Der Erwerb und die Pfandnahme eigener Geschäftsanteile ... - Manz
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Bauer/Zehetner § 81<br />
§ 81. (1) <strong>Der</strong> <strong>Erwerb</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Pfandnahme</strong> <strong>eigener</strong> <strong>Geschäftsanteile</strong> durch <strong>die</strong><br />
Gesellschaft sind verboten <strong>und</strong> wirkungslos. Zulässig ist der <strong>Erwerb</strong> im Exekutionswege<br />
zur Hereinbringung <strong>eigener</strong> Forderungen der Gesellschaft. Auf den unentgeltlichen<br />
<strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile, auf den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile im Weg der Gesamtrechtsnachfolge<br />
<strong>und</strong> auf den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile zur Entschädigung von Minderheitsgesellschaftern<br />
sind <strong>die</strong> entsprechenden, für den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien geltenden<br />
Vorschriften sinngemäß anzuwenden.<br />
IdF BGBl I 2007/72.<br />
Schrifttum: Kastner, Zur Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, JBl<br />
1957, 145; Kropff (Hrsg), Aktiengesetz (1965); Frotz, <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien, GesRZ 1972, 3; Kastner,<br />
<strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien durch Gesamtrechtsnachfolge, in FS Demelius (1973) 375; Kastner, Zur Reform<br />
des GmbH-Rechtes, JBl 1973, 169; Stölzle, <strong>Der</strong> <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> <strong>Geschäftsanteile</strong> einer Gesellschaft<br />
m. b. H., GesRZ 1973, 42; Doralt, Die wechselseitige Beteiligung im Gesellschaftsrecht, ÖStZ<br />
1977, 48; R. Doralt, Begriff <strong>und</strong> handelsrechtliche Zulässigkeit der GmbH & Co, in Kastner/Stoll<br />
(Hrsg), Die GmbH & Co KG 2 (1977) 33; Weber/Straube, Die zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter<br />
der GmbH & Co, in Kastner/Stoll (Hrsg), Die GmbH & Co KG 2 (1977) 325; Kastner, Zur Auslegung<br />
des GmbH-Gesetzes, JBl 1978, 404; Kastner, Verschmelzung ohne Gewähr von Anteilsrechten,<br />
in FS Stadler (1981) 115; Klix, Wechselseitige Beteiligungen (1981); Reich-Rohrwig, GmbH-Recht<br />
(1983); Nowotny, Wechselseitige Beteiligungen, RdW 1986, 303; Umfahrer, Das Verbot des <strong>Erwerb</strong>es<br />
<strong>eigener</strong> Anteile nach § 81 GmbHG unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf <strong>die</strong> GmbH & Co<br />
KG, NZ 1989, 57; Kastner, Die rechtliche Behandlung der Kapitalgesellschaft <strong>und</strong> Co KG als Kapitalgesellschaft,<br />
in FS Stoll (1990) 185; Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht 5 (1990); Koppensteiner,<br />
Wechselseitige Beteiligungen im Recht der GmbH, wbl 1990, 1; Frotz, Wechselseitige Minderheitsbeteiligungen<br />
im österreichischen Recht der Kapitalgesellschaften, in FS Kastner (1992) 153;<br />
Kerstin Schmidt, Wechselseitige Beteiligungen in rechnungslegungsorientierter <strong>und</strong> finanzwirtschaftlicher<br />
Betrachtung, JfB 1996, 116; Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung (1997); Koppensteiner,<br />
Aspekte verb<strong>und</strong>ener Unternehmen im österreichischen Recht, in FS Kropff (1997) 156; Emmerich,<br />
Wechselseitige Beteiligungen bei AG <strong>und</strong> GmbH, NZG 1998, 622; Nowotny, Umgründungen<br />
(Fusion/Spaltung) auf den Alleingesellschafter, RdW 1998, 445; Koppensteiner, Verschmelzung <strong>und</strong><br />
Vermögensbildung, wbl 1999, 333; Koppensteiner/Rüffler, Die Bestellung von Sicherheiten durch eine<br />
Kapitalgesellschaft für Verbindlichkeiten ihrer Gesellschafter, GesRZ 1999, 86, 144; Nowotny, Kleine<br />
Reformschritte im Wirtschaftsrecht, RdW 2000, 650; Umlauft, Zulässigkeit der Einbringung einer<br />
Kommanditgesellschaft in <strong>die</strong> eigene Komplementär-GmbH gegen Kapitalerhöhung? NZ 2000, 65;<br />
Wenger, Kapitalerhöhung durch Einbringung einer KG in <strong>die</strong> Komplementär-GmbH, RWZ 2000/75;<br />
D.C. Bauer, Die Stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument (2001); Göschke, Das Verbot der Finanzierung<br />
des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Aktien im Konzern, RdW 2001, 323; Hügel, Aktuelle Probleme des<br />
Spaltungsrechts – Zuordnung <strong>und</strong> Teilung von Vertragsverhältnissen, Squeeze-out-Spaltung, Konzern-Spaltung,<br />
Summengr<strong>und</strong>satz, wbl 2001, 394; Wallisch, Die wechselseitige Beteiligung, GesRZ<br />
2001, 136; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4 (2002) § 33; Dehn/Wolf/Zehetner, Aktienoptionsrecht<br />
(2003); Karollus in Jabornegg/Strasser, AktG 4 (2004) §§ 65 ff; Reich-Rohrwig, Gr<strong>und</strong>satzfragen<br />
der Kapitalerhaltung (2004); Grünwald in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch der Umgründung<br />
(2006); Hohner/Paura in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG Großkommentar 9 (2006) § 33;<br />
Westermann in Scholz, Kommentar zum GmbHG 10 (2006) § 33; Duursma / Duursma-Kepplinger<br />
/ Roth M, Handbuch zum Gesellschaftsrecht (2007); Kalss/Eckert, Änderungen im Aktien- <strong>und</strong><br />
GmbH-Recht durch das GesRÄG 2007, GesRZ 2007, 222; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG 3 (2007);<br />
Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht (2008); Umfahrer, GmbH Handbuch für<br />
<strong>die</strong> Praxis 6 (2008); Gellis/Feil, Kommentar zum GmbHG 7 (2009).<br />
Übersicht:<br />
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />
Rz<br />
1–14<br />
A. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />
Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg. 3
§ 81 Bauer/Zehetner<br />
B. Vergleich zum Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
II. Verbot des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15–55<br />
A. Unabdingbares <strong>Erwerb</strong>sverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
B. Wechselseitige Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />
C. Rechtsfolgen bei Verstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
D. Ausnahmen vom <strong>Erwerb</strong>sverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
1. Exekution zur Hereinbringung <strong>eigener</strong> Forderungen der GmbH . 41<br />
