplare der Art gab es<br />

glücklicherweise noch in Zoos und Gehegen,<br />

sodass man 1923 begann, die Rettung von<br />

Bison bonasus einzuleiten.<br />

Die „Internationale <strong>Gesellschaft</strong> zum Schutz<br />

des Wisents“, ab 1924 angeführt vom <strong>Frankfurt</strong>er<br />

Zoodirektor Kurt Priemel, kümmerte<br />

sich um die Nachzucht und später um ihre<br />

Wiederansiedlung. Ende 1924 registrierte<br />

die <strong>Gesellschaft</strong> weltweit noch 54 reinrassige<br />

Wisente, von denen wiederum nur wenige<br />

für eine Zucht geeignet waren. Der heutige<br />

nun genetisch geeignete Zuchttiere<br />

gesucht, um ihren Bestand allmählich<br />

wieder aufzubauen. Die Mitarbeiter<br />

des Projektes in Polen können<br />

mit ihrer Erfahrung beratend helfen.<br />

Das Polnische Säugetier-Forschungsinstitut<br />

und die Organisation „KYIV<br />

Sociological Centre“, die sich darum<br />

bemühen, den kleinen Wisentbestand<br />

in der Ukraine weiter aufzubauen,<br />

haben nun eine Vereinbarung<br />

unterschrieben, zukünftig intensiver<br />

zusammenzuarbeiten und ihre Erfahrungen<br />

auszutauschen.<br />

Die Zukunft der Wisente<br />

Von besonderer Bedeutung für das<br />

Überleben der Wisente ist die Akzeptanz<br />

der gewaltigen Tiere bei ihrem<br />

einzigen Feind, dem Mensch.<br />

Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit<br />

sollen die Menschen, die um den<br />

Wisentbestand geht daher auf wenige Tiere<br />

zurück, was auch die Anfälligkeit der Art für<br />

genetische Defekte begründet.<br />

Ende 2009 lebten im gesamten Bialowieza-<br />

Waldgebiet (Polen und Belarus) wieder rund<br />

800 Wisente, 456 davon auf polnischer<br />

Seite. Zusammen bilden sie die größte frei<br />

lebende Population der Art. Insgesamt gibt es<br />

weltweit etwas mehr als 3.000 Wisente, gut<br />

60 Prozent davon in frei lebenden Herden.<br />

HINTERGRUND<br />

Mehr über die Geschichte der Wisente auf<br />

der Webseite des Bialowieza Nationalparks:<br />

www.bpn.com.pl<br />

9<br />

Fotos: T. Schneider, imagebroker/Okapia


Park herum leben, über die Wisente<br />

und ihre Lebensweise informiert werden<br />

und lernen, wie sie beispielsweise<br />

ihre Ernten vor den Wisenten<br />

schützen können. Mit einer eigenen<br />

Internetseite (www.krainazubra.pl),<br />

dem Kurzfilm „The Bison Land”, verschiedenen<br />

Broschüren, Kalendern<br />

und Karten macht das Säugetier-<br />

Forschungsinstitut Werbung für den<br />

Wisent. Da aber Bildung mindestens<br />

ebenso wichtig ist, wie Imagewerbung,<br />

konzentriert sich das Institut<br />

auch auf Schulungen für die Lehrer<br />

der Region. Sie lernen in Fortbildungsveranstaltungen<br />

die Biologie<br />

der Wisente und ihre Geschichte kennen<br />

und bekommen Material an die<br />

Hand, mit dem sie ihr Wissen an ihre<br />

Schüler weitergeben können.<br />

Nach vier Jahren EU-Förderung läuft<br />

das Projekt „The Bison Land” im September<br />

<strong>2010</strong> offiziell aus. Um seine<br />

Erkenntnisse und Errungenschaften<br />

nachhaltig zu sichern, organisierte das<br />

Säugetier-Forschungsinstitut im Februar<br />

dieses Jahres eine internationale<br />

Konferenz, in der die Erfahrungen<br />

und Perspektiven des Wisentschutzes<br />

im Bialowieza-Urwald präsentiert und<br />

diskutiert wurden. Mehr als 60 Wissenschaftler,<br />

führende Persönlichkeiten<br />

und Politiker aus Polen und<br />

Deutschland, der Ukraine, Russland,<br />

Kanada, Südafrika und USA nahmen<br />

an der Konferenz teil. Dr. Rafal Kowalczyk<br />

vom Säugetier-Forschungsinstitut<br />

bewertete das Projekt als vollen<br />

Erfolg, denn sein Ziel wurde erreicht:<br />

Die Anzahl der Wisente im Nationalpark<br />

ist so groß wie noch nie seit dem<br />

Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Wisente<br />

leben mittlerweile gleichmäßig<br />

im Wald verteilt und die Anzahl der<br />

Tiere, die den Wald verlassen, nimmt<br />

konstant zu. Als Erfolg darf auch gewertet<br />

werden, dass die polnischen<br />

Behörden mittlerweile ökologische<br />

Korridore, die die Wanderrouten der<br />

Wisente schützen, in ihre Landnutzungspläne<br />

einbeziehen. Zudem sei<br />

UNTERWEGS IM TIGERAUTO<br />

ETWA 7.000 Sumatra Orang-Utans<br />

(Pongo abelii) gibt es noch auf der indonesischen<br />

Insel Sumatra. Im Bukit<br />

Tigapuluh-Ökosystem in Zentralsumatra<br />

leben, dank des <strong>ZGF</strong>-Schutzprogramms,<br />

gut acht Jahre nach<br />

Wiederansiedlungsbeginn immerhin<br />

wieder rund 130 Orang-Utans. Doch<br />

der Lebensraum der Orangs und der<br />

der anderen Großsäuger, wie Waldelefant<br />

und Tiger, schwindet mit rasanter<br />

Geschwindigkeit. Große internationale<br />

Palmöl- und Papierkonzerne roden<br />

den Wald in der Pufferzone um<br />

den Bukit Tigapuluh Nationalpark<br />

und nagen sich immer näher an die<br />

145.000 Hektar geschützten Tieflandregenwaldes<br />

heran.<br />

Um eines der letzten und artenreichsten<br />

Tieflandregenwaldgebiete<br />

eine deutliche Akzeptanz der Tiere<br />

in der Bevölkerung zu verzeichnen,<br />

meint Rafal Kowalczyk.<br />

Mit den Erfahrungen aus dem Projekt<br />

„The Bison Land” bereiten die<br />

Wissenschaftler nun Empfehlungen<br />

für den langfristigen Schutz des Lebensraums<br />

von Europas größtem<br />

Säugetier vor. In Polen beispielsweise<br />

sollen die Verträge mit den<br />

Landwirten weiter ausgebaut werden.<br />

Wisente und ihre Lebensweise<br />

müssen zukünftig in die agrarökonomischen<br />

Entscheidungen in der Europäischen<br />

Union einbezogen werden,<br />

wenn eine zuverlässige Finanzierung<br />

für die Menschen, die sich vor Ort<br />

um die Tiere kümmern, sichergestellt<br />

werden soll.<br />

----------<br />

Krzysztof Niedzialkowski arbeitet am<br />

Mammal Research Institute of the<br />

Polish Academy of Sciences und koordiniert<br />

das Wisent-Projekt.<br />

Das <strong>ZGF</strong>-Orang-Utan-Projekt auf Sumatra beschäftigt sich mit weit mehr als der Auswilderung der Menschenaffen. Für einen<br />

langfristigen Erfolg muss die Bevölkerung um den Park herum verstehen, welchen Schatz sie mit Tigern, Waldelefanten und<br />

Orang-Utans in ihrem Gebiet hütet. Ein Team junger Lehrerinnen versucht, mit seinem mobilen Umweltunterricht bei den Kindern<br />

in den Dörfern der Pufferzone rund um den Bukit Tigapuluh Nationalpark anzusetzen. Von Sigrid Keiser.<br />

Das Team des Tigermobils: Fahrer Agus, die<br />

beiden Lehrerinnen Augusiane Farika Pandji<br />

und Ratina Ayu Wulandari sowie Assistent<br />

Ragil (von links nach rechts).<br />

Sumatras zu bewahren, wurde das<br />

Orang-Utan-Programm inhaltlich erweitert<br />

zu einem Schutzprogramm für<br />

das gesamte Bukit Tigapuluh Ökosystem<br />

(Bukit Tigapuluh Landscape<br />

Conservation Programme). Es nimmt<br />

jetzt auch den Schutz anderer Großsäuger<br />

bewusst ins Visier. Die Ranger<br />

der „Wildlife Protection Units“<br />

patrouillieren in der Pufferzone des<br />

Parks, suchen dort zum Beispiel nach<br />

Schlingen von Wilddieben und fahnden<br />

nach illegalem Holzeinschlag.<br />

Das Monitoring der Tierbestände ist<br />

mittlerweile fester Bestandteil der<br />

Arbeit der Ranger und ihre Präsenz,<br />

und damit die öffentliche Aufmerksamkeit<br />

für das Schutzprogramm, sollen<br />

kontinuierlich verstärkt werden.<br />

Natürlich bleibt die Wiederansiedlung<br />

der Orang-Utans ein fester Be-<br />

10 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


Fotos: A.F. Pandji<br />

Der Plüschtiger auf Ayu Wulandaris Hand erzählt Geschichten aus seinem Leben im Dschungel.<br />

