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Wir unternehmen etwas gegen Krebs. - Antisense Pharma

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Harpreet Singh, Gründer und<br />

Forschungsvorstand von Immatics.<br />

Das Unternehmen beschäftigt in<br />

Tübingen und München 65 Mitarbeiter.<br />

16 pw 04.08


„<strong>Wir</strong> <strong>unternehmen</strong><br />

<strong>etwas</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Krebs</strong>.“<br />

<strong>Krebs</strong> entsteht, wenn das menschliche Immunsystem blind <strong>gegen</strong>über Tumorzellen wird. Deutsche Wissenschaftler haben vielversprechende<br />

Strategien entwickelt, um das Immunsystem von Tumorpatienten in die Lage zu versetzen, <strong>Krebs</strong> zu erkennen<br />

und zu eliminieren. Jetzt versuchen sie als Unternehmer, daraus ein Medikament zu entwickeln. Gelingt dies, winkt ein einzigartiger<br />

Unternehmerlohn: Wohlstand für sich selbst und Leben für uns alle.


BIOTECH-FORSCHUNG how to earn it<br />

E<br />

s war ein sehr bewegender Moment.“ Harpreet<br />

Singh, <strong>Krebs</strong>forscher, Gründer und wissenschaftlicher<br />

Leiter des Tübinger Biotechnologie-Unternehmens<br />

Immatics Biotechnologies erinnert sich gut an den<br />

Tag im Jahr 2006, als zum ersten Mal Ergebnisse klinischer<br />

Versuche mit dem neuartigen <strong>Krebs</strong>impfstoff des Unternehmens<br />

auf seinem Schreibtisch landeten.<br />

Wie hatten die Patienten den Impfstoff vertragen? Wie hatten<br />

sie reagiert? „Die Ergebnisse zeigten nicht nur, dass der Impfstoff<br />

sicher und gut verträglich war, sondern auch, dass mehr<br />

als 70 Prozent der Patienten weiße Blutkörperchen gebildet<br />

hatten, die sich spezifisch <strong>gegen</strong> ihre <strong>Krebs</strong>zellen richteten. Bei<br />

etwa einem Drittel der Patienten, deren Immunantwort besonders<br />

ausgeprägt war, konnten wir sogar feststellen, dass die<br />

Erkrankung zum Stillstand gekommen oder der Tumor zurückgegangen<br />

war. <strong>Wir</strong> waren überglücklich.“<br />

Ein Impfstoff <strong>gegen</strong> <strong>Krebs</strong>. Damit das eigene Immunsystem<br />

den Tumor bekämpfen kann. Ohne die Nebenwirkungen der<br />

Chemotherapie. Welch eine Idee!<br />

„Schon als Student wollte ich – auch weil die eigene Familie<br />

betroffen war – alles über die Bedeutung des Immunsystems<br />

für <strong>Krebs</strong> wissen“, erzählt der in Deutschland geborene Singh,<br />

der zunächst Chemie in Darmstadt, danach Biochemie in Tübingen<br />

studierte. „Damals strebte ich noch eine akademische<br />

Karriere an. Doch dann wurde in der Abteilung für Immunologie<br />

der Uni Tübingen unter der Leitung von Prof. Hans-<br />

Georg Rammensee eine Entdeckung gemacht, mit der sich<br />

Tumore auf völlig neue Weise charakterisieren ließen. Uns war<br />

klar, dass damit das Tor zu einer besseren Diagnose und<br />

Therapie von <strong>Krebs</strong> aufgestoßen war.“<br />

<strong>Krebs</strong> kann heute zwar früher erkannt und erfolgreicher behandelt<br />

werden – die <strong>Krebs</strong>sterblichkeit ging von 1980 bis<br />

2006 um mehr als 20 Prozent zurück –, aber noch immer ist<br />

die Erkrankung mit über 200 000 Toten pro Jahr die zweithäufigste<br />

Todesursache in Deutschland. Dabei sterben die<br />

meisten <strong>Krebs</strong>patienten nicht am sogenannten Primärtumor,<br />

sondern an Metastasen, die sich Monate oder Jahre nach der<br />

operativen Entfernung des Tumors irgendwo im Körper bilden.<br />

Unentdeckt und unbehelligt vom eigenen Immunsystem.<br />

Hier setzt die Tübinger Erfindung an. „<strong>Wir</strong> waren überzeugt,<br />

dass wir <strong>etwas</strong> wirklich Wichtiges entdeckt hatten – <strong>etwas</strong>, das<br />

