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Lineare Differentialgleichungen höherer Ordnung mit konstanten ...

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<strong>Lineare</strong> <strong>Differentialgleichungen</strong> <strong>höherer</strong> <strong>Ordnung</strong> <strong>mit</strong><br />

<strong>konstanten</strong> Koeffizienten<br />

Teil 2: Inhomogene Gleichungen<br />

Eine (in)homogene lineare Differentialgleichung n-ter <strong>Ordnung</strong> <strong>mit</strong> <strong>konstanten</strong> Koeffizienten<br />

hat die folgende Gestalt:<br />

y (n) +an−1y (n−1) +...+a2y ′′ +a1y ′ +a0 = s(x) (1)<br />

<strong>mit</strong> einer gewissen sogenannten Störfunktion s(x) auf der rechten Seite. Dabei sind die Koeffizienten<br />

a0,a1,...,an−1 wieder fest vorgegebene reelle Zahlen und dürfen nicht von x abhängen<br />

(deshalb konstante Koeffizienten)!<br />

Um die allgemeine Lösung der Differentialgleichung (1) zu bestimmen, geht man nach folgenden<br />

drei Schritten vor:<br />

S1: Bestimme die allgemeine Lösung yh(x) der zugehörigen homogenen Gleichung, also<br />

von<br />

y (n) +an−1y (n−1) +...+a2y ′′ +a1y ′ +a0 = 0.<br />

Wie das geht, wissen wir schon (charakteristische Gleichung aufstellen und lösen ...).<br />

S2: Bestimme eine partikuläre Lösung yp(x) von (1). Wie das geht, klären wir später (s.u.).<br />

S3: Die allgemeine Lösung der Ausgangsgleichung ergibt sich als Summe von yh(x) und<br />

yp(x):<br />

y(x) = yh(x)+yp(x).<br />

Die einzige Frage, die noch bleibt, ist:<br />

Wie bestimmt man eine partikuläre Lösung von (1)?<br />

Prinzipiell ist immer die Methode Variation der Konstanten möglich, ähnlich wie bei <strong>Differentialgleichungen</strong><br />

erster <strong>Ordnung</strong>, aber <strong>mit</strong> mehr Rechenaufwand verbunden. Bei spezieller Gestalt<br />

der rechten Seiten s(x) lässt sich jedoch der große Aufwand sparen, indem man einen geeigneten<br />

Ansatz für eine partikuläre Lösung macht. Dieses Vorgehen wollen wir hier erläutern. Es<br />

soll zunächst darum gehen, welcher Ansatz sich für welche rechte Seite anbietet. Grundsätzlich<br />

gilt: Die Ansatzfunktion richtet sich nach der Struktur der rechten Seite. Wir<br />

unterscheiden vier Fälle.


1. s(x) ist ein Polynom<br />

Wir betrachten den Fall, dass auf der rechten Seite ein Polynom vom Grade m steht, also s(x)<br />

die folgende Gestalt hat:<br />

s(x) = cmx m +cm−1x m−1 +...+c2x 2 +c1x+c0.<br />

• Falls λ = 0 keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, lautet der Ansatz:<br />

yp(x) = Amx m +Am−1x m−1 +...+A2x 2 +A1x+A0<br />

<strong>mit</strong> noch zu bestimmenden Koeffizienten A0,...,Am.<br />

• Falls λ = 0 eine Nullstelle der charakteristischen Gleichung <strong>mit</strong> der Vielfachheit v ist, dann<br />

liegt der sogenannte Resonanzfall vor und obiger Ansatz muss noch <strong>mit</strong> x v multipliziert<br />

werden:<br />

Beispiel: Es sei s(x) = 5x 2 −3.<br />

yp(x) = x v · Amx m +Am−1x m−1 +...+A2x 2 <br />

+A1x+A0 .<br />

– Wenn λ = 0 keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, dann lautet der Ansatz für<br />

eine partikuläre Lösung<br />

yp(x) = Ax 2 +Bx+C.<br />

– Wenn λ = 0 eine Nullstelle der charakteristischen Gleichung <strong>mit</strong> der Vielfachheit 1 ist, dann<br />

lautet der Ansatz für eine partikuläre Lösung<br />

Usw.<br />

yp(x) = x(Ax 2 +Bx+C) = Ax 3 +Bx 2 +Cx.


2. s(x) ist eine e-Funktion, ggf. multipliziert <strong>mit</strong> einem Polynom<br />

Wir betrachten den Fall, dass s(x) die folgende Gestalt hat:<br />

s(x) = (cmx m +cm−1x m−1 +...+c 2 x +c1x+c0)·e αx .<br />

• Falls λ = α keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, lautet der Ansatz:<br />

yp(x) = Amx m +Am−1x m−1 +...+A2x 2 αx<br />

+A1x+A0 ·e<br />

<strong>mit</strong> noch zu bestimmenden Koeffizienten A0,...,Am.<br />

• Falls λ = α eine Nullstelle der charakteristischen Gleichung <strong>mit</strong> der Vielfachheit v ist, dann<br />

liegt der sogenannte Resonanzfall vor und obiger Ansatz muss noch <strong>mit</strong> x v multipliziert<br />

werden:<br />

Beispiel: Es sei s(x) = 2xe 7x .<br />

yp(x) = x v · Amx m +Am−1x m−1 +...+A2x 2 αx<br />

+A1x+A0 ·e .<br />

– Wenn λ = 7 keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, dann lautet der Ansatz für<br />

eine partikuläre Lösung<br />

yp(x) = (Ax+B)e 7x .<br />

– Wenn λ = 7 eine Nullstelle der charakteristischen Gleichung <strong>mit</strong> der Vielfachheit 1 ist, dann<br />

lautet der Ansatz für eine partikuläre Lösung<br />

Usw.<br />

yp(x) = x(Ax+B)e 7x = (Ax 2 +Bx)e 7x .