Für viele Kinder ist es das erste Mal, dass sie etwas über die Tiere ihres Waldes hören.<br />

standteil des Projektes, aber nur mit<br />

der Unterstützung der Menschen, die<br />

um den Park herum leben, kann sein<br />

dauerhafter Schutz sichergestellt werden.<br />

Um den Menschen mehr Wissen<br />

über den Wert ihrer Umgebung zu<br />

vermitteln, aber auch um die Mensch-<br />

Wildtier-Konflikte aufzuarbeiten,<br />

wurde 2009 mit Unterstützung des<br />

Bundesamtes für Naturschutz das<br />

mobile Lehrerteam gegründet. Zwei<br />

Lehrerinnen und ein Assistent ziehen<br />

seitdem mit einem auf unterschiedliche<br />

Altersklassen zugeschnittenen<br />

Programm von Dorf zu Dorf. Mit<br />

Spielen, einem Puppentheater, Filmvorführungen<br />

und einer Ausstellung<br />

vermitteln sie den Kindern auf spielerische<br />

Weise viel Wissen über die<br />

Tiere ihrer Heimat, ihren Wald und<br />

die Zusammenhänge. Auch den Erwachsenen<br />

bieten die jungen Lehrerinnen<br />

Augusiane Farika Pandji und<br />

Ratina Ayu Wulandari eine Plattform.<br />

Sie sprechen mit den Dorfbewohnern<br />

über ihre Nöte mit den Wildtieren,<br />

nehmen ihre Sorgen ernst, wenn beispielsweise<br />

die Gefahr besteht, dass<br />

Elefanten die wertvolle Ernte zertrampeln,<br />

und versuchen, gemeinsam<br />

mit ihnen Lösungen zu entwickeln.<br />

Die „Mobile Education Units“ besuchten<br />

seit Projektbeginn im letzten<br />

Jahr 65 Schulen in 33 Dörfern rund<br />

um den Park im Distrikt Jambi. Da<br />

die Dörfer oft schwer erreichbar sind<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

und weit auseinander liegen, können<br />

auf jeder dreiwöchigen Tour nur<br />

fünf bis sechs Schulen besucht werden.<br />

In den Einzugsgebieten derjenigen<br />

Dörfer in der Pufferzone des<br />

Bukit Tigapuluh Nationalparks, in<br />

denen es Schulen gibt, leben jeweils<br />

mehrere Hundert Familien. Sie leben<br />

überwiegend vom Kautschuk-, Ölpalmen-<br />

und Reisanbau, die Wasserquellen<br />

im Nationalpark sichern ihre<br />

Wasserversorgung. Der Anbau von<br />

Kautschuk funktioniert sehr gut in<br />

Mischplantagen. Solange diese Plantagen<br />

nicht zu nah an den Nationalpark<br />

heranreichen, kann das Gebiet<br />

solche Plantagen ohne allzu negative<br />

Auswirkungen verkraften. Dieser Anbau<br />

ist für die sogenannte ökologische<br />

Pufferzone des Parks, also das<br />

Waldgebiet um den Nationalpark herum,<br />

besser als beispielsweise reine<br />

Palmöl-Plantagen. Ertragsreiche Reissorten<br />

und Fischfarmen könnten zur<br />

weiteren Verbesserungen der Einkommenssituation<br />

der Menschen<br />

dort beitragen. Leider jedoch kaufen<br />

sich mehr und mehr Firmen in<br />

die Gebiete ein und kurzfristig erscheinen<br />

Palmölplantagen den Menschen<br />

wesentlich lukrativer zu sein<br />

als nachhaltige Landwirtschaft. Wollen<br />

wir also die Pufferzonen nachhaltig<br />

und ökologisch verträglich<br />

entwickeln, bedarf es einer intensiven<br />

Umweltbildung der Bevölkerung<br />

in ebendiesen Pufferzonen.<br />

Ragil schwitzt im Orang-Utan-Kostüm, aber<br />

begeistert seine jungen Zuhörer.<br />

»Ich glaube fest<br />

daran, dass in<br />

diesen Menschen ein<br />

Bewusstsein für den<br />

Wert des Waldes, der<br />

Natur und ihrer Tiere<br />

schlummert. Besonders<br />

weil ihr traditioneller<br />

Glauben besagt, dass<br />

Wald und Wildtiere den<br />

Menschen beschützen<br />

und versorgen.«<br />

Farika Pandji<br />

<strong>ZGF</strong> WELTWEIT | AUS DEN PROJEKTEN<br />

11


INTERVIEW<br />

»Kinder interessieren sich für das Leben der Orang-Utans im<br />

Dschungel oder wollen wissen, wie eine Elefantenkuh ihre<br />

Jungen großzieht.«<br />

Farika, Sie reisen im und um den Bukit<br />

Tigapuluh Nationalpark von Dorf zu Dorf<br />

und werben für den Schutz des Parks und<br />

seiner Wildtiere. Was steckt dahinter?<br />

Farika Pandji: Die <strong>ZGF</strong> arbeitet schon<br />

seit 1998 in Bukit Tigapuluh, aber<br />

bislang waren die Menschen rund<br />

um den Park weder vertraut mit den<br />

Orang-Utans noch mit dem <strong>ZGF</strong>-<br />

Programm zu deren Wiederansiedlung.<br />

Der Schutz der Orang-Utans,<br />

des Waldes und seiner Bewohner,<br />

wie Tiger, Waldelefant und Tapir,<br />

sind nicht im Bewusstsein der Bevölkerung<br />

verankert. Der Schwerpunkt<br />

unserer Arbeit ist deshalb,<br />

den Dorfbewohnern aus der Umgebung<br />

des Bukit Tigapuluh Nationalparks<br />

zu vermitteln, wer die <strong>ZGF</strong> ist,<br />

was es mit der Wiederansiedlung von<br />

Orang-Utans auf sich hat und warum<br />

wir das durchführen.<br />

Stoßen Sie denn auf Verständnis?<br />

Trotz ökonomischer Probleme glaube<br />

ich fest daran, dass in diesen Menschen<br />

ein Bewusstsein für den Wert<br />

des Waldes, der Natur und ihrer Tiere<br />

schlummert. Besonders weil ihr traditioneller<br />

Glauben besagt, dass Wald<br />

und Wildtiere den Menschen beschützen<br />

und versorgen und deshalb<br />

der Mensch im Gegenzug der Natur<br />

Respekt schuldet. Die Kinder sollen<br />

auch lernen, wie Menschen anderswo<br />

auf der Welt den Wald und die Wildtiere<br />

als etwas Wertvolles wahrnehmen.<br />

Was haben Sie im Gepäck, wenn Sie in<br />

die Schulen gehen?<br />

Das ist je nach Altersgruppe unterschiedlich.<br />

Es gibt verschiedene<br />

Unterrichtsreihen mit Spielen, Filmen,<br />

Theater und einer Ausstellung.<br />

Mit Handpuppen und einer Art<br />

Augusiane Farika Pandji (23) ist<br />

Lehrerin und seit 2009 im Namen<br />

der <strong>ZGF</strong> im Einsatz für die Umweltbildung<br />

auf Sumatra.<br />

Kasperletheater versuchen wir, die<br />

Lebensweise der Wildtiere vorzustellen.<br />

Die kleinen Kinder basteln und<br />

malen die Tiere, für die größeren gibt<br />

es etwa Quizspiele. Außerdem zeigen<br />

wir auch außerhalb der Schulen<br />

Naturfilme und diskutieren mit den<br />

Dorfchefs über Probleme, die auftreten,<br />

wenn Menschen und Wildtieren<br />

aufeinandertreffen. Außerdem gehört<br />

eine Ausstellung zu unserem Repertoire,<br />

um die Leute außerhalb der<br />

Schulen zu erreichen.<br />

Wie waren bisher die Reaktionen auf das<br />

Programm?<br />

Ich muss zugeben, dass es nicht<br />

einfach war, die Menschen in den<br />

Gemeinden zu erreichen. Viele befürchteten,<br />

unsere Aktion sei politisch<br />

oder finanziell motiviert. In<br />

einigen sehr abgelegenen Dörfern<br />

hatten die Kinder zunächst sogar<br />

Angst vor uns. Sie waren scheu und<br />

zögerlich, denn normalerweise haben<br />

sie keinen Kontakt mit Fremden<br />

– mittlerweile hat sich das zum Glück<br />

völlig gewandelt. Die Kinder kennen<br />

unser Tigerauto inzwischen und heißen<br />

uns mit Begeisterung willkommen.<br />

Die Kinder machen großartig<br />

mit und nehmen die Geschichten<br />

über die Tiere der Wildnis neugierig<br />

auf. Sie interessieren sich für das Leben<br />

der Orang-Utans im Dschungel<br />

oder möchten erfahren, wie eine Elefantenkuh<br />

ihre Jungen aufzieht.<br />

Und hat das Auswirkungen?<br />

Ich glaube fest daran, dass wir damit<br />

einen respektvollen Umgang mit der<br />

Tier- und Pflanzenwelt bewirken können.<br />

Elefanten beispielsweise wurden<br />

bislang nur als Bedrohung wahrgenommen,<br />

weil sie die Ernte auf den<br />

Feldern oder sogar ganze Häuser<br />

zerstören. Jetzt aber verstehen die<br />

Menschen, dass die Zerstörung des<br />

Lebensraums der Elefanten und der<br />

daraus resultierende Futtermangel<br />

diese Konflikte mitverursacht. Natürlich<br />

wird sich das Verhältnis von Menschen<br />

und Elefanten nicht sofort ins<br />

Gegenteil verkehren. Probleme bereiten<br />

dabei besonders alte Legenden,<br />

nach denen beispielsweise Orang-<br />

Utans Kinder verschleppen. Diesem<br />

Aberglauben versuchen wir in Gesprächsrunden<br />

mit den Dorfbewohnern<br />

zu begegnen. Wir hören uns ihre<br />

Sorgen an, gehen auf ihre Ängste ein<br />

und suchen nach Lösungen. Am Ende<br />

vertrauen wir darauf, dass die Menschen<br />

einsehen, dass das Töten der<br />

Wildtiere nicht die Lösung des Problems<br />

sein darf – und nicht die Tiere,<br />

sondern der Umgang mit ihnen Schuld<br />

an einigen Verwüstungen sind. Diesen<br />

Umgang kann man ändern und dabei<br />

geben wir Hilfestellung.<br />

12 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


SERENGETI – RÜCKKEHR DER NASHÖRNER<br />

Die Rückkehr der Nashörner<br />

Am 21. Mai fiel der Startschuss für eine der größten und aufwendigsten Wiederansiedlungen des Ostafrikanischen Spitzmaulnashorns.<br />

