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Arbeitshilfe Abendmahl mit Jugendlichen –

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<strong>Arbeitshilfe</strong><br />

<strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> <strong>Jugendlichen</strong> <strong>–</strong><br />

Theologische Grundlagen und praktische Anregungen<br />

für das <strong>Abendmahl</strong> im Jugendgottesdienst<br />

Frithjof Rittberger<br />

(aktualisierte Fassung: August 2006)


Inhalt<br />

1. „One of us“ <strong>–</strong> theologische Einführung und Beobachtung aus der<br />

Praxis ............................................................................................................... 4<br />

1.1 <strong>Abendmahl</strong> als incarnational witness <strong>–</strong> ganzheitliche Bezeugung<br />

des Mensch gewordenen Gottes ........................................................... 4<br />

1.2. <strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> <strong>Jugendlichen</strong>: Erfahrung von und Sehnsucht nach<br />

Gemeinschaft ..................................................................................... ... 5<br />

2. Den dreieinigen Gott erfahren <strong>–</strong> durch lebendige Verkündigung<br />

und die Bedeutungsfülle der Symbolhandlung <strong>Abendmahl</strong> ...................... 7<br />

2.1. „... nahm er das Brot, sagte Dank und brach’s“ <strong>–</strong><br />

Eucharistie: Dank für die (Schöpfungs-) Gaben Gottes ........................ 9<br />

2.1.1 Zur Gestaltung <strong>–</strong> Sensibilität und Dank für Gottes Gabe .......... 11<br />

2.1.2. Klassische Streitfragen .............................................................. 13<br />

a) Wein oder Traubensaft? Dazu Grundsätzliches zur<br />

Bibelauslegung ...................................................................... 13<br />

b) Was darf’s noch sein?“ <strong>–</strong> zeichenhafte Mahlfeier oder<br />

Sättigungsmahl (Agape-Mahl)? ............................................. 14<br />

2.2. „In der Nacht, als Jesus verraten wurde und <strong>mit</strong> seinen Jüngern<br />

zu Tisch saß“ <strong>–</strong> <strong>Abendmahl</strong>: Gottes hingebungsvolle Nähe zu<br />

vergebungsbedürftigen Menschen ................................................... … 15<br />

2.2.1. Zur Gestaltung <strong>–</strong> Teilnehmen lassen an Jesu vergebendem<br />

und befreiendem Handeln ......................................................... 17<br />

a) Keine Formelsprache, sondern inhaltliche Hinführung ........ 17<br />

b) Vergebung ist ein Geschenk, das für einen konkreten<br />

Empfänger in Liebe ausgesucht wurde :................................ 17<br />

c) Die Liturgie soll Christi Handeln deutlich machen, nicht<br />

verdecken ............................................................................. 18<br />

2.2.2 Klassische Streitfragen ............................................................. 22<br />

a) „Das ist mein Leib ...“ <strong>–</strong> „Hokuspokus“ oder bloße<br />

Erinnerung? .......................................................................... 22<br />

b) Einsetzungsworte ................................................................. 23<br />

2.3 „So sind wir viele ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben“ <strong>–</strong><br />

Kommunion: im Heiligen Geist befreite Gemeinschaft der<br />

Verschiedenen ..................................................................................... 26<br />

2.3.1 Zur Gestaltung <strong>–</strong> Möglichkeitsräume zur Begegnung und<br />

Entdeckung schaffen ................................................................. 27<br />

a) Der gesamte Gemeindegottesdienst als <strong>Abendmahl</strong>sfeier<br />

für alle ................................................................................... 27<br />

2


) Gemeinsam unterwegs <strong>–</strong> rückblickende Vertiefung<br />

einer gemeinsam verbrachten Zeit oder Wegstrecke ……… 28<br />

c) Die Auswahl und Anordnung biblischer und liturgischer<br />

Texte zum „Reich Gottes“ ..................................................... 29<br />

d) Der Friedensgruß .................................................................. 31<br />

e) Die Beteiligung aller <strong>–</strong> am Beispiel der Austeilung von<br />

Brot und Wein ....................................................................... 31<br />

f) Formen der Austeilung .......................................................... 33<br />

2.3.2 Klassische Streitfragen ............................................................. 33<br />

a) Was heißt „unwürdig“ beim <strong>Abendmahl</strong>? .............................. 33<br />

b) Wer darf <strong>Abendmahl</strong>sfeiern leiten? ...................................... 34<br />

c) Wer darf am <strong>Abendmahl</strong> teilnehmen? .................................. 35<br />

3. Ablauf einer <strong>Abendmahl</strong>sfeier und Beispielentwurf für einen<br />

<strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst ............................................................................ 36<br />

3.1 Ablauf einer <strong>Abendmahl</strong>sfeier ............................................................. 36<br />

a) <strong>Abendmahl</strong> nach der Oberdeutschen Form .................................... 36<br />

b) <strong>Abendmahl</strong> in Form der lutherischen Messe 35 .............................. 36<br />

3.2. Beispielentwurf für einen <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst ............................... 3737<br />

3


<strong>Arbeitshilfe</strong> <strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> <strong>Jugendlichen</strong> <strong>–</strong><br />

Theologische Grundlagen und praktische Anregungen 1<br />

1. „One of us“ <strong>–</strong> theologische Einführung und Beobachtung aus der Praxis<br />

1.1 <strong>Abendmahl</strong> als incarnational witness <strong>–</strong> ganzheitliche Bezeugung des Mensch<br />

gewordenen Gottes<br />

Auf der Suche nach Formen und Beteiligungsmöglichkeiten im Jugendgottesdienst wird<br />

heute zunehmend ein Element wieder entdeckt, das schon bei den ersten Christen für den<br />

Gottesdienst zentral war: das <strong>Abendmahl</strong>. In der Feier des <strong>Abendmahl</strong>s wird die Gegenwart<br />

Gottes auf umfassende Weise bezeugt. 2 In Jesus Christus wird Gott ganz „einer von<br />

uns“ und wendet sich zugleich uns auf einen Weise zu, die über die Möglichkeiten menschlicher<br />

Zuwendung hinausgeht. Die Ganzheitlichkeit dieser Zuwendung lässt sich im Blick<br />

auf die Sinneswahrnehmung leicht beschreiben: Wir hören Worte des Zuspruchs und der<br />

Einladung, sehen einladende Gesten und natürlich die Elemente Brot und Wein bzw. Saft,<br />

die wir kauen, riechen und schmecken. Vielleicht drücken wir die dabei entstehende Gemeinschaft<br />

auch hautnah aus, indem wir uns zum Friedensgruß die Hand geben oder umarmen.<br />

Was aber hat das alles <strong>mit</strong> Gottes Gegenwart zu tun? Beim <strong>Abendmahl</strong> drückt sich aus,<br />

was schon biblisch gesehen das Besondere der Offenbarung Gottes ist: Er kommt nicht in<br />

erster Linie als Lehre oder abstrakte Wahrheit zu den Menschen, sondern lässt sich in Jesus<br />

von Nazareth als Mensch auf seine Schöpfung ein. Das wirkt sich zum einen so aus,<br />

dass bereits die ‚Lehre’ Jesu immer im Blick auf jeden einzelnen Menschen in seiner Situation<br />

formuliert ist <strong>–</strong> wie z.B. die Bergpredigt, sein Umgang <strong>mit</strong> den Zehn Geboten und deren<br />

Zuspitzung im Liebesgebot zeigen. Zum andern zeigt sich Gott in Jesus so, dass Worte<br />

und Leben, Zuspruch und Zuwendung, seelisches und körperliches Heilen <strong>mit</strong>einander<br />

verbunden sind.<br />

Das gemeinsame Essen bildet einen Höhepunkt einer solchen Begegnung Gottes <strong>mit</strong> den<br />

Menschen. Es lässt Gott in dreifacher Weise erfahren, wie es auch im Glaubensbekenntnis<br />

festgehalten ist: Als Vater und Schöpfer schenkt er Sättigung und festlichen Genuss (vgl.<br />

die Speisung der Fünftausend oder die Hochzeit zu Kana). Als Sohn und Versöhner sucht<br />

er <strong>mit</strong> Einsamen, Vernachlässigten, Ausgestoßenen oder Fremden Gemeinschaft und versöhnt<br />

sie <strong>mit</strong> ihren Mitmenschen (Hochzeitsmahl <strong>mit</strong> den zunächst nicht Eingeladenen,<br />

Mahl <strong>mit</strong> Zöllnern wie Zachäus, Speisung der Fünftausend in einer „ausländischen“ Gegend,<br />

in der Juden sonst nie Tischgemeinschaft <strong>mit</strong> Nichtjuden gehabt hätten). Als Heiliger<br />

Geist, der befreit und vollendet, stiftet er einen Vorgeschmack des Reiches Gottes, in dem<br />

Menschen selbstständig im Namen des Auferstandenen und in der Kraft des Heiligen Geistes<br />

die Gemeinschaft Verschiedener suchen und verteidigen (Tischgemeinschaft in der<br />

Urgemeinde zwischen Juden- und Heidenchristen, <strong>Abendmahl</strong>sfeier von Armen und Reichen).<br />

Jede der drei Erfahrungen <strong>–</strong> satt werden, angenommen sein und einladend auf andere zugehen<br />

<strong>–</strong> findet in Gemeinschaft statt bzw. hat Gemeinschaft zum Ziel. Da das <strong>Abendmahl</strong><br />

diese ganzheitliche Erfahrung symbolisiert und ver<strong>mit</strong>telt, kann es als Bestandteil eines<br />

1<br />

Eine Kurzfassung dieses Textes ohne Praxisbeispiele ist abgedruckt in: One of us. Jugendgottesdienst und<br />

Jugendkirche, hg. von Rolf Ulmer, Stuttgart 2004.<br />

2<br />

Zum englischen Begriff des ‚incarnational witness’, vgl. die in Anm. 1 genannte Veröffentlichung.<br />

4


Jugendgottesdienstes die Sehnsucht Jugendlicher nach Gemeinschaft zum zentralen<br />

Thema machen.<br />

1.2. <strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> <strong>Jugendlichen</strong>: Erfahrung von und Sehnsucht nach Gemeinschaft<br />

Wie in Umfragen über jugendgemäße Gottesdienste deutlich wurde, 3 möchten viele Jugendliche<br />

im Gottesdienst Gemeinschaft erfahren und diese auch aktiv gestalten. Manchen<br />

Jugendgottesdiensten mag es gelingen, diesem Bedürfnis durch die Botschaft und die<br />

Gestaltung explizit Ausdruck zu geben, in anderen stellt sich Gemeinschaft vielleicht eher<br />

als Nebenprodukt 4 ein. Auf jeden Fall zur Hauptsache erklären Jugendliche die gelebte<br />

Gemeinschaft in der Kategorie „Eigene Vorschläge“, und zwar in Form gemütlichen Zusammenseins,<br />

Essens und Trinkens nach dem Gottesdienst. Ist es dann nicht konsequent,<br />

gemeinschaftliches Essen und Trinken in das gottesdienstliche Feiern selbst zu integrieren,<br />

wie es in den ersten Christengemeinden auch üblich war?<br />

Eine Erhebung unter JugendreferentInnen vom Herbst 2003 spricht für die Vermutung,<br />

dass das <strong>Abendmahl</strong> in der Jugendarbeit vor allem in Situationen intensiv erlebter Gemeinschaft<br />

gefeiert wird: bei Schulungen und „Entsendungen“ von Jugend<strong>mit</strong>arbeitern, auf<br />

Freizeiten, aber auch in Jugendgottesdiensten. Dass es hier nicht um eine Verlagerung<br />

von Chips-und-Cola-Parties in den Gottesdienst geht, zeigen schon die Zeiten, an denen<br />

solche Gottesdienste überwiegend stattfinden: einmal in der Karwoche bzw. um Ostern,<br />

zum andern am Buß- und Bettag. 5 Ein Blick ins Internet unter dem Suchwort „Jugendabendmahl“<br />

bestätigt diese Tendenz.<br />

Die durch die gewählte Zeit im Kirchenjahr bewirkte Nähe dieser Feiern zur „Nacht, in der<br />

Jesus verraten wurde und“ <strong>–</strong> selbstverständlich in Gemeinschaft <strong>–</strong> „<strong>mit</strong> seinen Jüngern zu<br />

Tische saß“, stellt die Gemeinschaft <strong>mit</strong> Gott und den Mitmenschen in einen direkten Zusammenhang,<br />

der in Jugendgottesdiensten <strong>mit</strong> <strong>Abendmahl</strong> oft auch in der Predigt entfaltet<br />

wird. Ein Jugendliche ansprechender und Gemeinschaft stiftender Gottesdienst bemüht<br />

sich um incarnational witness am besten so, wie Jesus es vorgelebt hat, nämlich durch<br />

1. Streitgespräche<br />

2. konkrete Hilfe (auch durch symbolische Handlungen) und<br />

3. gemeinsames Essen und Trinken. 6<br />

Tatsächlich lassen sich viele Jugendgottesdienste als Inszenierung einer solchen Begegnung<br />

verstehen:<br />

3 Vgl. dazu die Umfrage unter <strong>Jugendlichen</strong> in „One of us“ (Anm. 1), außerdem die detaillierte Umfrage neueren<br />

Datums in der Diplomarbeit von Steffen Bäuerle zum Thema: „Wenn junge Erwachsene den Gottesdienst<br />

am Sonntagmorgen besuchen ...“ Eine Analyse der Bedürfnisse von jungen Erwachsenen in Bezug auf Gottesdienste,<br />

eingereicht an der Evang. Fachhochschule für Soziale Arbeit, Religionspädagogik und Diakonie<br />

im Mai 2004, im Internet unter: www.baeuerle-steffen.de/diplomarbeit/<br />

4 Fragt man Jugendliche am Ende ihrer Konfirmandenzeit, was ihnen am meisten gefallen hat bzw. am wichtigsten<br />

war, steht „Gemeinschaft“ <strong>mit</strong> Abstand an erster Stelle.<br />

5 Eine Zusammenfassung der Erhebung „<strong>Abendmahl</strong>spraxis in der evangelischen Jugendarbeit“ in Württemberg<br />

vom Herbst 2003 findet sich in: Unter uns. Mitteilungen des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg<br />

2/2004, S. 5 („Beobachtungen“).<br />

6 So Christian Grethlein in seinem Vortrag „Jugendliche und Spiritualität“ am 18.5.2004 auf der Tagung „Jugendliche<br />

brauchen Gottesdienst“ in der Jugendbildungsstätte Nordwalde/Westfalen.<br />

5


1. An die Stelle eines kopflastigen Vortrags tritt die direkte, auf verschiedene Personen<br />

verteilte Auseinandersetzung um ein Thema, sei es in einem Theaterstück oder einer<br />

Talkrunde.<br />

2. Spürbare, helfende Zuwendung gibt es z.B. in Form von Einzelsegnung <strong>mit</strong> Handauflegung,<br />

aber auch durch viele andere symbolische Handlungen, die für eine Deutung<br />

durch jeden einzelnen offen, aber nicht beliebig sind. Zu denken ist an Stationen der<br />

Thomasmesse, an das Anzünden von Kerzen oder die Erfahrung von Gebet und Segen<br />

insgesamt.<br />

3. Das gemeinsame Essen und Trinken findet sich zumindest im Anschluss an fast jeden<br />

Jugendgottesdienst oder aber bereits im <strong>Abendmahl</strong>!<br />

Wenn es nach dem genannten Befund stimmt, dass <strong>Jugendlichen</strong> die Gemeinschaft (und<br />

der auch entwicklungsbedingte Bezug zum Thema Nähe und Distanz) sehr wichtig ist, 7<br />

liegt es nahe, bei <strong>Abendmahl</strong>sfeiern <strong>mit</strong> <strong>Jugendlichen</strong> den inhaltlichen Schwerpunkt auf die<br />

‚Gemeinschaft’ zu legen. 8 Entscheidend ist dabei aber, dass und wie aus der real existierenden<br />

eine füreinander aufgeschlossene und fröhliche Gemeinschaft wird, in der keiner<br />

ausgeschlossen ist. <strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> <strong>Jugendlichen</strong> zu feiern schließt deshalb auch die Aufgabe<br />

ein, das für Jugendliche dabei weniger Naheliegende <strong>–</strong> Sünde, Schuld, Vergebung<br />

und Befreiung im Kontext eben dieser Gemeinschaft <strong>–</strong> <strong>mit</strong> zu bedenken.<br />

Jugendliche werden hoffentlich nicht nur im Stillen fragen, ob so etwas überhaupt nötig und<br />

wahr ist <strong>–</strong> und wenn ja, wie es dann geschieht. <strong>Abendmahl</strong> muss <strong>–</strong> als Verdichtung evangelischer<br />

Verkündigung <strong>–</strong> auf bestimmte Weise plausibel sein: Es darf nicht zum Geheimnis<br />

machen, was geklärt gehört (nämlich der Opferbegriff oder der Umgang <strong>mit</strong> den Elementen<br />

Brot und Wein), und umgekehrt nicht selbstverständlich tun, wo das Geheimnis<br />

des Glaubens wirklich seinen Platz hat (nämlich dass man vom Glauben nicht formelhaft<br />

voraussetzend oder fordernd, sondern nur als Geschenk Gottes reden kann). Wenn hier<br />

etwas unstimmig ist, merken Jugendliche es als erste.<br />

Im nächsten Kapitel geht es zunächst darum, wie sinnvoll vom <strong>Abendmahl</strong> zu reden ist,<br />

anschließend werden seine wichtigsten Inhalte in drei Abschnitten vorgestellt (2.1 <strong>–</strong> 2.3),<br />

die der bereits erwähnten trinitarischen Gliederung folgen: Im <strong>Abendmahl</strong> begegnet Gott<br />

als Vater, Sohn und heiliger Geist. Nach grundsätzlichen theologischen und auf die Praxis<br />

bezogenen Anregungen folgen jeweils konkrete Gestaltungsvorschläge, z.T. <strong>mit</strong> ausformulierte<br />

Texten oder Literaturhinweisen, den Abschluss zu jedem Abschnitt bildet eine Klärung<br />

strittiger Fragen zum jeweiligen Thema. Ziel ist, zur eigenständigen Auseinandersetzung<br />

<strong>mit</strong> dem <strong>Abendmahl</strong> und zur kompetenten Gestaltung anzuregen. Dabei können sich<br />

für die konkrete Feier Schwerpunkte ergeben, wie es in den letzten Jahren bereits in Entwürfen<br />

für <strong>Abendmahl</strong>sfeiern <strong>mit</strong> Kindern gute Übung ist. 9 Das letzte Kapitel bietet einen<br />

Überblick über zwei gebräuchliche <strong>Abendmahl</strong>sliturgien und einen Beispielentwurf (3.1+2).<br />

7 Vielleicht stehen Jugendliche deshalb der Bedeutungsfülle des <strong>Abendmahl</strong>s aufgeschlossener gegenüber<br />

als manche erwachsene Kirchgänger, die sich noch an dem zumindest in der Vergangenheit überbewerteten<br />

Aspekt rein individueller Sündenvergebung genügen lassen und sich weniger für die konkret im Gottesdienst<br />

vorhandenen Mitmenschen interessieren. Äußerlich an der Gestaltung kann diese Einseitigkeit sich daran<br />

zeigen, dass jeder die Elemente jeweils direkt „für sich“ von der Pfarrerin ausgeteilt bekommen möchte und<br />

nicht vom nebenstehenden Mitchristen.<br />

8 Vgl. dazu die Ergebnisse einer Befragung von Schülerinnen und Schülern: Heinz Schmid, Jugend und <strong>Abendmahl</strong>,<br />

Zeitschrift für Theologie und Kirche 84 (1987), S. 215-2321, besonders S. 227.<br />

9 Vgl. die „<strong>Arbeitshilfe</strong> <strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> Kindern“, hg. vom Evang. Oberkirchenrat Stuttgart, Stuttgart 2001. Zu<br />

den zehn thematischen „Aspekten“ des <strong>Abendmahl</strong>s <strong>mit</strong> reichen Bibelstellenangaben und Verortung im Kirchenjahr<br />

vgl. S. 21-29.<br />

6


2. Den dreieinigen Gott erfahren <strong>–</strong> durch lebendige Verkündigung und die Bedeutungsfülle<br />

der Symbolhandlung <strong>Abendmahl</strong><br />

Wenn es in Johannes 1,1 heißt „Am Anfang war das Wort“, und weiter: „... das Wort wurde<br />

Fleisch und wohnte unter uns“ (Johannes 1,14), dann heißt incarnational witness, also auf<br />

diese Fleisch-Werdung bezogenes Zeugnis, dass es von Gott konkret, lebendig redet. Gott<br />

kommt nicht einfach in einer feststehenden Definition oder Lehre zu uns. Weil Worte, Begriffe,<br />

auch ganze Sätze in ihrer Aussagabsicht sich im Laufe der Zeit abnutzen, inflationär<br />

gebraucht oder auch missbraucht werden, 10 ist Gottes Gegenwart eher so zu bezeugen,<br />

dass er als unter uns ‚wohnend’, <strong>mit</strong>lebend erfahrbar wird. Geschichten, Ereignisse und<br />