Patienten ganz konkret helfen kann, aber das musste natürlich<br />

klinisch überprüft werden.“ Nun ging es darum, eine wirksame<br />

Therapie, einen Impfstoff zu generieren. „Viele Menschen<br />

30 18 pw 04.08 04.10<br />

glauben ja, dass neue Medikamente an Universitäten oder<br />

staatlichen Forschungseinrichtungen entwickelt werden“, erläutert<br />

Singh, „aber dort gibt es weder das dafür nötige Geld<br />

noch die entsprechenden Ressourcen.“<br />

An der Uni geht alles viel zu langsam. Bei der ersten klinischen<br />

Studie, die Singh noch dort durchführte, vergingen zwei Jahre,<br />

bis die benötigten 20 Patienten gefunden wurden. „Raschen<br />

Fortschritt“, macht Singh klar, „schaffen nur Unternehmer.<br />

Als Unternehmen konnten wir zum Beispiel 30 Patienten in<br />

weniger als drei Monaten für die nächste Studie rekrutieren.“<br />

Also gründet Singh mit seinen Kollegen Toni Weinschenk und<br />

Niels Emmerich die Firma Immatics, die 2002 die Rechte an<br />

der Erfindung von der Universität übernimmt und eine Reihe<br />

von eigenen Patenten anmeldet. Das Geld für die Gründung<br />

bringen die drei aus eigenen Mitteln auf. „Ich habe damals<br />

noch als Student mein gesamtes bescheidenes Vermögen und<br />

das meiner Freundin, die mittlerweile meine Ehefrau ist, investiert“,<br />

so Singh. „Außerdem stieg noch der Kinderbuchverleger<br />

Hansjörg Weitbrecht als Business Angel ein.“<br />

So ähnlich beginnen viele Gründerstorys. Ambitionierte Forscher<br />

machen sich auf einen langen Weg auf völlig unbekanntes<br />

Terrain. In der Biotechnologie gehen diese Geschichten<br />

allerdings <strong>etwas</strong> anders weiter als in anderen Tech-Sektoren.<br />

Die Produktentwicklung dauert Jahre, ist riskant und kostet<br />

sehr viel Geld. Biotech-Entrepreneure behalten darum auch<br />

nicht auf ewig die Kontrolle über ihr Unternehmen. Weil viele<br />

Finanzierungsrunden ihren Anteil verwässern, gehen die Gründer<br />

der ersten Stunde oft wieder in die Forschungsabteilung ihres<br />

Unternehmens zurück – oder gründen immer wieder neu.<br />

„Natürlich kann das Ergebnis am Ende auch lukrativ sein“,<br />

sagt Singh, „aber für uns stand zunächst einmal im Vordergrund,<br />

die universitäre Erfindung in ein Produkt zu verwandeln,<br />

das einen klaren Nutzen für <strong>Krebs</strong>patienten bringt. Das<br />

ist auch heute noch unser wichtigstes Anliegen.“<br />

Menschen wie Harpreet Singh gibt es einige in Deutschland.<br />

Sie heißen Karl-Hermann Schlingensiepen, Patrick Baeuerle<br />

oder Özlem Türeci. Sie alle kommen aus universitärem Umfeld,<br />

gründeten Firmen wie <strong>Antisense</strong> <strong>Pharma</strong>, Micromet oder<br />

Ganymed. Und haben dadurch Deutschland bei der Entwicklung<br />

von Immuntherapien <strong>gegen</strong> <strong>Krebs</strong> mit an die Weltspitze<br />

katapultiert. „Deutschland hat traditionell eine sehr starke immunologische<br />

Grundlagenforschung, die Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

mit Paul Ehrlich begann“, erklärt Stefan Endres, Immunologe<br />

an der Ludwig-Maximilians-Universität München.


„Bis heute leistet die Forschung in Deutschland kontinuierlich<br />

bedeutende Beiträge zur Immunologie.“<br />

Paul Ehrlich – 1908 für die Begründung der Immunologie mit<br />

dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet – war auch der Erste,<br />

der die Hypothese aufstellte, die Entstehung von <strong>Krebs</strong>zellen<br />

werde erst dann zum Problem, wenn die Immunabwehr diese<br />

Zellen nicht mehr eliminiert – ein Ansatz, der erst in der zweiten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder aufgegriffen und systematisch<br />

untersucht wurde. Heute wissen wir, dass Ehrlich<br />

Recht hatte. Tag für Tag laufen in unserem Organismus Zehntausende<br />

von Zellen aus dem Ruder. Schadstoffe, Strahlung<br />

oder ganz normale Alterungsprozesse verändern deren Erbgut.<br />

Sie beginnen sich unkontrolliert zu teilen.<br />

Unser Immunsystem ist normalerweise sehr gut in der Lage,<br />

solche Zellen aufzuspüren und zu eliminieren, bevor sie Schaden<br />

anrichten können. Doch manchmal führen die Veränderungen<br />

dazu, dass die geschädigten Zellen vom Immunsystem<br />

nicht als gefährlich erkannt werden. Ihre Zelloberfläche trägt<br />

sozusagen eine Tarnkappe, die sie vor einer Entdeckung und<br />

Eliminierung bewahrt. So können sie sich unkontrolliert vermehren<br />

und ihre Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen<br />

organisieren – es wächst ein Tumor heran, der schon ab einem<br />

Durchmesser von ein, zwei Millimetern dafür sorgt, dass Blutgefäße<br />

in ihn hineinwachsen.<br />

Das ist dann der Zeitpunkt, an dem der <strong>Krebs</strong> zu „streuen“<br />

beginnt. Einzelne Tumorzellen sondern sich ab und gelangen<br />

über Blut und Lymphe in andere Teile des Körpers, wo sie<br />

Monate oder Jahre schlummern können, um dann plötzlich<br />

Metastasen zu bilden.<br />

Gelänge es, den <strong>Krebs</strong>zellen die Tarnkappe zu entreißen oder<br />

sie dahinter sichtbar zu machen, wäre das menschliche Immunsystem<br />

vermutlich wieder sehr gut in der Lage, mit den<br />

nach einer Operation im Körper verbliebenen <strong>Krebs</strong>zellen fertig<br />

zu werden – Hilfe zur Selbsthilfe.<br />

Genau darauf zielen die <strong>Wir</strong>kstoffe von <strong>Antisense</strong> <strong>Pharma</strong>,<br />