Insgesamt werden 32 Tiere aus Südafrika zurück in die Heimat ihrer Ahnen, in das Serengeti-Mara-Ökosystem,<br />

gebracht werden. Von Laura Hartstone.<br />

EINE UNMENGE FLIEGEN prägten<br />

den 21. Mai <strong>2010</strong> in der Serengeti.<br />

Diesmal saßen die Plagegeister allerdings<br />

nicht, wie sonst üblich, auf den<br />

Gnus, deren Ankunft nämlich jedes<br />

Jahr durch ein Heer von Fliegen begleitet<br />

wird. Diesmal kündeten die<br />

Fliegen von einer anderen Ankunft:<br />

Fünf Spitzmaulnashörner waren am<br />

frühen Nachmittag in der Serengeti<br />

gelandet. Angekommen aus Südafrika,<br />

sind sie die erste Partie von<br />

insgesamt 32 Spitzmaulnashörnern,<br />

die über die nächsten zwei bis drei<br />

Jahre vom Kap nach Tansania umsiedeln<br />

werden.<br />

Den fünf Nashörnern wurde nach ihrer<br />

Landung auf der Schotterpiste<br />

des Seronera Airstrip, im Zentrum<br />

des Nationalparks ein überaus herzlicher<br />

Empfang bereitet. Hochrangige<br />

Gäste aus Südafrika, von South African<br />

National Parks, Vertreter der Botschaften<br />

der EU, von Deutschland und<br />

den USA, von der US Fish & Wildlife<br />

Foundation und natürlich von Tansa-<br />

nias Regierung waren gekommen, um<br />

die Tiere willkommen zu heißen.<br />

Den ganzen Vormittag über waren<br />

kleine Cessna Caravans oder zweimotorige<br />

Maschinen hier eingeflogen,<br />

um die VIP-Gäste pünktlich nach Seronera<br />

zu bringen, denn ab 11 Uhr<br />

wurde der kleine Flugplatz für den<br />

Luftverkehr gesperrt. Danach war die<br />

Landung nur noch zwei Maschinen<br />

gestattet: der Hercules C-130 Transportmaschine<br />

mit den Nashörnern<br />

und der Fokker 50 von Tansanias<br />

Staatspräsident Dr. Jakaya Kikwete.<br />

Präsident Kikwete nahm die Nashörner<br />

an diesem Tag offiziell von Dr.<br />

David Mabunda, dem Geschäftsführer<br />

von South African National Parks<br />

(SANParks) in Empfang. In einer<br />

sehr engagierten Rede dankte er<br />

den Südafrikanern dafür, dass sie die<br />

Rückkehr der Tiere in die Serengeti<br />

ermöglicht hätten und betonte, welche<br />

Bedeutung diese Wiederansiedlung<br />

für die Serengeti habe und wie<br />

wichtig es vor allem auch sei, die Sicherheit<br />

der Tiere zu gewährleisten.<br />

„Dieses Ereignis ist ein Mahnmal für<br />

all das, was in der Vergangenheit<br />

schiefgelaufen ist und eine Lektion<br />

für uns, was wir tun müssen, damit<br />

so etwas in Zukunft nicht mehr passiert.<br />

Meine Regierung hat sich voll<br />

und ganz dem Schutz der Wildtiere<br />

– und der Nashörner im Besonderen<br />

– verschrieben.“ Und zum Schluss<br />

Großer Medienrummel bei der Ankunft der<br />

Nashörner in Seronera am 21. Mai.<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong> 13 13


seiner Rede wurde Kikwete sogar persönlich<br />

und meinte: „Diejenigen, die<br />

mich kennen, wissen, dass ich Fußball<br />

liebe und Basketball, aber meine<br />

wahre Leidenschaft sind die Wildtiere.“<br />

Dass die Nashörner, deren Vorfahren<br />

aus der Masai Mara stammen, ins<br />

Serengeti-Ökosystem zurückkehren<br />

sollten, ist für SANParks Chef David<br />

Mabunda selbstverständlich. „Natur-<br />

Ein Gewinn fürs Ökosystem – und für Tansania<br />

Das „Serengeti Rhino Repatriation Project“ ist ein umfassendes Programm, bei dem es nicht nur darum geht, Nashörner in die<br />

Serengeti zu bringen. Im Windschatten ihrer Popularität wird der Schutz des Parks deutlich verbessert.<br />

ES IST GERADE MAL 40 Jahre her, da<br />

lebten 500 bis 700 Spitzmaulnashörner<br />

im Serengeti-Mara-Ökosystem.<br />

Unkontrollierte Wilderei dezimierte<br />

den Nashornbestand in nur wenigen<br />

Jahren fast vollständig, 1978 waren<br />

in der Serengeti noch zehn Tiere übrig.<br />

Seitdem ist der Bestand in Tansania<br />

zwar leicht gewachsen, doch es<br />

sind noch immer weniger als 70 Individuen<br />

der Unterart Ostafrikanisches<br />

Spitzmaulnashorn oder wissenschaftlich<br />

Diceros bicornis michaeli. Die<br />

Wiederansiedlung soll nun der Population<br />

Schwung geben, verbunden<br />

mit der Hoffnung, dass die voneinander<br />

isolierten Teilpopulationen wieder<br />

miteinander in Kontakt kommen.<br />

„Eine Wiederansiedlung ist immer<br />

nur der allerletzte Rettungsanker, um<br />

zu verhindern, dass eine wichtige Art<br />

ganz verschwindet“, sagt Dr. Markus<br />

Borner, <strong>ZGF</strong>-Referatsleiter für Afrika<br />

und verantwortlich für das Projekt.<br />

„Egal, ob man Bartgeier in den Alpen<br />

wieder ansiedelt oder Oryx-Antilopen<br />

in der Arabischen Wüste – so<br />

etwas ist immer schwieriger, aufwendiger<br />

und vor allem teurer, als die Art<br />

gleich von vorne herein in ihrem natürlichen<br />

Lebensraum zu schützen.“<br />

Die Umsiedlung der 32 Nashörner in<br />

die Serengeti ist nur der spektakuläre<br />

Teil des Vorhabens. Für das Ökosystem<br />

bringt das auf insgesamt fünf<br />

Jahre angelegte Projekt eine deutliche<br />

Verbesserung seines Schutzes.<br />

schutz kennt keine Grenzen und Tiere<br />

haben keine Reisepässe. Ich glaube,<br />

wir alle wollen gemeinsam etwas für<br />

Afrika erreichen“, sagte Mabunda.<br />

Seit fast zwei Monaten sind die<br />

Nashörner nun in ihren Bomas genannten<br />

Gehegen im Norden der Serengeti.<br />

Unter tierärztlicher Aufsicht<br />

gewöhnen sie sich dort an ihr neues<br />

Zuhause, an die Temperaturen, die<br />

Denn einer der wichtigsten Teilaspekte<br />

ist die bessere Ausbildung der<br />

Ranger sowie eine Ausweitung ihrer<br />

Einsätze. Im Vorfeld der Wiederansiedlung<br />

wurde zudem aus den<br />

besten Rangern eine Einheit zum<br />

speziellen Schutz der Nashörner, die<br />

„Rhino Protection Unit“, gegründet.<br />

Mehr als 200 Ranger aus den Schutzgebieten<br />

Serengeti, Ngorongoro und Grumeti erhielten<br />

im Vorfeld der Wiederansiedlung eine neunmonatige<br />

Zusatzausbildung.<br />

Gerüche, Geräusche und die Futterpflanzen.<br />

Ihre Betreuer sind zufrieden<br />

mit dem Eingewöhnungsprozess.<br />

Allen fünf Tieren geht es gut, sie sind<br />

gesund und können somit bald in die<br />

Freiheit entlassen werden. Voraussichtlich<br />

Anfang August werden sie<br />

das „Hotel Boma“ verlassen können.<br />

----------<br />

Die Amerikanerin Laura Hartstone<br />

arbeitet als Journalistin in Tansania.<br />

Das „Serengeti Rhino Repatriation<br />

Project“ wird gemeinsam durchgeführt<br />

vom Tansanischen Ministerium<br />

für natürliche Ressourcen und Tourismus,<br />

der Nationalparkbehörde Tanzania<br />

National Parks (TANAPA), dem<br />

Tanzania Wildlife Research Institute<br />

(TAWIRI), der südafrikanischen Nationalparkverwaltung<br />

South African National<br />

Parks (SANParks), der <strong>ZGF</strong> und<br />

dem Singita Grumeti Fund. Finanzielle<br />

Unterstützung kommt darüber hinaus<br />

vom US Fish and Wildlife Service, der<br />

amerikanischen National Fish and<br />

Wildlife Foundation und der Nduna<br />

Foundation. Die Durchführung des<br />

Vorhabens liegt in den Händen der<br />

<strong>ZGF</strong>, die für die gesamte Logistik des<br />

Projektes, die technische Expertise<br />

und Sicherheit zuständig ist, sowohl<br />

bei der Umsiedlung selbst als auch<br />

beim Monitoring nach der Freilassung<br />

der Tiere.<br />

Vorfahren aus Kenia<br />

Die Nashörner, die zwischen <strong>2010</strong><br />

und 2013 in die Serengeti gebracht<br />

werden, sind Nachfahren von Tieren,<br />

die 1961 in Tsavo in Kenia gefangen<br />

und nach Südafrika transportiert<br />

worden waren. Mit dieser Maßnahme<br />

hatte man angesichts der massiven<br />

Wildereiwelle, die Ostafrika in den<br />

1960er Jahren überrollte, versucht, die<br />

Unterart zu retten. In Südafrika wurden<br />

die Tiere aus Kenia von South<br />

African National Parks stets gesondert<br />

gehalten und jahrzehntelang<br />

14 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


Karte: <strong>ZGF</strong>, Fotos: C. Schenck, F. Borner, M. Harvey<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

