Verdampfung - Beuth Hochschule für Technik Berlin
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<strong>Verdampfung</strong><br />
Labor <strong>für</strong> Thermische Verfahrenstechnik<br />
bearbeitet von Prof. Dr.-Ing. habil. R. Geike<br />
1. Grundlagen der <strong>Verdampfung</strong><br />
In der chemischen, pharmazeutischen und Lebensmittelindustrie sowie in weiteren Bereichen der<br />
Wirtschaft werden häufig Eindampfapparate eingesetzt, um (meist) wässrige Lösungen<br />
einzudampfen.<br />
Allgemein wird in einem Verdampfer die Rohlösung zunächst auf Siedetemperatur erwärmt. Bei<br />
weiterer Wärmezufuhr setzt die <strong>Verdampfung</strong> ein. Der entstehende Dampf wird Brüden genannt<br />
und anschließend kondensiert. In der Industrie wird als Heizmittel oft Wasserdampf verwendet. Bei<br />
der Kondensation von Wasserdampf wird die Kondensationswärme frei. Diese wird an die zu<br />
verdampfende Lösung übertragen, wenn zwischen dem Heizdampf und der Flüssigkeit ein<br />
ausreichendes Temperaturgefälle besteht.<br />
Für das Siedeverhalten der Lösung ist der Wärmeübergang bei der <strong>Verdampfung</strong> eine<br />
entscheidende Größe. Dieser lässt sich durch den Wärmeübergangskoeffizienten α V und das<br />
Temperaturgefälle beschreiben.<br />
Bei den Verdampferapparaten wird die <strong>Verdampfung</strong> in waagerechten oder senkrechten<br />
Verdampferrohren realisiert. Schematisch läßt sich dies im folgenden Bild 1 darstellen.<br />
konvektive Wärmeübertragung<br />
an strömenden Dampf<br />
Bild 1: Siedeverhalten im beheizten Rohr (Nach „VDI- Wärmeatlas “, hier liegend gezeichnet)<br />
Die nicht vorgewärmte frische Lösung wird am unteren Ende des senkrechten Verdampferrohres<br />
eingeführt. Zunächst wird die Flüssigkeit an der Rohrwand auf Siedetemperatur erwärmt<br />
(konvektive Wärmeübertragung). Hierbei bildet sich ein Bereich des partiellen Siedens. An der<br />
Wand entstehen dabei erste Dampfblasen. Die Flüssigkeit im Kern besitzt noch nicht<br />
Siedetemperatur. Durch Kondensation der Dampfblasen in der kälteren Flüssigkeit kommt es<br />
sowohl zu einer Durchmischung, als auch zu einer Erwärmung der Flüssigkeit.<br />
Besitzt die Flüssigkeit über den gesamten Querschnitt Siedetemperatur, bildet sich das voll<br />
entwickelte Blasensieden aus. Der Dampfgehalt nimmt stetig zu. Dies ist der technisch wichtigste<br />
Bereich. Unter Umständen schließt sich bei vollständiger <strong>Verdampfung</strong> noch ein Bereich der<br />
Wärmeübertragung an die Dampfphase (Überhitzer) an. Der Verdampfer in der Versuchsanlage<br />
wird im Naturumlauf betrieben.<br />
<strong>Beuth</strong> HS <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>Berlin</strong>, Labor Thermische VT, <strong>Verdampfung</strong>, Juni 2010 Seite 1
2. Versuchsbeschreibung<br />
Ziel der Untersuchungen und Berechnungen ist es, <strong>für</strong> die in Bild 2 gezeigte Versuchsanlage den<br />