2. Unentgeltlicher <strong>Erwerb</strong> voll eingezahlter Anteile . . . . . . . . . . . . . 42<br />
3. <strong>Erwerb</strong> im Wege der Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />
4. <strong>Erwerb</strong> zur Entschädigung von Minderheitsgesellschaftern . . . . . 50<br />
5. Behandlung zulässig erworbener <strong>eigener</strong> Anteile . . . . . . . . . . . . . 54<br />
III. Verbot der Inpfandnahme <strong>eigener</strong> Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56–60<br />
A. Unabdingbares Inpfandnahmeverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />
B. Keine Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />
IV. Verbot bei GmbH & Co KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61–65<br />
I. Überblick<br />
A. Regelungszweck<br />
1 Die Bestimmung steht im Zusammenhang mit den Kapitalerhaltungsvorschriften,<br />
insb §§ 82, 83. Leistungen an Gesellschafter bei unzulässigem <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile<br />
verstoßen gegen das Einlagenrückgewährverbot. Die bislang einzige Novelle (GesRÄG<br />
2007, BGBl I 2007/72) brachte eine Erweiterung, wonach der unentgeltliche <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong><br />
Anteile, der <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile im Wege der Gesamtrechtsnachfolge <strong>und</strong> der<br />
<strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile zur Entschädigung von Minderheitsgesellschaftern in sinngemäßer<br />
Anwendung der Vorschriften über den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien (§§ 65 ff AktG) zulässig<br />
ist.<br />
2 § 81 ist strenger als <strong>die</strong> deutsche Parallelnorm (§ 33 dGmbHG): Nach § 33<br />
Abs 2 dGmbHG darf <strong>die</strong> Gesellschaft vollständig einbezahlte eigene <strong>Geschäftsanteile</strong><br />
erwerben, sofern der <strong>Erwerb</strong> aus dem über den Betrag des Stammkapitals vorhandenen<br />
Vermögen geschehen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Gesellschaft eine gesetzlich vorgeschriebene Rücklage<br />
für eigene Anteile bilden kann, ohne das Stammkapital oder eine nach dem Gesellschaftsvertrag<br />
zu bildende Rücklage zu mindern, <strong>die</strong> nicht zu Zahlungen an <strong>die</strong><br />
Gesellschafter verwandt werden darf. Die Materialien zum österreichischen GmbHG<br />
lehnen einen solchen <strong>Erwerb</strong> zutreffend ab, weil sich herausstellen könne, dass der<br />
angenommene Vermögensüberschuss nicht besteht <strong>und</strong> weil ein <strong>eigener</strong> Anteil einen<br />
fiktiven Finanzposten darstelle (ErläutRV 236 BlgHH 17. Sess 87 f; Koppensteiner/Rüffler<br />
3 § 82 Rz 3).<br />
3 <strong>Der</strong> von Teilen der Lehre befürwortete <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile aus verteilungsfähigem<br />
Gewinn der Gesellschaft (Koppensteiner/Rüffler 3 § 81 Rz 9; Frotz, Wechselseitige<br />
Minderheitsbeteiligungen im österreichischen Recht der Kapitalgesellschaften, in FS<br />
Kastner [1992] 164 f; Nowotny, Kleine Reformschritte im Wirtschaftsrecht, RdW 2000,<br />
651) ist demgegenüber aus teleologischen Gründen gr<strong>und</strong>sätzlich zu bejahen (zum<br />
Zweck der Bestimmung s <strong>die</strong> folgende Rz), da eine Ausschüttung an <strong>die</strong> Gesellschafter<br />
ebenfalls zu einem – zulässigen – Vermögensabfluss führt. Dem Vermögensabfluss steht<br />
hier sogar der <strong>Erwerb</strong> eines eigenen Anteils gegenüber.<br />
4 Zweck der Regelung ist vorrangig <strong>die</strong> Erhaltung des Gesellschaftsvermögens (auch<br />
des über <strong>die</strong> Stammkapitalziffer hinausreichenden Anteils). <strong>Der</strong> <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile<br />
4 Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg.
Bauer/Zehetner § 81<br />
ist mit einem Liquiditätsabfluss verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> schafft gleichzeitig einen Vermögenswert,<br />
der untrennbar mit der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH verb<strong>und</strong>en ist:<br />
Im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH können <strong>die</strong> eigenen Anteile den<br />
Gläubigern keine Sicherheit bieten. Über<strong>die</strong>s bildet der entgeltliche <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile<br />
von einem Gesellschafter wegen des damit verb<strong>und</strong>enen Mittelabflusses auch einen<br />
Fall der Einlagenrückgewähr.<br />
Auch <strong>und</strong> insb der – entgeltliche oder unentgeltliche – <strong>Erwerb</strong> nicht voll eingezahlter<br />
Anteile verstößt gegen das Einlagenrückgewährverbot, weil es im Ausmaß der<br />
fehlenden Einzahlung zu einem Entfall der Einlageforderung der Gesellschaft kommt<br />
(Kastner/Doralt/Nowotny, Gr<strong>und</strong>riß 434; Karollus in Jabornegg/Strasser, AktG 4 § 65<br />
Rz 2). Die Volleinzahlung der Einlage ist daher regelmäßig Voraussetzung für <strong>die</strong> Anwendbarkeit<br />
von Ausnahmen vom Verbot des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile (dazu unten<br />
Rz 38, 42, 52; s aber auch 39, 46).<br />
Allein im Fall der Gesamtrechtsnachfolge sind für <strong>die</strong> AG ausdrücklich <strong>die</strong> sonst<br />
beim <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile geltenden drei Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 65 Abs 2<br />
AktG (10%-<strong>Erwerb</strong>sgrenze, Kapitalgrenze zur Rücklagenbildung, Volleinzahlung der Aktien)<br />
unanwendbar (Karollus in Jabornegg/Strasser, AktG 4 § 65 Rz 28). Aufgr<strong>und</strong> der<br />
gem Satz 3 zu ziehenden Analogie zum Aktienrecht <strong>und</strong> da kein Differenzierungsgr<strong>und</strong><br />
ersichtlich ist, ist auch bei der GmbH für <strong>die</strong> Zulässigkeit des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile<br />
im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge unerheblich, ob <strong>die</strong> Stammeinlagen voll einge-<br />
zahlt sind oder nicht.<br />
Eigene Anteile widersprechen auch dem Prinzip der Trennung zwischen Gesellschaftern<br />
<strong>und</strong> Geschäftsführung. Aus eigenen Anteilen der GmbH stehen den Gesellschaftern<br />
keine Rechte zu, weil sich <strong>die</strong> Anteile nicht im Eigentum der Gesellschafter<br />
befinden. Rechte aus eigenen Anteilen würden mangels gesetzlicher Sonderregelung somit<br />
