SiG64 als pdf - Attac Berlin
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die Verschiebung der Pro-Chavez -Stimmen<br />
von Dezember 2006 dürfen wir nicht unterschätzen.<br />
Gemäß Edgard Hernandez, ein<br />
Analyst und Chavez-Anhänger, ist die Anzahl<br />
jener, die vor einem Jahr Chavez zum<br />
Präsidenten gewählt und nun mit NEIN<br />
gestimmt haben tatsächlich hoch [6], insbesondere<br />
in dem industriell geprägten Bundesstaat<br />
Aragua, wo Chavez besonders<br />
hohe Zustimmung gefunden hatte.<br />
„Die industrialisierten Bundesstaaten mit<br />
der größten Konzentration von Arbeitern:<br />
Aragua, Sucre, Carabobo und Lara sind -<br />
zusammen mit der Hauptstadt- jene, wo die<br />
meisten früheren Chavez-Wähler nunmehr<br />
mit NEIN gestimmt haben (...). Der Stimmenverlust<br />
in diesen Bundesstaaten war<br />
entscheidend für die zusätzlichen Stimmen<br />
(insgesamt über 200.000), dank denen auf<br />
nationaler Ebene der NEIN den Sieg davontrug.<br />
So kann man schlussfolgern, dass dies<br />
der Grund war für die Ablehnung der Reformen<br />
[7].“<br />
Die in der Studie von Edgard Hernandez<br />
wiedergegebenen Tabellen zeigen, dass in<br />
den Arbeitervierteln von Caracas (Petare,<br />
Caricuao, Libertador und Sucre), wo die<br />
Bevölkerung früher mehrheitlich für Chavez<br />
abgestimmt hatte (65%), diesmal die NEIN-<br />
Stimmen überwogen. Edgard Hernandez<br />
sagt weiter: „Dies zeigt eine Unzufriedenheit<br />
mit den Reformen bis in die überwiegend<br />
mit einfachen Leuten bevölkerten<br />
Bezirken von Caracas hinein.“<br />
Da eine erschöpfende Darstellung unmöglich<br />
ist, wird folgende Auswahl getroffen:<br />
Sozialismus und Privateigentum; die Macht<br />
des Präsidenten; die Ermächtigung des<br />
Volkes.<br />
- Die wichtigste Änderung im Vergleich zur<br />
jetzigen Verfassung ist, dass die sozialistische<br />
Prägung des Staates in der Verfassung<br />
festgeschrieben werden sollte. Das<br />
Wort “sozialistisch“ kam in der vorhergehenden<br />
Verfassung nicht vor, in der neuen<br />
gab es keinerlei Definition des Begriffes<br />
sozialistisch. Angesichts der Affinitäten von<br />
Chavez zu Fidel Castro und dem kubanischen<br />
Regime, bringen viele die sozialistische<br />
Ausrichtung mit dem kubanischen<br />
Modell in Verbindung, das aber in der Bevölkerung<br />
Zurückhaltung hervorruft. Die<br />
Rechte hat karikierend und fälschlicherweise<br />
die Einführung des Begriffs sozialistisch<br />
stark angegriffen , indem sie behauptete,<br />
dass das Privateigentum aufgehoben (der<br />
Staat würde zweifellos den Leuten die Häuser<br />
und Autos wegnehmen) oder sehr eingeschränkt<br />
würde .Die Rechte erklärte, dass<br />
die Kinder den Eltern mit 16 Jahren weggenommen<br />
würden, um sie dem bolivarischen<br />
sozialistischen Staat anzuvertrauen. Obwohl<br />
Eine weiteres signifikantes Element ist die<br />
Stimmabgabe vom 2.Dezember im Ölstaat<br />
Zuila, dem Bundesstaat mit der größten<br />
Bevölkerung und bis dahin eine feste Burg<br />
der Rechten. Der Gouverneur Manuel Rosales<br />
war 2006 der Hauptgegner von Chavez.<br />
Wie erwartet hat eine Mehrheit für das<br />
NEIN abgestimmt, aber interessant ist, dass<br />
die NEIN-Stimmen um 58.202 weniger<br />
waren <strong>als</strong> 2006 die Wähler von Manuel<br />
Rosales , was einen Verlust von 8,5% bedeutet.<br />
Fazit: Die Kampagne gegen die Reformen<br />
hat trotz erheblicher Verstärkung es nicht<br />
geschafft, bei den Rechten viel neue Unterstützung<br />
zu finden, vielmehr hat sie in einigen<br />
festen Burgen welche verloren. Das<br />
Scheitern des JA ist <strong>als</strong>o auf eine Verringerung<br />
der Unterstützung für Chavez in seinem<br />
eigenen Lager zurückzuführen, wie er<br />
selbst erkannt hat in der Nacht vom 2. zum<br />
3.Dezember 2007. Etwa 7.300.000 Menschen<br />
haben in Dezember 2006 für Chavez<br />
gestimmt, was ihm einen Vorsprung von 3<br />
Millionen Stimmen vor seinem Hauptgegner<br />
Manuel Rosales gab. Beim Referendum<br />
erhielt das JA insgesamt etwas mehr <strong>als</strong><br />
4.300.000 Stimmen [8], d.h. 3 Millionen<br />
weniger <strong>als</strong> ein Jahr zuvor.<br />
Warum hat Chavez 3 Millionen Stimmen<br />