Symbole können benannt und vergegenwärtigt werden, in oder <strong>mit</strong> deren Hilfe Gott überraschend<br />

heilsam erfahren wird. Begriffe, wie z.B. Sünde und Vergebung, erschließen sich<br />

am besten, wenn man nach dem Vorbild Jesu eine gleichnisfähige Erzählung wählt (wie<br />

z.B. das Gleichnis vom Verlorenen Sohn) oder indem man Jesusworte nicht von Jesu Verhalten<br />

gegenüber den Angeredeten in ganz bestimmten Situationen isoliert. 11<br />

Wie aber reden wir von Jesus Christus selbst <strong>–</strong> als dem Gekreuzigten und Auferstandenen,<br />

in dem sich alles, was uns von Gott gesagt ist, zu dem einen „Wort Gottes“ verdichtet?<br />

Es ist bezeichnend, dass Jesus seinen Jüngern vor seinem Tod nicht einfach eine<br />

Lehre <strong>mit</strong> auf den Weg gab, sondern seine Gebote zum einen an die aktuelle Vergegenwärtigung<br />

durch den Heiligen Geist band (vgl. Johannes 16,5-15) und zum andern seine<br />

bleibende Gegenwart an eine symbolische Handlung knüpfte, in der Brot und Wein in Gemeinschaft<br />

unter Danksagung und Zuspruch der Vergebung empfangen werden (z.B. Matthäus<br />

26,26-28). Und genau an und in einer solchen Handlung erkennen die Jünger nach<br />

Lukas 24,30-35 erst den Auferstandenen <strong>–</strong> am Danken, Brotbrechen und Austeilen.<br />

Das <strong>Abendmahl</strong> ist deshalb so komplex, weil von Anfang an Leben, Tod und Auferstehung<br />

Jesu da<strong>mit</strong> verbunden sind und durch die gesamte Mahlfeier symbolisiert werden. Im <strong>Abendmahl</strong><br />

geschieht aber nicht „bloß“ symbolisch, was anderweitig „eigentlicher“ zu sagen<br />

wäre, sondern in Verbindung <strong>mit</strong> Zuwendung, Austeilen, Gestärkt-Werden, Weitergeben,<br />

Friedensgruß füllen sich Begriffe wie Sünde, Vergebung, Hingabe, Befreiung, Gemeinschaft<br />

überhaupt erst. 12<br />

Da für Jugendliche altersbedingt viele Zentralbegriffe evangelischer Verkündigung neu und<br />

unverbrauchter sind als für Ältere, haben Jugendgottesdienste die wichtige Aufgabe, nicht<br />

nur sorgfältig bei der Prägung dieser Begriffe 13 zu sein, sondern vor allem Orte und Handlungen<br />

anzubieten, in denen Jugendliche sich selbst die geistliche Kompetenz erwerben,<br />

diese Begriffe für sich immer neu zu erschließen. Für das <strong>Abendmahl</strong> heißt das: Brot und<br />

Wein, Abbrechen und Weitergeben, Sitzordnung, Anschauen und Ansprechen entfalten<br />

10 Sprechendes Beispiel dafür ist Jesu Umgang <strong>mit</strong> dem Sabbatgebot (Markus 2,23-28) oder seine „Antithesen“<br />

in der Bergpredigt <strong>–</strong> sein Versuch, den ursprünglichen Sinn von Gottes Geboten gegen ihre Verflachung<br />

oder Verdrehung wieder zum Leben zu erwecken (vgl. Matthäus 5,17-48).<br />

11 Für das Beispiel ‚Vergebung’ bietet die <strong>Abendmahl</strong>spredigt von Renate Hieber ein gelungenes Beispiel für<br />

eine Augen öffnende Klärung eines durch Missbrauch gefährdeten Begriffes, indem sie Beispielgeschichten<br />

Jesu auf im Gottesdienst dargebotene Alltagszenen bezieht und die HörerInnen <strong>mit</strong> vier ‚Vergebungstypen’ <strong>–</strong><br />

als selbstkritisches Identifikationsangebot <strong>–</strong> konfrontiert. Zu finden unter: www.jugonet.de; dort der <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst<br />

„vergeben! vergessen?“ vom 7. April 2004.<br />

12 Ein von Konfirmanden zu gestaltender <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienstentwurf, der die Bedeutungsfülle des <strong>Abendmahl</strong>s<br />

anhand von vier biblischen Erzählungen an vier Stationen künstlerisch vergegenwärtigt, findet<br />

sich unter www.jugonet.de („All in one“ <strong>–</strong> Die Fülle des <strong>Abendmahl</strong>s entdecken, von Karoline Rittberger-Klas).<br />

Die Stichworte und Lesungen sind: Stärkung/Sättigung (1. Könige 19,2-8), Vergebung/Versöhnung (Lukas<br />

15,11-24), Gemeinschaft (Matthäus 9,9-13), Feiern (Johannes 2,1-10)<br />

13 Das gilt auch für die Auswahl der Lieder und ihrer Texte.<br />

7


auch unbewusst ihre eigene Dynamik, deren Bandbreite offen zu halten und hin und wieder<br />

thematisch aufzugreifen ist.<br />

Im folgenden werden drei Bedeutungsschwerpunkte des <strong>Abendmahl</strong>s entfaltet, die sich<br />

theologisch ergänzen und sich ansatzweise in den verschiedenen traditionellen Namen für<br />

dieses Geschehen wiederspiegeln: Eucharistie <strong>–</strong> <strong>Abendmahl</strong>/Herrenmahl <strong>–</strong> Kommunion.<br />

Das heißt: 1. ‚Danksagung’ für die Gaben Gottes des Schöpfers <strong>–</strong> 2. Mahl unter den Bedingungen<br />

von Sünde und Versöhnung, Tod und Auferstehung Christi <strong>–</strong> 3. ‚Anteilhabe’ an<br />

Gottes Gnade in einer vom heiligen Geist befreiten ‚Gemeinschaft’. Tabellarisch lässt sich<br />

dies so darstellen:<br />

Bezeichnungen für die<br />

Mahlfeier 14 und Bezug zu<br />

den Einsetzungsworten<br />

Eucharistie (= Danksagung)<br />

„... nahm er das Brot,<br />

sagte Dank und brachs“<br />

<strong>Abendmahl</strong> (1. Korinther<br />

11,20; Offenbarung 3,20;<br />

Bezug zur Nacht des Verrats)<br />

„Jesus, in der Nacht, da<br />

er verraten wurde“<br />

Herrenmahl (1. Korinther<br />

10,21; Bezug zum Gekreuzigten<br />

und Auferstandenen)<br />

„Das ist mein Blut des<br />

neuen Bundes ... zur Ver-<br />

gebung der Sünden“<br />

Kommunion (= Anteilhabe,<br />

Gemeinschaft, 1. Korinther<br />

10,16f.)<br />

„für euch und für viele<br />

vergossen <strong>–</strong> das tut zu<br />

meinem Gedächtnis (=<br />

Vergegenwärtigung)“<br />

Gott trinitarisch, d.h. als<br />

drei-einiger:<br />

Gottes handelt am Menschen<br />

als<br />

Vater, Schöpfer Schöpfer, der Leben<br />

ermöglicht und für dessen<br />

Gaben wir danken<br />

und Verantwortung ü-<br />

bernehmen<br />

Sohn, Versöhner Erlöser, der an unsere<br />

Stelle tritt, Sünde aufdeckt<br />

und ihre Macht<br />

nimmt<br />

Heiliger Geist, Stifter<br />

von Gemeinschaft und<br />

Vollender<br />

Befreier und Vollender,<br />

der Schöpfung und Versöhnung<br />

ins Bewusstsein<br />

ruft, die dadurch<br />

Befreiten zur Gemeinschaft<br />

versammelt und<br />

ihre Hoffnung auf die<br />

Vollendung des Reiches<br />

Gottes wach hält<br />

Verhalten des<br />

Menschen im Got-<br />

tesdienst:<br />

Eucharistie (=<br />

Danksagung)<br />

Anamnese (vergegenwärtigendes<br />

Erinnern Christi)<br />

Epiklese („Herabrufung“,<br />

Anrufung des<br />

Heiligen Geistes)<br />

Auf diese trinitarische Weite hin ist die Symbolhandlung angelegt. Auch wenn es im nächsten<br />

Abschnitt vor allem um die Schöpfungsgaben Gottes geht, wird am dem symbolkräftigen<br />

Beispiel ‚Brot’ deutlich, wie es immer auch die anderen beiden Bereiche <strong>mit</strong> einschließt.<br />

14 Diese Übersicht darf nicht so verstanden werden, dass <strong>mit</strong> den historischen Bezeichnungen ‚Eucharistie’,<br />

‚<strong>Abendmahl</strong>’, ‚Kommunion’ jeweils nur ein Aspekt von Gottes Dreieinigkeit und seinem Handeln gemeint sei.<br />

So bezieht sich die eucharistische Danksagung z.B. auch auf die versöhnende Hingabe Christi, nicht nur auf<br />

die Schöpfungsgaben Brot und Wein; ebenso gilt das z.B. für den heiligen Geist Gesagte ja nur, weil es sich<br />

<strong>–</strong> aktuell vergegenwärtigend <strong>–</strong> auf das Wirken Jesu Christi bezieht. Vgl. dazu: Michael Welker, Was geht vor<br />

beim <strong>Abendmahl</strong>?, Stuttgart 1999, S. 174-184.<br />

8


2.1. „... nahm er das Brot, sagte Dank und brach’s“ <strong>–</strong> Eucharistie: Dank für die<br />

(Schöpfungs-) Gaben Gottes<br />

Brot und Wein sind Nahrungs- bzw. Genuss<strong>mit</strong>tel und nach christlichem Verständnis<br />

Schöpfungsgaben Gottes wie viele andere Nahrungs<strong>mit</strong>tel auch. Darüber hinaus haben sie<br />

im Laufe der Entstehung der Bibel und in den Jahrhunderten danach einen hohen Symbolwert<br />

erhalten. Symbole sind nicht eindeutig, aber auch nicht beliebig.<br />

Brot ist in unserem Kulturkreis Grundnahrungs<strong>mit</strong>tel. „Bei Wasser und Brot“ hat man das<br />

Minimum des vorläufig Lebensnotwendigen; die Bitte um „unser täglich Brot“ und das politische<br />

Ziel, alle Menschen „in Lohn und Brot“ zu bringen, stehen für dieses Bedürfnis.<br />

Kriegserzählungen ranken sich um knappes, vorenthaltenes, geteiltes, zugestecktes oder<br />

heimlich genommenes Brot. ‚Brot’ bedeutet Zuwendung und Gemeinschaft. „Brot brechen“<br />

steht des weiteren für ungeheuchelte Gerechtigkeit angesichts begrenzter Güter (Jesaja<br />

58,7). Es steht als ‚Manna’ für Befreiung aus der Sklaverei im Land der Fleischtöpfe und<br />

anderer Kulinarien zur vertrauensvollen, neidlosen Genügsamkeit ohne Leistungsdruck<br />

(vgl. 2. Mose 16 <strong>mit</strong> 4. Mose 11).<br />

Theologisch zugespitzt: ‚Brot’ steht für die Gabe Gottes des Schöpfers, vor dem alle zuerst<br />

einmal in einer Gemeinschaft der Empfangenden stehen. Indem aber nicht das Korn (die<br />

Trauben), sondern das Brot (der Wein) im Blick ist, ist neben der Ehrfurcht vor der natürlichen<br />

Schöpfung auch die göttliche Würdigung der menschlichen Arbeit einbezogen. Da<strong>mit</strong><br />

ist keine Arbeit gemeint, die maßlos ausbeuterisch und zerstörend wirkt, sondern eine Arbeit,<br />

die man als Schöpfungsgabe Gottes in die Danksagung über dem Brot einschließen<br />

kann, weil sie zum einen Ausdruck des „Bebauen und Bewahren“ (1. Mose 2, 15) der natürlichen<br />

Lebensgrundlagen, zum andern der globalen Rücksichtnahme aufeinander ist. 15<br />

Schön greift ein Dankgebet diese Aspekte auf:<br />

Gott, du Schöpfer des Lebens, wir loben dich:<br />

Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit.<br />

Lass dieses Brot für uns zum Brot des Lebens werden.<br />

Gott, du Schöpfer des Lebens, wir loben dich:<br />

Du schenkst uns die Frucht des Weinstocks, das Zeichen des Festes.<br />

Lass diesen Kelch für uns zum Kelch des Heils werden.<br />

Wie aus den Körnern das Brot, aus den Trauben der Wein geworden ist,<br />

so mach aus uns eine Gemeinde, ein Zeichen des Friedens für diese Welt.<br />

Amen. 16<br />

Neben der Arbeit kommt hier als zweites das Fest als kulturelle Schöpfungsgabe Gottes in<br />

den Blick. Es wird nicht durch Brot, sondern „Wein“ symbolisiert. 17 Neben das Grundnahrungs<strong>mit</strong>tel<br />

tritt das Genuss<strong>mit</strong>tel. Neben zweckbestimmte Arbeit tritt die Unterbrechung,<br />

das Feiern, das sich selbst Zweck ist. In diesem Wechselspiel werden beide vor Maßlosigkeit<br />

geschützt: Das Feiern schützt die Arbeit vor Geltungsdrang und Ausbrennen, die Arbeit<br />

schützt die Party vor Trunkenheit und Völlerei.<br />

15 Vgl. dazu Michael Welker, Was geht vor beim <strong>Abendmahl</strong>?, Stuttgart 1999, S. 75-77.<br />

16 Aus dem Feierabendmahl des Ev. Kirchentags 1993 in München, zitiert nach: <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong> Fest der Hoffnung.<br />

Grundlagen <strong>–</strong> Liturgien <strong>–</strong> Texte, hg. von Christiane Begerau/Rainer Schomburg/Martin von Essen,<br />

Gütersloh 2000, S. 203. In diesem Buch finden sich viele weitere Texte und Gebete zum <strong>Abendmahl</strong>.<br />

17 Sicher war <strong>mit</strong> Wasser verdünnter Wein damals auch normal zum Durstlöschen in Gebrauch. Texte wie die<br />

Hochzeit zu Kana zeigen aber auch den betont festlichen Charakter von „gutem“, d.h. unverdünntem Wein<br />

(Johannes 2, 1-11).<br />

9


Sieht man einmal davon ab, dass Jesus Brot und Wein verwendet hat, 18 stellt sich durchaus<br />

die Frage ob die Wahl der Elemente beim <strong>Abendmahl</strong> nicht variabel ist. Symbolisieren<br />

Chips und Cola dasselbe wie Brot und Wein bzw. Saft? Oder <strong>–</strong> extrem zugespitzt, aber<br />

sachlich vielleicht stimmiger: Pommes und Alcopops? Diese Frage ist nicht nur rhetorisch<br />

zu verstehen. Es dürfte Jugendgruppen geben, für die eine Zuordnung von „Grundnahrungs<strong>mit</strong>tel“<br />

und „Genuss<strong>mit</strong>tel“ tatsächlich so aussieht. Wenn man vom Aspekt der Schöpfungsgabe<br />

Gottes her argumentiert, könnte man nun einwenden, dass die ursprünglich <strong>mit</strong><br />

Brot und Wein verbundene Symbolik verloren ginge: Weder die Achtung vor dem eigenen<br />

Körper, noch eine Sensibilität gegenüber ökologischen und weltwirtschaftlichen Zusammenhängen<br />

könnten sich hier ausdrücken. Wo Chips und Cola, Pommes und Alcopops<br />

tatsächlich der Normalfall sind, ist dieser Einwand vielleicht angebracht. Die schlichte Konfrontation<br />

durch Vorschreiben von Brot und Wein wäre aber eine Kurzschlusshandlung, die<br />

den symbolischen Wahrheitsgehalt der fetten, süßen und u.U. benebelnden Ersatzstoffe<br />

ignoriert: Die <strong>Abendmahl</strong>selemente, ob traditionell oder verfremdet, fragen alle, die davon<br />

essen: Wie essen wir? Schnell, im Vorbeigehen? Stehend? Fertig aus der Packung? Als<br />

Kompensation für andere Bedürfnisse? Ohne Zeit für regelmäßige Gemeinschaft? Viel zu<br />

verarbeitetes und maximal billiges Essen? Wer heute Toastbrot und Wein von x-beliebiger<br />

Herkunft auf den Altar stellt, weiß es nicht zwingend besser als die Verfechter von Chips<br />

und Cola. Ein wenig „Verfremdung“ der Symbolik kann von Zeit zu Zeit gut tun, um gegen<br />

„ihren bloß noch formelhaften Gebrauch in kirchlichen und religiösen Zusammenhängen“ 19<br />

ihre ursprüngliche Kraft wieder wachzurufen.<br />

Ziel ist ein Lernprozess: Auch wenn im <strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> <strong>Jugendlichen</strong> Brot und Wein selbstverständlich<br />

verwendet werden, symbolisieren sie nicht automatisch Gottes Schöpfungsgaben<br />

und unsere Antwort darauf. Denn als Symbol schließen die Elemente genau genommen<br />

den ganzen Vollzug, in dem sie stehen, ein: ihre Herstellung, den Umgang <strong>mit</strong><br />

ihnen, den gemeinschaftliche Rahmen und die Art des Verzehrs. Dieser Gesamtrahmen<br />

war zur Zeit Jesu selbstverständlicher, die abendliche jüdische Mahlzeit war zugleich Gottesdienst.<br />

20<br />

Hinzu kommt, dass Brot und Wein nicht nur Schöpfungsgaben sind, sondern auch von Anfang<br />

an Leib und Blut Jesu Christi repräsentieren. Die Verwendung eines Brotlaibes, der in<br />

viele Teile gebrochen wird, ist ein nicht zu unterschätzendes Symbol für die Gemeinschaft<br />

wie auch für ihre Quelle.<br />

Daraus ergeben sich Vorschläge zur Gottesdienstgestaltung und zum Umgang <strong>mit</strong> strittigen<br />

Fragen.<br />

18<br />

Abgesehen von Johannes 6, 22-59 (Jesus als „Brot des Lebens“) und Johannes 15, 1-8 (Jesus als Weinstock)<br />

identifiziert Jesu direkte Rede in den Einsetzungsberichten Brot und Wein jeweils <strong>mit</strong>: „das ist ...“ Für<br />

Reis und Tee ließen sich diese Worte z.B. in Asien ohne Änderung genauso sagen.<br />

19<br />

Matthias Wörther, Wer entleert die Symbole? Religiöse und ethische Elemente in der Werbung, Katechetische<br />

Blätter 120 (1995), S. 243-246, hier S. 244f.<br />

20<br />

„Das <strong>Abendmahl</strong> ist nicht notwendig. Denn im Grunde genommen braucht man nicht in die Kirche zu gehen,<br />

um z.B. die Hostie zu sich zu nehmen ... Nicht das <strong>Abendmahl</strong> sollte etwas Besonderes sein, sondern<br />

jedes Mahl, was wir zu uns nehmen. Dann wäre das <strong>Abendmahl</strong> überflüssig (oder jedes Essen würde zum<br />

<strong>Abendmahl</strong> werden)“; Zitat einer 17 Jahre alten Schülerin, in: Heinz Schmid, Jugend und <strong>Abendmahl</strong> (aaO.),<br />

S. 225.<br />

10


2.1.1 Zur Gestaltung <strong>–</strong> Sensibilität und Dank für Gottes Gabe<br />

a) Einige der Beteiligten backen das Brot aus ausgesuchten Zutaten selber.<br />

b) Es werden einmal verschiedene Brotsorten verwendet und schon bei der in die Feier<br />

integrierten Vorbereitung der Austeilung in ihrer unterschiedlichen symbolischen Bedeutung<br />

bedacht (vgl. dazu die Anregung und den Text unter 2.3.1.b).<br />

b) Ein Text zur „Darbringung“ verschiedener Brotsorten kann beispielsweise so lauten:<br />

Einer: Ich bringe Roggenbrot.<br />

Es ist das Brot von Menschen, die hart arbeiten müssen.<br />

Es erinnert uns an die Menschen, die hungern nach einem Leben in Freiheit und Würde.<br />

Wir bitten dich Gott: Segne sie.<br />

Eine andere: Ich bringe Vollkornbrot.<br />

Es erinnert uns an alle, die nicht voll am Leben teilnehmen können,<br />

die sich erniedrigt fühlen, weil sie arbeitslos sind,<br />

die ihre Hände, Ideen und Gedanken nicht einsetzen können, ihr Brot zu verdienen.<br />

Wir bitten dich, Gott: Schau auf ihre Not.<br />

Ein dritter: Ich bringe Zwieback.<br />

Es ist das Brot für die Kranken.<br />

Es erinnert uns an alle, die Heilung brauchen, und an alle, die für Heilung arbeiten.<br />

Wir bitten dich Gott: Segne sie.<br />

Eine vierte: Ich bringe Fladenbrot.<br />

Es ist das Brot, das auch auf unserem Tisch heimisch geworden ist.<br />

Es erinnert uns an die vielen Menschen aus anderen Kontinenten, die bei uns wohnen.<br />

Es erinnert uns daran, dass uns die Begegnung <strong>mit</strong> ihnen reicher macht.<br />

Wir bitten dich, Gott: Segne uns, dass wir die Güter dieser Erde <strong>mit</strong> allen gerecht teilen.<br />