von der Geschäftsführung ausgeübt („Verwaltungsherrschaft“). Im Extremfall gehörte<br />
<strong>die</strong> Gesellschaft zu 100% sich selbst. Eine solche Konstellation ist unzulässig. Partiell<br />
abweichend ist – wegen § 33 Abs 2 dGmbH – <strong>die</strong> Rechtslage in Deutschland (zu<br />
den Rechtsfolgen bei Eintritt einer sogenannten „Kein-Mann-Gesellschaft“ – Auflösung<br />
– Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4 § 33 Rz 26 mwN auch anderer Auffassungen).<br />
Sich selbst gehörende Körperschaften kennt das österreichische Recht nur in<br />
eigens geregelten Ausnahmefällen ([Privat-]Stiftung, Sparkassen). Bei Sparkassen ist zur<br />
Vermeidung einer Verwaltungsherrschaft ein Sparkassenrat vorgesehen (§ 17 SpG). Privatstiftungen<br />
unterliegen einer Kontrolle durch den als eigenes Organ eingerichteten<br />
Stiftungsprüfer, der auch zu überprüfen hat, ob der Stiftungszweck erfüllt wird (§ 18<br />
Satz 2 iVm § 21 Abs 1 PSG; beachte auch <strong>die</strong> Klagsbefugnis gem § 21 Abs 4 PSG). Daneben<br />
gibt es eine Reihe gerichtlicher Befugnisse, <strong>die</strong> der Wahrung des Stiftungszwecks<br />
<strong>die</strong>nen sollen. Eine Privatstiftung darf zudem selbst keine gewerbsmäßige Tätigkeit, <strong>die</strong><br />
über eine bloße Nebentätigkeit hinausgeht, ausüben (§ 1 Abs 2 Z 1 PSG). Sie tritt somit<br />
regelmäßig nicht am Markt erwerbswirtschaftlich auf. Die Gr<strong>und</strong>konzeption der GmbH<br />
sieht demgegenüber <strong>die</strong> wirtschaftliche Betätigung am Markt (mit oder ohne Gewinnabsicht)<br />
als zentrales Merkmal <strong>die</strong>ser Gesellschaftsform vor. Dementsprechend bedeutsam<br />
ist der Aspekt des Gläubigerschutzes; wie ausgeführt bieten eigene Anteile bei schlechter<br />
Entwicklung der Gesellschaft den Gläubigern keine Sicherheit. Um eine Verwaltungsherrschaft<br />
zu vermeiden, wird im GmbH-Recht <strong>die</strong> Regelung des § 65 Abs 5 AktG ana-<br />
Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg. 5<br />
5<br />
6<br />
7
§ 81 Bauer/Zehetner<br />
log angewandt: Demnach ruhen <strong>die</strong> Rechte aus eigenen Anteilen, <strong>die</strong>s gilt insb für Gewinnansprüche<br />
<strong>und</strong> Stimmrechte (Koppensteiner/Rüffler 3 § 81 Rz 13; Reich-Rohrwig,<br />
GmbHR 623; Gellis/Feil, GmbHG 7 § 81 Rz 5).<br />
8 Gegenüber den vorgenannten Regelungszwecken der Kapitalerhaltung <strong>und</strong> der<br />
Vermeidung der Verwaltungsherrschaft treten andere Überlegungen zum Normzweck<br />
des § 81 in den Hintergr<strong>und</strong> (zu den sonstigen Erwägungen der Materialien Koppensteiner/Rüffler<br />
3 § 81 Rz 2).<br />
9 Zur Absicherung von Umgehungen ist nicht nur der <strong>Erwerb</strong>, sondern auch <strong>die</strong> Inpfandnahme<br />
<strong>eigener</strong> Anteile verboten (Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4<br />
§ 33 Rz 20; Westermann in Scholz, GmbHG 10 § 33 Rz 8). Die Inpfandnahme bedeutet<br />
eine ähnliche, wenn nicht sogar größere Gefahr wie der <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile: Bei der<br />
Inpfandnahme <strong>eigener</strong> Anteile durch <strong>die</strong> Gesellschaft – eine solche ist im Falle des Bestehens<br />
einer Forderung der Gesellschaft gegen einen ihrer Gesellschafter denkbar – besteht<br />
<strong>die</strong> Gefahr, dass der bei der Verwertung des Pfandes entstehende Erlös nicht ausreicht,<br />
um eine vollständige Tilgung der eigenen gesicherten Forderung zu bewirken.<br />
Dieser Forderungsverlust könnte zur Unterbilanz (bilanzmäßiger Verlust am Stammkapital)<br />
führen.<br />
10 § 81 ist (relativ) zwingendes Recht. Die Bestimmung kann durch den Gesellschaftsvertrag<br />
oder Gesellschafterbeschluss nicht abbedungen, wohl aber verschärft werden<br />
(Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4 § 33 Rz 3 mwN).<br />
11 Soweit der <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile zulässig ist, wird er idR eines Gesellschafterbeschlusses<br />
bedürfen, da es sich um ein außergewöhnliches Geschäft handelt (Duursma<br />
/ Duursma-Kepplinger / Roth M, Gesellschaftsrecht [2007] Rz 2559).<br />
B. Vergleich zum Aktienrecht<br />
12 Im Vergleich zum Aktienrecht ist <strong>die</strong> Bestimmung des § 81 strenger <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong><br />
der geringen Zahl von Ausnahmen wesentlich weniger detailliert als <strong>die</strong> §§ 65 ff AktG.<br />
<strong>Der</strong> ursprünglich auch im Aktienrecht enge Ausnahmenkatalog (der allerdings auch bereits<br />
den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien zur Abwendung eines schweren, unmittelbar bevorstehenden<br />
Schadens vorsah) wurde insb mit dem auf der Kapital-RL (2. RL 77/91/EWG<br />
des Rates v 13. 12. 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, <strong>die</strong> in den Mitgliedstaaten<br />
den Gesellschaften iSd Art 58 Abs 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter<br />
sowie Dritter für <strong>die</strong> Gründung der Aktiengesellschaft sowie für <strong>die</strong> Erhaltung<br />
<strong>und</strong> Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um <strong>die</strong>se Bestimmungen gleichwertig<br />
zu gestalten, ABl L 1977/26, 1 v 31. 1. 1977; geändert durch <strong>die</strong> RL 92/101/EWG v 23. 1.<br />
1992, ABl L 1992/347, 64 v 28. 11. 1992) beruhenden Novelle des EU-GesRÄG (BGBl<br />
1996/304) erheblich erweitert. Mit dem Aktienrückerwerbsgesetz (BGBl I 1999/187)<br />
wurde auch der Tatbestand des zweckneutralen <strong>Erwerb</strong>s eingeführt. Eine weitere Änderung<br />
brachte das Aktienoptionengesetz (BGBl I 2001/42), wodurch <strong>die</strong> beiden vormaligen<br />
Regelungen über <strong>die</strong> Ausgabe <strong>eigener</strong> Aktien an Arbeitnehmer, leitende Angestellte<br />
<strong>und</strong> Organmitglieder zusammengefasst wurden (s hiezu Dehn/Wolf/Zehetner, Aktienoptionsrecht<br />
[2003] 169 ff). Das Gleichbehandlungsgebot wurde auf alle Fälle des <strong>Erwerb</strong>s<br />
<strong>und</strong> der Veräußerung <strong>eigener</strong> Aktien ausgedehnt (s näher Dehn/Wolf/Zehetner, Aktienoptionsrecht<br />
175 f). In der jüngsten Novelle durch das GesRÄG 2007 (BGBl I 2007/72)<br />
6 Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg.
