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S ü d o s t e u r o p ä i s c h e - Centar za socijalna istraživanja

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Tomić, Đorđe; Stojaković, Krunoslav (2012): Aus der Geschichte der jugoslawischen Linken. Von den Anf<strong>ä</strong>ngen im 19.<br />

Jahrhundert bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges – Desideratsskizze(n). In: S<strong>ü</strong>dosteurop<strong>ä</strong>ische Hefte 1 (1), S. 84–113.<br />

Đorđe Tomić, Krunoslav Stojaković – Aus der Geschichte der jugoslawischen Linken<br />

Đorđe Tomić, Krunoslav Stojaković<br />

Aus der Geschichte der jugoslawischen Linken<br />

Von den Anf<strong>ä</strong>ngen im 19. Jahrhundert bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges –<br />

Desideratsskizze(n)<br />

1. Einf<strong>ü</strong>hrung<br />

„Linke Politik betreiben heißt in erster Reihe, einen außerordentlich entwickelten<br />

Sinn f<strong>ü</strong>r die Einsch<strong>ä</strong>tzung der Realit<strong>ä</strong>t zu haben, der Wahrheit in die Augen zu<br />

sehen und sich nicht mit Phrasen zu t<strong>ä</strong>uschen...“ 1 .<br />

Die in dieser Aussage ge<strong>ä</strong>ußerte Kritik an den politischen Konzeptionen der jugoslawischen<br />

Linken, die Miroslav Krleţa bereits nach dem Ersten Weltkrieg formulierte, deutet auf ein<br />

grundlegendes Dilemma ihrer politischen Ausrichtung hin: Wie lassen sich die eigenen<br />

emanzipatorischen Anspr<strong>ü</strong>che mit der soziopolitischen Wirklichkeit Jugoslawiens<br />

vereinbaren?<br />

Wie die Geschichte der jugoslawischen Linken zeigen sollte, war es gerade dieser Spagat,<br />

der sowohl ihre Entwicklung vor dem Zweiten Weltkrieg, aber auch die Rolle der<br />

Kommunistischen Partei im zweiten (sozialistischen) Jugoslawien gekennzeichnet hatte.<br />

Worin bestand jedoch das Dilemma der jugoslawischen Linken und was genau wissen wir<br />

letztlich <strong>ü</strong>ber die Genese der politischen Linken in dieser Region und ihre Geschichte?<br />

Folgt man dem bisherigen Forschungsstand, l<strong>ä</strong>sst sich diese Geschichte in zwei Kapiteln<br />

erz<strong>ä</strong>hlen: Im ersten Kapitel steht die Organisation des Volksbefreiungskrieges und des<br />

Partisanenkampfes durch die Kommunistische Partei und im zweiten Kapitel die Gr<strong>ü</strong>ndung<br />

des zweiten jugoslawischen Staates unter ihrer F<strong>ü</strong>hrung. Die Hintergr<strong>ü</strong>nde f<strong>ü</strong>r einen<br />

derartigen „Status quo“ sind nicht zuletzt in der offiziellen Geschichtspolitik der<br />

kommunistischen Elite im sozialistischen Jugoslawien begr<strong>ü</strong>ndet. Es war zu jener Zeit<br />

schlichtweg nicht opportun, die linke Dissidenz als Teil des gemeinsamen politisch-ideellen<br />

Erbes zu begreifen. Dieses Forschungsdesiderat möchten wir hier aufgreifen, um die<br />

Vielf<strong>ä</strong>ltigkeit der jugoslawischen Linken zu unterstreichen und zumindest auf die<br />

bestehenden Wissensl<strong>ü</strong>cken hinzudeuten. Die vorliegende Skizze versteht sich in erster Linie<br />

als „Ideenpool“ f<strong>ü</strong>r zuk<strong>ü</strong>nftige historische Untersuchungen zu diesem Problemkomplex und<br />

erhebt in keiner Weise Anspruch auf Vollst<strong>ä</strong>ndigkeit. Wir hoffen dennoch, einen Beitrag zur<br />

Erforschung nicht nur der jugoslawischen Sozial-, Ideen- und Politikgeschichte, sondern<br />

auch zum allgemeinen Verst<strong>ä</strong>ndnis dessen zu leisten, was nicht selten als ‚Notwendigkeit„<br />

interpretiert wurde – der Auffassung, dass das Bestehen Jugoslawiens ohnehin zum<br />

Scheitern verurteilt gewesen zu sein schien. So wurden insbesondere von der<br />

Geschichtsschreibung der 1990er Jahre die Existenz und schließlich auch der Zerfall des<br />

sozialistischen Jugoslawiens auf die untrennbare Verkn<strong>ü</strong>pfung des Staates mit dem Schicksal<br />

der Kommunistischen Partei zur<strong>ü</strong>ckgef<strong>ü</strong>hrt. Der Staat wurde dabei nicht selten als ein<br />

„Projekt“ der politischen (kommunistischen) Elite interpretiert, das den verschiedenen<br />

1 Krleţa, Miroslav (1990): Teze ljevice. In: Miroslav Krleţa (Hg.): Deset krvavih godina i drugi politički eseji. 1.<br />

Aufl. Sarajevo: Veselin Masleša (Biblioteka Ţarišta, 6). S. 514–515, hier S. 514.<br />

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