SPITZMAULNASHORN<br />

SERENGETI – RÜCKKEHR DER NASHÖRNER<br />

1970 lebten noch etwa 60.000 Spitzmaulnashörner in Afrika. Bis zum Jahr<br />

1993 hatte die unkontrollierte Wilderei den Bestand auf unter 2.300 Tiere dezimiert.<br />

Dank intensiver Schutzmaßnahmen und einem aktiven Management<br />

der restlichen Populationen ist es gelungen, den Bestand zu vergrößern. Heute<br />

gibt es wieder etwas mehr als 4.200 Spitzmaulnashörner in drei Unterarten.<br />

Das Ostafrikanische Spitzmaulnashorn (Diceros bicornis michaeli) – von dem<br />

hier die Rede ist – ist mit weniger als 700 Individuen in Kenia und Tansania (plus<br />

einer kleinen “Out of Range”-Population in Südafrika) die am stärksten bedrohte<br />

Unterart. Die einzigen frei lebenden Populationen der Unterart sind in Kenia (rund<br />

600 Tiere verteilt auf 16 Gebiete) und Nordtansania (rund 70 Tiere in drei Gebieten).<br />

Besonders besorgniserregend ist, dass alle diese Sub-Populationen weniger<br />

als 100 Individuen haben, was ihr Risiko auszusterben deutlich erhöht. Aus diesem<br />

Grund ist es zur Erhaltung der Unterart essenziell, die in Südafrika gehaltenen<br />

Tiere wieder zurück nach Tansania zu bringen.<br />

Neben dem Östlichen Spitzmaulnashorn gibt es noch das Südwestafrikanische Spitzmaulnashorn<br />

(Diceros bicornis bicornis) und das Südliche Spitzmaulnashorn (Diceros bicornis<br />

minor). Von der vierten Unterart, dem Westlichen Spitzmaulnashorn in Kamerun (Diceros bicornis<br />

longipes), nimmt man an, dass es im Laufe des letzten Jahrzehnts ausgestorben ist.<br />

15


empfahlen Nashornspezialisten, diese<br />

Tiere zurück in ihre Heimatregion zu<br />

bringen, sodass sie sich wieder mit ihren<br />

Artgenossen im Norden Tansanias<br />

bzw. im Süden Kenias vermehren können.<br />

Jede Wiederansiedlung ist logistisch<br />

sehr aufwendig und muss den Richtlinien<br />

der International Union for Conservation<br />

of Nature (IUCN) folgen. Das<br />

bedeutet, es ist nicht damit getan, es<br />

muss sichergestellt sein, dass das Freilassungsgebiet<br />

geeignet ist und vor<br />

allem, dass der Grund des Verschwin-<br />

Der Südafrikaner Emile Smidt leitet seit<br />

2009 das Projekt zur Nashornwiederansiedlung<br />

in der Serengeti. Seit 1997<br />

arbeitet er mit Nashörnern, u. a. im<br />

Umfolozi Wildreservat in Südafrika.<br />

Emile, bevor die ersten Nashörner am 21.<br />

Mai kommen konnten, war ungemein viel<br />

vorzubereiten. Was war alles zu tun?<br />

Emile Smidt: Besonders in den letzten<br />

fünf Monaten mussten wir vor allem<br />

sehr viele logistische Dinge klären.<br />

Mein Kollege Genes Shayo von TA-<br />

NAPA und ich kümmerten uns die<br />

meiste Zeit darum, Ausrüstung und<br />

Material zu besorgen, um all die Infrastruktur<br />

aufzubauen, die wir brauchen<br />

würden, vom Computer bis hin zum<br />

Fahrzeug. Und natürlich Baumaterial,<br />

um die Quarantäne-Bomas – also<br />

kleine Gehege – für bis zu 12 Nashörner<br />

zu bauen. Auch die kleine Landebahn<br />

hier in der Serengeti musste<br />

ausgebaut werden, damit eine Cargo-<br />

dens der Art dort nicht mehr besteht.<br />

Im Falle der Nashörner heißt das eine<br />

umfassende Absicherung durch gut<br />

ausgebildetes Parkpersonal. Zudem<br />

ist auch nach der eigentlichen Freilassung<br />

ein umfangreiches Monitoring<br />

durchzuführen. All das, sowie der<br />

aufwendige Transport, machen diese<br />

Wiederansiedlung zu einem teuren Unterfangen,<br />

das nicht möglich gewesen<br />

wäre ohne die großzügige finanzielle<br />

Unterstützung eines privaten Gebers,<br />

sowie einem Zusammenschluss zahlreicher<br />

Organisationen, die über das<br />

entsprechende Know-how verfügen.<br />

Maschine wie die Hercules überhaupt<br />

landen konnte. Wir beschafften Ranger-Ausrüstung<br />

und installierten ein<br />

digitales Funknetz, um die Kommunikation<br />

der Ranger untereinander<br />

zu verbessern, vor allem in Hinblick<br />

auf die Wildereibekämpfung. Und natürlich<br />

mussten auch Transportkisten<br />

für die Nashörner gebaut werden und<br />

viele andere Dinge.<br />

Jetzt stehen die Nashörner in Bomas.<br />

Was passiert als Nächstes?<br />

Um sicherzustellen, dass die Tiere zum<br />

Zeitpunkt ihrer Freilassung gesund<br />

sind und um sie an die neue Umgebung<br />

zu gewöhnen, sind sie einige<br />

Wochen in den Quarantäne-Bomas.<br />

So können wir feststellen, ob sie gelitten<br />

haben. Denn durch den Transport<br />

und die geänderte Umgebung können<br />

stressbedingte Krankheiten auftreten,<br />

die im schlimmsten Fall zum Tod führen<br />

können. Gott sei dank geht es aber<br />

allen fünf Tieren sehr gut.<br />

Als Nächstes bauen wir einen elektrischen<br />

Zaun um ein großes Gebiet.<br />

Darin können sich die Tiere in geschützter<br />

Umgebung einige Zeit an<br />

ihre neue Umwelt gewöhnen. Dann<br />

implantieren wir ihnen einen Sender<br />

ins Horn, um sie nach ihrer Freilassung<br />

einfach beobachten zu können.<br />

Parallel trainieren wir mit den Ran-<br />

Die aktuelle Wiederansiedlung findet<br />

in einem Gebiet statt, in dem zurzeit<br />

zwar keine Nashörner leben, das aber<br />

nahe genug an bestehenden Populationen<br />

ist, sodass die Tiere eine Chance<br />

haben, sich zu treffen und hoffentlich<br />

zu vermehren. Zudem weiß man, dass<br />

in dem Gebiet in den 1970er-Jahren<br />

eine stabile Nashornpopulation vorkam.<br />

Das Freilassungsgebiet wurde<br />

aufgrund dieser historischen Angaben,<br />

aber auch aktueller ökologischer Daten<br />

ausgewählt. Und es entspricht den<br />

Anforderungen der African Rhino Specialist<br />

Group der IUCN.<br />

gern weiter, wie die Absicherung und<br />

das Monitoring im Freilassungsgebiet<br />

ablaufen sollen. Ungefähr nach<br />

weiteren sechs Wochen werden die<br />

Zäune dann entfernt.<br />

Wie habt ihr festgelegt, wo die Nashörner<br />

freigelassen werden?<br />

Wir führten eine parkweite Untersuchung<br />

durch, um das Gebiet zu finden,<br />

das am besten geeignet sein<br />

würde. Dabei waren viele Faktoren<br />

zu beachten: die Beschaffenheit des<br />

Geländes etwa und natürlich die<br />

Sicherheit für die Tiere, aber auch die<br />

Verbindung mit anderen Nashornpopulationen<br />

in der Serengeti und der<br />

Masai Mara in Kenia.<br />

Von der Wiederansiedlung profitieren<br />

auch andere Arten, heißt es. Wie das?<br />

Die Nashörner sind in der Serengeti<br />

fast ausgestorben und das Ökosystem<br />

würde sicherlich auch ohne sie weiter<br />

bestehen und funktionieren. Aber<br />

indem wir auf die Nashörner aufmerksam<br />

machen und für die Erhaltung<br />

dieser attraktiven Art eintreten,<br />

können wir auch sehr viel besseren<br />

Schutz für die anderen Arten erzielen,<br />

etwa für die Gnus bzw. die gesamte<br />

Tierwanderung. Und diese ist essenziell<br />

für den Fortbestand und die Funktionalität<br />

des Serengeti-Ökosystems.<br />

»Indem wir für die Erhaltung dieser attraktiven Art eintreten,<br />

können wir auch sehr viel besseren Schutz für die anderen<br />

Arten erzielen.«<br />

16 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


GEFAHR FÜR DIE SERENGETI:<br />

Ein Straßenprojekt im Nationalpark gefährdet<br />

die weltberühmte Tierwanderung<br />

Überall auf der Welt sind Naturfreunde entsetzt über die tansanische Ankündigung, eine neue Straße durch die Serengeti zu<br />

bauen, und richten ihre Proteste an die Regierung. Diese scheint jedoch unbeirrt und überzeugt davon, dass die Straße keine<br />