Wärmeübergangskoeffizienten α V auf der Seite der verdampfenden Flüssigkeit zu bestimmen. Für<br />
den Versuch wird ein mit Heizdampf beheiztes, senkrecht positioniertes Doppelrohr als Verdampfer<br />
(Wärmetauscher) verwendet (siehe Skizze Versuchsaufbau). Im Innenrohr wird destilliertes Wasser<br />
verdampft, im Außenrohr kondensiert der Heizdampf. Das Verdampferrohr, durch das die Wärme<br />
übertragen wird, hat die Maße 33,7 mm x 1,60 mm x 970mm (da x s x h). Die Wärmeleitfähigkeit<br />
des Stahles beträgt 40 W/mK.<br />
Bild 2: Schema der Versuchsanlage<br />
Für die Untersuchungen ist der Heizdampfdruck in vorgegebenen Stufen zu variieren. Der<br />
Volumenstrom der „Rohlösung“ ist am Rotameter so zu wählen, dass sich ein konstanter<br />
Flüssigkeitsfüllstand im Verdampferumlaufrohr einstellt.<br />
Nachdem sich ein stationärer Zustand im Verdampfer eingestellt hat, sind der Heizdampfdruck<br />
sowie die Dampfeintritts- und Kondensataustrittstemperaturen des Heizdampfes zu messen<br />
(Messstellen T1 und T2). Weiterhin sind die Temperaturen des Brüden (T3), des<br />
Kühlwasserstromes am Brüdenkondensator (T4, T5) und die Oberflächentemperatur des<br />
Verdampfers (T6, T7) zu messen. Außerdem sind die Temperaturen der Flüssigkeit im<br />
Vorratsbehälter (T8) sowie Rücklauftemperatur (T9) und Mischrohrtemperatur (T10) zu messen.<br />
<strong>Beuth</strong> HS <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>Berlin</strong>, Labor Thermische VT, <strong>Verdampfung</strong>, Juni 2010 Seite 2
Die aufgefangenen Mengen Brüdenkondensat und Heizdampfkondensat sind zu wiegen. Der<br />
Kühlwasservolumenstrom am Brüdenkondensator ist an der Wasseruhr abzulesen.<br />
3. Berechnungsgrundlagen<br />
Aus einer Wärmebilanz um den Verdampfer (Bild 3) lassen sich die vom Heizdampf abgegebene<br />
und die von der verdampfenden Flüssigkeit aufgenommene Wärmemenge bestimmen. Dabei wird<br />
vorausgesetzt, dass der Heizdampf als Sattdampf in den Verdampfer eintritt und diesen als<br />
Kondensat mit Siedetemperatur verlässt, so dass die Enthalpiedifferenz Eingang/Ausgang gleich der<br />
Kondensationsenthalpie V h Δ ist. Diese kann der Dampftafel entnommen werden.<br />
Ferner sollte im stationären Zustand der Zulauf R m& gleich dem Mengenstrom an Brüdendampf B m&<br />
sein. Ist dies bei Ihren Messungen so? Bei Vernachlässigung von Wärmeverlusten sollten<br />
abgegebener und aufgenommener Wärmestrom gleich sein.<br />
m& HD<br />
m& K<br />
<strong>Beuth</strong> HS <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>Berlin</strong>, Labor Thermische VT, <strong>Verdampfung</strong>, Juni 2010 Seite 3<br />
m& B<br />
m& R<br />
Bild 3: Allgemeine Wärmebilanz des Verdampfers<br />
Wärmeabgabe Heizdampf Q& HD = m&<br />
HD ⋅ ΔhV<br />
(1)<br />
Wärmeaufnahme Brüden Q& B = m&<br />
B ⋅ h"<br />
B −m&<br />
R ⋅ h R<br />
(2)<br />
Die Differenz der beiden Wärmeströme ist der Wärmeverlust im Bereich des Verdampfers. Dieser<br />
