Franke, Fabian ; Scholle, Ulrike - Bibliotheksdienst 1996-2003
Franke, Fabian ; Scholle, Ulrike - Bibliotheksdienst 1996-2003
Franke, Fabian ; Scholle, Ulrike - Bibliotheksdienst 1996-2003
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Informationsvermittlung THEMEN<br />
„Neue Schulungen braucht das Land“<br />
Ergebnisse von zwei Fortbildungsveranstaltungen des Hochschulbibliothekszentrums<br />
Nordrhein-Westfalen über die<br />
Vermittlung von Informationskompetenz durch DV-basierte<br />
Schulungsangebote<br />
<strong>Fabian</strong> <strong>Franke</strong>, <strong>Ulrike</strong> <strong>Scholle</strong><br />
Wie müssen wir virtuelle Rundgänge und Online-Tutorials gestalten, damit sie<br />
ihre Zielgruppe auch wirklich erreichen? Worauf müssen wir bei einer guten<br />
Präsentation unseres OPACs achten? Was machen wir mit großen Schülergruppen?<br />
Diesen Fragen stellten sich insgesamt 22 Bibliothekarinnen und<br />
Bibliothekare in Münster und Köln während zweier Fortbildungsveranstaltungen<br />
des HBZ im Juni <strong>2003</strong>.<br />
Ziel der jeweils zweitägigen Workshops, die in Zusammenarbeit mit der Adhoc-Arbeitsgruppe<br />
„Informationskompetenz“ der AG der Universitätsbibliotheken<br />
im VBNW konzipiert wurden, waren Konzepte und erste Schritte zur<br />
Umsetzung von elektronischen Angeboten zur Vermittlung von Bibliotheks-<br />
bzw. Informationskompetenz. Dem voraus ging die konstruktive Bewertung<br />
von bereits existierenden Materialien, die zum einen von den Teilnehmern aus<br />
ihren Bibliotheken mitgebracht wurden, zum anderen über Bibliotheks-Homepages<br />
abrufbar waren.<br />
Die Teilnehmer, die in ihren Bibliotheken bereits Benutzerschulungen konzipieren<br />
und durchführen, beschäftigten sich dabei in Gruppen u.a. mit den<br />
Themen<br />
Virtuelle Rundgänge,<br />
Online-Tutorials<br />
Bibliothekseinführungen für Schüler und Erstsemester<br />
Präsentationen von Online-Katalog und Methoden zur Literatursuche.<br />
Im Folgenden werden einige wesentliche und manchmal durchaus kontrovers<br />
diskutierte Ergebnisse und Thesen wiedergegeben, die sich aus der Arbeit der<br />
Teilnehmer ergeben haben. Sie erheben keinen Anspruch auf Ausgewogenheit<br />
oder Vollständigkeit, können aber als Anregungen und Diskussionsgrundlage<br />
für zukünftige Projekte dienen.<br />
Virtueller Rundgang<br />
Ziel:<br />
Vorstellung der Räumlichkeiten einer Institution unter ausgewählten Gesichtspunkten<br />
BIBLIOTHEKSDIENST 37. Jg. (<strong>2003</strong>), H. 11 1463
THEMEN Informationsvermittlung<br />
Anforderungen:<br />
einfacher Einstieg<br />
Neugier wecken<br />
kurze Ladezeiten, einfache technische Voraussetzungen<br />
übersichtliche Menüführung<br />
originelle Grafiken<br />
Personalisierung durch eine wiederkehrende Person oder Grafik, die durch<br />
den Rundgang führt<br />
Einbindung von Lageplänen, nicht nur von Fotos<br />
durch geeignete Menüführung/Navigation an jeder Stelle Ausstieg aus<br />
dem ganzen Rundgang oder aus einem Bereich ermöglichen, ebenso jederzeit<br />
Einstieg in einen frei wählbaren Bereich.<br />
Einstiegsmöglichkeiten:<br />
thematischer Einstieg, z.B. Suche nach Buch, Aufsatz etc.<br />
fester, geführter Rundgang durch die Räumlichkeiten mit Hinweisen für<br />
spezielle Nutzergruppen (Hochschulexterne, Behinderte, ...) oder Anliegen<br />
(Kopierer, Drucker, Toiletten, ...).<br />
Thesen:<br />
Ein virtueller Rundgang muss konkret auf die Zielgruppe und den Zweck<br />
zugeschnitten sein. Hat ein Benutzer tatsächlich einen Nutzen davon, sich<br />
am Bildschirm anzuschauen, was sich hinter einer Tür verbirgt? Will er<br />
nicht eher wissen, wo sich die von ihm benötigten Medien oder Service-<br />
Einrichtungen befinden?<br />