negativen Auswirkungen haben werde.<br />

KURZ NACH dem feierlichen Einzug<br />

der Nashörner in die Serengeti,<br />

schockte am 31. Mai eine Zeitungsmeldung<br />

in den tansanischen Daily<br />

News nicht nur die Naturschutzwelt.<br />

Wie ein Sprecher der Nationalparkbehörde<br />

Tanzania National Parks darin<br />

bestätigte, plant die tansanische<br />

Regierung den Bau einer Fernstraße<br />

direkt durch die Wildnis der Serengeti.<br />

Dieses Vorhaben würde die weltberühmte<br />

Wanderung von rund zwei<br />

Millionen Gnus, Zebras und Antilopen<br />

an einer ihrer empfindlichsten<br />

Stellen treffen und den nördlichen<br />

Teil ihres Zugweges blockieren. Die<br />

Wildnisgebiete des Parks sind essenzielle<br />

Lebensräume für hochgradig<br />

bedrohte Arten wie Nashörner<br />

oder Wildhunde und nicht umsonst<br />

gestattet der Managementplan<br />

des Serengeti Nationalparks keine<br />

Straßen in diesem Gebiet.<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

Man erfülle mit diesem Bauprojekt die<br />

Versprechungen von Präsident Jakaya<br />

Kikwete aus dem Jahr 2005, nach denen<br />

eine Straße von Musoma nach<br />

Arusha gebaut werden sollte, sagte die<br />

Ministerin für Tourismus und natürliche<br />

Ressourcen Shamsa Mwangunga<br />

Anfang <strong>Juli</strong> dem Citizen. Trotz des<br />

massiven Protestes, der in den letzten<br />

Wochen aus dem Ausland, aber auch<br />

aus Tansania selbst auf die Regierung<br />

niedergeprasselt ist, wolle man weiter<br />

an dem Bauvorhaben festhalten. Im<br />

Jahr 2012 soll der Bau beginnen.<br />

Der Naturschutz steht immer wieder<br />

vor dem Dilemma den Schutz der<br />

Ressourcen gegen die Bedürfnisse<br />

der wirtschaftlichen Entwicklung abwägen<br />

bzw. verteidigen zu müssen.<br />

Und zweifellos ist ein gutes Straßennetz<br />

wichtig und entscheidend dafür<br />

dass Bauern ihre Erzeugnisse auf die<br />

SERENGETI – STRASSENBAUPROJEKT<br />

Märkte bringen können, dass Dörfer<br />

erreichbar sind und Handel und Wirtschaft<br />

funktionieren können. Die <strong>ZGF</strong><br />

und mit ihr viele namhafte Wissenschaftler,<br />

die im Ökosystem Serengeti<br />

arbeiten und forschen, sind jedoch<br />

zutiefst überzeugt, dass diese Straße<br />

verheerende Auswirkungen auf das<br />

gesamte Serengeti-Ökosystem haben<br />

wird. Andy Dobson, Professor an der<br />

Princton University, sieht die Integrität<br />

des Nationalparks gefährdet. „Das<br />

prinzipielle Ziel eines solchen Schutzgebietes<br />

ist es, dafür zu sorgen dass<br />

alle Arten erhalten bleiben, die für die<br />

Funktionalität eines Ökosystems erforderlich<br />

sind. Und dafür sind große,<br />

stabile Populationen der zentralen Arten<br />

erforderlich“, sagt er.<br />

Diese zentralen Arten, das sind in der<br />

Serengeti die Teilnehmer der großen<br />

legendären Tierwanderung: Gnus,<br />

Wird die große Wanderung der Gnus, Zebras und Antilopen bald von einer Straße zerschnitten?<br />

17


SERENGETI – STRASSENBAUPROJEKT<br />

Um die Wirtschaftsregionen<br />

am Viktoriasee mit<br />

den Häfen am Indischen<br />

Ozean besser zu verbinden,<br />

soll eine Straße<br />

direkt durch den Serengeti<br />

Nationalpark gebaut<br />

werden.<br />

Die <strong>ZGF</strong> hat der Regierung<br />

eine alternative Südumgehung<br />

vorgeschlagen<br />

und propagiert zusammen<br />

mit zahlreichen anderen<br />

Organisationen nun deren<br />

Ausbau.<br />

VIKTORIASEE<br />

Zebras und verschiedene Antilopenarten.<br />

„Die Serengeti ist eins der wenigen<br />

Beispiele, wo wir noch ein voll<br />

funktionstüchtiges Ökosystem haben,<br />

dessen Dynamik durch diese gewaltige<br />

Wanderung von Säugetieren<br />

bedingt wird“, sagt Dobson.<br />

ABGESCHNITTEN VOM WASSER<br />

IN DER TROCKENZEIT<br />

Vor allem in der Trockenzeit sind der<br />

nördliche Teil der Serengeti sowie die<br />

angrenzende Masai Mara lebenswichtige<br />

Gebiete für die Gnus und Zebras<br />

auf ihrer Wanderung, denn nur hier<br />

finden sie das ganze Jahr hindurch<br />

Wasser. Forschungen des Hydrologen<br />

Eric Wolanski zeigen, dass die Population<br />

der Gnus voraussichtlich von<br />

ihren heutigen 1,3 Millionen auf bis<br />

zu 200.000 Tiere schrumpfen würde,<br />

wenn man sie von den Gebieten abschneidet,<br />

die in der Trockenzeit noch<br />

wichtige Wasserreserven haben. Das<br />

wäre ein Rückgang auf weniger als<br />

ein Viertel des jetzigen Bestandes und<br />

womöglich auch das Ende der großen<br />

Tierwanderung in der Serengeti.<br />

Die geplante Straße durch den Norden<br />

der Serengeti wird eine Hauptverbin-<br />

dung werden zwischen den ostafrikanischen<br />

Häfen wie Mombasa, Dar<br />

es Salaam sowie Tanga und den sich<br />

zurzeit schnell entwickelnden Länder<br />

Zentralafrikas. Mit dem rapide zunehmenden<br />

Handel in Afrika wird auch<br />

der Verkehr zwischen den Ländern in<br />

den nächsten Jahren weiter ansteigen,<br />

mit der Folge, dass täglich Hunderte<br />

von Schwerlastern die Serengeti durchfahren<br />

werden. Hinzu kommt, dass die<br />

Straße mitten durch das Gebiet mit der<br />

weltweit größten Dichte an Großtieren<br />

geht. Es liegt auf der Hand, dass die<br />

Straße früher oder später abgezäunt<br />

werden muss, wenn man permanente<br />

Unfälle mit Wildtieren und damit Sach-<br />

und Personenschäden vermeiden will.<br />

Eine Einzäunung jedoch würde definitiv<br />

das Ende der großen Wanderung<br />

bedeuten, da die Gnus, Zebras, Eland-<br />

Antilopen oder Elefanten den Mara-<br />

Fluss, und mit ihm ihre Wasserquelle,<br />

nicht mehr erreichen könnten und<br />

entlang des Zauns verdursten würden.<br />

„Auf ähnliche Weise, nämlich durch<br />

Einzäunung, verlor bereits Botswana<br />

die Wanderung seiner Gnus<br />

und Zebras und auch im kanadischen<br />

Banff Nationalpark wurde die einstige<br />

Wanderung der Elche durch eine den<br />

Park zerschneidende Straße negativ<br />

beeinflusst“, erläutert Grant Hopcraft<br />

von der Universität Groningen in<br />

Holland, der die Gnuwanderung über<br />

viele Jahre studiert hat. Ähnliche Beispiele<br />

für die katastrophalen Folgen<br />

viel befahrener Straßen in wertvollen<br />

Schutzgebieten lassen sich an vielen<br />

Ecken der Welt finden.<br />

Je höher das Verkehrsaufkommen desto<br />

mehr Tiere werden von Autos angefahren<br />

oder überfahren. Das mag<br />

bei Arten mit einer großen Populationsdichte<br />

nicht so sehr ins Gewicht<br />

fallen, für seltene Arten jedoch<br />

kann das ganz erhebliche Konsequenzen<br />

haben. Bei Geparden etwa,<br />

die ohnehin eine Sterblichkeitsrate<br />

von 90 Prozent bei ihrem Nachwuchs<br />

haben, kann auch ein marginaler Anstieg<br />

der Sterblichkeit zu einem Abwärtstrend<br />

im Bestand führen.<br />

EIN OFFENES SCHEUNENTOR<br />

Der Warentransport quer durch den<br />

Park, vor allem der Transport von<br />

Vieh, bringt aber auch eine Reihe<br />

nicht so offensichtlicher Gefahren mit<br />

sich, wie Hopcraft erläutert: „Krankheiten<br />

breiten sich leicht entlang der<br />

18 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

Karten: <strong>ZGF</strong>


großen Verkehrswege aus. Dies gilt<br />

auch für viele Tierkrankheiten wie<br />

die Newcastle-Krankheit, Brucellose,<br />

Staupe, die Schlafkrankheit oder das<br />

afrikanische Schweinefieber.“ Viele<br />

dieser Krankheiten können taxonomische<br />

Grenzen überschreiten, was<br />

zur Sorge Anlass gibt, dass Krankheiten<br />

von Haustieren auf Wildtiere<br />

übertragen werden. Die Rinderpest<br />

beispielsweise wird leicht von Kühen<br />

auf die Gnus übertragen und hatte<br />

zu Beginn des letzten Jahrhunderts<br />

dafür gesorgt, dass die Gnubestände<br />

um gut 85 Prozent eingebrochen waren.<br />

Bereits jetzt kommt es an den<br />

Parkgrenzen zum Transfer von Erregern<br />

von Vieh außerhalb des Parks<br />

auf Wildtiere innerhalb des Parks.<br />

Nicht nur für Viren und Bakterien,<br />

auch für Neophyten, also gebietsfremde<br />

Pflanzen, stünde das Scheunentor<br />

sperrangelweit offen. Viele<br />

Pflanzenarten, beispielsweise Chromolaena-Arten,<br />

Studentenblumen<br />

und Opuntien erobern neue Gebiete<br />

am leichtesten entlang der Straßengräben.<br />

Das könnte die biologische<br />

Vielfalt und in der Folge die Funktionalität<br />

des Ökosystems deutlich negativ<br />

beeinflussen. Und abgesehen von<br />

den natürlichen Bedrohungen könnte<br />

der leichtere Zugang in die bislang<br />

unzugänglichen Wildnisgebiete des<br />

Nationalparks zu einer Zunahme der<br />

Wilderei durch gut organisierte Banden<br />

führen. Dass die Straße die Wilderei<br />

beflügeln könnte, gibt sogar die<br />

für den Straßenbau verantwortliche<br />

Behörde TANRoads in ihrem eigenen<br />

Gutachten zu bedenken.<br />

Die Serengeti wird sich in eine andere<br />

Landschaft verwandeln, die dann nur<br />

noch einen Bruchteil ihrer jetzigen<br />

Arten aufweisen wird. Sie wird ihren<br />

Status als berühmtester Nationalpark<br />

der Welt und mit ihm ihr einzigartiges<br />

touristisches Potenzial verlieren – ein<br />

dramatischer Rückschlag für die bisherigen<br />

Naturschutzerfolge Tansanias.<br />

Eine Sorge, die mittlerweile nicht nur<br />

die in Tansania operierenden Tourismusveranstalter<br />

umtreibt, sondern<br />

auch ihre Kollegen im Nachbarland<br />

Kenia. Denn der Verlust der großen<br />

Tierwanderung wäre das Ende der<br />

Serengeti als Ikone der Weltnaturerbe-<br />

Gebiete, gefolgt von einem spürbaren<br />

Rückgang des Tourismus in der Serengeti<br />

und der benachbarten Masai Mara<br />

in Kenia. In einem Statement rief da-<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