Bauer/Zehetner § 81<br />
wurde <strong>die</strong> Ermächtigungsdauer für den zweckneutralen <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien von 18<br />
auf 30 Monate verlängert (§ 65 Abs 1 Z 1 AktG).<br />
Mit derselben Novelle (GesRÄG 2007, BGBl I 2007/72) wurde der Ausnahmekata- 13<br />
log für den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile bei der GmbH in sinngemäßer Anwendung der für<br />
den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien geltenden Vorschriften auf den unentgeltlichen <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong><br />
Anteile, auf den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile im Wege der Gesamtrechtsnachfolge <strong>und</strong><br />
auf den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile zur Entschädigung von Minderheitsgesellschaftern erstreckt.<br />
Trotz <strong>die</strong>ses dem Gesetzeswortlaut nach limitierten Verweises auf das Aktiengesetz 14<br />
ist auch im GmbH-Recht – unter der Beachtung der hier geltenden strengeren Wertung<br />
– in weiten Bereichen auf eine analoge Anwendung der detaillierten Regelungen über<br />
eigene Aktien zurückzugreifen.<br />
Im Überblick lässt sich das Verhältnis des § 81 zu den Regelungen über den <strong>Erwerb</strong><br />
<strong>eigener</strong> Aktien folgendermaßen darstellen (dazu etwa Kalss/Eckert, Änderungen<br />
im Aktien- <strong>und</strong> GmbH-Recht durch das GesRÄG 2007, GesRZ 2007, 222; Karollus in<br />
Jabornegg/Strasser, AktG4 § 65):<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 1 AktG (Abwendung eines schweren, unmittelbar<br />
bevorstehenden Schadens)<br />
GmbH-Recht Nach hL keine analoge Anwendbarkeit, weil <strong>die</strong> im Aktienrecht relevanten<br />
Fälle (insb wirtschaftlich <strong>und</strong> nach Marktbedingungen<br />
nicht gerechtfertigter Kursverfall) nicht auf das GmbH-Recht übertragbar<br />
sind.<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 2 Fall 1 AktG (unentgeltlicher <strong>Erwerb</strong>)<br />
GmbH-Recht Verweis auf <strong>die</strong> Regelung des Aktienrechts in § 81 Satz 3<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 2 Fall 2 AktG (in Ausführung einer Einkaufskommission<br />
durch ein Kreditinstitut)<br />
GmbH-Recht Die Einkaufskommission ist nur für Kreditinstitute vorgesehen.<br />
Soweit <strong>die</strong> GmbH Kreditinstitut ist, gibt es keinen Gr<strong>und</strong>, eine<br />
Analogie zum Aktienrecht zu verneinen. Eine allgemeine Analogie<br />
auf jede GmbH <strong>und</strong> damit auch ein <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile durch<br />
<strong>die</strong> GmbH als Treuhänder ist jedoch abzulehnen (zumindest insoweit<br />
gleicher Ansicht Koppensteiner/Rüffler 3 § 81 Rz 4 mwN).<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 3 AktG (Gesamtrechtsnachfolge)<br />
GmbH-Recht Verweis auf <strong>die</strong> Regelung des Aktienrechts in § 81 Satz 3<br />
Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg. 7
§ 81 Bauer/Zehetner<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 4 AktG (<strong>Erwerb</strong> für Arbeitnehmer, leitende Angestellte<br />
<strong>und</strong> Organmitglieder)<br />
GmbH-Recht Das Modell der Aktienoptionen lässt sich nicht auf <strong>die</strong> GmbH<br />
übertragen. Eine den Aktienoptionsprogrammen vergleichbare Regelung<br />
kennt das GmbH-Recht nicht, weshalb eine Analogie nicht<br />
in Frage kommt. Auch <strong>die</strong> Regierungsvorlage zum Aktienoptionsgesetz<br />
(RV 358 BlgNR 21. GP) verweist darauf, dass das GmbH-<br />
Recht den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile verbietet <strong>und</strong> auch <strong>die</strong> Einrichtung<br />
der bedingten Kapitalerhöhung nicht kennt (s Dehn/Wolf/<br />
Zehetner, Aktienoptionsrecht [2003] 157 ff).<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 5 (Entschädigung von Minderheitsaktionären)<br />
GmbH-Recht Verweis auf <strong>die</strong> Regelung des Aktienrechts in § 81 Satz 3<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 6 (Einziehung)<br />
GmbH-Recht Eine Einziehung nach dem Vorbild des § 192 AktG ist dem<br />
GmbHG fremd, weshalb eine Analogie ausscheidet. Davon zu unterscheiden<br />
ist <strong>die</strong> Analogie zum Entfall des Gläubigeraufgebots<br />
bei Kapitalherabsetzung wegen nicht fristgerecht veräußerter <strong>eigener</strong><br />
Anteile gem § 65 a Abs 3 AktG; s dort <strong>und</strong> Rz 34).<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 7 AktG (Wertpapierhandel durch ein Kreditinstitut)<br />
GmbH-Recht GmbH-Anteile können idR nur im Wege eines Notariatsakts übertragen<br />
werden <strong>und</strong> sind keine Wertpapiere. Eine Analogie scheidet<br />
daher aus.<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 Z 8 (zweckneutraler Aktienrückerwerb bei Börsenotierung)<br />
GmbH-Recht GmbH können mit ihren Anteilen nicht an der Börse notieren.<br />
<strong>Der</strong> Gesetzgeber hat bewusst <strong>die</strong> Entscheidung getroffen, keinen<br />
zweckneutralen Rückerwerb zuzulassen.<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 a AktG (Regelung für Beschluss der Hauptversammlung<br />
nach § 65 Abs 1 Z 4 <strong>und</strong> Z 8 AktG)<br />
GmbH-Recht Die Bestimmung verweist auf § 65 Abs 1 Z 4 <strong>und</strong> Z 8 AktG, <strong>die</strong><br />
beide für <strong>die</strong> GmbH nicht anwendbar sind.<br />
8 Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg.