3. s(x) ist eine Cosinus- oder Sinus-Funktion, ggf. multipliziert <strong>mit</strong> einem Polynom<br />

Wir betrachten den Fall, dass s(x) die folgende Gestalt hat:<br />

oder<br />

s(x) = (cmx m +...+c1x+c0)·cos(βx)<br />

s(x) = (cmx m +...+c1x+c0)·sin(βx).<br />

• Falls λ = βi keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, lautet der Ansatz:<br />

yp(x) = (Amx m +...+A1x+A0)·cos(βx)+(Bmx m +...+B1x+B0)·sin(βx)<br />

<strong>mit</strong> noch zu bestimmenden Koeffizienten A0,...,Am sowie B0,...,Bm. Wir wollen betonen, dass in der<br />

Ansatzfunktion Cosinus- und Sinusterme vorkommen, auch wenn in s(x) nur eines von beiden auftritt.<br />

• Falls λ = βi eine Nullstelle der charakteristischen Gleichung <strong>mit</strong> der Vielfachheit v ist, dann liegt der sogenannte<br />

Resonanzfall vor und obiger Ansatz muss noch <strong>mit</strong> x v multipliziert werden:<br />

yp(x) = x v ·(Amx m +...+A1x+A0)·cos(βx)+x v ·(Bmx m +...+B1x+B0)·sin(βx).<br />

Beispiel: Es sei s(x) = −xcos(5x).<br />

– Wenn λ = 5i keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, dann lautet der Ansatz für eine partikuläre<br />

Lösung<br />

yp(x) = (Ax+B)cos(5x)+(Cx+D)sin(5x).<br />

– Wennλ = 5i eine Nullstelle der charakteristischen Gleichung <strong>mit</strong> der Vielfachheit 1 ist, dann lautet der Ansatz<br />

für eine partikuläre Lösung<br />

Usw.<br />

yp(x) = x(Ax+B)cos(5x)+x(Cx+D)sin(5x) = (Ax 2 +Bx)cos(5x)+(Cx 2 +Dx)sin(5x).


4. s(x) ist das Produkt einer e-Funktion <strong>mit</strong> einer Cosinus- oder Sinus-Funktion, ggf. multipliziert<br />

<strong>mit</strong> einem Polynom<br />

Wir betrachten den Fall, dass s(x) die folgende Gestalt hat:<br />

oder<br />

s(x) = (cmx m +...+c1x+c0)·e αx ·cos(βx)<br />

s(x) = (cmx m +...+c1x+c0)·e αx ·sin(βx).<br />

• Falls λ = α+βi keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, lautet der Ansatz:<br />

yp(x) = (Amx m +...+A1x+A0)·e αx cos(βx)+(Bmx m +...+B1x+B0)·e αx sin(βx)<br />

<strong>mit</strong> noch zu bestimmenden Koeffizienten A0,...,Am sowie B0,...,Bm. Wir wollen betonen, dass in der<br />

Ansatzfunktion Cosinus- und Sinusterme vorkommen, auch wenn in s(x) nur eines von beiden auftritt.<br />

• Falls λ = α + βi eine Nullstelle der charakteristischen Gleichung <strong>mit</strong> der Vielfachheit v ist, dann liegt der<br />

sogenannte Resonanzfall vor und obiger Ansatz muss noch <strong>mit</strong> x v multipliziert werden:<br />

yp(x) = x v ·(Amx m +...+A1x+A0)·e αx cos(βx)+x v ·(Bmx m +...+B1x+B0)·e αx sin(βx).<br />

Beispiel: Es sei s(x) = 2xe 7x sin(5x).<br />

– Wenn λ = 7 + 5i keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, dann lautet der Ansatz für eine<br />

partikuläre Lösung<br />

yp(x) = (Ax+B)e 7x cos(5x)+(Cx+D)e 7x sin(5x).<br />

– Wenn λ = 7+5i eine Nullstelle der charakteristischen Gleichung <strong>mit</strong> der Vielfachheit 1 ist, dann lautet der<br />

Ansatz für eine partikuläre Lösung<br />

yp(x) = x(Ax+B)e 7x cos(5x)+x(Cx+D)e 7x sin(5x) = (Ax 2 +Bx)e 7x cos(5x)+(Cx 2 +Dx)e 7x sin(5x).<br />

Usw.


