Die neue Problemlage der Erkenntnistheorie (1928) - NASEPblog
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<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Problemlage</strong> <strong>der</strong> <strong>Erkenntnistheorie</strong> 633<br />
noch vom Bewußtsein seiner selbst begleitet werden kann. Man<br />
begeht oft den Fehler, die reale Un g e schiedenheit von Bewußtsein<br />
und Intentionalität zu verwechseln mit einer Nichtverschiedenheit<br />
bei<strong>der</strong>. Auch die Behauptung: Erkenntnis, <strong>der</strong>artig<br />
interpretiert, identifiziere sie mit einem bloßen Anstarren, ist<br />
einseitig orientiert an <strong>der</strong> realen KompIe x gegebenheit von Bewußtsein<br />
und Intentionalität; sie übersieht, daß in diesem Komplex<br />
das eigentliche Erkenntnismoment einzig und allein im schauenden<br />
Erfassen liegt, während den es begleitenden intentionalen Akten<br />
nur eine selektive Funktion zufällt. Wenn <strong>der</strong> g e dank I ich e n<br />
Synthese das von ihr als objektiv bloß Vermeinte [nicht Geschaute!}<br />
nicht entspricht, so ist das bei <strong>der</strong> Wesensverschiedenheit<br />
von Bewußtsein und Intentionalität kein Einwand gegen die<br />
These, daß jedes Bewußtsein Erkenntnis ist.)<br />
Vom gedanklichen Irrtum zu unterscheiden sind "Lug- und<br />
T r ugb i I <strong>der</strong>" Täuschungen. Soweit in ihnen anschauliche<br />
Gehalte erlaßt werden, sind auch sie objektiv - wenn auch als<br />
bloße Erscheinungen, als Perspektiven (s. unten). Und auch daß<br />
alle anschaulichen P h an t a s i e g e b i I d e genau so je<strong>der</strong> Willkür<br />
enthoben sind wie die Gegenstände <strong>der</strong> \Velt, die wir schlechthin<br />
d i e wirkliche nennen, läßt sich zeigen. Auch, daß sie ihrem<br />
immanenten Gehalte nach jeden Kontakt mit dieser unseren wirklichen<br />
Welt ausschließen und als spezifisch und positiv "p h an -<br />
t a siewirk I ich e" eine objektive Realität jenseits dieser \Velt<br />
haben ("Lug und Trug" sind oft nur gedankliche Ineinssetzungen<br />
dieser Phantasiewirklichkeit mit unserer wirklichen \Velt).<br />
<strong>Die</strong> Abhandlungen über "Phantasie" in <strong>der</strong> gesamten bisherigim<br />
Psychologie sind mit das Seichteste, völlig blind und willkürlich<br />
Zusammeukonstruierte, was je erfahrungsfremde Theorien<br />
sich geleistet haben. Exakte Analysen des wirklichen Phänomens<br />
Phantasie 1 ) nehmen <strong>der</strong> Behauptung einer objektiven Existenz <strong>der</strong><br />
,:Phantasiewirklichkeit" ihre Absurdität.<br />
Erst mit diesen Thesen wird <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> hier dem Korrelativismus<br />
entgegengesetzten Theorie deutlich.<br />
Der Korrelativismus vermeidet wohl den alten erkenntnistheoretischen<br />
Irrtum, eine Kluft zu fingieren zwischen einem ob-<br />
1) Vom Autor selbst versucht in seinem Buche 'Wesen und Wert',<br />
Berlin 1925.