Bauer/Zehetner § 81<br />
Aktienrecht § 65 Abs 1 b AktG (Gleichbehandlungsgebot)<br />
GmbH-Recht Das Gleichbehandlungsgebot gilt auch für das GmbH-Recht. Die in<br />
§ 65 Abs 1 b AktG vorgesehenen Formen der Veräußerung über <strong>die</strong><br />
Börse sind für das GmbH-Recht selbstverständlich nicht anwendbar.<br />
Aktienrecht § 65 Abs 2 AktG (Beschränkung auf 10% bei gewissen <strong>Erwerb</strong>statbeständen;<br />
Rücklagenbildung gem § 225 Abs 5 UGB)<br />
GmbH-Recht Die Beschränkung, wonach ein über 10% des Nennkapitals hinausgehender<br />
<strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile nicht zulässig ist, greift im<br />
GmbH-Recht gr<strong>und</strong>sätzlich nicht, weil <strong>die</strong> <strong>Erwerb</strong>statbestände, auf<br />
<strong>die</strong> in § 65 Abs 2 AktG verwiesen wird, im GmbH-Recht nicht<br />
analog anwendbar sind. Anders ist <strong>die</strong>s mit der Wertung des § 65 a<br />
Abs 2 AktG, wonach einmal zulässigerweise erworbene eigene Anteilen<br />
dauerhaft nicht im Ausmaß von mehr als 10% gehalten<br />
werden dürfen <strong>und</strong> binnen drei Jahren zu veräußern sind. Diese<br />
Bestimmung gilt analog auch im GmbH-Recht.<br />
Analog anwendbar ist auch <strong>die</strong> in § 65 Abs 2 normierte Voraussetzung<br />
für <strong>die</strong> Zulässigkeit des <strong>Erwerb</strong>s in Form einer entsprechenden<br />
Rücklagenbildung gem § 225 Abs 5 UGB für den auch im<br />
GmbH-Recht einschlägigen <strong>Erwerb</strong>statbestand der Entschädigung<br />
von Minderheitsgesellschaftern, weil in <strong>die</strong>sem Fall auch im AktG<br />
<strong>die</strong> entsprechende Rücklagenbildung erfolgen muss (sogenannte<br />
Kapitalgrenze gem § 65 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 1 Z 5 AktG).<br />
Die übrigen <strong>Erwerb</strong>statbestände (unentgeltlicher <strong>Erwerb</strong>, Gesamtrechtsnachfolge)<br />
sind in § 65 Abs 2 Satz 2 AktG nicht erwähnt, so<br />
dass <strong>die</strong> Kapitalgrenze des § 225 Abs 5 UGB idR nicht greift. Muss<br />
allerdings im Fall der Gesamtrechtsnachfolge eine Gegenleistung von<br />
der Gesellschaft für den <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile erbracht werden<br />
oder führt der <strong>Erwerb</strong> zu einem Mittelabfluss, greift <strong>die</strong> Kapitalgrenze<br />
des § 65 Abs 2 AktG iVm § 225 Abs 5 UGB analog (dazu<br />
Rz 39; Kalss/Eckert, Änderungen im Aktien- <strong>und</strong> GmbH-Recht<br />
durch das GesRÄG 2007, GesRZ 2007, 224; für eine generelle Anwendung<br />
des § 225 UGB in jedem Fall der Gesamtrechtsnachfolge<br />
offenbar Koppensteiner, Verschmelzung <strong>und</strong> Vermögensbildung, wbl<br />
1999, 333 [338]; Reich-Rohrwig, Kapitalerhaltung 273 FN 1289). Die<br />
Vorschriften gem § 225 Abs 5 UGB sind in den bei der AG zu beachtenden<br />
Fällen auch analog bei der GmbH anzuwenden.<br />
Aktienrecht § 65 Abs 2 letzter Satz AktG (Volleinzahlung)<br />
GmbH-Recht Das Gebot der Volleinzahlung gilt gem § 65 Abs 2 letzter Satz<br />
AktG in den für <strong>die</strong> GmbH anwendbaren Fällen für § 65 Abs 1<br />
Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg. 9
§ 81 Bauer/Zehetner<br />
Z 2 AktG (unentgeltlicher <strong>Erwerb</strong>) sowie für § 65 Abs 1 Z 5 AktG<br />
(Entschädigung von Minderheitsgesellschaftern). Aufgr<strong>und</strong> des<br />
Verweises in § 81 Satz 3 gilt das Volleinzahlungsgebot auch für<br />
<strong>die</strong>se <strong>Erwerb</strong>statbestände beim GmbH-Recht. Für den <strong>Erwerb</strong> im<br />
Wege der Gesamtrechtsnachfolge gilt das Volleinzahlungsgebot<br />
hingegen auch im GmbH-Recht nicht (s Rz 6, 39, 46).<br />
Aktienrecht § 65 Abs 3 AktG (Informationspflichten des Vorstands)<br />
GmbH-Recht Eine analoge Informationspflicht der Geschäftsführung gegenüber<br />
der Generalversammlung ist zu bejahen.<br />
Aktienrecht § 65 Abs 4 AktG (Wirksamkeit des sachenrechtlichen <strong>Erwerb</strong>s<br />
<strong>eigener</strong> Anteile durch Verstoß nicht berührt)<br />
GmbH-Recht Die Wirksamkeit des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile wird aufgr<strong>und</strong> des<br />
Verweises auf das Aktienrecht in Satz 3 auch im GmbH-Recht bei<br />
einem Verstoß nicht berührt, so dass <strong>die</strong> sachenrechtliche Übereignung<br />
(wie im Aktienrecht) wirksam erfolgt. Da der schuldrechtliche<br />
Titel unwirksam ist, kann das Geschäft jedoch angefochten<br />
werden (bereicherungsrechtliche Rückabwicklung; Kalss/Eckert,<br />
GesRZ 2007, 222 [224]; aA – allerdings noch zur alten Rechtslage<br />
– Koppensteiner/Rüffler 3 § 81 Rz 11; offenbar auch zur neuen<br />
Rechtslage <strong>und</strong> ohne Bezugnahme auf den Verweis in Satz 3 auf<br />
das AktG Gellis/Feil, GmbHG 7 § 81 Rz 3 – Nichtigkeit sowohl des<br />
Verpflichtungs- als auch des Verfügungsgeschäfts). Kommt es bei<br />
einem verbotenen <strong>Erwerb</strong> zu einem Liquiditätsabfluss an einen<br />
Gesellschafter, wird auch das Verbot der Einlagenrückgewähr verletzt<br />
(Kalss/Eckert, GesRZ 2007, 222 [224]). Im Falle der verbotenen<br />
Inpfandnahme ist das Geschäft hingegen nichtig (keine Analogie<br />
zum Aktienrecht; s dazu Rz 58).<br />
Aktienrecht § 65 Abs 5 AktG (keine Rechte aus eigenen Aktien; keine Stimmrechte<br />
oder Bezugsrechte für Tochterunternehmen oder Treuhänder)<br />
GmbH-Recht Die Regelung ist auch für <strong>die</strong> GmbH analog anwendbar. Da das<br />
Stimmverbot (sowohl der Gesellschaft selbst als auch von Tochtergesellschaften)<br />
nur auf eigene Anteile bezogen ist, ruhen <strong>die</strong><br />
Stimmrechte im Falle einer wechselseitigen Beteiligung nur im<br />
Ausmaß des Produkts der Beteiligungsquotienten, weil nur insoweit<br />
(mittelbar) eigene Anteile vorliegen (Rz 36).<br />
10 Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg.
