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Ansprachen und Vorträge anlässlich der Amtsübergabe in der ...

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<strong>Ansprachen</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorträge</strong><br />

<strong>anlässlich</strong> <strong>der</strong> <strong>Amtsübergabe</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung 2 des<br />

Rechtszentrums für europäische<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit (R.I.Z.)<br />

arn 15. Juni 2000


<strong>Ansprachen</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorträge</strong><br />

<strong>anlässlich</strong> <strong>der</strong> Arntsübergabe<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung 2 des<br />

Rechtszentrums für europäische<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit (R.I.Z.)<br />

am 15. Juni 2000<br />

Herausgegeben vom<br />

Vere<strong>in</strong> zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Rechtswissenschaft<br />

Köln 2001


Vorwort<br />

Am 15. Juni 2000 fand <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibliothek des Rechtszentrums für europäische<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit (R.I.Z.) e<strong>in</strong>e akademische Feier statt, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Herr Prof. Dr. Dres. h.c. Klaus Stern, Direktor von Abteilung 2 des R.I.Z., nach<br />

fünfjähriger Amtszeit aus se<strong>in</strong>em Amt verabschiedet <strong>und</strong> zugleich Prof. Dr. Ste-<br />

phan Hobe, LL.M., als neuer Direktor von Abteilung 2 <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Amt e<strong>in</strong>geführt<br />

wurde. Die hier vorgelegte Publikation dokumentiert die <strong>in</strong> dieser Feierst<strong>und</strong>e<br />

gehaltenen <strong>Vorträge</strong>.<br />

Das R.I.Z. wurde 1995 gegründet, um dem wachsenden Bedürfnis nach For-<br />

schung <strong>und</strong> Lehre auf allen Gebieten des <strong>in</strong>ternationalen Rechts <strong>und</strong> nach e<strong>in</strong>er<br />

engeren Zusammenarbeit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Fachgebiete <strong>in</strong> diesem Bereich zu ent-<br />

sprechen. Das R.I.Z. wird als wissenschaftliche E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Universität zu<br />

Köln f<strong>in</strong>anziell von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>nützigen Hertie-Stiftung getragen.<br />

Das R.I.Z. glie<strong>der</strong>t sich <strong>in</strong> drei Abteilungen: Abt. 1 <strong>in</strong>ternationales Wirtschafts-<br />

recht (Leitung: Prof. Dr. Norbert Horn; zugleich geschäftshhren<strong>der</strong> Direktor);<br />

Abt. 2 Europarecht <strong>und</strong> Völkerrecht (Leitung bis 31.5.2000: Prof. Dr. Dres. h.c.<br />

Haus Stern, ab 1.6.2000: Prof. Dr. Stephan Hobe, LL.M.); Abt. 3 europäisches<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> Wettbewerbsrecht (Leitung: Prof. Dr. Jürgen F. Baur).<br />

Alle Direktoren des R.I.Z. waren <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Rechtswissenschaftli-<br />

chen Fakultät <strong>der</strong> Universität zuKöln. Die Arbeit des R.I.Z. steht im Zusam-<br />

menhang mit <strong>der</strong> Forschungs- <strong>und</strong> Lehrtätigkeit <strong>der</strong> Kölner juristischen Fakul-<br />

tät. In diesem S<strong>in</strong>n arbeitet das R.I.Z. eng mit <strong>der</strong> Universität zu Köln zusam-<br />

men. Das R.I.Z. pflegt zugleich den Kontakt mit Personen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>richtungen<br />

im In- <strong>und</strong> Ausland, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis des <strong>in</strong>ternationalen Rechts arbeiten.


I. Be@Yung <strong>der</strong> Güste durch den gescha'fsfihrenden Direktor des R.I.Z.<br />

Pro{ Dr. Norbert Horn<br />

Verehrte Kolleg<strong>in</strong> <strong>und</strong> Kollegen,<br />

verehrte Gäste,<br />

Kommilitones,<br />

me<strong>in</strong>e Damen <strong>und</strong> Herren!<br />

Ich begrüße Sie sehr herzlich im Namen des Direktoriums des Rechtszentrums<br />

für europäische <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit <strong>und</strong> danke Ihnen, dass Sie<br />

durch Ihre Teilnahme an dieser akademischen Feier Ihr Interesse an <strong>der</strong> Arbeit<br />

unseres Rechtszentrums bek<strong>und</strong>en. Beson<strong>der</strong>s begrüße ich den Rektor unserer<br />

Universität, Magnifizenz Professor Me<strong>in</strong>cke. Magnifizenz, Sie haben im Herbst<br />

1995 als damaliger Dekan unserer Fakultät das Grußwort zur E<strong>in</strong>weihung des<br />

R.I.Z. gesprochen <strong>und</strong> ich freue mich, dass Sie sich heute trotz Ihrer vielfältigen<br />

Verpflichtungen die Zeit genommen haben, bei uns zu se<strong>in</strong>. Ich begrüße ferner<br />

den Dekan unserer Fakultät, Spektabilis Professor Hübner, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Grußwort zu<br />

uns sprechen wird. Ferner begrüße ich als Vertreter <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>nützigen Hertie-<br />

Stiftung Herrn Geschäftsführer Dr. Bernd Höfer <strong>und</strong> Herrn Projektleiter Stefan<br />

Bruendel, die aus Frankfurt zu uns gekommen s<strong>in</strong>d. Ich freue mich über die<br />

Anwesenheit so vieler Vertreter aus <strong>der</strong> Praxis, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e aus <strong>der</strong> Rechtsan-<br />

waltschaft, mit <strong>der</strong> wir ja im Rechtszentrum häufig zusammenarbeiten. Ich darf<br />

nun Spektabilis bitten, zu uns zu sprechen.


II, Befißung durch Spektabilität ProJ Dr. Ulrich Hübner<br />

Magnifizenz,<br />

sehr geehrte Direktoren des Rechtszentrums für europäische<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit,<br />

sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren!<br />

Es ist mir e<strong>in</strong>e goße Ehre <strong>und</strong> Freude, Sie namens <strong>der</strong> Rechtswissenschaftlichen<br />

Fakultät <strong>der</strong> Universität zu Köln zu dieser akademischen Feier aus Anlass des<br />

Wechsels <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung 2 des Rechtszentrums für europäische <strong>und</strong> <strong>in</strong>terna-<br />

tionale Zusammenarbeit (R.I.Z.), die sich dem Staats- <strong>und</strong> Verfassungsrecht <strong>in</strong><br />

Europa widmet, sehr herzlich zu begrüi3en.<br />

Lassen Sie mich dabei zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen, wie glücklich sich e<strong>in</strong>e juristische<br />

Fakultät schätzen darf, - ja genau genommen nicht e<strong>in</strong>e solche Institution zu<br />

besitzen, denn f<strong>in</strong>anziert wird sie dank <strong>der</strong> guten Kontakte des geschäftsführen-<br />

den Direktors, Herrn Kollegen Horn, aus Drittrnitteln <strong>der</strong> Hertie-Stiftung, <strong>der</strong><br />

an dieser Stelle auch seitens <strong>der</strong> Fakultät aufrichtig Dank gesagt sei -, sich aber<br />

glücklich schätzen darf, mit e<strong>in</strong>er solchen wissenschaftlichen E<strong>in</strong>richtung dotiert<br />

zu se<strong>in</strong>, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiger Weise den juristischen Aufgaben <strong>der</strong> St<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Zukunft widmet.<br />

Es bedurfte e<strong>in</strong>igen Weitblicks, 1996 dieses R.I.Z. zu gründen. Die zunehmen-<br />

den Probleme des <strong>in</strong>ternationalen Wirtschafts- <strong>und</strong> Verfassungsrechts waren<br />

erkennbar, aber die Welle <strong>der</strong> Globalisierung, von mergers and take-overs war<br />

noch nicht <strong>in</strong>s Rollen gekommen, wie dies kurz darauf die <strong>in</strong>ternationale F<strong>in</strong>anz-<br />

welt <strong>und</strong> Politik aufrührte.<br />

Das R.I.Z. hat die Zeichen des Aufbruchs nach dem Zusammenbruch des Sozia-<br />

lismus <strong>in</strong> allen ihren Facetten erkannt <strong>und</strong> die Schwerpunkte treffend gesetzt. In<br />

drei Abteilungen werden<br />

- das Vertragrecht <strong>der</strong> europäischen <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaft<br />

- das Staats- <strong>und</strong> Verfassungsrecht <strong>in</strong> Europa sowie<br />

- das Wirtschaftsrecht <strong>in</strong> Europa<br />

vertieft wissenschaftlich untersucht <strong>und</strong> diskutiert.<br />

Herr Kollege Horn wird hierüber sogleich nher berichten, aber lassen Sie mich<br />

nur stichwortartig e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>s Auge fallende Veranstaltungen <strong>und</strong> Veröffentli-<br />

chungen nennen, vorab aber auch nicht ohne Stolz die schier unglaubliche Serie<br />

von Erfolgen <strong>der</strong> Teams von Herrn Horn im <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaftsrecht


<strong>und</strong> von Herrn Hobe im Völkerrecht bei den <strong>in</strong>ternationalen Moot Courts nen-<br />

nen: Erste Plätze 1996, 1997 im <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaftsrecht <strong>und</strong> 1999 im<br />

Völkerrecht sowie e<strong>in</strong>e große Zahl von Medaillenplätzen <strong>in</strong> den letzten 5 Jahren<br />

zeugen von <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Ausbildung <strong>der</strong> Kölner Studenten,<br />

die nicht zuletzt das Verdienst <strong>der</strong> Betreuung durch die Professoren s<strong>in</strong>d, die dem<br />

R.I.Z. angehören. Und <strong>der</strong> Erfolg se<strong>in</strong>er Studenten ist für den Professor e<strong>in</strong><br />

Glücksgefühl, wie es jemandem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Beruf kaum beschieden'se<strong>in</strong><br />

kann.<br />

Im <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaftsrecht bildeten Publikationen über das Währungs-,<br />

Kapitalmarkt- <strong>und</strong> Unternehmensrecht sowie die Konfliktbeilegung durch<br />

S~hiedsor~anisationen Schwerpunkte; bei Veranstaltungen waren Persönlichkeiten<br />

wie <strong>der</strong> ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments <strong>und</strong> <strong>der</strong> Vizepräsident<br />

<strong>der</strong> Deutschen B<strong>und</strong>esbank zugegen. Das Europarecht bildete schon angesichts<br />

des unmittelbaren E<strong>in</strong>flusses auf das nationale Recht Anlass zu vielfältigen<br />

wissenschaftlichen Erörterungen ebenso wie Fragen des GATT bzw. <strong>der</strong> WTO.<br />

Das Blickfeld ist im übrigen nicht auf Westeuropa <strong>und</strong> die westliche Hemisphä-<br />

re beschränkt: Vorlesungen fanden <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g statt <strong>und</strong> Professoren <strong>der</strong> Ch<strong>in</strong>a-<br />

University for Political Science and Law aus Pek<strong>in</strong>g waren Gäste des R.I.Z.<br />

Speziell aber auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung 2 war <strong>der</strong> Blick gen Osten gerichtet. Herr<br />

Kollege Stern war nicht nur im Fernen Osten, son<strong>der</strong>n - neben den Aktivitäten<br />

von Herrn Kollegen Brunner - auch <strong>in</strong> den angrenzenden östlichen Län<strong>der</strong>n wissenschaftlich<br />

<strong>und</strong> beratend engagiert. Dabei standen ~erfassun~srechtliche Fragen<br />

nicht alle<strong>in</strong> im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, son<strong>der</strong>n auch die Zukunftsprobleme <strong>der</strong><br />

Europäischen Union - ihre Erweiterung nach Osten <strong>und</strong> Vertiefung - e<strong>in</strong> Problem,<br />

das die EU <strong>und</strong> das R.I.Z. weiter beschäftigen wird.<br />

Es bleibt dem Dekan, beim Stabwechsel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung 2 dem bisherigen Direk-<br />

tor, Herrn Kollegen Stern, namens <strong>der</strong> Rechtswissenschaftlichen Fakultät herzli-<br />

chen Dank zu sagen <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Nachfolger, Herrn Kollegen Hobe, sowie dem<br />

gesamten Rechtszentrum für europäische <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit<br />

sehr aufrichtig alles Gute, Glück <strong>und</strong> Erfolg zu wünschen.


111 Fünjahresbericht, I/erabschiedung von Herrn Prof Stern <strong>und</strong> BegrüJ?ung von<br />

Herrn Prof Hobe durch den geschaPsPhrenden Direktor des R.I.Z.<br />

Prof: Dr. Norbert Horn.<br />

D<br />

sehr verehrter, lieber Herr Stern,<br />

lieber Herr Hobe,<br />

me<strong>in</strong>e Damen <strong>und</strong> Herren!<br />

Am 1. Juni 1995 hat das R.I.Z. begonnen <strong>und</strong> wir können heute, im Juni 2000,<br />

e<strong>in</strong>en Fünfjahresrückblick halten. Allerd<strong>in</strong>gs war am 1. Juni 1995 vom R.I.Z.<br />

noch nichts zu sehen, <strong>und</strong> ich habe mich daher bewusst vage ausgedrückt, dass<br />

das R.I.Z. zu diesem Zeitpunkt „begonnen" hat. In welchem S<strong>in</strong>n begonnen?<br />

Wir hatten noch ke<strong>in</strong>e Räumlichkeiten. Unsere schönen Raume konnten wir erst<br />

im Februar 1996 beziehen, nach schwieriger Suche <strong>und</strong> glücklicher F<strong>in</strong>dung des<br />

Gebäudes <strong>und</strong> nach dramatischem Umbau <strong>und</strong> Ausbau. Der Platz h r Bibliothek<br />

<strong>und</strong> Leseraum, <strong>in</strong> dem wir uns bef<strong>in</strong>den, musste erst durch Wegnahme von Büro-<br />

wänden gewonnen werden. Wir hatten am 1. Juni 1995 auch ke<strong>in</strong>e Mannschaft.<br />

Zu diesem Zeitpunkt traten die ersten beiden Assistenten am R.I.Z. ihren Dienst<br />

an, Herr Dr. Helmut Balthasar, jetzt Rechtsanwalt, <strong>und</strong> Herr Dr. Ulf Schwolow,<br />

jetzt Syndikus bei e<strong>in</strong>er Versicherung. Wir hatten schließlich auch ke<strong>in</strong>e Bücher.<br />

Mit dem Aubau <strong>der</strong> Bibliothek konnte erst 1996 begonnen werden. Aber am 1.<br />

Juni 1995 hatten wir etwas, ohne das auch Forschung <strong>und</strong> Lehre nicht auskom-<br />

men können: Wir hatten Geld. An diesem Tag begann <strong>der</strong> erste fünfjährige För-<br />

<strong>der</strong>zeitraum durch die Geme<strong>in</strong>nützige Hertie-Stiftung <strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong>.<br />

Das f<strong>in</strong>anzielle Kleid war durchaus großzügig bemessen <strong>und</strong> wir mussten nur <strong>in</strong><br />

dieses Kleid h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wachsen. Und natürlich mussten wir die Erwartungen, die von<br />

Seiten <strong>der</strong> Stiftung <strong>und</strong> <strong>der</strong> akademischen Öffentlichkeit an uns gestellt wurden,<br />

erfüllen.<br />

Ich hoffe, dass wir das wenigstens zu e<strong>in</strong>em guten Teil <strong>in</strong>zwischen erreicht haben.<br />