Ein fünfter: Ich bringe ungesäuertes Brot.<br />

Mit diesem Brot feiern unsere jüdischen Schwestern und Brüder das Passah-Mahl.<br />

Es erinnert uns an die Flüchtlinge, die <strong>–</strong> wie einst das jüdische Volk <strong>–</strong> fliehen mussten und nun eine neue<br />

Heimat suchen.<br />

Wir bitten dich, Gott: Vergib uns unsere Schuld.<br />

Eine sechste: Ich bringe Milchbrötchen.<br />

Sie stehen für die Kinder: für ihren Hunger nach Verständnis und tröstenden Armen,<br />

für ihre Lebensenergie und ihren Tatendrang.<br />

Wir bitten dich, Gott: Segne die Kinder und alle, die <strong>mit</strong> ihnen zu tun haben. 21<br />

c) Brot darf richtig gutes Brot sein, das duftet, das weitergereicht und auch erst dabei in<br />

Stücke von herzhafter Größe gebrochen wird.<br />

d) Die gegenwärtigen Schwierigkeiten 22 im Umgang <strong>mit</strong> Essen können direkt zum Thema<br />

gemacht werden und so vielleicht einer Neuentdeckung der tiefen Symbolkraft von Brot<br />

21 Aus dem Feierabendmahl des Evang. Kirchentags in Hamburg 1995 leicht bearbeitet zitiert aus: <strong>Abendmahl</strong><br />

<strong>–</strong> Fest der Hoffnung. Grundlagen <strong>–</strong> Liturgien <strong>–</strong> Texte, hg. von Christiane Begerau/Rainer Schomburg/Martin<br />

von Essen, Gütersloh 2000, S. 226f.<br />

22 Nicht erst vor dem Hintergrund von Mager- bzw. Fettsucht Jugendlicher ist es sinnvoll, ab und zu grundsätzlich<br />

über unser Verhältnis zum Essen auch im kirchlichen Kontext nachzudenken. Das Essen des Einzelnen<br />

kann auch Liebesersatz, Stress- und Frustverdrängung oder Auslöser von Minderwertigkeitsgefühlen<br />

gegenüber dem eigenen Körper sein; das Essen in Gemeinschaft kann neben Erleichterung von Kommunikation<br />

auch die Flucht vor inhaltlicher Begegnung und Auseinandersetzung bedeuten. Zur Kritik an der Angewohnheit<br />

in Kirchenkreisen, üppig ernährten Menschen bei jeder Besprechung und Veranstaltung Essen<br />

anbieten zu müssen, vgl. Iris Carina Kettinger, „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken“, a&b <strong>–</strong> Für<br />

11


und Wein weichen. Anregungen für eine Sensibilisierung für Esskultur und Essverhalten<br />

entweder bei der Vorbereitung oder im Laufe eines <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienstes können<br />

sein: 23<br />

• ein Positionsspiel: Jugendliche stellen sich jeweils zwischen zwei Extrempolen auf <strong>–</strong><br />

zu Positionen wie: „Am wichtigsten ist, dass Ich satt werde“ <strong>–</strong> „Am wichtigsten ist,<br />

dass es mir schmeckt“; „Ich esse am liebsten zusammen <strong>mit</strong> Freunden oder meiner<br />

Familie“ <strong>–</strong> „Ich esse am liebsten allein“ usw. 24<br />

• Ausfindigmachen des eigenen Ess- bzw. Koch-Typs aus einer beschriebenen Auswahl.<br />

Jede/r hat zwei Erdnüsse, um sie in maximal zwei der zu den jeweiligen Esstypen<br />

aufgestellten Gläser zu werfen.<br />

• Paarinterview <strong>mit</strong> Fragebogen zu Situationen des (Zwischendurch-) Essens und den<br />

da<strong>mit</strong> verbundenen Gefühlen/Stimmungen. Eine solche, im folgenden abgedruckte<br />

Besinnung bietet auch ein Gottesdienstentwurf zwischen stiller Beichte <strong>mit</strong> Vergebungszuspruch<br />

und den Einsetzungsworten: Nach der jeweils persönlichen Klärung<br />

im Gespräch <strong>mit</strong> dem Nachbarn folgt eine Erläuterung zur Bedeutung des <strong>Abendmahl</strong>s,<br />

genauer: des Umstandes, warum es kein normales Sich-satt-Essen ist: 25<br />

Wir wollen nachher <strong>mit</strong>einander <strong>Abendmahl</strong> feiern, und deshalb möchte ich euch ein paar Fragen<br />

stellen [Projektion per Beamer oder Folie:]<br />

1. Wo bzw. wie isst du am liebsten <strong>–</strong> allein vor dem Fernseher, zusammen <strong>mit</strong> deiner Familie oder<br />

zusammen <strong>mit</strong> Freunden an der Imbissbude?<br />

2. Was ist dir beim Essen wichtig <strong>–</strong> dass es schmeckt, dass es gesund ist oder dass du satt wirst?<br />

3. Was gehört für dich zu einem schönen Essen <strong>–</strong> ein schön gedeckter Tisch, ganz viel zu essen,<br />

das Zusammensein <strong>mit</strong> Freunden?<br />

Tauscht euch darüber doch einfach mal kurz <strong>mit</strong> euren Nachbarn aus!<br />

[Austauschphase]<br />

Ich vermute mal, dass es bei allen Unterschieden bei euch auch ein paar Favoriten gibt: Ich nenne<br />

einfach mal drei wichtige Punkte:<br />

1. Zusammen <strong>mit</strong> Familie oder Freunde essen<br />

2. satt werden<br />

3. Gemeinschaft<br />

Wie ist das nun beim <strong>Abendmahl</strong>: Da haben wir Gemeinschaft, wir essen zusammen <strong>–</strong> aber wie ist<br />

das <strong>mit</strong> dem Sattwerden?<br />

Wenn wir es vom biologischen Standpunkt aus sehen, müssen wir klar sagen, es macht nicht satt!<br />

Aber es geht ja auch hier nicht darum, biologisch satt zu werden. Es geht nicht um deinen Bauch<br />

sondern um dein Herz/deine Seele <strong>–</strong> die sollen satt werden.<br />

Arbeit und Besinnung. Halbmonatsschrift für die Evangelische Landeskirche in Württemberg 9 (2004), S. 22-<br />

24. Zur quasi spirituellen Bedeutung der boomenden Fernseh-Kochsendungen <strong>mit</strong> „virtueller“ Kommunion<br />

vgl. Michael Nüchtern, Die Verwandlung des Gewöhnlichen. Warum boomen Kochsendungen im Fernsehen?,<br />

Materialdienst der Evang. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 4 (2004), 138-141.<br />

23 Die folgenden Beispiele in einem kompletten Entwurf bieten: Gudrun Bortlik u.a., <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong> (k)ein Fest<br />

wie jedes andere, in: anknüpfen bausteine <strong>–</strong> <strong>Abendmahl</strong>. Beilage zu anknüpfen 5 (2001), hg. vom Pädagogisch-Theologischen<br />

Zentrum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, S. 5-18 („baustein 1“).<br />

24 Ebd., S. 11.<br />

25 Der ganze Entwurf von Renate Hieber unter www.jugonet.de; dort der <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst „vergeben!<br />

vergessen?“ vom 7. April 2004.<br />

12


[Evtl. Hinweis auf Text aus gesungenem Lied: „Nur den Saum deines Gewandes“: Nur ein Stück vom<br />

Brot des Lebens, nur ein Tropfen aus dem Kelch, dann bin ich <strong>mit</strong> dir verbunden und mein Hunger<br />

wird gestillt.]<br />

Ein Stück Brot und ein Schluck Wein/Traubensaft <strong>–</strong> mehr wird ja beim <strong>Abendmahl</strong> nicht gereicht. Satt<br />

werden kann man davon nicht. Brot ist Grundnahrungs<strong>mit</strong>tel, das zum Leben nötig ist:<br />

Wein/Traubensaft steht dafür, dass die guten Gaben Gottes nicht nur Bedürfnisse befriedigen, sondern<br />

auch Freude bringen <strong>–</strong> wenn man’s nicht übertreibt ...<br />

Brot ist ein Symbol für das Leben überhaupt, besonders auch für das Teilen und die Gemeinschaft <strong>–</strong><br />

[evtl.: hierzu ein Beispiel <strong>–</strong> Geschichte vorlesen]<br />

Jesus ist jemand, den wir Menschen zum Leben und Glauben genauso nötig haben wie Essen und<br />

Trinken. Genau das symbolisieren beim <strong>Abendmahl</strong> Brot und Wein. Wenn wir uns gegenseitig Brot<br />

und Traubensaft weitergeben, feiern wir, dass Jesus unter uns ist <strong>–</strong> er ist bei uns und für uns. Er ist<br />

bei uns, denn er wurde Mensch. Und er hat sich für uns am Kreuz hingegeben <strong>–</strong> er hat all deinen<br />

Bockmist auf sich genommen, da<strong>mit</strong> du befreit bist und wir neu anfangen können, <strong>mit</strong> Gott und <strong>mit</strong>einander.<br />

Um das nicht zu vergessen, dass Jesus für uns Frieden gemacht hat <strong>–</strong> uns befreit hat und<br />

wir in ihm <strong>mit</strong>einander verbunden sind <strong>–</strong> feiern wir <strong>mit</strong>einander <strong>Abendmahl</strong>.<br />

<strong>Abendmahl</strong> ist etwas, von dem wir eigentlich nicht genug kriegen können, weil wir dadurch gestärkt<br />

und befreit werden! Deshalb nehmen wir es nicht einfach zu uns, sondern feiern es <strong>mit</strong>einander.<br />

• Plakat-Schreibgespräch zu: „Was macht für euch ein Essen zu einem Festessen?“ 26<br />

2.1.2. Klassische Streitfragen<br />

a) Wein oder Traubensaft? Dazu Grundsätzliches zur Bibelauslegung<br />

Diese Frage wird seit Jahrzehnten zumeist stillschweigend pragmatisch beantwortet: Mal<br />

Wein, mal Saft <strong>–</strong> oder beides: Bei Einzelkelchen finden sich Wein und Saft auf verschiedenfarbenen<br />

Unterlegdeckchen auf dem Tablett oder auf Außen- und Innenkreis eines<br />

runden Tabletts verteilt. Andernfalls nimmt man zwei verschieden befüllte Gemeinschaftskelche<br />

und sagt in jedem Fall vor der Austeilung in niemand diskriminierenden, knappen,<br />

aber präzisen Worten, wie es sich verhält.<br />

Komplizierter wird es im Streitfall, weil verschiedene Begründungsstrategien oft nicht offengelegt<br />

werden, sich aber alle gerne auf die Bibel berufen. Das naheliegendste Argument<br />

lautet: Weil in der Bibel Wein steht, darf nur Wein verwendet werden. Das Problem<br />

dieser Begründung ist, dass sie ratlos macht, wenn ihre wortwörtliche Auslegung den ursprünglichen<br />

Sinn in einer bestimmten Situation verdunkelt. Wenn Wein für Alkoholiker<br />

eine Gefahr und für (jüngere) Jugendliche entweder verboten oder abstoßend ist, verkehrt<br />

sich sein ursprünglicher Symbolgehalt, feierliches, <strong>mit</strong> Danksagung empfangenes Genuss<strong>mit</strong>tel<br />

zu sein, ins Gegenteil. Hier ist Traubensaft eine im Sinne des ursprünglichen<br />

Symbols gute Lösung. Ob die „Frucht des Weinstocks“ (Matthäus 26,29) nun Wein oder<br />

Saft ist, lässt sich für die Antike so beantworten: Zur Zeit der Traubenernte war es vielleicht<br />

auch Saft, sonst aus Konservierungsgründen ausschließlich (<strong>mit</strong> Wasser verdünnter)<br />

Wein. 27<br />

26 Bortlik, <strong>Abendmahl</strong>, S. 7.<br />

27 Vgl. Das <strong>Abendmahl</strong>. Eine Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis des <strong>Abendmahl</strong>s in der evangelischen<br />

Kirche, hg. vom Kirchenamt der Evang. Kirche in Deutschland, Gütersloh 2003, S. 21. In manchen<br />

Missionsgemeinden gab es z.B. Tee oder Wasser, da Wein unbekannt war (vgl. ebd.).<br />

13


Neben der biblizistischen und der sachlich-sinngemäßen Auslegung gibt es noch die am<br />

Kriterium der Liebe orientierte, die sich am Verhalten von Jesus oder Paulus festmacht. 28<br />

Sie geht zunächst von der sachlich-sinngemäßen Auslegung aus (so wie z.B. Jesus die<br />

Bedeutung des Sabbats wieder klarstellt oder Paulus das Verbot des Götzendienstes gerade<br />

auch im freigestellten Genuss von Götzenopferfleisch gewahrt sieht), tut dies aber in<br />

‚Liebe’. Das heißt erstens, dass man sich bemüht, die sinngemäße Auslegung für verschiedene<br />

Menschen zu bedenken, also z.B. sowohl für Alkoholiker als auch Diabetiker.<br />

Zweitens heißt das im Falle der Überzeugung, dass eine bestimmte Lösung für alle die<br />

angemessenste sein dürfte, dass man Menschen anderer Auffassung nicht vor den Kopf<br />

stößt, sondern Überzeugungsarbeit leistet. 29 Was aber nun von den Alternativen Wein und<br />

Saft (oder Einzel- und Gemeinschaftskelch) die jeweils sinngemäße Bedeutung des <strong>Abendmahl</strong>s<br />

repräsentiert, steht nicht von vorneherein fest, sondern muss jede Gemeinschaft<br />

für sich klären. 30 Wenn es bleibende, aber gegenseitig anerkannte sachlichsinngemäße<br />

Alternativen gibt, kann man sich auf eine Wahlfreiheit verständigen; wenn aber<br />

sinngemäße Auslegung der einen zur Vergewaltigung des Gewissens der anderen<br />

führt, 31 oder biblizistisch geprägte Teilnehmer von anderen das Kriterium der Liebe ohne<br />

eigene Verständigungsbereitschaft einfordern, sollte man das <strong>Abendmahl</strong> erst einmal bleiben<br />

lassen und bewusst um evangelische Bibelauslegung streiten. Dann ist der Streit wenigstens<br />

da, wo er hingehört.<br />

Abschließend ist zu sagen, dass die Schöpfungsgabe ‚festliches Genuss<strong>mit</strong>tel’ natürlich<br />

nicht auf Wein und Traubensaft beschränkt ist. Weil Brot und Wein aber nicht nur Schöpfungsgabe<br />

sind, sondern auch von Anfang an Leib und Blut Jesu Christi repräsentieren, ist<br />

die Beschränkung sinnvoll.<br />

b) „Was darf’s noch sein?“ <strong>–</strong> zeichenhafte Mahlfeier oder Sättigungsmahl (Agape-<br />

Mahl)?<br />

Unter dem Gesichtspunkt der Danksagung für Schöpfungsgaben ist es mehr als sinnvoll,<br />

wenn man von Herzen sagen kann: „Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist!“<br />

(Psalm 34,9). Ob das auch bedeutet, dass man zusätzlich zu Brot und Wein eine richtige<br />

Mahlzeit (an Tischen) einnimmt, hängt vor allem davon ab, ob es das gottesdienstliche Zusammensein<br />

eher fördert oder behindert. Im größeren Stil zu essen bedeutet die Chance<br />

authentischer Gemeinschaftserfahrung, aber auch die Gefahr, dass Jugendliche nicht wissen,<br />

was sie in diesem Rahmen reden sollen, oder dass sie zweifelhafte individuelle Ess-<br />

und Trinkgewohnheiten zur Schau stellen. Soll sich die Kommunikation von den üblichen<br />

lockeren Cliquen- oder zweisamen Intimgesprächen unterscheiden, ist eine liturgische<br />

Strukturierung, auch durch Lesungen und Lieder sinnvoll. Zu überlegen wäre: Wer sitzt<br />

28 Vgl. oben Jesu Umgang <strong>mit</strong> dem Sabbatgebot oder Paulus’ Überlegungen in 1. Korinther 8 und 10,23-33<br />

.Vgl. grundsätzlich zum Kriterium der Liebe: Ulrich Luz, Matthew in History. Interpretation <strong>–</strong> Influence <strong>–</strong> Effects,<br />

Minneapolis 1994.<br />

29 „Die Erkenntnis bläht auf; die Liebe aber baut auf“, 1. Korinther 8,1). Entscheidungen, die keine Alternativen<br />

zulassen, z.B. die Anordnung (im Kreis oder in den Bänken) oder die Austeilung (frontal durch die Liturgin<br />

oder gemeinschaftsbetont durch den Nachbarn), müssen von allen <strong>mit</strong>getragen werden können. Als historisches<br />

Beispiel sei auf Luther verwiesen, der <strong>–</strong> im Gegensatz zu seinem wenig zimperlichen Amtsvertreter<br />

Karlstadt <strong>–</strong> seine Gemeinde zwei Jahre lang darauf vorbereitete, das <strong>Abendmahl</strong> „in beiderlei Gestalt“, also<br />

neben dem Brot auch den Wein, zu empfangen.<br />

30 So könnte z.B. im o.g. Beispiel für Jugendliche, die Wein überhaupt nicht mögen, dennoch der Wein statt<br />

des Saftes den würdigen festlichen Charakter besser darstellen, wenn diesen <strong>Jugendlichen</strong> plötzlich die Idee<br />

wichtig wird, sie würden <strong>mit</strong> Wein als mündige Christen gewürdigt <strong>–</strong> z.B. beim Konfirmationsabendmahl.<br />

31 Das könnte z.B. passieren, wenn die einen <strong>mit</strong> Verweis auf das Neue Testament eine Feier <strong>mit</strong> umfassender<br />

Mahlzeit (Sättigungsmahl) wollen, die andern sich aber auf Brot und Wein beschränken möchten.<br />

14


neben wem? Könnte man möglichst einander fremde Jugendliche neben einander setzen<br />

und Angebote für Gesprächsthemen machen, z.B. über die persönliche Bedeutung des<br />

Essens/Feierns (siehe oben) oder Fragen zum gegenseitigen kennen lernen?<br />

Biblisch lässt sich beides begründen <strong>–</strong> zeichenhaftes und sättigendes Mahl. Die Einsetzung<br />

des <strong>Abendmahl</strong>s durch Jesus umrahmte eine vollständige Mahlzeit (nach Lukas:<br />

Passah-Mahl; nach den Datumsangaben bei Johannes: normale <strong>Abendmahl</strong>zeit), die <strong>mit</strong><br />

dem Dankgebet über dem Brot begann und <strong>mit</strong> dem Dankgebet über dem Kelch beschlossen<br />

wurde („... ebenso nach [!] dem Mahl nahm er den Kelch, sagte Dank ...,). Beim Gottesdienst<br />

der Gemeinde in Korinth, in dem Wohlhabende wie Arme zusammenkamen,<br />

wurde das Sättigungsmahl zum Problem, weil die Besitzenden durch ihre zum Selbstgenuss<br />

hervorgeholten üppigen Speisen die Sklaven beschämten, anstatt einander ‚aufzuwarten’.<br />

32<br />

Was heute sinnvoll ist, ist von der Situation, der (Größe der) Gruppe und dem möglichen<br />

Vorbereitungsaufwand abhängig. Weniger <strong>–</strong> die Beschränkung auf die vielleicht bewusst<br />

nüchtern genossenen Gaben Brot und Wein <strong>–</strong> kann ihre Schmackhaftigkeit und auf Christus<br />

verweisende Bedeutung besonders bewusst machen; ein sättigendes Agape-Mahl (=<br />

Liebes-Mahl) schafft vielleicht eine fröhlichere, längere und ganzheitlichere Beteiligung. 33<br />

In den kirchlichen Agenden findet sich hierfür allerdings nur die vorsichtige Form eines so<br />

genannten Feierabendmahls, in dem die übrigen Speisen erst nach dem <strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong><br />

Brot und Wein in einer <strong>–</strong> nur fakultativen <strong>–</strong> „Nachfeier (Agape)“ genossen werden. 34 Angesichts<br />

der erwähnten Praxis Jesu, das ganze Mahl durch Brot- und Kelchwort zu umrahmen,<br />

erscheint aber ein „Feierabendmahl als Sättigungsmahl“ die liturgisch stimmigere<br />

Herausforderung darzustellen. 35<br />

2.2. „In der Nacht, als Jesus verraten wurde und <strong>mit</strong> seinen Jüngern zu Tisch saß“<br />

<strong>–</strong> <strong>Abendmahl</strong>: Gottes hingebungsvolle Nähe zu vergebungsbedürftigen Menschen<br />

Die bereits erwähnte Verbindung des <strong>Abendmahl</strong>s <strong>mit</strong> Tod und Auferstehung Jesu zeigt<br />

am deutlichsten, was ‚Inkarnation’ bedeutet: Gott wird so Mensch, dass er auch die fürchterlichsten<br />

Umstände des Menschseins unter Menschen auf sich nimmt und <strong>–</strong> nur so <strong>–</strong> überwindet.<br />