Viele virtuelle Rundgänge reizen das technisch Mögliche aus und dienen<br />
hauptsächlich der Selbstdarstellung der technischen Fähigkeiten. Dies ist<br />
didaktisch oft nicht sinnvoll – die technischen Voraussetzungen behindern<br />
eher den Zugriff auf den virtuellen Rundgang oder beeinträchtigen die Ablaufgeschwindigkeit.<br />
Um einen optischen Eindruck von den Räumlichkeiten einer Bibliothek zu<br />
erhalten, reicht in der Regel ein normales Foto. Bereits ein Panoramabild<br />
bietet keinen didaktischen Mehrwert, sondern stellt oft allein eine technische<br />
Spielerei da.<br />
Online-Tutorial<br />
Ziel:<br />
• Vermittlung eines bestimmten fachlichen Inhalts mit Übungsmöglichkeit<br />
Anforderungen:<br />
• einfache technische Realisierung<br />
• Zeitaufwand dem Nutzer vorher mitteilen<br />
• maximale Dauer 30 Minuten<br />
1464 BIBLIOTHEKSDIENST 37. Jg. (<strong>2003</strong>), H. 11
Informationsvermittlung THEMEN<br />
• präzises, eng begrenztes Thema<br />
• Abschluss mit Lernkontrolle/Übungsaufgaben<br />
• Menügeführte Navigation mit Ausstiegsmöglichkeit.<br />
Einstiegsmöglichkeiten:<br />
• Vollständiges Tutorial<br />
- kurzer erklärender Text<br />
- Grafik/Bild<br />
- Übungsaufgabe<br />
• Erfolgskontrolle oder Try and Error: nur Fragen<br />
• Index.<br />
Thesen:<br />
• Mehrere kleine Sequenzen entsprechen den Nutzerbedürfnissen besser<br />
als ein umfangreiches Tutorial.<br />
• Übungsaufgaben und Lernkontrolle sind wichtiger als technische Spielereien.<br />
Bibliothekseinführungen für Schüler und Erstsemester<br />
Teilnehmerorientierung:<br />
• Nicht die Bibliothek („Wir haben 1 Million Bände“), sondern die Zielgruppe<br />
in den Mittelpunkt stellen („Wir bieten Ihnen Bücher zu verschiedenen Themen“)<br />
• Bedürfnisse der Teilnehmer ansprechen („Sie haben eine Literaturliste“,<br />
„Sie müssen eine Seminararbeit/Facharbeit schreiben“)<br />
• Übungsbeispiele an die Interessen der Teilnehmer anpassen<br />
• Fachvokabular möglichst vermeiden („Online-Katalog“ oder „Katalog“ statt<br />
„OPAC“)<br />
• Didaktisches Material für Lehrer oder Dozent zusammenstellen.<br />
Ablauf:<br />
• wenig Fakten, griffige Beispiele<br />
• einzelne prägnante Punkte herausgreifen und erläutern<br />
• speziell auf das Nutzerinteresse abgestimmte Medienangebote und Arbeitsmöglichkeiten<br />
darlegen<br />
• Vorgänge mit Grafiken und Bildern erläutern.<br />
Thesen:<br />
• Konsequent nur kleine Gruppen in der Bibliothek schulen. Lieber wenigen<br />
Teilnehmer viel vermitteln, als einer großen Masse nur einen unspezifischen<br />
Rundgang anbieten.<br />
• Für große Gruppen Präsentationen, auch mit virtuellen Rundgängen oder<br />
Videos, erstellen, die in der Schule bzw. im Fachbereich vorgeführt werden<br />
BIBLIOTHEKSDIENST 37. Jg. (<strong>2003</strong>), H. 11 1465
THEMEN Informationsvermittlung<br />
• Für Schüler reicht als Vorbereitung für die Facharbeit allein eine Führung<br />
durch die Bibliothek nicht aus. Zumindest OPAC und Recherchestrategien<br />
müssen auch behandelt werden.<br />
Präsentationen<br />
Thesen:<br />
• Präsentation kurz und übersichtlich halten<br />
• Übungsanleitung in Präsentation einbauen<br />
• wenig Text, auch wenig Aufzählungen mit Stichwörtern verwenden<br />
• Grafik statt Text einsetzen<br />
• Zusammenhänge konsequent durch Grafiken verdeutlichen<br />
• jede Präsentation von Kollegen kritisieren lassen<br />
Um genau diese letzte These umzusetzen und gemeinsam – fernab vom hektischen<br />
Alltagsbetrieb – an eigenen Präsentationen zu arbeiten, ist für das erste<br />
Halbjahr 2004 eine Nachfolgeveranstaltung zu der hier geschilderten Fortbildung<br />
geplant.<br />
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