Die Stiftung hat uns jedenfalls irn vergangenen Jahr e<strong>in</strong>e För<strong>der</strong>zusage für wei-<br />

tere fünf Jahre gegeben, <strong>und</strong> je<strong>der</strong>mann weiß, dass diese wissenschaftliche E<strong>in</strong>-<br />

richtung nach Konzeption <strong>und</strong> Zielsetzung auf Dauer angelegt ist <strong>und</strong> sich um<br />

weitere För<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft bemühen wird.<br />

Ich möchte an dieser Stelle noch e<strong>in</strong>mal mit Nachdruck den Dank des Direktoriums<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Mitarbeiter des R.I.Z. an die Geme<strong>in</strong>nützige " Hertie-Stiftung " für<br />

ihre großzügige <strong>und</strong> vorausschauende För<strong>der</strong>ung aussprechen. Dass auch die Kölne;<br />

Rechtswissenschaftliche Fakultät diese f<strong>in</strong>anzielle För<strong>der</strong>une " sehr hoch<br />

schätzt <strong>und</strong> ihr goße Bedeutung zumisst, hat soeben unser Dekan deutlich zum<br />

Ausdruck gebracht. Ich b<strong>in</strong> froh darüber, dass die Anwesenheit unseres Rektors<br />

die Tatsache unterstreicht, dass die Bedeutung des R.I.Z. auch für die gesamte


Universität gewürdigt wird. In <strong>der</strong> Tat ist auf dem Gebiet, auf dem sich das R.I.Z.<br />

bewegt, unendlich viel zu tun. Wer vergleichbare E<strong>in</strong>richtungen auf dem Gebiet<br />

des <strong>in</strong>ternationalen Rechts im Ausland, z. B. <strong>in</strong> London o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton, D.<br />

C. beobachtet, weii3, dass wir <strong>in</strong>ternational nur schwer mithalten können. Das<br />

R.I.Z. ist aber e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong> die richtige Richtung.<br />

Wir s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>zeit dabei, e<strong>in</strong>en Fünfjahresbericht zu erstellen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> werbenden<br />

Form e<strong>in</strong>es Prospekts, <strong>der</strong> zugleich die Aufgaben des R.I.Z. für die Zukunft<br />

beschreibt. Das ist e<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> Augendarstellung, wie sie die Universität künftig<br />

immer häufiger zu Hilfe wird nehmen müssen, um die Öffentlichkeit auf ihre<br />

Aufgaben <strong>und</strong> Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Natürlich ist dies auch e<strong>in</strong>e<br />

Form <strong>der</strong> A~gendarstellun~, die bisher hauptsächlich an privat<strong>in</strong>itiierten o<strong>der</strong><br />

drittmittelgeför<strong>der</strong>ten E<strong>in</strong>richtungen üblich ist <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Universität noch ke<strong>in</strong>e<br />

weite Verbreitung gef<strong>und</strong>en hat, erstens weil es guter akademischer Tradition entspricht,<br />

für wissenschaftliche Leistungen nicht zu werben, son<strong>der</strong>n die spontane<br />

Resonanz abzuwarten, <strong>und</strong> zweitens deshalb nicht, weil solche Werbung Geld<br />

kostet.<br />

Ich werde Ihnen im folgenden anhand des Manuskripts dieses Berichts e<strong>in</strong>e kurze<br />

Information über die bisher geleistete Arbeit <strong>und</strong> die vor uns liegenden Aufga-<br />

ben geben. Befürchten Sie nicht, dass ich Ihnen den umfänglichen Text voll-<br />

ständig vortragen will. Ich geife nur e<strong>in</strong>ige Schwerpunkte heraus.<br />

Der Bericht trägt den Titel: ,,Europäische <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit<br />

durch Recht".<br />

Auf <strong>der</strong> ersten Innenseite ist das Aufgabenfeld wie folgt allgeme<strong>in</strong> umrissen:<br />

„'Internationale Zusammenarbeit durch Recht' ist e<strong>in</strong> lebensnotwendiger Gr<strong>und</strong>-<br />

satz <strong>in</strong>ternationaler Politik. Er bezeichnet zugleich e<strong>in</strong> wachsendes Tätigkeitsfeld<br />

für den Juristen von heute. Das Recht begleitet, steuert <strong>und</strong> sichert die Globali-<br />

sierungs- <strong>und</strong> Integrationsprozesse, die sich im Wirtschaftsverkehr weltweit <strong>und</strong><br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> Europa vollziehen. Deutschland als Mitglied <strong>der</strong> Europäi-<br />

schen Union <strong>und</strong> fiihrende Handelsnation ist <strong>in</strong>tensiv an diesen Entwicklungen<br />

beteiligt. Unsere Juristen brauchen e<strong>in</strong>e immer bessere Kenntnis transnationaler<br />

Rechtsfragen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auf dem Gebiet <strong>der</strong> Wirtschaft. Die Rechtswissen-<br />

schaft muss dieses Feld <strong>in</strong> Forschung <strong>und</strong> Lehre verstärkt bearbeiten. Hier sieht<br />

das Rechtszentrum für europäische <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit se<strong>in</strong>e<br />

Aufgabe. "<br />

Die Konzeption des R.I.Z. ist wie folgt charakterisiert: „Das R.I.Z. ist nach den<br />

drei Gr<strong>und</strong>sätzen Interdiszipl<strong>in</strong>arität, universitäre E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> Praxisnähe<br />

konzipiert: (1) Es arbeitet auf dem Gebiet des <strong>in</strong>ternationalen Rechts <strong>und</strong> ver-<br />

b<strong>in</strong>det dabei verschiedene Fächer - <strong>in</strong>ternationales Handels- <strong>und</strong> Wirtschafts-


echt, Europarecht <strong>und</strong> Völkerrecht -. (2) Das R.I.Z. arbeitet <strong>in</strong> Forschung <strong>und</strong><br />

Ausbildung eng mit <strong>der</strong> Universität zu Köln zusammen <strong>und</strong> (3) es pflegt den<br />

Kontakt mit Personen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>richtungen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis des <strong>in</strong>ternationalen<br />

Rechts arbeiten."<br />

Das R.I.Z. hat sich <strong>in</strong> den ersten Jahren se<strong>in</strong>er Tätigkeit e<strong>in</strong> weites Netz <strong>in</strong>terna-<br />

tionaler Beziehungen aufgebaut <strong>und</strong> ist <strong>in</strong> jüngster Zeit dazu übergegangen, dies<br />

nunmehr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen Beirat zum Ausdruck zu br<strong>in</strong>gen. Uns lie-<br />

gen bereits Zusagen zur Mitarbeit von folgenden renommierten Fachkollegen<br />

vor: Prof. Bernardo Cremades, Madrid, Prof. Horacio Grigera Nah, Generalse-<br />

kretär des <strong>in</strong>ternationalen Schiedsgerichtshofs <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Handelskam-<br />

mer, Paris, Prof. Dr. Gerold Herrmann, Generalsekretär <strong>der</strong> United Nations<br />

Commission on International Trade Law (UNCITRAL), Wien, Prof. Dr. Her-<br />

bert Kronke, Generalsekretär des Institut pour l'unification du droit priv6<br />

(Unidroit), Rom, Prof. Joseph J. Norton, University of London <strong>und</strong> University<br />

ofTexas, Dallas. Der Beirat bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> diesen Tagen mitten im Aufbau <strong>und</strong><br />

wir rechnen damit, <strong>in</strong> nächster Zeit weitere Zusagen zu erhalten.<br />

In unserem kle<strong>in</strong>en Bericht werden anschliegend die drei Abteilungen des R.I.Z.<br />

mit ihren spezifischen Arbeitsgebieten <strong>und</strong> Arbeitsergebnissen vorgestellt. Beides<br />

soll hier nicht vorgetragen werden. H<strong>in</strong>zu kommt <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Schwerpunkt<br />

Osteuropa mit se<strong>in</strong>en Stipendienprogrammen. Er verstärkt <strong>und</strong> unterstützt die<br />

vielfältigen Verb<strong>in</strong>dungen aller drei Abteilungen mit dem östlichen Mitteleuro-<br />

pa <strong>und</strong> Osteuropa.<br />

Es folgt dann <strong>in</strong> unserer demnächst ersche<strong>in</strong>enden Berichtsbroschüre e<strong>in</strong>e Dar-<br />

stellung <strong>der</strong> vom R.I.Z. <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Abteilungen bisher durchgeführten Fach-<br />

konferenzen, meist mit <strong>in</strong>ternationaler Beteiligung <strong>und</strong> teils <strong>in</strong> Deutsch, teils <strong>in</strong><br />

Englisch. Spektabilis Hübner war bereits so fre<strong>und</strong>lich, auf e<strong>in</strong>ige dieser Fach-<br />

konferenzen h<strong>in</strong>zuweisen. E<strong>in</strong>e davon fand übrigens im Jahre 1997 <strong>in</strong> Beij<strong>in</strong>g<br />

statt <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Universität für politische Wissenschaft <strong>und</strong><br />

Recht. Es g<strong>in</strong>g um deutsches <strong>und</strong> ch<strong>in</strong>esisches Bankrecht <strong>in</strong> Unterstützung <strong>der</strong><br />

Mo<strong>der</strong>nisierungsbestrebungen Ch<strong>in</strong>as, bei denen natürlich e<strong>in</strong> mo<strong>der</strong>nes Ban-<br />

kensystem e<strong>in</strong>e Schlüsselrolle spielt.<br />

Ich darf im folgenden drei weitere Konferenzen kurz erwähnen, erstens die 1997<br />

von allen drei Abteilungen des R.I.Z. durchgeführte Konferenz „40 Jahre Römische<br />

Verträge -von <strong>der</strong> Europäischen Wirts~hafts~eme<strong>in</strong>schaft zur Europäischen<br />

Union", <strong>in</strong> <strong>der</strong> das ganze am R.I.Z. repräsentierte Fächerspektrum unter <strong>der</strong> Leitfrage<br />

entfaltet wurde, wie weit sich die Europäische Union auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er<br />

Rechtsgeme<strong>in</strong>schaft bef<strong>in</strong>det. Im März 1999 fand zweitens e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale<br />

Konferenz über „Non-Judicial Dispute Settlement <strong>in</strong> International and F<strong>in</strong>ancial<br />

Transactions" statt - die erste e<strong>in</strong>er geplanten Serie von jährlichen englisch-


sprachigen Konferenzen. Die Ergebnisse werden publiziert. Im April dieses Jah-<br />

res haben wir drittens e<strong>in</strong>e vielbeachtete <strong>und</strong> stark besuchte Tagung über <strong>in</strong>ter-<br />

nationale Unternehmenszusammenschlüsse unter dem Titel „Cross-Bor<strong>der</strong> Mer-<br />

gers and Acquisitions and the Law" durchgeführt.<br />

In unserem Bericht werden dann die Schriftenreihen des R.1.Z: vorgestellt..Ich<br />

greife nur die wichtigste heraus, die „R.I.Z.-Schriften". Die Publikationen konnten<br />

naturgemäß frühestens 1996 beg<strong>in</strong>nen. In dem knapp vierjährigen Zeitraum<br />

wurden bis heute immerh<strong>in</strong> bisher zwölf Bände erstellt, von denen elf erschienen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e sich <strong>in</strong> Druck~orbereitun~ bef<strong>in</strong>det. Diese Schriften stammen aus<br />

allen drei Abteilungen des R.I.Z.. Band 12 wird e<strong>in</strong>e Habilitationsschrift werden,<br />

die erste, die im R.I.Z. entstanden ist, nämlich die Untersuchung von Herrn Dr.<br />

Wackerbarth über „Grenzen <strong>der</strong> Lei~tun~smacht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensgruppe".<br />

E<strong>in</strong> Gesamtverzeichnis aller am R.I.Z. erarbeiteten Bücher <strong>und</strong><br />

Aufsätze ergibt e<strong>in</strong>e respektable Liste mit über 60 bibliographischen Nachweisen.<br />

Das R.I.Z. versteht sich auch als e<strong>in</strong>e Ausbildungse<strong>in</strong>richtung. Sie will ja gerade<br />

den dr<strong>in</strong>gend benötigten juristischen Nachwuchs, <strong>der</strong> auch <strong>in</strong>ternationale Sach-<br />

verhalte <strong>und</strong> Regelungsprobleme versteht, ausbilden. Alle Abteilungen halten<br />

Sem<strong>in</strong>are am R.I.Z. ab, die Studenten, Doktoranden <strong>und</strong> Praktikern offen ste-<br />

hen. Beson<strong>der</strong>s bewährt haben sich dabei nach me<strong>in</strong>er Erfahrung Sem<strong>in</strong>are im<br />

Stil e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en konzentrierten Fachtagung. Das R.I.Z. führt seit drei Jahren<br />

e<strong>in</strong>en Summer Course <strong>in</strong> International Commercial Law durch <strong>in</strong> Zusammen-<br />

arbeit mit <strong>der</strong> University of California <strong>in</strong> Davis.<br />

Alle Abteilungen tra<strong>in</strong>ieren studentische Teams für <strong>in</strong>ternationale Wettbewerbe<br />

<strong>in</strong> Übungsverhandlungen vor Gerichten o<strong>der</strong> Schiedsgerichten, den im angel-<br />

sächsischen Bereich beliebten <strong>und</strong> heute auch <strong>in</strong> Deutschland üblichen Moot<br />

Courts. Die Kölner Teams waren dabei immer wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternational sehr erfolg-<br />

reich. Auch damit kann die verbreitete Mär wi<strong>der</strong>legt werden, dass deutsche Uni-<br />

versitäten <strong>in</strong>ternational nicht wettbewerbsfähig seien. Sie s<strong>in</strong>d es, wenn man<br />

ihnen die Mittel dafür an die Hand gibt, wie dies am R.I.Z. geschieht.<br />

Das R.I.Z. ist als offizielle Dokumentationsstelle für die UN-Commission for<br />

International Trade Law (UNCITRAL) <strong>in</strong> Wien tätig auf Vorschlag <strong>der</strong> B<strong>und</strong>es-<br />

regierung, <strong>und</strong> sie wird vermutlich auch Dokumentationsstelle für die <strong>in</strong>terna-<br />

tionale Institution Unidroit werden. Unidroit <strong>und</strong> UNCITRAL s<strong>in</strong>d die beiden<br />

führenden Institutionen auf dem Gebiet <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Rechtsvere<strong>in</strong>heitli-<br />

chung .<br />

Es ist selbstverständlich, dass das R.I.Z. zahlreiche wissenschaftliche Kontakte<br />

mit dem Ausland pflegt. Ich erwähne hier nur, dass am R.I.Z. <strong>der</strong> Austausch mit


Berkeley organisatorisch betreut wird, den die Fakultät seit langem pflegt, <strong>und</strong><br />

dass wir neuerd<strong>in</strong>gs die Deutsche Rechtsschule Danzig mit Professoren <strong>der</strong> Köl-<br />

ner Juristenfakultät organisieren, e<strong>in</strong>en Sommerkurs über deutsches Recht für<br />

junge polnische Juristen.<br />

Blättern wir im Fünfjahresbericht zurück <strong>in</strong> die Abteilungen, so ist hier h r die<br />

heutige akademische Feier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Abteilung 2 wichtig. In Abteilung 2 f<strong>in</strong>-<br />

den wir zwei wissenschaftliche Leiter verzeichnet: Herrn Prof. Dr. Dres. h. C.<br />

