Chancengleichheit in der betrieblichen Gesundheitsförderung
Chancengleichheit in der betrieblichen Gesundheitsförderung
Chancengleichheit in der betrieblichen Gesundheitsförderung
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Was hat Gleichstellungspolitik mit betrieblicher Gesundheitsför<strong>der</strong>ung zu tun?<br />
Arbeitsschutz und Gesundheitsför<strong>der</strong>ung war jahrelang<br />
e<strong>in</strong>e Männerdomäne. Denn Arbeitsschutz und betriebliche<br />
Gesundheitsför<strong>der</strong>ung s<strong>in</strong>d geschlechtsneutral, könnte<br />
man(n) me<strong>in</strong>en. Wenn Maßnahmen zur Verbesserung <strong>der</strong><br />
Arbeitsplätze angegangen werden, verbessern sich damit<br />
automatisch die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen bei<strong>der</strong> Geschlechter.<br />
So lautet jedenfalls die gängige Auffassung. Das ist richtig<br />
und falsch zugleich.<br />
In vielen Betrieben war und ist gerade <strong>der</strong> Arbeitsschutz<br />
– auch <strong>in</strong> den Betriebsräten – e<strong>in</strong> »Männerthema«. Und da-<br />
mit wurden frauenspezifische Gesichtspunkte (ungewollt)<br />
häufig vernachlässigt. Arbeitsschutz und Frauen, das taucht<br />
bis heute häufig nur unter dem Stichwort Schwangerschaft<br />
auf. E<strong>in</strong> Beispiel dafür ist, wenn Schwangere aufgrund <strong>der</strong><br />
Regelungen des Mutterschutzgesetzes bestimmte Tätigkei-<br />
ten nicht ausüben und mit bestimmten Stoffen nicht arbei-<br />
ten dürfen.<br />
Doch es kommt auch im Arbeitsschutz und <strong>der</strong> Gesundheits-<br />
för<strong>der</strong>ung auf den Frauenblick an.<br />
Aus <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Realität: Im Labor e<strong>in</strong>es Automobilzu-<br />
lieferers, <strong>in</strong> dem die Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen mit Säuren<br />
hantieren, wird <strong>der</strong> Arbeitsschutz selbstverständlich ganz<br />
groß geschrieben. Trotzdem mussten die Kolleg<strong>in</strong>nen jahre-<br />
lang mit zu großen Schutzhandschuhen arbeiten und waren<br />
dementsprechend gefährdeter. Schutzhandschuhe waren<br />
nur <strong>in</strong> Männergrößen über den Zentrale<strong>in</strong>kauf zu beziehen.<br />
Sicherlich, <strong>in</strong> diesem Fall war die Lösung e<strong>in</strong>fach und konnte<br />
nach monatelangen (!) Diskussionen mit dem E<strong>in</strong>kauf auch<br />
durchgesetzt werden. Das Beispiel zeigt aber vor allem, dass<br />
selbst dort, wo <strong>der</strong> Arbeitsschutz e<strong>in</strong>e große Rolle spielt,<br />
dieser wenig wert ist, wenn die betroffenen Frauen und ihre<br />
Bedürfnisse und Interessen nicht berücksichtigt werden.<br />
Häufig wurden Frauen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit im Arbeits- und<br />
Gesundheitsschutz übersehen. »Frauenjobs« seien eben<br />
nicht so gefährlich wie »Männerjobs«. Tatsächlich sagen<br />
5<br />
Kirsten Rölke<br />
Geschäftsführendes<br />
Vorstandsmitglied<br />
uns die Statistiken, dass Frauen seltener Arbeitsunfälle<br />
Vorwort<br />
erleiden und anerkannte Berufskrankheiten bekommen.<br />
Blicken wir etwas genauer h<strong>in</strong>, stellen wir fest, dass im Ka-<br />
talog <strong>der</strong> Berufskrankheiten überwiegend Berufskrankhei-<br />
ten zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d, die eher mit typischen »Männerarbeits-<br />
plätzen« verbunden s<strong>in</strong>d. Frauen h<strong>in</strong>gegen – auch das zeigt<br />
wie<strong>der</strong>um die Statistik – lassen ihre auf den Beruf zurück-<br />
gehenden Erkrankungen eher vom Hausarzt behandeln und<br />
tauchen alle<strong>in</strong> deshalb nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Statistik auf.<br />
Nicht nur im Arbeits- und Gesundheitsschutz als e<strong>in</strong>em<br />
Aspekt <strong>der</strong> Gesundheitspolitik kommen Frauen zu kurz.<br />
Mensch gleich Mann, so lautet die Gleichung allgeme<strong>in</strong> im<br />
deutschen Gesundheitssystem. So werden Arzneimittel<br />
<strong>in</strong> aller Regel an Männern zwischen 20 und 40 Jahren ge-<br />
testet und Dosierungsempfehlungen an »ihm« orientiert.<br />
Krankheiten wie <strong>der</strong> Herz<strong>in</strong>farkt werden <strong>in</strong> Lehrbüchern<br />
ausschließlich anhand männlicher Symptome beschrieben.<br />
Dabei s<strong>in</strong>d Herz<strong>in</strong>farkte die häufigste Todesursache von<br />
Frauen, wie <strong>der</strong> Frauen-Gesundheitsbericht <strong>der</strong> Bundesre-<br />
gierung 2001 feststellt.