Stellungsnahme - BFLK
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St. Rochus-Hospital Telgte GmbH<br />
Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie u. Psychosomatik<br />
Matthias Krake - 48291 Telgte<br />
Tel. 02504-60221<br />
Fax 02504-60226<br />
48291 Telgte, den 10.06.2011<br />
Stellungnahme der Bundesfachvereinigung Leitender Krankenpflegepersonen der<br />
Psychiatrie (<strong>BFLK</strong>) e. V.<br />
im Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />
zum Gesetz zur Abschaffung der Videoüberwachung von zwangsweise untergebrachten<br />
Patientinnen und Patienten in der Psychiatrie<br />
Gesetzentwurf der Fraktion der FDP, Drucksache 15/484, Öffentliche Anhörung des<br />
Ausschusses für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Integration am 22. Juni 2011<br />
Sehr geehrte Damen und Herren!<br />
Die Bundesfachvereinigung Leitender Krankenpflegepersonen der Psychiatrie (<strong>BFLK</strong>) e. V.<br />
im Landesverband Nordrhein-Westfalen ist ein Zusammenschluss von Pflegedirektoren,<br />
Pflegedienstleitern und Leitenden Pflegepädagogen aus Einrichtungen der<br />
Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sowie von freigemeinnützigen Trägern.<br />
Die <strong>BFLK</strong> repräsentiert somit ein Stimmungsbild aus fast allen psychiatrischen Einrichtungen<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Großteil der Mitglieder hat dabei keine<br />
Erfahrungswerte mit Videoüberwachungen von zwangsweise untergebrachten Patientinnen<br />
und Patienten in der Psychiatrie und verzichtet auch bewusst auf diese. Einige Einrichtungen<br />
setzen Videoüberwachungen nach strenger, bewertbarer und überprüfbarer<br />
Indikationsstellung unter Beteiligung des Patienten mit positiven Erfahrungswerten ein.<br />
Von daher ergibt sich für das Gesetz zur Abschaffung der Videoüberwachung und in Hinblick<br />
auf die vorgeschlagene Änderung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei<br />
psychischen Krankheiten (PsychKG) im Bundesland Nordrhein-Westfalen folgende<br />
Stellungnahme:<br />
Die <strong>BFLK</strong> in Nordrhein-Westfalen schlägt bzgl. des PsychKG NRW § 20 „Besondere<br />
Sicherungsmaßnahmen“ bei der Einfügung eines neuen Satzes 5 zu Abs.2 folgende<br />
Modifikation bei der von der FDP-Landtagsfraktion eingebrachten Ergänzung vor:<br />
„Eine Beobachtung darf nicht in Form einer Videoüberwachung, sondern ausschließlich<br />
durch den Einsatz von Personal erfolgen, insofern der Patient eine Videoüberwachung nicht<br />
ausdrücklich wünscht, eine solchen Entscheidung verantworten kann und eine Klinik dieses<br />
Instrument der Sicherheitsüberwachung anbietet.“
Die <strong>BFLK</strong> in Nordrhein-Westfalen hat die Neuformulierung des § 20 lange und kontrovers<br />
diskutiert. Dieses geschah auch aus der Fragestellung heraus, inwieweit der Gesetzgeber<br />
in der Ausgestaltung eines Behandlungsauftrages von Kliniken Spezifizierungen oder<br />
Einschränkungen vornehmen soll. Wird heute über die Frage der Videoüberwachung<br />
diskutiert, könnte beispielhaft Morgen die Frage nach Schließung von geschützten<br />
Intensivstationen auf der Tagesordnung stehen. Die <strong>BFLK</strong> vertritt die Ansicht, dass Aspekte<br />
der räumlichen Ausgestaltung von Hospitälern und das Entwickeln von Konzepten zum<br />
Fremd- und Eigenschutz von Patienten durch die Träger von psychiatrischen Kliniken zu<br />
verantworten sind und der Gesetzgeber nur in Fragen, die ausdrücklich die Freiheitsrechte des<br />
Patienten betreffen, gestalterisch tätig werden soll.<br />
Zur Videoüberwachung sei abschließend angemerkt, dass für eine überwiegende Mehrheit<br />
von Patienten der Verzicht auf diese und die persönliche Betreuung durch<br />
Bezugspflegepersonen eine höhere Beziehungs- und Betreuungsqualität mit sich bringt<br />
(siehe auch Studie Cardell/Pitula aus 1999). Auch ist durch eine persönliche Betreuung und<br />
Beobachtung eine bessere Überprüfung von Vitalfunktionen in Extremsituationen wie<br />
Fixierungen möglich. Sollte aber beim Patienten der Wunsch nach einer Videoüberwachung<br />
bestehen, um ein höheres Maß an persönlicher Privatsphäre nutzen zu können, und eine<br />
Klinik eine Videoüberwachung als solche Sicherungsmaßnahme anbieten, sollte diese im<br />
Einzelfall möglich sein.<br />
Die <strong>BFLK</strong> spricht sich für das Einsetzen von „Ethischen Fallbesprechungen“ als etabliertes<br />
Qualitätsmerkmal in allen psychiatrischen Kliniken des Landes Nordrhein-Westfalen aus.<br />
Diese standardisierte Einführung sollte durch die jährlichen Begehungen der PsychKG-<br />
Kommission überprüft werden. Ethische Fallbesprechungen bei zwangsweise untergebrachten<br />
Patientinnen und Patienten in der Psychiatrie sollen die Möglichkeit eröffnen,<br />
Grenzsituationen von Unterbringungsmaßnahmen zu reflektieren und unter ethischen<br />
Gesichtspunkten zu würdigen.<br />
Weitere Qualitätsmerkmale, welche im Rahmen der PsychKG-Begehungen überprüft werden<br />
sollen, sind die Konzepte zur räumlichen Gestaltung der Stationen, zur Milieutherapie<br />
und zu Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiter zur Deeskalation. Des Weiteren sollen<br />
Sicherheitsstandards zur Fixierung mit begleitenden Trainings in den Kliniken eingesetzt sein.<br />
Abschließend sei angemerkt, dass mit Umstellung der Psychiatrie-Personalverordnung auf das<br />
tagesgleiche Entgeltsystem in 2013 eine optimale personelle Ausstattung in den Kliniken<br />
gewährleistet bleiben muss, um Patienten in zwangsweisen Unterbringungssituationen eine<br />
adäquate direkte pflegerische und therapeutische Begleitung möglich werden zu lassen.<br />
Matthias Krake Rainer Drevermann<br />
- <strong>BFLK</strong>-Landesvorsitzender NRW - - Stellv. Vorsitzender -<br />
St. Rochus-Hospital Telgte GmbH<br />
Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie u. Psychosomatik<br />
Matthias Krake - 48291 Telgte<br />
Tel. 02504-60221<br />
Fax 02504-60226