muss - mit Begründung - zugeordnet und auf die beiden Seiten - Heizdampfseite und Brüdenseite -<br />
aufgeteilt werden. Dies ist die Voraussetzung <strong>für</strong> die Festlegung des im Verdampfer vom<br />
Heizdampf an Rohlösung und Brüden übertragenen Wärmestromes QD & .<br />
Bei der <strong>Verdampfung</strong> stellt sich ein Temperaturgefälle nach Bild 4 ein.<br />
T H<br />
Heizdampf<br />
Kondensat<br />
T W1<br />
zu verdampfende<br />
Lösung<br />
T W2<br />
Bild 4: Schematische Darstellung des Temperaturverlaufes im Verdampferrohr<br />
T S
Aus der Bestimmungsgleichung <strong>für</strong> Wärmeübertrager wird zunächst der Wärmedurchgangskoeffizient<br />
k bestimmt. Dabei ist TH die Heizdampftemperatur und TS die Siedetemperatur der<br />
Lösung.<br />
& = k ⋅ A ⋅ ( T − T )<br />
(3)<br />
QD H S<br />
Dabei muss beachtet werden, dass der k-Wert auf die Fläche bezogen ist. Je nach ausgewählter<br />
Bezugsfläche - Innenfläche, Außenfläche, mittlere Fläche - ergibt sich ein anderer, spezifischer k-<br />
Wert. Für diese Auswertung wird zunächst angenommen, dass auf der <strong>Verdampfung</strong>sseite eine<br />
konstante Temperatur (TS) herrscht.<br />
QD<br />
k = (4)<br />
A ⋅ ( T − T )<br />
H<br />
S<br />
Der k–Wert selbst ist <strong>für</strong> den Wärmedurchgang durch eine einschichtige Wand unter<br />
Berücksichtigung der unterschiedlichen Flächen folgendermaßen definiert:<br />
1<br />
=<br />
k ⋅ A α<br />
V<br />
1<br />
⋅ A<br />
V<br />
+<br />
s<br />
λ<br />
⋅<br />
1<br />
A<br />
m<br />
+<br />
α<br />
K<br />
1<br />
⋅ A<br />
K<br />
Der Wärmeübergangskoeffizient α K lässt sich bei Filmkondensation <strong>für</strong> ein senkrecht stehendes<br />
Rohr nach Nusselt berechnen.<br />
0,<br />
25<br />
3 2<br />
4 ⎛<br />
⎜<br />
λ ⋅ ρ ⋅ g ⋅ Δ h ⎞ V<br />
α K =<br />
⎟<br />
3 ⎜ 4 ⋅ η⋅<br />
(TH<br />
− TW1)<br />
⋅ H ⎟<br />
(6)<br />
⎝<br />
⎠<br />
Aus Gl. 6 kann nun der Wärmeübergangskoeffizient α K bestimmt werden. Die Wandtemperatur<br />
TW1 muss durch Iteration oder durch eine geeignete Umstellung der Gleichungen ermittelt werden.<br />
Dabei wird berücksichtigt, dass sich aus dem Wärmeübergangskoeffizienten α K und der<br />
Temperaturdifferenz der übertragene Wärmestrom berechnen lässt<br />
& = α ⋅ A ⋅ ( T − T )<br />
(7)<br />
QD K K H W1<br />
Aus Gleichung 5 <strong>für</strong> den k-Wert kann nun - bei bekanntem α K - der gesuchte Wärmeübergangskoeffizient<br />
α V auf der <strong>Verdampfung</strong>sseite berechnet werden. Dieser „experimentell“ ermittelte<br />
Wert <strong>für</strong> α V kann mit den nach Fritz berechneten „theoretischen“ Werten verglichen werden. Fritz<br />
entwickelte <strong>für</strong> den Wärmeübergang beim Blasensieden (Behältersieden) unter Atmosphärendruck<br />
folgende empirische Gleichungen:<br />
bzw.<br />
α<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝ m<br />
⎞<br />
⋅ K ⎟<br />
⎠<br />
0,25<br />
W 0,75<br />
⎜ ⎟<br />
V = 1,54 ⋅ ⋅ q&<br />
0,5 D, V mit<br />