Ganymed, Immatics und Micromet ab (Kasten, Seite 21). Deren<br />

positive <strong>Wir</strong>kung könnte dann auch nach Absetzen des<br />

Medikaments anhalten – ein völlig anderer Ansatz als beispielsweise<br />

die Chemotherapie, die alle sich teilenden Zellen<br />

abtötet, schwere Nebenwirkungen mit sich bringt und deren<br />

Effekt vorbei ist, sobald das Medikament abgesetzt wird.<br />

„Bis diese Ideen umgesetzt werden können, so dass am Ende<br />

eine Therapie entsteht, die <strong>Krebs</strong>kranken nutzt“, sagt Patrick<br />

Baeuerle, Forschungsvorstand des in München ansässigen ><br />

how to earn it XXXXXXXXX


deutsch-amerikanischen Unternehmens Micromet, „ist neben<br />

exzellenter Forschung und Entwicklung allerdings viel Optimismus<br />

und vor allem viel Geduld und Geschick nötig.“<br />

Bevor ein Medikamentenkandidat überhaupt an Menschen erprobt<br />

werden kann, vergehen viele Jahre mit aufwändigen Laboruntersuchungen,<br />

Tests an Zellen, Geweben und Versuchstieren.<br />

Erst wenn die Behörden dann ihr Einverständnis erteilt<br />

haben, beginnt die sogenannte klinische Entwicklung, die üblicherweise<br />

in drei Phasen verläuft: In Phase I wird das Medikament<br />

in langsam ansteigender Dosierung auf Sicherheit und<br />

Verträglichkeit geprüft, in Phase II testen unabhängige Mediziner<br />

in Doppelblindversuchen, ob es wirkt, und in der letzten<br />

Phase wird dann die <strong>Wir</strong>ksamkeit im Vergleich zu bestehenden<br />

Therapien an einer großen Zahl von Patienten in einer<br />

sogenannten Zulassungsstudie im Detail untersucht.<br />

„<strong>Wir</strong> haben vor zehn Jahren mit der Entwicklung unseres<br />

Antikörpers begonnen“, illustriert Baeuerle. „Nach sehr guten<br />

ersten klinischen Ergebnissen an Blutkrebs-Patienten – einige<br />

sind nach der Behandlung schon seit über zwei Jahren ohne<br />

Rückfall – konnten wir in diesem Jahr eine Zulassungsstudie<br />

starten. Wenn alles klappt, werden die Ergebnisse in drei bis<br />

vier Jahren vorliegen. Sind sie so gut, wie wir hoffen, werden<br />

noch einmal einige Monate vergehen, bis wir eine Entscheidung<br />

der Behörden über eine Zulassung in der Hand halten.“<br />

Alles in allem dauert die Entwicklung eines neuen <strong>Krebs</strong>medikaments<br />

zwölf bis 15 Jahre und verschlingt in der Regel<br />

dreistellige Millionenbeträge – Geld, das zunächst vorwiegend<br />

von Risikokapitalgebern stammt, ergänzt durch private Mittel<br />

der Gründer und Fördermittel von Bund und Ländern.<br />

„Natürlich gibt es theoretisch auch die Möglichkeit, eine<br />

<strong>Pharma</strong>firma schon für ein erstes Forschungsergebnis zu begeis-tern“,<br />

ergänzt Özlem Türeci, Gründerin und zugleich Geschäftsführender<br />

und Wissenschaftlicher Vorstand der Ganymed<br />

<strong>Pharma</strong>ceuticals AG. „<strong>Wir</strong> haben das 2001 auch versucht,<br />

haben aber letztlich feststellen müssen, dass die Ansätze,<br />

die in einem akademischen Umfeld entwickelt werden, für<br />

ein großes <strong>Pharma</strong><strong>unternehmen</strong> noch viel zu wenig untermauert<br />

sind, um eine kommerzielle Tragfähigkeit abschätzen<br />

zu können.“ <strong>Pharma</strong>firmen warten lieber ab, bis erste <strong>Wir</strong>ksamkeitsnachweise<br />

vorliegen.<br />

Karl-Hermann Schlingensiepen, Gründer und Geschäftsführer<br />

des Regensburger Biotech-Unternehmens <strong>Antisense</strong> <strong>Pharma</strong>.