Bauer/Zehetner § 81<br />
Aktienrecht § 65 a Abs 1 AktG (bei Verstoß gegen § 65 Abs 1, 1 a, 1 b oder 2<br />
AktG müssen <strong>die</strong> Aktien innerhalb eines Jahres veräußert werden)<br />
GmbH-Recht Bei Verstößen gegen § 81 sind <strong>die</strong> Anteile, soweit wirtschaftlich<br />
sinnvoll, so schnell wie möglich zu veräußern. Eine Jahresfrist<br />
sieht das GmbHG nicht explizit vor; es ist wegen der Regelung des<br />
Satz 3 aber wohl eine Analogie zur aktienrechtlich vorgesehenen<br />
Jahresfrist im GmbH-Recht zu bejahen (so offenbar auch Kalss/<br />
Eckert, GesRZ 2007, 222 [224]).<br />
Aktienrecht § 65 a Abs 2 AktG (bei zulässigerweise erworbenen eigenen Aktien<br />
muss der 10% übersteigende Anteil innerhalb von drei Jahren<br />
veräußert werden)<br />
GmbH-Recht Wie bei § 65 Abs 2 AktG ausgeführt, greift <strong>die</strong> anfängliche 10%-<br />
<strong>Erwerb</strong>sgrenze in den in § 81 Satz 3 erwähnten Fällen nicht. Sehr<br />
wohl anwendbar ist <strong>die</strong> Regelung des § 65 a Abs 2 AktG, wonach<br />
auch bei zulässigem <strong>Erwerb</strong> der 10% übersteigende Anteil binnen<br />
drei Jahren zu veräußern ist (ebenso wohl Kalss/Eckert, GesRZ<br />
2007, 222 [224]).<br />
Im Falle einer gr<strong>und</strong>sätzlich zulässigen wechselseitigen Beteiligung<br />
gilt in Konzernfällen ebenfalls für <strong>die</strong> über 10% liegenden eigenen<br />
Anteile (<strong>die</strong> bei Konzernfällen jedenfalls unzulässig erworben wurden,<br />
da dort ein Verbot wechselseitiger Beteiligung über 10% gilt;<br />
Rz 24) <strong>die</strong> einjährige Frist für <strong>die</strong> Veräußerung; s Rz 34. Außerhalb<br />
der Konzernfälle gibt es bei wechselseitiger Beteiligung wohl e contrario<br />
(da <strong>die</strong>ser Fall im AktG nicht geregelt ist) keine Veräußerungspflicht<br />
für mittelbare eigene Anteile, solange nicht aufgr<strong>und</strong><br />
der Höhe der wechselseitigen Beteiligung der konzernrechtliche<br />
Beteiligungsbegriff erfüllt ist <strong>und</strong> deshalb wiederum <strong>die</strong> 10%-<br />
Grenze greift oder im Einzelfall eine sittenwidrige Konstellation<br />
vorliegt (Details bei Rz 24 ff).<br />
Aktienrecht § 65 a Abs 3 AktG (Einziehung gem § 192 AktG)<br />
GmbH-Recht Wenn eigene Aktien nicht innerhalb der genannten Fristen von einem<br />
Jahr bzw drei Jahren veräußert wurden, sind sie gem § 192<br />
AktG einzuziehen. Das GmbH-Recht kennt <strong>die</strong> Rechtsfigur der Einziehung<br />
nicht. Kalss/Eckert, GesRZ 2007, 222 [224] bejahen zutreffend<br />
eine sinngemäße Anwendung der Regelung über <strong>die</strong> Einziehung,<br />
was im Ergebnis bedeutet, dass bei der Kapitalherabsetzung<br />
<strong>die</strong> Durchführung eines Gläubigeraufgebotsverfahrens nicht erforderlich<br />
ist, wenn der Ausgabebetrag voll geleistet ist. Im Übrigen sind<br />
Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg. 11
§ 81 Bauer/Zehetner<br />
<strong>die</strong> Regelungen über <strong>die</strong> Kapitalherabsetzung anzuwenden. Spätestens<br />
nach Ablauf von einem bzw bei zulässigerweise erworbenen eigenen<br />
Anteilen von 3 Jahren ist somit auch bei der GmbH in sinngemäßer<br />
Anwendung der Regelungen des § 65 a Abs 3 AktG eine Kapitalherabsetzung<br />
durchzuführen, wobei bei voll geleistetem Ausgabebetrag<br />
auf das Aufgebotsverfahren verzichtet werden kann.<br />
Aktienrecht § 65 b AktG (Inpfandnahme)<br />
GmbH-Recht Eine analoge Anwendung erübrigt sich im GmbH-Recht, weil § 81<br />
ohne<strong>die</strong>s eine eigene Regelung über <strong>die</strong> Unzulässigkeit der <strong>Pfandnahme</strong><br />
<strong>eigener</strong> <strong>Geschäftsanteile</strong> enthält. Das Gesetz verweist insofern<br />
nicht auf eine sinngemäße Anwendung der Regelungen des<br />
Aktienrechts. Anders als in den in § 81 Satz 3 genannten Fällen<br />
des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile ist eine <strong>Pfandnahme</strong> <strong>eigener</strong> Anteile<br />
nicht zulässig. Es kommt daher auch keine analoge Anwendung<br />
des § 65 b Abs 2 AktG über <strong>die</strong> Wirksamkeit des sachenrechtlichen<br />
Verfügungsgeschäfts in Frage; Verstöße führen vielmehr zur Nichtigkeit<br />
der Inpfandnahme.<br />
Aktienrecht § 66 AktG (<strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien durch Dritte)<br />
GmbH-Recht Eine sinngemäße Anwendung der Bestimmungen über den <strong>Erwerb</strong><br />
<strong>eigener</strong> Aktien durch Tochterunternehmen iSd § 228 Abs 3 UGB<br />
sowie durch Dritte (wenn auf Rechnung der Gesellschaft) ist im<br />
GmbH-Recht angebracht. Auch <strong>die</strong> Verweise des § 66 AktG sind<br />
sinngemäß anzuwenden, soweit sie für das GmbH-Recht passen.<br />
Die Anwendung des § 66 AktG im Bereich der Inpfandnahme <strong>eigener</strong><br />
Anteile ist jedoch nicht möglich, weil ansonsten das strikte<br />
Inpfandnahmeverbot <strong>eigener</strong> Anteile durch <strong>die</strong> Gesellschaft selbst<br />
umgangen werden könnte.<br />
Aktienrecht § 66 a AktG (Finanzierung des <strong>Erwerb</strong>s von Aktien der Gesellschaft)<br />
GmbH-Recht § 66 a AktG greift auch dann, wenn das Tochterunternehmen iSd<br />
§ 66 a AktG eine GmbH <strong>und</strong> keine AG ist. Ansonsten könnten<br />
Aktiengesellschaften <strong>die</strong> finanzielle Unterstützung des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong><br />
Aktien über Tochterunternehmen in der Rechtsform der<br />
GmbH vornehmen lassen. Dies kann vom Gesetz – trotz des<br />
Wortlauts des § 66 a AktG, der Tochterunternehmen in der<br />
Rechtsform einer GmbH nicht klar erfasst (<strong>und</strong> nur auf <strong>die</strong> Finan-<br />
12 Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg.