Klaus Stern als wissenschaftlicher Leiter für die erste fünfjährige För<strong>der</strong>periode,<br />

<strong>und</strong> für die vor uns liegende zweite Fünfjahresperiode Herrn Prof. Dr. Stephan<br />

Hobe.<br />

Sehr verehrter, lieber Herr Stern! Ich kann mich noch genau er<strong>in</strong>nern, wie ich im<br />

W<strong>in</strong>ter 1994195 zu Ihnen kam, Ihnen me<strong>in</strong>en Plan des R.I.Z. vortrug <strong>und</strong> nach<br />

Ihrer Me<strong>in</strong>ung <strong>und</strong> Ihrer möglichen Mitarbeit fragte. Zu dieser Zeit waren an<br />

<strong>der</strong> Universität zu Köln manche Pläne zur Gründung neuer Wissenschaftse<strong>in</strong>-<br />

richtungen mit Orientierung an Europa <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationaler Zusammenarbeit im<br />

Gespräch. Die Hoffnung, aus Son<strong>der</strong>mitteln, wie sie unserer Nachbarstadt Bonn<br />

zur Verfügung gestellt wurden, Startkapital für solche Initiativen zu erhalten, war<br />

wenig aussichtsreich <strong>und</strong> erhllte sich nicht. Sie waren sofort von me<strong>in</strong>em Plan<br />

begeistert <strong>und</strong> sagten Ihre volle Unterstützung <strong>und</strong> Mitarbeit zu. Rasch hatten<br />

wir e<strong>in</strong> Konzept zusammen mit Herrn Baur verabredet, das die drei Abteilungen,<br />

ihre Arbeitsgebiete <strong>und</strong> die Arbeitsweise des R.I.Z. festlegte. Dieses Zentrum soll-<br />

te nicht nur schmerzliche Lücken <strong>in</strong> <strong>der</strong> rechtswissenschaftlichen Forschung <strong>und</strong><br />

Lehre ausfullen, son<strong>der</strong>n zugleich auch überregionale Aufgaben übernehmen.<br />

Ich möchte Ihnen, lieber Herr Stern, zugleich im Namen von Herrn Baur, für<br />

fünf Jahre angenehmer Zusammenarbeit danken. Sie haben nicht zuletzt durch<br />

Ihr wissenschaftliches Ansehen zu e<strong>in</strong>em guten Start des R.I.Z. beigetragen. Sie<br />

haben die <strong>in</strong>teressante Konferenz über die heute so aktuellen Fragen <strong>der</strong> Oster-<br />

weiterung <strong>der</strong> EU durchgeführt. Sie haben die Anregung unserer groi3en geme<strong>in</strong>-<br />

samen Konferenz „40 Jahre Römische Verträge" gegeben <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Mitgestal-<br />

tung dieser Konferenz mitgewirkt. Aus ihrer Abteilung ist e<strong>in</strong>e ganze Reihe <strong>in</strong>ter-<br />

essanter wissenschaftlicher Arbeiten hervorgegangen.<br />

Wenn Sie jetzt das R.I.Z. verlassen, so können Sie zufrieden auf e<strong>in</strong>en fruchtbaren<br />

Abschnitt <strong>in</strong> Ihrer facettenreichen wissenschaftlichen Tätigkeit zurückblicken.<br />

Sie werden auch künftig " <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wissenschaft vom deutschen <strong>und</strong><br />

europäischen Verfassungsrecht präsent se<strong>in</strong>. Wir danken Ihnen für die Zusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d gespannt auf Ihren Vortrag über Ihr Arbeitsgebiet.


Lieber Herr Hobe,<br />

ich begrüße Sie zugleich im Namen von Herrn Baur <strong>und</strong> Herrn Stern sehr herz-<br />

lich als neues Mitglied des Direktoriums. Heute liegt auf me<strong>in</strong>em Schreibtisch<br />

die von Ihnen verfasste Neubearbeitung <strong>der</strong> 7. Auflage <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das<br />

Völkerrecht, des renommierten von Otto Kimm<strong>in</strong>ich begründeten Werkes. Diese<br />

Neuersche<strong>in</strong>ung ist nicht nur e<strong>in</strong> weiteres schönes <strong>und</strong> e<strong>in</strong>drucksvolles Ergebnis<br />

Ihrer wissenschaftlichen Arbeit, zu dem ich herzlich gratuliere, son<strong>der</strong>n zugleich<br />

auch e<strong>in</strong> gutes Vorzeichen für Ihre künftige Arbeit am R.I.Z.. Sie werden <strong>in</strong> Ihrer<br />

Arbeit, wie Sie mir gesagt haben, die Forschungsansätze von Herrn Stern fort-<br />

führen, zugleich aber neue Akzente vor allem im Völkerrecht <strong>und</strong> Europarecht<br />

setzen. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit <strong>und</strong> auf Ihren Vortrag.<br />

Bevor ich nun das Wort zunächst an Herrn Kollegen Stern <strong>und</strong> dann an Herrn<br />

Kollegen Hobe weitergebe, möchte ich noch die Gelegenheit wahrnehmen, allen<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeitern des R.I.Z. für die <strong>in</strong> den letzten Tahren gelei-<br />

"<br />

stete organisatorische <strong>und</strong> wissenschaftliche Arbeit sehr herzlich zu danken. In<br />

or~anisatorischer H<strong>in</strong>sicht wäre ich sowohl als geschäftsführen<strong>der</strong> Direktor als<br />

U "<br />

auch bei <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> zahlreichen Fachkonferenzen, bei <strong>der</strong> Betreuung<br />

unserer Gäste <strong>und</strong> <strong>der</strong> Pflege mancher auswärtiger Beziehungen ohne Erfolg<br />

geblieben, denn die Arbeitskraft e<strong>in</strong>es jeden Menschen ist begrenzt <strong>und</strong> bekannt-<br />

lich kann auch e<strong>in</strong> Professor nicht an mehreren Orten zugleich se<strong>in</strong>. Zugleich<br />

haben Sie durch eigene wissenschaftliche Monographien <strong>und</strong> Aufsätze auf den<br />

Arbeitsgebieten des R.I.Z. <strong>und</strong> durch die Beteiligung an geme<strong>in</strong>samen Projekten<br />

die Forschungsarbeit vorangetrieben. Sie haben schließlich auch die Ausbil-<br />

dungsleistungen tatkräftig geför<strong>der</strong>t <strong>und</strong> zum Teil selbständig getragen. Mit dem<br />

Dank an Sie alle verb<strong>in</strong>de ich den Wunsch auf e<strong>in</strong>e weitere gute Entfaltung Ihrer<br />

fachlichen Qualifikationen <strong>und</strong> weitere angenehme <strong>und</strong> erfolgreiche Zusam-<br />

menarbeit.<br />

Damit will ich schließen <strong>und</strong> das Wort an Herrn Stern weitergeben. Me<strong>in</strong>e<br />

Damen <strong>und</strong> Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


Staats- <strong>und</strong> Verfassungsrecht <strong>in</strong> Europa<br />

von Klau Stern<br />

Vor 50 Jahren träumte die Jugend Deutschlands ihren europäischenTraum. Me<strong>in</strong><br />

Abituraufsatz hatte das Thema „Deutschland braucht Europa, aber Europa<br />

braucht auch Deutschland" (Theodor Heuss).<br />

In <strong>der</strong> Tat begann 1950 e<strong>in</strong> Prozess <strong>der</strong> europäischen Integration, an <strong>der</strong>en Start<br />

die Namen groi3er Europäer standen: Robert Schuman, Jean Monnet, Konrad<br />

Adenauer <strong>und</strong> Walter Hallste<strong>in</strong>, Alcide de Gasperi, Paul Henri Spaak <strong>und</strong> viele<br />

an<strong>der</strong>e. Der Europarat wurde gegründet <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e europäische Konvention <strong>der</strong><br />

Menschenrechte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>freiheiten beschlossen, die von <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland 1952 ratifiziert wurde. Die im Zweiten Weltkrieg vernichtend<br />

geschlagenen Deutschen suchten Wege aus <strong>der</strong> Katastrophe. Die deutsche E<strong>in</strong>-<br />

heit rückte <strong>in</strong> die Ferne, aber Europa lag nahe. Die lockere Verb<strong>in</strong>dung des Euro-<br />

parates war längst nicht so ehrgeizig wie die auf Supranationalität gestützte Inte-<br />

gration, die ihr nachfolge. Es war zunächst die Montanunion, die sich später zur<br />

Europäischen Wirtschaftsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>und</strong> zur Europäischen Atomgeme<strong>in</strong>-<br />

schaft entwickelte. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stand dabei die Konstruktion e<strong>in</strong>es auf <strong>der</strong><br />

Wirtschaft beruhenden Zweckverbandes. E<strong>in</strong>e Union o<strong>der</strong> gar e<strong>in</strong>e Fö<strong>der</strong>ation<br />

<strong>der</strong> Staaten Europas mochte mancher ahnen, vielleicht sogar erhoffen; geplant<br />

waren sie <strong>in</strong>dessen nicht.<br />

Anfänglich hätte niemand daran gedacht, dass Staats- <strong>und</strong> verfassungsrechtliche,<br />

auch venvaltungsrechtliche Fragen für Europas Integration relevant würden; zu<br />

sehr waren diese Rechtsgebiete national zentriert. Aber <strong>der</strong> Entwicklungsprozess<br />

ist an<strong>der</strong>s verlaufen; immer stärker wurde das sogenannte öffentliche Recht<br />

sowohl auf <strong>der</strong> nationalen Ebene als auch auf <strong>der</strong> europäischen Ebene <strong>in</strong> den Sog<br />

<strong>der</strong> Integration gezogen. Europäisches Geme<strong>in</strong>schaftsrecht ist nicht mehr nur als<br />

Wirtschaftsrecht o<strong>der</strong> vorzugsweise Privatrecht zu begreifen. Vor allem das<br />

Primärrecht <strong>der</strong> Verträge hat seit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heitlichen Europäischen Akte von 1986<br />

<strong>und</strong> mehr noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge des EU-Vertrages von Maastricht von 1992 weit über<br />

Wirtschaftsthemen h<strong>in</strong>ausgegriffen. Immer stärker mussten Fragen, die wir mate-<br />

riell als Verfassungsfragen betrachten, <strong>in</strong> die Europarechts-Wissenschaft e<strong>in</strong>be-<br />

zogen werden.<br />

Es war daher logisch <strong>und</strong> unentbehrlich, wenn auch das Staats- <strong>und</strong> Verfas-<br />

sungsrecht <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Rechtszentrum für europäische <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Zusam-<br />

menarbeit e<strong>in</strong>bezogen wurde. Gerade als das R.I.Z. 1994 gegründet wurde, war<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Europamüdigkeit festzustellen. In <strong>der</strong> Wissenschaft gab es sogar Auf-<br />

fassungen e<strong>in</strong>es ehemaligen Vorsitzenden des Wissenschaftsrates, <strong>der</strong> glaubte, die<br />

Universitäten vom Thema Europa fernhalten zu sollen. Sie hätten nicht darüber


nachzudenken, son<strong>der</strong>n sollten sich auf Forschung <strong>und</strong> Lehre konzentrieren;<br />

geme<strong>in</strong>t war offensichtlich nur die nationale. Dass das völlig verfehlt ist, bedarf<br />

ke<strong>in</strong>er Worte. Dem R.I.Z. g<strong>in</strong>g es darum, e<strong>in</strong>e bessere Präsentation des Europa-<br />

rechts <strong>in</strong> <strong>der</strong> scientific community des Landes <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus zu bieten <strong>und</strong><br />

damit <strong>in</strong> Köln gleichsam e<strong>in</strong> Gegenstück zu dem Bonner Europazentrum zu bil-<br />

den.<br />

Wenn mir 1995 die Abteilung Staats- <strong>und</strong> Verfa~sun~srecht anvertraut wurde, so<br />

erschienen mir vier große Komplexe als Forschungsschwerpunkte vor Augen:<br />

1. Die E<strong>in</strong>wirkung <strong>der</strong> europäischen Integration auf das nationale, namentlich<br />

das deutsche Verfassungsrecht.<br />

2. Der E<strong>in</strong>fluss des deutschen Verfassungsrechts auf das Recht <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union.<br />

3. Die Ausstrahlungswirkungen des Gr<strong>und</strong>gesetzes auf an<strong>der</strong>e europäische Ver-<br />

fassungen <strong>und</strong><br />

4. ganz beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> jüngsten Zeit die Frage e<strong>in</strong>er Europäischen Verfassung<br />

o<strong>der</strong> jedenfalls e<strong>in</strong>er Europäischen Gr<strong>und</strong>rechtscharta.<br />

Ich kann zu diesen Schwerpunkten an dieser Stelle nur e<strong>in</strong>ige Stichworte nen-<br />

nen:<br />

a) Im Zuge <strong>der</strong> fortschreitenden europäischen Integration hat <strong>der</strong> schmale Art.<br />

24 GG heute unter <strong>in</strong>tegrationsrechtlichem E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>e Erweiterung <strong>in</strong> Art. 23<br />

gef<strong>und</strong>en, dem sich die Art. 88 <strong>und</strong> Art. 28 Abs. 1 Satz 3 zur Seite gesellen. Ob<br />

<strong>der</strong> wortreiche Art. 23 gelungen ist, ersche<strong>in</strong>t mir zweifelhaft. Er wirft sehr viele<br />

Fragen auf. Im Mai 1992 gab es dazu e<strong>in</strong> Hear<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>samen<br />

Verfassungskommission von B<strong>und</strong>estag <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrat, <strong>in</strong> dessen Verlauf die<br />

Sachverständigen für e<strong>in</strong>e sehr viel schmalere Fassung plädierten.<br />

b) E<strong>in</strong> Kernproblem war das Verhältnis des europäischen Geme<strong>in</strong>schaftrechts<br />

zum nationalen Recht e<strong>in</strong>schließlich des nationalen Verfassungsrechts. Wir er<strong>in</strong>-<br />

nern uns alle <strong>der</strong> berühmten Solange-Entscheidungen des B<strong>und</strong>esverfassungsge-<br />

richts <strong>und</strong> später des Maastricht-Urteils (Bd. 89, S. 155) sowie zuletzt <strong>der</strong> Euro-<br />

Entscheidung (Bd. 97, S. 250). Da sich die Auffassung durchsetzte, dass europäi-<br />

sches Geme<strong>in</strong>schaftsrecht Vorrang auch vor nationalem Verfassungsrecht hat,<br />

musste zwangsläufig das Verhältnis des obersten nationalen Verfassungsgerichts<br />

<strong>und</strong> des obersten Unionsgerichts, des Europäischen Gerichtshofs, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> gewis-<br />

ses Konkurrenzverhältnis treten. Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht spricht von


jenem berühmten ,,Kooperationsverhältnis", ohne es zu def<strong>in</strong>ieren. Konflikte<br />

dürften hier programmiert zu se<strong>in</strong>. Sie werden Anlass zu <strong>in</strong>tensiver Forschung<br />

se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Dissertation ist hierzu vergeben.<br />

C) Wie sehr das Europarecht auch <strong>in</strong> das nationale Verfa~sun~srecht e<strong>in</strong>wirkt, hat<br />

die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die E<strong>in</strong>beziehung<br />

von Frauen <strong>in</strong> die Streitkräfte mit dem Dienst an <strong>der</strong> Waffe gezeigt (DVB1.2000,<br />