verloren? Das müssen wir nun verstehen.<br />
Ein - wenn auch begrenzter - Teil dieser<br />
Stimmen ging zu der NEIN-Seite über<br />
(möglicher Weise 100.000 oder 200.000,<br />
Vorschläge zur Verfassungsänderung.<br />
sich die Lebens- und Einkommensverhältnisse<br />
unbestreitbar verbessert haben, ist es<br />
der Rechten gelungen, die tatsächlichen<br />
Versorgungsprobleme bei einigen unentbehrlichen<br />
Produkten wie Milch und Zucker<br />
für sich auszuschlachten. Sie hat angekündigt,<br />
dass sich im Fall einer den Sozialismus<br />
übernehmenden Verfassung die Lage in<br />
dieser Hinsicht wie in Kuba unweigerlich<br />
verschlechtern würde.<br />
Der gescheiterte Entwurf einer neuen Verfassung<br />
garantierte genauso wie die geltende<br />
Verfassung das Recht auf Eigentum<br />
(s.Art. 115 alt und neu), erklärte aber in<br />
völlig zutreffender Weise, dass dieses<br />
rechtmäßig erworben sein muss. Im Entwurf<br />
steht auch, dass jedes Eigentum besteuert<br />
werden kann und verschiedene gesetzlich<br />
festgelegte Verpflichtungen beachten muss.<br />
Im Artikel 112 der neuen Version wurde<br />
vorgeschlagen, die Passage „der Staat wird<br />
das Privateigentum fördern“ zu streichen<br />
und sie durch die viel bessere Formulierung<br />
zu ersetzen, die im Wesentlichen besagt,<br />
dass der Staat für die Finanzierung und<br />
Entwicklung verschiedener Arten von Eigentum<br />
eintreten wird: soziales, kommunales,<br />
Staats- Eigentum, gemischtwirtschaftli-<br />
Sand im Getriebe Nr.64 Seite 12<br />
vielleicht gar 300.000 Stimmen, es ist<br />
schwer zu bestimmen). Auch wenn es aber<br />
nur 150.000 waren, so waren sie entscheidend.<br />
Die Reformvorschläge wären nämlich<br />
mit einer einfachen Mehrheit angenommen<br />
worden, wenn 150 000 linke Wähler statt<br />
für das NEIN für das JA abgestimmt hätten<br />
und alles sonst gleich geblieben wäre. Wie<br />
Chavez kurz nach der Stimmabgabe sagte:<br />
Besser , das NEIN gewinnt mit einer knappen<br />
Mehrheit <strong>als</strong> das JA. Tatsächlich, hätte<br />
das JA mit 10.000, 20.000 oder selbst<br />
100.000 Stimmen den Sieg davongetragen,<br />
so hätte ein großer Teil der Opposition<br />
behauptet, dass Wahlbetrug vorgelegen<br />
hätte. Die Opponenten wären auf die Straße<br />
gegangen mit der Unterstützung von den<br />
Regierungen in den USA, in Spanien,<br />
Deutschland, Großbritannien und Mexiko,<br />
Kolumbien oder Peru u.A.<br />
Warum haben nun die Befürworter von<br />
Chavez und links gerichtete Bürger die<br />
Vorschläge abgelehnt? [9] Viele Bürger, die<br />
gegen die Verfassungsreform abgestimmt<br />
haben, wünschen sich Veränderungen<br />
zwecks sozialen Gerechtigkeit und mehr<br />
Demokratie, ebenso wie diejenigen, die sich<br />
dafür entschieden haben. Stellen wir <strong>als</strong>o<br />
die Frage anders: Warum haben so viele im<br />
Chavez-Lager sich der Stimme enthalten?<br />
Eine Antwort auf diese Frage erfordert eine<br />
kurze Analyse der Inhalte der vorgeschlagenen<br />
Verfassungsänderungen.<br />
ches Eigentum unter Einbeziehung des<br />
privaten Sektors. Kurz, das Privateigentum<br />
wird garantiert, aber der Staat wird vorrangig<br />
andere Eigentumsformen finanzieren<br />
und entwickeln, indem er sich auf humanistische<br />
Werte der Kooperation stützt, bei<br />
denen das Allgemeininteresse über das<br />
Privatinteresse gestellt wird. Der neue Artikel<br />
112 endete: „indem die besten Bedingungen<br />
für den kollektiven und kooperativen<br />
Aufbau einer sozialistischen Wirtschaft<br />
geschaffen werden.“<br />
Die Machtbefugnisse des Präsidenten: sie<br />
werden beträchtlich ausgedehnt, indem er<br />
die Befugnis erhält, die territoriale und<br />
politische Einteilung des Landes neu festzulegen.<br />
Mehr <strong>als</strong> die Möglichkeit, die gleiche<br />
Person mehrm<strong>als</strong> zum Präsidenten wählen<br />
zu können (Art.230) /10/, ist es dieser Aspekt,<br />
der zu Recht beunruhigt und Ablehnung<br />
hervorruft.<br />
Außerdem enthielt der abgelehnte Entwurf<br />
den Vorschlag, eine Reihe von Mechanismen<br />
beizubehalten, die den Bürgern erlaubten,<br />
verfassungsmäßige Änderungen, Volksabstimmungen<br />
oder eine Abberufung von