32 1. Korinther 11, Vers 21 (hervor nehmen) und Vers 33 (aufwarten; bedienen), können auch anders übersetzt<br />

werden: vorwegnehmen bzw. aufeinander warten. In diesem Fall essen die Reichen schon vorher und<br />

lassen den länger Arbeitenden nur die Reste übrig. Das spräche dafür, dass es schon eine ansatzweise<br />

Trennung in Sättigungs- und zeichenhaft-liturgisches Mahl gab, das aber noch im Kontext von „Essensresten“<br />

stattfand. Vgl. dazu Michael Welker, Was geht vor beim <strong>Abendmahl</strong>, Stuttgart 1999, S. 50-52; Luise<br />

Schottroff, Der Mahlbericht des Paulus und das letzte Mahl Jesu. Eine exegetische Skizze, in: <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong><br />

Fest der Hoffnung, S. 15-25.<br />

33 „Das <strong>Abendmahl</strong> ist mehr als ein Sättigungsmahl ...[und] mehr als ein Mahl der konkret versammelten Gemeinde.<br />

Aber das Interesse an diesem ‚Mehr’ darf nicht zu einem praktischen ‚Weniger’ führen“ (Welker, Was<br />

geht vor beim <strong>Abendmahl</strong>, S. 51).<br />

34 „Feierabendmahl“, in: Evangelisches Gottesdienstbuch. Agende für die Evangelische Kirche der Union<br />

(EKU) und für die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD), hg. von der Kirchenleitung<br />

der VELKD und im Auftrag des Rates von der Kirchenkanzlei der EKU, Berlin 1999, S. 214-218.<br />

35 Vgl. als Anregung: Klaus Bastian u.a., Leben für dich <strong>–</strong> Leben für viele. Das Feierabendmahl als Sättigungsmahl,<br />

in: <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong> Fest der Hoffnung, S. 127-145; dort auch weitere Entwürfe und zwölf Texte „zur<br />

Lage des <strong>Abendmahl</strong>s von 12 heutigen Jüngerinnen“ (Gisela Matthiae/Bärbel Wartenberg-Potter), S. 156-<br />

176, zu Themen und Symbolen wie Gemeinschaft, jüdische Wurzeln, Erinnerung, Teilen, Frieden, Blut usw.<br />

15


Das <strong>Abendmahl</strong> Jesu <strong>mit</strong> seinen Jüngern findet im Zeichen seiner bevorstehenden Kreuzigung<br />

statt. Dass Jesus Brot und Wein <strong>mit</strong> seinem Fleisch und seinem <strong>–</strong> zu vergießenden <strong>–</strong><br />

Blut identifiziert, besagt: Jesus gibt sich hin <strong>–</strong> und zwar so, wie er es für richtig hält, nicht<br />

so wie diejenigen, die seine Hinrichtung planen. Er, den andere möglichst ohne Erregung<br />

von Aufsehen für ihre politischen Ziele ‚opfern’ wollen, hält deren feindselige Gegenwart so<br />

aus, dass er sie beschämt: Weder verleugnet er seine Worte und Taten, noch lässt er sich<br />

er sich zum Zurückschlagen hinreißen. Das baldige Weinen des Verleugners Petrus, der<br />

Selbstmord des Judas, das lange Zögern des Pilatus, das In-die-Knie-Fallen des Hauptmanns<br />

auf Golgatha sind Hinweise, dass der Gerichtete in seiner Hingabe selbst über die<br />

menschliche Sünde zu Gericht sitzt.<br />

Entscheidend für das <strong>Abendmahl</strong> ist dabei, dass es nicht nur ein Mahl angesichts einer<br />

Bedrohung von außen ist <strong>–</strong> wie das jüdische Passahmahl, das an die Befreiung vom Joch<br />

der Ägypter erinnert. Die <strong>Abendmahl</strong>sgemeinschaft ist zwar auch eine Gemeinschaft derer,<br />

die von und <strong>mit</strong> Jesus ihre große Befreiung erfahren haben, die von ihm berufen, als Außenseiter<br />

zu Tisch geladen, <strong>mit</strong> Horizont erweiternden Begegnungen konfrontiert worden<br />

sind. Aber es ist auch die Gemeinschaft derer, die ihn verleugnen und verraten werden.<br />

Auch sie ‚opfern’ Jesus <strong>–</strong> vielleicht für ihre erhabenere Messiasvorstellung, vielleicht aus<br />

Enttäuschung oder Überforderung <strong>mit</strong> ihm oder einfach aus Angst.<br />

Aus diesem Kontext heraus lässt sich besser verstehen, was <strong>mit</strong> Jesu Opfer und Sündenvergebung<br />

gemeint ist. Als erstes ist das deutsche Wort ‚Opfer’ aus dem religiösen<br />

Sprachgebrauch konsequent zu streichen und die in diesem Fall wirklich segensreiche<br />

englische Sprache zu bemühen: ‚Opfer’ heißt dort entweder ‚victim’ oder ‚sacrifice’.<br />

‚Victim’ ist das von Menschen in geistlicher Unfreiheit beabsichtigte oder als Kollateralschaden<br />

in Kauf genommene Opfer von Gewalt, Ungerechtigkeit, Gleichgültigkeit, Überforderung<br />

<strong>–</strong> also genau das, zu dem Jesus gemacht wurde und zu dem Menschen sich zum<br />

Teil auch persönlich machen. ‚Sacrifice’ ist das, zu dem sich Gott selber macht, wo<strong>mit</strong> Gott<br />

selbst auf diese „viktimisierende“ Grundhaltung der Menschen reagiert: nicht <strong>mit</strong> der Rechtfertigung<br />

ihres Verhaltens und Opferns, sondern <strong>mit</strong> liebender Selbsthingabe, die dieser<br />

Opfermentalität ein Ende setzt. 36<br />

Für den Sündenbegriff wird dabei deutlich, dass es dabei um eine Beziehungsstörung gegen<br />

sich, andere und Gott geht, der <strong>mit</strong> moralischen Appellen oder Geboten überhaupt<br />

nicht beizukommen ist. Jesus fordert keine Selbstbesinnung und Buße des Judas vor dem<br />

<strong>Abendmahl</strong>. Petrus kann sich sein Verleugnen noch gar nicht vorstellen, obwohl Jesus es<br />

ihm schon <strong>–</strong> wie auch seine anschließende Reue <strong>–</strong> auf den Kopf zugesagt hat (Lukas<br />

22,32-34). So gut und wichtig es ist, dass im Kontext von <strong>Abendmahl</strong>sgottesdiensten Versagen<br />

und Vergebungsbedürftigkeit thematisiert werden, sie sollten dabei nicht nur auf überschaubares<br />

Fehlverhalten in Schule Familie und Freundeskreis reduziert werden. Dass<br />

Jesus dafür, „für dich“, gestorben ist, wird dann eher zur standardisierten Routineformel,<br />

die das Kreuzesgeschehen als teures, aber jederzeit zu benutzendes Reinwasch<strong>mit</strong>tel<br />

verniedlicht. Kritischere Jugendliche wehren sich hier zu Recht: „Ich bin nicht perfekt, aber<br />

ich kann weder einsehen noch akzeptieren, dass deshalb jemand für mich sterben muss <strong>–</strong><br />

das wäre ja nur eine Beweihräucherung eigener Fehler, und außerdem geht so etwas gar<br />

nicht.“<br />

Das Glaubensbekenntnis gibt zur Vertiefung des Sündenverständnisses einen bemerkenswerten<br />

Hinweis: Es heißt von Jesus nicht: „verraten von Judas“ oder „verleugnet durch<br />

Petrus“, sondern: „gelitten unter Pontius Pilatus“. Da<strong>mit</strong> sind auch die strukturelle Tragweite<br />

von Sünde, schwer zu durchdringende, aber gleichwohl reale Machstrukturen angespro-<br />

36 Zum diesen Unterscheidungen vgl. Welker, Was geht vor beim <strong>Abendmahl</strong>, S. 118-124.<br />

16


chen, die nicht ohne Opfer im Sinne von ‚victim’ auskommen. Diese Strukturen drücken<br />

den eigentlichen Charakter von Sünde aus, die darin besteht, nicht erkannt zu werden, genauer:<br />

die darin besteht, das eigene Selbstwertgefühl an starre Formen gut gemeinter<br />

Werte und Ordnungen zu binden, die dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden. Pilatus<br />

handelte nach damaligen Maßstäben politisch nicht unverantwortlich. Der Apostel Paulus<br />

orientierte sich vor seiner Bekehrung als flammender Christenverfolger an genau denselben<br />

Werten <strong>–</strong> dem heiligen, guten, gerechten Gesetz Gottes <strong>–</strong> wie nach seiner Begegnung<br />

<strong>mit</strong> dem Auferstandenen. 37 Beide aber haben die Angst vor dem Chaos, das Misstrauen<br />

vor dem anderen, nicht die von Liebe getragene Bereitschaft zur Begegnung zum Kriterium<br />

ihrer Werte- und Gesetzesauslegung gemacht.<br />

Dass solche Hingabe und bedingungslose Annahme des einzelnen, wie Jesus sie zeigt,<br />

die Selbstverständlichkeit dieser Realität aufbricht, kann für Jugendliche eine interessante<br />

und befreiende Entdeckung sein. In ihrem Alter erkennen sie immer größere Zusammenhänge<br />

zum ersten Mal, sind aber auch besonders anfällig für die jeweils einfachsten aus<br />

der Erwachsenenwelt angebotenen Orientierungen. In ihrem Alter nehmen die Begegnungsmöglichkeiten<br />

zu, setzt aber auch eine von Herkunft, Milieu, Schule oder Ausbildung<br />

<strong>mit</strong> bedingte Abgrenzung von Gleichaltrigen ein, die einst Spielkameraden waren. In ihrem<br />

Alter wächst die Chance beglückender Selbstverantwortung, aber auch die Gefahr, sich<br />

infolge fehlender Frustrationstoleranz immer als Opfer anderer zu sehen. Vielleicht lassen<br />

sich Jugendliche dafür sensibilisieren, dass mehr Menschen als geahnt aus freien Stücken<br />

zu ihren Gunsten Hingabe üben, also in begrenzt menschlichem Rahmen ‚sacrifice’ zu ihren<br />

Gunsten sind. Eine solche Sensibilisierung für die Bedeutung von ‚victim’ und ‚sacrifice’<br />

dürfte möglich sein. Dass menschliche Selbstverstrickung aber so beschaffen ist, dass eine<br />

Befreiung daraus erst durch stellvertretende Selbsthingabe Gottes durch eine Offenbarung<br />

des Auferstandenen möglich wird, ist nicht beweisbar, sondern ein durch diese Offenbarung<br />

geschenkter Glaube.<br />

2.2.1. Zur Gestaltung <strong>–</strong> Teilnehmen lassen an Jesu vergebendem und befreiendem<br />

Handeln<br />

a) Keine Formelsprache, sondern inhaltliche Hinführung<br />

Für eine sinnvoll, ohne Druck, von Sünde und Vergebung handelnde <strong>Abendmahl</strong>sfeier gilt<br />

erstens: Keine Sündenbekenntnisse oder Vergebungszusprüche, die nicht inhaltlich durch<br />

Predigt, Geschichten, Theaterstücke vorbereitet worden sind! Das ist ein Gebot der Achtung<br />

vor <strong>Jugendlichen</strong>, die <strong>mit</strong> dem <strong>Abendmahl</strong> in erster Linie ‚Gemeinschaft’ verbinden.<br />

Sünde und Vergebung müssen vom Kontext dieser Gemeinschaft ausgehend nachvollziehbar<br />

erschlossen werden.<br />

b) Vergebung ist ein Geschenk, das für einen konkreten Empfänger in Liebe ausgesucht<br />

wurde<br />

Zweitens gilt: Wenn von Sünde und Vergebung geredet wird, dann so, dass von der überraschenden<br />

Freude geredet wird, die sie als vergebene Sünde erst erkennbar macht. Erzählungen,<br />

in denen Jesus Zuspruch und Zuwendung durch Mahlgemeinschaft verbindet,<br />

eignen sich gut zur inhaltlichen Hinführung, wie z.B. die Zachäusgeschichte (Lukas 19,1-<br />

10) oder die Geschichte vom „Verlorenen Sohn“ (Lukas 15,11-32). Letztere bietet aber <strong>–</strong><br />

37 Vgl. Philipper 3,1-11 <strong>mit</strong> Römer 7, 7-13.<br />

17


als Geschichte von zwei Söhnen bzw. Brüdern! <strong>–</strong> ein gutes Beispiel dafür, dass ‚Sünde’<br />

meistens auf Normabweichung reduziert und nicht in ihrer verdeckten Variante des verständnisresistenten<br />

‚Gutseins’ erkannt wird: Unversöhnlich und unversöhnt bleibt am<br />

Schluss der vorbildliche, daheim gebliebene Bruder. Um unerkannte Sünde zu entdecken,<br />

38 hilft auch die Entdeckung bisher eher unbeachteter Charaktere in der Bibel.<br />

Vergebung wäre so auch als Befreiung aus unhinterfragten Zwängen und Denkstrukturen<br />

deutlich zu machen. Vielleicht lässt sich <strong>–</strong> am Beispiel Mode, Statusartikel und vor allem<br />

Schönheitswahn <strong>–</strong> dabei klären, dass Jugendliche sich nicht nur von solchen Phänomenen<br />

abhängig machen (lassen), 39 sondern dabei auch untereinander sehr grausam sein können.<br />

Eine Anregung, gegen alle öffentlichen Ideologien die Wahrheit und vor allem die<br />

Kraft dazu zu entdecken, bietet der Entwurf „2 x 2 = 5? Tischabendmahl am Gründonnerstag“.<br />

40<br />

Ein <strong>Abendmahl</strong>sentwurf, der die ganze Breite der von Annahme und Vergebung geprägten<br />

Tischgemeinschaft <strong>mit</strong> Jesus entfaltet, schließt die Tischgemeinschaft <strong>mit</strong> dem Zöllner Zachäus,<br />

Jesu letztes Mahl <strong>mit</strong> den Jüngern und <strong>–</strong> als Vorbild für alle <strong>Abendmahl</strong>sfeiern nach<br />

Ostern <strong>–</strong> die Mahlfeier <strong>mit</strong> dem Auferstandenen in Emmaus ein. Dabei wird für Jesu letztes<br />

Mahl <strong>mit</strong> einem Dia „nachgestelltes <strong>Abendmahl</strong>“ ein Angebot zur Identifikation der <strong>Jugendlichen</strong><br />

<strong>mit</strong> den Jüngern gemacht. 41<br />

c) Die Liturgie soll Christi Handeln deutlich machen, nicht verdecken<br />

Für die liturgischen Abfolge ergibt sich die Aufgabe, Sünde und befreiende Vergebung einander<br />

sinnvoll zuzuordnen. In den meisten evangelischen Landeskirchen finden Bitte um<br />

Gottes Erbarmen 42 und Gnadenzuspruch zu Beginn eines jeden Gottesdienstes statt, die<br />

un<strong>mit</strong>telbare <strong>Abendmahl</strong>svorbereitung steht dann stärker unter dem Vorzeichen von Lob-<br />

und Dankgebeten (<strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst in Form der Messe). In anderen Traditionen<br />

findet sich eine Beichte nur im <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst, und zwar direkt vor der Mahlfeier.<br />

Sie umfasst Sündenbekenntnis <strong>mit</strong> Vergebungsbitte und anschließendem Zuspruch der<br />

Vergebung. Erst dann folgen Einsetzungsworte und Austeilung (Oberdeutsche Form, Württemberg).<br />

Die erste Tradition hat den Vorteil, dass Sünde und Vergebung immer Thema sind, ohne<br />

einseitig das <strong>Abendmahl</strong> da<strong>mit</strong> zu belasten, das je nach Schwerpunkt Dank für die Schöpfungsgaben,<br />

Gemeinschaft oder Hoffnung auf das Reich Gottes ausdrücken kann. Die<br />

38 Sensibilität für Verstrickung in Sünde gerade auch bei guten Absichten weckt ein u.a. <strong>mit</strong> Aktion und Dilemmageschichten<br />

arbeitender <strong>Abendmahl</strong>sentwurf von Stefan Brückner u.a., Neue Spuren auf alten Wegen<br />

<strong>–</strong> Annäherung an die <strong>Abendmahl</strong>sliturgie, in: anknüpfen bausteine <strong>–</strong> <strong>Abendmahl</strong>. Beilage zu anknüpfen 5<br />

(2001), hg. vom Pädagogisch-Theologischen Zentrum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, S.<br />

19-32 („baustein 2“), besonders S. 22f.<br />

39 Zu diesem Thema vgl. den gut um ein <strong>Abendmahl</strong> zu erweiternden Jugendgottesdienstentwurf von Dorothea<br />

Kik, „Bin ich schön?“, in: JugendGottesdienstMaterial 2003, hg. vom Evang. Landesjugendpfarramt,<br />

Stuttgart 2002, S. 32-39, sowie unter www.jugonet.de. Im Heft finden sich weitere Materialien zu diesem<br />

Thema.<br />

40 Micaela Strunk-Rohrbeck, 2 x 2 = 5? Tischabendmahl am Gründonnerstag, in: <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong> Modelle, Berichte,<br />

Anregungen aus der Praxis, GottesdienstPraxis Serie B, hg. von Erhard Domay, Gütersloh 2004, S.<br />

52-58. Als richtig beklemmender Videoclip könnte dazu auch die Müllermilch-Werbung <strong>mit</strong> Dieter Bohlen zum<br />

Einsatz kommen, der in einer Massendemo von „Ich bin dafür!“-Demonstranten den einzigen, uncool dargestellten<br />

Mann <strong>mit</strong> „Ich bin dagegen!“-Schild <strong>mit</strong> suggestiv-zuckersüßem Lächeln zum Einschwenken auf die<br />

Mehrheitsmeinung bringt.<br />

41 Helmut Siegel, „Das <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong> wie kommen wir an Jesu Tisch?“ Vorstellungsgottesdienst der Konfirmandinnen<br />

und Konfirmanden, in: <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong> Modelle, Berichte, Anregungen aus der Praxis, GottesdienstPraxis<br />

Serie B, hg. von Erhard Domay, Gütersloh 2004, S. 118-126.<br />

42 Kyrie eleison = Herr, erbarme dich (ursprünglich in Markus 10,47).<br />

18


zweite Tradition hat den Vorteil, Sünde und Vergebung da zu verorten, wo sie im „Geheimnis<br />

des Glaubens“, in der symbolischen Vergegenwärtigung von Tod und Auferstehung<br />

Christi im <strong>Abendmahl</strong> erfahren werden. Wenn man genau hinsieht, wird diese ganzheitliche<br />

Erfahrung aber etwas behindert, weil der Sündenvergebungs-Zuspruch vor die Mahlfeier<br />

verlegt wird.<br />

Betrachtet man die Haltung der Jünger bei Jesu letztem Mahl in Verbindung <strong>mit</strong> den Einsetzungsworten<br />

(„zur Vergebung der Sünden“) oder auch die Entdeckung des Auferstandenen<br />

erst durch dessen Brotbrechen (Lukas 24,30f.), wird deutlich: Sündenvergebung ist<br />

nicht Zulassungsvoraussetzung zum <strong>Abendmahl</strong>, sondern Christi Geschenk in der und<br />

durch die Feier des <strong>Abendmahl</strong>s: Dazu gehört auch der gesamte Vorgang: die freundlichzugewandten<br />

Worte der Liturgin, die die Einsetzungsworte spricht, das aufmerksame, <strong>mit</strong><br />

einem Zuspruch verbundene Weitergeben von Brot und Wein, der Friedensgruß vor oder<br />

nach der Austeilung. Ein Vergebungszuspruch vor den Einsetzungsworten lässt die von<br />

Jesus selbst gestiftete Feier seiner Vergegenwärtigung zur Not auch überflüssig aussehen.<br />

Der Grund dieser Tradition liegt darin, dass man <strong>mit</strong> 1. Korinther 11,27 annahm, zur „würdigen“<br />

Teilnahme gehöre die schon vorher erfolgte Vergebung, und dies teilweise zum Anlass<br />

nahm, nicht nur sich selbst, sondern auch andere nach ihrer angeblichen Würdigkeit<br />

zu beurteilen. 43<br />

Wenn man sich nun entscheidet, vor dem <strong>Abendmahl</strong> eine Beichte zu halten, ist daher<br />

sinnvoller, sie <strong>mit</strong> einer Vergebungsbitte und evtl. einem Ausblick auf Christi versöhnende<br />

Gegenwart im <strong>Abendmahl</strong> selbst zu beschließen. 44 Wenn der ausdrückliche Zuspruch aber<br />

wichtig bleibt, sollte dieser auf Gottes Handeln im <strong>Abendmahl</strong> selbst bezogen bleiben und<br />

als gegenwärtig, nicht abgeschlossen in Vergangenheitsform formuliert werden. Dafür eignen<br />

sich auch biblische Worte, z.B.: Jesaja 54,10: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel<br />

hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens<br />

soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.“<br />

Es folgen einige Textbeispiele für die liturgische Gestaltung:<br />

Eingangsworte zur <strong>Abendmahl</strong>sfeier<br />

Vor uns auf dem Altartisch<br />

stehen Körbe <strong>mit</strong> Brot<br />

und Kannen <strong>mit</strong> Traubensaft,<br />

etwas zum Essen und Trinken,<br />

Zeichen dessen, was wir zum Leben brauchen.<br />

Wir sehen Blumen und Kerzen,<br />

festliche Hinweise auf Freude,<br />

auf Befreiung und Gemeinschaft,<br />

die wir uns wünschen - auf die wie warten.<br />

Mit allen Christinnen und Christen<br />

gedenken wir jener Stunde,<br />

in der Jesus <strong>mit</strong> seinen Freunden <strong>Abendmahl</strong> feierte und sagte:<br />