S. 593). Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG hat diesen E<strong>in</strong>satz strictissime ausgeschlossen.<br />

Der Europäische Gerichtshof vertrat e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Me<strong>in</strong>ung; es bleibt abzuwarten,<br />

wie sich <strong>der</strong> nationale Verfassungsän<strong>der</strong>ungsgesetzgeber verhält.<br />

Das europäische Recht ist vom nationalen deutschen Verfassungsrecht nicht<br />

unbee<strong>in</strong>flusst geblieben. Ich denke nur an den Fö<strong>der</strong>ativ-Gedanken, <strong>der</strong> immer-<br />

h<strong>in</strong> zum Ausschuss <strong>der</strong> Regionen nach Art. 263ff. EG-Vertrag geführt hat. Auch<br />

das Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> Art. 5 EG-Vertrag ist e<strong>in</strong>e Frucht vor allem deutschen<br />

Denkens. Schliefilich darf nicht vergessen werden, dass die Unabhängigkeit <strong>der</strong><br />

Europäischen Zentralbank (Art. 105ff. EG-Vertrag) <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem Sta-<br />

tut <strong>der</strong> Europäischen Zentralbank nach dem Muster <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esbank konstru-<br />

iert ist. Gleiches gilt für die Kompetenzen für die Geld- <strong>und</strong> Währungspolitik.<br />

Forschungsthemen gibt es hier zur Genüge. Die Dissertation von Frau Gaiahn,<br />

e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> ersten Mitarbeiter<strong>in</strong>nen hier, ist als Band 2 unserer Schriftenreihe unter<br />

dem Titel „Die deutsche B<strong>und</strong>esbank im Prozess <strong>der</strong> europäischen Währungs<strong>in</strong>-<br />

tegration" publiziert. Ich selbst darf auf me<strong>in</strong>en Beitrag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Festschrift zum<br />

50jährigen Jubiläum <strong>der</strong> DM h<strong>in</strong>weisen.<br />

Es gehört heute zum Bestand <strong>der</strong> europäischen Verfassungsrechtswissenschaft,<br />

dass das Bonner Gr<strong>und</strong>gesetz vielfache E<strong>in</strong>wirkungen auf die neuen Verfassun-<br />

gen Südeuropas aus den 70er Jahren, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Griechenlands, Spaniens <strong>und</strong><br />

Portugals, ausgeübt hat. Gleiches gilt seit 1989190 für die osteuropäischen Ver-<br />

fassungen. Niemand dürfte 1949 geahnt haben, dass das Gr<strong>und</strong>gesetz e<strong>in</strong>mal<br />

Vorbildwirkung für Europa haben würde. Ich b<strong>in</strong> darauf <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Bonner Vor-<br />

trag <strong>anlässlich</strong> des 5Ojährigen Verfassungsjubiläums ausführlich e<strong>in</strong>gegangen <strong>und</strong><br />

möchte mich hier nicht wie<strong>der</strong>holen. Zitiert sei nur e<strong>in</strong> Wort unseres amerika-<br />

nischen Fre<strong>und</strong>es <strong>und</strong> Kollegen Donaid E Kommers, <strong>der</strong> heute schon das Gr<strong>und</strong>-<br />

gesetz als repräsentativer für zukünftige Verfassungen ansieht als die amerikani-<br />

scheverfassung. Ich habe diesesThema <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen weiteren <strong>Vorträge</strong>n <strong>und</strong> Beiträ-<br />

gen variiert. Im Ergebnis können wir stolz auf unsere verfassunggeberischen<br />

Leistungen se<strong>in</strong>. Auch sie haben Deutschland <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt wie<strong>der</strong> hoffahig<br />

gemacht.


Das Demokratiedefizit <strong>der</strong> Europäischen Union ist vielfach beklagt worden. Ob<br />

es wirklich so schwerwiegend ist, wie man gerne sagt, könnte man angesichts <strong>der</strong><br />

demokratischen Legitimation aller europäischen Regierungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tatsache,<br />

dass wir e<strong>in</strong> Europäisches Parlament haben, das unmittelbar vom Volk gewählt<br />

wird, immerh<strong>in</strong> anzweifeln. Wenn man zur stärkeren Legitimation e<strong>in</strong>e Verfas-<br />

sunggebung für Europa for<strong>der</strong>t, dann ist dies e<strong>in</strong> erheblicher Qualitätssprung.<br />

Wir alle wissen, dass es mehrere Projekte <strong>in</strong> dieser Richtung gibt.<br />

Man sagt, dass die legitimitätsspendende Kraft e<strong>in</strong>er Verfassung im nationalen<br />

Bereich auch <strong>der</strong> Europäischen Union zufließen soll. An<strong>der</strong>erseits gibt es auch<br />

die Auffassung, dass die geschlossenen Verträge bereits Verfassungen s<strong>in</strong>d. In die-<br />

sem Lichte hat sich <strong>der</strong> Europäische Gerichtshof mehrfach geäußert. Auch beim<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht f<strong>in</strong>den wir e<strong>in</strong>en diesbezüglichen H<strong>in</strong>weis. Sicher ist<br />

richtig, dass die Verträge typische Verfassungselemente enthalten, z.B. bestimm-<br />

te Gr<strong>und</strong>freiheiten. Ebenso sicher ist aber auch, dass hier vieles verbessert wer-<br />

den könnte.<br />

Unter dem Vorsitz von Roman Herzog besteht zur Zeit e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>rechtskom-<br />

mission, die vom Europäischen Rat <strong>in</strong> Köln im Juni 1999 e<strong>in</strong>gesetzt wurde <strong>und</strong><br />

die bis Ende des Jahres e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>rechtscharta vorlegen soll auf <strong>der</strong> Basis von<br />

Art. 6 EU-Vertrag. Diese Charta soll alle EU-Organe rechtlich b<strong>in</strong>den. Dagegen<br />

wehrten sich Großbritannien <strong>und</strong> skand<strong>in</strong>avische Län<strong>der</strong> bekanntlich vehement,<br />

wie auch jüngst auf <strong>der</strong> Hels<strong>in</strong>ki-Konferenz <strong>der</strong> F.i.D.E. zu erfahren war.<br />

Bisher haben wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäischen Union e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>rechtsverständnis, das vor<br />

allen D<strong>in</strong>gen durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geformt<br />

ist <strong>und</strong> Anklänge an die Europäische Menschenrechtskonvention enthält. Viel-<br />

leicht ist auf die Dauer Richterrecht doch nicht ausreichend, um vor allen D<strong>in</strong>-<br />

gen Europa bei den Menschen populärer machen zu können. Dennoch sollte <strong>der</strong><br />

Weg jedenfalls e<strong>in</strong>er Europäischen Verfassung sorgfältig überlegt werden. Das gilt<br />

auch für e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>rechtscharta, die weitergehende Rechte als die Europäische<br />

Menschenrechtskonvention enthalten soll.<br />

Richtig ist freilich, dass die Europäische Union über Herrschaftsbef~~nisse<br />

ver-<br />

fügt, wie sie Staaten eigen s<strong>in</strong>d. Aber ebenso unzweifelhaft ist, dass die Union<br />

ke<strong>in</strong> Staat ist. Damit bleibt als Kernfrage: Darf das auf Staaten ausgerichtete<br />

rechtliche Herrschaftslimitierungs<strong>in</strong>strument Verfassung auch auf an<strong>der</strong>e Gebil-<br />

de übertragen werden? Bis jetzt verstehen wir die klassische Verfassung als auf den<br />

Staat bezogen. Aber muss diese Ansicht <strong>in</strong> dieser Beschränkung so bleiben? Wenn<br />

die supranationalen Gewalten Herrschaft wie e<strong>in</strong> Staat ausüben, dann können<br />

Verfassungen auch auf sie bezogen werden. Bis jetzt üben die europäischen Orga-


ne ihre Herrschaftsgewalt nach Maßgabe <strong>und</strong> <strong>in</strong> den Grenzen <strong>der</strong> Verträge, beson-<br />

<strong>der</strong>s des EU-Vertrages <strong>und</strong> des EG-Vertrages, aus. Ich er<strong>in</strong>nere nur an den Gr<strong>und</strong>-<br />

satz <strong>der</strong> begrenzten E<strong>in</strong>zelermächtigung o<strong>der</strong> das Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip <strong>und</strong> die<br />

Wege <strong>der</strong> Gesetzgebung, die <strong>in</strong> den Verträgen geregelt s<strong>in</strong>d. Das s<strong>in</strong>d Herr-<br />

schafislimitierungsaussagen.<br />

Soll e<strong>in</strong>e Verfassung nach Art e<strong>in</strong>er Staatsverfassung geschaffen werden, bedarf es<br />

<strong>in</strong>dessen e<strong>in</strong>er verfassunggebenden Gewalt aus dem Volk heraus, also e<strong>in</strong>em Volk<br />

<strong>der</strong> Europäer. Davon s<strong>in</strong>d wir aber noch weit entfernt. Europa-Patriotismus <strong>und</strong><br />

europäisches Nationalbewusstse<strong>in</strong> fehlen. Ob e<strong>in</strong>es Tages e<strong>in</strong> europäisches Volk<br />

entsteht, kann niemand voraussagen; Zweifel s<strong>in</strong>d angebracht. Das de Gaul1e'-<br />

sche Europa <strong>der</strong> Nationen sche<strong>in</strong>t mir stärker zu se<strong>in</strong>. Solange jedenfalls e<strong>in</strong> Ver-<br />

fassunggebungsakt des Volkes nicht möglich ist, kann es nur kle<strong>in</strong>ere Schritte<br />

geben, die etwa auf den E<strong>in</strong>bau stärkerer Verfassungselemente <strong>in</strong> die Verträge h<strong>in</strong>-<br />

auslaufen können. Hier wird man vor allem an die Verbesserung <strong>der</strong> demokrati-<br />

schen Legitimation <strong>und</strong> an die Verstärkung <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>rechte denken. Aber es<br />

bleibt <strong>der</strong> Kernpunkt: Darf man den Begriff Verfassung für e<strong>in</strong> Gebilde venven-<br />

den, das nicht Staat ist? Gewiss, wir sprechen auch von <strong>der</strong> Verfassung des Ver-<br />

e<strong>in</strong>s, <strong>der</strong> Gesellschaften, aber Juristen ist klar, dass dies nicht <strong>der</strong> engere Begriff<br />

<strong>der</strong> Staatsverfassung ist.<br />

Vielleicht war es e<strong>in</strong> Fehler, dass man im europäischen Recht das primäre<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsrecht auch als Verfassung kennzeichnet, weil dar<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>regeln<br />

über die europäische Herrschafisgewalt, ihre Organe <strong>und</strong> ihre Kompetenzen usw.<br />

enthalten s<strong>in</strong>d. Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs, Rodrigues Iglesias,<br />

setzte den Begriff <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em großen Vortrag <strong>in</strong> Saarbrücken immerh<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Anführungszeichen (EUGRZ 1996, S. 125). Aber er bejahte ihn für die Verträ-<br />

ge <strong>in</strong>sgesamt doch, ebenso wie <strong>der</strong> Europäische Gerichtshof selbst (Sammlung<br />

1986, S. 1365 <strong>und</strong> 1991, S. 6984). Ich zögere; vielleicht sollten wir von Verträ-<br />

gen mit Verfassungselementen sprechen, die um weitere Themen des Verfas-<br />

sungsrechts angereichert werden könnten.<br />

Die Schritte, um die es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft geht, müssen auf zwei Ebenen vollzogen<br />

werden, will man den Konstitutionalismus <strong>in</strong> Europa voranbr<strong>in</strong>gen: zum e<strong>in</strong>en<br />

bei <strong>der</strong> Anreicherung des Verfassungsrechts <strong>der</strong> Integration, zum zweiten bei <strong>der</strong><br />

Angleichung des nationalen Verfassungsrechts <strong>in</strong> Richtung auf e<strong>in</strong>e europäische<br />

Verfassungshomogenität. Das letztere ist schon weit fortgeschritten, wie ich <strong>in</strong><br />

mehreren Beiträgen aufgezeigt habe. Für den erst genannten Bereich sche<strong>in</strong>t mir<br />

e<strong>in</strong> Weg zu se<strong>in</strong>, die Vielheit <strong>der</strong> Verträge zu überdenken <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>er Aufteilung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong>lagenvertrag <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>em o<strong>der</strong> vielleicht zwei weiteren Verträgen<br />

<strong>in</strong> den Sachpolitiken <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft zu kommen. Der Gr<strong>und</strong>lagenvertrag<br />

könnte als e<strong>in</strong>e Art Verfa~sungsvertra~ die <strong>in</strong>stitutionellen Fragen, die allgeme<strong>in</strong>en<br />

Ziele <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>rechte <strong>der</strong> europäischen Bürger festlegen. Er sollte, e<strong>in</strong>igt


man sich über se<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>lagen, tunlichst von Än<strong>der</strong>ungen freigehalten werden.<br />

Die Verträge über die Aufgaben <strong>der</strong> Union <strong>und</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft können dann<br />

bei politischem Bedarf angepasst werden, ohne dass die Gr<strong>und</strong>lagen angetastet<br />

werden müssten.<br />

Ungeachtet dessen hat Europa viele Hausaufgaben zu erfüllen:<br />

Die unerledigten <strong>in</strong>stitutionellen Reformen, um die neuerliche Erweiterung<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft zu bewältigen, die sog. Left-Overs von Amsterdam, wie<br />

namentlich <strong>der</strong> künftige Zuschnitt <strong>der</strong> Kommission, auch des Gerichts-<br />

hofs.<br />

die Neugewichtung <strong>der</strong> Stimmen im Europäischen Rat; dass 10-12% Bevöl-<br />

kerungsanteil e<strong>in</strong>e Entscheidung blockieren können, ist unangemessen. Ande-<br />

rerseits muss das Stimmgewicht des deutschen Mitgliedstaates mit dem weit-<br />

aus größten Bevölkerungsanteil erhöht werden.<br />

Außerdem muss die Zahl <strong>der</strong> Mehrheitsentscheidungen ausgeweitet werden.<br />

Ich komme zum Schluss:<br />

„Quo vadis, Europa?" hat <strong>der</strong> deutsche Außenm<strong>in</strong>ister jüngst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Rede <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Humboldt-Universität gefragt. Se<strong>in</strong>e Antwort lautete: Ubergang vom Staa-<br />

tenverb<strong>und</strong> zur europäischen Fö<strong>der</strong>ation, <strong>in</strong> die aber die Nationalstaaten „mit-<br />

genommen" werden sollen, herbeigeführt durch e<strong>in</strong>en Verfassungsvertrag, <strong>der</strong><br />

schrittweise alle europäischen Staaten umfassen soll. Das ist e<strong>in</strong>e kühne Vision,<br />

die man vielleicht als „supranationale Fö<strong>der</strong>ation" (von Bogdandy) bezeichnen<br />

kann. Vielleicht ist dies aber auch nur e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit. Ist denn e<strong>in</strong><br />

Paneuropa von 25 bis 30 Mitgliedstaaten an<strong>der</strong>s zu denken als e<strong>in</strong> fö<strong>der</strong>atives<br />

Gebilde?<br />

Wir, die Wissenschaftler dieses Instituts, haben unsere Perspektiven auf zwei<br />

Tagungen mit den Themen „Zukunftsprobleme <strong>der</strong> Europäischen Union" 1996<br />

<strong>und</strong> „40 Jahre Römische Verträge" 1997 aufgezeigt. Es geht zunächst darum, das<br />

ganze Europa als Rechts-, Kultur- <strong>und</strong> Wertegeme<strong>in</strong>schaft, als Friedens- <strong>und</strong> Freiheitsgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

als rechtsstaatliche Demokratie, als wirtschafts-, Stabilitäts<strong>und</strong><br />

Sicherheit~~eme<strong>in</strong>schaft im Rahmen <strong>der</strong> bisherigen Verträge zu gestalten,<br />

ohne dass die Nationen <strong>in</strong> ihm ihre Identität verlören. Das ist <strong>der</strong> naheliegende<br />

Auftrag an die Politik, den sie zwar <strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäischen Union garantiert, im<br />

Europarat aber mit <strong>der</strong> laschen Haltung gegen Russland wegen des Tschetschenien-Krieges<br />

verspielt hat. Die Wissenschaft hat diesem Ziel die Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>und</strong> die Ideen zu liefern. In diesem Lichte war das R.I.Z. gegründet, <strong>in</strong> diesem<br />

S<strong>in</strong>ne soll es weiter arbeiten!