Daher gibt es für ambitionierte Wissenschaftler in der Regel<br />

nur eine Alternative: Sie müssen diese Entwicklung selbst in<br />

die Hand nehmen und ihr akademisches Umfeld verlassen.<br />

Wie steinig dieser Weg ist, hat Harpreet Singh erlebt. „<strong>Wir</strong> haben<br />

ab dem Jahr 2000 über eine Unternehmensgründung<br />

Immuntherapie <strong>gegen</strong> <strong>Krebs</strong> – vier Wege, ein Ziel.<br />

<strong>Antisense</strong> <strong>Pharma</strong>, Ganymed, Micromet und Immatics rücken dem <strong>Krebs</strong><br />

auf unterschiedliche Art und Weise zu Leibe. Gut möglich, dass alle vier<br />

Konzepte am Ende zu einem Medikament führen. Denn bei etwa 200 verschiedenen<br />

<strong>Krebs</strong>arten und Tumoren, die je nach genetischer Ausstattung<br />

unterschiedlich auf bestimmte Medikamente reagieren, ist Raum<br />

für viele Ansätze und möglicherweise auch Kombinationstherapien.<br />

// <strong>Antisense</strong> <strong>Pharma</strong> versucht, mit dem <strong>Wir</strong>kstoff Trabedersen die Bildung<br />

des sogenannten TGF-beta2 zu verhindern. „Das ist ein Stoff, der<br />

in gesunden Zellen eines Erwachsenen nichts zu suchen hat“, erklärt<br />

Firmenchef Karl-Hermann Schlingensiepen. „Wenn TGF-beta2 beim Erwachsenen<br />

von <strong>Krebs</strong>zellen gebildet wird, verhindert es die Erkennung<br />

der durch Zellentartung fremd gewordenen Tumorzellen und sorgt zusätzlich<br />

für das explosionsartige Wachstum sowie die Ausbreitung von<br />

Tumoren durch die gefürchteten Metastasen.“ Trabedersen macht den<br />

Bauplan des TGF-beta2 unlesbar, so dass die Erkennung von Tumorzellen<br />

wieder möglich wird. „Dann kann das Immunsystem wieder seine Arbeit<br />

machen. <strong>Wir</strong> wissen heute, dass es im Prinzip in der Lage ist, jede<br />

einzelne <strong>Krebs</strong>zelle im Körper aufzuspüren und zu zerstören.“<br />

// Immatics Biotechnologies sucht tumorspezifische Oberflächenstrukturen<br />

und bildet diese Strukturen – sogenannte tumorassoziierte Peptide<br />

– in Form von kurzen Eiweißbruchstücken künstlich nach und kombiniert<br />

sie zu einem Impfstoff, der <strong>Krebs</strong>patienten verabreicht wird. „Der<br />

Patient erhält den Peptid-Cocktail zusammen mit einem Hilfsstoff in die<br />

Haut gespritzt“, sagt Singh. „Dort trifft die Mischung auf einen bestimmten<br />

Typ von Abwehrzellen. Diese nehmen die Peptide auf und erzeugen<br />

ein Signal, das eine zweite Gruppe von Immunzellen, die T-Zellen,<br />

aktiviert und in sogenannte Killerzellen verwandelt.“ Die Killerzellen<br />

machen sich dann auf, um nach dem Peptid-Motiv zu suchen. Zellen,<br />

die zu diesem „immunologischen Steckbrief“ passen, werden abgetötet.<br />

Gleichzeitig wandert der Steckbrief in das Immungedächtnis, so<br />

dass auch Jahre nach der Impfung noch Schutz bestehen kann. „Der<br />

how to earn it BIOTECH-FORSCHUNG<br />

nachgedacht und waren damals der Ansicht, dass unser Konzept<br />

wesentlich tragfähiger war als das vieler anderer Unternehmen,<br />

die zu dieser Zeit den sogenannten Neuen Markt bevölkerten.<br />

Doch dann platzte die Börsen-Blase und es war fast<br />

unmöglich, Kapital einzuwerben.“ ><br />

Vorteil unseres Ansatzes ist, dass wir nicht nur genau wissen, welche<br />

Oberflächenstrukturen der <strong>Krebs</strong>zelle wir angreifen, sondern dass wir<br />

auch gleich mehrere Strukturen des Tumors gleichzeitig angehen. Damit<br />

sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die <strong>Krebs</strong>zelle der Immunantwort<br />

entgeht“, so Singh.<br />

// Ganymed <strong>Pharma</strong>ceuticals sucht ebenfalls nach charakteristischen<br />

Strukturen, die nur auf der Oberfläche von <strong>Krebs</strong>zellen vorkommen. Da<strong>gegen</strong><br />

entwickelt das Unternehmen Antikörper, die dem Patienten verabreicht<br />

werden. Diese spüren die passenden Gegenstücke im Körper<br />

auf, verbinden sich mit ihnen und geben damit das Startsignal zu deren<br />

Zerstörung. „Nur wenn man wirklich zu 100 Prozent krebsspezifische<br />

Strukturen gefunden hat, kann man den Antikörper so potent machen<br />

und so hoch dosieren, wie es sinnvoll ist“, erläutert Özlem Türeci, Gründerin<br />

der Ganymed <strong>Pharma</strong>ceuticals AG, die Strategie. „Ohne diese Information<br />

müsste sozusagen mit angezogener Handbremse gefahren<br />

werden, weil die volle Zerstörungskraft der Antikörper sich dann unausweichlich<br />

auch <strong>gegen</strong> normale Zellen richten würde. Solche krebsspezifischen<br />