geplante Straße geplante Straße<br />

REGENZEIT<br />

Verbreitung der Gnus im Serengeti<br />

Ökosystem während der Regenzeit.<br />

her die Tanzania Association of Tour<br />

Operators die Regierung dringend auf,<br />

die alternativen Trassenvorschläge zu<br />

berücksichtigen.<br />

ALTERNATIVE TRASSENFÜHRUNG<br />

Es gibt eine Alternative, die die wirtschaftlichen<br />

Bedürfnisse der Region<br />

sogar noch besser erfüllen könnte.<br />

Tansanias Regierung von dieser Alternative<br />

zu überzeugen, daran arbeiten<br />

die <strong>ZGF</strong> und mittlerweile eine<br />

Reihe verbündeter Organisationen<br />

seit Wochen mit Hochdruck.<br />

Die Alternative wäre eine Südumfahrung<br />

der Serengeti mit einer geteerten<br />

Straße, die Karatu mit der<br />

bereits bestehenden Straße von Shinyanga<br />

nach Musoma verbindet.<br />

Diese potenzielle Straßenführung<br />

wurde von der tansanischen Regierung<br />

auch bereits in Betracht gezogen,<br />

denn sie würde fünfmal mehr<br />

Menschen versorgen als die nun aktuell<br />

geplante Nordroute, und sie<br />

würde die Siedlungs- und Wirtschaftsregionen<br />

gleichermaßen gut<br />

TROCKENZEIT<br />

Verbreitung der Gnus im Serengeti<br />

Ökosystem während der Trockenzeit.<br />

verbinden. Entscheidender jedoch ist:<br />

Die alternative Trassenführung durch<br />

den Süden würde nicht mit dem Nationalpark<br />

und den Naturschutzinteressen<br />

kollidieren. Die Serengeti, das<br />

Musterbeispiel für die Erhaltung von<br />

Wildnis und die gelungene Kombination<br />

aus ökologischen und ökonomischen<br />

Interessen, darf nicht für ein<br />

kurzfristiges Infrastrukturprojekt geopfert<br />

werden, wenn es eine vernünftige<br />

Alternative gibt.<br />

Noch sei keine endgültige Entscheidung<br />

gefallen, betonte Mitte <strong>Juli</strong> Tansanias<br />

stellvertretender Umweltminister<br />

Ezekiel Maige gegenüber der Nachrichtenagentur<br />

AFP. Man wolle zuerst<br />

ein Umweltverträglichkeitsgutachten<br />

in Auftrag geben. „Wir sind gleichermaßen<br />

darum besorgt, die Umwelt zu<br />

erhalten, wie den Menschen Entwicklung<br />

zu bringen. Die Bewohner dieser<br />

Region brauchen Entwicklung“, sagte<br />

Maige. Bleibt zu hoffen, dass der internationale<br />

und auch der nationale<br />

Druck auf die Regierung hilft, diese<br />

Entscheidung in die richtige Richtung<br />

zu beeinflussen.<br />

MEHR ZUM THEMA<br />

Das <strong>ZGF</strong>-Statement sowie Material zur Alternativroute finden Sie auf unserer<br />

Webseite www.zgf.de, ebenso wie Links zu den wichtigsten Medienbeiträgen und<br />

anderen engagierten Organisationen.<br />

ONLINE-PETITION<br />

Eine Online-Petition gegen den Straßenbau können Sie unterstützen unter<br />

www.savetheserengeti.org<br />

19


AUS DER GESELLSCHAFT | <strong>ZGF</strong> INTERN<br />

Was <strong>ZGF</strong>-Mitglieder wissen wollen – Auswertung<br />

der Leserumfrage <strong>2010</strong><br />

In<br />

unserer letzten Ausgabe wollten<br />

wir von unseren Lesern wissen,<br />

was sie vom <strong>ZGF</strong>-GORILLA halten.<br />

Schließlich ist es uns ein Anliegen,<br />

ein Heft zu produzieren, das gerne<br />

gelesen wird und mit dem unsere<br />

Mitglieder zufrieden sind. Zunächst<br />

an dieser Stelle ein ganz herzliches<br />

Dankeschön an alle, die sich beteiligt<br />

und den Fragebogen ausgefüllt und<br />

an uns zurückgeschickt haben. Viele<br />

von Ihnen haben sich sogar die Mühe<br />

gemacht und auf Extraseiten noch<br />

ausführliche Kommentare, Wünsche<br />

oder Kritik hinzugefügt. Das war für<br />

uns ausgesprochen hilfreich und aufschlussreich.<br />

Auch dafür einen ganz<br />

herzlichen Dank. Gleichzeitig bitten<br />

wir um Nachsicht, dass es kaum noch<br />

möglich war, auf die vielen Briefe individuell<br />

zu antworten. Insgesamt<br />

haben sich 471 Personen aus allen<br />

Altersgruppen an der Umfrage beteiligt<br />

und den Fragebogen in Papierform<br />

oder auf elektronischem Wege<br />

ausgefüllt.<br />

Für uns sehr erfreulich ist, dass der<br />

GORILLA bei seinen Lesern überwiegend<br />

gut bis sehr gut ankommt, dass er<br />

sehr intensiv gelesen wird und sich die<br />

große Mehrheit mit dem Heft gut über<br />

unsere Aktivitäten informiert fühlt. Insgesamt<br />

89,9 % der Leser fühlen sich<br />

gut über die <strong>ZGF</strong>-Naturschutzarbeit informiert.<br />

10,1 % finden die Information<br />

zwar in Ordnung, sehen aber Verbesserungspotenzial.<br />

In Schulnoten von 1<br />

bis 6 geben die Leserinnen und Leser<br />

dem GORILLA eine Durchschnittsnote<br />

von 1,78 für den Inhalt und eine 1,8 für<br />

die Gestaltung.<br />

Gut drei Viertel unserer Leser (74,6<br />

%) geben an, jedes Heft recht intensiv<br />

zu lesen, d.h., sie lesen mehr als<br />

einen Artikel. Am beliebtesten hierbei<br />

sind die „Afrika-News“, dicht gefolgt<br />

von den Berichten aus den Projekten.<br />

Für uns mehr als überraschend war<br />

die Beliebtheit der Rubrik „Aus dem<br />

Zoo <strong>Frankfurt</strong>“, die von fast 60 % immer<br />

und von rund 32 % gelegentlich<br />

gelesen wird. Überrascht hat uns das<br />

deswegen, weil die große Mehrheit der<br />

Leser, speziell auch derjenigen, die auf<br />

unsere Umfrage geantwortet haben,<br />

nicht aus der Region <strong>Frankfurt</strong> stammt.<br />

Sehr konstruktive Kritik<br />

Die Kritik unserer Leser war sehr konstruktiv<br />

und bestätigte in vielen Punkten<br />

auch unsere eigenen bisherigen<br />

Überlegungen. Einen der Hauptkritikpunkte,<br />

nämlich die schwarz-weiße<br />

Gestaltung, haben wir bereits in die-<br />

Beliebtheit der einzelnen Rubriken<br />

Angaben zur Lesehäufigkeit in Prozent<br />

sem Heft aufgegriffen, viele andere<br />

Überlegungen werden in Zukunft in<br />

die Hefte mit einfließen.<br />

Fast drei Viertel der Leser (72 %) sind<br />

mit dem aktuellen Heftumfang von<br />

24 Seiten und der Erscheinungshäufigkeit<br />

von vier Heften pro Jahr zufrieden.<br />

Etwa 10 % der Leser hätten<br />

gerne mehr Seiten und mehr Hefte,<br />

während ebenfalls 10 % auch mit weniger<br />

Umfang und weniger Heften<br />

zufrieden wären.<br />

Erfreulicherweise sind die positiven<br />

und bestätigenden Kommentare und<br />

Anmerkungen sehr viel zahlreicher<br />

als die Kritikpunkte, was uns hier in<br />

der Redaktion aufatmen lässt und in<br />

unserer Arbeit bestätigt, zumal sehr<br />

viele Leser anmerken, dass sie die<br />

lese ich immer lese ich gelegentlich lese ich nie<br />

20 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


Sachlichkeit und das fachliche Knowhow<br />

der Beiträge sehr schätzen. Auch<br />

das vergleichsweise schlichte Layout<br />

sowie die Werbefreiheit wird von vielen<br />

Lesern gewürdigt, wenngleich andere<br />

es zu trocken finden.<br />

Wunschliste<br />

Auf der Wunschliste der Leser steht<br />

neben Tierporträts auch mehr über<br />

die <strong>ZGF</strong>-Mitarbeiter draußen in den<br />

Projekten zu erfahren. Ein Wunsch,<br />

dem wir in Zukunft gerne nachkommen<br />

wollen. Da unsere Mitglieder<br />

und damit Leser über das gesamte<br />

Bundesgebiet verteilt sind, sich viele<br />

Veranstaltungsankündigungen aber<br />

auf <strong>Frankfurt</strong> beziehen, ist erwartungsgemäß<br />

wenig Bedarf an diesen<br />

Informationen vorhanden. Für Aktuelles<br />

und Termine wird es daher in<br />

Zukunft einen E-Mail Newsletter geben,<br />

den sich ohnehin etwa 20 Prozent<br />

der Leser wünschen.<br />

Fast die Hälfte unserer Leser hat einen<br />

Hochschulabschuss und fast<br />

Drei Viertel haben Abitur. Dieses<br />

überdurchschnittlich hohe Bildungsniveau<br />

spiegelt sich auch in den Anmerkungen<br />

wider. Viele schätzen die<br />

wissenschaftliche Fundiertheit und<br />

die Authentizität der Beiträge, vor<br />

allem von den Projektleitern. Eine<br />

ganze Reihe von Lesern wünschen<br />

sich sogar noch mehr wissenschaftliche<br />

Hintergründe, Links zu weiterführenden<br />

Infos oder Hinweise zu<br />

den Originalpublikationen.<br />

LESERBRIEFE<br />

Schreiben Sie uns Ihre Meinung per Post<br />

oder per E-Mail an: presse@zgf.de<br />

EINLADUNG ZUR MITGLIEDERVERSAMMLUNG <strong>2010</strong><br />

DER ZOOLOGISCHEN GESELLSCHAFT FRANKFURT<br />

Im Namen des Vorstandes möchte ich hiermit alle Mitglieder der <strong>Zoologische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> von 1858 e. V.<br />

zu unserer jährlichen Mitgliederversammlung im September herzlich einladen.<br />

