Ein Doppelleben in der Schwebe - BauNetz

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© Melanie Pawlowski | Grenzgänger In dieser Zeit ließ sie den Kontakt zum Architekturgeschehen nicht abreißen. Stets besuchte sie Ausstellungen an der Bartlett wie an der AA und half dort studierenden Freunden vor Abgaben. Vor allem aber hatte sie Luke Wilson kennen gelernt, einen Jongleur, der für zehn Jahre ihr Partner und auch Ehemann werden sollte. Mit ihm gründete sie das Duo „lukaluka“; eine symbiotische Zusammenarbeit entstand, die zu diversen Auftritten führte, in Europa, den USA und Japan. Bei allen Reisefreuden bedeutete das auch unablässiges Training und monatelange Aufenthalte in immergleichen Hotelzimmern, fern der Heimat. Dennoch fand Ilka Licht immer Möglichkeiten, auch ihre Architektenausbildung voranzutreiben, wie etwa durch ein achtwöchiges Stipendium in einer großen japanischen Baufi rma. Nach weiteren zwei Jahren diplomierte sie in Aachen. BauNetz PDF Journal | www.baunetz.de/grenzgaenger | 4 © lukaluka Erfolg in zwei Disziplinen, deren Autonomie zudem noch wenig befördernde Wechselwirkung verspricht - wie ist das alles zu schaffen? Immerhin sei das im Studium geschulte konzeptionelle Denken hilfreich bei der Entwicklung eines Bühnenprogramms, versichert Ilka Licht. Vor allem scheint jedoch konzeptionellem Denken geschuldet, dass sie es fertig brachte, ihr Architekturstudium ganz nach ihrem Interesse für Artistik zu formen: So wurde ihre alte Zirkusschule in Frankreich das Thema der Baugeschichtsarbeit, und der Cirque du Soleil zum Gegenstand ihrer Statikprüfung. Durch den Vertiefungsentwurf schließlich kam sie in Kontakt mit dem Lehrstuhl für Technischen Ausbau und Entwerfen, an dem sie nun seit fünf Jahren assistiert. Die Aufgabe war ein Kulturzentrum in den Niederlanden. Da sie hier die Erfahrungen ihres Künstlerdaseins noch verstärkt einzubringen verstand, begegnete man auch dessen Erfordernissen mit wohlwollendem Verständnis. Wegen eines Kurses an der Zirkusschule durfte sie die Abgabe um ein halbes Jahr verschieben. Bald danach fragte ihr Professor Heinz G. Sieber, ob sie nicht eine Hochbauaufgabe für den Lehrstuhl entwickeln könne. Daraus wurde zugleich ihr eigenes Diplom - eine Zirkusschule. Auch Joachim Ruoff, der den 2000 verstorbenen Sieber heute vertritt, kommt ihr bei der Koordination von Assistenz und „Man verbringt sein Leben gebückt, mit der Hand am Boden.“ Artistik entgegen - umso wichtiger, da Ilka nach der Trennung von ihrem Mann und Jonglierpartner jetzt erstmals für sich allein ein Bühnenprogramm erarbeiten muss. Da zudem ihr Vertrag mit der Uni befristet ist, ist die Zukunft doppelt ungewiss; sicher ist nur, dass Ilka nicht in ein Architekturbüro gehen wird. Bei einer halbwegs guten Auftragslage verdient sie als Artistin ohnehin mehr als ihre Kollegen in den Büros. Dabei macht
© lukaluka | Grenzgänger BauNetz PDF Journal | www.baunetz.de/grenzgaenger | 5 sich auch bezahlt, dass sie eine der ganz wenigen Frauen ist, die sich in der Kunst des Jonglierens bewähren. Viele ließen sich abschrecken durch die permanente Frustration des Übens; wie sie eindringlich formuliert: „Man verbringt sein Leben gebückt, mit der Hand am Boden.“ Vor allem aber: Jener Voyeurismus, der das Interesse an weiblichen Artisten heimlich begründet, bringt diese auch vorzeitig zu Fall. Auf Pressekonferenzen hat Ilka Licht erlebt, wie vierzigjährige Kolleginnen sich kurzerhand um zehn Jahre jünger machten. Für sich selbst hat sie entschieden, mit Ende dreißig sei defi nitiv Schluss. Ist schon sie selbst nicht unbedingt der Typ, der sich über ungewisse Aussichten grämt, machen sich ihre Freunde erst recht keine Sorgen um ihre Zukunft: Nicht wenige sagen ihr eine akademische Karriere voraus. So steht als nächstes eine Dissertation an. Wenn sie von ihrer derzeitigen US-Tournee, die sie in Las Vegas beschließt, zurückkehrt, wird sie in Wuppertal mit Frank Werner über ein geeignetes Thema verhandeln. Kein Zweifel, dass sich Ilka Licht durchsetzen wird, sobald man über den Arbeitstitel hinaus ist. Der lautet gegenwärtig noch: Der Zirkus in der Architekturtheorie. Ganz schön doppeldeutig, doch was sollte da schief gehen? Selbst missverstanden wäre dies allemal ein Thema.
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Seite 3: | Grenzgänger Lukaluka im Krystall

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