Strukturen zu finden, gleicht der Suche nach der sprichwörtlichen<br />

Nadel im Heuhaufen. Aber wir haben gezeigt, dass wir das können.“<br />

// Micromet entwickelt einen völlig neuen Typus von Antikörpern. „Unsere<br />

sogenannten BiTE-Antikörper“, erläutert Dr. Patrick Baeuerle, Forschungsvorstand<br />

des in München gegründeten Biotechnologie-Unternehmens,<br />

„binden sich nicht nur an eine bestimmte, charakteristische<br />

Oberflächenstruktur auf Tumorzellen, sondern auch an eine zweite Struktur<br />

auf T-Zellen, den stärksten Immunzellen in unserem Körper. Sie sind<br />

also bi-spezifisch, daher der Name BiTE, der für ‚bispezifische, T-Zellenengagierende<br />

Antikörper‘ steht. Durch diese Eigenschaft führen BiTE-<br />

Antikörper die für <strong>Krebs</strong>zellen tödlichen T-Zellen aktiv an den Tumor heran<br />

und veranlassen sie, die Tumorzellen effektiv zu zerstören. Danach<br />

können die T-Zellen sich gleich die nächste <strong>Krebs</strong>zelle vornehmen. <strong>Wir</strong><br />

benötigen hierfür nur geringste Mengen des Medikaments.“<br />

04.10 pw 21


RIEDEL GLASS WORKS how to earn it<br />

Patrick Baeuerle, Forschungsvorstand<br />

von Micromet. Das in München<br />

ansässige deutsch-amerikanische<br />

Unternehmen beschäftigt in München<br />

und Bethesda (USA) 120 Mitarbeiter.<br />

30 pw 04.08


Die erste Finanzierungsrunde abzuschließen – es ging um acht<br />

Millionen Euro –, dauerte zwei Jahre. „<strong>Wir</strong> haben in dieser<br />

Zeit mehr als 100 Investoren abgeklappert. Geboten wurde<br />

meist sehr wenig Kapital für einen sehr hohen Anteil am<br />

Unternehmen. Und auch bei der Due Diligence, der Überprüfung<br />

der Tragfähigkeit unseres Konzepts, waren potenzielle<br />

Investoren extrem kritisch. Wenn von vier Gutachtern, die ein<br />

Investor einsetzte, nur einer Zweifel äußerte, war es vorbei.“<br />

Den Jungunternehmern war klar: Lange würde das Kapital<br />

nicht mehr reichen. Um Kosten zu sparen, übernachteten sie<br />

auf ihrer „Road Show“ nur in Jugendherbergen und Billighotels.<br />

„Entdeckt hat uns dann schließlich Rainer Strohmenger<br />

von der Risikokapitalfirma Wellington Partners. Er hat schon<br />

immer an uns geglaubt und uns tatkräftig unterstützt.“<br />

Als Strohmenger die Firma zum ersten Mal sieht, hat sie noch<br />

keinen einzigen Mitarbeiter. Da sind nur Singh selbst, Weinschenk<br />

und Emmerich, der zu dieser Zeit noch bei McKinsey<br />

arbeitet. Der VC-Investor aus München, studierter Mediziner,<br />

ist einer von wenigen in der Branche, die zu dieser Zeit damit<br />

rechnen, dass <strong>Krebs</strong>-Impfstoffe funktionieren könnten. Er<br />

hilft, den Businessplan zu fokussieren, begleitet die Unternehmer<br />

zu Investoren und bringt schließlich irgendwann Erich<br />

Schlick dazu, sich die Idee anzusehen. Schlick ist damals<br />

Direktor bei 3i Healthcare Deutschland – einer der großen<br />

Investoren in Europa. Er urteilt: „Ein spannendes Konzept.“<br />

„Danach war es leichter“, erinnert sich Strohmenger, „nun kamen<br />

andere, die sagten: ‚Wenn Wellington und 3i das machen,<br />

sind wir auch dabei.‘“<br />

Mittlerweile hat Immatics zwei weitere Finanzierungsrunden<br />

erfolgreich hinter sich gebracht. Mit dem SAP-Gründer Dietmar<br />

Hopp und den Hexal-Gründern Thomas und Andreas<br />

Strüngmann sind auch bekannte Privatinvestoren mit an Bord.<br />

Sie alle haben insgesamt 108 Millionen Euro investiert – und<br />

hegen hohe Erwartungen: „Immatics kann einmal ganz groß<br />

werden“, meint Strohmenger, „die <strong>Krebs</strong>therapie über die Aktivierung<br />

der eigenen Immunzellen funktioniert umso besser, je<br />

früher der <strong>Krebs</strong> erkannt wird. Weil die Diagnosemöglichkeiten<br />