Bauer/Zehetner § 81<br />
zierung durch „Gesellschaften“, dh Aktiengesellschaften als Tochterunternehmen<br />
abstellt) – nicht gewollt sein (so Reich-Rohrwig,<br />
Kapitalerhaltung 212 mwN).<br />
Die Zulässigkeit der Unterstützung eines Dritten durch <strong>die</strong> GmbH<br />
beim <strong>Erwerb</strong> von Anteilen an <strong>die</strong>ser GmbH (oder GmbH & Co<br />
KG ieS) ist umstritten (Buy-out). Eine generelle Analogie zu § 66 a<br />
AktG wird idR nicht angenommen, doch soll auch bei der GmbH<br />
<strong>die</strong> Finanzierung des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile nur eingeschränkt<br />
zulässig sein: Reich-Rohrwig hält Finanzierungen, <strong>die</strong> 10% des<br />
Kaufpreises überschreiten, regelmäßig für bedenklich (Reich-Rohrwig,<br />
Kapitalerhaltung 214). Strenger sehen <strong>die</strong>s Koppensteiner/Rüffler<br />
3 , GesRZ 1999, 148 (150), wonach Sicherheitenbestellungen zu<br />
Gunsten eines Gesellschafters oder künftigen Gesellschafters wegen<br />
der strengen Anforderungen an <strong>die</strong> Vollwertigkeit des Regressanspruches<br />
bzw im Hinblick auf eine nur ausnahmsweise mögliche<br />
betriebliche Rechtfertigung in aller Regel unzulässig seien. Für eine<br />
generelle Unzulässigkeit der Finanzierung des Anteilserwerbs im<br />
Rahmen von Management oder Leveraged Buy-out-Modellen<br />
spricht sich Karollus aus (ecolex 1999, 327).<br />
UE gibt es in vielen Fällen auch ein wirtschaftliches Interesse der<br />
Gesellschaft an einem Buy-out, <strong>die</strong> Einziehung einer ungefähren<br />
Grenze von 10% des Kaufpreises, <strong>die</strong> im Einzelfall auch höher sein<br />
kann (Beweislast der Geschäftsführer) ist daher sachgerecht. Näheres<br />
zum Buy-out bei Rz 16 ff <strong>und</strong> § 82 Rz 124 ff.<br />
Eine analoge Anwendung der Sonderregelung des § 66 a für Kreditinstitute<br />
(Voraussetzung: Rücklage gem § 225 Abs 5 UGB) ist<br />
auch für das GmbH-Recht zu bejahen. Es gibt keinen Gr<strong>und</strong> für<br />
eine unterschiedliche Behandlung.<br />
II. Verbot des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile<br />
A. Unabdingbares <strong>Erwerb</strong>sverbot<br />
Das Verbot des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile ist strikt (OLG Wien 17. 5. 2005, 28 R 68/<br />
05 h, GeS 2005, 371). Zu den Rechtsfolgen bei Verstößen s Rz 32 ff. Erst seit BGBl I<br />
2007/72 kennt das Gesetz Ausnahmen (dazu Rz 37 ff). Schon davor wurden allerdings<br />
gewisse Einschränkungen des Verbots befürwortet. Abgesehen von <strong>die</strong>sen Ausnahmen<br />
sind Umgehungen <strong>die</strong>ses Verbots unzulässig: Dies betrifft <strong>die</strong> in § 81 ausdrücklich geregelte<br />
Inpfandnahme ebenso wie das Auftreten der GmbH als Treuhänder oder den <strong>Erwerb</strong><br />
von Anteilen der Gesellschaft, entweder über eine Tochtergesellschaft oder durch<br />
Dritte (vgl § 66 AktG), soweit <strong>die</strong> Verweise des § 66 AktG nicht auch für <strong>die</strong> GmbH<br />
anwendbar sind <strong>und</strong> in <strong>die</strong>sen Fällen der <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Aktien durch Dritte zulässig<br />
ist (s bereits Rz 14).<br />
Die Zulässigkeit der von der GmbH bereitgestellten Finanzierung eines Anteilserwerbs<br />
(allenfalls im Wege eines Umgründungsvorgangs, insb Verschmelzung der Er-<br />
Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg. 13<br />
15<br />
16
§ 81 Bauer/Zehetner<br />
werbs- mit der Zielgesellschaft; dazu § 82 Rz 124 ff, 135 ff) an der GmbH durch Dritte<br />
ist – wie bereits unter Rz 14 ausgeführt – umstritten. Eine solche Finanzierung oder Sicherheitenbestellung<br />
gerät einerseits in Konflikt mit § 81, weil wirtschaftlich eine Bezahlung<br />
des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile zugunsten eines Dritten (des neuen Gesellschafters)<br />
erfolgt. Damit wird das Verbot des § 81 umgangen, weil <strong>die</strong> Gesellschaft so (zumindest<br />
teilweise) ihr Stammkapital selbst finanziert (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 66 a<br />
Rz 1 mwN). Gleichzeitig kann das Geschäft gegen das Einlagenrückgewährverbot des<br />
§ 82 verstoßen, wenn dem Gesellschafter ein im Drittvergleich unangemessener Vorteil<br />
zukommt (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 66 a Rz 17 mwN). Zur Frage der Einlagenrückgewähr<br />
bei der zu übernehmenden Zielgesellschaft s § 82 Rz 124 ff.<br />
17 <strong>Der</strong> bei einer Down-stream-Verschmelzung eintretende <strong>Erwerb</strong> <strong>eigener</strong> Anteile<br />
der übernehmenden Gesellschaft verstößt nicht gegen § 81, wenn <strong>und</strong> weil er nur auf<br />
eine „juristische Sek<strong>und</strong>e“ beschränkt ist <strong>und</strong> <strong>die</strong> Anteile sofort mit Wirksamkeit der<br />
Verschmelzung zur Abfindung der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft verwendet<br />
werden („Anteilsauskehr“). Hat <strong>die</strong> übertragende Muttergesellschaft allerdings<br />
nicht mehr Vermögen als ihr Stammkapital, dürfte es wegen des Einlagenrückgewährverbots<br />
gem § 82 nur in <strong>die</strong>sem Umfang zu einer Anteilsauskehr kommen; <strong>die</strong> restlichen<br />
Anteile müsste <strong>die</strong> Tochtergesellschaft behalten. Das Behalten der Anteile verwirklichte<br />
aber wiederum einen Verstoß gegen § 81. Da <strong>die</strong> Tochtergesellschaft (Zielgesellschaft)<br />
<strong>die</strong>sfalls somit (mangels anderer Ausgleichsmaßnahmen; dazu § 82 Rz 135) keine<br />
angemessene Gegenleistung für <strong>die</strong> Durchschleusung der eigenen Anteile an <strong>die</strong> Gesellschafter<br />
der übertragenden Muttergesellschaft (<strong>Erwerb</strong>sgesellschaft) erhielte/behalten<br />
dürfte, wäre <strong>die</strong> Verschmelzung gem § 82 nichtig (OGH 11. 11. 1999, 6 Ob 4/99 b,<br />
SZ 72/172 = GesRZ 2000, 25 = JBl 2000, 188 = ecolex 2000/50).<br />
18 Eine generelle Analogie zum Verbot der Finanzierung <strong>eigener</strong> Anteile gem § 66 a<br />
AktG auf <strong>die</strong> GmbH wird idR nicht angenommen, doch soll auch bei der GmbH <strong>die</strong><br />
Finanzierung des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile gem § 81 nur eingeschränkt zulässig sein.<br />
Eine gr<strong>und</strong>sätzliche Unzulässigkeit von Leveraged Buy-outs (LBO) oder Management<br />
Buy-outs (MBO) geht unter dem Blickwinkel des § 81 allerdings wohl zu weit: Auch<br />
wenn in den typischen LBO/MBO-Fällen das Eigenkapital der Übernahmegesellschaft<br />
nur einen geringen Bruchteil der Akquisitionskosten ausmacht <strong>und</strong> dadurch tendenziell<br />
<strong>die</strong> Ansprüche von Altgläubigern gefährdet sein können, kann ein LBO/MBO auch neue<br />
Perspektiven, Strategien oder Synergien für <strong>die</strong> Gesellschaft bringen. Die Zulässigkeit im<br />
Einzelfall hängt daher auch sehr stark von den (Sanierungs-)Plänen der Übernahmegesellschaft<br />
ab. Die von Reich-Rohrwig, Kapitalerhaltung 214, unter dem Blickwinkel des<br />
§ 81 vorgeschlagene Grenze von 10% des Kaufpreises, ab der LBO/MBO-Fälle idR unzulässig<br />
sein sollen, kann eine praktische Richtlinie bieten, findet jedoch keine Deckung<br />
im Gesetz. Zutreffend ist <strong>die</strong> Ausführung Reich-Rohrwigs, wonach den Geschäftsführer<br />
bzw <strong>die</strong> GmbH (Zielgesellschaft), <strong>die</strong> sich auf <strong>die</strong> Zulässigkeit eines höheren (über 10%<br />
des Kaufpreises liegenden) Ausmaßes der Finanzierung/Besicherung des Anteilskaufs<br />
durch <strong>die</strong> Zielgesellschaft selbst berufen, <strong>die</strong> Beweislast dafür trifft, dass im Einzelfall<br />
auch eine Finanzierung in höherem Ausmaß zulässig <strong>und</strong> sinnvoll ist.<br />
19 Zu beachten ist, dass selbst bei einer analogen Anwendung des Verbots der Finanzierung<br />
des <strong>Erwerb</strong>s <strong>eigener</strong> Anteile gem § 66 a AktG das Geschäft zwar verboten, aber<br />
gem § 66 a Satz 4 AktG rechtswirksam ist (<strong>und</strong> allenfalls zu Schadenersatzansprüchen<br />
14 Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg.