Datum 14. September <strong>2010</strong><br />

Beginn 16:00 Uhr<br />

Ort Ausstellungssaal im Zoo-<strong>Gesellschaft</strong>shaus des Zoos <strong>Frankfurt</strong>,<br />

Bernhard-Grzimek-Allee 1, 60316 <strong>Frankfurt</strong><br />

Tagesordnung 1. Begrüßung<br />

2. Geschäftsbericht & Jahresabschluss 2009<br />

3. Beschlussfassung über den Jahresabschluss 2009<br />

4. Entlastung des Vorstandes<br />

5. Wahl des Abschlussprüfers<br />

6. Verschiedenes<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

Kaffeepause; anschließend Präsentation der Naturschutzarbeit der <strong>ZGF</strong> im Jahre 2009<br />

durch die Referatsleiter/innen und Möglichkeit zur Diskussion.<br />

Gerhard Kittscher, <strong>ZGF</strong>-Präsident<br />

Gesamtnote für den Inhalt<br />

Schulnoten 1 bis 6; Angaben in Prozent<br />

Gesamtnote für die Gestaltung<br />

Schulnoten 1 bis 6; Angaben in Prozent<br />

21<br />

Grafiken: <strong>ZGF</strong>


Fotos: privat<br />

Danke<br />

VIELE MITGLIEDER UND FREUNDE DER <strong>ZGF</strong> TRAGEN MIT IHREN GANZ PERSÖNLICHEN<br />

SPENDENAKTIONEN ZU UNSERER NATURSCHUTZARBEIT BEI. AN DIESER STELLE MÖCHTEN<br />

WIR IHNEN DAFÜR GANZ HERZLICH DANKEN.<br />

Alina ist <strong>Gorilla</strong>patin geworden.<br />

ORANG-UTANS STATT GESCHENKE<br />

EIN GORILLA ZUR ERSTKOMMUNION<br />

Ein ganz besonderes Geschenk zur Kommunion bekam die 9-jährige Alina Dietzen von<br />

ihrer Patentante Elisabeth Wolf: eine Patenschaft für einen Berggorilla. Damit Alina sich<br />

besser vorstellen kann, wie ein Berggorilla lebt und dass er geschützte und intakte Wälder<br />

braucht, hat ihr die Tante ein „<strong>Gorilla</strong>-Rückzugsgebiet“ gebastelt. Alina, die später einmal<br />

eine Umweltpartei gründen will und Umwelt- und Tierretterin werden möchte, freut<br />

sich sehr darüber, dass sie nun mithilft, die bedrohten Menschenaffen zu schützen. Zu<br />

Hause kümmert sie sich schon jetzt um drei Hunde, fünf Katzen, vier Meerschweinchen<br />

und diverse Fische.<br />

Im April feierte Wolfgang Arnold aus Wöllstadt seinen 70. Geburtstag und wünschte sich von Kollegen, Freunden und<br />

Familie eine Spende für das <strong>ZGF</strong>-Orang-Utan-Projekt. Seit mehr als 30 Jahren unterstützt Arnold die <strong>ZGF</strong> als Mitglied.<br />

„Die Natur liegt mir am Herzen. Tiere werden zurückgedrängt und ihr Lebensraum verschwindet“, erläutert Arnold<br />

seine Motivation.<br />

FÜR WILDKATZE UND GORILLA<br />

Der regionale Energiedienstleister Mainova unterstützt die Arbeit der ZFG mit 2.000 Euro<br />

für den Wildkatzenschutz in der Rhön. Darüber hinaus sammelten die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der Mainova im Frühjahr ausrangierte Mobiltelefone. Für jedes der knapp 200 Handys zahlt eine Recycling-Firma<br />

Geld an die <strong>ZGF</strong>, das wiederum direkt ins <strong>Gorilla</strong>schutzprojekt fließt. Mainova-Vorstandsvorsitzender Dr.<br />

Constantin H. Alsheimer begründete das Engagement seines Unternehmens so: „Gerne unterstützen wir hier in der Region<br />

ansässige Organisationen, wenn sie gemeinnützige Projekte ins Leben rufen. Die <strong>ZGF</strong> kann dabei auf eine mehr<br />

als 150-jährige Geschichte zurückblicken, die ähnlich eng mit der Stadt <strong>Frankfurt</strong> verknüpft ist wie unsere eigene.“<br />

Marc Waese, Finn Schäfer, Annika<br />

Schäfer und Miriam Waese.<br />

THEATER UND FLOHMARKT FÜR ORANG-UTANS<br />

Seit fast zwei Jahren sammeln Annika Schäfer (12), Miriam Waese (12) und ihre Brüder<br />

Finn (9) und Marc (10) Spenden für den Regenwald auf Sumatra und die Orang-Utans. Die<br />

vier jungen Naturschützer haben Flohmärkte organisiert, Kaffee und Tee an Nachbarn verkauft,<br />

ein selbst verfasstes Theaterstück aufgeführt und ein Konzert gegeben. Immer waren<br />

sie voller Motivation dabei und ließen sich auch nicht durch Rückschläge aufhalten, wie<br />

beispielsweise an dem Tag, als sie mit ihren Flohmarktsachen von einem Supermarktparkplatz<br />

verjagt wurden. Durch ihr Engagement kamen 250 Euro zusammen, die sie im März<br />

zusammen mit einem Erinnerungsalbum stolz an die <strong>ZGF</strong> übergaben. „Durch unsere Spendenaktionen<br />

habe ich sehr viel über den Regenwald und die Tiere erfahren“, sagt Annika,<br />

und Marc hat erkannt, dass „wir nur gemeinsam stark sind“. Auf die Frage, was sie aus ihrer<br />

Aktion gelernt haben, sind sich die Vier einig: „Nie aufgeben!“<br />

Haben Sie auch eine individuelle Idee, wie Sie die <strong>ZGF</strong> unterstützen könnten? Sprechen Sie uns an: Frau Monika Lennig, Telefon: 069/943446-0,<br />

Lennig@zgf.de. Anregungen und Infos finden Sie auf www.zgf.de unter „Helfen und Fördern“.<br />

22 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>


Ein Erbe für den<br />

Naturschutz<br />

DASS IHR LEBENSWERK, alles, was sie sich in ihren<br />

vielen Berufsjahren erarbeitet hatte, einmal<br />

an den Staat fallen würde, das wollte Irene Alex<br />

auf keinen Fall. Die 88-jährige Hessin hat sich daher<br />

frühzeitig Gedanken gemacht, was mit ihrem Vermögen<br />

geschehen soll. Der alleinstehenden Dame, deren<br />

Sohn bereits vor einigen Jahren verstorben ist, war es<br />

wichtig, ihr Erbe nach ihren eigenen Vorstellungen weiterzugeben.<br />

Aufgewachsen auf einem Bauernhof, haben<br />

Tiere und Natur seit jeher eine große Bedeutung für sie.<br />

Heute allerdings schlägt ihr Herz für die großen Menschenaffen,<br />

weshalb sich Irene Alex besonders für den Schutz<br />

der Berggorillas einsetzen möchte. Die ehemalige Unternehmerin<br />

wäre gerne noch einmal nach Afrika gereist und<br />

hat große Hochachtung vor den Menschen, die selbstlos<br />

für den Naturschutz vor Ort eintreten. Damit auch in Zukunft<br />

Bestand hat, was ihr heute wichtig ist, bedachte sie<br />

vor einiger Zeit die <strong>ZGF</strong> als Erbin in ihrem Testament. „Ich<br />

habe das gute Gefühl, dass alles in meinem Sinn geregelt<br />

ist“, begründet Alex ihre Motivation zu diesem Schritt.<br />

Übers Erbe zu sprechen, ist ein sensibles Thema. „Rund<br />

70 Prozent der Deutschen haben kein Testament verfasst“,<br />

sagt Inge Schmitt, die seit 1996 den Bereich Nachlässe<br />

bei der <strong>ZGF</strong> betreut und mit vielen Erblassern in persönlichem<br />

Kontakt steht. „Dabei hat man mit einem Testament<br />

eine wunderbare Möglichkeit, Vermögen – egal in<br />

welcher Höhe – nach den eigenen Wünschen weiterzugeben.<br />

Denn fehlt ein Testament und gibt es keine Angehörigen,<br />

fällt der Nachlass an den Staat“, erläutert Schmitt.<br />

Seit mehr als 30 Jahren, seit den Tagen als Bernhard<br />

Grzimek die Menschen für Tiere und Naturschutz begeisterte,<br />

bedenken Natur- und Tierfreunde die <strong>ZGF</strong> in<br />

ihrem Testament. Erbschaften und Vermächtnisse machten<br />

beispielsweise einen Großteil des Grundstocks der<br />

2001 gegründeten Stiftung Hilfe für die bedrohte Tierwelt<br />

aus. Deren Zinsertrag stellt heute dauerhaft die Grundfinanzierung<br />

für die Naturschutzprojekte der <strong>ZGF</strong>. Um<br />

diese Unabhängigkeit auch in Zukunft zu gewährleisten,<br />

bittet die <strong>ZGF</strong> um Testamentsspenden. Vielen Menschen<br />

ist nach wie vor nicht bekannt, dass sie einer gemeinnützigen<br />

Organisation etwas vererben können oder dass<br />

Organisationen wie die <strong>ZGF</strong> von der Erbschaftssteuer befreit<br />

sind und so den Nachlass in vollem Umfang der guten<br />

Sache zuführen können. „Jede Testamentsspende an<br />

die <strong>ZGF</strong> oder an ihre Förderstiftung Hilfe für die bedrohte<br />

