Offener Brief - Stiftung für Konsumentenschutz
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Schweizerischer Gewerbeverband<br />
Herr<br />
Hans-Ulrich Bigler<br />
Schwarztorstrasse 26<br />
Postfach<br />
3001 Bern<br />
Bern, 1. Mai 2012<br />
<strong>Offener</strong> <strong>Brief</strong> zum Thema Währungsgewinne / Einkaufen im Ausland<br />
Sehr geehrter Herr Bigler<br />
Der von der <strong>Stiftung</strong> <strong>für</strong> <strong>Konsumentenschutz</strong> SKS publizierte Miniratgeber „Zölle, Steuern &<br />
Co.: Grenzenlos einkaufen“ hat <strong>für</strong> einigen Wirbel im Schweizer Blätterwald gesorgt.<br />
Nüchtern betrachtet besteht dazu jedoch kein Anlass: Der Ratgeber ruft in keiner Weise zum<br />
Einkaufen im Ausland auf, sondern enthält hauptsächlich Informationen zum geltenden<br />
Steuer- und Zollgesetz, wie sie auch auf dem Internetportal des Bundes öffentlich<br />
zugänglich, aber teilweise schwierig zu finden und zu verstehen sind. Seit Monaten<br />
verzeichnen wir auf unserer Beratungsstelle eine deutliche Zunahme von Anfragen zu<br />
diesem Thema. Insbesondere vor der Ferienzeit jedoch wird die SKS von vielen Schweizer<br />
Bürgern angefragt, welche Einfuhrvorschriften zu beachten sind, wenn man eigenhändig<br />
Waren importiert. Die SKS hat deshalb den Ratgeber bewusst im Frühling und somit vor den<br />
anstehenden Sommerferien lanciert.<br />
Es ist uns bewusst, dass die Frankenstärke vielen Schweizer Unternehmen Probleme<br />
bereitet. Deshalb wurde mit der Motion 11.3984 Birrer-Heimo, ein Vorstoss zur Revision des<br />
Kartellgesetzes lanciert, der auch darauf abzielt, dass Schweizer Unternehmen beim Import<br />
von Produktionsmitteln und Konsumgütern nicht mehr überhöhte Preise bezahlen müssen.<br />
Von einer solchen Kartellgesetzänderung würde die Schweizer Wirtschaft gleich dreifach<br />
profitieren:<br />
1. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Unternehmen<br />
Dank tieferen Preisen <strong>für</strong> importierte Maschinen, Apparate und Produktionsgüter wird die<br />
Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wirtschaft verbessert.<br />
2. Tiefere Preise <strong>für</strong> Konsumenten, weniger Einkaufstourismus<br />
Wenn Schweizer Unternehmen Waren günstiger importieren können, sinken auch die Preise<br />
<strong>für</strong> die Konsumenten. Davon profitiert auch die Wirtschaft, denn viele Schweizer werden ihre<br />
Einkäufe wieder in der Schweiz tätigen.
3. Erhöhte Binnennachfrage / Schaffung von Arbeitsplätzen in der Schweiz<br />
Wenn Schweizer Unternehmen <strong>für</strong> den Import von Gütern überteuerte Preise bezahlen<br />
müssen, fliesst dieses Geld mehrheitlich ins Ausland ab. Wird diese Preisdiskriminierung<br />
unterbunden, profitiert die Schweizer Wirtschaft gleich doppelt:<br />
Einerseits kaufen wieder mehr Schweizer im Inland, anstatt im benachbarten Ausland<br />
ein.<br />
Andererseits bleibt den Konsumenten bei tieferen Preisen <strong>für</strong> Importprodukte mehr<br />
Geld im Portemonnaie – Geld das <strong>für</strong> den Kauf von anderen (d.h. auch inländischen)<br />
Produkten und Dienstleistungen frei wird. Davon wird die Schweizer Wirtschaft<br />
profitieren, bestehende Arbeitsplätze werden gesichert und neue geschaffen.<br />
Diese Argumente haben auch die bürgerlichen Parlamentarier überzeugt: Bei der<br />
Abstimmung im Nationalrat am 21. Dezember 2011 wurde die Motion mit 113:74<br />
angenommen. Dabei hat die CVP-Fraktion mit 26:4 Stimmen <strong>für</strong> die Vorlage gestimmt und<br />
auch Ihre Parteikollegen von der FDP haben mit 19:8 Stimmen deutlich „Ja“ gesagt.<br />
Im Vorfeld der Abstimmung haben wir den Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) um<br />
Unterstützung <strong>für</strong> diese Motion gebeten. Trotz Nachfrage haben wir leider bis heute keine<br />
Antwort erhalten. Es befremdet uns, dass Sie sich nicht <strong>für</strong> diese Vorlage aussprechen.<br />
In der Schweizerischen Gewerbezeitung vom 15. Oktober 2010 (Seite 6) schreibt Ihr<br />
Chefökonom Rudolf Horber zum Thema „Frankenstärke“: „Zudem sollen die Schweizer<br />
Unternehmer vermehrt direkt aus dem Ausland importieren, um so Produktionskosten zu<br />
senken (…).“ Damit ermuntern Sie Ihre Mitglieder zum direkten Einkauf im Ausland – ein<br />
Verhalten, das Sie bei den Schweizer Konsumenten heftig kritisieren.<br />
Im selben Artikel wird auch eine mögliche Lösung des Problems skizziert: „Untersuchungen<br />
haben gezeigt, dass die durch die billigen Importe erzielten Währungsgewinne nur sehr<br />
beschränkt an die Unternehmen und die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben<br />
werden. (…) Der sgv ruft daher Importeure und Händler dazu auf, Währungsgewinne<br />
weiterzugeben.“ Dies ist exakt die Stossrichtung, die die SKS, unter anderem mit der Motion<br />
11.3984, verfolgt. Wir ermutigen Sie deshalb, konstruktiv an einer guten Lösung beim<br />
Problemfeld „Starker Franken / Währungsgewinne“ mitzuarbeiten und sich gemeinsam mit<br />
uns <strong>für</strong> eine Revision des Kartellgesetzes und damit günstigere Importe einzusetzen: zum<br />
Wohle der Schweizer Unternehmen und Konsumenten.<br />
Gerne würden wir diese Angelegenheit in einem persönlichen Gespräch mit Ihnen klären.<br />
Freundliche Grüsse<br />
Prisca Birrer-Heimo Sara Stalder<br />
Präsidentin SKS Geschäftsleiterin SKS