Bauer/Zehetner § 81<br />
gegen <strong>die</strong> beteiligten Organwalter führt). Wenn <strong>die</strong> Anteilsfinanzierung jedoch gegen<br />
§ 82 verstößt, ist das Geschäft jedenfalls nichtig (dazu § 82 Rz 71 ff). Diese Nichtigkeitssanktion<br />
gilt selbstverständlich auch dann, wenn man, wie hier vertreten, unter<br />
dem Blickwinkel des § 81 eine beschränkte Anteilsfinanzierung gr<strong>und</strong>sätzlich für zulässig<br />
hält.<br />
B. Wechselseitige Beteiligung<br />
Trifft <strong>die</strong> Beteiligung der Gesellschaft A an einer Gesellschaft B mit der gleichzeitigen<br />
Rückbeteiligung der B an der A zusammen, so spricht man von einer wechselseitigen<br />
Beteiligung. Anders als in Deutschland, wo § 19 dAkt <strong>die</strong>se häufigen Fall der Unternehmenskooperation<br />
definiert <strong>und</strong> umfassend regelt, verfügt <strong>die</strong> österreichische<br />
Rechtsordnung über keine vergleichbare Bestimmung. Dass <strong>die</strong>s jedoch nicht als bewusste<br />
Entscheidung des Gesetzgebers zur schrankenlosen Zulässigkeit der wechselseitigen<br />
Beteiligung ausgelegt werden darf, ist hL (Frotz, Wechselseitige Minderheitsbeteiligungen<br />
im österreichischen Recht der Kapitalgesellschaften, in FS Kastner [1992], 153;<br />
Koppensteiner, Wechselseitige Beteiligung im Recht der GmbH, wbl 1990, 2; Wallisch,<br />
Die wechselseitige Beteiligung, GesRZ 2001, 136 [136 f]).<br />
Wechselseitige Beteiligungen führen stets, wenn auch nur mittelbar, zum <strong>Erwerb</strong><br />
<strong>eigener</strong> Anteile. Im Ausmaß des Produkts der gegenseitigen Beteiligungsquoten aneinander<br />
repräsentieren <strong>die</strong> Kapitalanteile keine realen Vermögenswerte, sondern lediglich<br />
eine Beteiligung am jeweils eigenen Unternehmen: Die zu 25% an der B beteiligte A ist<br />
bei wechselseitiger Beteiligung – B hält an A zB 50% – auch am Hälfteanteil der B an<br />
der A zu 25% beteiligt. Ein Viertel <strong>die</strong>ser 50%-Beteiligung der B an der A (12,5%) gehört<br />
also gar nicht der B, sondern ist <strong>eigener</strong> Anteil der A; ein Umstand, der sich aus<br />
der Bilanz des Unternehmens nicht ablesen lässt („Kapitalverwässerung“; Wallisch,<br />
GesRZ 2001, 136 [139]). Wie jeder <strong>Erwerb</strong> <strong>und</strong> Besitz <strong>eigener</strong> Anteile gefährden demnach<br />
auch wechselseitige Beteiligungen <strong>die</strong> Aufbringung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Erhaltung sowie den<br />
richtigen Ausweis des Kapitals (RegBegr zu § 19 dAktG, bei Kropff, Aktiengesetz [1965]<br />
34 f).<br />
Darüber hinaus können wechselseitige Beteiligungskonstellationen zu zunehmendem<br />
Einfluss der Geschäftsführung in den Gesellschafterversammlungen führen. Ausdruck<br />
<strong>die</strong>ser Verwaltungsherrschaft ist es etwa, wenn <strong>die</strong> Geschäftsführung der Mutter-<br />
GmbH der in der Generalversammlung der Muttergesellschaft vertretenen – weil rückbeteiligten<br />
– Tochtergesellschaft Weisungen über das Abstimmungsverhalten in der Generalversammlung<br />
der Muttergesellschaft erteilt, <strong>und</strong> sich somit wesentlichen Einfluss<br />
in der Muttergesellschaft zulasten von deren Gesellschaftern verschafft. Je höher <strong>die</strong><br />
Quote der Rückbeteiligung, desto größer <strong>die</strong> Möglichkeiten der Einflussnahme. Durch<br />
eine Mehrheitsbeteiligung der Tochtergesellschaft an der Muttergesellschaft können <strong>die</strong><br />
übrigen Gesellschafter der Muttergesellschaft ausgeschaltet <strong>und</strong> kann das Verhalten der<br />
Geschäftsführung der Tochtergesellschaft, welche <strong>die</strong> Tochtergesellschaft in der Gesellschafterversammlung<br />
der Muttergesellschaft vertritt, via Weisung der Geschäftsführer<br />
der Muttergesellschaft selbst bestimmt werden. Ein ähnliches Ergebnis kann auch bei einer<br />
bloßen Minderheitsbeteiligung der Tochtergesellschaft an der Muttergesellschaft erzielt<br />
werden, wenn zB zusätzlich zur Rückbeteiligung ein Syndikatsvertrag der Tochter-<br />
Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 31. Lfg. 15<br />
20<br />
21<br />
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