immer ausgefeilter werden, ist das für mich die Behandlung<br />

der Zukunft.“<br />

Ein Indiz dafür, was „ganz groß“ bedeuten kann, liefert die<br />

amerikanische Biotech-Firma Dendreon. Die einzige börsennotierte<br />

Gesellschaft mit einer Zulassung für eine therapeutische<br />

<strong>Krebs</strong>impfung wird an der Börse mit deutlich über fünf<br />

Milliarden US-Dollar bewertet. „Warum soll Immatics nicht<br />

how to earn it BIOTECH-FORSCHUNG<br />

auch in diese Regionen kommen?“, fragt Strohmenger. Harpreet<br />

Singh besitzt mittlerweile zwar nur noch wenige Prozent<br />

an „seiner“ Firma. <strong>Wir</strong>d Strohmengers Vision wahr, wäre dies<br />

immer noch ein großes Vermögen. „Zu Beginn besaßen wir<br />

Gründer einen großen Anteil an sehr wenig, jetzt einen kleinen<br />

Anteil an einem Unternehmen, das inzwischen sehr viel wertvoller<br />

geworden ist“, lächelt Singh. So ist das eben.<br />

Nicht immer ist die Zusammenarbeit zwischen Forschern und<br />

Kapitalgebern allerdings so harmonisch, wie es hier den Anschein<br />

hat. Forscher wollen ein optimales Produkt, für Investoren<br />

zählt die Ökonomie. „Um die Jahrtausendwende“, bestätigt<br />

Türeci, „standen für manche unserer Investoren nicht<br />

gute Ergebnisse oder das Potenzial unserer Produktkandidaten<br />

im Vordergrund, sondern die Frage, wie schnell ein Exit erzielt<br />

werden kann. Das ist besonders bitter, wenn man weiß, wie<br />

groß der Bedarf für ein neues Medikament und das Potenzial<br />

des eigenen Ansatzes ist.“ Erst mit dem neuen Hauptinvestor<br />

ATS, dem Family-Office der Brüder Strüngmann, ist für Ganymed<br />

vieles leichter geworden.<br />

Ist die Finanzierungshürde übersprungen, warten weitere Herausforderungen<br />

auf die Unternehmer. „<strong>Wir</strong> waren zunächst<br />

ziemlich naiv“, erinnert sich Türeci, „und glaubten, wir könnten<br />

mit dem eingeworbenen Geld einfach in einer anderen Umgebung<br />

so weitermachen wie bisher. Aber es kommt nicht einfach<br />

ein CEO daher, der einem den Rücken freihält, so dass<br />

man weiterforschen kann. Das muss ein Gründer alles selbst in<br />

die Hand nehmen, und wir sind da einfach reingeschlittert.“<br />

In diesen Jahren entscheidet sich auch, wofür das Herz des<br />

Gründers schlägt – für die Forschung und Entwicklung oder<br />

für das operative Geschäft. „Meine Wunschrolle war immer<br />

die Position des wissenschaftlichen Leiters“, erläutert Singh.<br />

Einige Zeit leitet er operativ noch das Unternehmen gemeinsam<br />

mit Mitgründer Emmerich. Dann gewinnen die beiden<br />

Paul Higham aus Großbritannien als CEO, einen Manager,<br />

der viel Erfahrung mit Geschäftsentwicklung, Marketing und<br />

Vertrieb besitzt. „Nun kann ich sehr viel entspannter arbeiten<br />

und mich ganz auf den Bereich konzentrieren, der mir am meisten<br />

am Herzen liegt.“<br />

Immatics folgt so dem Beispiel von Micromet. Seit 2004 ist<br />

hier Christian Itin Vorstandsvorsitzender – ein Manager, der in<br />

den 1990er Jahren in Kalifornien selbst Unternehmensgründer<br />

war. Und der genau weiß, welche Schwierigkeiten beim Übergang<br />

von einem Start-up zu einem Wachstums<strong>unternehmen</strong><br />

lauern: „Die Fragestellungen ändern sich. Es geht jetzt nicht ><br />

04.10 pw 23


BIOTECH-FORSCHUNG how to earn it<br />

„Der Anstoß für Investments kommt immer aus unserem Netzwerk.“<br />

Seit Andreas und Thomas Strüngmann (Bild) ihr Unternehmen Hexal<br />

2005 für 5,6 Milliarden Euro an Novartis verkauft haben, gehören die<br />

beiden Brüder zu den wichtigsten Investoren im deutschen Biotech-Sektor.<br />

Über ihre Beteiligungsgesellschaften Santo und Athos halten sie Anteile<br />

an elf Biotech-Firmen – unter anderem an Ganymed und Immatics.<br />

private wealth Wie groß ist der Biotech-Anteil in Ihrem Portfolio?<br />

Thomas Strüngmann <strong>Wir</strong> haben im Family-Office festgelegt, dass wir<br />