Tut das zu meinem Gedächtnis.<br />

43 S.u. Kapitel 3.2.3.a).<br />

44 „Weil also das <strong>Abendmahl</strong> selbst Sündenvergebung ver<strong>mit</strong>telt, gehören allgemeine Beichte und explizite<br />

Absolution <strong>–</strong> auch nach den neueren Agenden <strong>–</strong> nicht zu den unverzichtbaren Elementen eines evangelischen<br />

<strong>Abendmahl</strong>sgottesdienstes. Wenn allerdings die vielfältigen Probleme gegenwärtiger Gemeinden <strong>mit</strong><br />

biblischen wie reformatorischen Begriffen zum Anlaß genommen werden, die Dimension der Sünde aus dem<br />

<strong>Abendmahl</strong> zu entfernen und alle entsprechenden Stücke bzw. Texte zu vermeiden, dann geht der Sinn der<br />

gesamten Handlung [d.h. Trost und Befreiung] verloren“ (Das <strong>Abendmahl</strong>. Eine Orientierungshilfe, S. 52).<br />

19


Im Vertrauen auf sein Wort<br />

feiern wir <strong>mit</strong>einander das <strong>Abendmahl</strong> Jesu.<br />

Wir alle haben es nötig, dass uns vergeben wird.<br />

Wir brauchen Befreiung von dem, was war,<br />

wir brauchen neuen Mut für die Zukunft,<br />

im Sinne Jesu <strong>mit</strong>einander zu leben und zu arbeiten.<br />

So wird unsere Angst verwandelt in Vertrauen,<br />

unsere Enttäuschung in neue Hoffnung,<br />

unser Verurteilen in die Bereitschaft,<br />

zu vergeben und <strong>mit</strong>einander zu teilen.<br />

Der Geist, der neues Leben schafft, sei <strong>mit</strong> uns allen.<br />

Amen.<br />

(zusammengestellt von Jürgen Spohn)<br />

Bekenntnisse zur Selbsterkenntnis<br />

Vergeben und Vergessen? 45<br />

Wir wollen Vergebung,<br />

weil wir vergessen wollen;<br />

Gott aber vergibt uns,<br />

da<strong>mit</strong> wir uns erinnern <strong>–</strong><br />

wie sehr er uns beschenkt,<br />

indem er uns<br />

bedingungslos annimmt,<br />

wie wenig wir uns<br />

von den anderen unterscheiden,<br />

die wir sonst so leicht verurteilen,<br />

und wie weit unsere<br />

Vorstellung von uns selbst<br />

von der Wirklichkeit entfernt ist.<br />

So wird uns unsere Schuld<br />

als nicht vergeben,<br />

da<strong>mit</strong> wir wieder<br />

ganz die Alten sein können,<br />

sondern da<strong>mit</strong> wir Gott,<br />

den anderen und uns selbst<br />

neu und anders begegnen.<br />

Der Sinn der Vergebung<br />

liegt nämlich nicht darin,<br />

dass wir wieder besser dastehen,<br />

sondern dass wir<br />

Gott gegenüber dankbarer,<br />

anderen gegenüber barmherziger<br />

und uns selbst gegenüber wahrhaftiger werden.<br />

(Hans-Joachim Eckstein)<br />

45 Hans-Joachim Eckstein, Du liebst mich, also bin ich. Gedanken <strong>–</strong> Gebete <strong>–</strong> Meditationen, Holzgerlingen<br />

12 2001, S. 134f.<br />

20


Vom Walten Gottes in der Geschichte 46<br />

Ich glaube, daß Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür<br />

braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, daß Gott uns in jeder Notlage<br />

soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, da<strong>mit</strong> wir uns nicht<br />

auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müßte alle Angst vor der Zukunft überwunden<br />

sein. Ich glaube, daß auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und daß es Gott nicht<br />

schwerer ist, <strong>mit</strong> ihnen fertig zu werden, als <strong>mit</strong> unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, daß Gott kein<br />

zeitloses Fatum ist, sondern daß er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.<br />

(Dietrich Bonhoeffer)<br />

Einleitung zur stillen Beichte und Gebet um Gottes Vergebung<br />

Einladung zur Beichte<br />

Manchmal liegt uns Schweres auf der Seele. Manchmal hätten wir Gott oder anderen Menschen viel zu sagen,<br />

manchmal ahnen wir nicht einmal, was <strong>mit</strong> uns los ist. Mit einem gemeinsamen Lied und anschließendem<br />

stillen Gebet wollen wir uns Zeit nehmen: Zeit für uns, Gott alles zu sagen, was wir auf dem Herzen<br />

haben. Und Zeit für Gott, zu uns zu reden.<br />

Lied, z.B.: Komm in mein Leben, 47 Ich darf ehrlich sein vor dir, 48 Meine engen Grenzen 49<br />

Beichte (im Stillen)<br />

Gebet<br />

Du wahrhaftiger und liebender Gott:<br />

Du siehst unsere Fragen, unsere Ohnmacht, unsere Selbstzweifel und unsere Schuld. Du kennst uns durch<br />

und durch. Du hast alles Leid dieser Welt selbst erlebt und bist am Ende doch Sieger geblieben. Darum hast<br />

du auch die Macht, all’ das von uns weg zu nehmen, was wir im Gebet vor dich gebracht haben.<br />

Ja, selbst da, wo wir schuldig geworden sind an dir, an einem unserer Mitmenschen oder an uns selber,<br />

machst du für uns einen Neuanfang möglich, weil du uns so unendlich liebst. Danke, Amen.<br />

Einsetzungsworte<br />

Gebet<br />

Jesus, du bist das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Du machst uns satt und schenkst uns<br />

neue Gemeinschaft. Du bist der Weinstock, wir sind die Reben. Erfüll’ uns <strong>mit</strong> deiner Kraft und deinem Frieden.<br />

Schenk uns deine Vergebung und dass wir <strong>mit</strong>einander neu anfangen können. Stärke uns durch die<br />

Gemeinschaft <strong>mit</strong>einander und <strong>mit</strong> dir! Amen.<br />

(nach Renate Hieber)<br />

Beichte und Bitte um Verwandlung in gesungener Form: „Meine engen Grenzen“<br />

Einleitung<br />

Lasst uns beten <strong>–</strong> <strong>mit</strong> gesprochenen und gesungenen Worten:<br />

Gott, in meinem Leben gibt es manches, was anders werden darf. Bin ich engstirnig? Bin ich schwach? Bin<br />

ich mutlos? Bin ich einsam? Schau, wie ich bin, verwandle mich, schenk mir Heimat.<br />

Lied (ohne weitere Einleitung singen): Meine engen Grenzen 50<br />

Wir sind auf der Suche, du bist längst bei uns <strong>–</strong> wie beim ersten <strong>Abendmahl</strong>. Lass uns erfahren, wovon wir<br />

hören! Amen.<br />

Es folgen die Einsetzungsworte<br />

46<br />

Einige Glaubenssätze über das Walten Gottes in der Geschichte, aus: Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und<br />

Ergebung © Chr. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus GmbH, Gütersloh.<br />

47<br />

Feiert Jesus 2, Nr. 155.<br />

48<br />

Feiert Jesus 2, Nr. 156.<br />

49<br />

Evangelisches Gesangbuch (Württemberg), Nr. 589.<br />

50 Ebd.<br />

21


Neu beginnen <strong>–</strong> Liedandacht zur Selbsterkenntnis<br />

Eine Liedandacht zum Lied „Wo Menschen sich vergessen“ <strong>mit</strong> Bezug auf die Entzweiung und Versöhnung<br />

von Jakob und Esau (1. Mose 28-33) eignet sich für eine <strong>Abendmahl</strong>sfeier, die die Versöhnung zum Schwerpunkt<br />

hat. Im Anschluss können Vergebungsbitte und -zuspruch <strong>mit</strong> anschließendem Friedensgruß folgen.<br />

(Quelle: Frithjof Rittberger: Wo Menschen sich vergessen (Liedandacht), in: Andachten 2007, hg. von Hermann<br />

Hörtling, buch & musik <strong>–</strong> Buchhandlung und Verlag des ejw, Stuttgart 2006.)<br />

Vergebungszuspruch<br />

„Es ist sehr gut!“<br />

Das hat Gott zu seiner Schöpfung gesagt.<br />

„Es ist wieder alles gut!“<br />

Das sagt Gott jetzt zu uns.<br />

Er vergibt uns unsere Schuld.<br />

Was gewesen ist, soll uns nicht mehr beschweren.<br />

Was kommt, soll uns keine Angst machen.<br />

Gott begleitet uns.<br />

(Reinhard Hauber, Thomas Koser-Fischer, Karoline Rittberger-Klas)<br />

2.2.2 Klassische Streitfragen<br />

a) „Das ist mein Leib ...“ <strong>–</strong> „Hokuspokus“ oder bloße Erinnerung?<br />

Die Aussage Jesu, Brot und Wein seien Fleisch und Blut, haben dem Christentum nicht nur<br />

Ablehnung wegen Opferverherrlichung eingebracht, sondern auch für Unklarheit bei denen<br />

gesorgt, die nichts lieber wollten, als diese Worte zu verstehen.<br />

Zum einen stellte sich die Frage, wie völlig verschiedene Dinge identisch sein könnten. Im<br />

Mittelalter versuchte die Kirche, dem „Hokuspokus“ 51 <strong>mit</strong> einer damals aktuellen philosophischen<br />

Unterscheidung in Form der Transsubstantiationslehre zu begegnen: Die äußerlichen<br />

Merkmale (‚Akzidentien’) der Elemente, wie z.B. Geruch und Geschmack, würden<br />

unverändert die von Brot und Wein bleiben, während ihre jeweilige ‚Substanz’ in Fleisch<br />

bzw. Blut verwandelt werde. An der panischen Angst der Menschen, z.B. etwas vom Wein<br />

zu verschütten, änderte das allerdings nichts; 52 außerdem blickte man nach wie vor isoliert<br />

auf die Elemente und deren <strong>–</strong> infolge der flüsternd gesprochenen Gebete und Einsetzungsworte<br />

<strong>–</strong> magisch missverständliche so genannte ‚Wandlung’. Luther kritisierte diese<br />

Entwicklung und hielt dagegen, dass Wort und Element untrennbar zusammengehören,<br />

um wirksam zu werden: Brot sei insofern Leib, als das auch in den Einsetzungsworten oder<br />

bei der Austeilung hörbar gesagt wird, und es müsse so gesagt werden, dass darin Gottes<br />

Hingabe und Zuspruch für die Anwesenden deutlich werden. Für sich genommen seien<br />

Brot und Wein aber ganz normale Schöpfungsgaben Gottes, deren Reste normal verzehrt<br />

oder ohne Katastrophe als Krümel auf den Boden fallen dürften. Andere Reformatoren wie<br />

Zwingli warfen Luther jedoch vor, die lutherische Lehre, „daß der wahre Leib und das wahre<br />

Blut Christi wirklich unter der Gestalt des Brotes und Weines im <strong>Abendmahl</strong> gegenwärtig“<br />

seien, 53 ändere an der Unverständlichkeit des mirakulösen <strong>Abendmahl</strong>s selber nichts.<br />

51<br />

Diese Formel ist nichts anderes als eine Verschmelzung der Worte Jesu: „Hoc est corpus meus“ (= Das ist<br />

mein Leib“). Dieses Missverständnis kam dadurch zustande, dass im Mittelalter die Einsetzungsworte vom<br />

Priester meist im Flüsterton gesprochen wurden.<br />

52<br />

Der auf damaligen Wunsch der Gemeinden geübte Verzicht auf die Austeilung von Wein in der römischkatholischen<br />

Kirche geht auf diese Angst zurück.<br />

53<br />

Augsburger Bekenntnis von 1530, Artikel 10, Evangelisches Gesangbuch (Württemberg), Nr. 835.<br />

22


Sie verstanden das Wort ‚ist’ als ‚bedeutet’, das Brot ‚bedeute’ demnach Christi Hingabe in<br />

seinem Leib, und das <strong>Abendmahl</strong> sei, gemäß den Einsetzungsworten, schlicht zum „Gedächtnis“<br />

an Jesu Heiltat gestiftet.<br />

Da<strong>mit</strong> wurde die zweite Frage gestellt: Was ist am <strong>Abendmahl</strong> überhaupt ‚real’? Auch<br />

wenn die Reformierten nach Zwingli im <strong>Abendmahl</strong> bald mehr als ein Erinnerungsmahl und<br />

wie die Lutheraner Christus im <strong>Abendmahl</strong> gegenwärtig sahen <strong>–</strong> nicht „realpräsent“ in den<br />

Elementen, sondern durch den Heiligen Geist <strong>–</strong>, 54 blieb die Trennung <strong>mit</strong> den Lutheranern<br />

bestehen. Nach konfessionsverbindenden Erfahrungen während des Nationalsozialismus<br />

kam es erst 1973 zur <strong>Abendmahl</strong>s- und Kirchengemeinschaft der meisten evangelischen<br />

Kirchen in Deutschland und ganz Europa. Unter dem Stichwort „Personalpräsenz“ hatte<br />

sich die Einsicht durchgesetzt, dass Christi Fleisch und Blut nicht im verengten Blick auf<br />

die Elemente begriffen werden, sondern im Blick darauf, wie Christus selbst in seinem irdischen<br />

Verhalten, seinem Tod und seiner Auferstehung den Menschen näher gekommen<br />

ist, als diese sich selbst nahe sein können. Nicht die Elemente und Worte allein, sondern<br />

die gesamte Symbolhandlung <strong>Abendmahl</strong> bringt zum Ausdruck, wie Jesus Christus<br />

zugleich Gastgeber und Gabe des <strong>Abendmahl</strong>s ist. 55 Ob, wie und wem er sich wann, bei<br />

den Einsetzungsworten, beim Brotbrechen, bei der Bitte um den Heiligen Geist als gegenwärtig<br />

zeigt, ist allein seine Sache. Im Blick auf die Empfangenden ist wichtig: Fleisch und<br />

Blut besagen, dass Gott <strong>mit</strong> uns in unserem ganzen, körperlichen, schwachen, lebensgierigen,<br />

triebgeprägten, alternden Leben <strong>–</strong> und nicht nur <strong>mit</strong> dem Verstand oder ‚Geist’ des<br />

Menschen <strong>–</strong> Gemeinschaft stiftet. 56<br />

Aus diesen Ausführungen ergibt sich zunächst für die Praxis, dass weder eine missverständliche<br />

Scheu vor Brot und Wein, noch eine Nachlässigkeit ihnen gegenüber angebracht<br />

ist. Da sie wie jedes andere Essen Schöpfungsgaben sind, wirft man die Reste nicht<br />

weg, sondern verzehrt sie <strong>–</strong> wenn möglich während des Zusammenseins im Anschluss an<br />

den Gottesdienst. Als weitere Folge stellt sich die Aufgabe, der ganzen (<strong>Abendmahl</strong>s-) Liturgie<br />

dieselbe Sorgfalt wie den Elementen entgegenzubringen. Wo Jugendliche das spüren,<br />

dürfte auch bei skeptischen Nachfragen Jugendlicher zum ‚Hokuspokus’ von Fleisch<br />

und Blut nicht nur der Sinn des Ganzen verständlich zu machen, sondern auch von jugendlichen<br />

Gesprächspartnern viel zu lernen sein.<br />

b) Einsetzungsworte<br />

Wie eben am Beispiel von Brot und Leib bzw. Wein und Blut erwähnt, erschließen sich an<br />

den Einsetzungsworten die Umstände und die Bedeutung des <strong>Abendmahl</strong>s: Jesus zeigt<br />

sich in einer erlösungsbedürftigen Welt („in der Nacht, in der er verraten wurde“) als Gastgeber<br />

(„nahm er das Brot, ... gabs ihnen“) und befreiende Gabe („Das ist mein Blut ... zur<br />

Vergebung der Sünden“), die bis ans Ende der Tage gilt („das tut, sooft ihrs trinkt, zu meinem<br />

Gedächtnis“). Die dabei ausdrückliche ergehende Aufforderung Jesu, das zu seinem<br />

„Gedächtnis“ zu tun, verbindet die heutige Mahlfeier <strong>mit</strong> ihrem Ursprung und legitimiert sie<br />

54 ‚Erinnerung’, ‚Gedächtnis’ im biblischen Sprachgebrauch ist immer etwas für die Gegenwart wirksam Empfundenes.<br />

Im Er-Innern wird äußerlich, vergangen Scheinendes wieder <strong>–</strong> innerlich <strong>–</strong> wirksam gemacht.<br />

55 Zur Peronal- und Realpräsenz vgl. Michael Welker, Was geht vor beim <strong>Abendmahl</strong>, S. 96-109. „Die Gemeinschaft<br />

<strong>mit</strong> Jesus Christus in seinem Leib und Blut können wir nicht vom Akt des Essens und Trinkens<br />

trennen. Ein Interesse an der Art der Gegenwart Christi im <strong>Abendmahl</strong>, das von dieser Handlung absieht,<br />

läuft Gefahr, den Sinn des <strong>Abendmahl</strong>s zu verdunkeln“, Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa (Leuenberger<br />

Konkordie), hg. im Auftrag des Exekutivausschusses für die Leuenberger Lehrgespräche von Wilhelm<br />

Hüffmeier, Frankfurt/M., 1993, S. 30 (Ziffer 19).<br />

56 Vgl. <strong>Abendmahl</strong>. Eine Orientierungshilfe, S. 42f.<br />

23


als evangelische, sakramentale Handlung, d.h. als Zeichenhandlung, <strong>mit</strong> der Jesus selbst<br />

seine Gegenwart verbindet. 57 Deshalb sollten die Einsetzungsworte nie fehlen, zumal das<br />

<strong>Abendmahl</strong> durch sie erkennbar bleibt, wenn in den anderen Texten und Gebeten je nach<br />

Thema, Situation und Zeit verschiedene und manchmal einseitige Akzente gesetzt werden.<br />

Allerdings sind die Einsetzungsworte keine Ersetzungsworte, <strong>mit</strong> denen automatisch alles<br />

gesagt ist. Zum einen verdichten sie nur, was in anderen Erzählungen, in Gebeten und in<br />

Worten des Zuspruchs entfaltet wird, zum andern stellen sie im konkreten Vollzug ein<br />

Problem dar: An einer Stelle, an der Lobpreis Gottes, direkter Zuspruch oder Einladung<br />

passen würden, erklingt eine Art historisches Referat: „Der Herr Jesus in der Nacht ...“<br />

Was der Liturg sagt, ist ja zunächst nicht direkte Anrede, nicht der Dank Jesu beim Brotbrechen<br />

oder seine einladenden Worte an die Anwesenden, sondern ein Bericht, der die<br />

Anrede nur indirekt enthält („... und sprach: Nehmt und esst ...“). So indirekt, wie wir sie<br />

heute hören, wurden die Einsetzungsworte am Anfang eben nicht gesprochen. Deshalb ist<br />

es wichtig, dass diese Worte zum einen einen stimmigen Rahmen haben, der in einem Bitt-<br />

oder Dankgebet, einem Zuspruch, einem Tischgebet oder einer Einladung besteht. 58 Wenn<br />

nach den Einsetzungsworten möglichst knappe Anweisungen zur Austeilung folgen, hat<br />

eine Einladung unbedingt das letzte Wort, z.B.: „Kommt, denn es ist alles bereit; schmeckt<br />

und seht, wie freundlich der Herr ist!“, oder: „Christus spricht: Kommt her zu mir, die ihr<br />

mühselig und beladen seid <strong>–</strong> ich will euch erquicken!“ Zum andern ist es sinnvoll, die Einsetzungsworte<br />

als lebendige Worte zu behandeln, d.h.: Brot und Wein dann (hoch) zu<br />

nehmen und evtl. zu brechen, wenn man davon redet, und vor allem, „Nehmt und esst ...;<br />

nehmt und trinkt!“, <strong>mit</strong> voller, einladender Stimme den anderen auch wirklich zuzusprechen.<br />

Da die Einsetzungsworte etwas unterschiedlich an mehreren Stellen der Bibel und in verschiedenen<br />

traditionellen Mischformen, zumeist <strong>mit</strong> altertümlichen Wendungen vorkommen<br />

(„ward“, „zu Tische“ statt „zu Tisch“, „trinket“ statt „trinkt“), ist es sinnvoll, bewusst eine<br />

ortsübliche oder aus gut überlegten Gründen davon abweichende, vielleicht auch nur<br />

sprachlich normalisierte Version zu wählen und dann aber auch beizubehalten, denn: Wiedererkennen<br />

von auswendig Gelerntem macht Freude! Eine Zusammenstellung der in<br />

Deutschland verwendeten Mischformen und einiger biblischer Originaltexte bietet das württembergische<br />