Ich b<strong>in</strong> überzeugt, dass dieser Geist auch Stephan Hobe, me<strong>in</strong>en Nachfolger,<br />

beherrscht. Se<strong>in</strong> Buch über den „offenen Verfassungsstaat" hat, um im Bilde des<br />

Titels zu bleiben, Türen geöffnet, nach Europa zurnal <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> das<br />

<strong>in</strong>ternationale Recht. Es ist gut, wenn er deshalb an<strong>der</strong>e Akzente setzen wird als<br />

ich. Dazu wünsche ich ihm e<strong>in</strong>e glückliche Hand. Me<strong>in</strong> Rat <strong>und</strong> me<strong>in</strong>e Unter-<br />

stützung s<strong>in</strong>d ihm gewiss.<br />

Ich habe zu danken, den Kollegen Horn <strong>und</strong> Baur für fünfjährige reibungslose<br />

Zusammenarbeit, den Mitarbeitern des Instituts, nicht nur denen <strong>der</strong> Abteilung<br />

I1 - das habe ich vor e<strong>in</strong>er Woche beson<strong>der</strong>s zum Ausdruck gebracht -, son<strong>der</strong>n<br />

allen fiir vielfältige Unterstützung - im gegen wie im kle<strong>in</strong>en. Ich glaube, wir<br />

haben e<strong>in</strong>iges bewirkt. Weil wir uns vorgenommen haben, e<strong>in</strong>er Sache zu dienen,<br />

werden wir uns auch nicht aus den Augen verlieren.


Deutsches Recht, Europarecht, Völkerrecht -<br />

Gedanken zum Verhältnis dreier Rechtsordnungen <strong>in</strong> Zeiten<br />

sich verstärken<strong>der</strong> Europäisierung <strong>und</strong> Globalisierung<br />

E<strong>in</strong>leitung. Gegenwärtige Entwicklungen<br />

von Stephan Hobe<br />

Der mo<strong>der</strong>ne Verfassungsstaat B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland sieht sich am Beg<strong>in</strong>n<br />

des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts, wie viele an<strong>der</strong>e europäische Verfassungsstaaten auch, zwei<br />

<strong>in</strong> ihrer Intensität sich beständig verstärkenden Prozessen ausgesetzt, die voraussichtlich<br />

die äußere <strong>und</strong> <strong>in</strong>nere Struktur dieser Staaten <strong>in</strong> nicht unerheblicher<br />

Weise verän<strong>der</strong>n werden. Es ist dies zum e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> seit den 50er Jahren anhaltende,<br />

aber seit dem Maastrichter Vertrag von 1992 sich deutlich beschleunigende<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong>tensivierende Prozeß <strong>der</strong> Europäisierung, <strong>der</strong>en sichtbarstes Kennzeichen<br />

die E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Wahrung Euro seit dem 0 1.0 1.1999 <strong>und</strong> das<br />

Erschließen weiterer Politikbereiche durch die Euro~äische Union ist. Zum an<strong>der</strong>en<br />

gilt es im kommenden Jahrzehnt, den durch die Währungsunion unabd<strong>in</strong>gbar<br />

gewordenen Vertiefungsprozeß mit <strong>der</strong> zudem für diesen Zeitraum angestrebten<br />

Ostenveiterung <strong>der</strong> Union <strong>in</strong> geeigneter Weise zu harmonisieren. Und<br />

so sehr zu wünschen ist, daß durch das zukünftige Zusammenwachsen Europas<br />

endgültig die Zweiteilung des Kont<strong>in</strong>ents als Relikt des Kalten Krieges abgestreift<br />

wird, so s<strong>in</strong>d doch die zu lösenden Probleme ganz unübersehbar.<br />

An<strong>der</strong>erseits ist dieser Europäisierungsprozeß, <strong>der</strong> bezüglich se<strong>in</strong>er rechtlichen<br />

Signifikanz gleich noch näher beleuchtet werden wird, sozusagen nur e<strong>in</strong>gebet-<br />

tet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en erst seit etwa zehn Jahren allmählich <strong>in</strong> unser Bewußtse<strong>in</strong> tretenden<br />

<strong>und</strong> noch weiter ausgreifenden Prozeß <strong>der</strong> Globalisierung. Namentlich die sich<br />

immens beschleunigende Technologisierung <strong>und</strong> Informatisierung wirken <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er dramatischen Weise bereits auf unser tätliches Leben e<strong>in</strong>: sie haben <strong>in</strong>sbe-<br />

"<br />

son<strong>der</strong>e Wirtschafisprozesse <strong>in</strong> nachhaltiger Weise verän<strong>der</strong>t <strong>und</strong> machen das<br />

„One-World-Erlebnis" zu e<strong>in</strong>er täglichen Erfahrung.<br />

Geme<strong>in</strong>sam ist den beiden Prozessen, daß sie <strong>in</strong> bisher nicht gekannter Weise am<br />

klassischen staatlichen Souveränitätsdogma rütteln; <strong>der</strong> europäische Verfas-<br />

sungsstaat ist im Rahmen <strong>der</strong> Europäischen Union kaum noch imstande, jeden-<br />

falls im wirtschafilichen Bereich Entscheidungen <strong>in</strong> eigener Machtvollkommen-<br />

heit zu treffen, <strong>und</strong> die vielfältigen gerade europarechtlichen E<strong>in</strong>wirkungen auf<br />

das deutsche Recht s<strong>in</strong>d signifikantes Zeichen dafür, daß das traditionelle Para-<br />

digma des „Zu - Höchst-Se<strong>in</strong>s", wie es Jean Bod<strong>in</strong> so stolz auf die Fahnen mo<strong>der</strong>-<br />

ner Staatlichkeit geschrieben hatte, jedenfalls nicht mehr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er puristischen<br />

Lesart gegenwärtig ist.


Möglicherweise noch viel gravieren<strong>der</strong>e E<strong>in</strong>wirkungen auf die Souveränitätskonzeption<br />

s<strong>in</strong>d freilich durch den Gl~balisierun~sprozeß zu erwarten, was deutlich<br />

wird, wenn man sich vergegenwärtigt, daß e<strong>in</strong>erseits riesige F<strong>in</strong>anztransaktionen<br />

vornehmlich durch <strong>der</strong> Gesellschaftswelt angehörende private Akteure<br />

sich nahezu ohne staatliche K~ntrollmö~lichkeit vollziehen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits die<br />

Transaktionen auf den <strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzmärkten gravierende Rückwirkungen<br />

aufstaatliches Handeln zeitigen. Sicher ist hier, daß dieVermehrung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternational<br />

bedeutsamen Akteure <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e aus <strong>der</strong> sog. Gesellschaftswelt e<strong>in</strong>e<br />

signifikante Verän<strong>der</strong>ung des Aktionsrahmens des souveränen Nationalstaats mit<br />

sich br<strong>in</strong>gen wird.<br />

In rechtlicher H<strong>in</strong>sicht s<strong>in</strong>d uns die Konsequenzen des Europäisierungsprozesses<br />

deutlich bewußt: Europäisches Primär- <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärrecht ist durch se<strong>in</strong>e größ-<br />

tenteils unmittelbare Anwendbarkeit <strong>und</strong> direkte Wirkung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise <strong>in</strong> die<br />

nationalen Rechtsmassen e<strong>in</strong>gedrungen, daß von e<strong>in</strong>er vielfachen Überlagerung<br />

namentlich nationalen Wirtschaftsrechts durch europäisches Recht die Rede se<strong>in</strong><br />

muß. Weniger deutlich s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>zeit noch die Konturen des Globalisierungspro-<br />

zesses auf die Rechtsentwicklung zu erkennen. Setzt sich hier, so könnte man mit<br />

Fug <strong>und</strong> Recht fragen, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäisierung ansetzende Prozeß <strong>der</strong> Rechtsü-<br />

berlagerung sozusagen auf <strong>in</strong>ternationaler also globaler Ebene nur fort? O<strong>der</strong> han-<br />

delt es sich, rechtlich betrachtet, um e<strong>in</strong> ganz an<strong>der</strong>es neues Phänomen? Jeden-<br />

falls s<strong>in</strong>d die beiden Entwicklungstendenzen Anlass, sich e<strong>in</strong>mal etwas genauer<br />

das Verhältnis <strong>der</strong> drei Rechtsordnungen, also <strong>der</strong> Rechtsordnung des deutschen<br />

(öffentlichen) Rechts, des Europarechts <strong>und</strong> des Völkerrechts zu betrachten <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>en ersten, notwendigenveise nur skizzenhaften, Versuch zu unternehmen,<br />

e<strong>in</strong>ige aktuelle Gr<strong>und</strong>tatbestände dieses Verhältnisses namentlich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Rechtsschutzperspektive anzusprechen sowie Lösungsvorschläge für die Proble-<br />

me zu unterbreiten.<br />

I. Problernlagen<br />

Beg<strong>in</strong>nen möchte ich mit e<strong>in</strong>em Beispielsfall, <strong>der</strong> pars pro tot0 <strong>in</strong> typischer Weise<br />

die Umrisse des hier zu erörternden Problems me<strong>in</strong>es Erachtens sehr schön deut-<br />

lich macht.<br />

Im Jahre 1996 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt analog Art. 100 Abs. I GG<br />

irn Wege <strong>der</strong> Richtervorlage dem B<strong>und</strong>esverfassungsgericht die Frage <strong>der</strong> Ver-<br />

e<strong>in</strong>barkeit <strong>der</strong> Bananenmarktordnung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit deutschen Gr<strong>und</strong>-<br />

rechten vorgelegt. E<strong>in</strong> deutscher Bananenimporteur mit Namen Port sah sich<br />

durch die EG-Bananenmarktordnung <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er wirtschaftlichen Betätigungsfrei-<br />

heit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vom ihm als jedenfalls <strong>der</strong> Maßstäblichkeit <strong>der</strong> deutschen Gr<strong>und</strong>-<br />

rechte wi<strong>der</strong>sprechenden Weise bee<strong>in</strong>trächtigt. Signifikant an dieser hier nicht <strong>in</strong>


allen E<strong>in</strong>zelheiten darzustellenden Fallkonstellation war vor allem folgendes: U<br />

Zum e<strong>in</strong>en hatte <strong>der</strong> Europäische Gerichtshof bereits vorher im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

Nichtigkeitsklage Deutschlands die Auffassung vertreten, daß die Bananenmarktordnung<br />

nicht gegen die europarechtlich garantierten Menschenrechte verstoße.<br />

Zum an<strong>der</strong>en hatte ebenfalls zuvor e<strong>in</strong> WTO-Panel die Völkerrechtswidrigkeit<br />

<strong>der</strong> EG-Bananenmarktordnung festgestellt. Im Vorlagebeschluß des Verwaltungsgerichts<br />

Frankfurt wird nun die Auffassung vertreten, zwar nicht so sehr<br />

die potentielle Völkerrechtswidrigkeit <strong>der</strong> Bananenmarktordnung, son<strong>der</strong>n eher<br />

die Tatsache, daß <strong>der</strong> EuGH die Gr<strong>und</strong>rechte des Bananenimporteurs Port nicht<br />

an hierzulande üblichen Maßstäben <strong>und</strong> deshalb nicht mit <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Akribie geprüft habe, gebe Anlaß zu Bedenken <strong>und</strong> mache es für das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

zur Aufgabe, hier im Wege des umfassenden Gr<strong>und</strong>rechtsschutzes<br />

korrigierend e<strong>in</strong>zugreifen. Die Brisanz <strong>der</strong> Frage wurde schon daran<br />

deutlich, daß das Gericht sich fast 4 Jahre Zeit nahm, um die Vorlagefragen zu<br />

entscheiden. Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht hat schließlich im Juni 2000 die Vorlage<br />

als unzulässig verworfen. Das VG Frankfurt, so das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht,<br />

habe <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Vorlage <strong>in</strong> Verkennung <strong>der</strong> Bedeutung des Solange II-<br />

Beschlusses, <strong>der</strong> durch das Maastricht-Urteil nicht obsolet ceworden " sei. nicht<br />

im e<strong>in</strong>zelnen begründet, daß die gegenwärtige Rechtsentwicklung zum Gr<strong>und</strong>rechtsschutz<br />

im euro~äischen Geme<strong>in</strong>schaftsrecht <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Rechtsprechung<br />

des EuGH, den jeweils als unabd<strong>in</strong>gbar gebotenen Gr<strong>und</strong>rechtsschutz<br />

generell nicht gewährleiste. In <strong>der</strong> durch die Vorlagefrage hervorgerufenen Entscheidung<br />

des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts zentrieren gleichsam die verschiedenen<br />

unser Untersuchungs<strong>in</strong>teresse skizzierenden Problemstränge: zum e<strong>in</strong>en die<br />

Frage, ob <strong>und</strong> <strong>in</strong>wieweit e<strong>in</strong> möglicherweise unterschiedlicher Gr<strong>und</strong>rechtsstandard<br />

<strong>in</strong>nerhalb des europäischen Rahmens nachträglich überhaupt noch an nationalen<br />

Gr<strong>und</strong>rechtsstandards zu messen ist <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en die bisher erst sehr<br />

ansatzweise beachtete Fragestellung, die auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren Vorlagebeschluß<br />

des F<strong>in</strong>anzgerichts Hamburgs vom 15.07.1999 an den EuGH zum Ausdruck<br />

kommt, ob gegebenenfalls e<strong>in</strong>e evidente Völkerrechtswidrigkeit europäischen<br />

Sek<strong>und</strong>ärrechts per se e<strong>in</strong>e für das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht beachtliche Gr<strong>und</strong>rechtsverletzung<br />

etwa unter dem Aspekt e<strong>in</strong>er Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG<br />

bewirken kann, bzw. für den EuGH wegen <strong>der</strong> möglicherweise zu bejahenden<br />

Beachtlichkeit des Völkerrechts für das Geme<strong>in</strong>schaftsrecht Anlai3 zur Korrektur<br />

se<strong>in</strong>er die Rechtmäßigkeit <strong>der</strong> Bananenmarktordnung bejahenden Rechtsprechung<br />

se<strong>in</strong> müßte. Hervorzuheben ist dabei nicht zuletzt, daß letztlich drei verschiedene<br />