60 Prozent unserer Mittel in Unternehmensbeteiligungen investieren. Davon<br />

sind heute mehr als 20 Prozent im Biotech-Sektor investiert.<br />

pw Das ist viel. Optimal diversifiziert ist Ihr Vermögen nicht.<br />

TS Diese Engagements sehen wir ja auch als unternehmerische Tätigkeit.<br />

<strong>Wir</strong> sind keine Finanzinvestoren, wir wollen <strong>etwas</strong> aufbauen. Da<br />

stehen wir aufgrund unserer <strong>Pharma</strong>-Vergangenheit dem Biotech-Sektor<br />

natürlich näher als anderen Bereichen. Unser Ziel ist es, ein innovatives<br />

Produkt auf den Markt zu bringen. Bei AiCuris und 4SC AG gibt es<br />

in der Entwicklung der Pipeline sehr ermutigende klinische Daten.<br />

pw Warum liegt Ihr Schwerpunkt in Deutschland und nicht in den USA?<br />

TS Es gibt auch in Deutschland viele sehr innovative und aussichtsreiche<br />

Biotech-Firmen. Es ist darum gar nicht nötig, über die Grenzen zu<br />

schauen. Außerdem verstehen wir uns als strategische Partner. <strong>Wir</strong><br />

möchten nicht nur Kapital zum Unternehmenserfolg beitragen, sondern<br />

unseren Beteiligungen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das ist uns in<br />

Deutschland besser möglich als zum Beispiel in den USA.<br />

pw Nehmen Sie dabei auch Einfluss auf das operative Geschäft?<br />

TS Nein, wir stellen in den Beirats- und Gesellschaftersitzungen unsere<br />

Erfahrung zur Verfügung. <strong>Wir</strong> verstehen uns als begleitende Berater.<br />

pw Sie haben in elf Firmen investiert. Wäre weniger nicht mehr?<br />

TS <strong>Wir</strong> hatten vorher über Diversifikation gesprochen. Gerade in unserem<br />

gesamten Biotech-Engagement ist es wichtig, gut diversifiziert zu sein.<br />

30 24 pw 04.08 04.10<br />

Sie können in dieser Phase der Finanzierung einfach nicht wissen, welcher<br />

Ansatz sich letztlich durchsetzen wird. Deshalb haben wir in unterschiedliche<br />

therapeutische Ansätze und Technologien investiert.<br />

pw Wie finden Sie die Investitionsobjekte?<br />

TS Der Anstoß kommt eigentlich immer aus unserem persönlichen Netzwerk.<br />

Anfänglich waren für uns die handelnden Personen mit ihren Konzepten<br />

und ihrer – lassen Sie mich es mal so sagen – Leidenschaft ausschlaggebend<br />

für die Investitionsentscheidung. So erfuhren wir, dass<br />

Bayer 2005 einen Verkauf seiner Anti-Infektiva plante. Mit Frau Professor<br />

Rübsamen, die ich noch aus ihrer Zeit als Direktorin des Georg-Speyer-Hauses<br />

in Frankfurt kannte, haben wir dann das Spin-off AiCuris gegründet.<br />

Auf Ganymed machte uns ein sehr guter Freund aufmerksam,<br />

mit dem wir in der Vergangenheit schon in geschäftlicher Beziehung<br />

standen. Das Ehepaar Sahin/Türeci überzeugte uns durch ihre therapeutischen<br />

Ansätzen und ihre Persönlichkeit. Dies gilt ebenso für unsere<br />

Beteiligung in der Berliner Firma Glycotope mit Herrn Goletz. Für uns<br />

war es nur konsequent mit Herrn Professor Sahin neue Start-ups wie die<br />

Firma BionTech zu gründen. Wenn wir heute eine neue Beteiligung eingehen,<br />

fragen wir uns vor allem, wie diese in das bestehende Portfolio<br />

passt. Wo ergeben sich Synergien mit bestehenden Beteiligungen?<br />

pw Können Sie ein Beispiel nennen?<br />

TS Für Glycotope, die eine innovative Technologie anbietet, haben wir<br />

den Erwerb der Firma Orpegen in Heidelberg finanziert. Dies spart Glycotope<br />

Kosten und vor allem Zeit. <strong>Wir</strong> produzieren unsere eigenen Entwicklungen<br />

und geben dadurch auch kein Know-how außer Haus.<br />

pw Wie hat sich Ihr Verhalten als Investor in den letzten Jahren verändert?<br />

TS Am Anfang waren wir natürlich noch unsicher, mussten uns erst an<br />

diese Aufgabe herantasten. Lehrgeld haben wir auch bezahlen müssen.<br />

Heute können wir das Risiko in der Bewertung eines neuen Angebotes<br />

deutlich reduzieren. <strong>Wir</strong> nutzen dazu das gebündelte Know-how in unseren<br />

Beteiligungen. Jedes neue Angebot wird den entsprechenden Experten<br />

in unseren Beteiligungen zur Begutachtung vorgelegt. Da wird<br />

dann schnell klar, wo die Chancen und Risiken liegen.<br />

pw Welchen Rat können Sie Unternehmern geben, die ein Family-Office<br />

starten oder eine zweite Karriere als Investoren beginnen?<br />

TS Diese Frage ist nicht allgemeingültig zu beantworten. Jedes Family-<br />

Office ist anders. Es wird durch die jeweiligen Unternehmer repräsentiert<br />

und spiegelt letztendlich deren Persönlichkeit wider. <strong>Wir</strong> haben uns entschieden,<br />

dass wir weiterhin unternehmerisch tätig sein möchten. Unser<br />

Firmenverkauf hatte ja auch andere Gründe als bei den meisten Unternehmern.<br />

Er war vor allem auf die Nachfolge ausgerichtet. <strong>Wir</strong> arbeiten<br />

heute im Family-Office weiter daran, für unsere insgesamt sechs Kinder<br />

die bestmögliche Option zu finden.