Gottesdienstbuch von 2004. 59 Bei der Verwendung freierer Formen sollte<br />

man sich bewusst sein, welche Aspekte der Einsetzungsworte dabei verstärkt werden und<br />

welche eher in den Hintergrund geraten. Nachstehend finden zwei Beispiele für eine freiere<br />

Form der Einsetzungsworte <strong>mit</strong> Überleitung zur Austeilung:<br />

57 Das gilt neben dem <strong>Abendmahl</strong> noch für die Taufe im Namen des dreieinigen Gottes, an die Jesus seine<br />

Zusage knüpft: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matthäus 28,20).<br />

58 „Durch die Einbindung in Dank und Lobpreis werden diese [d.h. die Einsetzungsworte] gegen das Mißverständnis<br />

geschützt, nur historisches Zitat zu sein“ (Zur Lehre und Praxis des <strong>Abendmahl</strong>s, in: Leuenberger<br />

Texte 2. Sakramente, Amt, Ordination, hg. im Auftrag des Exekutivausschusses für die Leuenberger Kirchengemeinschaft<br />

von Wilhelm Hüffmeier, Frankfurt/M. 1995, S. 47-65, Zitat S. 60.<br />

59 Vgl. das Gottesdienstbuch für die Evangelische Landeskirche in Württemberg. Erster Teil: Predigtgottesdienst<br />

und <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst, hg. vom Evang. Oberkirchenrat Stuttgart, Stuttgart 2004, S. 361-364.<br />

Die biblischen Einsetzungsworte stehen in Matthäus 26,26-29; Markus 14,22-25 (<strong>mit</strong> Bezug auf das Reich<br />

Gottes), Lukas 22,19f und 1. Korinther 11,23-26, die landeskirchlich üblichen Formen außerdem auch in den<br />

jeweiligen Gesangbüchern.<br />

24


(1)<br />

Wir teilen das Brot:<br />

In der Nacht vor seinem Tod, bevor Jesus verraten, gefangen und gekreuzigt wurde, saß er <strong>mit</strong> seinen<br />

Freunden zusammen.<br />

Sie feierten das Passa-Fest ihres Volkes, das Fest der Befreiung.<br />

Da sprach Jesus von seinem Tod, und seine Freunde waren traurig:<br />

Sie fühlten sich unsicher und allein gelassen.<br />

Sie ahnten, wie schwer Befreiung ist, und sie hatten Angst.<br />

Da nahm Jesus das Brot, dankte dafür, zerbrach es, gab es seinen Freunden und sagte:<br />

Wie dieses Brot ist mein Leib: Er wird zerbrochen für euch;<br />

Abschied und Anfang.<br />

Teilt weiter das Brot <strong>mit</strong>einander und denkt an mich.<br />

Ihr werdet mein Leib sein.<br />

Wir teilen den Kelch:<br />

Dann nahm er auch den Kelch <strong>mit</strong> Wein, dankte dafür, reichte ihn seinen Freunden und sagte:<br />

Nehmt und trinkt alle davon.<br />

Da<strong>mit</strong> umschließt uns der Bund, für den ich sterbe:<br />

Vergebung und Friede.<br />

Trinkt weiter den Wein <strong>mit</strong>einander<br />

und denkt an mich.<br />

Wenn wir jetzt so im Namen Jesu <strong>mit</strong>einander Brot essen und Wein trinken, wie er gesagt hat,<br />

dann nehmen wir <strong>mit</strong> diesem Brot und Wein in unser eigenes Leben auf,<br />

was von Jesus ausgeht:<br />

Kraft zum Abschied von dem, was zu Ende geht, Mut und Sinn für neues Leben, für Vertrauen und Freundschaft,<br />

für Befreiung und Freude.<br />

(zusammengestellt von Jürgen Spohn)<br />

(2)<br />

Teilen von Brot und Wein als österliche Erfahrung 60<br />

Für die Emmausjünger, immer noch aufgewühlt, geängstigt und niedergeschlagen von den Ereignissen des<br />

Karfreitag, wurde es Ostern, als Jesus <strong>mit</strong> ihnen das Brot teilte.<br />

„Und es geschah, als er <strong>mit</strong> ihnen zu Tische saß,<br />

nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen.<br />

Da wurden ihnen die Augen geöffnet und sie erkannten ihn.“<br />

Brot in die Hand nehmen<br />

Wir essen das Brot, das seine Liebe bricht und austeilt.<br />

Seine Liebe, die Liebe Jesu.<br />

Er sagt: „Ich bin das Brot, das Brot des Lebens.<br />

Nehmt hin und esst. Das bin ich!“<br />

Brot wird geteilt und weitergereicht <strong>mit</strong> den Worten: Für dich zum Leben<br />

Kelch in die Hand nehmen<br />

Wir trinken den Saft der Trauben,<br />

Zeichen für die Hingabe Jesu an uns.<br />

Nehmt das Leben auf,<br />

das er <strong>mit</strong> uns geteilt hat!<br />

Becher wird weitergereicht <strong>mit</strong> den Worten: Für dich zur Freude.<br />

(zusammengestellt von Dorothea Kik)<br />

60 Der ganze <strong>Abendmahl</strong>sentwurf <strong>mit</strong> weiteren Texten: Dorothea Kik, „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde<br />

fällt und stirbt ...“. Osternacht und Ostermorgenfeier, in: durchstehen. JugendGottedienstMaterial 2005, hg.<br />

vom Evang. Landesjugendpfarramt Württemberg, Stuttgart 2004, S. 83-95.<br />

25


2.3 „So sind wir viele ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben“ <strong>–</strong><br />

Kommunion: im Heiligen Geist befreite Gemeinschaft der Verschiedenen<br />

Menschen, die danken können und versöhnt sind, begegnen anderen offen und friedfertig.<br />

Das <strong>Abendmahl</strong> bringt das vorläufig zum Ausdruck, ist aber auch immer dadurch gefährdet,<br />

dass die Anwesenden diesen Frieden <strong>mit</strong> der Gemeinschaft der Vertrauten und <strong>mit</strong><br />

dem In-Frieden-gelassen-werden-Wollen <strong>mit</strong> den Eigenheiten anderer verwechseln. Unter<br />

den ersten Christen zeigte sich diese Widersprüchlichkeit zum einen in der radikalen Öffnung<br />

der Gemeinschaft nach religiöser, ethnischer und sozialer Herkunft, zum anderen in<br />

dem Versuch, lieb gewordene Traditionen den anderen aufzuzwingen 61 oder bisher im Alltag<br />

übergangene Menschen weiterhin, nun noch verletzender zu ignorieren. 62 Die Tischgemeinschaft<br />

Jesu <strong>mit</strong> Unbeliebten (Matthäus 9,9-13), die Verheißung des Reiches Gottes<br />

für die normalerweise nie Eingeladenen (Lukas 14,15-22) und die Sättigung Tausender,<br />

deren Weniges sich beim disziplinierten Teilen wundersam vermehrt (Markus 6,30-44),<br />

sind Hinweise darauf, dass das <strong>Abendmahl</strong> auch als Vorgeschmack für eine anders gelebte<br />

Gemeinschaft insgesamt gedacht ist. Dabei ist zunächst schon das Eingeständnis hilfreich,<br />

dass das Reich Gottes in endgültiger Form (vgl. Jesaja 25,6-12) noch aussteht.<br />

Konkret bedeutet das, dass sich die (regelmäßig) <strong>Abendmahl</strong> Feiernden ab und zu fragen,<br />

was eigentlich ihre ‚Gemeinde’ ausmacht. Die Zwölfzahl der <strong>–</strong> <strong>mit</strong> der weltweiten Mission<br />

beauftragten <strong>–</strong> Jünger symbolisiert die Vollzahl des Gottesvolkes, als realistische Größenordnung<br />

für einen Hauskreis rechtfertigt sie es aber nicht, dass eine Gruppe sich langfristig<br />

selbst genug ist. Eine Gemeinde besteht aus allen, die sich vom Evangelium angesprochen,<br />

nicht notwendigerweise schon zueinander hingezogen fühlen, und macht sie zu verschieden<br />

gearteten und begabten „Gliedern“ am „Leib Christi“ (vgl. 1. Korinther 12). Dass<br />

unter den Bedingungen menschlicher Kommunikation sich Gemeinden nicht nur nach<br />

Wohnort, sondern nach Sprache, Kultur, Alter und zeitweiligem Lebens<strong>mit</strong>telpunkt (z.B.<br />

Schule, Freizeitgruppe, Auslandsgemeinden, Krankenhaus, Gefängnis) ordnen, ist legitim,<br />

solange da<strong>mit</strong> nicht eine Sortierung nach solchen Mustern erfolgt, die das Evangelium<br />

selbst verdunkeln. Das ist dann der Fall, wenn bestimmte Frömmigkeitsformen zum Gesetz<br />

erhoben werden oder wenn einzelne Milieus so dominieren, dass ihre gegenseitige Verständigung<br />

im privaten und politischen Alltag schwerer statt leichter wird.<br />

Bezogen auf Jugendliche heißt das: Aus Gründen des Alters und ausgeprägter Jugendkultur<br />

bieten nicht nur Jugendgottesdienste in ansonsten altersgemischten Gemeinden, sondern<br />

auch um Jugendkirchen organisierte Jugendgemeinden eine Chance authentischer<br />

Beteiligung Jugendlicher. Dabei darf aber ihre unterschiedliche Prägung nicht vergessen<br />

werden. Nicht alle mögen zwingend die gleichen Lieder, dasselbe Maß an „Action“ oder<br />

denselben theologischen Ansatz, auch wenn sie das selten zugeben würden. In größeren<br />

Jugendgottesdiensten, auf dem Kirchentag, auf Jugendtagen und auf Freizeiten, deren<br />

Teilnehmende eher zufällig zusammengewürfelt sind, bietet das <strong>Abendmahl</strong> die Chance,<br />

Gemeinschaft in der Verschiedenheit zu symbolisieren und diese, so wie das im (Freizeit-)<br />

61 Vgl. Galater 2 <strong>mit</strong> Harmonisierungsversuchen in Apostelgeschichte 15: Petrus gibt die Freiheit in Christus<br />

zugunsten von Minimalforderungen, die diese Freiheit selbst in Frage stellen, auf, Paulus verteidigt sie kompromisslos.<br />

62 Vgl. die bereits erwähnte Rücksichtslosigkeit der besitzenden gegenüber den ärmeren Christen in Korinth.<br />

26


Alltag z.B. auch durch Spiele nach bestimmten Regeln geschieht, durch den rituellen<br />

Rahmen zu ermöglichen. 63<br />

Schön ist es, wenn diese Gemeinschaft auch in ihrer spirituellen, d.h. vom Heiligen Geist<br />

bewirkten, Dimension erfahrbar wird. Dafür lassen sich zumindest Rahmenbedingungen<br />

überlegen, die die innere und auch die nach außen für die anderen wirksame Beteiligung<br />

möglichst vieler fördern. Da Beteiligung vieler auch das gegenseitige Wahrnehmen der<br />

Beiträge verschiedener Menschen einschließt, sollte man sich ab und zu auch die Frage<br />

stellen, ob Jugendliche wie Erwachsene, die reif für Gottesdienste <strong>mit</strong> aktiver Beteiligung<br />

sind, nicht auch für einen gemeinsamen Gottesdienst reif sind. Die Frage gewinnt an Brisanz,<br />

weil generationenübergreifender Austausch, <strong>mit</strong> dem Wechselspiel von zupackender<br />

Initiative und hilfreicher Erfahrung, oft durch instabile Familienverhältnisse erschwert wird<br />

und sowohl Ältere wie Jüngere auf ihr besonderes Potenzial verzichten: Ältere, indem sie<br />

ihr gesundes Selbstbewusstsein dem Jugendwahn in Wirtschaft und Werbung opfern, Jugendliche,<br />

indem sie Kreativität und Freiheit im Denken durch einen frühzeitig auferlegten<br />

Zwang zum Geldverdienen und Konsum opfern. Hinzu kommt das für die nächsten Jahrzehnte<br />

nicht zu lösende Problem der „Generationengerechtigkeit“. Die Beziehung der Generationen<br />

ist selbst ein Thema für das im Gottesdienst erbetene und verheißene Reich<br />

Gottes. Warum tauschen sich dort nicht vermehrt Junge und Alte über ihr jeweiliges „Lebensgefühl“<br />

<strong>–</strong> früher und aktuell <strong>–</strong> aus?<br />

Möglicherweise bieten Jugendgottesdienste nicht nur einen sinnvollen Entfaltungsraum für<br />

Gleichaltrige, sondern stellen zur Zeit auch eine Art notwendige Übergangserscheinung<br />

dar, indem sie Keimzelle für eine grundlegende Erneuerung des Gottesdienstes überhaupt<br />

sind. Der teilweise rege Besuch von Jugendgottesdiensten durch Erwachsene legt diese<br />

Vermutung nahe. Die erste der im folgenden genannten Gestaltungsideen schlägt daher<br />

ein generationenübergreifendes Feiern vor, das aber den für die einzelnen Gruppen notwendigen<br />

Freiraum einschließt.<br />

2.3.1 Zur Gestaltung <strong>–</strong> Möglichkeitsräume zur Begegnung und Entdeckung schaffen<br />

a) Der gesamte Gemeindegottesdienst als <strong>Abendmahl</strong>sfeier für alle<br />

Ausgehend von der im Vergleich zu anderen traditionellen Gottesdienstelementen hohen<br />

Akzeptanz des <strong>Abendmahl</strong>s bei <strong>Jugendlichen</strong> schlägt Heinz Schmid schon 1987 eine Neukonzeption<br />

des Gottesdienstes der ganzen Gemeinde vor, dessen „gesamte ... Kommunikation<br />

in den Rahmen des ‚Herrenmahls’ gestellt werden“ könnte. 64 „Gebet, Stille und Brechen<br />

des Brotes eröffnen die Feier, gemeinsamer Kelch, Dank und Lob schließen sie. Dazwischen<br />

kann sich eine vielfältige, offene, aber evangeliumsbezogene Kommunikation der<br />

Gemeindeglieder zusammen oder verschiedener Gruppen ... entwickeln“ 65 Gedacht ist an<br />

unterschiedliche Aktivitäten nach Alters- und Neigungsgruppen. „Als gemeinsamer inhaltlicher<br />

Bezugspunkt sollte der Text oder das Thema des Sonntags nach der Brotverteilung<br />

allen bekanntgemacht und gegebenenfalls erläutert werden“; die anschließenden Gruppen<br />

können zwischen klassischer Liturgie <strong>mit</strong> Predigt und Liedern, neuerer Musik, Meditations-<br />

63 Zum <strong>Abendmahl</strong> als „Möglichkeitsraum“ vgl. Andrea Schulte, Jugendliche begegnen dem <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong><br />

Möglichkeiten und Zugänge, in: Wolfgang Erich Müller (Hg.), <strong>Abendmahl</strong> heute: Reflexionen zur theologischen<br />

Grundlegung und zeitgemäßen Gestaltung, Frankfurt/M. 2002, S. 51-68, vor allem S. 63-67.<br />

64 Heinz Schmid, Jugend und <strong>Abendmahl</strong>, Zeitschrift für Theologie und Kirche 84 (1987), S. 215-2321, Zitat<br />

S. 229.<br />

65 Ebd., S. 229f.<br />

27


angeboten, Erzählung und Bildbetrachtung, Collage, Theater- oder Rollenspiel wählen und<br />

kommen dann wieder zusammen, „um Erarbeitetes ... vorzutragen oder kurz zu berichten<br />

sowie Wünsche, Bitten und andere Anregungen als ‚Gaben’ auf den Altar zu legen.“ Nach<br />

gemeinsamer Fürbitte bildet die „Kommunion des Kelches“ den Schlussteil des Gottesdiensts.<br />

66<br />

Dieser Entwurf setzt konsequent um, was <strong>mit</strong> dem im Erwachsenengottesdienst zeitweise<br />

ein- und ausgegliederten Kindergottesdienst in Ansätzen vorhanden ist, und ähnelt dem in<br />

manchen Jugendgottesdiensten verwirklichten Angebot von „Stationen“ nach dem Vorbild<br />

der Thomasmesse. Neben der Chance individueller Beteiligung bietet sich durch das erneute<br />

Zusammenkommen auch die Möglichkeit persönlicher, u.U. anonymisierter Mitteilung,<br />

die liturgisch gut überlegt sein muss, aber eben gerade die religiöse Vielfalt einander<br />

aufschließt. Zum Thema <strong>Abendmahl</strong> selbst könnte sich z.B. eine Gruppe auf die Dichtung<br />

von „Elfchen“ einlassen, die dann in der ganzen Gemeinde vorgetragen werden. 67 Zur inhaltlich<br />

gestalteten Begegnung können ein Vertrauensspiel, eine einzeln, paar- und gruppenweise<br />

vollzogene Auseinandersetzung <strong>mit</strong> dem Glaubensbekenntnis oder eine Wahrnehmung<br />

von Zielkonflikten und ihrer Folgen sein. 68<br />

b) Gemeinsam unterwegs <strong>–</strong> rückblickende Vertiefung einer gemeinsam verbrachten<br />

Zeit oder Wegstrecke<br />

Für Gruppen und Kreise, aber auch für Freizeitteilnehmer/innen, die eine intensive gemeinsame<br />

Zeit erlebt haben, bietet die Feier des <strong>Abendmahl</strong>s die Chance, das eigene Erleben<br />

und das der anderen noch einmal gemeinsam vor Gott zu bringen und ihn als Stifter<br />

der Gemeinschaft zu erfahren. Als Bezugserzählung eignet sich zum Beispiel die Geschichte<br />

von den Emmausjüngern, die <strong>–</strong> unterwegs und schließlich abends am Tisch <strong>mit</strong><br />

dem bis dahin unerkannten Auferstandenen <strong>–</strong> rückblickend ihre Gemeinschaft <strong>mit</strong> Jesus<br />

und untereinander in einem neuen Licht sehen. In der römisch-katholischen Tradition vergegenwärtigt<br />

der österliche Emmaus-Gang liturgisch diese Erfahrung; auch eine „stationäre“<br />

<strong>Abendmahl</strong>sfeier kann durch verschiedene, an der Emmausgeschichte orientierte Stationen<br />

der Begegnung einen liturgischen Raum des gegenseitigen Austausches und der<br />

Verdichtung gemeinsamer Erfahrungen bieten. 69<br />

Eine Station kann sich beispielsweise an das Erkennen des Auferstandenen beim Brotbrechen<br />

anlehnen: Die spätere Austeilung <strong>mit</strong> verschiedenen Brotsorten wird von allen Beteiligten<br />

vorbereitet; dabei besteht Gelegenheit, sich selbst und andere besser zu verstehen<br />

oder bewusster wahrzunehmen:<br />

66 Zitate und Zusammenfassung ebd., S. 230.<br />

67 Ein Elfchen hat fünf Zeilen <strong>mit</strong> insgesamt elf Wörtern. Die erste Zeile hat ein Wort, die zweite zwei, die<br />

dritte drei, die vierte vier <strong>–</strong> und die letzte wieder ein Wort. Die Form nötigt zum freien, aber genauem Ausdruck<br />

in der Beschränkung auf wenige Worte. Vgl. dazu Andrea Schulte, Jugendliche begegnen dem <strong>Abendmahl</strong>,<br />

Elfchen-Beispiele auf S. 51 und 67.<br />

68 Siehe dazu den Entwurf von Stefan Brückner u.a., Neue Spuren auf alten Wegen <strong>–</strong> Annäherung an die<br />

<strong>Abendmahl</strong>sliturgie, in: anknüpfen bausteine <strong>–</strong> <strong>Abendmahl</strong>. Beilage zu anknüpfen 5 (2001), hg. vom Pädagogisch-Theologischen<br />

Zentrum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, S. 19-32 („baustein 2“).<br />

69 Vgl. dazu den Entwurf von Frithjof Rittberger: „Gemeinsam unterwegs <strong>–</strong> <strong>Abendmahl</strong>sfeier zur Emmausgeschichte<br />

<strong>mit</strong> vier Stationen. Zum Abschluss einer Wanderung, Freizeit oder eines Jahresfestes für Jugend<strong>mit</strong>arbeiterInnen“<br />

(in www.jugonet.de).<br />

28


Station: Erkannt beim Brotbrechen (zu Lukas 24,30f)<br />

„Als er <strong>mit</strong> ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen. Da wurden ihre Augen<br />

geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.“<br />

An dieser Station bereiten wir das Brot für das <strong>Abendmahl</strong> vor. Zu vier verschiedenen Brotsorten finden sich<br />

Texte, die zur Selbsterkenntnis anregen möchten. Jede Brotsorte symbolisiert ein bestimmtes Bedürfnis, eine<br />

bestimmte Lebenshaltung <strong>–</strong> je nachdem, was für Menschen wir sind.<br />

• Lest euch die Brot-Worte durch und wählt eine Brotsorte für euch aus.<br />

• Brecht ein Stück von eurem Brot ab und legt es in den Korb fürs <strong>Abendmahl</strong>.<br />