Foren, das deutsche B<strong>und</strong>esverfassungsgericht, <strong>der</strong> Europäische<br />

Gerichtshof <strong>und</strong> das WTO-Panel mit <strong>der</strong> Sache unter je verschiedenen Blickw<strong>in</strong>keln<br />

befaßt waren.<br />

Was nun dieser Fall exemplarisch deutlich machen soll, ist die zunehmende ,,Par-<br />

allelverbürgung" bestimmter Rechtspositionen <strong>in</strong> verschiedenen Rechtskreisen<br />

des nationalen, europäischen Geme<strong>in</strong>schafts- <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Rechts, die zu


Unsicherheiten <strong>und</strong> Rechtsschutz~roblemen hhren kann. Der Fall dient hier zur<br />

Veranschaulichung von typischen Problemkonstellationen <strong>der</strong> zunehmenden<br />

Verschränkung verschiedener Ordnungen des zwischenstaatlichen, europäischen<br />

<strong>und</strong> nationalen Rechts im beg<strong>in</strong>nenden 21. Jahrh<strong>und</strong>ert, für die Lösungen we<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>fach zu f<strong>in</strong>den noch etwa offenk<strong>und</strong>ig " s<strong>in</strong>d. Deshalb soll nachfolgend " e<strong>in</strong>e<br />

kurze Untersuchung dreier Teilrechtsordnungen - neben <strong>der</strong> zunächst zu<br />

beschreibenden Menschenrechtsordnune " s<strong>in</strong>d dies die <strong>in</strong>ternationale Sicherheits-<br />

ordnung <strong>und</strong> die <strong>in</strong>ternationale Wirtschaftsordnung - Anlaß für e<strong>in</strong>ige<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Beobachtungen se<strong>in</strong>, an die sich notwendigenveise als vorläufig<br />

zu betrachtende Lösungsvorschläge für die auftretenden Konflikte anschließen<br />

sollen. Die zentrale Fragestellung ist dabei, wie die drei Rechtsordnungen des<br />

nationalen Rechts, des europäischen Geme<strong>in</strong>schaftsrechts <strong>und</strong> des Völkerrechts<br />

<strong>der</strong>zeit zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stehen <strong>und</strong> wie sich dieses Verhältnis <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft ent-<br />

wickeln könnte. Es soll dabei verdeutlicht werden, daß nur e<strong>in</strong> stärkeres Maß an<br />

Rechtsharmonisierung wie auch an Rechtswegeharmonisierung zukunftsweisend<br />

ist.<br />

IL Drei (Eil-)Rechtsordnungen: Ansätze zur Problemlösung<br />

1. Die Menschenrechtsordnung<br />

Zunächst zur Menschenrechtsordnung. Menschenrechte s<strong>in</strong>d die die menschliche<br />

Würde wi<strong>der</strong>spiegelnden <strong>und</strong> zumeist kodifizierten Verbürgungen <strong>der</strong><br />

Gr<strong>und</strong>freiheiten des Individuums gegenüber hoheitlicher Bee<strong>in</strong>trächtigung.<br />

Dabei s<strong>in</strong>d seit 1945 signifikante Neuentwicklungen <strong>der</strong> Menschenrechtsordnungen<br />

zu beobachten. E<strong>in</strong>e erste wesentliche Gr<strong>und</strong>tatsache ist die mit <strong>der</strong><br />

~ründun~ <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen, sowie regionaler <strong>in</strong>ternationaler Organisationen<br />

e<strong>in</strong>setzende Parallelität des nationalen sowie des <strong>in</strong>ternationalen Gr<strong>und</strong><strong>und</strong><br />

Menschenrechtsschutzes. Die meisten Verfassungen <strong>der</strong> Welt enthalten<br />

gr<strong>und</strong>rechtliche Verbürgungen, die zudem im regionalen Rahmen etwa <strong>der</strong><br />

europäischen, <strong>der</strong> amerikanischen <strong>und</strong> afrikanischen Menschenrechtskonvention,<br />

sowie <strong>in</strong> den Pakten über bürgerliche <strong>und</strong> politische sowie wirtschaftliche,<br />

soziale <strong>und</strong> kiilturelle Rechte von 1966 im <strong>in</strong>ternationalen Rahmen verbürgt s<strong>in</strong>d.<br />

Die Dualität des Ansatzes, welche bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> UNO-Charta deutlich wird <strong>und</strong><br />

sich später sehr klar <strong>in</strong> <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>en Erklärung <strong>der</strong> Menschenrechte von 1948<br />

konturiert hat, ist die sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch die Ereignisse vor <strong>und</strong> während<br />

des Zweiten Weltkrieges abzeichnende E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft, daß re<strong>in</strong> nationale Verbürgungen von Gr<strong>und</strong>rechtsschutz wegen<br />

<strong>der</strong> immer noch übermächtieen " staatlichen Souveränität alle<strong>in</strong> nicht ausreichen,<br />

um schwerste Menschenrechtsverletzungen überhaupt nur identifizieren zu können,<br />

son<strong>der</strong>n daß es dazu e<strong>in</strong>es von staatlicher Bee<strong>in</strong>flussung freien <strong>in</strong>ternationalen<br />

Menschenrechtsschutzes bedürfte. Neben dieser als Notwendigkeit erach-


teten unabhängigen <strong>und</strong> ausgelagerten Verstärkung des Gr<strong>und</strong>rechtsschutzes<br />

wird e<strong>in</strong>e zweite Ennvicklungsl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> jüngerer Zeit immer deutlicher. Es ist dies<br />

die sich abzeichnende zunehmende Herausprägung des Kreises e<strong>in</strong>er als zw<strong>in</strong>-<br />

gend zu bezeichnenden, also durch staatlichen Willen nicht mehr bee<strong>in</strong>flußba-<br />

ren objektiven Ordnung jedenfalls <strong>der</strong> f<strong>und</strong>amentalsten Menschenrechte. Dies<br />

ist deshalb so bedeutsam, weil völkerrechtliche Vere<strong>in</strong>barungen ja im Gr<strong>und</strong>satz<br />

jeweils auf staatlichem Konsens beruhen, <strong>und</strong> damit vom staatlichen Willen<br />

abhängig s<strong>in</strong>d, so daß die Zuerkennung e<strong>in</strong>er zw<strong>in</strong>genden <strong>und</strong> erga omnes-wir-<br />

kung von Normen des Völkerrechts e<strong>in</strong>en signifikanten E<strong>in</strong>bruch <strong>in</strong> das staatli-<br />

che Souveränitätsdogma anzeigt.<br />

Betrachtet man nun die im vorstehenden Problemfall skizzierten Aspekte des<br />

mehrschichtigen Menschenrechtsschutzes so ergibt sich unter Beschränkung des<br />

Problems auf die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland die folgende Rechtslage: Ganz<br />

unzweifelhaft bildet das deutsche Gr<strong>und</strong>gesetz gegenüber Akten deutscher Staats-<br />

gewalt <strong>in</strong> Deutschland (teilweise auch im Ausland), gegenüber Deutschen <strong>und</strong><br />

Auslän<strong>der</strong>n. wenn auch <strong>in</strong> unterschiedlicher Intensität. den " gr<strong>und</strong>legenden "<br />

Schutzstandard, <strong>der</strong> von deutschen Gerichten bis h<strong>in</strong> zum B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

zu prüfen ist. Dieser hat durch die Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts<br />

<strong>in</strong> über 100 Bänden se<strong>in</strong>e dogmatischen Konturen erhalten. Seit<br />

1957 ist es zudem. ausdrücklich s~ätestens seit <strong>der</strong> Stau<strong>der</strong>-Entscheidun~ des D<br />

Europäischen Gerichtshofs von 1969 zur Anerkennung e<strong>in</strong>er Gr<strong>und</strong>rechtsschutznonvendigkeit<br />

gegenüber Akten europäischer Hoheitsgewalt gekommen.<br />

Diese längere Zeit nicht recht ernst genommenen europäischen Hoheitsakte s<strong>in</strong>d<br />

für den Gr<strong>und</strong>- beziehungsweise Menschenrechtsschutz deshalb so bedeutsam,<br />

weil sie Ausflug <strong>der</strong> von den Mitgliedstaaten (<strong>in</strong> Deutschland über Art. 23 Abs.<br />

1 GG) <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft übertragenen Hoheitsrechte s<strong>in</strong>d; denn die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

ist ja nur <strong>in</strong> den Bereichen überhaupt handlungsbefugt, die nach dem<br />

Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> begrenzten E<strong>in</strong>zelermächtigung <strong>in</strong> ihre Kompetenzordnung, also<br />

<strong>in</strong> den von den Mitgliedstaaten übertragenen Bereich fallen (Art. 4 Abs. 1 EGV).<br />

Wir haben also die beson<strong>der</strong>e Situation, daß e<strong>in</strong>e ungefähre Parallelverbürgung<br />

nationalen <strong>und</strong> " geme<strong>in</strong>schaftsrechtlichen Gr<strong>und</strong>rechtsschutzes vorhanden ist,<br />

letzterer allerd<strong>in</strong>gs bislang nicht auf e<strong>in</strong>er geschriebenen Gr<strong>und</strong>rechtsordnung<br />

beruhend, son<strong>der</strong>n im Wege sogenannter werten<strong>der</strong> Verfassungsvergleichung<br />

<strong>und</strong> im Rückgriff auf das Völkerrecht <strong>der</strong> EMRK gewonnen, was nunmehr auch<br />

<strong>in</strong> Art. 6 Abs. 2 EUV kodifiziert ist. Neben dem nationalen Gr<strong>und</strong>rechtsschutz<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>schaftsrechtlichen Verbürgung ist sozusagen auf europäisch-völkerrechtlicher<br />

Ebene mit <strong>der</strong> Euro~äischen Menschenrechtskonvention von<br />

1950 <strong>und</strong> den dazugehörigen Instanzen - früher Kommission <strong>und</strong> Gerichtshof<br />

<strong>und</strong> seit dem 1.1 1.1998 nur noch dem Gerichtshof- im regionalen europäischen<br />

Rahmen e<strong>in</strong> Instrument des Gr<strong>und</strong>rechtsschutzes <strong>in</strong> Europa entstanden, aufwelches<br />

etwa <strong>der</strong> Europäische Gerichtshof <strong>in</strong> Luxemburg aber auch das BVerfG <strong>in</strong><br />

zahlreichen Fällen Bezug nimmt.


Dies macht wie<strong>der</strong>um Rechtsharmonisierung <strong>und</strong>, wie das Beispiel zeigt, <strong>in</strong>sbe-<br />

son<strong>der</strong>e e<strong>in</strong>e Rechtswegeharmonisierung zu e<strong>in</strong>em vordr<strong>in</strong>glichen Anliegen.<br />

Namentlich im Bereich <strong>der</strong> Rechtswege s<strong>in</strong>d dabei klarere Konturierungen erfor-<br />

<strong>der</strong>lich. Da sich die Mitgliedstaaten, unter ihnen auch die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland, durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Geme<strong>in</strong>schaf-<br />

ten konsensual darauf gee<strong>in</strong>igt haben, daß <strong>in</strong> diesen Bereichen die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

Hoheitsrechte ausüben soll, kann me<strong>in</strong>es Erachtens zwangsläufig <strong>der</strong> Rechts-<br />

schutz - e<strong>in</strong>mal abgesehen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte<br />

- im Verhältnis <strong>der</strong> Mitgliedsstaaten zu den Geme<strong>in</strong>schaften nur ausschließlich<br />

beim Europäischen Gerichtshof <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> Luxemburg ressortieren.<br />

Doch nährte etwa das Maastricht-Urteil des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts nach <strong>der</strong><br />

früher bereits die Jurisdiktionsgewalt des EuGH akzeptierenden Solange II-<br />

Rechtsprechung wie<strong>der</strong> die Illusion, es könne e<strong>in</strong>en korrigierenden Gr<strong>und</strong>-<br />

rechtsschutz durch das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht auch <strong>in</strong> Fällen e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>-<br />

schaftsrechtlichen res judicata geben. Dem hat die bereits oben angesprochene<br />

Entscheidung des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts vom Juni 2000 nun e<strong>in</strong> Ende<br />

gemacht, wenngleich auch hier letzte Fragen bezüglich des Aufieigens e<strong>in</strong>es<br />

Gr<strong>und</strong>rechtsschutzdefizits <strong>in</strong> Europa zur Eröffnung deutschen gerichtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>rechtsschutzes offen bleiben. In <strong>der</strong> angestrebten europäischen Gr<strong>und</strong>-<br />

rechtscharta ist deshalb unabd<strong>in</strong>gbar e<strong>in</strong>e deutliche Regelung - me<strong>in</strong>es Erach-<br />

tens im oben angedeuteten S<strong>in</strong>ne - anzustreben, die im Verhältnis des nationa-<br />

len zum europäischen Gr<strong>und</strong>rechtsschutz den EuGH zur e<strong>in</strong>zigen Rechts-<br />

schutz<strong>in</strong>stanz macht, e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>ansatz, <strong>der</strong> wohl auch aus <strong>der</strong> Vorlage-<br />

notwendigkeit des Art. 234 EGV zu folgern wäre <strong>und</strong> letztlich dem Willen <strong>der</strong><br />

Teilnehmer an <strong>der</strong> Integrationsgeme<strong>in</strong>schaft zur materiellen Rechtsharmonisie-<br />

rung folgt. Rechtswegeharmonisierung erweist sich damit als notwendige Kon-<br />

sequenz <strong>der</strong> angestrebten Rechtsharmonisierung.<br />

Daneben f<strong>in</strong>det sich, wie angedeutet, nun noch die völkerrechtliche Schicht des<br />

Menschenrechtsschutzes durch die Europäische Menschenrechtskonvention.<br />

Dies kann freilich bei richtiger Betrachtungsweise zu echten Kollisionsfällen nicht<br />

fuhren. Gegenüber nationaler Staatsgewalt ist <strong>der</strong> „doppelte Rechtsschutz"<br />

gewollt, er entspricht den oben skizzierten Bestrebungen <strong>und</strong> dem seit 1945 arti-<br />

kulierten gr<strong>und</strong>sätzlichen Mißtrauen gegen die ausschließlich staatliche Befas-<br />

sung mit Menschenrechtsverletzungen. Die Kollisionsregel ist ebenso <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Europäischen Menschenrechtskonvention <strong>der</strong>gestalt festgelegt, daß es zunächst<br />

<strong>der</strong> Erschöpfilng des nationalen Rechtsweges bedarf, bevor e<strong>in</strong>e Individualbe-<br />

schwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überhaupt zuläs-<br />

sig ist. Und gegenüber Akten <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft ist festzustellen, daß bereits heute<br />

de facto wegen des Fehlens e<strong>in</strong>es eigenständigen geme<strong>in</strong>schaftsrechtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>rechtskataloges die Europäische Menschenrechtskonvention angewendet<br />

wird. Es wird entscheidend von den entsprechenden Regelungen <strong>der</strong> zukünftig<br />

zu schaffenden europäischen Gr<strong>und</strong>rechtscharta abhängen, ob <strong>und</strong> <strong>in</strong>wieweit sie


weitergehende Petita an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte<br />

zuläßt. Notwendig wären sie aus rechtssystematischen Gründen vielleicht nicht<br />

e<strong>in</strong>mal. Denn dem Erfor<strong>der</strong>nis auch <strong>in</strong>ternationaler Überprüfbarkeit von Gr<strong>und</strong>-<br />

rechtsverletzungen wäre durch die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs<br />