Tierwelt ist ein großer Vertrauensbeweis“, sagt Schmitt.<br />

„Wir sind uns sehr bewusst, wie wichtig diese Beiträge<br />

zur Absicherung unserer Naturschutzarbeit sind und wir<br />

<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong><br />

AUS DER GESELLSCHAFT | <strong>ZGF</strong> INTERN<br />

Die neue Broschüre „Bewahren,<br />

was Ihnen am Herzen liegt. Ihr Testament für<br />

den Naturschutz“ kann bei der <strong>ZGF</strong> telefonisch oder per E-Mail angefordert<br />

werden. Sie ist selbstverständlich kostenfrei.<br />

Telefon 069 943446-0 oder info@zgf.de<br />

verpflichten uns in besonderem Maße, den Willen des<br />

Erblassers oder der Erblasserin umzusetzen.“<br />

Wie bei Irene Alex, liegt die Erhaltung von Naturschätzen<br />

vielen Menschen am Herzen. Eine neue Broschüre informiert<br />

daher über die verschiedenen Möglichkeiten, mit einer<br />

Testamentsspende die Naturschutzarbeit der <strong>ZGF</strong> zu fördern.<br />

„Natürlich kann die <strong>ZGF</strong> keine Rechtsberatung anbieten.<br />

Aber wir arbeiten eng mit Anwälten und Notaren zusammen<br />

und können die eine oder andere Hilfestellung bieten“, sagt<br />

Inge Schmitt. Wer beispielsweise über die genaue Verwendung<br />

seines Nachlasses für ein spezielles Projekt oder Tier<br />

bestimmen möchte, kann dies genauso festlegen wie spezielle<br />

Vorgaben zur Abwicklung. „Aus meinen vielen Testamentsabwicklungen<br />

weiß ich, dass viele Menschen, die uns<br />

ein Vermächtnis oder gar den ganzen Nachlass hinterlassen,<br />

sehr sparsam gelebt und sich selbst wenig gegönnt haben.<br />

Deshalb ist es für mich ein ganz besonderes Anliegen, dass<br />

wir mit den uns anvertrauten Geldern sehr sorgsam und verantwortungsbewusst<br />

umgehen. Das sind wir unseren Erblassern<br />

schuldig“, betont Inge Schmitt.<br />

IHRE ANSPRECHPARTNERIN<br />

für alle Fragen rund um das Thema<br />

Ver erben sowie bei Fragen zur Stiftung<br />

Hilfe für die bedrohte Tierwelt<br />

Frau Inge Schmitt<br />

Telefon: 069 / 94 34 46-22<br />

E-Mail: schmitt@zgf.de<br />

23


LESETIPPS<br />

HÖRBUCH-TIPP<br />

ABENTEUER UND WISSEN MIT PROFESSOR GRZIMEK<br />

Diese Hörspiel-CD ist nicht nur<br />

eine Hommage an Bernhard Grzimek,<br />

sie ist auch eine Wohltat für die<br />

Ohren. Die angenehmen Stimmen von<br />

Oliver Krietsch-Matzura und Frauke<br />

Poolman erzählen Episoden aus dem<br />

Leben von Bernhard Grzimek, garniert<br />

mit der dezenten Geräuschkulisse<br />

einer brummenden Dornier 27<br />

oder nervös wiehernder Zebras in der<br />

Serengeti. Die Geräusche und Musikuntermalung<br />

geben der Geschichte<br />

Farbe, lassen den Zuhörer eintauchen<br />

in die Szene, ohne zu dominant<br />

zu sein. Grzimeks eigene Gedanken<br />

oder Erzählungen werden von Wal-<br />

BUCH-TIPP<br />

ZWEI LEBEN FÜR DIE<br />

WILDNIS AFRIKAS<br />

Dr. Ina Claus ist Schulpfarrerin an<br />

der Wiesbadener Gutenbergschule.<br />

Nun hat sie ein Plädoyer für die Schöpfungsethik<br />

wilder Tiere geschrieben,<br />

ein Buch über die Serengeti, über Bernhard<br />

und Michael Grzimek. Für Claus,<br />

1960 geboren, waren beide die Helden<br />

ihrer Kindheit. Die Filme „Kein Platz<br />

für wilde Tiere“ und „Serengeti darf<br />

nicht sterben“ füllten im Nachkriegsjahrzehnt<br />

die Kinosäle und machten<br />

den Deutschen vielleicht erstmals<br />

deutlich, dass sie auch eine Verantwortung<br />

außerhalb des alten Kontinents<br />

haben. Der Schulpfarrerin ist wichtig,<br />

dass auch die junge Generation an<br />

die Abenteuer der Grzimeks im fernen<br />

Afrika herangeführt wird und sie will<br />

daher mit ihrem Buch spannende Geschichten<br />

erzählen, die auch von Jugendlichen<br />

gerne gelesen werden.<br />

Ina Claus<br />

Michael & Bernhard Grzimek.<br />

Zwei Leben für die<br />

Wildnis Afrikas<br />

Verlag Neue Literatur, Jena<br />

2009, 173 Seiten,<br />

16,90 Euro<br />

ter Renneisen gesprochen. Auch<br />

Grzimeks Enkel Christian kommt zu<br />

Wort. Er erzählt von den Reisen mit<br />

seinem Großvater und gibt Einblicke<br />

ins Familienleben beim legendären<br />

Tierprofessor. Das Hörbuch ist für<br />

Kinder und Jugendliche konzipiert, jedoch<br />

auch für Erwachsene gut anzuhören<br />

und nie langweilig. Genau das<br />

Richtige für eine lange Bahn- oder Autofahrt<br />

in den Urlaub.<br />

Erschienen ist die Hörbuch-CD in der<br />

Reihe „Abenteuer & Wissen“ bei headroom<br />

und reiht sich ein in eine Serie<br />

mit anderen Persönlichkeiten wie<br />

NEUE ZEITSCHRIFT<br />

VON TIEREN UND<br />

MENSCHEN<br />

Ungewöhnlich ist es, dieses neue Magazin.<br />

Und auf den ersten Blick gar<br />

nicht, was man von einem Tiermagazin<br />

erwarten würde: sehr modern und<br />

mit bisweilen höchst philosophischen<br />

Betrachtungsweisen oder ungewöhnlichen<br />

Perspektiven auf das Thema<br />

Tier. Etwa in der Geschichte über einen<br />

Metzger (und seine toten Tiere)<br />

oder über die Futtervorlieben von<br />

Feinschmeckerhunden. Das Layout ist<br />

peppig und unkonventionell, cartoonartige<br />

Zeichnungen mischen sich mit<br />

tollen Tierfotos. ZOÓN versteht sich<br />

als eine Mischung aus einem modernen<br />

<strong>Gesellschaft</strong>s- und einem Wissenschaftsmagazin<br />

über die Tierwelt.<br />

Der Name ist abgeleitet vom altgriechischen<br />

„Zóon“, dem Begriff für Tier<br />

und Lebewesen – die Betonung wurde<br />

jedoch bewusst verschoben.<br />

ZOÓN<br />

erhältlich im Zeitschriftenhandel;<br />

das<br />

Einzelheft kostet 5,90<br />

Euro, das Jahresabonnement<br />

für sechs Ausgaben<br />

32,40 Euro<br />

James Cook, Magellan, Jane Goodall<br />

oder Charles Darwin. Das Geheimnis<br />

des Erfolgs dieser Serie: Jede der CDs<br />

verbindet ein historisches Abenteuer<br />

mit dem Streben eines Abenteurers<br />

oder Experten von heute.<br />

Theresia Singer<br />

Professor Grzimek.<br />

Ein Leben für die<br />

Serengeti<br />

Gesamtlänge: 80<br />

Minuten<br />

1 CD: 12,90 €<br />

headroom sound production, <strong>2010</strong><br />

ISBN: 978-3-934887-95-4<br />

BUCH-TIPP<br />

WO DIE WILDEN<br />

TIERE WOHNEN<br />

Ein Buch ist nur ein Buch. Erzählt<br />

es aber nicht nur von Abenteurern,<br />

sondern gibt einem dafür das<br />

Handwerkszeug mit, legt es den<br />

Grundstein für ein echtes Erlebnis!<br />

Till Meyer erzählt in „Tiere unserer<br />

Heimat“, wie wir bei uns in Deutschland,<br />

und sogar in der Stadt, kleine<br />

Abenteuer erleben können: die Begegnung<br />

mit echten wilden Tieren.<br />

Tipps zur richtigen Ausstattung für<br />

Naturfreunde und ein bisschen Hintergrundwissen<br />

sind der Grundstein,<br />

auf dem das Buch aufbaut. Tipps, wie<br />

man dieses Wissen in der praktischen<br />

Beobachtung anwendet, wunderschöne<br />

Zeichnungen und ein spannendes<br />

Quiz an jedem Kapitelende<br />

führen durch das Buch und fesseln<br />

nicht nur junge Leser. 12 Kapitel begleiten<br />

uns durch die Natur im Jahresverlauf.<br />

Till Meyer<br />

Tiere unserer Heimat.<br />

Wir entdecken die<br />

Vielfalt der Natur<br />

64 Seiten, 36 Illustr.<br />

Knesebeck Verlag<br />

16,95 Euro<br />

24 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 2/<strong>2010</strong>

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