Hinweis:<br />

Im <strong>Abendmahl</strong> schenkt Christus uns die Fülle des Lebens. Wir können anschließend beim <strong>Abendmahl</strong> auch<br />

eine andere Sorte Brot nehmen, als wir vorher vorbereitet haben.<br />

Brot-Worte zur Station<br />

(jeweils separat ausdrucken, auf A 3 vergrößern und über den dazugehörigen Brotsorten aufhängen):<br />

Ich nehme Roggenbrot.<br />

Es gibt mir Kraft, wenn ich mich durchbeißen muss.<br />

Es erinnert mich an Menschen, die <strong>mit</strong> viel Mühe und wenig Genuss ihr Leben bestreiten.<br />

Jesus Christus: Du willst, dass wir das Leben auch genießen können.<br />

Schenke mir die Freiheit dafür.<br />

Ich nehme Zwieback.<br />

Ich vertrage ihn noch, wenn mir die Sorge auf den Magen schlägt.<br />

Er erinnert mich an Menschen, die sich für andere aufopfern.<br />

Jesus Christus: Du willst, dass wir uns nicht auffressen lassen.<br />

Schenke mir Gelassenheit.<br />

Ich nehme Baguette.<br />

Es lässt mich genießen, wenn mir der Alltag nicht mehr schmecken will.<br />

Es erinnert mich an Menschen, die Abwechslung suchen.<br />

Jesus Christus: Du willst, dass wir gestärkt dir nachfolgen.<br />

Schenke mir Geduld.<br />

Ich nehme Vollkornbrot.<br />

Ich brauche Vollwertiges, weil mir Halbheiten und Oberflächlichkeit zu schaffen machen.<br />

Es erinnert mich an Menschen, die für ihre Überzeugungen auf Annehmlichkeiten verzichten.<br />

Jesus Christus: Du willst, dass wir <strong>mit</strong> uns und anderen behutsam umgehen.<br />

Schenke mir Verständnis.<br />

c) Die Auswahl und Anordnung biblischer und liturgischer Texte zum „Reich Gottes“<br />

Neben den bereits genannten Mahl-Texten bieten sich auch Gleichnisse oder Jesu Seligpreisung<br />

unterschiedlichster Menschen an (Matthäus 5,1-12, etwas anders: Lukas 6,20-<br />

23), die nicht als Leistungskatalog zu lesen ist, sondern als Hilfe, die Sehnsucht nach<br />

geistlichem und gesellschaftlichem Frieden freizulegen, die für jeden und jede anders aussehen<br />

kann. Eine schwerpunktmäßige Beschäftigung <strong>mit</strong> dem Reich Gottes vor dem <strong>Abendmahl</strong><br />

kann sich zwischen den Einsetzungsworten und vor der Austeilung zum einen in<br />

einem altkirchlichen Text ausdrücken: „Geheimnis des Glaubens: Deinen Tod, o Herr verkünden<br />

wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ Darauf<br />

kann, zweitens, ein an dieser Stelle vielleicht überraschendes „Tischgebet“ stehen: das<br />

gesprochene oder gesungene Vaterunser <strong>–</strong> <strong>mit</strong> der Bitte um das Kommen des Reiches<br />

29


Gottes. 70 Gut zum Thema passt z.B. das Lied: „Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose<br />

blüht ...“, 71 das auch während der Austeilung gesungen werden kann. Das „Wie im Himmel<br />

<strong>–</strong> so auf Erden“ kann vielleicht auch <strong>mit</strong> dem inzwischen sehr verbreiteten <strong>–</strong> wenn auch<br />

theologisch etwas zurückhaltenden <strong>–</strong> Lied der „Berührung“ von Himmel und Erde vertieft<br />

werden („Wo Menschen sich vergessen ...“). 72<br />

Die folgende, auch in Teilen zu verwendende Einführung in die <strong>Abendmahl</strong>sfeier benennt<br />

verschiedene Aspekte der auf das Reich Gottes gerichteten Hoffnung:<br />

<strong>Abendmahl</strong>: zur Hoffnung befreit<br />

Als Menschen, die befreit sind zur Hoffnung,<br />

feiern wir dieses Fest -<br />

denken dabei an Israel, das in der Nacht des Auszugs aus der Sklaverei in Ägypten das Passah feierte:<br />

Voller Hoffnung auf das verheißene Land,<br />

zum Aufbruch bereit.<br />

So hoffen auch wir, dass Gott uns geleite in eine neue Welt, in der Menschen einander nicht mehr bedrängen<br />

und unterdrücken, sondern in Freiheit als Freundinnen und Freunde sich begegnen.<br />

Als Menschen, die befreit sind zur Hoffnung,<br />

feiern wir dieses Fest -<br />

und denken dabei an Jesus Christus;<br />

in der Nacht, als er verraten wurde, aß er <strong>mit</strong> seinen Freunden, teilte Brot und Wein <strong>mit</strong> ihnen und setzte<br />

da<strong>mit</strong> ein Zeichen der Hoffnung:<br />

der Hoffnung, dass sein Leben für die Schwachen und Unterdrückten auch durch seinen Tod nicht widerlegt<br />

werde, sondern Zukunft haben wird.<br />

In diese Hoffnung hat er uns berufen.<br />

Als Menschen, die befreit sind zur Hoffnung,<br />

feiern wir dieses Fest -<br />

und denken dabei an die Freundinnen und Freunde Jesu;<br />

Sie durften auch dann noch hoffen, als sie ihn verraten, verlassen und verleugnet hatten.<br />

Der Auferstandene trat in ihre Mitte, und brach ihnen das Brot.<br />

So hoffen auch wir, trotz unserer Schuld und unseres Versagens,<br />

dass er uns vergibt und uns befähigt zu einem Leben in seiner Nachfolge.<br />

Als Menschen, die befreit sind zur Hoffnung,<br />

feiern wir dieses Fest -<br />

und sind geborgen in Gott:<br />

Wer immer ich bin -<br />

Wege werden sich auftun.<br />

Wer immer wir sind -<br />

Orientierung lässt sich finden.<br />

Menschen sind <strong>mit</strong> uns unterwegs,<br />

Menschen, die uns stützen,<br />

Gemeinschaft, die Augen öffnet mir und dir,<br />

für dich und für mich.<br />

Denn die Gemeinschaft <strong>mit</strong> ihm überwindet alles,<br />

was uns voneinander trennt. Amen.<br />

(zusammengestellt von Jürgen Spohn)<br />

70 Das Vaterunser soll in jedem Gottesdienst einmal vorkommen. Wenn es als Tischgebet gesprochen wird,<br />

wird es zum Abschluss des (Fürbitten-) Gebets nach dem <strong>Abendmahl</strong> nicht mehr gesprochen.<br />

71 Evangelisches Gesangbuch (Kurhessen-Waldeck), Nr. 632, außerdem in: gemeinsam unterwegs. Lieder<br />

und Texte zur Ökumene, hg. vom Ökumenischen Kirchentag Berlin 2003 e.V., Berlin 2003, Nr. 135.<br />

72 In: gemeinsam unterwegs (s. vorige Anm.), Nr. 138. Vgl. dazu den Literaturhinweis zur Liedandacht unter<br />

2.2.1.c. („Neu beginnen“).<br />

30


d) Der Friedensgruß<br />

Der Friedensgruß ist eine ritualisierte Form, sich gegenseitig wahr- und anzunehmen, traditionell<br />

<strong>mit</strong> den Worten „Friede sei <strong>mit</strong> dir“ <strong>–</strong> in der Alten Kirche sogar <strong>mit</strong> einem Friedenskuss.<br />

Vor der Austeilung (und nach den Einsetzungsworten und gegebenenfalls dem Vaterunser)<br />

bringt er den Wunsch nach versöhnter Gemeinschaft zum Ausdruck. 73 Eine Einleitung<br />

kann z.B. so aussehen:<br />

Geht denen entgegen, die ihr lieb habt.<br />

Geht denen entgegen, die euch fremd sind.<br />

Geht denen entgegen, die ihr lieber überseht.<br />

Und gebt euch ein Zeichen des Friedens:<br />

Tut es von Herzen und freiwillig,<br />

so dass man die Güte spürt,<br />

und achtet die Scheu.<br />

(zusammengestellt von Jürgen Spohn)<br />

Nach dem Mahl zeigt der Friedensgruß die Freude über die geschenkte und zu bewährende<br />

Gemeinschaft. Das traditionelle Entlasswort nach dem Genuss von Brot und Wein,<br />

„Geht hin im Frieden (des Herrn)“ ließe sich dann z.B. so erweitern, dass die Verbindung<br />

<strong>mit</strong> allen und <strong>mit</strong> dem jeweils Nächsten zum Ausdruck kommt: „Zum Zeichen des Friedens<br />

<strong>mit</strong> Gott und der Gemeinschaft untereinander reichen wir uns die Hände“ <strong>–</strong> es folgt ein Bibelwort<br />

<strong>mit</strong> Zuspruchcharakter 74 , gefolgt von den Worten „Geht hin im Frieden und gebt<br />

euch gegenseitig ein Zeichen des Friedens.“ Bei der Feier in Sitzkreisen oder an Tischen<br />

entfällt natürlich das „Geht hin“.<br />

e) Die Beteiligung aller <strong>–</strong> am Beispiel der Austeilung von Brot und Wein<br />

Da ein Gottesdienst von der Beteiligung der Feiernden lebt, ist es gut, wenn möglichst viele<br />

<strong>mit</strong>wirken. Nach evangelischem Verständnis sind alle Beteiligten „Botschafter an Christi<br />

statt“, die das „Wort von der Versöhnung“ nicht nur hören, sondern auch anderen <strong>–</strong> im<br />

Namen Christi <strong>–</strong> nahe bringen, ohne dass das im Gottesdienst grundsätzlich an einen bestimmten<br />

Personenkreis, z.B. Priester, gebunden ist. 75<br />

Eine Grenze ist der Beteiligung nur aus praktischen Gründen gesetzt: Die meisten, die ja<br />

unvorbereitet in den Gottesdienst kommen, sind zunächst eher auf „Empfang“ eingestellt<br />

als auf aktive Mitgestaltung. Für die Mitwirkung bei der <strong>Abendmahl</strong>sfeier heißt das zunächst:<br />

Kompliziertere Abläufe gehören in die Verantwortung eines Vorbereitungsteams,<br />

wie z.B. das stimmige Sprechen (und nicht: ausdruckslose Ablesen!) von Gebeten, Einsetzungsworten<br />

oder auch der Einladung an alle. Solche Aufgaben müssen vorher festgelegt<br />

und möglicherweise auch geübt werden. Beim <strong>Abendmahl</strong> spüren alle Beteiligten besonders<br />

deutlich, dass Verkündigung ein ganzheitliches Geschehen ist: Nicht nur die Wortwahl<br />

73<br />

Zur Einführung des Friedensgrußes vgl. das Gottesdienstbuch für die Evangelische Landeskirche in Württemberg,<br />

S. 73.<br />

74<br />

Zum Beispiel: „Christus spricht: Friede sei <strong>mit</strong> euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“<br />

(Johannes 20, 21).<br />

75<br />

Vgl. 2. Korinther 5, 19f.: „Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt <strong>mit</strong> sich selber und rechnete<br />

ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. So sind wir nun<br />

Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen<br />

<strong>mit</strong> Gott!“<br />

31


und Art des Sprechens, sondern auch Körperhaltung, Gesten, Gesichtsausdruck, der Umgang<br />

<strong>mit</strong> Brot und Wein bzw. Saft während der Einsetzungsworte oder bei der Austeilung<br />

entscheiden <strong>mit</strong> darüber, ob die Feier als stimmig erfahren wird. Auch bei traditioneller Feier<br />

in einem Kreis oder Halbkreis bietet es sich an, mindestens zwei Personen zu beteiligen,<br />

die sich Einsetzungsworte und Austeilung von Brot und Wein aufteilen. 76<br />

Bei der Austeilung selbst sollten dann aber alle beteiligt werden, indem Brot und Wein jeweils<br />

an den Nachbarn bzw. die Nachbarin weiter gereicht werden, verbunden <strong>mit</strong> einem<br />

Zuspruch, z.B.: „das Brot des Lebens <strong>–</strong> für dich“; „der Kelch des Heils <strong>–</strong> für dich“ oder:<br />

„Christi Leib, für dich gegeben“; „Christi Blut, für dich vergossen“. Da sich erfahrungsgemäß<br />

auch erwachsene Kirchgänger schwer tun, hierbei von sich aus etwas zu sagen, ist<br />

es wichtig, vor der Austeilung darauf hinzuweisen <strong>–</strong> da<strong>mit</strong> die Teilnehmenden auch einen<br />

Anlass haben, ihre Scheu zu überwinden. Um die gleichberechtigte Beteiligung aller deutlich<br />

zu machen, ist es wünschenswert, dass die liturgisch Anleitenden und zuerst Austeilenden<br />

anschließend auch von ihren Kreisnachbarn die Elemente und den Zuspruch empfangen.<br />

(Bei einem Halbkreis stellen sie sich vorher an das gegenüber liegende Ende.)<br />

Wenn das Mahl <strong>mit</strong> einem Sättigungsmahl verbunden ist, ließe sich die Aufmerksamkeit<br />

füreinander auch einmal so gestalten, dass niemand sich selbst Essen und Getränke<br />

nimmt, sondern den andern darum bittet. Oder aber: Man lässt sogar das Bitten, sorgt aber<br />

selbst dafür, die Nachbarin zu fragen, ob sie noch etwas möchte. Sie wird dann ab und zu<br />

dasselbe tun. 77<br />

Im Folgenden ein Beispiel für einen Friedensgruß <strong>mit</strong> erklärenden Worten und anschließender<br />

Austeilung (zusammengestellt von Jürgen Spohn):<br />

Es ist guter, alter Brauch, vor der Mahlzeit einander im Kreis die Hände zu geben als Ausdruck der Gemeinschaft<br />

<strong>mit</strong> dem Wunsch der Stärkung für jeden.<br />

Wir tun dies jetzt auch<br />

als Zeichen des Friedens und der Versöhnung.<br />

(Links und rechts die Hände reichen - oder eine andere Geste)<br />

Wir gehören zusammen,<br />

bei allem, was uns unterscheidet,<br />

was jedem sein besonderes Gepräge gibt,<br />

bei aller Geborgenheit und Freude,<br />

auch bei Spannungen und Verletzungen,<br />

die daraus erwachsen.<br />

Wir brauchen einander wie Essen und Trinken.<br />

So teilen wir <strong>mit</strong>einander das Brot,<br />

Jesus Christus, uns gegeben,<br />

da<strong>mit</strong> wir füreinander leben.<br />

Jesus für dich, Christi Leib, für dich gegeben.<br />

So teilt nun untereinander das Brot in den Körben und sprecht euch dabei zu: Christi Leib, für dich gegeben.<br />

76 Zu den verschiedenen Formen der Austeilung siehe unten unter 3.1.a).<br />

77 Im Rahmen einer solchen „Übung“ ließe sich die Erzählung von Himmel und Hölle einbringen: Ein Mensch<br />

wird zur Pforte der Hölle geführt. Er sieht einen reich gedeckten Tisch <strong>mit</strong> herrlichen Speisen und Getränken.<br />

Um den Tisch sitzen ausgemergelte Gestalten. Sie bekommen das Essen nicht in den Mund, weil ihr Besteck<br />

länger ist als ihre Arme. Anschließend wird der Mensch zur Himmelspforte geführt. Er sieht dieselbe Tafel <strong>mit</strong><br />

den schönsten Speisen und Getränken. Die dort am Tisch Sitzenden sehen gesund aus und sind fröhlich. Sie<br />

haben dasselbe Besteck, aber sie füttern sich gegenseitig.<br />

32


(Brot in Körben herumreichen)<br />

So teilen wir den Saft des Weinstocks,<br />

Jesus Christus, uns gegeben,<br />

da<strong>mit</strong> wir einander erfreuen.<br />

Jesus für dich, Christi Blut, für dich vergossen. So teilt nun untereinander die Becher <strong>mit</strong> Traubensaft - als<br />

Zeichen guter Gemeinschaft. Sprecht einander zu: Christi Blut, für dich vergossen.<br />

(Traubensaft im Becher herumreichen)<br />

Dankgebet<br />

f) Formen der Austeilung<br />

Neben dem eben zur Beteiligung bei der Austeilung genannten Einzelheiten zur Durchführung<br />

folgt ein Überblick über die verschiedenen Formen: Die Form des gemeinschaftlichen<br />

Halbkreises (oder Kreises, wenn hinter dem Altar genug Platz ist) betont die Gemeinschaft<br />

<strong>mit</strong> gegenseitigem Zuspruch. Allerdings ist meist eine Teilung in mehrere Gruppen<br />

hintereinander oder (zusätzlich) in parallele Gruppen nötig. Bei geeigneten Räumlichkeiten<br />

ist es auch denkbar, dass die Teilnehmenden den Jugendgottesdienst auf dem Boden auf<br />

zu Sitzkreisen angeordneten Sitzkissen verbringen und zu Liedern und Gebeten aufstehen.<br />

Bei der so genannten Herrnhuter Form werden Brot und Wein durch die Sitzreihen gereicht.<br />

Diese Form wird gerne bei großer Zahl der Teilnehmenden, z.B. bei Konfirmationsgottesdiensten<br />

gewählt. Alternativ dazu gibt es das traditionell vor allem in der katholischen<br />

Kirche gebräuchliche „Wandelabendmahl“, bei dem die Teilnehmenden nacheinander in<br />

zwei Reihen aus der Mitte nach vorne gehen und nach Empfang der Elemente auf der<br />

rechten bzw. linken Seite zurückkehren. Um das Gemeinschaftsbewusstsein bei dieser<br />

Form zu stärken, kann man den Bezug zum wandernden Gottesvolk (unterwegs, in der<br />

Wüste, von Gott wunderbar ernährt) herstellen. In Form einer richtigen Mahlzeit (Sättigungsmahl)<br />

gibt es das <strong>Abendmahl</strong> als Feierabendmahl (oder Agapemahl = Liebesmahl),<br />

normalerweise an Tischen, z.B. am Gründonnerstag <strong>mit</strong> einer an das jüdische Passahfest<br />

erinnernden Liturgie oder einfach in Anlehnung an die Praxis, die auch hinter Jesu Einsetzungsworten<br />

steht: Brotbrechen und Dankgebet vor dem Mahl, Dankgebet über dem Kelch<br />

„desgleichen nach (!) dem Mahl“. 78<br />

2.3.2 Klassische Streitfragen<br />

a) Was heißt „unwürdig“ beim <strong>Abendmahl</strong>?<br />

Wie bereits erwähnt, meint Paulus in 1. Korinther 11,27-34 <strong>mit</strong> seiner Warnung vor unwürdiger<br />

Feier des <strong>Abendmahl</strong>s nicht, dass man nur ohne Sünde oder <strong>mit</strong> maximaler Gewissensprüfung<br />

am <strong>Abendmahl</strong> teilnehmen darf. Nicht erst Sündenvergebung, sondern gerade<br />

auch Sündenerkenntnis werden von Gott selbst in der Feier seiner Gegenwart geschenkt.<br />

Allerdings gibt Paulus <strong>mit</strong> seiner Warnung einen entscheidenden Hinweis zur<br />

Gestaltung der <strong>Abendmahl</strong>sfeier: Wenn die Feier so abläuft, dass ihre Symbolik, in diesem<br />

78 Vgl. als Anregung: Klaus Bastian u.a., Leben für dich <strong>–</strong> Leben für viele. Das Feierabendmahl als Sättigungsmahl,<br />

in: <strong>Abendmahl</strong> <strong>–</strong> Fest der Hoffnung (aaO.), S. 127-145; dort auch weitere Entwürfe und zwölf z.B.<br />

beim Feierabendmahl zu lesende Texte „zur Lage des <strong>Abendmahl</strong>s von 12 heutigen Jüngerinnen“ (Gisela<br />

Matthiae/Bärbel Wartenberg-Potter), S. 156-176, zu Themen und Symbolen wie Gemeinschaft, jüdische<br />

Wurzeln, Erinnerung, Teilen, Frieden, Blut usw.<br />

33


Falle also die in Christus geschenkte Gemeinschaft, pervertiert wird, vergeht die Gemeinde<br />

sich an dem von Christus eingesetzten „Heils<strong>mit</strong>tel“ selbst, indem sie dessen Botschaft<br />

verdunkelt. Es geht also darum, dass die für die Gestaltung Verantwortlichen für einen<br />

würdigen Ablauf der Feier in ihrem gesamten Vollzug sorgen. 79 Auch wenn grobes Verhalten<br />

wie damals in Korinth unwahrscheinlich scheint, können nicht nur mögliche Ergebnisse,<br />

sondern bereits die Art und Weise der Auseinandersetzung um die Wahl der Elemente,<br />

Formen der Austeilung oder den rechten Umgang <strong>mit</strong> Bekenntnis und Vergebung jederzeit<br />

zur Verdunkelung des Evangeliums führen. Deshalb ist auch die gelegentliche Klärung der<br />

evangelischen Bibelauslegung so wichtig. 80 Für solche Rahmenbedingungen <strong>–</strong> evangeliumsgemäße<br />

Predigt und Sakramentsverwaltung <strong>–</strong> muss eine Gemeinde bzw. Kirche befreiende<br />