<strong>in</strong> Luxemburg <strong>in</strong> genügen<strong>der</strong> Weise Rechnung getragen.<br />

Betrachtet man damit das Verhältnis <strong>der</strong> drei Rechtsordnungen, so ergibt Sich<br />

e<strong>in</strong>mal auf <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Ebene e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>bestand obiektiv eelten<strong>der</strong> zw<strong>in</strong>-<br />

D<br />

gen<strong>der</strong> Menschenrechte <strong>und</strong> zum zweiten die Notwendigkeit, das neue Gefährdungspotential<br />

durch supranationale Hoheitsakte an e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>europäischen<br />

Gr<strong>und</strong>rechtsstandard zu messen, wobei hierzu nach hiesiger Auffassung ausschließlich<br />

<strong>der</strong> EuGH berufen ist. Denn auch dieses muß e<strong>in</strong>e Konsequenz des<br />

europäischen E<strong>in</strong>igungsprozesses se<strong>in</strong>: Wie die Vorgabe des Art. 23 Abs. 1 Satz 2<br />

GG deutlich zeigt, s<strong>in</strong>d auf europäischer Ebene weit mehr Abwägungs<strong>in</strong>teressen<br />

bei <strong>der</strong> F<strong>in</strong>dung adäquaten Rechtsschutzes zu berücksichtigen, als dies im nationalen<br />

Bereich <strong>der</strong> Fall wäre. Der deutsche Gesetzgeber ist bei <strong>der</strong> Übertragung<br />

von Hoheitsrechten jeweils nur verpflichtet, e<strong>in</strong>en dem Gr<strong>und</strong>gesetz im wesentlichen<br />

vergleichbaren Gr<strong>und</strong>rechtsstandard auf supranationaler Ebene zu<br />

gewährleisten. Gerade bei <strong>der</strong> Ermittlung dieses europäischen Gr<strong>und</strong>rechtsstandards<br />

bedarf es aber e<strong>in</strong>es sehr vertieften Nachdenkens über die Vorgehensweise<br />

im materiellen wie im methodischen Bereich. Der hier vom EuGH <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

angewendete Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> wertenden Verfassungsvergleichung<br />

bedarf, damit nicht immer nur <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>ste geme<strong>in</strong>same Nenner das Ergebnis<br />

ist, im Rahmen <strong>der</strong> zu schaffenden europäischen Gr<strong>und</strong>rechtscharta e<strong>in</strong>er deutlichen<br />

<strong>und</strong> vom Gericht zu beachtenden Schärfung.. " Er hat neben die die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

jedenfalls <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit bestimmenden wirtschaftlichen Interessen,<br />

welche sich bei <strong>der</strong> bisherigen Gr<strong>und</strong>rechtsrechtsprechung des EuGH als durchaus<br />

dom<strong>in</strong>ant erwiesen haben, die ganze Palette von Individual<strong>in</strong>teressen <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Europäischen Union auch ohne direkten wirtschaftlichen Bezug zu<br />

stellen, wobei im Bereich möglicher Freiheit~beschränkun~en <strong>der</strong> schon bisher<br />

verwendete Verhältnismäßigkeitsmai3stab differenzierter anzuwenden se<strong>in</strong><br />

dürfte.<br />

2. Die <strong>in</strong>ternationale Sicherheitsordnung<br />

Im Bereich <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Sicherheitsordnung ist es zunächst das Völker-<br />

recht, welches e<strong>in</strong>e klare M<strong>in</strong>imumordnung durch die Statuierung <strong>der</strong> Normen<br />

des Gewalt- <strong>und</strong> des Interventionsverbotes (Art. 2 Ziff. 4 bzw. Art. 2 ZiK 1<br />

ChVN) konturiert. Beide Normen geben nicht nur geltendes Völkergewohn-<br />

heitsrecht wie<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d darüber h<strong>in</strong>aus ganz ohne Zweifel als Sätze des<br />

zw<strong>in</strong>genden Völkerrechts anzusehen, von denen staatlicherseits nicht abgewichen<br />

werden darf. Sie b<strong>in</strong>den damit e<strong>in</strong>erseits die Staaten, an<strong>der</strong>erseits aber auch als


Sätze zw<strong>in</strong>genden Völkerrechts die Europäischen Geme<strong>in</strong>schaften als <strong>in</strong>ternatio-<br />

nale Organisationen.<br />

Gr<strong>und</strong>konstante <strong>der</strong> Sicherheitsordnung ist das beim Sicherheitsrat <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>-<br />

ten Nationen ressortierende Gewaltmonopol. Damit darf es gr<strong>und</strong>sätzlich außer<br />

<strong>in</strong> den Fällen <strong>der</strong> Selbstverteidigung we<strong>der</strong> e<strong>in</strong> nicht vom Sicherheitsrat autori-<br />

siertes Handeln <strong>der</strong> Staaten geben, noch auch e<strong>in</strong> solches Handeln von kollekti-<br />

ven Verteidigungsorganisationen wie etwa <strong>der</strong> NATO o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union, sollte diese e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e eigeneverteidigungsidentität etwa unter <strong>der</strong> Ägide<br />

<strong>der</strong> Westeuropäischen Union erhalten, wie dies im Arnsterdamer Vertrag anvi-<br />

siert wird. Denn selbst die Ausnahme möglicher Selbstverteidigung <strong>in</strong>dividuel-<br />

ler o<strong>der</strong> kollektiver Art begrenzt die Möglichkeit <strong>in</strong>dividueller o<strong>der</strong> kollektiver<br />

Gewalt bis zu dem Zeitpunkt, an welchem <strong>der</strong> Sicherheitsrat sich <strong>der</strong> Problem-<br />

konstellation angenommen <strong>und</strong> entsprechende Maßnahmen autorisiert hat (Art.<br />

51 S. 2 ChVN).<br />

Hervorzuheben ist dabei, daß die <strong>in</strong> jüngerer Zeit etwa anhand des Kosovo-Kon-<br />

Aiktes <strong>in</strong> das Blickfeld gerückten sogenannten humanitären Interventionen, also<br />

das E<strong>in</strong>greifen e<strong>in</strong>er Staatengruppe zum Schutze frem<strong>der</strong> Staatsangehöriger auf-<br />

gr<strong>und</strong> massivster Menschenrechtsverletzungen, ke<strong>in</strong>e Ausnahme zum völker-<br />

rechtlichen Gewalt- beziehungsweise Interventionsverbot <strong>und</strong> <strong>der</strong> Nonvendig-<br />

keit e<strong>in</strong>er Autorisierung durch den Sicherheitsrat <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen bietet.<br />

Deutlich wird also im Bereich <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Sicherheitsordnung, die als<br />

e<strong>in</strong>zige Rechtsschutz<strong>in</strong>stanz den IGH <strong>in</strong> Den Haag kennt, daß das Völkerrecht<br />

die klare Rahmenordnung durch zw<strong>in</strong>gende Rechtssätze vorgibt, die deshalb auch<br />

<strong>der</strong> europäischen Rahmenordnung ihre Konturen gibt, welche ja bekanntlich<br />

mangels geme<strong>in</strong>samer europäischer Außen- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik immer noch<br />

e<strong>in</strong>e Staatenordnung <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Ordnung <strong>der</strong> Europäischen Union ist. So ist,<br />

woran es zu er<strong>in</strong>nern gilt, das völkerrechtliche Interventionsverbot sehr wohl<br />

angesprochen, wenn etwa die Sanktionen <strong>der</strong> EU gegenüber Österreich wegen<br />

dessen, e<strong>in</strong>er Mehrheit mißfallenden Regierungsbildung zu beurteilen s<strong>in</strong>d.<br />

Wenn man so will, ist diese universelle Sicherheitsordnung im übrigen auch erga<br />

omnes wirksam, also nicht nur an Staaten gerichtet. Auch e<strong>in</strong>e europäische<br />

Sicherheitsordnung, die ja <strong>der</strong>zeit allenfalls <strong>in</strong> Ansätzen besteht, würde also, wie<br />

ausgeführt, an das Gewaltmonopol des Sicherheitsrates geb<strong>und</strong>en se<strong>in</strong>.<br />

3. Die <strong>in</strong>ternationale Wirtschaftsordnung<br />

Im Bereich <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaftsordnung zeichnen sich ebenso drei<br />

Rechtskreise ab: e<strong>in</strong>erseits <strong>der</strong> des nationalen Wirtschafts(verfassungs-)rechts,<br />

zweitens <strong>der</strong> des europäischen Wirtschaftsrechts <strong>und</strong> schließlich drittens <strong>der</strong> des


Rechts <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen W~rtschafisbeziehungen. Diese Rechtskreise f<strong>in</strong>den<br />

ihre normative Gr<strong>und</strong>legung e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong> verschiedenen verfassungsrechtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen wie etwa denen <strong>der</strong> Art. 12 <strong>und</strong> 14 GG, zum an<strong>der</strong>en im Europa-<br />

recht im EG-Vertrag <strong>und</strong> schließlich - bei e<strong>in</strong>er Begrenzung auf die Welthan-<br />

delsordnung - im GATT 94 I WTO-, dem GATS-, sowie dem TRIPs-Abkom-<br />

men.<br />

Das Verhältnis des euro~äischen zum nationalen Wirtschaftsrecht wird durch die<br />

klaren Sätze des Vorrangs <strong>und</strong> <strong>der</strong> unmittelbaren Anwendbarkeit europäischen<br />

Rechts im nationalen Recht gekennzeichnet. wie sie <strong>der</strong> Euro~äische Gerichts-<br />

0 ‘<br />

hof <strong>in</strong> ständiger Rechtsprechung seit den Entscheidungen van Gend & Loos <strong>und</strong><br />

Costa .I. E.N.E.L. als erfor<strong>der</strong>lich zur Erreichung des Geme<strong>in</strong>samen Marktes<br />

bezeichnet. Weil die Europäische Geme<strong>in</strong>schaft eben nach wie vor im Kern Wirtschaftsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

ist, wird man hier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat feststellen können, daß gerade<br />

im Bereich wirtschaftlich relevanten Handelns die Überlagerung deutschen<br />

Rechts durch europäisches Recht am signifikantesten vorangeschritten ist.<br />

Zudem versucht <strong>der</strong> Gerichtshof <strong>in</strong> jüngerer Rechtsprechung durch die Berufungsmöglichkeit<br />

auf noch nicht umgesetzte Richtl<strong>in</strong>ien <strong>und</strong> durch E<strong>in</strong>fiihrung<br />

des Rechts<strong>in</strong>stituts <strong>der</strong> europäischen Staatshaftung <strong>in</strong> dogmatisch <strong>in</strong>teressanter<br />

Weise den e<strong>in</strong>zelnen ~eke<strong>in</strong>schaftsbür~er zuru~ffektkierung europäischer<br />

Rechtsdurchsetzun~ zu aktivieren <strong>und</strong> damit die durch das Souveränitätsdogma U<br />

begrenzte ~urchsetzbarkeit überstaatlichen Rechts zu umgehen.<br />

Weit ~roblematischer <strong>und</strong> auch umstrittener ist das Verhältnis <strong>der</strong> Normen des<br />

Weltwirtschaftsrechts zum nationalen <strong>und</strong> europäischen Wirtschafisrecht.<br />

Hier ist, jedenfalls <strong>in</strong> Ansätzen, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Tendenz feststellbar. Während<br />

nach wie vor e<strong>in</strong>e eher ablehnende Haltung sowohl <strong>der</strong> Staaten als auch <strong>der</strong><br />

V<br />

Europäischen Geme<strong>in</strong>schaft bezüglich e<strong>in</strong>er unmittelbaren Anwendbarkeit <strong>der</strong><br />

Normen des Welthandelsrechts zu beobachten ist. wird <strong>in</strong> iün~erer Zeit <strong>in</strong>sbe-<br />

I U<br />

son<strong>der</strong>e angesichts des zunehmenden Konstitutionalisierungsprozesses seit dem<br />

Ende <strong>der</strong> Uruguay-R<strong>und</strong>e jedenfalls <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dogmatik verstärkt über e<strong>in</strong>e Wendung<br />

zur möglicherweise bevorstehenden Akzeptanz <strong>der</strong> unmittelbaren Anwendbarkeit<br />

jedenfalls bestimmter Normen des Welthandelsrechts nachgedacht. Wenn<br />

man die Normen <strong>der</strong> Art. 111, XI GATT 94 betrachtet <strong>und</strong> sie etwa mit Art. 28<br />

<strong>und</strong> 30 EGV vergleicht <strong>und</strong> dabei zur Kenntnis nimmt, daß <strong>der</strong> Europäische<br />

Gerichtshofdas GATT-Recht gr<strong>und</strong>sätzlich als <strong>in</strong>tegralen Bestandteil des Rechts-<br />

Systems <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft betrachtet, ist zunehmende Skepsis angezeigt, ob die<br />

<strong>der</strong>zeit überwiegend noch eher ablehnende Haltung bezüglich <strong>der</strong> unmittelbaren<br />

Anwendbarkeit dieser Vorschriften noch lange aufrechtzuerhalten ist. Der<br />

e<strong>in</strong>setzende Konstituti~nalisierun~s~rozeß durch die Ergebnisse <strong>der</strong> Urugua-<br />

R<strong>und</strong>e mit dem GATT 94 <strong>und</strong> vor allem dem Streitschlichtungsforum <strong>der</strong> WO,<br />

e<strong>in</strong>ige Vorschriften des TRIPS-Abkommens mit deutlichem Individualbezug, die


Stärkung des <strong>in</strong>dividuellen Rechtszugangs <strong>in</strong> weiteren Abkommen <strong>der</strong> Uruguay-<br />

R<strong>und</strong>e <strong>und</strong> etwa die sogenannte „Preshipment Inspection", die Antidump<strong>in</strong>g-<br />

Maßnahmen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bereich des „Government Procurement" s<strong>in</strong>d alle Ausdruck<br />

<strong>der</strong> klaren Individualisierungstendenz des <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaftsrechts. Das<br />

Bedürfnis nach Rechtssicherheit im Rahmen sich verstärken<strong>der</strong> globalisieren<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>ternationaler Wirtschaftsbeziehungen wird unweigerlich den Konstitutionali-<br />

sierungsprozeß beschleunigen <strong>und</strong> schließlich schon im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Effektivierung<br />

dieser Weltwirtschaftsverfassung ganz ähnlich <strong>der</strong> Ordnung des europäischen<br />

Wirtschaftsrechts auch <strong>in</strong>dividuelle Rechtsschutzmöglichkeiten stärken müssen,<br />

was es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft als jedenfalls nicht <strong>und</strong>enkbar ersche<strong>in</strong>en läßt, e<strong>in</strong>igen Nor-<br />

men des Weltwirtschaftsrechts schließlich auch die unmittelbare Anwendbarkeit<br />

zuzuerkennen.<br />

hnliche Tendenzen <strong>der</strong> zunehmenden Herausprägung dreistufig gestalteter<br />

Rechtsordnungen s<strong>in</strong>d - bei aller hier gebotenen Vorsicht - im Bereich <strong>der</strong> frei-<br />

lich noch sehr strittigen möglichen zukünftigen Schaffung e<strong>in</strong>es Weltkartellrechts<br />

zu beobachten, die angesichts globaler Unternehmenszusammenschlüsse wahr-<br />

sche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft unabweisbar se<strong>in</strong> wird, <strong>und</strong> welche die bereits vor-<br />

handene enge Verschränkung des deutschen <strong>und</strong> europäischen Kartellrechts sozu-<br />

sagen um e<strong>in</strong>e dritte Stufe des Weltkartellrechts erweitern würde.<br />

Man kann also auch im Bereich <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaftsordnung natio-<br />

nale, regional-europäische <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Wirtschaftsverfassungen beobach-<br />

ten, die <strong>in</strong> zunehmen<strong>der</strong> Weise mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschränkt se<strong>in</strong> werden. Dabei kon-<br />

turiert das Völkerrecht wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e gewisse objektive Rahmenordnung, die <strong>in</strong><br />

zunehmenden Maße gerade im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung die europäische <strong>und</strong><br />

nationale Wirtschaftsordnung <strong>und</strong> -verfassung bee<strong>in</strong>flussen wird.<br />

III. Schlußfilgerungen<br />

Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es notwendig vorläufigen Resumees kann damit festgestellt werden,<br />

daß die Prozesse <strong>der</strong> Europäisierung <strong>und</strong> Globalisierung die drei Rechtsordnun-<br />

gen nicht mehr als völlig nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stehende, sich nicht berührende Kreise<br />

belassen, son<strong>der</strong>n immer stärkere Interdependenzen zwischen ihnen schaffen,<br />

diese also, um im Bilde zu bleiben, drei konzentrische Kreise bilden. Dabei wird<br />

etwa im Bereich des <strong>in</strong>ternationalen Wirtschafts- <strong>und</strong> des <strong>in</strong>ternationalen Kar-<br />

tellrechts oftmals vom Modellcharakter <strong>der</strong> europäischen Integration für die<br />

Schaffung <strong>in</strong>ternationaler Regeln gesprochen, was, wenn man von den Integra-<br />

tionsspezifika absieht, e<strong>in</strong>e richtige Tendenz ausdrückt. In Bezug auf die e<strong>in</strong>gangs<br />

aufgeworfenen zwei großen Rechtsprobleme können daraus Schlußfolgerungen<br />

e<strong>in</strong>erseits für die Frage <strong>der</strong> Anwendbarkeit materiellen Rechts <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits<br />

die Rechtswegewahl gezogen werden.


