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280<br />
§ – Die Aufklärungspflicht aus <strong>dem</strong> Behandlungsvertrag<br />
Suzan Ulusal, München:<br />
Recht<br />
Die Aufklärungspflicht aus <strong>dem</strong> Behandlungsvertrag<br />
§ 611 BGB, §§ 229, 223, 228 StGB, §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 4 BOH<br />
Verschärfte Aufklärungspflicht gegenüber ausländischen Patienten<br />
– KG, Urteil vom 08.05.2008, Az.: 20 U 202/06 (Landgericht Berlin) –<br />
Der Behandlungsvertrag, welcher zwischen Heilpraktiker<br />
und Patient zustande kommt, wird rechtlich als Dienstvertrag,<br />
§§ 611 ff. BGB, qualifiziert. Wie bei je<strong>dem</strong> Vertrag<br />
haben die Vertragsparteien auch aus diesem Vertrag Rechte und<br />
Pflichten. Die Hauptleistungspflicht des Heilpraktikers aus <strong>dem</strong><br />
Dienstvertrag ist die Behandlung des Patienten. Diesen Dienst hat<br />
er sorgfältig und gewissenhaft unter Berücksichtigung des aktuellen<br />
Standes der Medizin zu erbringen. Im Unterschied zum Werkvertrag,<br />
§§ 631 ff. BGB, bei welchem ein Erfolg, z.B. der Bau<br />
eines Hauses geschuldet wird, schuldet der Heilpraktiker keinen<br />
Erfolg. So kann und muss er z.B. keine Heilung garantieren. Die<br />
Vorgänge im menschlichen Körper sind zu komplex, als dass ein<br />
solcher Erfolg zugesichert werden könnte. Auch bei Einhaltung<br />
höchst möglicher Hygiene kann es – schicksalhaft – gleichwohl<br />
zum Auftreten z. B. einer Entzündung kommen; aus diesem Grunde<br />
werden „nur“ Dienste, keine Erfolge geschuldet.<br />
Neben der Hauptleistungspflicht – der Behandlung – aus <strong>dem</strong><br />
Behandlungsvertrag, hat der Heilpraktiker auch Nebenpflichten.<br />
Eine Nebenpflicht ist die Aufklärungspflicht. Hierbei besagt die<br />
Bezeichnung als Haupt- oder Nebenpflicht aber nichts über die<br />
jeweilige Wichtigkeit der Pflichten. Sie ist eher als juristische<br />
Strukturierung anzusehen. So kommt der Aufklärungspflicht eben<br />
auch enorme Wichtigkeit zu.<br />
Die Aufklärungspflicht resultiert aus <strong>dem</strong> im Grundgesetz, 1 Abs.<br />
1 und Artikel 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG verankerten Verfassungsrecht<br />
des Menschen auf körperliche Unversehrtheit. Jeder<br />
Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Menschen – auch<br />
jeder Heileingriff, mag er auch noch so gering sein – stellt im<br />
strafrechtlichen Sinne zunächst eine Körperverletzung dar. Eine<br />
Rechtfertigung und damit Straflosigkeit findet der (Heil)Eingriff<br />
erst und nur durch die Einwilligung, § 228 StGB, des Patienten.<br />
Rechtlich ist diese erforderliche Einwilligung aber nur wirksam,<br />
wenn die Aufklärung pflichtgemäß und sämtlichen Anforderungen<br />
genügend erfolgt ist und der Patient selbstbestimmt entscheiden<br />
konnte.<br />
Pflichtgemäße und sämtlichen Anforderungen genügende Aufklärung<br />
heißt nun, dass über Diagnose und Behandlung der Erkrankung<br />
sowie über Risiko und Verlauf der Behandlung aufgeklärt<br />
werden muss. Außer<strong>dem</strong> enthält sie Informationen über das Verhalten<br />
des Patienten, das für seine Gesundheit erforderlich ist<br />
(Sicherungsaufklärung). Die verschiedenen <strong>Inhalt</strong>e der Aufklärung<br />
gehen beim Aufklärungsgespräch fließend ineinander über.<br />
Selbstbestimmt bedeutet, dass der Patient selbst kompetent<br />
über die geplante Behandlung entscheiden können soll. Hierfür<br />
muss der Patient einen zumindest groben Einblick erhalten, auf<br />
welcher medizinischen Basis die ihm abverlangte Einwilligung beruht.<br />
Er muss die für seine Entscheidung bedeutsamen Umstände<br />
kennen.<br />
Eine pflichtgemäße und sämtlichen Anforderungen genügende<br />
Aufklärung sowie eine selbstbestimmte Einwilligung des Patienten<br />
können aber nur erfolgen, wenn der Patient versteht, worüber<br />
er aufgeklärt wird. Ohne hinreichende Sprachkenntnisse<br />
wird dies schwerlich möglich sein. Mit einer neuen Entscheidung,<br />
KG, Urteil vom 08.05.2008, Az.: 20 U 202/06 (Landgericht<br />
Berlin), fordert die Rechtsprechung daher für die Rechtswirksamkeit<br />
der Einwilligung, dass bei mangelnden Deutschkenntnissen<br />
eines ausländischen Patienten notfalls auch ein Dolmetscher<br />
hinzuzuziehen ist. Ohne ausreichende Deutschkenntnisse<br />
des Patienten sei für den Arzt außer<strong>dem</strong> die für sein therapeutisches<br />
Vorgehen notwendige Anamnese nicht vollständig zu erheben.<br />
Die Beweislast dafür, dass hinreichend aufgeklärt wurde,<br />
trägt der Arzt. (Der Senat des Landgerichts Berlin weicht mit<br />
dieser Entscheidung ausdrücklich von einer von ihm früher vertreten<br />
Auffassung, Urteil vom 15.01.1998, Az.: 20 U 3654/96,<br />
ab. In diesem Urteil vertrat der Senat noch die Auffassung, dass<br />
bei unzureichenden Deutschkenntnissen eine Dolmetscherbeiziehung<br />
nicht nötig sei).<br />
Fazit:<br />
© drizzd / Fotolia.com<br />
Bei unzureichenden Deutschkenntnissen des Patienten ist ein<br />
Sprachvermittler hinzuziehen oder die Behandlung abzulehnen.<br />
Dafür, dass der Patient alles richtig verstanden hat, trägt der<br />
Behandler die Beweislast. Bei unzureichender Aufklärung – auch<br />
aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse – liegt keine rechtswirksame<br />
Einwilligung in den Eingriff vor. Die Konseqenz hieraus<br />
ist, dass der Eingriff unter Umständen als strafbare Körperverletzung,<br />
entweder fahrlässig, § 229 StGB, oder gar vorsätzlich, § 223<br />
StGB, geahndet werden kann. Sollten aufgrund der Behandlung<br />
Schäden eintreten, können zu<strong>dem</strong> zivilrechtliche Schadensersatzansprüche<br />
des Patienten wegen Pflichtverletzung des Dienstvertrages,<br />
§ 280 Abs. 1 BGB und/oder deliktisch nach § 823<br />
Abs. 1 BGB bestehen. Weiterhin liegt ein Verstoß gegen Art. 4<br />
BOH vor.<br />
Autor:<br />
Suzan Ulusal, Rechtsanwältin/Heilpraktikerin, München<br />
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Zeitung für Naturheilkunde Juli 2009