Klarheit schaffen; was sich aber im Bereich des Glaubens und Gewissens abspielt<br />

ist dem Wirken des Heiligen Geistes überlassen, wie es das Augsburger Bekenntnis formuliert.<br />

81<br />

b) Wer darf <strong>Abendmahl</strong>sfeiern leiten?<br />

Das Beispiel der Gemeinde in Korinth zeigt, dass Paulus die Hinweise zur würdigen Gestaltung<br />

der Feier an die ganze Gemeinde richtet, die demnach als Ganze dafür Verantwortung<br />

trägt. Um der Fülle der theologischen Gesichtspunkte und vor allem dem angemessenen<br />

Eingehen auf die Prägung ganz verschiedener Menschen gerecht zu werden (vgl. dazu<br />

1. Korinther, Kapitel 8, 12 und 14), haben die Reformatoren die Gottesdienstleitung an<br />

nach einer bestimmten Ordnung ausgebildete und berufene Christen gebunden. 82 Traditionell<br />

drückt sich das in den evangelischen Landeskirchen seither durch Ordination ins<br />

Pfarramt, durch das Diakonat und durch das Lektorenamt aus. Inwieweit neben den Ordinierten<br />

auch Diakoninnen und Jugendreferenten durch ihre Ausbildung oder erst einen zusätzlichen<br />

Kurs die Berechtigung zur Leitung von <strong>Abendmahl</strong>sfeiern erhalten, ist in den<br />

Landeskirchen unterschiedlich geregelt. Lektorinnen und Lektoren, die ehrenamtlich Gottesdienste<br />

leiten, brauchen einen Aufbaukurs, wenn sie auch das <strong>Abendmahl</strong> leiten wollen.<br />

Da zum einen diese Ämter aber nicht als Selbstzweck gedacht sind, sondern nach biblischer<br />

und reformatorischer Überzeugung auch dazu da sind, Gemeinden und Gruppen zu<br />

mündiger, eigenverantwortlicher Gemeindearbeit und Gottesdienstgestaltung anzuleiten,<br />

zum andern Art, Ort und Zeit christlicher Begegnung oft bereits ohnehin auf Ehrenamtliche<br />

angewiesen sind (Jugendarbeit, Freizeiten etc.), wird zur Zeit angeregt, Ausbildung und<br />

Beauftragung auch jugendlicher Ehrenamtlicher nach dem Vorbild der Lektorenausbildung<br />

zu regeln. 83 Eine solche Ausweitung hätte den Vorteil, dass z.B. <strong>Abendmahl</strong>sfeiern von<br />

denen geleitet werden, die auch den Bezug zur (jugendlichen) Gemeinde haben. Außerdem<br />

wäre dies eine sinnvolle Reaktion auf den Beteiligungscharakter von Jugendgottesdiensten,<br />

die immer auch von, nicht nur für Jugendliche gemacht werden. Die Schwäche<br />

dieser gruppenspezifisch genutzten Ausweitung bestünde darin, dass der traditionelle Bezugspunkt<br />

der Ortsgemeinde als Heimat gerade verschiedener Gruppen möglicherweise<br />

79 Vgl. die Folgerung, die Paulus aus seiner Kritik und Warnung zieht (Vers 33): „Darum, meine lieben Brüder,<br />

wenn ihr zusammenkommt, zu essen, so wartet aufeinander“ (oder: wartet einander auf). Zum Thema insgesamt<br />

vgl. Michael Welker, Was geht vor beim <strong>Abendmahl</strong>?, Stuttgart 1999.<br />

80 Vgl. oben Kapitel 2.1.2. a).<br />

81 Vgl. dort die Artikel 4-8, vor allem 5 und 7, im Evangelischen Gesangbuch (Württemberg) unter Nr. 835.<br />

82 Vgl. Artikel 14 des Augsburger Bekenntnisses, in: Evangelisches Gesangbuch (Württemberg), Nr. 835.<br />

83 Eine solche Entwicklung findet zur Zeit in der württembergischen Landeskirche statt. Vgl. dazu: beraten<br />

und beschlossen 2/2004. 13. Evang. Landessynode. Sitzung vom 8.-10.7.2004, S. VII; der protokollierte Verlauf<br />

der theologischen und kirchenrechtlichen Auseinandersetzung um dieses Thema findet sich im Protokoll<br />

der 20. Sitzung der 13. Evang. Landessynode am 8. Juli 2004, S. 868-878.<br />

34


aus dem Blick gerät. Andererseits würde vielerorts die Ortsgemeinde vielleicht erst durch<br />

breitere Ausbildung und Verantwortung Ehrenamtlicher wieder zu einer solchen Heimat.<br />

Das Ergebnis der derzeitigen Beratungen wird sicher auch davon abhängen, welche Ausbildungsangebote<br />

für jugendliche Ehrenamtliche ins Auge gefasst und inwieweit sie überhaupt<br />

von dieser Entwicklung informiert werden und sich für eine theologisch reflektierte<br />

Gottesdienstgestaltung begeistern lassen.<br />

c) Wer darf am <strong>Abendmahl</strong> teilnehmen?<br />

Seit den Anfängen der christlichen Kirche drückt die Feier des <strong>Abendmahl</strong>s das Bekenntnis<br />

zu Jesus Christus und die Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde aus. Konsequenterweise<br />

empfing man erstmals un<strong>mit</strong>telbar nach der Taufe das <strong>Abendmahl</strong>. Die in den folgenden<br />

Jahrhunderten in den westlichen Kirchen eingeführten Altersgrenzen (erstes <strong>Abendmahl</strong><br />

als Erstkommunion in der katholischen bzw. bei der Konfirmation in der evangelischen Kirche)<br />

haben ihren Grund in der vorausgesetzten, <strong>mit</strong> der Säuglingstaufe aber noch nicht<br />

erfolgten christlichen Unterweisung. 84 Inzwischen haben viele evangelische Kirchen das<br />

<strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> Kindern (wieder) eingeführt, die altersgemäß darauf vorbereitet sein sollen.<br />

85 Für Jugendgottesdienste gilt daher: Alle, die für sich nach ihrem Verständnis Inhalt<br />

und Bedeutung des <strong>Abendmahl</strong>s bejahen, sind eingeladen. Nach dem Kirchenrecht<br />

würde man sagen: alle Getauften. Da aber das persönliche Zum-Glauben-Kommen<br />

und das Getauft-Werden nicht unbedingt zeitlich zusammenfallen und da der einladende<br />

Charakter eines Gottesdienstes eine solche Überprüfung nicht zulässt, darf man sich darauf<br />

verlassen, dass einerseits ein stimmiger <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst durch Texte, Gebete<br />

und Bekenntnisse ohnehin deutlich macht, was Christen unter dem <strong>Abendmahl</strong> verstehen,<br />

und dass andererseits das freiwillige Nehmen von Brot und Wein auch ein persönliches<br />

Bekenntnis darstellt, für das nur jeder und jede selbst Verantwortung übernehmen kann.<br />

Von evangelischer Seite ergeht die Einladung grundsätzlich an alle Christen, sie darf aber,<br />

vor allem bei ökumenischen Gottesdiensten bzw. bei unüberschaubarer konfessioneller<br />

Herkunft der Teilnehmenden, nicht zu einer Nötigung werden. Jede und jeder muss sich<br />

frei fühlen können, nicht teilzunehmen. Viele Katholiken z.B. fühlen sich an das Kirchenrecht<br />

gebunden, das die Teilnahme an nicht von katholischen Priestern geleiteten Eucharistiefeiern<br />

untersagt bzw. stark einschränkt.<br />

Das Verbot, über den Glauben anderer zu befinden, schließt auch das Verbot ein, ein bestimmtes<br />

Verhalten oder bestimmte Frömmigkeitsformen zur Voraussetzung der <strong>Abendmahl</strong>steilnahme<br />

zu machen. Solche Versuche, „unwürdige“ (1. Korinther 11, 27) Teilnahme<br />

festzustellen, beruhen auf dem schön erwähnten Missverständnis von 1. Korinther 11, 17-<br />

34. Dort geht es nicht um eine Gesinnungsüberprüfung der Beteiligten durch andere, sondern<br />

darum, die Gestaltung der Feier würdig, d.h. dem Evangelium gemäß, vorzunehmen.<br />

Demnach gilt sogar: Wer andere als „unwürdig“ ausschließen will, disqualifiziert sich<br />

höchstwahrscheinlich selbst als jemand, der die Verantwortung zur evangeliumsgemäßen<br />

Gestaltung der Feier unwürdig wahrnimmt, d.h. das Evangelium verdunkelt, indem er Gottes<br />

freie Gnade und das Geschenk des Glaubens an Vorbedingungen knüpft. Hätte Jesus<br />

so gehandelt, hätte er nie <strong>mit</strong> Judas oder Petrus das letzte Mahl gefeiert. Auch für die<br />

84 Anders praktizieren es die orthodoxen Kirchen. Dort bekommen alle <strong>–</strong> auch Säuglinge <strong>–</strong> Brot und Wein zu<br />

Brei vermischt auf einem Löffel, was den Geschenk- und Empfangscharakter der sakramentalen Handlung<br />

für alle gleichermaßen ausdrückt.<br />

85 Vgl. für die württembergische Landeskirche: <strong>Arbeitshilfe</strong> <strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> Kindern, hg. vom Evang. Oberkir-<br />

chenrat Stuttgart, Stuttgart 2001.<br />

35


nachösterliche Feier des <strong>Abendmahl</strong>s ist zu bedenken, was die Synode der Evangelischen<br />

Kirche im Rheinland im Januar 2004 deutlich gemacht hat: Christus selbst ist der Einladende,<br />

der Gastgeber. Dies allein muss beim <strong>Abendmahl</strong> klargestellt sein; jemanden vom<br />

<strong>Abendmahl</strong> auszuschließen, kann demnach nicht Sache derer sein, die selbst Gäste Christi<br />

sind. 86<br />

3. Ablauf einer <strong>Abendmahl</strong>sfeier und Beispielentwurf für einen <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst<br />

3.1 Ablauf einer <strong>Abendmahl</strong>sfeier<br />

Im Folgenden sind die beiden unter 2.2.1.c) genannten Formen <strong>mit</strong> ihren wichtigsten Bestandteilen<br />

in ihrem Ablauf aufgeführt. 87 In der Praxis wird man gerade im Jugendgottesdienst<br />

je nach Thema eine Auswahl treffen oder auch Elemente aus beiden Traditionen<br />

kombinieren, z.B. ein Dankgebet für die Gaben Brot und Wein und eine Form der Beichte.<br />

88<br />

a) <strong>Abendmahl</strong> nach der Oberdeutschen Form<br />

• Lied<br />

• Beichte (vgl. 2.2.1.c)<br />

• Einsetzungsworte (vgl. 2.2.2.b)<br />

• Friedensgruß (vgl. 2.3.1.c)<br />

• Austeilung (vgl. 2.3.1.d+e)<br />

• Dankgebet (z.B. Psalm 103) <strong>mit</strong> anschließendem Vaterunser<br />

• Lied<br />

b) <strong>Abendmahl</strong> in Form der lutherischen Messe<br />

• Lied<br />

• Gabengebet <strong>–</strong> Lobgebet <strong>–</strong> Eucharistiegebet<br />

Diese verschiedenen traditionellen Gebete drücken zum einen den Dank für die Schöpfungsgaben<br />

Brot und Wein aus (Wortlaut des Gabengebets siehe oben unter 2.1) und<br />

loben Gott als Schöpfer, Erlöser und Vollender des Lebens.<br />

86 Vgl. Beschluss 34: Eingeladen sind alle. Warum die Kirche nicht vom Mahl des Herrn ausschließen darf.<br />

Beschluss der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 15. Januar 2004.<br />

87 Vgl. zu beiden Liturgien ausführlich: Gottesdienstbuch für die Evangelische Landeskirche in Württemberg.<br />

Erster Teil: Predigtgottesdienst und <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst, hg. vom Evang. Oberkirchenrat Stuttgart, Stuttgart<br />

2004. Für die meisten übrigen Landeskirchen vgl.: Evangelisches Gottesdienstbuch. Agende für die Evangelische<br />

Kirche der Union (EKU) und für die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands<br />

(VELKD), hg. von der Kirchenleitung der VELKD und im Auftrag des Rates von der Kirchenkanzlei der EKU,<br />

Berlin 1999. Diese auch „Agenden“ genannten Bücher gibt es in jedem Pfarramt, außerdem finden sich die<br />

Abläufe auch in den jeweiligen Gesangbüchern.<br />

88 Siehe dazu den Entwurf von Jürgen Spohn unter 3.2.2 und unter www.jugonet.de.<br />

36


• gesungener Lobpreis: Dreimalheilig (Sanctus)<br />

Der an Jesaja 6,3 orientierte Ruf „Heilig, heilig, heilig ist Gott ...“ kann z.B. auch durch<br />

das Lied „Dass du mich einstimmen lässt in deinen Jubel“ 89 wiedergegeben werden.<br />

• Einsetzungsworte, gefolgt von den Worten:<br />

• „Geheimnis des Glaubens <strong>–</strong> Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung<br />

preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit“<br />

• Vaterunser als „Tischgebet“<br />

• Friedensgruß<br />

• Austeilung<br />

• Dankgebet<br />

3.2. Beispielentwurf für einen <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst<br />

Während beim <strong>Abendmahl</strong> ein Dankgebet, die Einsetzungsworte, das Austeilen und der<br />

Empfang von Brot und Wein nie fehlen dürfen, 90 entscheiden Tradition, Anlass und Thema<br />

oft nicht nur über die Inhalte von Gebeten und anderen Texten, sondern auch darüber, ob<br />

bestimmte Stücke vorkommen oder nicht. Deshalb sei nach den vielen verschiedenen Einzelbeispielen<br />

zum Abschluss kein allgemeingültiger Entwurf genannt <strong>–</strong> dazu bieten die Gesangbücher<br />

und Agenden der Landeskirchen genauere Hinweise <strong>–</strong>, sondern eine Anregung,<br />

wie ein <strong>Abendmahl</strong>sgottesdienst zum Beispiel aussehen kann. Es ist immer sinnvoll,<br />

ein bestimmtes Thema und einen gut durchdachten liturgischen roten Faden zu haben.<br />

Weniger ist oft mehr.<br />

Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, <strong>mit</strong>hilfe einer verständlichen Anleitung und Auswahl<br />

liturgischer Stücke Jugendliche selbst ein „Werkstattabendmahl“ vorbereiten zu lassen. 91<br />

<strong>Abendmahl</strong> <strong>mit</strong> <strong>Jugendlichen</strong> (zusammengestellt von Jürgen Spohn)<br />

Votum, Einladung zum Feiern<br />

Eingangslied<br />

Gebet (im Wechsel gesprochen)<br />

I. Wie dieses Brot,<br />

aus vielen Körnern bereitet,<br />

jetzt ein Brot ist<br />

II. und wie dieser Wein,<br />

aus vielen Beeren gewonnen,<br />

jetzt ein Trank ist,<br />

I. so führt Gott die Menschen zueinander -<br />

in dieser Gemeinschaft<br />

und auf der ganzen Erde.<br />

89<br />

Evangelisches Gesangbuch (Württemberg), Nr. 596.<br />

90<br />

Vgl. Das <strong>Abendmahl</strong>. Eine Orientierungshilfe, S. 47f., <strong>mit</strong> Verweis auf das in den Einsetzungsworten Gesagte.<br />

91<br />

Anregungen dazu bietet der Entwurf von Reinhard Hauber und Karoline Rittberger-Klas: Werkstatt <strong>Abendmahl</strong>.<br />

Material zur Vorbereitung einer <strong>Abendmahl</strong>sfeier (beispielsweise im Rahmen eines Gottesdienstes auf<br />

einer Konfirmandenfreizeit) <strong>–</strong> unter www.jugonet.de.<br />

37


II. Kommt und esst von diesem Brote, das uns eint!<br />

Jesus, der Herr, gebe uns seinen Frieden!<br />

Lobgesang: z.B.: Ich lobe meinen Gott (Evang. Gesangbuch [Württemberg], Nr. 611)<br />

Schriftlesung: Lukas 15,11-32: "Vom verlorenen Sohn"<br />

Beiträge der TeilnehmerInnen: "Ich komme zum <strong>Abendmahl</strong>, weil ..."<br />

Lied<br />

Das Spiel von Streit und Versöhnung<br />

Zeit der Stille<br />

Zeichen des Friedens und Gedanken dazu<br />

Geht denen entgegen, die ihr lieb habt.<br />

Geht denen entgegen, die euch fremd sind.<br />

Geht denen entgegen, die ihr lieber überseht.<br />

Und gebt euch ein Zeichen des Friedens:<br />

Tut es von Herzen und freiwillig,<br />

so dass man die Güte spürt,<br />

und achtet die Scheu.<br />

Wir teilen das Brot:<br />

In der Nacht vor seinem Tod,<br />

bevor Jesus verraten, gefangen und gekreuzigt wurde,<br />

saß er <strong>mit</strong> seinen Freunden zusammen.<br />

Sie feierten das Passah-Fest ihres Volkes,<br />

das Fest der Befreiung.<br />

Da sprach Jesus von seinem Tod, und seine Freunde<br />

waren traurig:<br />

Sie fühlten sich unsicher und allein gelassen.<br />

Sie ahnten, wie schwer Befreiung ist, und sie hatten Angst.<br />

Da nahm Jesus das Brot, dankte dafür, zerbrach es,<br />

gab es seinen Freunden und sagte:<br />

Wie dieses Brot ist mein Leib:<br />

Er wird zerbrochen für euch;<br />

Abschied und Anfang.<br />

Teilt weiter das Brot <strong>mit</strong>einander<br />

und denkt an mich.<br />

Ihr werdet mein Leib sein.<br />

Wir teilen den Kelch:<br />

Dann nahm er auch den Kelch <strong>mit</strong> Wein,<br />

dankte dafür, reichte ihn seinen Freunden<br />

und sagte:<br />

Nehmt und trinkt alle davon.<br />

Da<strong>mit</strong> umschließt uns der Bund,<br />

für den ich sterbe:<br />

Vergebung und Friede.<br />

Trinkt weiter den Wein <strong>mit</strong>einander<br />

und denkt an mich.<br />

Wenn wir jetzt so im Namen Jesu<br />

<strong>mit</strong>einander Brot essen und Wein trinken,<br />

wie er gesagt hat,<br />

dann nehmen wir <strong>mit</strong> diesem Brot und Wein in unser eigenes Leben auf,<br />

was von Jesus ausgeht:<br />

38


Kraft zum Abschied von dem, was zu Ende geht,<br />

Mut und Sinn für neues Leben,<br />

für Vertrauen und Freundschaft,<br />

für Befreiung und Freude.<br />

Lied<br />

Gebet (im Wechsel gesprochen):<br />

I. Lobe den Herrn, meine Seele<br />

II. und was in mir ist, seinen Heiligen Namen.<br />

I. Lobe den Herrn, meine Seele,<br />

II. und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat<br />

I. der dir alle deine Sünde vergibt<br />

II und heilet alle deine Gebrechen.<br />

I. Der dein Leben vom Verderben erlöst<br />

II. der dich krönet <strong>mit</strong> Gnade und Barmherzigkeit.<br />

So danken wir nun unserem Gott,<br />

der uns gestärkt hat<br />

<strong>mit</strong> dem Brot und dem Wein Jesu Christi<br />

für das Leben und unsere Gesundheit<br />

und für die Kraft,<br />

schwierige Lebenssituationen zu überstehen.<br />

Wir danken unserem Gott<br />

für alles, was wir zum Leben haben,<br />

und für die Kraft,<br />

unabhängig zu sein und frei,<br />

verzichten und abgeben zu können.<br />

Wir danken unserem Gott<br />

für das gerechte Teilen im <strong>Abendmahl</strong><br />

und für die Kraft,<br />

aller Ungerechtigkeit und Benachteiligung<br />

an der Seite der Opfer zu widerstehen.<br />

Wir danken unserem Gott<br />

für den Frieden untereinander und bei uns im Land<br />

und für die Kraft,<br />

Streit und Gehässigkeit<br />

abbauen und überwinden zu helfen.<br />

Wir danken unserem Gott für Gemeinschaft, Familie und Freundschaft<br />

und für die Kraft, Einsamkeit und Alleinsein<br />

auszuhalten und einander daraus zu befreien.<br />

Wir danken unserem Gott<br />

für Vergebung bei uns und Versöhnung in der Welt<br />

und für die Kraft,<br />

Fehler, Verletzendes und Schuld<br />

einzugestehen und anderen zu verzeihen.<br />

Du hast uns gestärkt, guter Gott.<br />

Erhalte uns und allen anderen<br />

deine Kraft durch Jesus Christus,<br />

dem wir vertrauen.<br />

Vaterunser<br />

Lied: Bewahre uns Gott, behüte uns Gott (Evang. Gesangbuch, Nr. 171)<br />

39


Segen<br />

Gott bleibe bei euch:<br />

wie eine Mutter - wie ein Vater<br />

wie eine Schwester - wie ein Bruder -<br />

wie ein Freund - wie eine Freundin -<br />

wie die Güte, die in allen wohnen kann.<br />

Bleibe und stärke und bewahre. Amen.<br />

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