Wenn die Störfunktion die Summe mehrerer unterschiedlicher Funktionen ist, dann muss für die<br />

Ansatzfunktion jeder Summand einzeln betrachtet werden, siehe auch nachfolgendes Beispiel.<br />

Hat man den Ansatz für yp(x) bestimmt, sind stets noch gewisse Koeffizienten A,B,C,... zu<br />

berechnen. Dazu bildet man die Ableitungen von yp(x) und setzt sie in die Ausgangsgleichungen<br />

ein. Dann sortiert man am besten nach gleichartigen Funktionen (z.B. Potenzen von x,<br />

e-Funktion,...) und führt einen Koeffizientenvergleich durch. Ein Beispiel soll das ganze verdeutlichen,<br />

ansonsten sei auch auf die Übungsaufgaben verwiesen, insbesondere Aufgabe 25.9<br />

zur Bestimmung von geeigneten Ansätzen und Aufgabe 25.7 zur Bestimmung der allgemeinen<br />

Lösung von inhomogenen <strong>Differentialgleichungen</strong>.<br />

Beispiel: Gesucht ist die allgemeine Lösung der Differentialgleichung<br />

y ′′ −4y ′ −5y = 3x−1+2xe 5x .<br />

Zunächst ist die allgemeine Lösung der zugehörigen homogenen Gleichung zu bestimmen. Die<br />

charakteristische Gleichung lautet<br />

λ 2 −4λ−5 = 0.<br />

Mittels der Lösungsformel für quadratische Gleichungen erhalten wir λ1 = −1 und λ2 = 5. Die<br />

allgemeine Lösung der homogenen DGL lautet also<br />

yh(x) = C1e −x +C2e 5x , C1,C2 ∈ R.<br />

Als nächstes ist eine partikuläre Lösung der Ausgangsgleichung zu bestimmen. Die Störfunktion<br />

s(x) ist hier die Summe aus einem Polynom, nämlich s1(x) = 3x − 1 und einer e-Funktion<br />

multipliziert <strong>mit</strong> einem Polynom, nämlich s2(x) = 2xe 5x . Beide Summanden müssen getrennt<br />

voneinander betrachtet werden.<br />

– Der erste Summand s1(x) = 3x − 1 ist eine lineare Funktion, also ein Polynom ersten<br />

Grades. Da λ = 0 keine Nullstelle der charakteristischen Gleichung ist, liegt keine Resonanz<br />

vor, sodass der Ansatz für diesen Summanden auch nur eine lineare Funktion ist:<br />

yp1(x) = Ax+B.<br />

– Der zweite Summand s2(x) = 2xe 5x ist das Produkt eines Polynom ersten Grades <strong>mit</strong><br />

einer e-Funktion. Prinzipiell wäre der Ansatz so<strong>mit</strong> (Cx+D)e 5x . Da λ = 5 aber eine Nullstelle<br />

der charakteristischen Gleichung ist, müssen wir diesen Term noch <strong>mit</strong>xmultiplizieren,<br />

sodass sich für den zweiten Summanden als Ansatz ergibt: yp2(x) = x(Cx+D)e 5x =<br />

(Cx 2 +Dx)e 5x .<br />

Insgesamt ergibt sich der Ansatz für die partikuläre Lösung als Summe von yp1 und yp2:<br />

Die Ableitungen von yp sind<br />

yp(x) = Ax+B +(Cx 2 +Dx)e 5x .<br />

y ′ p(x) = A+(5Cx 2 +(2C +5D)x+D)e 5x ,<br />

y ′′<br />

p(x) = (25Cx 2 +(20C +25D)x+2C +10D)e 5x .<br />

Setzen wir alles in die Ausgangsgleichung ein und fassen geeignet zusammen, ergibt sich die<br />

folgende Gleichung:<br />

−5Ax−4A−5B +12Cxe 5x +(2C +6D)e 5x = 3x−1+2xe 5x .<br />

(Man beachte, dass sich die Terme <strong>mit</strong> x 2 e 5x wegheben.) Nun führen wir einen Koeffizientenvergleich<br />

durch und erhalten dadurch Bedingungen für die Unbekannten A,B,C,D:


(I) −5A = 3 ⇒ A = − 3<br />

5 ,<br />

(II) −4A−5B = −1 ⇒ B = 1<br />

5<br />

(III) 12C = 2 ⇒ C = 1<br />

6 ,<br />

4 17 − A = (durch Einsetzen von A = − 5 25 3<br />

5 ),<br />

(IV) 2C +6D = 0 ⇒ D = −1 1 C = − (durch Einsetzen von C = 3 18 1<br />

6 ).<br />

Wir haben alle Unbekannten bestimmt und erhalten als partikuläre Lösung<br />

yp(x) = − 3 17<br />

x+<br />

5 25 +<br />

<br />

1<br />

6 x2 − 1<br />

18 x<br />

<br />

e 5x .<br />

Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung ist die Summe aus yp(x) und yh(x), also<br />

y(x) = − 3 17<br />

x+<br />

5 25 +<br />

<br />

1<br />

6 x2 − 1<br />

18 x<br />

<br />

e 5x +C1e −x +C2e 5x , C1,C2 ∈ R.

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