Zum e<strong>in</strong>en ist die Notwendigkeit zur Harmonisierzlng <strong>der</strong> Rechtsnormen erkenn-<br />

bar, die tendenziell <strong>der</strong> Regel folgen sollte, daß materiellrechtlich deutliche Vor-<br />

rangbeziehungen zwischen den Rechtskreisen erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d. Dabei ist das<br />

europäische Recht bei <strong>der</strong> Schaffung von Vorrangbeziehungen gegenüber natio-<br />

nalem Recht bereits am weitesten. Basierend auf <strong>der</strong> Überzeugung <strong>der</strong> Notwen-<br />

digkeit e<strong>in</strong>er Effektivierung des Geme<strong>in</strong>samen Marktes gilt <strong>der</strong> generelle Vorrang<br />

europäischen Rechts. Wegen <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich nur Staatenverpflichtungen her-<br />

vorrufenden Normen des Völkerrechts s<strong>in</strong>d Vorrangbeziehungen im Verhältnis<br />

von <strong>in</strong>ternationalem zu regionalem <strong>und</strong> nationalem Recht nur <strong>in</strong> begrenztem<br />

Umfang zu verzeichnen, namentlich dort, wo das Völkerrecht Sätze des ius cogens<br />

ausgeprägt hat. Zudem ist, wie gezeigt, im Rahmen <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wirt-<br />

schaftsordnung e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Berufungsmöglichkeit auf bestimmte Normen<br />

des Welthandelsrechts absehbar.<br />

Zum an<strong>der</strong>en wird bezüglich des Rechtsschutzes <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e des Individu-<br />

alschutzes, e<strong>in</strong> solcher im Gr<strong>und</strong>satz immer auf <strong>der</strong> Problernebene zu garantieren<br />

se<strong>in</strong>, wo die angemessene Lösung nach konsensualer Überzeugung <strong>der</strong> Staaten<br />

stattf<strong>in</strong>den soll. Hier bedarf es aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausdifferenzierung <strong>der</strong> Menschen-<br />

rechtsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg jeweils jedenfalls e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternatio-<br />

nalen Berufungsmöglichkeit, um e<strong>in</strong>en willkürlichen e<strong>in</strong>zelstaatlichen Ausschluß<br />

<strong>in</strong>dividuellen Rechtsschutzes zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

Dabei wird immer deutlicher, dai3 im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung <strong>der</strong> bereits<br />

ansatzweise ersichtliche Trend <strong>der</strong> Schaffung völkerrechtlicher Rahmenordnun-<br />

gen, etwa des Menschenrechtsschutzes, <strong>der</strong> Sicherheitsordnung <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>terna-<br />

tionalen Handelsordnung <strong>in</strong> zunehmendem Maße auch konstituierend für regio-<br />

nale <strong>und</strong> nationale Rechtsordnungen werden kann; gerade auf das Völkerrecht<br />

kommt hier also e<strong>in</strong>e wesentliche Ordnungsfunktion zu.<br />

Materiellrechtliche Vorranebeziehuneen " " setzen Staatenkonsens über die für die<br />

Erledigung e<strong>in</strong>er Aufgabe angemessene Erfüllungsebene voraus. Die Abgrenzung<br />

<strong>der</strong> A~f~abenerfüllun~sebenen könnte sich <strong>in</strong> Zukunft dabei stärker am Gr<strong>und</strong>satz<br />

<strong>der</strong> Subsidiarität orientieren, welcher bereits zum geme<strong>in</strong>schaftsrechtlichen<br />

Leitpr<strong>in</strong>zip (vgl. Art. 2 E W i.V. Art. 5 I1 EGV) geworden <strong>und</strong> auch im globalen<br />

Rahmen ansatzweise erkennbar ist. Die Schaffung von <strong>in</strong>ternationalen Kompetenzkatalogen<br />

ist <strong>der</strong>zeit nicht sehr wahrsche<strong>in</strong>lich. Insofern gilt es, den prozeduralen<br />

Gehalt des Subsidiaritätsgr<strong>und</strong>satzes zur A~fgabenabgrenzun~ zwischen<br />

Geme<strong>in</strong>schaften <strong>und</strong> Mitgliedstaaten <strong>und</strong> darüberh<strong>in</strong>aus zwischen<br />

niedrigerer <strong>und</strong> höherer E<strong>in</strong>heit (Staat <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Organisationen)<br />

fruchtbar zu machen. Der Subsidiaritätsgr<strong>und</strong>satz ist als Beweislastverteilregel,<br />

basierend auf dem Gr<strong>und</strong>satz staatlicher Souveränität, Gr<strong>und</strong>lage e<strong>in</strong>es rationalen<br />

Diskurses über die Wahl <strong>der</strong> problemangemessenen Erhllungsebene. Er ist<br />

<strong>in</strong>sofern auch als justiziabel zu bezeichnen <strong>und</strong> bestimmt zentral das Bezie-


hungsgefüge zwischen Staaten <strong>und</strong> den <strong>in</strong>ternationalen Organisationen. Dabei<br />

ist Subsidiarität natürlich ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>bahnstraße, son<strong>der</strong>n kann ebenso die Rück-<br />

verlagerung von Aufgaben auf e<strong>in</strong>e niedrigere Erfüllungsebene implizieren.<br />

Die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland sche<strong>in</strong>t als kooperationsoffener Verfassungs-<br />

staat mit ihrer offenen Verfassung für diesen Proze13 relativ gut gewappnet. Die<br />

Artikel 23, 24, 25 des Gr<strong>und</strong>gesetzes geben genügend Flexibilität, um unseren<br />

Staat <strong>in</strong>stand zu setzen, an <strong>der</strong> aufgabenangemessenen Erfüllung <strong>und</strong> Wahl <strong>der</strong><br />

entsprechenden Erfüllungsebene mitzuwirken. Es ersche<strong>in</strong>t mir <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang allerd<strong>in</strong>gs zum<strong>in</strong>dest erwägenswert, im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisie-<br />

rung vom Kooperationsaufirag des Art. 24 Abs. 1 GG, nämlich <strong>der</strong> Übertragung<br />

von Hoheitsrechten auch auf <strong>in</strong>ternationale Organisationen außerhalb <strong>der</strong><br />

Europäischen Union, <strong>in</strong> verstärktem Umfang Gebrauch zu machen.<br />

Insgesamt betrachtet ist, wie zu hoffen ist, an dieser kle<strong>in</strong>en Problemskizze deut-<br />

lich geworden, daß die gerade von Völkerrechtlern immer wie<strong>der</strong> begeistert<br />

betriebene Diskussion um das Verhältnis von staatlichem Recht <strong>und</strong> Völkerrecht<br />

nicht mehr so e<strong>in</strong>deutig, wie dies lange Zeit <strong>der</strong> Fall zu se<strong>in</strong> schien, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es<br />

auch nur gemäßigt zu verstehenden Dualismus, also e<strong>in</strong>es sich Gegenüberstehens<br />

von staatlicher <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationaler Ordnung zu verstehen ist. Vielmehr zeichnet<br />

sich gerade im Zeitalter <strong>der</strong> Europäisierung <strong>und</strong> Globalisierung immer deutli-<br />

cher das Bild des Entstehens e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Rechtsgeme<strong>in</strong>schaft im S<strong>in</strong>ne<br />

Hermann Moslers ab, <strong>in</strong> <strong>der</strong> das Völkerrecht als Rahmenordnung als e<strong>in</strong>e Art<br />

„Verfassung <strong>der</strong> Weltgeme<strong>in</strong>schaft" im S<strong>in</strong>ne von Alfred Verdross mit zu ihr <strong>in</strong><br />

spezifischer Beziehung stehenden regionalen <strong>und</strong> nationalen Rechtsordnungen<br />

für e<strong>in</strong>e im Kern eher als e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit zu verstehende Rechtsordnung anzusehen<br />

ist, wie das Hans Kelsen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er allerd<strong>in</strong>gs streng monistischen Sicht angedeu-<br />

tet hat.<br />

Im S<strong>in</strong>ne Kelsens ist daraus auch e<strong>in</strong> gewisser Stufenbau abzuleiten. Auf <strong>der</strong> obersten<br />

Ebene f<strong>in</strong>den sich die Sätze desYzw<strong>in</strong>genden Völkerrechts, über die jedenfalls<br />

im Gr<strong>und</strong>satz E<strong>in</strong>igkeit besteht. Hierzu gehören etwa das Verbot des Völkermordes,<br />

die ~eachtu& <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>legendenMenschenrechte, das Aggressions<strong>und</strong><br />

Intewentionsverbot. Derartige Rechtssätze gelten, auch ohne da13 sie unbe-<br />

U U '<br />

d<strong>in</strong>gt von allen Staaten akzeptiert werden müssen als e<strong>in</strong>e Art objektive Ordnung,<br />

<strong>und</strong> gelten deshalb auch direkt als Rechtssätze mit Verfassungsrang <strong>und</strong> zwar für<br />

öffentliche wie auch für private Akteure <strong>in</strong> den nationalen Rechtsordnungen.<br />

Unterhalb dieser obersten Schicht aller Rechtssätze ist nun e<strong>in</strong>e sektorale Seg- "<br />

menrierung des Rechtes etwa im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen <strong>und</strong> europäischen<br />

Wirtschaftsordnung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen <strong>und</strong> euro~äischen Menschen-<br />

U<br />

rechtsordnung zu beobachten. Innerhalb dieser Teilordnungen wird jeweils nach<br />

Ma13~abe <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>sätze <strong>der</strong> Souveränität <strong>und</strong> Subsidiarität auf e<strong>in</strong>e ~roble-<br />

0<br />

mangemessene Lösungsebene abzuzielen se<strong>in</strong> mit dem entsprechenden dort<br />

31


anzusiedelnden Rechtsschutz <strong>und</strong> unter Beachtung allgeme<strong>in</strong> konsentierter,<br />

divergente Interessen berücksichtigen<strong>der</strong> Wertungs- <strong>und</strong> methodischer Maß-<br />

stäbe.<br />

Wesentlich ist dabei also das Verständnis, daß es im Gr<strong>und</strong>satz die Perspektive<br />

e<strong>in</strong>er weltumspannenden Rechtsordnung gibt, die allerd<strong>in</strong>gs nur für bestimmte<br />

Sätze des zw<strong>in</strong>genden Völkerrechts heute schon allgeme<strong>in</strong>verb<strong>in</strong>dlich ist, wobei<br />

alle Probleme, basierend auf <strong>der</strong> Entscheidung <strong>der</strong> souveränen Nationalstaaten,<br />

jeweils auf e<strong>in</strong>er angemessenen Ebene zu lösen s<strong>in</strong>d. Unter diesem Aspekt gew<strong>in</strong>nt<br />

nun die Idee <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Rechtsordnung, wie sie immer wie<strong>der</strong> etwa die deut-<br />

sche verfassungsrechtliche Diskussion bestimmt, e<strong>in</strong>e ganz neue <strong>und</strong> me<strong>in</strong>es<br />

Erachtens zukunftsweisende Dimension. Rechtssystematisch betrachtet wird sich<br />

<strong>der</strong> Europäisierungsprozeß im Globalisierungsprozeß im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er weiteren<br />

Annäherung an die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Rechtsordnung fortsetzen. Die Globalisierung<br />

kann also <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat, um auf die e<strong>in</strong>gangs aufgeworfene Frage zurückzukommen,<br />

als e<strong>in</strong>e Fortsetzung <strong>der</strong> Europäisierung bezeichnet werden.<br />

Schlußbemerkungen<br />

Wie aus dem Vorgesagten leicht zu erkennen ist, ist hieraus auch e<strong>in</strong>e wesentli-<br />

che Konsequenz für die Arbeit <strong>der</strong> Rechtswissenschaft abzuleiten. Es ist dies die<br />

Notwendigkeit rechtsgebietsübergreifen<strong>der</strong> Zusammenarbeit, namentlich im<br />

nationalen <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Zusammenhang. Dafür bietet me<strong>in</strong>es Erachtens<br />

das Rechtszentrum fiir <strong>in</strong>ternationale <strong>und</strong> europäische Zusammenarbeit mit sei-<br />

nen drei Abteilungen, dem Recht <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaft, dem Wirt-<br />

schaftsrecht <strong>in</strong> Europa sowie dem Völker- <strong>und</strong> Europarecht hervorragende Vor-<br />

aussetzungen. Zu dieser zukunftsweisenden Zusammenarbeitsform me<strong>in</strong>en Bei-<br />

trag leisten zu können erfüllt mich deshalb mit großer Freude. Me<strong>in</strong> Dank geht<br />

somit e<strong>in</strong>mal an die Hertie-Stiftung dafür, daß sie diesem zukunftsweisenden Pro-<br />

jekt auch <strong>in</strong> Zukunft ihre ideelle <strong>und</strong> vor allem auch f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung<br />

zuteil werden läßt, zum zweiten an Herrn Kollegen Stern für die wichtige Auf-<br />

bauarbeit <strong>in</strong> Abteilung 2, sowie schließlich natürlich an die Herren Kollegen<br />

Horn <strong>und</strong> Baur. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen <strong>und</strong> den<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeitern des R.I.Z.

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