Fotos: Stefan Nimmesgern // Visum Foto GmbH<br />

Özlem Türeci, Gründerin und zugleich Geschäftsführender und Wissenschaftlicher Vorstand von Ganymed <strong>Pharma</strong>ceuticals.<br />

mehr nur um Forschung und Entwicklung. Es gilt, eine Firmenkultur<br />

zu entwickeln, die es erlaubt, ein Produkt auf den<br />

Markt zu bringen. Man muss permanent Übergänge managen<br />

und dabei Sorge tragen, dass die innovative Stärke des Unternehmens<br />

erhalten bleibt. In einem Geschäft mit hohen Hürden<br />

in der Produktentwicklung ist es wichtig, Risiken frühzeitig zu<br />

erkennen, einzuschätzen und Strategien zu entwickeln, wie sie<br />

minimiert werden können.“<br />

Özlem Türeci und Karl-Hermann Schlingensiepen haben sich<br />

dennoch dafür entschieden, die Gesamtverantwortung nicht<br />

abzugeben. Sie halten zwar noch immer täglichen Kontakt zur<br />

Forschungsabteilung, beschäftigen sich ansonsten aber vor allem<br />

mit dem Aufbau und der Führung des Unternehmens. „Es<br />

war wie beim ,Herrn der Ringe‘“, sagt Türeci. „Einer muss<br />

der Ringträger sein. Aber ganz unerfahren war ich nicht, weil<br />

ich schon an der Universität eine Gruppe geleitet hatte, die<br />

sich aus Drittmitteln finanzierte und daher eigenständig und<br />

schon sehr nahe am unternehmerischen Denken war. Das hat<br />

bei der Gründung enorm geholfen, und als es dann so weit<br />

war, war die Lernkurve steil.“<br />

„Ich bin doch gerade deshalb Unternehmer geworden, weil<br />

mich die Übertragung der Grundlagenforschung in die klinische<br />

Anwendung gereizt hat“, begründet Karl-Hermann<br />

Schlingensiepen, Gründer und Geschäftsführer des Regensburger<br />

Biotechnologie-Unternehmens <strong>Antisense</strong> <strong>Pharma</strong><br />

GmbH, seine Entscheidung. Als Unternehmer musste er lernen<br />

zu delegieren, die fähigsten Leute auszusuchen, gute von<br />

schlechten Beratern zu unterscheiden. „Das ist spannend. Sie<br />

müssen immer einen Schritt voraus denken und eine neue Abteilung<br />

aufbauen, sobald absehbar ist, dass Sie diese brauchen<br />

werden.“<br />

Anstrengend sei da<strong>gegen</strong> vor allem der Umgang mit der Bürokratie:<br />

„Die Standards für klinische Prüfungen werden zum<br />

Beispiel von einer internationalen Konferenz erarbeitet. Da sitzen<br />

Aufsichtsbehörden aus Europa, den USA und Japan an einem<br />

Tisch. Und immer der strengste Regelungsvorschlag setzt<br />

sich durch. So <strong>etwas</strong> konnte ich mir früher nie vorstellen.“<br />

Trotzdem hat <strong>Antisense</strong> <strong>Pharma</strong> inzwischen das Stadium einer<br />

Zulassungsstudie erreicht – Schlingensiepen ist stolz darauf,<br />

dass er das mit einer vergleichsweise niedrigen Summe von 60<br />

Millionen Euro geschafft hat. Derzeit wird sein <strong>Wir</strong>kstoff Trabedersen<br />

in Europa, Asien und Amerika an Hirntumor-Patienten<br />

erprobt. Auch hier sollen 2012 Daten vorliegen.<br />

Ganymed bereitet sich derzeit auf eine Studie eines seiner „idealen<br />

Antikörper“ vor, bei der erstmals die <strong>Wir</strong>ksamkeit des<br />

Mittels überprüft wird, während Immatics noch in diesem<br />

Jahr eine Zulassungsstudie beginnen wird, deren Ergebnisse<br />

vermutlich Ende 2013 vorliegen werden.<br />

Irgendwann zwischen 2012 und 2014 werden Harpreet Singh,<br />

Karl-Hermann Schlingensiepen, Özlem Türeci und Patrick Baeuerle<br />

wieder einen Umschlag auf ihrem Schreibtisch liegen haben<br />

– und das wird hoffentlich ein Zulassungsbescheid sein. ®<br />

Text: Ludger Weß<br />

04.10 pw 25

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