<strong>Beuth</strong> HS <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>Berlin</strong>, Labor Thermische VT, <strong>Verdampfung</strong>, Juni 2010 Seite 4<br />
Q&<br />
(5)<br />
D q&<br />
D,<br />
V = (8)<br />
AV<br />
W<br />
3<br />
α V = 5,58⋅<br />
⋅(<br />
T<br />
2 4 W2<br />
− TS<br />
)<br />
(9)<br />
m ⋅ K<br />
Dabei sind α V in W/m²K und q& D,<br />
V in W/m² einzusetzen. Die benötigte Temperatur TW2 ergibt sich<br />
aus TW1 und der Temperaturdifferenz in der Wand, berechnet aus Wärmestrom und Wärmeleitfähigkeit.<br />
Bei der Lösung der Gl. 8 / 9 ist gegebenenfalls zu beachten, dass sich aus der<br />
Temperaturdifferenz und dem α V -Wert der Wärmestrom ergibt (Gl. 10).<br />
& = α ⋅ A ⋅ ( T − T )<br />
(10)<br />
QD V V W2<br />
S
4. Versuchsauswertung<br />
Bei diesem Versuch sind zu bestimmen:<br />
1. die Übereinstimmung der gemessenen Heizdampfdaten mit Tabellendaten - handelt es sich um<br />
Sattdampf, hat das Kondensat Siedetemperatur?<br />
2. die Wärmeströme, die der Heizdampf abgibt, die verdampfende Flüssigkeit aufnimmt und die<br />
an das Kühlwasser übertragen werden,<br />
3. der Wärmestrom, der im Verdampfer vom Heizdampf an die verdampfende Flüssigkeit<br />
übertragen wird (welche Genauigkeit hat dieser Wert?),<br />
4. der k–Wert nach Gl. 4 <strong>für</strong> die Wärmeübertragung an die verdampfende Flüssigkeit, er ist in<br />
Abhängigkeit von der mittleren Temperaturdifferenz grafisch aufzutragen,<br />
5. der (theoretische) Wärmeübergangskoeffizient α K nach Gl. 6 mit der dazugehörigen<br />
Wandtemperatur TW1,<br />
6. der (experimentelle) Wärmeübergangskoeffizient α V nach Gl. 5 sowie die (theoretischen)<br />
Wärmeübergangskoeffizienten nach Gl. 8 und 9 mit der dazugehörigen Wandtemperatur TW2,<br />
7. der Wärmeverlust unter Verwendung der gemessenen Oberflächentemperaturen T6 und T7 <strong>für</strong><br />
freie Konvektion.<br />
Alle Zwischen- und Endergebnisse sind in Tabellen darzustellen. Die experimentellen Ergebnisse<br />
<strong>für</strong> den Wärmeübergangskoeffizienten α V sind mit den Werten nach Fritz in einem Diagramm<br />
darzustellen. Die erhaltenen Wandtemperaturen sind zu bewerten.<br />
Darzustellen ist auch das Temperaturprofil über die Länge des Wärmetauschers. Ausgehend von<br />
dieser Darstellung ist die Vorgehensweise zur Ermittlung des Wärmeübergangskoeffizienten α V zu<br />
bewerten. Dazu ist überschläglich zu ermitteln, wieviel Prozent der übertragenen Wärmemenge<br />
zum Aufheizen bzw. zum Verdampfen benötigt werden. Am Ende des Berichtes sollte eine<br />
zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse erfolgen.<br />
Indizes<br />
B Brüden R Rohlösung<br />
HD Heizdampf V <strong>Verdampfung</strong>sseite<br />
K Heizdampfkondensat / Kondensatseite D Wärmedurchgang<br />
<strong>Beuth</strong> HS <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>Berlin</strong>, Labor Thermische VT, <strong>Verdampfung</strong>, Juni 2010 Seite 5